23.4.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 144/4


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 21. April 2016

zur Unterrichtung eines Drittlands, dass es möglicherweise als bei der Bekämpfung der illegalen, ungemeldeten und unregulierten Fischerei nichtkooperierendes Drittland eingestuft wird

(2016/C 144/05)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 des Rates vom 29. September 2008 über ein Gemeinschaftssystem zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei, zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2847/93, (EG) Nr. 1936/2001 und (EG) Nr. 601/2004 und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 1093/94 und (EG) Nr. 1447/1999 (1), insbesondere auf Artikel 32,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   EINLEITUNG

(1)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 (im Folgenden „IUU-Verordnung“) wurde ein Unionssystem zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, ungemeldeten und unregulierten Fischerei (im Folgenden „IUU-Fischerei“) eingeführt.

(2)

In Kapitel VI der IUU-Verordnung sind das Verfahren zur Ermittlung nichtkooperierender Drittländer, das Vorgehen gegenüber solchen Ländern, die Aufstellung einer Liste solcher Länder, die Streichung von dieser Liste, die Veröffentlichung dieser Liste sowie Sofortmaßnahmen festgelegt.

(3)

Gemäß Artikel 32 der IUU-Verordnung muss die Kommission die Drittländer darüber informieren, dass sie möglicherweise als nichtkooperierende Länder eingestuft werden. Eine solche Mitteilung hat vorläufigen Charakter. Die Mitteilung erfolgt auf der Grundlage der Kriterien gemäß Artikel 31 der IUU-Verordnung. Darüber hinaus muss die Kommission gegenüber den betreffenden Drittländern alle in Artikel 32 der genannten Verordnung festgelegten Maßnahmen ergreifen. Insbesondere muss die Kommission in der Mitteilung Angaben zu den wichtigsten Fakten und Erwägungen machen, die dieser Einstufung zugrunde liegen, und den betreffenden Ländern die Möglichkeit einräumen, zu antworten und Beweise zur Widerlegung einer solchen Einstufung oder gegebenenfalls einen Aktionsplan zur Verbesserung der Lage und hierzu getroffene Maßnahmen vorzulegen. Die Kommission muss den betreffenden Drittländern ausreichend Zeit zur Beantwortung der Mitteilung sowie eine angemessene Frist zur Durchführung von Abhilfemaßnahmen einräumen.

(4)

Gemäß Artikel 31 der IUU-Verordnung muss die Kommission Drittländer ermitteln, die sie bei der Bekämpfung der IUU-Fischerei als nichtkooperierende Drittländer betrachtet. Ein Drittland ist als nichtkooperierend einzustufen, wenn es als Flaggen-, Hafen-, Küsten- oder Marktstaat seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der IUU-Fischerei nicht nachkommt.

(5)

Grundlage der Ermittlung nichtkooperierender Drittländer bildet die Auswertung aller gemäß Artikel 31 Absatz 2 der IUU-Verordnung eingeholten Informationen.

(6)

Gemäß Artikel 33 der IUU-Verordnung stellt der Rat eine Liste der nichtkooperierenden Drittländer auf. Für diese Länder gelten die unter anderem in Artikel 38 der IUU-Verordnung festgelegten Maßnahmen.

(7)

Gemäß Artikel 20 Absatz 1 der IUU-Verordnung werden von Drittländern validierte Fangbescheinigungen nur akzeptiert, wenn die Kommission eine Mitteilung darüber erhalten hat, welche Regeln für die Anwendung, Überwachung und Durchsetzung von Rechtsvorschriften und Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen gelten, an die die Fischereifahrzeuge der betreffenden Drittländer gebunden sind.

(8)

Gemäß Artikel 20 Absatz 4 der IUU-Verordnung muss die Kommission in Bereichen, die die Umsetzung dieser Verordnung betreffen, auf Verwaltungsebene mit Drittländern zusammenarbeiten.

2.   VERFAHREN GEGENÜBER DER REPUBLIK KIRIBATI

(9)

Die Republik Kiribati (im Folgenden „Kiribati“) hat der Kommission keine Flaggenstaat-Mitteilung gemäß Artikel 20 der IUU-Verordnung vorgelegt.

