19.3.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 81/1


VERORDNUNG (EU) Nr. 260/2014 DER KOMMISSION

vom 24. Januar 2014

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 440/2008 zur Festlegung von Prüfmethoden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) zwecks Anpassung an den technischen Fortschritt

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (1), insbesondere auf Artikel 13 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In der Verordnung (EG) Nr. 440/2008 der Kommission (2) sind die in der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 vorgesehenen Prüfmethoden zur Bestimmung der physikalisch-chemischen Eigenschaften, der Toxizität und der Ökotoxizität von Stoffen festgelegt.

(2)

Es ist angezeigt, die Verordnung (EG) Nr. 440/2008 zu aktualisieren und vorrangig um neue und aktualisierte alternative Prüfmethoden zu ergänzen, die von der OECD kürzlich angenommen wurden mit dem Ziel, die Zahl der für Versuchszwecke verwendeten Tiere gemäß der Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (3) und der Richtlinie 86/609/EWG des Rates vom 24. November 1986 zur Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (4) zu verringern.

(3)

Die Anpassung betrifft zwei Methoden zur Bestimmung physikalisch-chemischer Eigenschaften (einschließlich einer Aktualisierung der Prüfmethode zur Bestimmung der Wasserlöslichkeit und einer neuen Prüfmethode zur Bestimmung des Verteilungskoeffizienten, die für die Bewertung persistenter, bioakkumulierbarer und toxischer (persistent, bioaccumulative and toxic, PBT) Stoffe relevant sind), vier neue und eine aktualisierte Methode zur Bestimmung der Ökotoxizität sowie des Verbleibs und Verhaltens von Stoffen in der Umwelt, neun Methoden zur Bestimmung der Toxizität und anderer gesundheitlicher Auswirkungen von Stoffen einschließlich vier Inhalationstoxizitätsmethoden (darunter eine Aktualisierung von drei bestehenden Methoden und eine neue Methode zur Verringerung der Zahl von Versuchstieren und zur Verbesserung der Wirkungsabschätzung, eine Aktualisierung der 28-Tage-Prüfung auf orale Toxizität bei wiederholter Verabreichung zwecks Einbeziehung von Parametern für die Bewertung der endokrinen Aktivität, einer Aktualisierung der Toxikokinetik-Prüfmethode, die für die Ausrichtung und das Verständnis toxikologischer Studien relevant ist, sowie eine Aktualisierung der Prüfung auf chronische Toxizität und der Prüfung auf Karzinogenität und der kombinierten Prüfung auf chronische Toxizität und Karzinogenität).

(4)

Die Verordnung (EG) Nr. 440/2008 sollte daher entsprechend geändert werden.

(5)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des mit Artikel 133 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 eingesetzten Ausschusses —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Der Anhang der Verordnung (EG) Nr. 440/2008 wird nach Maßgabe des Anhangs der vorliegenden Verordnung geändert.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. Januar 2014

Für die Kommission

Der Präsident

José Manuel BARROSO


(1)  ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1.

(2)  ABl. L 142 vom 31.5.2008, S. 1.

(3)  ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 33.

(4)  ABl. L 358 vom 18.12.1986, S. 1.


ANHANG

Der Anhang der Verordnung (EG) Nr. 440/2008 wird wie folgt geändert:

1.

Das Kapitel A.6 erhält folgende Fassung:

„A.6   WASSERLÖSLICHKEIT

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 105 (1995). Sie ist eine überarbeitete Fassung der ursprünglichen TG 105, die 1981 angenommen wurde. Es gibt keine inhaltlichen Unterschiede zwischen der derzeitigen Fassung und der von 1981. Geändert wurde hauptsächlich das Format. Die Überarbeitung stützte sich auf die EU-Prüfmethode ‚Wasserlöslichkeit‘ (1).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

2.

Die Wasserlöslichkeit eines Stoffs kann durch Verunreinigungen erheblich beeinflusst werden. Diese Prüfmethode behandelt die Bestimmung der Wasserlöslichkeit von im Wesentlichen reinen Substanzen, die in Wasser stabil und nicht flüchtig sind. Vor Bestimmung der Wasserlöslichkeit sollten Vorinformationen über die Strukturformel, den Dampfdruck, die Dissoziationskonstante und das Hydrolyseverhalten (als Funktion des pH-Wertes) des Stoffes vorliegen.

3.

Die beiden nachstehend beschriebenen Methoden, d. h. die Säulen-Elutions-Methode und die Kolbenmethode, decken Löslichkeiten von unter bzw. über 10–2 g/l ab. Ein einfacher Vorversuch wird ebenfalls beschrieben. Er ermöglicht die Bestimmung der bei der eigentlichen Prüfung zu verwendenden ungefähren Probenmenge und die zum Erreichen der Sättigungskonzentration notwendige Zeit.

DEFINITIONEN UND EINHEITEN

4.

Die Wasserlöslichkeit einer Substanz wird durch ihre Massen-Sättigungskonzentration in Wasser bei einer bestimmten Temperatur angegeben.

5.

Die Wasserlöslichkeit wird als Masse des gelösten Stoffs je Lösungsvolumen ausgedrückt. Die SI-Einheit ist kg/m3, aber g/l kann auch verwendet werden.

REFERENZSUBSTANZEN

6.

Bei der Untersuchung der Prüfsubstanz brauchen keine Referenzsubstanzen verwendet zu werden.

BESCHREIBUNG DER METHODEN

Prüfbedingungen

7.

Die Prüfung wird vorzugsweise bei 20 °C ± 0,5 °C durchgeführt. Die gewählte Temperatur ist in allen wichtigen Teilen der Apparatur konstant zu halten.

Vorversuch

8.

Etwa 0,1 g der Probe (feste Prüfsubstanzen müssen pulverisiert sein) werden in einen mit Glasstopfen verschließbaren 10-ml-Messzylinder gegeben. Dann werden portionsweise zunehmende Volumen Wasser von Raumtemperatur zugesetzt. Nach jedem Zusatz einer Wassermenge wird die Mischung 10 Minuten geschüttelt und mit bloßem Auge auf ungelöste Teilchen der Probe untersucht. Wenn nach Zusatz von 10 ml Wasser die Probe oder Teile von ihr ungelöst bleiben, ist der Versuch in einem 100-ml-Messzylinder zu wiederholen. Die ungefähre Löslichkeit ist in Tabelle 1 unter demjenigen Volumen Wasser angegeben, bei dem die Probe vollständig gelöst wird. Bei geringer Löslichkeit kann es lange (bis zu 24 Stunden) dauern, bis die Prüfsubstanz gelöst ist. Ist die Prüfsubstanz nach 24 Stunden noch nicht gelöst, sollte der Versuch verlängert werden (maximal 96 Stunden) oder es sollte weiter verdünnt werden, um festzustellen, ob die Säulen-Elutions- oder die Kolben-Methode zu benutzen ist.

Tabelle 1

ml Wasser auf 0,1 g lösliche Substanz

0,1

0,5

1

2

10

100

> 100

Ungefähre Löslichkeit in g/l

> 1 000

1 000-200

200-100

100-50

50-10

10-1

< 1

Säulen-Elutions-Methode

Prinzip

9.

Diese Methode basiert auf der Elution einer Prüfsubstanz mit Wasser aus einer Mikrosäule, die mit einem inerten Trägermaterial gefüllt ist, welches mit einem Überschuss an Prüfsubstanz beschichtet ist (2). Die Wasserlöslichkeit wird durch die Massenkonzentration des Eluats ausgedrückt, wenn dieses ein Plateau in Abhängigkeit von der Zeit erreicht hat.

Apparatur

10.

Die Apparatur besteht aus einer Mikrosäule (Abbildung 1), die auf konstanter Temperatur gehalten wird. Sie ist entweder mit einer Umwälzpumpe (Abbildung 2) oder mit einem Niveaugefäß (Abbildung 3) verbunden. Die Mikrosäule enthält ein inertes Trägermaterial, das durch einen kleinen Pfropfen aus Glaswolle in der Säule gehalten wird, der gleichzeitig zum Herausfiltern von Partikeln dient. Als Trägermaterial können Glaskugeln, Diatomeenerde oder andere inerte Stoffe verwendet werden.

11.

Die Mikrosäule in Abbildung 1 eignet sich für die Apparatur mit Umwälzpumpe. Sie hat einen Kopfraum für fünf Säulenbett-Volumina (werden zu Beginn des Versuchs verworfen) und das Volumen von fünf Proben (werden während des Versuchs entnommen). Der Kopfraum kann kleiner gehalten werden, wenn während des Versuchs Wasser zugegeben werden kann, um die anfänglich mit Verunreinigungen entnommenen fünf Säulenbett-Volumina zu ersetzen. Die Säule ist durch einen Schlauch aus inertem Material mit der Umwälzpumpe verbunden, die mit einem Fluss von etwa 25 ml/h fördern kann. Die Umwälzpumpe kann z. B. eine Schlauch- oder eine Membranpumpe sein. Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht zu einer Verunreinigung und/oder Absorption durch das Schlauchmaterial kommt.

12.

Abbildung 3 zeigt die schematische Darstellung mit Verwendung eines Niveaugefäßes. In dieser Darstellung ist die Mikrosäule mit einem Einweghahn versehen. Sie wird mit einem Glasschliff-Verbindungsstück und einem Schlauch aus inertem Material an das Niveaugefäß angeschlossen. Die Durchflussrate vom Niveaugefäß sollte etwa 25 ml/h betragen.

Abbildung 1

Image

Abmessungen in mm

A.

Anschluss für Glasschliff-Stopfen

B.

Kopfraum

C.

Innenmaß 5

D.

Außenmaß 19

E.

Glaswollpfropfen

F.

Absperrhahn

Abbildung 2

Image

A.

atmosphärischer Druckausgleich

B.

Durchflussmesser

C.

Mikrosäule

D.

thermostatgeregelte Pumpe

E.

Umwälzpumpe

F.

2-Wege-Hahn zur Probenentnahme

Abbildung 3

Image

A.

Niveaugefäß (z. B. 2,5-Liter-Kolben)

B.

Säule

C.

Fraktionssammler

D.

Thermostat

E.

Teflonschlauch

F.

Glasschliff-Stopfen

G.

Wasserschlauch (zwischen Thermostat und Säule, Innendurchmesser ungefähr 8 mm)

13.

Etwa 600 mg Trägermaterial werden in einen 50-ml-Rundkolben eingefüllt. Eine geeignete Menge Prüfsubstanz wird in einem flüchtigen Lösungsmittel von Analysenqualität gelöst, und eine ausreichende Menge dieser Lösung wird zum Trägermaterial hinzugefügt. Das Lösungsmittel muss vollständig abgezogen werden, z. B. in einem Rotationsverdampfer, da sonst während der Elutionsphase wegen Verteilungseffekten auf der Oberfläche keine vollständige Sättigung dieses Materials mit Wasser erzielt wird. Das beladene Trägermaterial lässt man etwa 2 Stunden lang in etwa 5 ml Wasser quellen. Dann wird die Suspension in die Mikrosäule gefüllt. Es ist auch möglich, das trockene, beladene Trägermaterial in die mit Wasser gefüllte Mikrosäule zu geben. Auch hier wird der Quellvorgang von etwa 2 Stunden abgewartet.

14.

Das Aufbringen der Prüfsubstanz auf das Trägermaterial kann problematisch werden und zu fehlerhaften Ergebnissen führen, z. B. wenn sich die Prüfsubstanz ölartig auf dem Träger niederschlägt. Diese Probleme sollten untersucht und Einzelheiten dazu dokumentiert werden.

Verfahren mit Umwälzpumpe

15.

Der Säulenfluss wird in Gang gesetzt. Eine Durchflussleistung von etwa 25 ml/h wird empfohlen (etwa zehn Säulenbett-Volumina/h bei der beschriebenen Säule). Mindestens die ersten fünf Säulenbett-Volumina werden verworfen, um wasserlösliche Verunreinigungen zu entfernen. Danach lässt man die Umwälzpumpe bis zur Einstellung des Gleichgewichts laufen. Das Gleichgewicht ist erreicht, wenn bei fünf aufeinander folgenden Proben die Konzentrationen um nicht mehr als ± 30 % streuen. Diese Proben sollten in solchen zeitlichen Abständen genommen werden, in denen mindestens zehn Säulenbett-Volumina die Säule durchlaufen haben. Je nach verwendeter Analysemethode kann es ratsam sein, eine Konzentrations-Zeit-Kurve zu erstellen, um zu zeigen, dass das Gleichgewicht erreicht ist.

Verfahren mit Niveaugefäß

16.

Aufeinander folgende Eluatfraktionen werden gesammelt und ihre Konzentrationen mit der gewählten Analysemethode bestimmt. Fraktionen des mittleren Eluatbereichs, bei denen die Konzentrationen in mindestens fünf aufeinander folgenden Proben konstant bleiben (± 30 %), werden zur Bestimmung der Wasserlöslichkeit benutzt.

17.

Das bevorzugte Elutionsmittel ist bidestilliertes Wasser. Es kann auch deionisiertes Wasser mit einem spezifischen Widerstand von mehr als 10 Megaohm/cm und einem Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff unter 0,01 % verwendet werden.

18.

Bei beiden Verfahren wird ein zweiter Durchlauf mit halber Durchflussrate durchgeführt. Stimmen die Ergebnisse der beiden Versuche überein, wird das Prüfergebnis als zufriedenstellend betrachtet. Ist die gemessene Löslichkeit bei dem niedrigeren Durchfluss höher, muss die Durchflussleistung so lange weiter halbiert werden, bis zwei aufeinander folgende Versuchsdurchläufe die gleiche Löslichkeit ergeben.

19.

Bei beiden Verfahren sollten die Fraktionen durch Prüfung des Tyndall-Effekts auf kolloidale Substanzpartikel untersucht werden. Wenn solche Substanzpartikel vorkommen, ist das Prüfergebnis unbrauchbar. Die Prüfung sollte dann wiederholt werden, nachdem die Filterfunktion der Säule verbessert wurde.

20.

Der pH-Wert jeder Probe sollte vorzugsweise mit speziellen Indikatorstäbchen bestimmt werden.

Kolben-Methode

Prinzip

21.

Die Prüfsubstanz (Feststoffe müssen pulverisiert werden) wird bei einer Temperatur in Wasser aufgelöst, die leicht über der Prüftemperatur liegt. Wenn die Sättigung erreicht ist, wird die Lösung abgekühlt und auf der Prüftemperatur gehalten. Alternativ kann die Messung direkt bei der Prüftemperatur durchgeführt werden, wenn durch entsprechende Probenahme gesichert ist, dass das Sättigungsgleichgewicht erreicht ist. Dann wird die Massenkonzentration der Prüfsubstanz in der wässrigen Lösung, die keine ungelösten Substanzpartikel enthalten darf, mit einer geeigneten Analysemethode (3) bestimmt.

Geräte

22.

Folgende Geräte werden benötigt:

übliche Laborglasgeräte und -instrumente,

eine Vorrichtung zum Schütteln der Lösungen bei konstanter Temperatur,

eine Zentrifuge (möglichst thermostatisiert), falls diese bei Emulsionen erforderlich wird, und

Analysegeräte.

Verfahren

23.

Die zur Sättigung des vorgegebenen Wasservolumens erforderliche Prüfsubstanzmenge wird anhand der Ergebnisse des Vorversuches abgeschätzt. Etwa das Fünffache dieser Menge wird jeweils in drei mit Glasstopfen versehene Glasgefäße eingewogen (z. B. Zentrifugenröhrchen oder Kolben). Jedem Gefäß wird ein je nach Analysemethode und Löslichkeitsbereich gewähltes Wasservolumen zugesetzt. Die Gefäße werden fest verschlossen und dann bei 30 °C geschüttelt. Hierzu sollte ein Schüttel- oder Rührgerät verwendet werden, das bei einer konstanten Temperatur arbeitet, z. B. Magnetrührstäbe in einem thermostatisierten Wasserbad. Nach einem Tag wird eines der Gefäße 24 Stunden unter gelegentlichem Schütteln bei Prüftemperatur stehen gelassen, bis sich das Gleichgewicht eingestellt hat. Dann wird der Inhalt des Gefäßes bei Prüftemperatur zentrifugiert und die Konzentration der Prüfsubstanz in der klaren wässrigen Phase mit einem geeigneten Analyseverfahren bestimmt. Mit den beiden anderen Kolben wird nach zwei bzw. drei Tagen genauso verfahren, nachdem zuvor das Sättigungsgleichgewicht bei 30 °C eingestellt wurde. Weichen die gemessenen Konzentrationen bei mindestens den letzten beiden Gefäßen um nicht mehr als 15 % voneinander ab, ist die Prüfung als zufriedenstellend anzusehen. Wenn die Prüfergebnisse der Gefäße 1, 2 und 3 eine steigende Tendenz aufweisen, sollte die gesamte Prüfung unter Verlängerung der Zeiten für die Gleichgewichtseinstellung wiederholt werden.

24.

Die Prüfung kann auch ohne Präinkubation bei 30 °C durchgeführt werden. Um den Grad des erreichten Sättigungsgleichgewichts zu bestimmen, werden so lange Proben entnommen, bis die gemessenen Konzentrationen nicht länger von der Rührzeit beeinflusst werden.

25.

Der pH-Wert jeder Probe sollte vorzugsweise mit speziellen Indikatorstäbchen bestimmt werden.

Analytische Bestimmungen

26.

Eine substanzspezifische Methode ist vorzuziehen, da bereits kleine Mengen von löslichen Verunreinigungen große Fehler bei der Bestimmung der Löslichkeit verursachen können. Beispiele für solche Analysemethoden sind: Gas- oder Flüssigchromatographie, Titrierverfahren, fotometrische Methoden, voltametrische Verfahren.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

Säulen-Elutions-Methode

27.

Für jeden Durchlauf werden der Mittelwert und die Standardabweichung von mindestens fünf aufeinander folgenden Proben aus dem Bereich des Sättigungsplateaus berechnet. Die für zwei Prüfungen mit unterschiedlichen Durchflussleistungen berechneten Mittelwerte sollten nicht um mehr als 30 % voneinander abweichen.

Kolben-Methode

28.

Die einzelnen Ergebnisse für jeden der drei Kolben, die nicht um mehr als 15 % voneinander abweichen sollten, werden gemittelt.

Prüfbericht

Säulen-Elutions-Methode

29.

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

die Ergebnisse des Vorversuchs,

Angaben zur Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen), gegebenenfalls Vorreinigung,

die Konzentrationen, Durchflussraten und pH-Werte jeder Probe,

die Mittelwerte und Standardabweichungen von mindestens fünf Proben aus dem Bereich des Sättigungsplateaus eines jeden Durchlaufs,

den Durchschnitt von mindestens zwei aufeinanderfolgenden Durchläufen,

die Wassertemperatur während des Sättigungsvorgangs,

die Analysemethode,

die Art des verwendeten Trägermaterials,

die Beladung des Trägermaterials,

das verwendete Lösungsmittel,

gegebenenfalls Hinweise auf eine chemische Instabilität der Prüfsubstanz während des Prüfungsvorgangs,

alle für die Auswertung der Ergebnisse sachdienlichen Informationen und Bemerkungen, insbesondere in Bezug auf Verunreinigungen und den Aggregatzustand der Prüfsubstanz.

Kolben-Methode

30.

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

die Ergebnisse des Vorversuchs,

Angaben zur Prüfsubstanz (Identität und Verunreinigungen), gegebenenfalls Vorreinigung,

die einzelnen Analysenergebnisse und die Durchschnittswerte, wenn pro Kolben mehr als ein Wert bestimmt wurde,

den pH-Wert jeder Probe,

den Mittelwert derjenigen Kolben, deren Ergebnisse übereinstimmen,

die Prüftemperatur,

die Analysemethode,

gegebenenfalls Hinweise auf eine chemische Instabilität der Prüfsubstanz während des Prüfungsvorgangs,

alle für die Auswertung der Ergebnisse sachdienlichen Informationen und Bemerkungen, insbesondere in Bezug auf Verunreinigungen und den Aggregatzustand der Prüfsubstanz.

LITERATUR:

1.

