25.6.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 160/62


VERORDNUNG (EU) 2015/939 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 9. Juni 2015

über bestimmte Verfahren für die Anwendung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Albanien andererseits

(kodifizierter Text)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 207 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Vorschlags an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EG) Nr. 1616/2006 des Rates (2) wurde erheblich geändert (3). Aus Gründen der Klarheit und der Übersichtlichkeit empfiehlt es sich, sie zu kodifizieren.

(2)

Am 12. Juni 2006 wurde in Luxemburg ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Albanien andererseits (4) (im Folgenden „SAA“) unterzeichnet und trat am 1. April 2009 in Kraft.

(3)

Für die Anwendung einiger Bestimmungen des SAA müssen Verfahren festgelegt werden.

(4)

In dem SAA ist vorgesehen, dass Fischereierzeugnisse mit Ursprung in Albanien im Rahmen von Zollkontingenten zu ermäßigten Zollsätzen in die Union eingeführt werden können. Daher müssen Bestimmungen zur Verwaltung dieser Zollkontingente festgelegt werden.

(5)

Sind handelspolitische Schutzmaßnahmen erforderlich, so sollten sie nach den allgemeinen Bestimmungen der Verordnung (EU) 2015/478 des Europäischen Parlaments und des Rates (5), der Verordnung (EU) 2015/479 des Europäischen Parlaments und des Rates (6), der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates (7) oder, je nach Lage des Falles, der Verordnung (EG) Nr. 597/2009 des Rates (8) erlassen werden.

(6)

Übermittelt ein Mitgliedstaat der Kommission Angaben über einen etwaigen Betrug oder eine etwaige Verweigerung der Amtshilfe, so finden die einschlägigen Rechtsvorschriften der Union Anwendung, insbesondere die Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates (9).

(7)

Für die Durchführung der einschlägigen Bestimmungen der vorliegenden Verordnung sollte die Kommission von dem mit Artikel 285 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) eingesetzten Ausschuss für den Zollkodex unterstützt werden.

(8)

Die Umsetzung der bilateralen Schutzklauseln des SAA erfordert einheitliche Bedingungen für den Erlass von Schutz- und anderen Maßnahmen. Diese Maßnahmen sollten nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (11) erlassen werden.

(9)

Die Kommission sollte sofort geltende Durchführungsrechtsakte erlassen, wenn dies in hinreichend begründeten Fällen im Zusammenhang mit besonderen und kritischen Umständen im Sinne des Artikels 39 Absatz 4 des SAA aus Gründen äußerster Dringlichkeit erforderlich ist —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

Diese Verordnung legt bestimmte Verfahren für den Erlass der Durchführungsvorschriften für einige Bestimmungen des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Albanien andererseits (im Folgenden „SAA“) fest.

Artikel 2

Zugeständnisse für Fisch und Fischereierzeugnisse

Die Durchführungsvorschriften für Artikel 28 Absatz 1 des SAA über Zollkontingente für Fische und Fischereierzeugnisse werden von der Kommission nach dem in Artikel 9 Absatz 3 dieser Verordnung vorgesehenen Prüfverfahren erlassen.

Artikel 3

Zollsenkungen

(1)   Vorbehaltlich des Absatzes 2 werden die Präferenzzollsätze auf die erste Dezimalstelle abgerundet.

(2)   Führt die Berechnung des Präferenzzollsatzes gemäß des Absatzes 1 zu einem der folgenden Ergebnisse, so wird der Präferenzzollsatz als vollständige Befreiung angesehen:

a)

Wertzollsatz von 1 % oder weniger oder

b)

im Falle spezifischer Zollsätze mit einem Betrag von 1 EUR oder weniger.

Artikel 4

Technische Anpassungen

Änderungen und technische Anpassungen der nach dieser Verordnung erlassenen Bestimmungen, die wegen einer Änderung der Codes der Kombinierten Nomenklatur und der TARIC-Unterpositionen notwendig werden oder die sich aus dem Abschluss neuer oder geänderter Abkommen, Protokolle, Briefwechsel oder sonstiger Übereinkünfte zwischen der Union und Albanien ergeben, werden nach dem in Artikel 9 Absatz 3 vorgesehenen Prüfverfahren erlassen.