(10)

Zwischen 2010 und 2016 arbeitete die Kommission auf Verwaltungsebene mit den Behörden Kiribatis zusammen. Diese Zusammenarbeit bezog sich auf die Anwendung, Überwachung und Durchsetzung von Rechtsvorschriften und Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen durch Kiribati und umfasste den Austausch mündlicher und schriftlicher Stellungnahmen sowie einen Vor-Ort-Besuch. Die Kommission sammelte und prüfte alle Informationen, die sie hinsichtlich Kiribatis Regeln für die Anwendung, Überwachung und Durchsetzung von Rechtsvorschriften und Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen, an die seine Fischereifahrzeuge gebunden sind, für erforderlich erachtete, und prüfte die von Kiribati ergriffenen Maßnahmen, um seinen Verpflichtungen bei der Bekämpfung der IUU-Fischerei nachzukommen.

(11)

Kiribati ist Mitglied der Fischereikommission für den westlichen und mittleren Pazifik (WCPFC) sowie der Interamerikanischen Kommission für tropischen Thunfisch (IATTC). Es hat das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ) von 1982 und das Übereinkommen von 1995 zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 über die Erhaltung und Bewirtschaftung von gebietsübergreifenden Fischbeständen und weit wandernden Fischbeständen (UNFSA) ratifiziert. Das Land ist Vertragspartei des Übereinkommens über die Südpazifische Fischereiagentur (FFA) (2) und des Nauru-Abkommens (PNA) über die Zusammenarbeit bei der Bewirtschaftung der Fischbestände von gemeinsamem Interesse (3).

(12)

Um zu bewerten, ob Kiribati seinen internationalen Verpflichtungen als Flaggen-, Hafen-, Küsten- oder Marktstaat gemäß den in Erwägungsgrund 11 genannten internationalen Vereinbarungen sowie gemäß den Vorgaben der in dem genannten Erwägungsgrund angeführten regionalen Fischereiorganisationen nachkommt, holte die Kommission alle ihr dafür erforderlich scheinenden Informationen ein und analysierte sie.

3.   MÖGLICHE EINSTUFUNG DER REPUBLIK KIRIBATI ALS NICHTKOOPERIERENDES DRITTLAND

(13)

Gemäß Artikel 31 Absatz 3 der IUU-Verordnung prüfte die Kommission die Pflichten Kiribatis als Flaggen-, Hafen-, Küsten- oder Marktstaat. Bei dieser Überprüfung stützte sie sich auf die in Artikel 31 Absätze 4 bis 7 der IUU-Verordnung genannten Kriterien.

3.1   Wiederholtes Auftreten von IUU-Fischereitätigkeiten und IUU-Handelsströmen (Artikel 31 Absatz 4 der IUU-Verordnung)

(14)

Anhand von im Rahmen ihrer Vor-Ort-Besuche zusammengetragenen sowie öffentlich zugänglichen Informationen fand die Kommission deutliche Anzeichen dafür, dass Kiribati nicht in der Lage ist, Angaben zu den Merkmalen der weit wandernden Arten, die von seiner Fischereiflotte gefangen werden, oder zu den in seinen Häfen angelandeten oder umgeladenen Fischereierzeugnissen und den Handelsströmen dieser Erzeugnisse vorzulegen. Dabei zeigte sich, dass die von Kiribati durchgeführten Hafenkontrollen, bevor ein Schiff in den Hafen einlaufen darf, offenbar lediglich aus einer Reihe von Dokumentenprüfungen (Status der Lizenz, Aufzeichnungen des Schiffsüberwachungssystems, Beobachterberichte, Eintragung im Register unbedenklicher Schiffe der FFA) bestehen. So wird offenbar ein Abgleich zwischen den im Ladungsverzeichnis des Fischereifahrzeugs angegebenen Mengen und den Mengen in der Steuermannsquittung (Mate’s Receipt) des Transportschiffs vorgenommen, bevor die Ausfuhrbewilligung und die Umladeerklärung ausgestellt werden. Daneben gibt es jedoch keine weiteren Anweisungen für physische Kontrollen von Anlandungen oder Umladungen.