Richtlinie 92/69/EWG der Kommission vom 31. Juli 1992 zur siebzehnten Anpassung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe an den technischen Fortschritt, ABl.L 383 vom 29.12.1992, S. 113.

2.

NF T 20-045 (AFNOR) (September 1985). Chemical products for industrial use — Determination of water solubility of solids and liquids with low solubility — Column elution method.

3.

NF T 20-046 (AFNOR) (September 1985). Chemical products for industrial use — Determination of water solubility of solids and liquids with high solubility — Flask method.“

2.

Das Kapitel A.23 wird angefügt:

„A.23   1-OCTANOL/WASSER-VERTEILUNGSKOEFFIZIENT: METHODE ZUR PRÜFUNG UNTER LANGSAMEM RÜHREN

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 123 (2006). Die POW-Werte (POW = 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient) konnten mit der Methode zur Prüfung unter langsamem Rühren bis zu log POW 8,2 genau bestimmt werden (1). Entsprechend kommt diese Methode für die direkte Bestimmung der POW-Werte stark hydrophober Substanzen in Betracht.

2.

Weitere Methoden zur Bestimmung des 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten (POW) sind die ‚Schüttelmethode‘ (2) und die Bestimmung des POW aufgrund des Retentionsverhaltens bei der HPLC mit Phasenumkehr (3). Die ‚Schüttelmethode‘ ist wegen der Übertragung von Octanol-Mikrotröpfchen in die wässrige Phase jedoch fehleranfällig. Mit steigenden POW-Werten führt das Vorhandensein dieser Tröpfchen in der wässrigen Phase zu einer zunehmenden Überschätzung der Konzentration der Prüfsubstanz im Wasser. Daher ist diese Methode nur bei Substanzen mit log POW < 4 geeignet. Die zweite Methode beruht auf direkt bestimmten POW-Werten, die zur Kalibrierung der Beziehung zwischen dem Retentionsverhalten in der HPLC und den gemessenen POW-Werten verwendet werden. Es gab einen Entwurf einer OECD-Richtlinie zur Bestimmung des 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten ionisierbarer Substanzen (4), der aber nicht mehr verwendet werden soll.

3.

Diese Prüfmethode wurde in den Niederlanden entwickelt. Die Genauigkeit der in dieser Prüfmethode beschriebenen Verfahren wurde in einer Ringtest-Validierungsstudie unter Beteiligung von 15 Labors validiert und optimiert (5).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

Bedeutung und Anwendung

4.

Bei inerten organischen Substanzen wurden hoch signifikante Beziehungen zwischen den 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten (POW) und der jeweiligen Bioakkumulation in Fischen festgestellt. Außerdem wurde eine Korrelation zwischen den POW-Werten und der Toxizität für Fische sowie zwischen den POW-Werten und der Sorption chemischer Stoffe in Feststoffen wie z. B. in Böden und in Sedimenten nachgewiesen. Das Literaturverzeichnis enthält eine umfassende Übersicht über die verschiedenen Zusammenhänge (6).

5.

Zwischen dem 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizienten und sonstigen für die Umwelttoxizität und für das chemische Verhalten erheblichen Merkmalen von Substanzen wurden vielfältige Beziehungen festgestellt. Entsprechend hat sich der 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient zum Schlüsselparameter für die Bewertung des mit chemischen Stoffen verbundenen Umweltrisikos sowie zur Prognose der Persistenz chemischer Stoffe in der Umwelt entwickelt.

Anwendungsbereich

6.

Bei der Methode zur Prüfung unter langsamem Rühren soll die Bildung von 1-Octanol-Mikrotröpfchen in der wässrigen Phase verringert werden. Entsprechend ist ausgeschlossen, dass die Konzentration in der wässrigen Phase wegen der ansonsten mit diesen Tröpfchen verbundenen Moleküle der Prüfsubstanz überschätzt wird. Daher eignet sich die Methode zur Prüfung unter langsamem Rühren insbesondere zur Bestimmung der POW-Werte von Substanzen, bei denen log POW-Werte im Bereich von mindestens 5 zu erwarten sind und bei denen die Schüttelmethode (2) eher fehleranfällig wäre.

DEFINITIONEN UND EINHEITEN

7.

Der Verteilungskoeffizient einer Substanz für Wasser und ein lipophiles Lösungsmittel (1-Octanol) beschreibt die Gleichgewichtsverteilung des jeweiligen chemischen Stoffs zwischen den beiden Phasen. Der Verteilungskoeffizient für Wasser und 1-Octanol (POW) wird definiert als Verhältnis der Gleichgewichtskonzentrationen der Prüfsubstanz in mit Wasser gesättigtem 1-Octanol (CO) und in mit 1-Octanol gesättigtem Wasser (CW).

Formula

Für das Konzentrationsverhältnis wird keine Einheit angegeben. Meist wird das Verhältnis als Zehnerlogarithmus (log POW) ausgedrückt. POW ist temperaturabhängig; entsprechend sollte die Messtemperatur berücksichtigt werden.

PRINZIP DER METHODE

8.

Um den Verteilungskoeffizienten zu bestimmen, werden Wasser, 1-Octanol und die Prüfsubstanz bei einer konstanten Temperatur in ein Gleichgewicht gebracht. Anschließend werden die Konzentrationen der Prüfsubstanz in den beiden Phasen bestimmt.

9.

Die bei der Prüfung mit der Schüttelmethode auftretenden Schwierigkeiten infolge der Entstehung von Mikrotröpfchen können mit der hier vorgeschlagenen Methode unter langsamem Rühren verringert werden. Bei der Prüfung unter langsamem Rühren werden Wasser, 1-Octanol und die Prüfsubstanz in einem thermostatgeregelten Rührbehälter in ein Gleichgewicht gebracht. Durch das Rühren wird der Austausch zwischen den Phasen beschleunigt. Beim Rühren entstehen begrenzte Turbulenzen, welche den Austausch zwischen 1-Octanol und Wasser begünstigen, ohne dass Mikrotröpfchen entstehen können (1).

ANWENDBARKEIT DER PRÜFMETHODE

10.

Da sich das Vorhandensein anderer Substanzen auf den Aktivitätskoeffizienten der Prüfsubstanz auswirken kann, sollte die Prüfsubstanz als reine Substanz untersucht werden. Daher sollte die jeweilige Substanz für die Messung der 1-Octanol/Wasser-Verteilung in der höchsten auf dem Markt verfügbaren Reinheit verwendet werden.

11.

Diese Methode ist anzuwenden bei reinen Substanzen, bei denen weder eine Dissoziation noch eine Assoziation erfolgt und die keine erhebliche Grenzflächenaktivität aufweisen. Die Methode kann zur Bestimmung der 1-Octanol/Wasser-Verteilung dieser Substanzen und von Gemischen eingesetzt werden. Wenn die Methode für Gemische eingesetzt wird, hängt die 1-Octanol/Wasser-Verteilung von der chemischen Zusammensetzung des zu prüfenden Gemischs sowie von der Zusammensetzung des als wässrige Phase genutzten Elektrolyten ab. Wenn die Methode um verschiedene Schritte ergänzt wird, kann sie auch für dissoziierende und assoziierende Verbindungen eingesetzt werden (siehe Nummer 12).

12.

Aufgrund der unterschiedlichen Gleichgewichte in Wasser und 1-Octanol, die sich bei der 1-Octanol-/Wasser-Verteilung dissoziierender Substanzen wie z. B. organischer Säuren und Phenole, organischer Basen und organometallischer Substanzen ergeben, ist das Verteilungsverhältnis für 1-Octanol/Wasser ebenfalls in hohem Maße von der Zusammensetzung des Elektrolyten abhängig (7)(8). Die Bestimmung des Verteilungsverhältnisses für 1-Octanol/Wasser setzt voraus, dass pH-Wert und Elektrolytzusammensetzung während der Messung überwacht und protokolliert werden. Die Bewertung der Verteilungsverhältnisse muss durch Fachleute erfolgen. Unter Berücksichtigung der Dissoziationskonstante(n) müssen geeignete pH-Werte so ausgewählt werden, dass für jedes Ionisierungsstadium ein Verteilungsverhältnis bestimmt werden kann. Zur Prüfung organometallischer Verbindungen müssen Pufferlösungen eingesetzt werden, die nicht als Komplexbildner wirken (8). Unter Berücksichtigung des aktuellen Kenntnisstandes bezüglich der Chemie der wässrigen Phase (Komplexbildungskonstanten, Dissoziationskonstanten) sollten die Versuchsbedingungen so gewählt werden, dass die Speziation der Prüfsubstanz in der wässrigen Phase bestimmt werden kann. Die Ionenkonzentration sollte in allen Prüfungen gleich sein; um dies zu gewährleisten, sollte ein Hintergrundelektrolyt eingesetzt werden.

13.

Schwierigkeiten können sich bei der Prüfung in Verbindung mit der Untersuchung von Substanzen mit geringer Wasserlöslichkeit oder mit hohem POW ergeben, weil die Konzentrationen im Wasser sehr gering werden und eine genaue Bestimmung entsprechend problematisch ist. Diese Prüfmethode erläutert, wie diesem Problem begegnet werden kann.

INFORMATIONEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

14.

Die chemischen Reagenzien sollten mindestens Analysequalität besitzen. Es wird empfohlen, nicht markierte Prüfsubstanzen mit bekannter chemischer Zusammensetzung und einer Reinheit von mindestens 99 % oder radioaktiv markierte Prüfsubstanzen mit bekannter chemischer Zusammensetzung und radiochemischer Reinheit einzusetzen. Beim Einsatz von Indikatorsubstanzen mit kurzer Halbwertszeit sollten Korrekturen unter Berücksichtigung des Zerfallsverhaltens vorgenommen werden. Wenn die Prüfsubstanzen radioaktiv markiert wurden, sollte eine speziell für den jeweiligen chemischen Stoff vorgesehene Analysemethode eingesetzt werden, um sicherzustellen, dass die gemessene Radioaktivität unmittelbar auf die Prüfsubstanz zurückzuführen ist.

15.

Log POW kann mit einer im Handel erhältlichen und für diesen Zweck vorgesehenen Software geschätzt werden; alternativ kann die Schätzung auch aufgrund des Verhältnisses der Löslichkeiten in beiden Lösungsmitteln erfolgen.

16.

Bevor POW durch eine Prüfung unter langsamem Rühren bestimmt wird, sollten die folgenden Informationen zur Prüfsubstanz bekannt sein:

a)

die Strukturformel,

b)

geeignete Analysemethoden zur Bestimmung der Konzentration der Substanz in Wasser und in 1-Octanol,

c)

die Dissoziationskonstante(n) ionisierbarer Substanzen (OECD-Richtlinie 112) (9),

d)

die Wasserlöslichkeit (10),

e)

Informationen zur abiotischen Hydrolyse (11),

f)

die leichte biologische Abbaubarkeit (12),

g)

der Dampfdruck (13).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Geräte und Apparatur

17.

Für die Prüfungen werden Standardlaborgeräte benötigt; insbesondere sind folgende Geräte erforderlich:

Magnetrührer sowie Magnetrührstäbe mit Teflonbeschichtung zum Umrühren der wässrigen Phase,

geeignete Analyseinstrumente zur Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz in den erwarteten Konzentrationen,

Rührgefäße mit einem Absperrhahn unten am Gefäß. Abhängig vom geschätzten Wert für log POW und von der Nachweisgrenze (LOD) der zu prüfenden Verbindung ist der Einsatz eines Reaktionsbehälters mit identischer Geometrie, aber mit einem Volumen von mehr als einem Liter in Betracht zu ziehen, damit hinreichend Wasser für die chemische Extraktion und für die durchzuführende Analyse entnommen werden kann. Dies führt zu höheren Konzentrationen im Wasserextrakt und ermöglicht entsprechend zuverlässigere Analysen. Anlage 1 enthält eine Tabelle mit Schätzwerten für die erforderlichen Mindestvolumina, der Nachweisgrenze der Verbindung, dem geschätzten log POW und der Löslichkeit in Wasser. Die Tabelle beruht auf der Beziehung zwischen log POW und dem Verhältnis zwischen der Löslichkeit in Octanol und in Wasser gemäß Pinsuwan u. a. (14):

Formula

Dabei ist

Formula (Molarität)

sowie auf der von Lyman (15) definierten Beziehung für die Prognose der Löslichkeit in Wasser. Die mit der in Anlage 1 genannten Formel bestimmten Wasserlöslichkeiten sind als erste Schätzung zu betrachten. Der Prüfende kann die Wasserlöslichkeit auch aufgrund einer sonstigen Beziehung schätzen, die er für besser geeignet hält, Auskunft über die Beziehung zwischen Hydrophobizität und Löslichkeit zu geben. Bei festen Verbindungen wird z. B. die Berücksichtigung des Schmelzpunktes bei der Prognose der Löslichkeit empfohlen. Wenn eine modifizierte Formel verwendet wird, sollte sichergestellt werden, dass die Gleichung zur Berechnung der Löslichkeit in Octanol noch gültig ist. In Anlage 2 ist ein Rührgefäß mit Glasmantel und einem Inhalt von etwa einem Liter dargestellt. Die Proportionen des in Anlage 2 dargestellten Gefäßes haben sich als günstig erwiesen und sollten auch dann beibehalten werden, wenn eine anders dimensionierte Apparatur verwendet wird,

entscheidend ist eine Vorrichtung, mit der während der Prüfung unter langsamem Rühren eine konstante Temperatur aufrechterhalten werden kann.

18.

Die Gefäße sollten aus einem inerten Material bestehen, damit die Adsorption durch die Oberfläche der Gefäße vernachlässigt werden kann.

Herstellung der Prüflösungen

19.

Der Wert für POW sollte mit 1-Octanol der höchsten im Handel erhältlichen Reinheit (mindestens + 99 %) bestimmt werden. Die Reinigung von 1-Octanol durch die Extraktion mit einer Säure, einer Base und Wasser und eine anschließende Trocknung werden empfohlen. Außerdem kann 1-Octanol auch durch Destillation gereinigt werden. Zur Herstellung der Standardlösungen der Prüfsubstanzen ist gereinigtes 1-Octanol zu verwenden. Das für die Bestimmung von POW zu verwendende Wasser sollte durch Glas oder Quarz destilliert oder mit einem Reinigungssystem hergestellt worden sein; alternativ kann auch HPLC-Wasser verwendet werden. Destilliertes Wasser sollte durch ein 0,22-μm-Filter gefiltert werden; mit Blindproben sollte sichergestellt werden, dass die konzentrierten Extrakte keine Verunreinigungen enthalten, welche die Prüfsubstanz verändern könnten. Wenn ein Glasfaserfilter verwendet wird, sollte das Filter durch mindestens dreistündige Erhitzung auf 400 °C gereinigt werden.

20.

Beide Lösungsmittel werden vor Durchführung der Prüfung wechselseitig gesättigt, indem sie in einem hinreichend großen Gefäß in ein Gleichgewicht gebracht werden. Dazu wird das aus zwei Phasen bestehende System zwei Tage lang langsam gerührt.

21.

Eine geeignete Konzentration der Prüfsubstanz wird ausgewählt und in 1-Octanol (mit Wasser gesättigt) gelöst. Der 1-Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient ist in verdünnten Lösungen mit 1-Octanol und Wasser zu bestimmen. Daher sollte die Konzentration der Prüfsubstanz höchstens 70 % ihrer Löslichkeit bei einer Höchstkonzentration von 0,1 M in beiden Phasen betragen (1). Die für die Prüfungen verwendeten 1-Octanol-Lösungen dürfen keine suspendierten Feststoffe aus der Prüfsubstanz enthalten.

22.

Eine geeignete Menge der Prüfsubstanz wird in 1-Octanol (mit Wasser gesättigt) gelöst. Wenn die Schätzung für log POW einen Wert über fünf ergibt, ist besonders darauf zu achten, dass die für die Prüfung verwendeten 1-Octanol-Lösungen keine suspendierten Feststoffe aus der Prüfsubstanz enthalten. Dazu ist bei chemischen Stoffen mit einem geschätzten log POW > 5 wie folgt zu verfahren:

Die Prüfsubstanz wird in 1-Octanol (mit Wasser gesättigt) gelöst.

Es wird hinreichend Zeit gelassen, damit sich suspendierte Feststoffe absetzen können. Während des Absetzens wird die Konzentration der Prüfsubstanz überwacht.

Nachdem sich die gemessenen Konzentrationen der 1-Octanol-Lösung stabilisiert haben, wird die Stammlösung mit einer geeigneten Menge 1-Octanol verdünnt.

Anschließend wird die Konzentration der verdünnten Stammlösung gemessen. Wenn die gemessene Konzentration mit der Verdünnung übereinstimmt, kann die verdünnte Stammlösung zur Prüfung unter langsamem Rühren verwendet werden.

Extraktion und Analyse der Proben

23.

Für die Untersuchung der Prüfsubstanz sollte eine validierte Analysemethode verwendet werden. Der Prüfende muss nachweisen, dass die Konzentrationen in dem mit Wasser gesättigten 1-Octanol sowie in der mit 1-Octanol gesättigten wässrigen Phase während der Prüfung über der bei dem eingesetzten Analyseverfahren für die Methode festgesetzten Quantifizierungsgrenze liegen. In Fällen, in denen Extraktionsmethoden erforderlich sind, muss die analytische Wiederfindung der Prüfsubstanzen aus der wässrigen Phase und aus der 1-Octanol-Phase vor der Prüfung erfolgen. Die Anforderungen an die Analysesignale sind aufgrund von Blindwerten zu korrigieren; dabei ist darauf zu achten, dass keine Analytübertragungen zwischen den Proben vorkommen können.

24.

Bei hydrophoben Prüfsubstanzen sind wegen der eher niedrigen Konzentrationen der Prüfsubstanzen in der wässrigen Phase vor der Analyse wahrscheinlich eine Extraktion der wässrigen Phase mit einem organischen Lösungsmittel und eine Vorkonzentration des Extrakts vorzunehmen. Aus demselben Grund müssen die eventuell verwendeten Blindprobenkonzentrationen reduziert werden. Dazu sind hochreine und vorzugsweise für Rückstandsanalysen vorgesehene Lösungsmittel zu verwenden. Die Verwendung sorgfältig vorgereinigter Glasgeräte (z. B. durch Spülen mit einem Lösungsmittel oder unter starker Erwärmung) kann zusätzlich helfen, Kreuzkontamination zu vermeiden.

25.

Log POW kann mit einem geeigneten Programm ermittelt oder von Fachleuten mit entsprechender Erfahrung geschätzt werden. Bei Werten über 6 müssen Blindwert-Korrekturen und Analyteintragungen sorgfältig überwacht werden. Wenn der geschätzte Wert für log POW über 6 liegt, muss ein Surrogatstandard für die Wiederfindungskorrektur verwendet werden, damit die erforderlichen hohen Vorkonzentrationsfaktoren erreicht werden können. Auf dem Markt werden verschiedene Computer-Programme zur Schätzung von log POW angeboten (1) (z. B. Clog P(16), KOWWIN(17), ProLogP(18) und ACD log P(19)). Das Literaturverzeichnis enthält Beschreibungen der verschiedenen Schätzverfahren (20-22).

26.

Die Quantifizierungsgrenzen (LOQ) für die Bestimmung der Prüfsubstanz in 1-Octanol und Wasser werden mit anerkannten Methoden bestimmt. Als Faustregel kann die Konzentration in Wasser oder 1-Octanol, bei der sich ein Signal-/Rauschverhältnis von 10 ergibt, als Quantifizierungsgrenze für die betreffende Methode angenommen werden. Entsprechend sollten eine geeignete Methode zur Extraktion und zur Vorkonzentration ausgewählt und Verfahren für die analytische Wiederfindung spezifiziert werden. Der Vorkonzentrationsfaktor ist so auszuwählen, dass sich bei der Analyse ein Signal der geforderten Stärke ergibt.

27.