Artikel 5

Allgemeine Schutzklausel

Muss die Union eine nach Artikel 38 des SAA vorgesehene Maßnahme treffen, so wird diese Maßnahme nach dem in Artikel 9 Absatz 3 dieser Verordnung vorgesehenen Prüfverfahren getroffen, sofern in Artikel 38 des SAA nichts anderes bestimmt ist.

Artikel 6

Knappheitsklausel

Muss die Union eine Maßnahme nach Artikel 39 des SAA treffen, so wird diese Maßnahme nach dem in Artikel 9 Absatz 3 dieser Verordnung vorgesehenen Prüfverfahren getroffen.

Artikel 7

Besondere und kritische Umstände

Unter den besonderen und kritischen Umständen im Sinne des Artikels 39 Absatz 4 des SAA kann die Kommission Sofortmaßnahmen nach Artikel 39 des SAA treffen.

Geht bei der Kommission ein Ersuchen eines Mitgliedstaats ein, so fasst sie innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Eingang des Ersuchens einen Beschluss.

Die Kommission ergreift die Maßnahmen nach Absatz 1 nach dem in Artikel 9 Absatz 3 der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Prüfverfahren oder bei Dringlichkeit nach Artikel 9 Absatz 4 der vorliegenden Verordnung.

Artikel 8

Schutzklausel für landwirtschaftliche und Fischereierzeugnisse

(1)   Muss die Union nach Artikel 38 des SAA Schutzmaßnahmen in Bezug auf landwirtschaftliche Erzeugnisse oder Fischereierzeugnisse treffen, so entscheidet die Kommission unbeschadet der in den Artikeln 5 und 6 genannten Verfahren auf Ersuchen eines Mitgliedstaats oder von sich aus über die erforderlichen Maßnahmen, nachdem sie gegebenenfalls das Befassungsverfahren nach Artikel 38 des SAA angewandt hat.

Geht bei der Kommission ein Ersuchen eines Mitgliedstaats ein, so befindet sie darüber

a)

innerhalb von drei Arbeitstagen ab Eingang eines Ersuchens, wenn das Befassungsverfahren nach Artikel 38 des SAA keine Anwendung findet, oder

b)

innerhalb von drei Tagen nach Ablauf des in Artikel 38 Absatz 5 Buchstabe a des SAA genannten Zeitraums von 30 Tagen, wenn das Befassungsverfahren nach Artikel 38 des SAA Anwendung findet.

Die Kommission unterrichtet die Mitgliedstaaten darüber, welche Maßnahmen sie beschlossen hat.

(2)   Die Kommission ergreift derartige Maßnahmen nach dem in Artikel 9 Absatz 3 vorgesehenen Prüfverfahren oder bei Dringlichkeit nach Artikel 9 Absatz 4.

Artikel 9

Ausschussverfahren

(1)   Für die Zwecke der Artikel 2, 4 und 12 der vorliegenden Verordnung wird die Kommission von dem Ausschuss für den Zollkodex, der nach Artikel 285 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 eingesetzt wurde, unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Für die Zwecke der Artikel 5 bis 8 der vorliegenden Verordnung wird die Kommission von dem Schutzmaßnahmenausschuss, der nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/478 eingesetzt wurde, unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(4)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 in Verbindung mit deren Artikel 5.

Artikel 10

Dumping und Subventionen

Im Falle einer Praktik, die die Anwendung der in Artikel 37 Absatz 2 des SAA vorgesehenen Maßnahmen durch die Union rechtfertigen könnte, wird über die Einführung von Antidumpingmaßnahmen und/oder Ausgleichsmaßnahmen nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 bzw. der Verordnung (EG) Nr. 597/2009 beschlossen.

Artikel 11

Wettbewerb

(1)   Im Falle einer Praktik, die die Anwendung der in Artikel 71 des SAA vorgesehenen Maßnahmen durch die Union rechtfertigen könnte, beschließt die Kommission von sich aus oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaats nach Prüfung des Falles, ob diese Praktik mit dem SAA vereinbar ist.