(15)

Kiribati räumte ein, dass es über kein System verfügt, mit dem es Fischereierzeugnisse zurückverfolgen könnte, die von Schiffen unter seiner Flagge oder von Drittlandschiffen gefangen und in seinen Gewässern und Häfen umgeladen werden. Es gibt kein Verfahren, mit dem die Erzeugnisse in den späteren Phasen der Versorgungskette weiterverfolgt werden können, nachdem der Fisch in einem kiribatischen Hafen angelandet oder umgeladen wurde. Darüber hinaus wird die Rückverfolgbarkeit von Erzeugnissen wohl dadurch erschwert, dass die von den zuständigen Behörden bei Anlandungen und Umladungen in kiribatischen Häfen durchgeführten Kontrollen Mängel aufweisen (siehe Erwägungsgrund 14). Kiribati ist daher offenbar nicht in der Lage, die Transparenz seiner Märkte zu garantieren und so die Rückverfolgbarkeit von Fisch oder Fischereierzeugnissen zu gewährleisten, wie sie gemäß Nummer 71 des Internationalen Aktionsplans der FAO zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, ungemeldeten und unregulierten Fischerei (im Folgenden „FAO-Aktionsplan“) gefordert wird, wonach die Staaten aufgerufen sind, Maßnahmen für mehr Transparenz auf ihren Märkten zu ergreifen.

(16)

Da die Rückverfolgbarkeit offenbar nicht sichergestellt werden kann und es den Behörden Kiribatis an Informationen über den in den Häfen des Landes angelandeten oder umgeladenen Fisch fehlt, kann Kiribati aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gewährleisten, dass die im Land gehandelten Fischereierzeugnisse nicht aus IUU-Fischerei stammen. In diesem Zusammenhang kommt Kiribati seiner Verpflichtung als Hafenstaat offenkundig nicht nach, die Wirksamkeit internationaler Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen aktiv zu fördern, u. a. durch im Hafen vorgenommene Inspektionen von Dokumenten, Fanggeräten oder Fängen sowie durch das Verbot von Anlandungen und Umladungen, wenn festgestellt wurde, dass die Fänge in einer Weise getätigt wurden, welche die Wirksamkeit dieser internationalen Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen gemäß Artikel 23 des UNFSA untergräbt. Kiribati hat es augenscheinlich auch versäumt, die Empfehlungen unter Nummer 24 des FAO-Aktionsplans zu beachten, wonach Flaggenstaaten eine umfassende und wirksame Kontrolle und Überwachung der Fischerei von der Anlandung bis hin zum endgültigen Bestimmungsort gewährleisten sollen.

(17)

Angesichts der in diesem Abschnitt dargelegten Situation und auf der Grundlage aller von der Kommission zusammengetragenen Fakten sowie der Aussagen Kiribatis konnte gemäß Artikel 31 Absatz 3 und Artikel 31 Absatz 4 Buchstaben a und b der IUU-Verordnung festgestellt werden, dass es deutliche Anzeichen dafür gibt, dass Kiribati seine völkerrechtlichen Verpflichtungen als Flaggen- und Marktstaat nicht erfüllt hat und nicht verhindert, dass Fischereierzeugnisse aus IUU-Fischerei auf seinen Markt gelangen.

3.2   Mangelnde Zusammenarbeit und Rechtsdurchsetzung (Artikel 31 Absatz 5 der IUU-Verordnung)

(18)

Angesichts der großen Zahl von Schiffen unter ausländischer Flagge, die in den Hoheitsgewässern Kiribatis tätig sind, muss die Bedeutung effizienter Mechanismen für die Zusammenarbeit hervorgehoben werden. Nach den von den kiribatischen Behörden im Rahmen des Kommissionsbesuchs im November 2015 gemachten Angaben bestehen insgesamt 13 bilaterale Abkommen mit Fischereiverbänden. Die zum Fischfang in den kiribatischen Gewässern zugelassene Flotte besteht aus 178 Ringwadenfängern und 195 Langleinenfängern, wovon lediglich 13 Ringwadenfänger unter der Flagge Kiribatis fahren.

(19)

Obwohl Fischereifahrzeuge unter der Flagge von 13 verschiedenen Ländern in den kiribatischen Gewässern zugelassen sind, wurden — wie die zuständigen Behörden einräumten — keine Kooperationsmechanismen mit den betreffenden Flaggenstaaten eingerichtet, durch die sichergestellt würde, dass Kiribati seinen Verpflichtungen zur Zusammenarbeit mit den Flaggenstaaten nachkommt (siehe Erwägungsgrund 21).