Ausgehend von den Parametern der Analysemethode und von den erwarteten Konzentrationen wird die Probengröße bestimmt, die für eine genaue Bestimmung der Konzentration der jeweiligen Verbindung ungefähr erforderlich ist. Wasserproben, die so klein sind, dass kein hinreichendes Analysesignal festgestellt werden kann, sollten nicht verwendet werden. Ebenso sollte die Verwendung zu großer Wasserproben vermieden werden, weil ansonsten möglicherweise zu wenig Wasser für die erforderlichen Analysen (n = 5) verbleibt. In Anlage 1 wird das Proben-Mindestvolumen abhängig vom Gefäßvolumen, von der Nachweisgrenze der Prüfsubstanz und von der Löslichkeit der Prüfsubstanz angegeben.

28.

Die Quantifizierung der Prüfsubstanzen erfolgt durch den Vergleich mit Kalibrierungskurven der entsprechenden Verbindung. Die Konzentrationen in den analysierten Proben müssen innerhalb der Bandbreite der Standardkonzentrationen liegen.

29.

Bei Prüfsubstanzen mit log POW-Werten über 6 muss der Wasserprobe vor der Extraktion ein Surrogatstandard zugesetzt werden, um die bei der Extraktion und bei der Vorkonzentration der Wasserprobe auftretenden Verluste zu erfassen. Für exakte Wiederfindungskorrekturen müssen die Surrogate Merkmale aufweisen, die denen der Prüfsubstanz möglichst ähnlich sind oder vollständig mit deren Merkmalen übereinstimmen. Dazu werden vorzugsweise mit einem (stabilen) Isotop markierte, den Prüfsubstanzen analoge Verbindungen verwendet (z. B. deuterierte oder mit 13C markierte Verbindungen). Wenn mit einem stabilen Isotop (d. h. mit 13C oder 2H) markierte Verbindungen nicht verwendet werden können, sollte anhand zuverlässiger Daten in der Fachliteratur nachgewiesen werden, dass die physikalisch-chemischen Merkmale der Surrogate den Merkmalen der Prüfsubstanzen sehr nahekommen. Bei der Flüssig-flüssig-Extraktion der wässrigen Phase können Emulsionen entstehen. Diese Emulsionen können durch die Zugabe von Salz und Ausfällen der Emulsion über Nacht verringert werden. Die Methoden zur Extraktion und zur Vorkonzentration der Proben sind zu protokollieren.

30.

Aus der 1-Octanol-Phase gezogene Proben können vor der Analyse erforderlichenfalls mit einem geeigneten Lösungsmittel verdünnt werden. Die Verwendung von Surrogatstandards zur Wiederfindungskorrektur wird für Substanzen empfohlen, bei denen in Wiederfindungsprüfungen starke Schwankungen zu verzeichnen waren (relative Standardabweichung > 10 %).

31.

Die Analysemethode ist detailliert zu protokollieren. Zu erfassen sind unter anderem die Extraktionsmethode, Vorkonzentrations- und Verdünnungsfaktoren, Geräteparameter, die Kalibrierungsroutine, der Kalibrierungsbereich, Angaben zur analytischen Wiederfindung der Prüfsubstanzen aus dem Wasser, Zugaben von Surrogatstandards zur Wiederfindungskorrektur, Blindwerte, Nachweisgrenzen und Quantifizierungsgrenzen.

Durchführung der Prüfung

Optimale 1-Octanol-/Wasser-Verhältnisse

32.

Bei der Auswahl der Volumina von Wasser und 1-Octanol sollten die folgenden Punkte berücksichtigt werden: die Quantifizierungsgrenze (LOQ) in 1-Octanol und Wasser, die Vorkonzentrationsfaktoren der Wasserproben, das Volumen der aus 1-Octanol und aus Wasser genommenen Proben und die zu erwartenden Konzentrationen. Aus durchführungspraktischen Gründen sollte das 1-Octanol-Volumen bei dem System zur Prüfung unter langsamem Rühren so gewählt werden, dass die 1-Octanol-Schicht hinreichend stark (> 0,5 cm) ist, damit die Proben ohne Beeinträchtigung aus der 1-Octanol-Phase entnommen werden können.

33.

Typische Phasenverhältnisse für die Bestimmung von Verbindungen mit log POW-Werten von mindestens 4,5 sind 20 bis 50 ml 1-Octanol und 950 bis 980 ml Wasser in einem 1-l-Gefäß.

Prüfbedingungen

34.

Während der Prüfung wird das Reaktionsgefäß mit einem Thermostaten so geregelt, dass die Temperaturschwankungen unter 1 °C liegen. Die Untersuchung sollte bei einer Temperatur von 25 °C durchgeführt werden.

35.

Das Prüfsystem sollte vor Tageslichteinfall geschützt werden, indem die Prüfungen entweder im Dunkeln durchgeführt werden oder das Reaktionsgefäß mit einer Aluminiumfolie bedeckt wird.

36.

Außerdem sollte die Prüfung in (möglichst) staubfreier Umgebung erfolgen.

37.

Das 1-Octanol-Wasser-System wird gerührt, bis das erforderliche Gleichgewicht hergestellt ist. In einem Pilottest unter langsamem Rühren bei regelmäßiger Entnahme von Proben aus der wässrigen Phase und aus der 1-Octanol-Phase wird die Zeitspanne bis zur Herstellung des Gleichgewichts ermittelt. Zwischen den verschiedenen Probenahmen sollten jeweils mindestens 5 Stunden liegen.

38.

Die POW-Werte sind in mindestens drei unabhängig voneinander durchzuführenden Prüfungen unter langsamem Rühren zu bestimmen.

Bestimmung der zur Herstellung des Gleichgewichts erforderlichen Zeitspanne

39.

Es wird angenommen, dass das Gleichgewicht dann erreicht ist, wenn das Konzentrationsverhältnis für 1-Octanol und Wasser in einem Zeitraum mit vier Messzeitpunkten bei einem p-Wert von 0,05 so weit zurückgegangen ist, dass der Endwert nicht mehr signifikant von 0 abweicht. Die Zeitspanne zur Herstellung des Gleichgewichts beträgt mindestens einen Tag. Erst dann kann mit der Probenahme begonnen werden. Als Faustregel kann davon ausgegangen werden, dass bei Substanzen, bei denen log POW auf unter 5 geschätzt wird, die Probenahme am zweiten und am dritten Tag erfolgen kann. Bei stärker hydrophoben Verbindungen dauert die Herstellung des Gleichgewichts unter Umständen länger. Bei einer Verbindung mit log POW 8,23 (Decachlorbiphenyl) wurde das Gleichgewicht nach 144 Stunden erreicht. Ob das Gleichgewicht hergestellt ist, wird anhand mehrfacher Probenahmen aus einem einzigen Gefäß beurteilt.

Beginn der Prüfung

40.

Zu Beginn der Prüfung wird das Reaktionsgefäß Wasser befüllt, das mit 1-Octanol gesättigt wurde. Dabei sollte genügend Zeit zum Erreichen der thermostatgeregelten Temperatur gelassen werden.

41.

Die gewünschte Menge der Prüfsubstanz (im erforderlichen Volumen des mit Wasser gesättigten 1-Octanol) wird vorsichtig in das Reaktionsgefäß gegeben. Dies ist ein entscheidender Schritt bei der Prüfung, da bei der Mischung der beiden Phasen Verwirbelungen vermieden werden müssen. Dazu kann die 1-Octanol-Phase langsam mit einer Pipette dicht über der Wasseroberfläche gegen die Wand des Prüfgefäßes getropft werden. Die 1-Octanol-Phase fließt dann an der Glaswand hinab und bildet einen Film auf der wässrigen Phase. Eine direkte Dekantierung von 1-Octanol in den Kolben sollte in jedem Fall vermieden werden; unter keinen Umständen sollten 1-Octanol-Tropfen direkt auf die Wasseroberfläche fallen.

42.

Nach dem Beginn des Rührvorgangs sollte die Rührgeschwindigkeit langsam gesteigert werden. Wenn die Rührmotoren nicht in geeigneter Weise eingestellt werden können, sollte der Einsatz eines Transformators in Erwägung gezogen werden. Die Rührgeschwindigkeit sollte so eingestellt werden, dass am Übergang zwischen Wasser und 1-Octanol ein Wirbel mit einer Tiefe von 0,5 cm bis höchstens 2,5 cm entsteht. Die Rührgeschwindigkeit ist zu verringern, wenn der Wirbel tiefer als 2,5 cm wird; andernfalls können 1-Octanol-Mikrotröpfchen in der wässrigen Phase entstehen und dazu führen, dass die Konzentration der Prüfsubstanz im Wasser überschätzt wird. Die Rührgeschwindigkeit, bei der ein Wirbel mit einer Tiefe von höchstens 2,5 cm entsteht, wird ausgehend von den Ergebnissen der Ringtest-Validierungsstudie empfohlen (5). Diese Rührgeschwindigkeit gewährleistet einen Kompromiss zwischen der möglichst raschen Herstellung des erforderlichen Gleichgewichts und der Vermeidung von 1-Octanol-Mikrotröpfchen.

Probenahme und Behandlung der Proben

43.

Vor der Probenahme sollte der Rührmotor ausgeschaltet und gewartet werden, bis die Flüssigkeiten zur Ruhe gekommen sind. Nach der Probenahme wird der Rührmotor bei geringer Rührgeschwindigkeit wieder eingeschaltet und die Rührgeschwindigkeit wie oben beschrieben langsam gesteigert.

44.

Die Probenahme aus der wässrigen Phase erfolgt aus einem Absperrhahn unten am Reaktionsgefäß. Dabei ist das Totvolumen des im Hahn enthaltenen Wassers (in dem in Anlage 2 abgebildeten Gefäß etwa 5 ml) zu verwerfen. Das im Hahn enthaltene Wasser wurde nicht umgerührt und befindet sich daher nicht im Gleichgewicht mit der übrigen Flüssigkeit. Das Volumen der Wasserproben wird protokolliert; außerdem ist die Menge der im verworfenen Wasservolumen enthaltenen Prüfsubstanz bei der Berechnung der Massenbilanz zu berücksichtigen. Verdampfungsverluste sollten vermieden werden; dazu sollte dem Wasser Gelegenheit gegeben werden, ruhig in den Abscheidetrichter abzufließen, damit die Wasser-1-Octanol-Schicht nicht gestört wird.

45.

Die Probenahme aus der 1-Octanol-Phase erfolgt, indem eine kleine Aliquote (ca. 100 μl) mit einer 100-Mikroliter-Glas-Metall-Spritze aus der 1-Octanol-Schicht gezogen wird. Dabei ist darauf zu achten, dass der Übergangsbereich nicht berührt wird. Anschließend wird das Volumen der als Probe entnommenen Flüssigkeit protokolliert. Eine kleine Aliquote ist ausreichend, da die 1-Octanol-Probe verdünnt wird.

46.

Bei der Handhabung der Proben sollten unnötige Übertragungsschritte vermieden werden. Daher sollte das Probenvolumen gravimetrisch bestimmt werden. Bei Wasserproben kann dies geschehen, indem die Wasserproben in einem Abscheidetrichter gesammelt werden, der bereits die erforderliche Lösungsmittelmenge erhält.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

47.

Bei der hier beschriebenen Prüfmethode wird POW aufgrund von drei Prüfungen der zu untersuchenden Verbindung (drei Prüfeinheiten) unter langsamem Rühren bestimmt; dabei müssen jeweils identische Bedingungen gegeben sein. Die zum Nachweis des hergestellten Gleichgewichts vorgenommene Regression sollte auf den Ergebnissen von mindestens vier CO/CW-Werten zu aufeinanderfolgenden Zeitpunkten beruhen. Anhand dieser Ergebnisse kann eine Varianz als Maß für die Unsicherheit des pro Prüfeinheit ermittelten Durchschnittswerts berechnet werden.

48.

POW kann über die Varianz der in den einzelnen Prüfeinheiten ermittelten Daten beschrieben werden. Aufgrund dieser Information wird POW nämlich als gewichteter Durchschnitt der Ergebnisse der einzelnen Prüfeinheiten berechnet. Dazu wird der Kehrwert der Varianz der Ergebnisse der Prüfeinheiten als Gewichtung angenommen. Dies hat zur Folge, dass sich Daten mit großen Schwankungen (ausgedrückt in einer hohen Varianz) und entsprechend geringerer Zuverlässigkeit weniger auf das Ergebnis auswirken als Daten mit niedriger Varianz.

49.

In entsprechender Weise wird die gewichtete Standardabweichung berechnet. Die Standardabweichung beschreibt die Wiederholbarkeit der POW-Messung. Eine niedrige gewichtete Standardabweichung ist Ausdruck einer sehr hohen Wiederholbarkeit der POW-Bestimmung in ein und demselben Labor. Im Folgenden wird die formale statistische Behandlung der Daten beschrieben.

Auswertung der Ergebnisse

Nachweis der Herstellung des Gleichgewichts

50.

Für jeden Probenahmezeitpunkt wird der Logarithmus des Verhältnisses der Konzentration der Prüfsubstanz in 1-Octanol und Wasser (log (CO/CW)) berechnet. Die Herstellung des chemischen Gleichgewichts wird nachgewiesen, indem dieses Verhältnis bezogen auf die betreffende Zeit dargestellt wird. Ein Plateau in der aus Messungen zu mindestens vier aufeinanderfolgenden Zeitpunkten erstellten Kurve zeigt, dass ein Gleichgewicht erreicht und die Verbindung tatsächlich in 1-Octanol gelöst ist. Andernfalls sind die Prüfungen fortzusetzen, bis sich aus den Werten von vier aufeinanderfolgenden Zeitpunkten eine Kurve ergibt, deren Steigung sich bei einem p-Wert von 0,05 nicht mehr signifikant von null unterscheidet, und die entsprechend zeigt, dass log CO/CW nicht mehr zeitabhängig ist.

Berechnung von Log POW

51.

Log POW der Versuchseinheit wird als gewichteter Durchschnitt von log Co/Cw für den Teil der Kurve zur Darstellung des Verhältnisses von log Co/Cw zur Zeitspanne berechnet, in dem das Gleichgewicht nachgewiesen wurde. Zur Berechnung des gewichteten Durchschnitts werden die Daten mit dem Kehrwert der Varianz so berechnet, dass der Einfluss der Daten auf das Endergebnis umgekehrt proportional zur Unsicherheit der Daten ist.

Durchschnittlicher Wert für log POW

52.

Der durchschnittliche Wert für log POW bei verschiedenen Versuchseinheiten wird als Durchschnitt der Ergebnisse der einzelnen mit der jeweiligen Varianz gewichteten Versuchseinheiten berechnet.

Die Berechnung erfolgt nach der nachstehenden Formel:

Formula

Dabei ist

Log POW,i

=

log POW der jeweiligen Versuchseinheit i,

log POW,Av

=

gewichteter Durchschnitt der jeweils ermittelten Werte für log POW,

wi

=

statistische Gewichtung von log POW der Versuchseinheit i.

Der Kehrwert der Varianz von log POW,i wird als wi eingesetzt (Formula).

53.

Der Fehler des Durchschnitts von log POW wird geschätzt als die in den einzelnen Versuchseinheiten während der Gleichgewichtsphase ermittelte Wiederholbarkeit von log CO/CW und als gewichtete Standardabweichung von log POW,Avlog POW,Av) ausgedrückt, die wiederum ein Maß für den mit log POW,Av verbundenen Fehler ist. Die gewichtete Standardabweichung kann wie folgt aus der gewichteten Varianz (varlog POW,Av) berechnet werden:

Formula

Formula

Dabei steht n für die Anzahl der Versuchseinheiten.

Prüfbericht

54.

Der Prüfbericht sollte folgende Informationen enthalten:

 

Prüfsubstanz:

Handelsname (Common name), chemischer Name, CAS-Nummer, Strukturformel (mit Angabe der Lage der Markierung bei Verwendung radioaktiv markierten Materials) und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (siehe Nummer 17),

Reinheit (Verunreinigungen) der Prüfsubstanz,

Reinheit der Markierung von markierten Chemikalien und molare Aktivität (soweit zutreffend),

vorläufige Schätzung von log POW sowie Methode zur Ableitung des Wertes.

 

Prüfbedingungen:

Daten der Durchführung der Untersuchungen,

Temperatur während der Prüfung,

Volumina an 1-Octanol und Wasser bei Beginn der Prüfung,

Volumina der entnommenen 1-Octanol- und Wasserproben,

in den Prüfgefäßen verbliebene Volumina an 1-Octanol und Wasser,

Beschreibung der Prüfgefäße und der Rührbedingungen (Geometrie von Rührstab und Prüfgefäß, Wirbeltiefe in mm und — wenn bekannt — Rührgeschwindigkeit),

Analysemethoden zur Bestimmung der Prüfsubstanz und Methode zur Bestimmung der Quantifizierungsgrenze,

Probenahmezeiten,

pH-Wert der wässrigen Phase und verwendete Pufferlösungen, wenn der pH-Wert unter Berücksichtigung der ionisierbaren Moleküle korrigiert wurde,

Anzahl der Wiederholungen.

 

Ergebnisse:

Wiederholbarkeit und Empfindlichkeit der verwendeten Analysemethoden,

bestimmte Konzentrationen der Prüfsubstanz in 1-Octanol und in Wasser abhängig von der Zeit,

Berechnung der Massenbilanz,

Temperatur und Standardabweichung oder Temperaturbereich während der Prüfung,

zeitabhängige Regression des Konzentrationsverhältnisses,

durchschnittlicher Wert log POW,Av und Standardfehler,

Diskussion und Auswertung der Ergebnisse,

beispielhafte Rohdaten repräsentativer Analysen (sämtliche Rohdaten sind gemäß den GLP-Standards zu speichern); u. a. Daten zur Wiederfindung von Surrogaten, Anzahl der bei der Kalibrierung verwendeten Konzentrationen (sowie Kriterien für den Korrelationskoeffizienten der Kalibrierungskurve) und Ergebnisse der Qualitätssicherung/Qualitätskontrolle (QA/QC),

wenn verfügbar: Validierungsbericht zum Untersuchungsverfahren (im Literaturverzeichnis anzugeben).

LITERATUR:

1.

De Bruijn JHM, Busser F, Seinen W, Hermens J. (1989). Determination of octanol/water partition coefficients with the ’slow-stirring‘ method. Environ. Toxicol. Chem. 8: 499-512.

2.

Kapitel A.8 dieses Anhangs, Verteilungskoeffizient.

3.

Kapitel A.8 dieses Anhangs, Verteilungskoeffizient.

4.

OECD (2000). OECD Draft Guideline for the Testing of Chemicals: 122 Partition Coefficient (n-Octanol/Water): pH-Metric Method for Ionisable Substances. Paris.

5.

Tolls J (2002). Partition Coefficient 1-Octanol/Water (Pow) Slow-Stirring Method for Highly Hydrophobic Chemicals, Validation Report. RIVM contract-Nrs 602730 M/602700/01.

6.

Boethling RS, Mackay D (eds.) (2000). Handbook of property estimation methods for chemicals. Lewis Publishers Boca Raton, FL, USA.

7.

Schwarzenbach RP, Gschwend PM, Imboden DM (1993). Environmental Organic Chemistry. Wiley, New York, NY.

8.

Arnold CG, Widenhaupt A, David MM, Müller SR, Haderlein SB, Schwarzenbach RP (1997). Aqueous speciation and 1-octanol-water partitioning of tributyl- and triphenyltin: effect of pH and ion composition. Environ. Sci. Technol. 31: 2596-2602.

9.

OECD (1981) OECD Guidelines for the Testing of Chemicals: 112 Dissociation Constants in Water. Paris.

10.

Kapitel A.6 dieses Anhangs, Wasserlöslichkeit.

11.

Kapitel C.7 dieses Anhangs, Abbaubarkeit — abiotischer Abbau: Hydrolyse in Abhängigkeit vom pH-Wert.

12.

Kapitel C.4 — Teile II — VII (Methoden A bis F) dieses Anhangs -Bestimmung der ‚leichten‘ biologischen Abbaubarkeit.

13.

Kapitel A.4 dieses Anhangs, Dampfdruck.

14.

Pinsuwan S, Li A and Yalkowsky S.H. (1995). Correlation of octanol/water solubility ratios and partition coefficients, J. Chem. Eng. Data. 40: 623-626.

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Lyman WJ (1990). Solubility in water. In: Handbook of Chemical Property Estimation Methods: Environmental Behavior of Organic Compounds, Lyman WJ, Reehl WF, Rosenblatt DH, Eds. American Chemical Society, Washington, DC, 2-1 to 2-52.