Die Maßnahmen nach Artikel 71 Absatz 9 des SAA werden in Beihilfefällen nach den in der Verordnung (EG) Nr. 597/2009 genannten Verfahren und in den übrigen Fällen nach den in Artikel 207 des Vertrags genannten Verfahren getroffen.

(2)   Im Falle einer Praktik, die dazu führen könnte, dass auf der Grundlage des Artikels 71 des SAA Maßnahmen Albaniens auf die Union angewandt werden, beschließt die Kommission nach Prüfung des Falles, ob die Praktik mit den im SAA festgelegten Grundsätzen vereinbar ist. Gegebenenfalls fasst die Kommission geeignete Beschlüsse nach den Kriterien, die sich aus den Artikeln 101, 102 und 107 des Vertrags ergeben.

Artikel 12

Betrug oder Verweigerung der Amtshilfe

Stellt die Kommission anhand von Angaben eines Mitgliedstaats oder von sich aus fest, dass die Voraussetzungen des Artikels 43 des SAA erfüllt sind, so

a)

unterrichtet sie unverzüglich den Rat und

b)

notifiziert sie dem Stabilitäts- und Assoziationsausschuss unverzüglich ihre Feststellungen zusammen mit den objektiven Informationen und nimmt Konsultationen im Stabilitäts- und Assoziationsausschuss auf.

Die Kommission veröffentlicht alle Bekanntmachungen nach Artikel 43 Absatz 5 des SAA im Amtsblatt der Europäischen Union.

Die Kommission kann nach dem in Artikel 9 Absatz 3 dieser Verordnung vorgesehenen Prüfverfahren beschließen, die einschlägige Präferenzregelung für die betreffenden Waren nach Artikel 43 Absatz 4 des SAA vorübergehend auszusetzen.

Artikel 13

Notifizierung

Die nach dem SAA vorgeschriebene Notifizierung an den Stabilitäts- und Assoziationsrat und den Stabilitäts- und Assoziationsausschuss wird von der Kommission im Namen der Union vorgenommen.

Artikel 14

Aufhebung

Die Verordnung (EG) Nr. 1616/2006 wird aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobene Verordnung gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang II zu lesen.

Artikel 15

Inkrafttreten und Geltung

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 9. Juni 2015.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

Z. KALNIŅA-LUKAŠEVICA


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 29. April 2015 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 28. Mai 2015.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1616/2006 des Rates vom 23. Oktober 2006 über bestimmte Verfahren für die Anwendung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Albanien andererseits und für die Anwendung des Interimsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Albanien (ABl. L 300 vom 31.10.2006, S. 1).

(3)  Siehe Anhang I.

(4)  ABl. L 107 vom 28.4.2009, S. 166.

(5)  Verordnung (EU) 2015/478 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 über eine gemeinsame Einfuhrregelung (ABl. L 83 vom 27.3.2015, S. 16).

(6)  Verordnung (EU) 2015/479 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 über eine gemeinsame Ausfuhrregelung (ABl. L 83 vom 27.3.2015, S. 34).

(7)  Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 343 vom 22.12.2009, S. 51).

(8)  Verordnung (EG) Nr. 597/2009 des Rates vom 11. Juni 2009 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 93).

(9)  Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates vom 13. März 1997 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung (ABl. L 82 vom 22.3.1997, S. 1).

(10)  Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1).

(11)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).


ANHANG I

Aufgehobene Verordnung mit ihrer nachfolgenden Änderung

Verordnung (EG) Nr. 1616/2006 des Rates

(ABl. L 300 vom 31.10.2006, S. 1).

 

Verordnung (EU) Nr. 37/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates

(ABl. L 18 vom 21.1.2014, S. 1).

Nur Ziffer 13 des Anhangs


ANHANG II

Entsprechungstabelle

Verordnung (EG) Nr. 1616/2006

Vorliegende Verordnung

Artikel 1 bis 8

Artikel 1 bis 8

Artikel 8a

Artikel 9

Artikel 9

Artikel 10

Artikel 10

Artikel 11

Artikel 11

Artikel 12

Artikel 13

Artikel 13

Artikel 14

Artikel 14

Artikel 15

Anhang I

Anhang II