(20)

Kiribati zeigte bislang wenig Bereitschaft, mit der Kommission zusammenzuarbeiten, um die Transparenz der Schiffstageregelung (Vessel Day Scheme, VDS) zur Verwaltung der Ringwadenfischerei im westlichen und mittleren Pazifik zu erhöhen. Die Kommission hat mehrere Schreiben an die betroffenen Küsten- und Flaggenstaaten versandt und gefordert, dass die Flaggenstaaten Zugang zu den Informationen über den Fischereiaufwand erhalten, den ihre Fischereifahrzeuge im Rahmen der Schiffstageregelung ausgeschöpft haben. Zu diesem Zweck wurde den kiribatischen Behörden am 18. November 2014, am 19. Dezember 2014 und am 27. April 2015 jeweils ein Schreiben übermittelt. Auf keine der drei Aufforderungen ging vor dem Kommissionsbesuch in Kiribati eine Antwort ein. Während des Besuchs im November 2015 erklärten die kiribatischen Behörden zwar, dass sie bereit wären, Informationen im Rahmen der Schiffstageregelung weiterzugeben, doch bislang haben sie keinen Nachweis über Vorkehrungen erbracht, durch die den Behörden der betreffenden Flaggenstaaten ein entsprechender Zugang gewährt würde.

(21)

Aufgrund der in Erwägungsgrund 20 beschriebenen Leistung Kiribatis kann das Land seinen Verpflichtungen gemäß den Artikeln 63 und 64 des SRÜ nicht nachkommen, wonach Küsten- und Flaggenstaaten in Bezug auf gebietsübergreifende und weit wandernde Fischarten zusammenarbeiten müssen. Durch die Artikel 7 und 20 des UNFSA wird die Verpflichtung zur Zusammenarbeit dahin gehend ausgeweitet, dass abgestimmte Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen festzulegen und die Einhaltung und Durchsetzung dieser Maßnahmen zu gewährleisten sind. Darüber hinaus ist unter der Nummer 7.1.3 des Verhaltenskodex der FAO (4) empfohlen, dass an der Bewirtschaftung gebietsübergreifender und grenzüberschreitender Fischbestände beteiligte Staaten bilaterale Vereinbarungen zur Gewährleistung einer effektiven Zusammenarbeit im Hinblick auf eine wirksame Erhaltung und Bewirtschaftung der Ressourcen schließen. Dies wird in den Nummern 28 und 51 des FAO-Aktionsplans näher spezifiziert. Darin sind detaillierte Verfahren für die direkte Zusammenarbeit zwischen Staaten festgelegt, einschließlich des Austausches von den Küstenstaaten zur Verfügung stehenden Daten oder Informationen.

(22)

Der Rechtsrahmen, der auf dem Fischereigesetz von 2010, geändert durch das Fischereigesetz von 2015 (5), beruht, ist unvollständig, insbesondere bezüglich des Sanktionssystems. Konkret enthält der geltende Rechtsrahmen keine Definition von IUU-Tätigkeiten, wie sie gemäß dem FAO-Aktionsplan gefordert ist. Das Gesetz enthält keine expliziten Sanktionen bei Verstößen gegen Vorschriften regionaler Fischereiorganisationen, bei Umladungen auf See und bei Befischung von Beständen, für die ein Moratorium oder ein Fangverbot gilt.

(23)

Durch den Begriff „schwerwiegende Verstöße“, der in Artikel 19 Absatz 2 des UNFSA festgelegt und von der WCPFC mit der Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahme CMM 2006-8 über Anbordnahme- und Inspektionsverfahren (6) angenommen wurde, wird die abschreckende Wirkung eines Sanktionssystems verstärkt, da die Höhe der Strafe an die Schwere des begangenen Verstoßes angepasst wird, um so die Täter um den wirtschaftlichen Gewinn zu bringen. Der derzeitige Rechtsrahmen enthält jedoch weder den Begriff „schwerwiegende Verstöße“ noch andere Kriterien, um eine Abstufung von geringfügigen bis hin zu maximalen Sanktionen vorzunehmen und so den wirtschaftlichen Gewinn aus der illegalen Tätigkeit zunichtezumachen.