16.

Leo A, Weininger D (1989). Medchem Software Manual. Daylight Chemical Information Systems, Irvine, CA.

17.

Meylan W (1993). SRC-LOGKOW for Windows. SRC, Syracuse, N.Y.

18.

Compudrug L (1992). ProLogP. Compudrug, Ltd, Budapest.

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ACD. ACD logP; Advanced Chemistry Development: Toronto, Ontario M5H 3V9, Canada, 2001.

20.

Lyman WJ (1990). Octanol/water partition coefficient. In Lyman WJ, Reehl WF, Rosenblatt DH, eds, Handbook of chemical property estimation, American Chemical Society, Washington, D.C.

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Rekker RF, de Kort HM (1979). The hydrophobic fragmental constant: An extension to a 1 000 data point set. Eur. J. Med. Chem. Chim. Ther. 14: 479-488.

22.

Jübermann O (1958). Houben-Weyl, ed, Methoden der Organischen Chemie: 386-390.

Anlage 1

Tabelle zur Berechnung der für den Nachweis von prüfsubstanzen mit unterschiedlichen logPOW-Werten in der wässrigen Phase mindestens erforderlichen Volumina

Voraussetzungen:

Maximales Volumen der einzelnen Aliquoten = 10 % des Gesamtvolumens; 5 Aliquoten = 50 % des Gesamtvolumens.

Formula; bei niedrigeren Konzentrationen sind größere Volumina erforderlich.

Zur Bestimmung der Nachweisgrenze verwendetes Volumen = 100 ml.

log POW vs. Log SW und log POW vs. SR (SOCT/SW) sind sinnvolle Darstellungen der Beziehungen zwischen den Prüfsubstanzen.

Geschätzter Wert für Sw

log Pow

Formel

log Sw

Sw (mg/l)

4

Formula

0,496

3,133E+00

4,5

Formula

0,035

1,084E+00

5

Formula

–0,426

3,750E-01

5,5

Formula

–0,887

1,297E-01

6

Formula

–1,348

4,487E-02

6,5

Formula

–1,809

1,552E-02

7

Formula

–2,270

5,370E-03

7,5

Formula

–2,731

1,858E-03

8

Formula

–3,192

6,427E-04

Geschätzter Wert für Soct

log Pow

Formel

Soct (mg/l)

4

Formula

3,763E+04

4,5

Formula

4,816E+04

5

Formula

6,165E+04

5,5

Formula

7,890E+04

6

Formula

1,010E+05

6,5

Formula

1,293E+05

7

Formula

1,654E+05

7,5

Formula

2,117E+05

8

Formula

2,710E+05


Gesamtmasse der Prüfsubstanz

(mg)

MasseOct/MasseWasser

MasseH2O

(mg)

KonzH2O

(mg/l)

Masseoct

(mg)

Konzoct

(mg/l)

1 319

526

2,5017

2,6333

1 317

26 333

1 686

1 664

1,0127

1,0660

1 685

33 709

2 158

5 263

0,4099

0,4315

2 157

43 149

2 762

16 644

0,1659

0,1747

2 762

55 230

3 535

52 632

0,0672

0,0707

3 535

70 691

4 524

1664 36

0,0272

0,0286

4 524

90 480

5 790

5263 16

0,0110

0,0116

5 790

115 807

7 411

1 664 357

0,0045

0,0047

7 411

148 223

9 486

5 263 158

0,0018

0,0019

9 486

189 713

Berechnung der Volumina

Erforderliches Mindestvolumen der H2O-Phase bei den verschiedenen LOD-Konzentrationen

log Kow

LOD (μg/l)→

0,001

0,01

0,10

1,00

10

4

 

0,04

0,38

3,80

38

380

4,5

 

0,09

0,94

9,38

94

938

5

 

0,23

2,32

23,18

232

2 318

5,5

 

0,57

5,73

57,26

573

5 726

6

 

1,41

14,15

141

1 415

14 146

6,5

 

3,50

34,95

350

3 495

34 950

7

 

8,64

86,35

864

8 635

86 351

7,5

 

21,33

213

2 133

21 335

213 346

8

 

52,71

527

5 271

52 711

527 111

Volumen für Nachweisgrenze LOD (l)

0,1

 

 

 

 

 

Erläuterungen

< 10 % des Gesamtvolumens der wässrigen Phase, 1-l-Ausgleichsgefäß.

< 10 % des Gesamtvolumens der wässrigen Phase, 2-l-Ausgleichsgefäß.

< 10 % des Gesamtvolumens der wässrigen Phase, 5-l-Ausgleichsgefäß.

< 10 % des Gesamtvolumens der wässrigen Phase, 10-l-Ausgleichsgefäß.

Mehr als 10 % des Volumens eines 10-l-Ausgleichsgefäßes.

Übersicht über die benötigten Volumina abhängig von der Wasserlöslichkeit und von log POW

Erforderliches Mindestvolumen der H2O-Phase bei den verschiedenen LOD-Konzentrationen (ml)

log Pow

Sw (mg/l)

LOD (μg/l)→

0,001

0,01

0,10

1,00

10

4

10

 

0,01

0,12

1,19

11,90

118,99

 

5

 

0,02

0,24

2,38

23,80

237,97

 

3

 

0,04

0,40

3,97

39,66

396,62

 

1

 

0,12

1,19

11,90

118,99

1 189,86

4,5

5

 

0,02

0,20

2,03

20,34

203,37

 

2

 

0,05

0,51

5,08

50,84

508,42

 

1

 

0,10

1,02

10,17

101,68

1 016,83

 

0,5

 

0,20

2,03

20,34

203,37

2 033,67

5

1

 

0,09

0,87

8,69

86,90

869,01

 

0,5

 

0,17

1,74

17,38

173,80

1 738,02

 

0,375

 

0,23

2,32

23,18

231,75

2 317,53

 

0,2

 

0,43

4,35

43,45

434,51

4 345,05

5,5

0,4

 

0,19

1,86

18,57

185,68

1 856,79

 

0,2

 

0,37

3,71

37,14

371,36

3 713,59

 

0,1

 

0,74

7,43

74,27

742,72

7 427,17

 

0,05

 

1,49

14,85

148,54

1 485,43

14 854,35

6

0,1

 

0,63

6,35

63,48

634,80

6 347,95

 

0,05

 

1,27

12,70

126,96

1 269,59

12 695,91

 

0,025

 

2,54

25,39

253,92

2 539,18

25 391,82

 

0,0125

 

5,08

50,78

507,84

5 078,36

50 783,64

6,5

0,025

 

2,17

21,70

217,02

2 170,25

21 702,46

 

0,0125

 

4,34

43,40

434,05

4 340,49

43 404,93

 

0,006

 

9,04

90,43

904,27

9 042,69

90 426,93

 

0,003

 

18,09

180,85

1 808,54

18 085,39

180 853,86

7

0,006

 

7,73

77,29

772,89

7 728,85

77 288,50

 

0,003

 

15,46

154,58

1 545,77

15 457,70

154 577,01

 

0,0015

 

23,19

231,87

2 318,66

23 186,55

231 865,51

 

0,001

 

46,37

463,73

4 637,31

46 373,10

463 731,03

7,5

0,002

 

19,82

198,18

1 981,77

19 817,73

198 177,33

 

0,001

 

39,64

396,35

3 963,55

39 635,47

396 354,66

 

0,0005

 

79,27

792,71

7 927,09

79 270,93

792 709,32

 

0,00025

 

158,54

1 585,42

15 854,19

158 541,86

1 585 418,63

8

0,001

 

33,88

338,77

3 387,68

33 876,77

338 767,72

 

0,0005

 

67,75

677,54

6 775,35

67 753,54

677 535,44

 

0,00025

 

135,51

1 355,07

13 550,71

135 507,09

1 355 070,89

 

0,000125

 

271,01

2 710,14

27 101,42

271 014,18

2 710 141,77

Volumen für Nachweisgrenze LOD (l)

0,1

 

 

 

 

 

Anlage 2

Beispiel eines Prüfgefäßes mit Glasmantel zur Bestimmung von POW unter langsamem Rühren

Image

3.

Das Kapitel B.2 erhält folgende Fassung:

„B.2   AKUTE INHALATIONSTOXIZITÄT

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 403 (2009) (1). Die ursprüngliche Prüfrichtlinie 403 (TG 403) zur akuten Inhalation wurde 1981 angenommen. Diese überarbeitete Prüfmethode B.2 (die der überarbeiteten TG 403 entspricht) ist dazu ausgelegt, mehr Flexibilität zu bieten, die Verwendung von Versuchstieren zu reduzieren und die Regulierungsanforderungen zu erfüllen. Die überarbeitete Prüfmethode umfasst zwei Arten von Versuchen: ein traditionelles LC50-Protokoll und ein Konzentration-x-Zeit-Protokoll (c × t). Die Hauptmerkmale dieser Prüfmethode sind die Möglichkeit, eine Konzentrations-Wirkungs-Beziehung aufzustellen, die von nichtletalen zu letalen Ergebnissen reicht, um eine mittlere letale Konzentration (LC50), eine nichtletale Schwellenkonzentration (z. B. LC01) und die Steigung der Kurve zu bestimmen und eine eventuelle geschlechtsspezifische Empfindlichkeit festzustellen. Das c-x-t-Protokoll sollte angewendet werden, wenn wegen einer spezifischen Regelung oder aus wissenschaftlicher Notwendigkeit eine Prüfung von Tieren über unterschiedliche Zeiträume erforderlich ist, z. B. für Zwecke der Notfallplanung [z. B. zur Ableitung von Störfallbeurteilungswerten (Acute Exposure Guideline Levels — AEGL, Emergency Response Planning Guidelines — ERPG oder Acute Exposure Threshold Levels — AETL)] oder für die Flächennutzungsplanung.

2.

Eine Anleitung für die Durchführung und Auswertung dieser Prüfmethoden ist im Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing (GD 39 (2)) enthalten.

3.

Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden am Ende dieses Kapitels und im GD 39 (2) definiert.

4.

Diese Prüfmethode ermöglicht die Charakterisierung von Prüfsubstanzen und eine quantitative Risikobewertung und sie erlaubt die Einstufung von Prüfsubstanzen nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (3). Das GD 39 (2) enthält Hinweise zur Auswahl der geeigneten Prüfmethode für akute Prüfungen. Wenn nur Informationen über die Einstufung und Kennzeichnung benötigt werden, wird im Allgemeinen Kapitel B.52 dieses Anhangs (4) empfohlen [siehe GD 39 (2)]. Diese Prüfmethode B.2 ist nicht speziell für die Prüfung von Spezialmaterialien wie schwer löslichen isometrischen oder Fasermaterialien oder hergestellten Nanomaterialien bestimmt.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

5.

Bevor Versuche nach dieser Prüfmethode in Betracht gezogen werden, sollte das Prüflabor alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz, einschließlich bereits vorliegender Studien (z. B. Kapitel B.52 dieses Anhangs (4)), deren Ergebnisse darauf hindeuten, dass auf weitere Versuche verzichtet werden kann, auswerten, damit möglichst wenig Tiere verwendet werden. Für die Auswahl der in Bezug auf Art, Stamm und Geschlecht am besten geeigneten Tiere sowie der geeigneten Expositionsart und Prüfkonzentrationen sollten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten und toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen herangezogen werden [siehe GD 39 (2)].

6.

Die Prüfung hautätzender und/oder reizender Prüfsubstanzen in Konzentrationen, die voraussichtlich starke Schmerzen und/oder Qualen verursachen, sollte soweit wie möglich vermieden werden. Die hautätzenden/reizenden Eigenschaften sollten von Fachleuten auf der Grundlage von Erfahrungswerten bei Mensch und Tier (z. B. Studien mit wiederholter Verabreichung in nicht hautätzenden/reizenden Konzentrationen), vorliegenden In-vitro-Daten (z. B. aus den Kapiteln B.40 (5), B.40bis (6) dieses Anhangs oder OECD TG 435 (7)), den pH-Werten sowie Informationen über ähnliche Substanzen oder anderen sachdienlichen Daten beurteilt werden, damit untersucht werden kann, ob auf weitere Versuche verzichtet werden kann. Bei spezifischen Regulierungsanforderungen (z. B. für Zwecke der Notfallplanung) kann diese Prüfmethode verwendet werden, um Tiere diesen Stoffen auszusetzen, weil die Methode dem Studienleiter oder Hauptprüfer die Kontrolle über die Auswahl der Zielkonzentrationen gibt. Die Zielkonzentrationen sollten jedoch keine schwerwiegenden reizenden/hautätzenden Wirkungen hervorrufen; sie sollten aber ausreichen, um die Konzentrations-Wirkungs-Kurve so zu erweitern, dass das regulatorische und wissenschaftliche Ziel der Prüfung erreicht wird. Diese Konzentrationen sollten von Fall zu Fall ausgewählt werden; die Wahl der Konzentration ist zu begründen [siehe GD 39 (2)].

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

7.

Diese überarbeitete Prüfmethode B.2 wurde entwickelt, um ausreichende Informationen über die akute Toxizität einer Prüfsubstanz zu gewinnen, damit sie eingestuft werden kann, und um Letalitätsdaten (z. B. LC50, LC01 und Steigung) für eines oder beide Geschlechter zu erhalten, die für quantitative Risikobewertungen benötigt werden. Die Prüfmethode umfasst zwei Methoden. Bei der ersten Methode handelt es sich um ein traditionelles Protokoll, bei dem Gruppen von Tieren für eine im Voraus festgelegte Dauer von üblicherweise 4 Stunden einer Grenzkonzentration (Limit-Test) oder schrittweise einer Reihe von Konzentrationen ausgesetzt werden. Für spezifische Regulierungszwecke sind andere Expositionszeiten möglich. Die zweite Methode ist ein Protokoll (c × t), bei dem Gruppen von Tieren über mehrere unterschiedliche Zeiträume einer Konzentration (Grenzkonzentration) oder einer Reihe unterschiedlicher Konzentrationen ausgesetzt werden.

8.

Moribunde Tiere oder Tiere, die offensichtlich unter Schmerzen leiden oder Anzeichen von schwerem und anhaltendem Leiden zeigen, sollten auf humane Weise getötet werden und sind bei der Auswertung der Testergebnisse auf die gleiche Weise zu werten wie während des Tests gestorbene Tiere. Kriterien für die Entscheidung, moribunde oder schwer leidende Tiere zu töten, sowie Hinweise zur Erkennung des absehbaren oder bevorstehenden Todes sind Gegenstand des OECD Guidance Document No. 19 on Humane Endpoints (8).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

9.

Es sind junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte. Die Verwendung anderer Tierarten ist zu begründen.

Vorbereitung der Tiere

10.

Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Am Tag der Exposition sollten die jungen, adulten Tiere 8 bis 12 Wochen alt sein; ihr Körpergewicht sollte innerhalb von ± 20 % des mittleren Gewichts für jedes Geschlecht aller zuvor exponierten Tiere desselben Alters liegen. Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zur individuellen Identifizierung markiert und vor Beginn der Prüfung für einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen in ihren Käfigen an die Laborbedingungen gewöhnt. Die Tiere sollten auch für einen kurzen Zeitraum vor der Prüfung an die Versuchsapparatur gewöhnt werden, da dies den Stress durch die Umsetzung in eine neue Umgebung verringert.

Tierhaltung

11.

Die Temperatur in dem Raum, in dem die Versuchstiere gehalten werden, sollte 22 ± 3 °C betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte im Idealfall zwischen 30 und 70 % liegen; bei Verwendung von Wasser als Vehikel könnte dies jedoch unmöglich sein. Die Tiere sollten vor und nach den Expositionen im Allgemeinen nach Geschlecht und Konzentration in Käfigen gruppiert werden, wobei aber die Anzahl der Tiere pro Käfig noch eine genaue Beobachtung der einzelnen Tiere ermöglichen muss und Verluste aufgrund von Kannibalismus oder Kämpfen minimiert werden sollten. Wenn die Tiere der Prüfsubstanz nur mit der Nase ausgesetzt werden sollen, müssen sie möglicherweise an die Restrainer gewöhnt werden. Die Restrainer sollten die Tiere weder körperlich noch in Bezug auf Wärme oder Fixierung übermäßig beeinträchtigen. Die Fixierung kann physiologische Endpunkte wie Körpertemperatur (Hyperthermie) und/oder das Atemminutenvolumen beeinflussen. Wenn generische Daten zeigen, dass keine derartigen Veränderungen in nennenswertem Ausmaß vorkommen, ist eine Eingewöhnung an die Restrainer nicht erforderlich. Bei der Ganzkörperexposition gegen ein Aerosol sollten die Tiere während der Exposition einzeln untergebracht sein, damit sie die Prüfsubstanz nicht durch das Fell ihrer Käfiggenossen filtriert einatmen. Außer während der Exposition kann herkömmliches und zertifiziertes Labortierfutter verwendet werden bei uneingeschränkter Versorgung mit Trinkwasser. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln.

Inhalationskammern

12.

Bei der Auswahl einer Inhalationskammer sind die Art der Prüfsubstanz und das Ziel der Prüfung zu berücksichtigen. Das bevorzugte Verfahren ist die ‚Nose-only‘-Exposition (dieser Begriff umfasst ‚nur Kopf‘, ‚nur Nase‘ oder ‚nur Schnauze‘). Für die Untersuchung von Flüssigkeits- oder Feststoffaerosolen und für Dämpfe, die zu Aerosolen kondensieren können, wird im Allgemeinen die ‚Nose-only‘-Exposition bevorzugt. Besondere Ziele der Untersuchung können möglicherweise mit einer Ganzkörperexposition besser erreicht werden, doch dies sollte im Prüfbericht begründet werden. Um bei Verwendung einer Ganzkörperkammer die Stabilität der Atmosphäre sicherzustellen, sollte das Gesamtvolumen der Versuchstiere 5 % des Volumens der Kammer nicht übersteigen. Die Prinzipien der ‚Nose-only‘- und der Ganzkörperexposition sowie ihre jeweiligen Vor- und Nachteile sind in GD 39 (2) beschrieben.

EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Verabreichung der Konzentrationen

13.

‚Nose-only‘-Expositionen können bei Ratten bis zu 6 Stunden dauern. Bei Mäusen sollten ‚Nose-only‘-Expositionen im Allgemeinen 4 Stunden nicht überschreiten. Wenn Studien mit längerer Expositionsdauer erforderlich sind, ist dies zu begründen [siehe GD 39 (2)]. Bei Ganzkörperexpositionen gegen Aerosole sollten die Tiere einzeln untergebracht sein, um eine Aufnahme der Prüfsubstanz durch das Putzen von Käfiggenossen zu verhindern. Während der Exposition sollte kein Futter verabreicht werden. Wasser kann während einer Ganzkörperexposition angeboten werden.

14.

Die Tiere werden der Prüfsubstanz in Form von Gas, Dampf, Aerosol oder einer Kombination dieser Formen ausgesetzt. Der zu prüfende Aggregatzustand hängt von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, der gewählten Konzentration und/oder der physikalischen Form ab, in der die Prüfsubstanz bei der Handhabung und Verwendung am wahrscheinlichsten vorliegt. Hygroskopische und chemisch reaktive Prüfsubstanzen sollten bei geringer Luftfeuchtigkeit geprüft werden. Dabei ist darauf zu achten, dass keine explosionsfähigen Konzentrationen erzeugt werden.

Partikelgrößenverteilung

15.

Bei allen Aerosolen und bei Dämpfen, die zu Aerosolen kondensieren können, sollte die Partikelgröße bestimmt werden. Damit alle relevanten Regionen der Atemwege der Prüfsubstanz ausgesetzt werden, werden mittlere aerodynamische Massendurchmesser (Mass Median Aerodynamic Diameter — MMAD) von 1 bis 4 μm mit einer geometrischen Standardabweichung (σg) von 1,5 bis 3,0 empfohlen (2) (9) (10). Wenngleich nach Möglichkeit versucht werden sollte, diese Werte zu erreichen, ist Fachwissen erforderlich, falls sie nicht erzielt werden können. Metalldämpfe können z. B. unter diesen Werten liegen, und geladene Partikel, Fasern und hygroskopische Stoffe (die sich in der feuchten Umgebung der Atemwege ausdehnen) können diese Werte überschreiten.

Vorbereitung der Prüfsubstanz in einem Vehikel

16.

Um die gewünschte Konzentration und Partikelgröße der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen, kann ein Vehikel verwendet werden. Hierbei ist in der Regel Wasser zu bevorzugen. Partikel können durch mechanische Prozesse auf die erforderliche Partikelgrößenverteilung gebracht werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Prüfsubstanz nicht zersetzt oder verändert wird. Wenn angenommen wird, dass die Zusammensetzung der Prüfsubstanz durch mechanische Prozesse verändert wurde (z. B. hohe Temperaturen aufgrund von Reibung durch übermäßiges Mahlen), sollte die Zusammensetzung der Prüfsubstanz analytisch überprüft werden. Es ist darauf zu achten, dass die Prüfsubstanz nicht kontaminiert wird. Nicht brüchige Granulate, die speziell so formuliert sind, dass sie nicht eingeatmet werden können, brauchen nicht geprüft zu werden. Mit einem Abriebtest sollte nachgewiesen werden, dass beim Umgang mit dem Granulat keine lungengängigen Partikel entstehen. Entstehen bei einem Abriebtest lungengängige Partikel, so sollte eine Inhalationstoxizitätsprüfung durchgeführt werden.

Kontrolltiere

17.

Eine gleichzeitige negative (Luft-)Kontrollgruppe ist nicht erforderlich. Wenn zur Erzeugung der Prüfatmosphäre ein anderes Vehikel als Wasser verwendet wird, sollte nur dann eine Vehikelkontrollgruppe verwendet werden, wenn keine historischen Daten über Inhalationstoxizität vorliegen. Ergibt eine Toxizitätsstudie einer in einem Vehikel formulierten Prüfsubstanz, dass keine Toxizität vorliegt, ist das Vehikel folglich in der geprüften Konzentration nicht toxisch. Daher ist keine Vehikelkontrolle erforderlich.

ÜBERWACHUNG DER EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Luftstrom in der Inhalationskammer

18.

Der Luftstrom durch die Kammer sollte während jeder Exposition sorgfältig geregelt, kontinuierlich überwacht und mindestens stündlich protokolliert werden. Die Überwachung der Konzentration (oder Stabilität) der Prüfatmosphäre ist eine integrale Messung aller dynamischen Parameter und gibt indirekt die Möglichkeit, alle relevanten dynamischen Parameter der Erzeugung der Prüfatmosphäre zu messen. Es sollte besonders darauf geachtet werden, das erneute Einatmen in ‚Nose-only‘-Expositionskammern zu vermeiden, wenn die Luftströmung durch das Expositionssystem nicht ausreicht, um eine dynamische Strömung der Prüfsubstanzatmosphäre zu erreichen. Es gibt festgelegte Methoden, mit denen nachgewiesen werden kann, dass es unter den gewählten Bedingungen nicht zu erneutem Einatmen kommt (2) (11). Die Sauerstoffkonzentration sollte mindestens 19 % betragen, und die Kohlendioxidkonzentration sollte 1 % nicht überschreiten. Gibt es Grund zu der Annahme, dass diese Werte nicht eingehalten werden können, sind die Sauerstoff- und die Kohlendioxidkonzentrationen zu messen.

Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit in der Inhalationskammer

19.

Die Temperatur in der Inhalationskammer sollte 22 ± 3 °C betragen. Sowohl bei der ‚Nose-only‘- als auch bei der Ganzkörperexposition sollte die relative Luftfeuchtigkeit im Atembereich der Tiere für Zeiträume von bis zu 4 Stunden mindestens dreimal und für kürzere Zeiträume stündlich überwacht und dokumentiert werden. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte im Idealfall zwischen 30 und 70 % liegen, was jedoch möglicherweise nicht erreichbar ist (z. B. bei der Prüfung von wasserbasierten Mischungen) oder wegen chemischer Interferenz mit der Prüfmethode nicht gemessen werden kann.

Prüfsubstanz: nominale Konzentration

20.

Die nominale Konzentration in der Expositionskammer sollte möglichst berechnet und protokolliert werden. Die nominale Konzentration ist die Masse der erzeugten Prüfsubstanz dividiert durch das Gesamtvolumen der durch das Kammersystem geleiteten Luft. Sie wird nicht zur Beschreibung der Exposition der Tiere verwendet; vielmehr gibt ein Vergleich der nominalen Konzentration und der tatsächlichen Konzentration Aufschluss über die Effizienz des Prüfsystems bei der Erzeugung der Prüfkonzentration und kann daher für die Aufdeckung von Problemen bei dieser Erzeugung verwendet werden.

Prüfsubstanz: tatsächliche Konzentration

21.

Die tatsächliche Konzentration ist die Konzentration der Prüfsubstanz im Atembereich der Tiere in einer Inhalationskammer. Die tatsächlichen Konzentrationen können durch spezifische Methoden (z. B. direkte Probenahme, adsorptive Methoden oder chemische Reaktionsverfahren mit anschließender analytischer Charakterisierung) oder durch unspezifische Methoden wie Gravimetrie bestimmt werden. Die gravimetrische Methode ist lediglich für Aerosole mit nur einem Bestandteil in Pulverform oder Aerosole von Flüssigkeiten mit geringer Flüchtigkeit akzeptabel und sollte sich auf geeignete, vor der Studie zu erstellende und für die Prüfsubstanz spezifische Beschreibungen stützen. Die Konzentration von Aerosolen mit mehreren Bestandteilen in Pulverform kann ebenfalls gravimetrisch bestimmt werden. Hierzu muss jedoch mit Analysedaten belegt werden, dass die Schwebstoffe eine ähnliche Zusammensetzung haben wie das Ausgangsmaterial. Liegen diese Angaben nicht vor, muss die Prüfsubstanz (im Idealfall im Schwebezustand) möglicherweise im Verlauf der Studie in regelmäßigen Abständen neu analysiert werden. Bei aerosolisierten Agenzien, die verdunsten oder sublimieren können, sollte gezeigt werden, dass alle Phasen von der gewählten Methode erfasst wurden. Im Prüfbericht sollten die Zielkonzentration sowie die nominale und die tatsächliche Konzentration angegeben werden, aber nur die tatsächlichen Konzentrationen werden für statistische Analysen zur Berechnung letaler Konzentrationswerte verwendet.

22.

Es sollte möglichst eine Partie der Prüfsubstanz verwendet werden; die Probe sollte unter Bedingungen aufbewahrt werden, die ihre Reinheit, Homogenität und Stabilität gewährleisten. Die Prüfsubstanz sollte vor Beginn der Studie mit Angaben zur Reinheit und, falls technisch machbar, zur Identität sowie zu den Mengen identifizierter Schadstoffe und Verunreinigungen beschrieben werden. Hierzu können unter anderem die folgenden Daten verwendet werden: Retentionszeit und relative Peakfläche, durch Massenspektrometrie oder Gaschromatographie bestimmtes Molekulargewicht oder andere Werte. Das Prüflabor ist zwar nicht für die Identität der Probe verantwortlich, doch es kann ratsam sein, dass es die Beschreibung des Auftraggebers zumindest in gewissen Grenzen (z. B. Farbe, physikalische Beschaffenheit usw.) überprüft.

23.

Die Expositionsatmosphäre ist so konstant wie möglich zu halten und je nach Analysemethode kontinuierlich und/oder intermittierend zu überwachen. Bei der intermittierenden Probenahme sollten in einer vierstündigen Studie mindestens zweimal Proben der Atmosphäre in der Kammer genommen werden. Ist dies wegen begrenzter Luftdurchflussraten oder niedriger Konzentrationen nicht möglich, kann während der gesamten Expositionszeit eine einzige Probe genommen werden. Weichen die einzelnen Proben stark voneinander ab, sollten bei den nächsten geprüften Konzentrationen vier Proben je Exposition gezogen werden. Die einzelnen Proben der Konzentration in der Kammer sollten bei Gasen und Dämpfen nicht mehr als ± 10 % und bei Flüssig- oder Feststoffaerosolen nicht mehr als ± 20 % von der mittleren Kammerkonzentration abweichen. Die Zeit bis zum Erreichen eines Gleichgewichts in der Kammer (t95) ist zu berechnen und zu dokumentieren. Die Expositionsdauer erstreckt sich über den Zeitraum, in dem die Prüfsubstanz erzeugt wird; dazu gehört die zur Erreichung von t95 erforderliche Zeit. GD 39 (2) enthält Hinweise zur Einschätzung von t95.

24.

Bei sehr komplexen Mischungen aus Gasen/Dämpfen und Aerosolen (z. B. Verbrennungsatmosphären und Prüfsubstanzen, die aus hierzu bestimmten Endverbraucherprodukten/-geräten gesprüht werden), kann sich jede Phase in einer Inhalationskammer anders verhalten, so dass mindestens eine Indikatorsubstanz (Analyt), normalerweise der wichtigste Wirkstoff in der Mischung, von jeder Phase (Gas/Dampf und Aerosol) ausgewählt werden sollte. Wenn die Prüfsubstanz eine Mischung ist, sollte die Analysekonzentration für die Mischung und nicht nur für den Wirkstoff oder den Bestandteil (Analyt) dokumentiert werden. Weitere Informationen zu tatsächlichen Konzentrationen sind in GD 39 (2) zu finden.

Prüfsubstanz: Partikelgrößenverteilung

25.

Die Partikelgrößenverteilung von Aerosolen sollte während jeder 4-stündigen Exposition mindestens zweimal mit einem Kaskaden-Impaktor oder einem anderen Messgerät wie einem APS bestimmt werden. Kann nachgewiesen werden, dass die mit einem Kaskaden-Impaktor und einem alternativen Messgerät erzielten Ergebnisse gleichwertig sind, so kann das alternative Instrument während der gesamten Studie verwendet werden. Parallel zum Hauptinstrument ist ein zweites Gerät wie ein Gravimetriefilter oder eine Gaswaschflasche zu verwenden, um den Abscheidegrad des Hauptinstruments zu bestätigen. Die durch die Partikelgrößenanalyse bestimmte Massenkonzentration sollte innerhalb vertretbarer Grenzen um die durch die Filteranalyse bestimmte Massenkonzentration liegen [siehe DG 39 (2)]. Wenn die Gleichwertigkeit zu Beginn der Studie nachgewiesen werden kann, kann auf weitere bestätigende Messungen verzichtet werden. Aus Tierschutzgründen sollten Vorkehrungen getroffen werden, um unklare Daten zu minimieren, die dazu führen könnten, dass eine Exposition wiederholt werden muss. Wenn die Möglichkeit besteht, dass Dampfkondensation zur Bildung eines Aerosols führen kann, oder wenn in einer Dampfatmosphäre mit dem Potenzial für gemischte Phasen Partikel nachgewiesen werden, sollte eine Partikelgrößenbestimmung für Dämpfe vorgenommen werden (siehe Nummer 15).

VERFAHREN

26.

Nachstehend werden zwei Prüfungsarten beschrieben: das traditionelle Protokoll und das C-×-t-Protokoll. Beide Protokolle können eine Vorstudie, eine Hauptstudie und/oder einen Limit-Test (traditionelles Protokoll) bzw. eine Prüfung bei einer Grenzkonzentration (c × t) umfassen. Wenn bekannt ist, dass ein Geschlecht empfindlicher reagiert, kann der Studienleiter entscheiden, diese Prüfungen nur unter Verwendung dieses Geschlechts durchzuführen. Wenn für eine ‚Nose-only‘-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Damit möglichst wenig Tiere verwendet werden, sollten vor Beginn der Prüfung alle verfügbaren Daten ausgewertet werden. Mit Ergebnissen der Methode gemäß Kapitel B.52 dieses Anhangs (4) kann möglicherweise die Notwendigkeit einer Vorstudie ausgeräumt und gezeigt werden, ob ein Geschlecht empfindlicher reagiert als das andere [siehe GD 39 (2)].

TRADITIONELLES PROTOKOLL

Allgemeine Überlegungen: traditionelles Protokoll

27.

In einer traditionellen Studie werden Gruppen von Tieren einer Prüfsubstanz für einen festgelegten Zeitraum (im Allgemeinen 4 Stunden) entweder in einer ‚Nose-only‘- oder einer Ganzkörperexpositionskammer ausgesetzt. Die Tiere werden entweder einer Grenzkonzentration (Limit-Test) oder schrittweise mindestens drei Konzentrationen (Hauptstudie) ausgesetzt. Wenn nicht bereits Informationen über die Prüfsubstanz vorliegen, wie z. B. aus einer zuvor durchgeführten Prüfung nach Kapitel B.52, kann vor der Hauptstudie eine Vorstudie durchgeführt werden [siehe GD 39 (2)].

Vorstudie: traditionelles Protokoll

28.

Eine Vorstudie dient dazu, die Wirkstärke der Prüfsubstanz einzuschätzen, geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Empfindlichkeit festzustellen und die Festlegung der Expositionskonzentrationen für die Hauptstudie oder den Limit-Test zu erleichtern. Die Auswahl der Konzentrationen für die Vorstudie sollte sich auf alle verfügbaren Informationen, einschließlich verfügbarer (Q)SAR-Daten und Daten für ähnliche Chemikalien stützen. Jeder Konzentration der Prüfsubstanz sollten höchstens drei männliche und drei weibliche Tiere ausgesetzt werden (drei Tiere je Geschlecht können erforderlich sein, um einen geschlechtsspezifischen Unterschied festzustellen). Es ist möglich, dass in einer Vorstudie nur eine einzige Konzentration geprüft wird, erforderlichenfalls können aber auch mehr Konzentrationen geprüft werden. In einer Vorstudie sollten nicht so viele Tiere und Konzentrationen untersucht werden, dass sie quasi einer Hauptstudie gleichkommt. Statt einer Vorstudie kann auf die Ergebnisse einer zuvor durchgeführten Prüfung gemäß Kapitel B.52 (4) zurückgegriffen werden [siehe GD 39 (2)].

Limit-Test: traditionelles Protokoll

29.

Ein Limit-Test wird verwendet, wenn bekannt oder zu erwarten ist, dass die Prüfsubstanz praktisch nicht toxisch ist, d. h. nur über der regulatorisch festgelegten Grenzkonzentration eine toxische Wirkung hervorruft. Beim Limit-Test wird eine einzige Gruppe von drei männlichen und drei weiblichen Tieren der Prüfsubstanz bei einer Grenzkonzentration ausgesetzt. Informationen über die Toxizität der Prüfsubstanz können aus Kenntnissen über ähnliche geprüfte Stoffe gewonnen werden, wobei Art und prozentualer Anteil der Komponenten zu berücksichtigen sind, deren toxikologische Relevanz bekannt ist. In den Fällen, in denen nur wenige oder keine Informationen über die Toxizität der Prüfsubstanz vorliegen oder in denen von einer Toxizität der Prüfsubstanz ausgegangen wird, sollte der Haupttest durchgeführt werden.

30.

Die Wahl der Grenzkonzentrationen hängt im Allgemeinen von den Regulierungsanforderungen ab. Wird die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zugrunde gelegt, so betragen die Grenzkonzentrationen für Gase, Dämpfe und Aerosole 20 000 ppm, 20 mg/l bzw. 5 mg/l (oder die höchste erreichbare Konzentration) (3). Bei bestimmten Prüfsubstanzen, insbesondere bei Dämpfen und Aerosolen, kann es technisch schwierig sein, Grenzkonzentrationen zu erzeugen. Bei der Prüfung von Aerosolen sollte das Hauptziel darin bestehen, eine lungengängige Partikelgröße (d. h. ein MMAD von 1-4 μm) zu erreichen. Dies ist bei den meisten Prüfsubstanzen bei einer Konzentration von 2 mg/l der Fall. Aerosole sollten nur dann bei mehr als 2 mg/l geprüft werden, wenn eine lungengängige Partikelgröße erreicht werden kann [siehe DG 39 (2)]. Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 rät aus Tierschutzgründen von der Prüfung über einer Grenzkonzentration ab (3). Die Grenzkonzentration sollte nur in Betracht gezogen werden, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Ergebnisse einer solchen Prüfung von unmittelbarer Relevanz für den Schutz der menschlichen Gesundheit sind (3); dies ist im Prüfbericht zu begründen. Bei potenziell explosiven Prüfsubstanzen ist darauf zu achten, dass keine explosionsfördernden Bedingungen geschaffen werden. Um eine unnötige Verwendung von Versuchstieren zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Kammerbedingungen für einen Limit-Test erreicht werden können, sollte vor dem Limit-Test ein Probedurchlauf ohne Tiere vorgenommen werden.

31.

Werden bei der Grenzkonzentration Mortalität oder Siechtum beobachtet, können die Ergebnisse der Prüfung bei dieser Konzentration als Vorstudie für weitere Prüfungen bei anderen Konzentrationen dienen (siehe Hauptstudie). Wenn eine Grenzkonzentration wegen der physikalischen oder chemischen Eigenschaften einer Prüfsubstanz nicht erreicht werden kann, sollte die höchste erreichbare Konzentration geprüft werden. Wenn bei der höchsten erreichbaren Konzentration eine Letalität von weniger als 50 % auftritt, sind keine weiteren Prüfungen erforderlich. Konnte die Grenzkonzentration nicht erreicht werden, sollte der Prüfbericht eine Erklärung und entsprechende Daten enthalten. Wenn die höchste erreichbare Konzentration eines Dampfs keine Toxizität hervorruft, muss die Prüfsubstanz möglicherweise als Flüssigkeitsaerosol angewendet werden.

Hauptstudie: traditionelles Protokoll

32.

Eine Hauptstudie wird normalerweise mit fünf männlichen und fünf weiblichen Tieren (oder, falls bekannt, fünf Tieren des empfindlicheren Geschlechts) je Konzentrationsstufe mit mindestens drei Konzentrationsstufen durchgeführt. Für eine robuste statistische Analyse sollten ausreichend hohe Konzentrationsstufen verwendet werden. Der Zeitabstand zwischen den einzelnen Expositionsgruppen richtet sich nach Einsetzen, Dauer und Schweregrad der toxischen Zeichen. Die Tiere sollten erst dann der nächsten Konzentrationsstufe ausgesetzt werden, wenn mit angemessener Gewissheit vom Überleben der zuvor getesteten Tiere ausgegangen werden kann. Dies gibt dem Studienleiter die Möglichkeit, die Zielkonzentration für die nächste Expositionsgruppe anzupassen. Wegen der Abhängigkeit von hochentwickelter Technologie ist dies in Inhalationsstudien nicht immer praktikabel. Deshalb sollte die Exposition von Tieren gegen die nächste Konzentrationsstufe auf Erfahrungswerten und wissenschaftlichem Sachverstand beruhen. Bei der Prüfung von Mischungen ist das GD 39 (2) zu konsultieren.

KONZENTRATION-×-ZEIT-PROTOKOLL (C × T)

Allgemeine Überlegungen: C-×-t-Prokokoll

33.

Bei der Bewertung der Inhalationstoxizität kann als Alternative zu einem traditionellen Protokoll eine schrittweise C-×-t-Studie in Betracht gezogen werden (12) (13) (14). Bei dieser Methode werden die Tiere der Prüfsubstanz in unterschiedlichen Konzentrationsstufen und für unterschiedliche Zeiträume ausgesetzt. Für alle Prüfungen werden ‚Nose-only‘-Kammern verwendet (Ganzkörperkammern sind bei diesem Protokoll nicht praktikabel). Ein Fließdiagramm in Anlage 1 veranschaulicht dieses Protokoll. Eine Simulationsanalyse hat gezeigt, dass sowohl das traditionelle Protokoll und als auch das C-×-t-Protokoll robuste LC50-Werte ergeben können, aber das C-×-t-Protokoll bei robusten LC01- und LC10-Werten im Allgemeinen überlegen ist (15).

34.