(24)

Darüber hinaus gibt es im Fischereigesetz offenbar keine Regelung für wiederholte Verstöße. Eine entsprechende Ahndung wiederholter Verstöße ist ebenfalls entscheidend, um die abschreckende Wirkung des Sanktionssystems zu gewährleisten. Dadurch, dass bei wiederholten Verstößen nicht ausdrücklich höhere Strafen verhängt werden, wird die Verhältnismäßigkeit und Abschreckungswirkung des kiribatischen Sanktionssystems untergraben. Somit werden die Gewinne aus illegalen Tätigkeiten nicht durch höhere Strafen zunichtegemacht, sodass potenzielle Täter nicht davon abgeschreckt werden, weiterhin IUU-Tätigkeiten auszuüben.

(25)

Hieraus ist zu schließen, dass das Sanktionssystem in seiner gegenwärtigen Form, wie in den Erwägungsgründen 22 bis 24 dargelegt, offenbar nicht umfassend und nicht streng genug ist, um eine abschreckende Wirkung zu entfalten. Das Vorgehen bei schwerwiegenden Verstößen ist offensichtlich nicht angemessen, um die Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen, von jeglichen Verstößen abzuschrecken und die Täter um den Gewinn aus ihren illegalen Tätigkeiten zu bringen, wie dies gemäß Artikel 19 Absatz 2 des UNFSA und Artikel 25 Absatz 7 des WCPFC-Übereinkommens gefordert ist.

(26)

Angesichts der in diesem Abschnitt dargelegten Situation und auf der Grundlage aller von der Kommission zusammengetragenen Fakten sowie aller Aussagen Kiribatis konnte gemäß Artikel 31 Absätze 3 und 5 der IUU-Verordnung festgestellt werden, dass es deutliche Anzeichen dafür gibt, dass Kiribati seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen bezüglich Zusammenarbeit und Rechtsdurchsetzung nicht nachgekommen ist.

3.3   Mangelnde Umsetzung internationaler Vorschriften (Artikel 31 Absatz 6 der IUU-Verordnung)

(27)

Die Kommission hat alle Informationen analysiert, die sie in Bezug auf Kiribatis Status als Vertragspartei des SRÜ, des UNFSA, der WCPFC und der IATTC für zweckdienlich hielt.

(28)

Nach Kiribatis Angaben während des Besuchs im November 2015 beliefen sich die Thunfischfänge in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) Kiribatis im Jahr 2014 auf etwa 600 000 Tonnen.

(29)

Aus den in Erwägungsgrund 28 angeführten Zahlen ergibt sich, dass Kiribati umfangreiche Thunfischressourcen bewirtschaftet und somit als Küstenstaat die Verantwortung hat, eine verantwortungsvolle und langfristig nachhaltige Bewirtschaftung dieser Ressourcen zu gewährleisten. In den Artikeln 61 bis 64 des SRÜ sowie den Artikeln 7 und 8 des UNFSA ist die Nutzung lebender Ressourcen durch die Küstenstaaten geregelt, die die Aufgabe haben, das Ziel der optimalen Nutzung der lebenden Ressourcen in ihrer AWZ zu fördern, die Einhaltung der Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen durch Angehörige anderer Staaten, die in ihrer AWZ Fischfang betreiben, zu gewährleisten und mit den an der betreffenden Fischerei beteiligten Staaten und regionalen Organisationen zusammenzuarbeiten.

(30)

Diesbezüglich bietet der kiribatische Rechtsrahmen keine Gewähr für ein effizientes und wirksames Management von Schiffen in den Hoheitsgewässern Kiribatis, womit das Land eindeutig gegen die Verpflichtungen und Empfehlungen in Erwägungsgrund 29 verstößt. Darüber hinaus sieht der Rechtsrahmen offenbar nicht für alle Arten von Hoheitsgewässern Kiribatis klare und transparente Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen vor. Der 2014 aktualisierte Thunfischbewirtschaftungsplan enthält eine umfassende Übersicht über den Thunfischfang in Kiribati, allerdings keinerlei Vorschläge für konkrete Bewirtschaftungsmaßnahmen mit klaren Vorgaben und Zielen.