Einer Simulationsanalyse zufolge ist die Verwendung von zwei Tieren je C-×-t-Intervall (ein Tier je Geschlecht bei Verwendung beider Geschlechter oder zwei Tiere des empfindlicheren Geschlechts) im Allgemeinen ausreichend, wenn in einer Hauptstudie 4 Konzentrationen und 5 Expositionszeiträume geprüft werden. Unter bestimmten Umständen kann der Studienleiter beschließen, je zwei Ratten beider Geschlechter je C-×-t-Intervall zu verwenden (15). Die Verwendung von zwei Tieren je Geschlecht je Konzentration und Zeitpunkt kann Verzerrungen und Schwankungen der Schätzungen verringern, die Quote der zutreffenden Schätzungen erhöhen und die Abdeckung des Konfidenzintervalls verbessern. Wenn die Daten jedoch keine ausreichende Annäherung für eine Schätzung erlauben (bei Verwendung von je einem Tier beider Geschlechter oder von zwei Tieren des empfindlicheren Geschlechts), kann auch eine fünfte Expositionskonzentration ausreichen. Das GD 39 (2) enthält weitere Hinweise zur Zahl der Tiere und zu den Konzentrationen, die in einer C-×-t-Studie zu verwenden sind.

Vorstudie: C-×-t-Protokoll

35.

Eine Vorstudie dient dazu, die Wirkstärke der Prüfsubstanz einzuschätzen und die Festlegung der Expositionskonzentrationen für die Hauptstudie zu erleichtern. Um eine geeignete Ausgangskonzentration für die Hauptstudie festzulegen und möglichst wenig Tiere zu verwenden, kann eine Vorstudie mit bis zu drei Tieren/Geschlecht/Konzentration [Einzelheiten siehe Anlage III von GD 39 (2)] erforderlich sein. Zur Feststellung eines geschlechtsspezifischen Unterschieds müssen gegebenenfalls drei Tiere je Geschlecht verwendet werden. Diese Tiere sind für einen einzigen Zeitraum, im Allgemeinen 240 Minuten, zu exponieren. Die Erzeugung geeigneter Prüfatmosphären ist in technischen Vorversuchen ohne Tiere zu erproben. Wenn Mortalitätsdaten aus einer Studie nach B.52 (4) vorliegen, braucht normalerweise keine Vorstudie durchgeführt zu werden. Bei der Festlegung der anfänglichen Zielkonzentration einer Studie nach B.2 sollte der Studienleiter die in allen verfügbaren B.52-Studien (4) beobachteten Mortalitätsmuster für beide Geschlechter und für alle geprüften Konzentrationen berücksichtigen [siehe GD 39 (2)].

Ausgangskonzentration: C-×-t-Protokoll

36.

Die Ausgangskonzentration (Exposition I) (Anlage 1) ist entweder eine Grenzkonzentration oder eine vom Studienleiter auf Basis der Vorstudie gewählte Konzentration. Gruppen von je einem Tier beider Geschlechter werden dieser Konzentration für unterschiedliche Zeiträume ausgesetzt (z. B. 15, 30, 60, 120 oder 240 Minuten), so dass insgesamt 10 Tiere verwendet werden (Exposition I) (Anlage 1).

37.

Die Wahl der Grenzkonzentrationen hängt im Allgemeinen von den Regulierungsanforderungen ab. Wird die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zugrunde gelegt, so betragen die Grenzkonzentrationen für Gase, Dämpfe und Aerosole 20 000 ppm, 20 mg/l bzw. 5 mg/l (oder die höchste erreichbare Konzentration) (3). Bei bestimmten Prüfsubstanzen, insbesondere bei Dämpfen und Aerosolen, kann es technisch schwierig sein, Grenzkonzentrationen zu erzeugen. Bei der Prüfung von Aerosolen sollte eine lungengängige Partikelgröße (d. h. ein MMAD von 1-4 μm) bei einer Grenzkonzentration von 2 mg/l erreicht werden. Dies ist bei den meisten Prüfsubstanzen möglich. Aerosole sollten nur dann bei mehr als 2 mg/l geprüft werden, wenn eine lungengängige Partikelgröße erreicht werden kann [siehe DG 39 (2)]. Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 rät aus Tierschutzgründen von der Prüfung über einer Grenzkonzentration ab (3). Prüfungen über der Grenzkonzentration sollten nur in Betracht gezogen werden, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Ergebnisse einer solchen Prüfung von unmittelbarer Relevanz für den Schutz der menschlichen Gesundheit sind (3); dies ist im Prüfbericht zu begründen. Bei potenziell explosiven Prüfsubstanzen ist darauf zu achten, dass keine explosionsfördernden Bedingungen geschaffen werden. Vor der Prüfung bei der Ausgangskonzentration sollte ein Probedurchlauf ohne Tiere vorgenommen werden, um eine unnötige Verwendung von Versuchstieren zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Kammerbedingungen für diese Konzentration erreicht werden können.

38.

Werden bei der Ausgangskonzentration Mortalität oder Siechtum beobachtet, können die Ergebnisse dieser Konzentration als Ausgangspunkt für weitere Prüfungen bei anderen Konzentrationen dienen (siehe Hauptstudie). Wenn eine Grenzkonzentration wegen der physikalischen oder chemischen Eigenschaften einer Prüfsubstanz nicht erreicht werden kann, sollte die höchste erreichbare Konzentration geprüft werden. Wenn bei der höchsten erreichbaren Konzentration eine Letalität von weniger als 50 % auftritt, sind keine weiteren Prüfungen erforderlich. Konnte die Grenzkonzentration nicht erreicht werden, sollte der Prüfbericht eine Erklärung und entsprechende Daten enthalten. Wenn die höchste erreichbare Konzentration eines Dampfs keine Toxizität hervorruft, muss die Prüfsubstanz möglicherweise als Flüssigkeitsaerosol angewendet werden.

Hauptstudie: C-×-t-Protokoll

39.

Die in der Hauptstudie geprüfte Ausgangskonzentration (Exposition I) (Anlage 1) ist entweder eine Grenzkonzentration oder eine vom Studienleiter auf Basis der Vorstudie gewählte Konzentration. Wenn während oder nach der Exposition I Mortalität beobachtet wurde, gilt die Mindestexposition (c × t), die zu Mortalität führt, als Anhaltspunkt für die Festlegung der Expositionskonzentration und -dauer für die Exposition II. Jede folgende Exposition hängt von der vorhergehenden Exposition ab (siehe Anlage 1).

40.

Bei vielen Prüfsubstanzen sind die bei der Ausgangskonzentration erzielten Ergebnisse zusammen mit drei zusätzlichen Expositionen mit einem kleineren Zeitraster (das ist der geometrische Abstand von Expositionsperioden, der angegeben wird durch den Faktor zwischen aufeinanderfolgenden Perioden, im Allgemeinen √2) ausreichend, um die C-×-t-Mortalitätsbeziehung festzulegen (15), aber es kann hilfreich sein, eine fünfte Expositionskonzentration zu verwenden [siehe Anlage 1 und GD 39 (2)]. Anlage 1 enthält Hinweise zur mathematischen Aufbereitung der Ergebnisse für das C-×-t-Protokoll.

BEOBACHTUNGEN

41.

Die Tiere sollten während der Exposition häufig auf klinische Zeichen beobachtet werden. Nach der Exposition sollten klinische Beobachtungen mindestens zweimal am Tag der Exposition oder, falls es aufgrund der Reaktion der Tiere auf die Behandlung angezeigt erscheint, häufiger und danach für einen Zeitraum von insgesamt 14 Tagen mindestens einmal täglich vorgenommen werden. Die Länge des Beobachtungszeitraums ist nicht festgelegt; sie sollte nach Art und Zeitpunkt des Einsetzens klinischer Zeichen und der Länge der Erholungsphase bestimmt werden. Der Zeitpunkt, zu dem die Toxizitätszeichen auftreten und wieder abklingen, ist von Bedeutung, insbesondere dann, wenn Anzeichen für ein verzögertes Auftreten von Toxizitätszeichen erkennbar sind. Sämtliche Beobachtungen werden systematisch in Einzelprotokollen dokumentiert, die für jedes Tier geführt werden. Tiere, bei denen ein moribunder Zustand festgestellt wird, sowie Tiere, die starke Schmerzen haben oder anhaltende Anzeichen von schwerem Leiden zeigen, sollten aus Tierschutzgründen auf humane Weise getötet werden. Bei den Untersuchungen auf klinische Toxizitätszeichen ist darauf zu achten, dass ein anfänglich schlechtes Aussehen und vorübergehende Atemveränderungen, die auf das Expositionsverfahren zurückzuführen sind, nicht mit einer durch die Prüfsubstanz bedingten Toxizität verwechselt werden, die eine vorzeitige Tötung der Tiere erfordern würde. Die im Guidance Document on Humane Endpoints (GD 19) zusammengefassten Prinzipien und Kriterien sind zu berücksichtigen (7). Wenn Tiere aus humanen Gründen getötet werden oder ihr Tod festgestellt wird, sollte der Todeszeitpunkt so genau wie möglich registriert werden.

42.

Bei den Beobachtungen ist auf Veränderungen von Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten sowie Atmung, Kreislauf, autonomes und zentrales Nervensystem, Somatomotorik und Verhaltensmuster zu achten. Soweit möglich, ist auf Differenzierungen zwischen lokalen und systemischen Wirkungen zu achten. Besonderes Augenmerk ist auf Tremor, Konvulsionen, Salivation, Diarrhö, Lethargie, Schlaf und Koma zu richten. Die Messung der Rektaltemperatur kann zusätzliche Belege für mit der Behandlung oder Unterbringung zusammenhängende Reflex-Bradypnoe oder Hypo-/Hyperthermie liefern.

Körpergewicht

43.

Das Körpergewicht der einzelnen Tiere sollte einmal während der Eingewöhnungszeit, am Tag der Exposition vor der Exposition (Tag 0) und mindestens an den Tagen 1, 3 und 7 (und danach wöchentlich) sowie zum Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, falls später als Tag 1, dokumentiert werden. Das Körpergewicht gilt als kritischer Indikator für Toxizität; Tiere, die gegenüber ihrem Gewicht vor der Prüfung eine dauerhafte Abnahme um ≥ 20 % aufweisen, sollten sorgfältig überwacht werden. Die überlebenden Tiere werden gewogen und am Ende der Post-Expositionsphase auf humane Weise getötet.

Pathologie

44.

Alle Versuchstiere (einschließlich der Tiere, die während des Tests sterben oder aus Tierschutzgründen getötet und aus der Studie genommen werden) sind auf makroskopische Veränderungen zu untersuchen. Kann die Nekropsie nicht unmittelbar nach Auffinden eines toten Tieres erfolgen, sollte der Körper auf eine Temperatur gekühlt (nicht eingefroren) werden, die tief genug ist, um die Autolyse zu minimieren. Die Nekropsie ist baldmöglichst, in der Regel innerhalb von einem oder zwei Tagen durchzuführen. Alle makroskopischen Veränderungen sollten für jedes Tier protokolliert werden, wobei besonders auf Veränderungen der Atemwege zu achten ist.

45.

Es kann in Betracht gezogen werden, von vorneherein zusätzliche Untersuchungen in die Studienauslegung aufzunehmen, die die Aussagekraft der Studie erhöhen, z. B. die Messung des Lungengewichts überlebender Ratten und/oder den Nachweis einer Reizwirkung durch mikroskopische Untersuchung der Atemwege. Untersucht werden können auch diejenigen Organe, die bei 24 Stunden oder länger überlebenden Tieren makroskopische Befunde aufweisen, sowie Organe, die bekanntermaßen oder vermutlich betroffen sind. Eine mikroskopische Untersuchung des gesamten Atemtrakts kann nützliche Informationen über Prüfsubstanzen liefern, die mit Wasser reagieren, z. B. Säuren und hygroskopische Prüfsubstanzen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

46.

Das Körpergewicht der einzelnen Tiere und Sektionsbefunde sollten angegeben werden. Die Daten der klinischen Beobachtung sollten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Daraus müssen für jede Prüfgruppe die Anzahl der verwendeten Tiere, die Anzahl der Tiere mit spezifischen Toxizitätszeichen, die Anzahl der Tiere, die während der Prüfung tot aufgefunden oder vorzeitig getötet wurden, der Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, eine Beschreibung und der zeitliche Verlauf der toxischen Wirkungen und deren Reversibilität sowie die Sektionsbefunde ersichtlich sein.

Prüfbericht

47.

Der Prüfbericht sollte, soweit zutreffend, die folgenden Informationen enthalten:

 

Versuchstiere und Tierhaltung

Beschreibung der Haltungsbedingungen mit Angaben zu Anzahl (oder Veränderung der Anzahl) der Tiere je Käfig, Einstreu, Umgebungstemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit, Photoperiode und Futter,

Art/Stamm und Begründung für die Verwendung einer anderen Art als der Ratte,

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere,

Randomisierungsmethode,

Angaben über Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Wasserquelle),

Beschreibung etwaiger Vorbereitung vor der Prüfung, einschließlich Ernährung, Quarantäne und Behandlung von Krankheiten.

 

Prüfsubstanz

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und, wenn maßgeblich, physikalisch-chemische Eigenschaften (einschließlich Isomerisierung),

Angaben zur Identifikation und CAS-Nummer (Chemical Abstract Services), falls bekannt.

 

Vehikel

Begründung für die Verwendung eines Vehikels sowie für die Wahl des Vehikels (falls nicht Wasser),

historische oder parallel erzeugte Daten, die belegen, dass das Vehikel keinen Einfluss auf das Ergebnis der Studie hat.

 

Inhalationskammer

Beschreibung der Inhalationskammer mit Angabe von Abmessungen und Volumen,

Herkunft und Beschreibung der für die Exposition der Tiere sowie für die Erzeugung der Atmosphäre verwendeten Ausrüstung,

Ausrüstung für die Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Partikelgröße und tatsächlicher Konzentration,

Herkunft der Luft und Behandlung der eingeleiteten/entzogenen Luft sowie Klimatisierungssystem,

für die Kalibrierung der Ausrüstung verwendete Methoden, um eine homogene Prüfatmosphäre sicherzustellen,

Druckunterschied (positiv oder negativ),

Expositions-Öffnungen je Kammer (‚Nose-only‘-Exposition); Anordnung der Tiere im System (Ganzkörperexposition),

zeitliche Homogenität/Stabilität der Prüfatmosphäre,

Lage von Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren und Ort der Probenahme der Prüfatmosphäre in der Kammer,

Luftdurchflussraten, Luftdurchflussrate/Expositions-Öffnung (‚Nose-only‘-Exposition) oder Anzahl der Tiere je Kammer (Ganzkörperexposition),

Angaben zur Ausrüstung für die Messung des Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalts, falls zutreffend,

bis zum Erreichen des Gleichgewichts in der Inhalationskammer benötigte Zeit (t95),

Zahl der Volumenänderungen pro Stunde,

Messgeräte (falls zutreffend).

 

Expositionsdaten

Begründung für die Wahl der Zielkonzentration in der Hauptstudie,

nominale Konzentrationen (Gesamtmasse der in die Inhalationskammer eingeleiteten Prüfsubstanz dividiert durch das Volumen der durch die Kammer geleiteten Luft),

im Atembereich der Tiere ermittelte tatsächliche Konzentrationen der Prüfsubstanz; bei Gemischen mit heterogenen physikalischen Formen (Gase, Dämpfe, Aerosole) kann jede Form getrennt analysiert werden,

alle Luftkonzentrationen sollten in Masseneinheiten angegeben werden (z. B. mg/l, mg/m3 usw.), Volumeneinheiten können in Klammern ebenfalls angegeben werden (z. B. ppm, ppb usw.),

Partikelgrößenverteilung, mittlerer aerodynamischer Massendurchmesser (MMAD) und geometrische Standardabweichung (σg), einschließlich der Berechnungsmethoden. Einzelne Partikelgrößenanalysen sind zu protokollieren.

 

Prüfbedingungen

Angaben zur Vorbereitung der Prüfsubstanz, einschließlich Angaben zu den Verfahren zur Reduzierung der Partikelgröße von Feststoffen oder zur Herstellung von Lösungen der Prüfsubstanz. Wenn die Zusammensetzung der Prüfsubstanz durch mechanische Prozesse verändert worden sein kann, sind die Ergebnisse der Analysen zur Überprüfung der Zusammensetzung der Prüfsubstanz beizufügen,

eine Beschreibung (möglichst mit Diagramm) der Ausrüstung, die zur Erzeugung der Prüfatmosphäre und zur Exposition der Tiere gegen die Prüfatmosphäre verwendet wurde,

Angaben zur verwendeten chemischen Analysemethode und zur Validierung der Methode (einschließlich der Effizienz der Wiederfindung der Prüfsubstanz im Medium),

Begründung für die Wahl der Prüfkonzentrationen.

 

Ergebnisse

tabellarische Darstellung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftstrom in der Kammer,

tabellarische Darstellung von Daten zur nominalen und tatsächlichen Konzentration in der Kammer,

tabellarische Darstellung der Partikelgrößendaten einschließlich Daten zur analytischen Probenahme, Partikelgrößenverteilung und Berechnung des MMAD und der σg,

tabellarische Darstellung der erhobenen Daten und der Konzentration für jedes einzelne Tier (d. h. Tiere, die Anzeichen für Toxizität zeigen, einschließlich Mortalität sowie Art, Schweregrad, Zeitpunkt des Einsetzens und Dauer der Wirkungen),

während der Prüfung erfasstes Körpergewicht der einzelnen Tiere, Datum und Zeitpunkt des Todes, falls vor geplanter Tötung; zeitlicher Verlauf des Einsetzens von Toxizitätsanzeichen sowie Angabe, ob diese reversibel waren, für jedes einzelne Tier,

Sektionsbefunde und histopathologische Ergebnisse für jedes einzelne Tier, falls vorhanden,

Letalitätsschätzungen (z. B. LC50, LD01), einschließlich Konfidenzintervalle von 95 %, und Steigung (falls von der Bewertungsmethode vorgesehen),

statistische Beziehung, einschließlich Schätzung des Exponenten n (c-×-t-Protokoll). Die verwendete Statistiksoftware ist anzugeben.

 

Diskussion und Auswertung der Ergebnisse

Besondere Aufmerksamkeit sollte der Beschreibung der Methoden gelten, die verwendet wurden, um die Kriterien dieser Prüfmethode zu erfüllen, z. B. die Grenzkonzentration oder die Partikelgröße.

Die Lungengängigkeit von Partikeln vor dem Hintergrund der Gesamtbefunde sollte behandelt werden, insbesondere, wenn die Partikelgrößenkriterien nicht erfüllt werden konnten.

Falls Tiere, die unter Schmerzen litten oder Zeichen für schweres und anhaltendes Leiden aufwiesen, auf humane Weise getötet werden mussten, ist eine Erklärung auf der Grundlage der Kriterien im OECD Guidance Document on Humane Endpoints (8) zu geben.

Wenn eine Prüfung nach Kapitel B.52 dieses Anhang (4) zugunsten dieser Prüfmethode B.2 abgebrochen wurde, ist dies zu begründen.

Die Kohärenz der Methoden zur Bestimmung der nominalen und der tatsächlichen Konzentration sowie die Beziehung der tatsächlichen Konzentration zur nominalen Konzentration sind in die Gesamtbewertung der Studie aufzunehmen.

Die wahrscheinliche Todesursache und die vorherrschende Wirkungsweise (systemisch oder lokal) sollten behandelt werden.

LITERATUR:

1.

OECD (2009). Acute Inhalation Toxicity Testing. OECD Guideline for Testing of Chemicals No. 403, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

2.

OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 39, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

3.

Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).

4.

Kapitel B.52 dieses Anhangs, Akute Inhalationstoxizität — akut toxische Klassenmethode.

5.

Kapitel B.40 dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: TER-Test (transcutaneous electrical resistance test)

6.

Kapitel B.40bis dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: Test mit menschlichem Hautmodell)

7.

OECD (2005), In Vitro Membrane Barrier Test Method For Skin Corrosion. OECD Guideline for Testing of Chemicals No. 435, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

8.

OECD (2000). Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 19, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

9.

SOT (1992). Technical Committee of the Inhalation Specialty Section, Society of Toxicology (SOT). Recommendations for the Conduct of Acute Inhalation Limit Tests. Fund. Appl. Toxicol. 18: 321-327.

10.

Phalen RF (2009). Inhalation Studies: Foundations and Techniques. (2nd Edition) Informa Healthcare, New York.

11.

Pauluhn J and Thiel A (2007). A Simple Approach to Validation of Directed-Flow Nose-Only Inhalation Chambers. J. Appl. Toxicol. 27: 160-167.

12.

Zwart JHE, Arts JM, ten Berge WF, Appelman LM (1992). Alternative Acute Inhalation Toxicity Testing by Determination of the Concentration-Time-Mortality Relationship: Experimental Comparison with Standard LC50 Testing. Reg. Toxicol. Pharmacol. 15: 278-290.

13.

Zwart JHE, Arts JM, Klokman-Houweling ED, Schoen ED (1990). Determination of Concentration-Time-Mortality Relationships to Replace LC50 Values. Inhal. Toxicol. 2: 105-117.

14.

Ten Berge WF and Zwart A (1989). More Efficient Use of Animals in Acute Inhalation Toxicity Testing. J. Haz. Mat. 21: 65-71.

15.

OECD (2009). Performance Assessment: Comparison of 403 and C × t Protocols via Simulation and for Selected Real Data Sets. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 104, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

16.

Finney DJ (1977). Probit Analysis, 3rd ed. Cambridge University Press, London/New York.

DEFINITION

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 1

C-×-t-Protokoll

1.

Bei der Bewertung der Inhalationstoxizität kann als Alternative zu einem traditionellen Protokoll eine schrittweise Konzentrations-×-Zeit-Studie (c × t) in Betracht gezogen werden (12) (13) (14). Sie sollte vorzugsweise dann angewendet werden, wenn wegen einer spezifischen Regelung oder aus wissenschaftlicher Notwendigkeit eine Prüfung von Tieren über unterschiedliche Zeiträume erforderlich ist, z. B. für Zwecke der Notfallplanung oder für die Flächennutzungsplanung. Diese Methode beginnt normalerweise mit der Prüfung der Prüfsubstanz in einer Grenzkonzentration (Exposition I), bei der die Tiere der Prüfsubstanz für fünf Zeiträume ausgesetzt werden (z. B. 15, 30, 60, 120 und 240 Minuten), so dass innerhalb einer Exposition Ergebnisse für mehrere Zeiträume erzielt werden (siehe Abbildung 1). Wird die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zugrunde gelegt, so betragen die Grenzkonzentrationen für Gase, Dämpfe und Aerosole 20 000 ppm, 20 mg/l bzw. 5 mg/l. Diese Werte dürfen nur überschritten werden, wenn eine regulatorische oder wissenschaftliche Notwendigkeit für die Prüfung mit diesen höheren Werten besteht (siehe Nummer 37 im Haupttext von Kapitel B.2).

2.

Liegen nur wenig oder keine Informationen über die Toxizität einer Prüfsubstanz vor, sollte eine Vorstudie durchgeführt werden, bei der Gruppen von höchstens drei Tieren beider Geschlechter den vom Studienleiter festgelegten Zielkonzentrationen im Allgemeinen für 240 Minuten ausgesetzt werden.

3.

Wenn bei der Exposition I eine Grenzkonzentration geprüft wird und die Mortalität bei unter 50 % liegt, sind keine weiteren Prüfungen erforderlich. Besteht eine regulatorische oder wissenschaftliche Notwendigkeit zur Festlegung der Konzentrations-/Zeit-/Wirkungs-Beziehung bei höheren Werten als der angegebenen Grenzkonzentration, sollte die nächste Exposition auf einem höheren Niveau, z. B. dem Doppelten der Grenzkonzentration, durchgeführt werden (d. h. 2L in Abbildung 1).

4.

Wenn bei der Grenzkonzentration Toxizität beobachtet wird, sind zusätzliche Prüfungen (Hauptstudie) erforderlich. Diese zusätzlichen Expositionen werden entweder bei niedrigeren Konzentrationen (in Abbildung 1: Expositionen II, III oder IV‘) oder bei höheren Konzentrationen von kürzerer Dauer (in Abbildung 1: Exposition IV) durchgeführt, wobei angepasste Zeiträume mit geringerem Abstand verwendet werden.

5.

Die Prüfung (Ausgangskonzentration und zusätzliche Konzentrationen) wird mit je einem Tier beider Geschlechter je Konzentration/Zeitpunkt oder zwei Tieren des empfindlicheren Geschlechts je Konzentration/Zeitpunkt durchgeführt. Unter bestimmten Umständen kann der Studienleiter entscheiden, je zwei Ratten beider Geschlechter je Konzentration/Zeitpunkt (oder vier Tiere des empfindlicheren Geschlechts je Konzentration/Zeitpunkt) zu verwenden (15). Die Verwendung von zwei Tieren je Geschlecht je Konzentration/Zeitpunkt verringert im Allgemeinen Verzerrungen und Schwankungen der Schätzungen, erhöht die Quote der zutreffenden Schätzungen und verbessert die Abdeckung des Konfidenzintervalls gegenüber dem hier beschriebenen Protokoll. GD 39 (2) enthält nähere Hinweise.

6.

Im Idealfall wird jede Exposition innerhalb eines Tages durchgeführt. Bei dieser Vorgehensweise kann die nächste Exposition auf einen Zeitpunkt gelegt werden, an dem mit angemessener Gewissheit vom Überleben der Tiere ausgegangen werden kann. Außerdem kann der Studienleiter die Zielkonzentration und Dauer der nächsten Exposition anpassen. Es empfiehlt sich, jede Exposition mit der Gruppe zu beginnen, die am längsten exponiert sein wird, z. B. die 240-Minuten-Gruppe, gefolgt von der 120-Minuten-Gruppe usw. Wenn beispielsweise Tiere in der 240-Minuten-Gruppe nach 90 Minuten sterben oder deutliche Toxizitätszeichen aufweisen (wie extreme Veränderungen der Atmung, z. B. Atemnot), wäre es nicht sinnvoll, eine Gruppe für 120 Minuten der Prüfsubstanz auszusetzen, da die Mortalität wahrscheinlich 100 % betragen würde. Der Studienleiter sollte dann für diese Konzentration eine kürzere Expositionsdauer festlegen (z. B. 90, 65, 45, 33 und 25 Minuten).

7.

Die Konzentration in der Kammer sollte häufig gemessen werden, um für jede Expositionsdauer die zeitgewichtete Durchschnittskonzentration zu bestimmen. Soweit möglich, sollte bei jedem Tier der Todeszeitpunkt (nicht die Expositionsdauer) für die statistische Analyse verwendet werden.

8.

Die Ergebnisse der ersten vier Expositionen sollten auf Datenlücken in der Konzentrations-Zeit-Kurve geprüft werden (siehe Abbildung 1). Wenn eine unzureichende Annäherung gegeben ist, kann eine zusätzliche Exposition (fünfte Konzentration) durchgeführt werden. Konzentration und Expositionsdauer der fünften Exposition sollten so gewählt werden, dass diese Lücke geschlossen wird.

9.

Die Konzentrations-Zeit-Wirkungsbeziehung wird durch statistische Analyse unter Einbeziehung aller Expositionen (einschließlich der Exposition I) berechnet (16). Soweit möglich, sollten für jedes c-×-t-Intervall die zeitgewichtete Durchschnittskonzentration und die Expositionsdauer bis zum Tod (falls der Tod während der Exposition eintritt) verwendet werden.

Abbildung 1

Hypothetische Darstellung einer Konzentrations-Zeit-Mortalitäts-Beziehung bei Ratten

Image

Offene Symbole = überlebende Tiere; geschlossene Symbole = tote Tiere

Dreiecke = Weibchen; Kreise = Männchen

Durchgezogene Linie = LC50-Werte (Bereich 7,5-240 min) für männliche Tiere mit n = 1

Gestrichelte Linie = LC50-Werte (Bereich 7,5-240 min) für weibliche Tiere mit n = 1

Gestrichelt-gepunktete Linien = hypothetische LC50-Werte für männliche und weibliche Tiere, falls n = 2 war (12).

Glossar

Konzentration:

Dauer der Exposition:

10.

Beispiel für das schrittweise Verfahren:

Exposition I —   Prüfung bei der Grenzkonzentration (siehe Abbildung 1)

1 Tier/Geschlecht je Konzentration/Zeitpunkt; 10Tiere insgesamt (2)

Zielkonzentration (3) = Grenzkonzentration

Exposition von fünf Gruppen von Tieren bei dieser Zielkonzentration für eine Dauer von 15, 30, 60, 120 bzw. 240 Minuten

Exposition II  (4)    Hauptstudie

1 Tier/Geschlecht je Konzentration/Zeitpunkt; 10 Tiere insgesamt

Exposition von fünf Gruppen von Tieren bei niedrigerer Konzentration (5) (1/2L) mit etwas längerer Expositionsdauer (Abstand Faktor √2; siehe Abbildung 1).

Exposition III —   Hauptstudie

1 Tier/Geschlecht je Konzentration/Zeitpunkt; 10 Tiere insgesamt

Exposition von fünf Gruppen von Tieren bei niedrigerer Konzentration (5) (1/4L) mit etwas längerer Expositionsdauer (Abstand Faktor √2; siehe Abbildung 1).

Exposition IV‘ —   Hauptstudie

1 Tier/Geschlecht je Konzentration/Zeitpunkt; 10 Tiere insgesamt

Exposition von fünf Gruppen von Tieren bei niedrigerer Konzentration (5) (1/8L) mit etwas längerer Expositionsdauer (Abstand Faktor √2; siehe Abbildung 1).

↓ oder

Exposition IV —   Hauptstudie

1 Tier/Geschlecht je Konzentration/Zeitpunkt; 10 Tiere insgesamt

Exposition von fünf Gruppen von Tieren bei höherer Konzentration (6) (2L) mit etwas kürzerer Expositionsdauer (Abstand Faktor √2; siehe Abbildung 1).

Mathematische Aufbereitung der Ergebnisse für das c-×-t-Protokoll

11.

Ein c-×-t-Verfahren mit 4 oder 5 Expositionskonzentrationen und fünf Expositionszeiträumen ergibt 20 bzw. 25 Datenpunkte. Anhand dieser Datenpunkte kann die c-×-t-Beziehung durch statistische Analyse berechnet werden (16):

Gleichung 1

Formula

dabei ist: C = Konzentration; t = Expositionsdauer oder

Gleichung 2

Formula

dabei ist: Formula

Mit der Gleichung 1 kann der LC50-Wert für einen bestimmten Zeitraum (z. B. 4 Stunden, 1 Stunde, 30 Minuten oder jeden Zeitraum innerhalb des geprüften Zeitbereichs) unter Verwendung von P = 5 (50 % Response) berechnet werden. Die Habersche Regel gilt nur, wenn n = 1. Der LC01-Wert kann unter Verwendung von P = 2,67 berechnet werden.

4.

Die Kapitel B.7 und B.8 erhalten folgende Fassung:

„B.7   28-TAGE-TOXIZITÄTSSTUDIE MIT WIEDERHOLTER ORALER VERABREICHUNG AN NAGETIEREN

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 407 (2008). Die ursprüngliche Prüfrichtlinie 407 wurde 1981 angenommen. 1995 wurde eine überarbeitete Fassung angenommen mit dem Ziel, insbesondere in Bezug auf Neurotoxizität und Immunotoxizität zusätzliche Informationen von den in der Studie verwendeten Tieren zu gewinnen.

2.

Die OECD leitete 1998 mit hoher Priorität eine Überarbeitung der bestehenden Prüfrichtlinien und die Ausarbeitung neuer Prüfrichtlinien für Screening und Prüfung potenzieller endokriner Disruptoren ein (8). Ein Aspekt dieser Maßnahme war die Aktualisierung der bestehenden OECD-Prüfrichtlinie für eine ‚28-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter oraler Verabreichung an Nagetieren‘ (TG 407) durch Parameter, mit denen eine endokrine Wirkung von Prüfsubstanzen festgestellt werden kann. Dieses Verfahren wurde in einem umfangreichen internationalen Programm auf Relevanz und Praktikabilität der zusätzlichen Parameter, ihre Leistungsfähigkeit in Bezug auf chemische Stoffe mit (anti)östrogener, (anti)androgener und (anti)thyroider Wirkung, die Intra- und Interlabor-Reproduzierbarkeit und die Interferenz der neuen Parameter mit den zuvor nach der TG 407 vorgesehenen Parametern geprüft. Die dabei gewonnene umfangreiche Datenmenge wurde in einem umfassenden OECD-Bericht zusammengestellt und ausführlich bewertet (9). Diese aktualisierte Prüfmethode B.7 (die der TG 407 entspricht) ist das Ergebnis der im internationalen Prüfprogramm gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse. Mithilfe dieser Prüfmethode können bestimmte endokrin vermittelte Wirkungen in einen Gesamtzusammenhang mit anderen toxikologischen Wirkungen gestellt werden.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN UND BEGRENZUNGEN

3.

Bei der Beurteilung und Bewertung der toxischen Merkmale eines chemischen Stoffs kann die orale Toxizität nach wiederholter Verabreichung des Stoffs bestimmt werden, nachdem zunächst durch Prüfungen auf akute Toxizität erste Toxizitätsdaten gewonnen wurden. Diese Prüfmethode ist dazu bestimmt, die Wirkungen auf ein sehr breites Spektrum potenzieller Toxizitätsziele zu untersuchen. Sie gibt Aufschluss über die möglichen Gesundheitsgefahren, einschließlich der Wirkungen auf das Nervensystem, das Immunsystem und das endokrine System, die durch wiederholte Exposition über einen relativ begrenzten Zeitraum auftreten können. In Bezug auf diese speziellen Endpunkte sollte die Methode es ermöglichen, chemische Stoffe mit neurotoxischem Potenzial, die in dieser Hinsicht eingehender untersucht werden sollten, und chemische Stoffe, die die Physiologie der Schilddrüse beeinflussen, zu identifizieren. Sie kann auch Daten über Stoffe liefern, die die Fortpflanzungsorgane männlicher und/oder weiblicher junger, adulter Tiere beeinträchtigen, und Hinweise auf immunologische Wirkungen geben.

4.

Die Ergebnisse dieser Prüfmethode B.7 sollten für die Identifizierung von Gefahren und zur Risikobewertung verwendet werden. Die Ergebnisse in Bezug auf die endokrinen Parameter sind im Kontext des ‚OECD Conceptual Framework for Testing and Assessment of Endocrine Disrupting Chemicals‘ (11) zu interpretieren. Die Methode umfasst die Basisstudie zur Prüfung auf Toxizität bei wiederholter Verabreichung, die für chemische Stoffe, bei denen eine 90-Tage-Studie nicht gerechtfertigt ist (z. B. wenn das Produktionsvolumen bestimmte Grenzen nicht überschreitet), oder als Vorstudie zu einer Langzeitstudie verwendet werden kann. Die Expositionsdauer sollte 28 Tage betragen.

5.

Das internationale Programm für die Validierung der Parameter, die geeignet sind, möglicherweise eine endokrine Wirkung einer Prüfsubstanz nachzuweisen, hat gezeigt, dass die Qualität der mit dieser Prüfmethode B.7 gewonnenen Daten weitgehend von der Erfahrung des Prüflabors abhängt. Dies gilt insbesondere für die histopathologische Bestimmung von zyklischen Veränderungen der weiblichen Fortpflanzungsorgane und für die Gewichtsbestimmung bei den kleinen hormonabhängigen Organen, die schwierig zu sezieren sind. Es wurde ein Leitfaden zur Histopathologie entwickelt (19), der auf der öffentlichen OECD-Website für Prüfrichtlinien abrufbar ist. Er soll Pathologen bei Untersuchungen helfen und die Empfindlichkeit der Prüfungen verbessern. Es wurde festgestellt, dass verschiedene Parameter auf endokrine Toxizität hindeuten; diese wurden in die Prüfrichtlinie aufgenommen. Andere Parameter, deren Nutzen wegen unzureichender Daten nicht erwiesen ist oder deren Fähigkeit zur Feststellung endokriner Disruptoren im Validierungsprogramm nur unzureichend belegt wurde, werden als fakultative Endpunkte vorgeschlagen (siehe Anlage 2).

6.

Die Ergebnisse des Validierungsprozesses deuten darauf hin, dass diese Prüfung nicht empfindlich genug ist, um alle Stoffe mit (anti)androgener oder (anti)östrogener Wirkungsweise zu identifizieren (9). Diese Prüfmethode wird nicht in einer für endokrine Störungen sehr empfindlichen Lebensphase durchgeführt. Während des Validierungsprozesses konnten zwar Substanzen mit schwacher oder starker Wirkung auf die Schilddrüsenfunktion und solche, die das endokrine System über östrogene oder androgene Rezeptoren mehr oder weniger stark beeinflussen, identifiziert werden; in den meisten Fällen konnten Stoffe mit endokriner Wirkung, die diese Rezeptoren nur geringfügig beeinträchtigen, mit der Methode aber nicht erkannt werden. Aus diesem Grund kann sie nicht als Screening-Test für endokrine Aktivität bezeichnet werden.

7.

Die Tatsache, dass keine mit diesen Wirkungsweisen verbundenen Effekte festgestellt werden, ist daher kein Nachweis dafür, dass es keine Wirkungen auf das endokrine System gibt. Die Charakterisierung der Substanz in Bezug auf endokrin vermittelte Wirkungen darf sich deshalb nicht allein auf die Ergebnisse dieser Prüfmethode stützen; es ist vielmehr ein WoE-Ansatz anzuwenden, der alle vorhandenen Daten über einen chemischen Stoff zur Bestimmung seiner potenziellen endokrinen Aktivität einbezieht. Aus diesem Grund dürfen sich Regulierungsentscheidungen über endokrine Aktivität (Charakterisierung von Substanzen) nicht allein auf die Ergebnisse aus der Anwendung dieser Prüfmethode stützen, sondern müssen auf einer breiten Grundlage basieren.

8.

Bei allen Verfahren, bei denen Tiere verwendet werden, sind die örtlichen Standards der Versuchstierpflege einzuhalten. Die nachstehenden Beschreibungen der Tierpflege und -behandlung sind Mindeststandards; wenn örtliche Bestimmungen strenger sind, gehen diese vor. Die OECD hat einen Leitfaden über die humane Behandlung von Versuchstieren herausgegeben (14).

9.

Die verwendeten Begriffe sind in Anlage 1 definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

10.

Die Prüfsubstanz wird mehreren Gruppen von Versuchstieren über einen Zeitraum von 28 Tagen täglich in abgestuften Dosen oral verabreicht, und zwar eine Dosisstufe je Gruppe. Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere täglich sorgfältig auf Toxizitätszeichen beobachtet. Tiere, die im Verlauf der Prüfung sterben, und vorzeitig getötete Tiere werden seziert; die nach Abschluss des Tests überlebenden Tiere werden getötet und ebenfalls seziert. Eine 28-Tage-Studie gibt Aufschluss über die Wirkungen einer wiederholten oralen Exposition und kann Aufschluss darüber geben, ob weitere Studien über längere Zeiträume erforderlich sind. Sie kann auch Informationen über die Wahl der Konzentrationen für Langzeitstudien liefern. Die mit dieser Prüfmethode gewonnenen Daten sollten es ermöglichen, die Toxizität der Prüfsubstanz zu beschreiben, Aufschluss über die Dosis-Wirkungs-Beziehung zu erhalten und den NOAEL (No Observed Adverse Effect Level) zu bestimmen.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

11.

Die bevorzugte Nagetierart ist die Ratte, aber auch andere Nagetierarten sind geeignet. Wenn die in dieser Prüfmethode B.7 genannten Parameter an einer anderen Nagetierart untersucht werden, ist dies ausführlich zu begründen. Es ist zwar biologisch plausibel, dass andere Arten ähnlich auf toxische Stoffe reagieren dürften wie die Ratte, aber die Verwendung kleinerer Arten kann wegen der technisch schwierigeren Sektion kleinerer Organe zu größeren Schwankungen bei den Ergebnissen führen. Im internationalen Validierungsprogramm für den Nachweis von endokrinen Disruptoren wurde nur die Ratte als Versuchstier verwendet. Es sind junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Mit der Dosierung sollte möglichst bald nach dem Absetzen begonnen werden, auf jeden Fall jedoch, bevor die Tiere 9 Wochen alt sind. Bei Beginn der Studie sollten die Gewichtsunterschiede der Tiere möglichst gering sein und ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts nicht überschreiten. Wenn eine Studie mit wiederholter oraler Gabe als Vorstudie zu einer Langzeitstudie durchgeführt wird, sollten in beiden Studien vorzugsweise Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden.