(31)

Die allgemeinen Grundsätze, die Küstenstaaten bei der Bewirtschaftung gebietsübergreifender und weit wandernder Fischbestände zu beachten haben, sind in Artikel 5 des UNFSA festgelegt. Im kiribatischen Fischereigesetz werden als Ziele die Förderung einer nachhaltigen Bewirtschaftung von Fischereien sowie der Schutz von Fischbeständen und der Meeresumwelt genannt. Allerdings finden andere im UNFSA festgelegte Grundsätze, wie der Vorsorgeansatz, der höchstmögliche Dauerertrag oder die Vermeidung von überhöhten Fangkapazitäten und Überfischung, im Rechtsrahmen offenbar keinen Niederschlag.

(32)

Die Hoheitsgewässer Kiribatis werden als Territorialgewässer, Archipelgewässer und AWZ bezeichnet. Gemäß Artikel 3 des WCPFC-Übereinkommens umfasst der Zuständigkeitsbereich der WCPFC grundsätzlich alle Gewässer des Pazifischen Ozeans, einschließlich der Hoheitsgewässer Kiribatis. Offenbar nimmt Kiribati jedoch seine Territorial- und Archipelgewässer von der Anwendung der Schiffstageregelung aus, durch die der Fischereiaufwand der Ringwadenflotte mittels Zuteilung von Fangtagen begrenzt wird. Somit gelten die wichtigsten Rechtsinstrumente zur Erhaltung der Fischereiressourcen in den Gewässern Kiribatis offenbar für einen erheblichen Teil seiner Hoheitsgewässer nicht.

(33)

Die Mängel in Bezug auf Klarheit und Transparenz der geltenden Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen (siehe Erwägungsgründe 30 bis 32), einschließlich der Kontrolle des Fischereiaufwands durch die Schiffstageregelung, plus die Tatsache, dass 360 ausländische Fischereifahrzeuge Zugang zu den Gewässern Kiribatis haben (siehe Erwägungsgrund 18) beeinträchtigen die wirksame Umsetzung von Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen sowie die Einhaltung der Verpflichtungen gemäß Artikel 61 Absätze 2 bis 5, Artikel 62 Absatz 1 und Artikel 64 des SRÜ, in denen die optimale Nutzung von Ressourcen durch geeignete Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen geregelt ist.

(34)

Im Internet öffentlich zugänglichen Informationen zufolge befindet sich Kiribatis Internationales Schiffsregister (7) zur Registrierung von Schiffen offenbar außerhalb des Landes. Da die zuständigen Behörden das Registrierungsverfahren offenbar kaum kontrollieren und wichtige Anforderungen wie die unter Nummer 14 der Leitlinien der FAO für die Leistungen von Flaggenstaaten nicht erfüllt werden, kann Kiribati praktisch nicht gewährleisten, dass Schiffe unter der Flagge Kiribatis eine echte Verbindung zu dem Land haben. Das Fehlen einer solchen echten Verbindung zwischen dem Staat und den Schiffen, die in seinem Register geführt sind, verstößt gegen die Bedingungen für die Staatszugehörigkeit von Schiffen gemäß Artikel 91 des SRÜ.

(35)

Angesichts der in diesem Abschnitt dargelegten Situation und auf der Grundlage aller von der Kommission zusammengetragenen Fakten sowie aller Aussagen Kiribatis konnte gemäß Artikel 31 Absätze 3 und 6 der IUU-Verordnung festgestellt werden, dass es deutliche Anzeichen dafür gibt, dass Kiribati seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen bezüglich internationaler Rechtsvorschriften sowie Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen nicht nachgekommen ist.

3.4   Besondere Sachzwänge von Entwicklungsländern

(36)

Gemäß dem UN-Index für menschliche Entwicklung (UNHDI) (8) galt Kiribati 2015 als ein Land mit mittlerer menschlicher Entwicklung (Platz 137 unter 188 Ländern).

(37)

Obwohl es im Allgemeinen hinsichtlich Kontrolle und Überwachung spezifische Kapazitätslücken geben mag, lässt sich das Fehlen einschlägiger nationaler Rechtsvorschriften über die internationalen Instrumente zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung von IUU-Fischereitätigkeiten nicht durch die spezifischen, aufgrund des Entwicklungsstands in Kiribati bestehenden Sachzwänge rechtfertigen. Darüber hinaus sind die Mängel im Überwachungs- und Kontrollsystem offenbar auf das Ungleichgewicht zwischen den begrenzten Kapazitäten Kiribatis, die Fischereitätigkeiten in seiner AWZ zu kontrollieren, und der Größe der ausländischen Flotte, die Zugang zu den Gewässern Kiribatis hat, zurückzuführen.

(38)

Angesichts der in diesem Abschnitt dargelegten Situation und auf der Grundlage aller von der Kommission zusammengetragenen Fakten sowie der Aussagen Kiribatis konnte gemäß Artikel 31 Absatz 7 der IUU-Verordnung festgestellt werden, dass der fischereiwirtschaftliche Entwicklungsstatus Kiribatis durch den allgemeinen Entwicklungsstand des Landes beeinträchtigt sein könnte. Allerdings kann der Entwicklungsstand des Landes angesichts der Art der festgestellten Defizite und der zur Bereinigung der Situation ergriffenen Maßnahmen die erbrachte Gesamtleistung Kiribatis als Flaggen-, Küsten- oder Hafenstaat und die unzureichenden Maßnahmen zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der IUU-Fischerei nicht umfassend erklären oder rechtfertigen.

4.   SCHLUSSFOLGERUNGEN ZUR MÖGLICHEN EINSTUFUNG ALS NICHTKOOPERIERENDES DRITTLAND

(39)

Vor dem Hintergrund der Ergebnisse, denen zufolge Kiribati seine völkerrechtlichen Pflichten als Flaggen-, Hafen-, Küsten- oder Marktstaat nicht erfüllt und keine geeigneten Maßnahmen zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der IUU-Fischerei ergreift, sollte dem Land gemäß Artikel 32 der IUU-Verordnung mitgeteilt werden, dass es von der Kommission möglicherweise als bei der Bekämpfung der IUU-Fischerei nichtkooperierendes Drittland eingestuft wird.

(40)

Gemäß Artikel 32 Absatz 1 der IUU-Verordnung sollte die Kommission Kiribati darüber informieren, dass das Land möglicherweise als nichtkooperierendes Drittland eingestuft wird. Darüber hinaus sollte sie gegenüber Kiribati alle in Artikel 32 der IUU-Verordnung festgelegten Maßnahmen ergreifen. Im Interesse einer ordnungsgemäßen Abwicklung sollte eine Frist festgelegt werden, innerhalb deren das Land schriftlich Stellung beziehen und die Situation bereinigen kann.

(41)

Darüber hinaus werden durch die Mitteilung an Kiribati, dass es möglicherweise als Land eingestuft wird, das die Kommission im Sinne dieses Beschlusses als nichtkooperierend betrachtet, weitere Schritte der Kommission oder des Rates zum Zwecke der Einstufung und der Erstellung einer Liste nichtkooperierender Länder weder ausgeschlossen noch automatisch vollzogen —

BESCHLIESST:

Einziger Artikel

Die Republik Kiribati wird darüber informiert, dass sie von der Kommission möglicherweise als bei der Bekämpfung der illegalen, ungemeldeten und unregulierten Fischerei nichtkooperierendes Drittland eingestuft wird.

Brüssel, den 21. April 2016

Für die Kommission

Karmenu VELLA

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 286 vom 29.10.2008, S. 1.

(2)  http://www.ffa.int/

(3)  Nauru-Abkommen (http://www.ffa.int/node/93#attachments).

(4)  Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Fischerei der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, 1995.

(5)  Das Gesetz Nr. 6/2010 der Republik Kiribati über die Erhaltung, Bewirtschaftung und Entwicklung der Fischerei in Kiribati und über die Kontrolle ausländischer Fischereifahrzeuge sowie damit verbundener Zwecke, geändert durch das Gesetz Nr. 1/2015 der Republik Kiribati zur Änderung des Fischereigesetzes von 2010.

(6)  https://www.wcpfc.int/system/files/Conservation%20and%20Management%20Measure-2006-08%20%5BHSB%26I%20Procedures%5D.pdf

(7)  Schiffsregister Kiribatis, http://www.kiribaship.com/EN/Default.aspx.

(8)  Quelle: http://hdr.undp.org/en/statistics