Haltung und Fütterung

12.

Bei allen Verfahren sind die örtlichen Standards der Versuchstierpflege einzuhalten. Die Temperatur im Tierversuchsraum sollte 22 °C (± 3 °C) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 30 % betragen und — außer beim Reinigen des Raums — 70 % nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 %. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung der Prüfsubstanz sichergestellt werden muss, wenn die Prüfsubstanz auf diese Art verabreicht werden soll. Die Tiere sollten in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen untergebracht werden; sie können auch einzeln gehalten werden, wenn dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist. Bei Gruppenhaltung sollten maximal fünf Tiere in einem Käfig untergebracht sein.

13.

Das Futter ist regelmäßig auf Schadstoffe zu analysieren. Eine Probe des Futters ist bis zur Fertigstellung des Abschlussberichts aufzubewahren.

Vorbereitung der Tiere

14.

Gesunde, junge, adulte Tiere werden randomisiert und den einzelnen Kontroll- bzw. Behandlungsgruppen zugeteilt. Die Käfige sollten so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Die Tiere werden eindeutig gekennzeichnet und vor Beginn der Behandlungsstudie in ihren Käfigen über einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen unter Laborbedingungen eingewöhnt.

Herstellung der Dosen

15.

Die Prüfsubstanz wird über eine Schlundsonde, mit der Nahrung oder dem Trinkwasser verabreicht. Die Methode der oralen Verabreichung hängt vom Zweck der Studie und von den physikalischen/chemischen/toxikokinetischen Eigenschaften der Prüfsubstanz ab.

16.

Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension, dann eine Lösung/Suspension in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in einem anderen Vehikel in Betracht zu ziehen. Bei anderen Vehikeln als Wasser müssen seine toxischen Merkmale bekannt sein. Die Stabilität der Prüfsubstanz im Vehikel sollte bestimmt werden.

VERFAHREN

Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

17.

Für jede Dosisstufe sind mindestens zehn Tiere (fünf weibliche und fünf männliche) zu verwenden. Sollen im Verlauf der Prüfung Tiere getötet werden, ist die Zahl der Tiere um die Zahl zu erhöhen, die vor Abschluss der Studie getötet werden sollen. Zur Beobachtung der Reversibilität, der Persistenz oder des verzögerten Auftretens toxischer Wirkungen für mindestens 14 Tage nach der Behandlung ist die Einbeziehung einer zusätzlichen Satellitengruppe von zehn Tieren (fünf je Geschlecht) in der Kontrollgruppe und in der Gruppe mit der höchsten Dosis in Betracht zu ziehen.

Dosierung

18.

Im Allgemeinen sind mindestens drei Prüfgruppen und eine Kontrollgruppe zu verwenden; wenn aber angesichts der Beurteilung anderer Daten bei einer Dosis von 1 000 mg pro kg Körpergewicht und Tag keine Wirkungen zu erwarten sind, kann ein Limit-Test durchgeführt werden. Liegen keine entsprechenden Daten vor, kann eine Dosisfindungsstudie (Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft) durchgeführt werden, um die zu verwendenden Dosen zu bestimmen. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollen die Tiere in der Kontrollgruppe unter identischen Bedingungen behandelt werden wie die Versuchstiere in der Prüfgruppe. Wird die Prüfsubstanz mit einem Vehikel verabreicht, muss die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten verwendeten Volumen erhalten.

19.

Bei der Wahl der Dosisstufen sind sämtliche für die Prüfsubstanz oder verwandte Stoffe vorliegenden Daten zur Toxizität und (Toxiko-)Kinetik zu berücksichtigen. Die höchste Dosisstufe ist so zu wählen, dass zwar toxische Wirkungen, aber keine Todesfälle oder schweres Leiden hervorgerufen werden. Anschließend ist eine absteigende Folge von Dosisstufen zu wählen, um dosisabhängige Wirkungen und die niedrigste Dosisstufe ohne zu beobachtende unerwünschte Wirkungen (NOAEL) nachzuweisen. Zwei- bis vierfache Abstände erweisen sich häufig als optimale Dosisabstufungen, und meist ist eine zusätzliche vierte Prüfgruppe der Verwendung von sehr großen Dosisabständen (z. B. um mehr als den Faktor 10) vorzuziehen.

20.

Bei allgemeiner Toxizität (z. B. vermindertes Körpergewicht, Wirkungen auf Leber, Herz, Lungen oder Nieren usw.) oder anderen Veränderungen, die möglicherweise keine toxischen Reaktionen sind (z. B. verminderte Futteraufnahme, Lebervergrößerung) sind die beobachteten Wirkungen auf immunologische, neurologische oder endokrine Endpunkte mit Vorsicht zu interpretieren.

Limit-Test

21.

Verursacht die Prüfung bei einer Dosisstufe von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht pro Tag bzw. eine entsprechende Konzentration im Futter oder Trinkwasser (in Abhängigkeit vom jeweiligen Körpergewicht) unter Verwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren keine feststellbaren toxischen Wirkungen und ist aufgrund der Daten strukturverwandter Substanzen keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Der Limit-Test findet allerdings keine Anwendung, wenn die Exposition des Menschen die Prüfung in einer höheren Dosisstufe angezeigt erscheinen lassen.

Verabreichung der Dosen

22.

Die Tiere erhalten die Prüfsubstanz an sieben Tagen in der Woche über einen Zeitraum von 28 Tagen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies in einer einmaligen Dosis unter Verwendung einer Schlundsonde oder einer geeigneten Intubationskanüle erfolgen. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten, außer bei wässrigen Lösungen, von denen 2 ml/100 g Körpergewicht gegeben werden können. Abgesehen von reizenden oder ätzenden Stoffen, die in der Regel bei höheren Konzentrationen eine verstärkte Wirkung hervorrufen, ist die Variabilität des Prüfvolumens dadurch auf ein Mindestmaß zu reduzieren, dass eine Konzentration gewählt wird, die auf allen Dosisstufen ein konstantes Volumen gewährleistet.

23.

Bei mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichten Stoffen ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Wenn die Prüfsubstanz im Futter verabreicht wird, kann entweder eine konstante Konzentration im Futter (ppm) oder eine konstante Dosis, bezogen auf das Körpergewicht des Tieres, verwendet werden; die jeweils gewählte Verfahrensweise muss angegeben werden. Eine mit einer Schlundsonde verabreichte Dosis sollte jeweils zu denselben Tageszeiten gegeben und so angepasst werden, dass eine konstante Dosis in Relation zum Körpergewicht aufrechterhalten wird. Wenn eine Studie mit wiederholter Gabe als Vorstudie zu einer Langzeitstudie durchgeführt wird, sollten die beiden Studien bezüglich des Futters der Tiere vergleichbar sein.

Beobachtungen

24.

Die Tiere sollten 28 Tage beobachtet werden. Tiere in einer Satellitengruppe, bei denen Nachfolgebeobachtungen vorgesehen sind, sollten für mindestens weitere 14 Tage ohne Behandlung gehalten werden, um ein verzögertes Auftreten, die Persistenz oder die Reversibilität von toxischen Wirkungen festzustellen.

25.

Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich erfolgen, vorzugsweise jeweils zur gleichen Zeit und unter Berücksichtigung des Zeitraums nach der Verabreichung, in dem voraussichtlich der Wirkungsgipfel zu erwarten ist. Der Gesundheitszustand der Tiere ist zu dokumentieren. Mindestens zweimal täglich werden alle Tiere auf Erkrankungen oder Todesfälle überprüft.

26.

Alle Tiere sollten einmal vor der ersten Exposition (um intraindividuelle Vergleiche zu ermöglichen) und danach mindestens einmal wöchentlich eingehend klinisch untersucht werden. Die Beobachtungen sind außerhalb des Käfigs, in dem die Tiere gehalten werden, in stets gleicher Umgebung und vorzugsweise stets zur gleichen Tageszeit vorzunehmen. Sie sind sorgfältig zu dokumentieren, am besten nach einer speziell vom Prüflabor entwickelten Bewertungsskala. Durch geeignete Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Prüfbedingungen möglichst konstant bleiben und dass die Beobachtungen vorzugsweise von Personen vorgenommen werden, denen die Behandlung der Tiere nicht bekannt ist. Zu achten ist insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie autonome Aktivitäten (z. B. Tränensekretion, Piloerektion, Pupillengröße, ungewöhnliche Atemmuster). Gang- und Haltungsstörungen, ferner Reaktionen auf den Umgang mit den Tieren sowie etwaige klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z. B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten auch dokumentiert werden (2).

27.

In der vierten Expositionswoche sollten die sensorische Reaktivität auf Reize verschiedener Art (2) (z. B. akustische, visuelle und propriozeptive Reize) (3)(4)(5), die Greifkraft (6) und die motorische Aktivität (7) bewertet werden. Weitere Einzelheiten zu den möglichen Untersuchungen finden sich in der Literatur. Allerdings können auch andere als dort genannte Verfahren angewendet werden.

28.

Die funktionellen Beobachtungen in der vierten Expositionswoche können entfallen, wenn es sich um eine Vorstudie für eine nachfolgende Prüfung auf subchronische Toxizität (90 Tage) handelt. In diesem Fall sollten die funktionellen Beobachtungen im Rahmen dieser Folgestudie vorgenommen werden. Andererseits könnten die Daten über funktionelle Beobachtungen aus der Studie mit wiederholter Verabreichung aber die Wahl der Dosisstufen für eine nachfolgende Prüfung auf subchronische Toxizität erleichtern.

29.

In Ausnahmefällen können funktionelle Beobachtungen auch bei Gruppen entfallen, die so starke sonstige Toxizitätsanzeichen aufweisen, dass die Leistungen in Funktionstests dadurch signifikant beeinträchtigt würden.

30.

Bei der Nekropsie kann der Östruszyklus aller weiblichen Tiere (fakultativ) durch Vaginalabstriche bestimmt werden. Diese Beobachtungen geben Aufschluss über die Phase des Östruszyklus zum Zeitpunkt der Tötung und erleichtern die histologische Beurteilung östrogenempfindlicher Gewebe [siehe Leitfaden zur Histopathologie (19)].

Körpergewicht und Futter-/Trinkwasseraufnahme

31.

Alle Tiere sind mindestens einmal wöchentlich zu wiegen. Die Futteraufnahme wird mindestens wöchentlich gemessen. Wenn die Prüfsubstanz über das Trinkwasser verabreicht wird, wird auch die Wasseraufnahme mindestens einmal wöchentlich gemessen.

Hämatologische Untersuchung

32.

Die folgenden hämatologischen Parameter sind am Ende der Prüfung zu bestimmen: Hämatokrit, Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Retikulozyten, Gesamt- und Differential-Leukozytenzahl, Thrombozytenzahl und Blutgerinnungszeit/-fähigkeit. Wenn die Prüfsubstanz oder ihre möglichen Metaboliten oxidierende Eigenschaften haben oder diese vermutet werden, sollten zusätzlich die Methämoglobinkonzentration und die Heinz-Körper bestimmt werden.

33.

Die Blutproben müssen an einer benannten Stelle unmittelbar vor oder bei der Tötung der Tiere entnommen und fachgerecht gelagert werden. In der Nacht vor der Tötung sollten die Tiere kein Futter erhalten (7).

Klinisch-biochemische Untersuchungen

34.

Zur Untersuchung der wesentlichen toxischen Wirkungen in Geweben und insbesondere der Wirkungen auf Leber und Nieren sollten klinisch-biochemische Parameter in Blutproben aller Tiere bestimmt werden, die unmittelbar vor oder bei der Tötung der Tiere (mit Ausnahme von Tieren, die moribund aufgefunden und/oder vor Beendigung der Studie getötet werden) entnommen werden. Die Plasma- oder Serumuntersuchungen umfassen die Parameter Natrium, Kalium, Glucose, Gesamtcholesterin, Harnstoff, Kreatinin, Gesamtprotein und Albumin, mindestens zwei Enzyme, die auf hepatozelluläre Wirkungen schließen lassen (wie Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, alkalische Phosphatase, γ-Glutamyltranspeptidase und Glutamatdehydrogenase) sowie Gallensäuren. Die Bestimmung weiterer Enzyme (aus Leber oder anderen Organen) sowie von Bilirubin kann unter bestimmten Umständen ebenfalls wertvolle Hinweise liefern.

35.

Optional können in der letzten Woche der Studie am Urin, der zu festgelegten Zeiten gesammelt wird, folgende Analysebestimmungen durchgeführt werden: Aussehen, Volumen, Osmolalität oder spezifisches Gewicht, pH-Wert, Protein, Glucose und Blut/Blutzellen.

36.

Darüber hinaus sollten Untersuchungen zur Bestimmung von Plasma- oder Serummarkern für eine allgemeine Gewebsschädigung erwogen werden. Des Weiteren sollten, wenn die bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz im Verdacht stehen, die entsprechenden Stoffwechselprofile zu beeinflussen, die Parameter Calcium, Phosphat, Triglyzeride, spezifische Hormone und Cholinesterase bestimmt werden. Die jeweiligen Parameter sind je nach Prüfsubstanzklasse bzw. von Fall zu Fall zu bestimmen.

37.

Wenngleich in der internationalen Bewertung der endokrinen Endpunkte kein klarer Vorteil der Bestimmung von Schilddrüsenhormonen (T3, T4) und TSH nachgewiesen werden konnte, kann es hilfreich sein, Plasma- oder Serumproben zur Messung von T3, T4 und TSH (fakultativ) aufzubewahren, wenn es einen Hinweis auf eine Wirkung auf die Hypophysen-Schilddrüsen-Achse gibt. Diese Proben können zur Lagerung bei - 20 °C eingefroren werden. Die folgenden Faktoren können die Variabilität und die absoluten Konzentrationen der Hormonbestimmungen beeinflussen:

der Zeitpunkt der Tötung wegen Schwankungen der Hormonkonzentrationen im Tagesverlauf,

Methode der Tötung, die gewählt wird, um übermäßigen Stress für die Tiere zu vermeiden, der die Hormonkonzentrationen beeinflussen könnte,

Testkits für Hormonbestimmungen mit unterschiedlichen Standardkurven.

Schilddrüsenaktive Substanzen können durch histopathologische Untersuchungen zuverlässiger identifiziert werden als über die Hormonspiegel.

38.

Plasmaproben, die speziell zur Hormonbestimmung vorgesehen sind, sollten immer zur gleichen Tageszeit gewonnen werden. Es wird empfohlen, die durch histopathologische Veränderungen der Schilddrüse verursachten T3-, T4- und TSH-Spiegel zu bestimmen. Die verschiedenen im Handel erhältlichen Assay-Kits können bei der Analyse der Hormonkonzentration unterschiedliche numerische Werte ergeben. Aus diesem Grund können möglicherweise keine Leistungskriterien auf der Grundlage einheitlicher historischer Daten angegeben werden. Die Labors sollten stattdessen anstreben, die Variationskoeffizienten für T3 und T4 unter 25 und für TSH unter 35 zu halten. Alle Konzentrationen sind in ng/ml zu protokollieren.

39.

Erweisen sich die Daten aus vorangegangenen Versuchen als ungeeignet, sollte eine Bestimmung hämatologischer und klinisch-biochemischer Parameter vor Versuchsbeginn oder vorzugsweise an einer nicht in die Versuchsgruppen einbezogenen Gruppe von Tieren in Betracht gezogen werden.

PATHOLOGIE

Makroskopische Untersuchung

40.

Alle an der Studie beteiligten Tiere müssen einer vollständigen, eingehenden makroskopischen Untersuchung unterzogen werden, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Leber, Nieren, Nebennieren, Hoden, Nebenhoden, Prostata und Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen als Ganzes, Thymus, Milz, Gehirn und Herz aller Tiere (mit Ausnahme von Tieren, die moribund aufgefunden und/oder vor Beendigung der Studie getötet werden) sind in angemessener Form von anhaftendem Gewebe zu befreien, und ihr Nassgewicht ist so rasch wie möglich nach der Sektion festzustellen, um ein Austrocknen zu verhindern. Bei der Entfernung der anhaftenden Gewebe von der Prostata ist sorgfältig darauf zu achten, die mit Flüssigkeit gefüllten Samenbläschen nicht zu perforieren. Alternativ können Samenbläschen und Prostata auch nach der Fixierung von anhaftendem Gewebe befreit und gewogen werden.

41.

Darüber hinaus können fakultativ auch zwei weitere Organe baldmöglichst nach der Sektion gewogen werden, um ein Austrocknen zu verhindern: die Ovarien (Nassgewicht) und der Uterus mit Zervix (Anleitung zur Entfernung und Aufbereitung des Uterusgewebes für die Gewichtsbestimmung in OECD TG 440 (18)).

42.

Das Gewicht der Schilddrüse (fakultativ) kann nach der Fixierung bestimmt werden. Anhaftendes Gewebe ist sehr vorsichtig und erst nach der Fixierung zu entfernen, um Gewebeschäden zu vermeiden. Eine Gewebeschädigung könnte die histopathologische Analyse beeinträchtigen.

43.

Die folgenden Gewebe sind in dem für die betreffende Gewebeart und die vorgesehene anschließende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmittel aufzubewahren (siehe Nummer 47): alle Gewebe mit makroskopischen Veränderungen, Hirn (typische Regionen einschließlich Cerebrum, Cerebellum und Pons), Rückenmark, Auge, Magen, Dünn- und Dickdarm (mit Peyer’schen-Platten), Leber, Nieren, Nebennieren, Milz, Herz, Thymus, Schilddrüse, Trachea und Lungen (konserviert durch Inflation mit Fixierungsmittel und Immersion), Gonaden (Hoden und Ovarien), akzessorische Geschlechtsorgane (Uterus und Zervix, Nebenhoden, Prostata und Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen), Vagina,Harnblase,Lymphknoten [je nach Erfahrung des Labors sollte neben dem proximalsten drainierenden Lymphknoten ein weiterer Lymphknoten entnommen werden (15)], periphere Nerven (N. ischiadicus oder N. tibialis) vorzugsweise in der Nähe des Muskels, Skelettmuskel und Knochen mit Knochenmark (Schnitt oder wahlweise ein frisch fixiertes Knochenmarkaspirat). Es wird empfohlen, die Hoden durch Immersion in Bouin’scher Lösung oder modifizierter Davidson-Lösung zu fixieren (16) (17). Damit das Fixierungsmittel rasch eindringen kann, muss die Tunica albuginea an beiden Enden des Organs vorsichtig und flach mit einer Nadel punktiert werden. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebeuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden.

44.

Die folgenden Gewebe können wichtige Hinweise auf endokrine Wirkungen geben: Gonaden (Ovarien und Hoden), akzessorische Geschlechtsorgane (Uterus mit Zervix, Nebenhoden, Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen, Prostata dorsolateral und ventral), Vagina, Hypophose, männliche Brustdrüse, Schilddrüse und Nebennieren. Veränderungen der männlichen Brustdrüsen sind nicht ausreichend dokumentiert, aber dieser Parameter kann sehr empfindlich auf Stoffe mit östrogener Wirkung reagieren. Die Beobachtung von nicht unter Nummer 43 genannten Organen/Geweben ist fakultativ (siehe Anlage 2).

45.

Der Leitfaden zur Histopathologie (19) enthält zusätzliche Informationen zur Sektion, Fixierung, Schnittherstellung und Histopathologie endokriner Gewebe.

46.

Das internationale Prüfprogramm hat Hinweise darauf ergeben, dass subtile endokrine Wirkungen chemischer Stoffe, die die Homöostase der Geschlechtshormone geringfügig beeinträchtigen können, eher durch die Störung der Synchronisation des Östruszyklus als durch deutliche histopathologische Veränderungen in weiblichen Geschlechtsorganen identifiziert werden können. Wenngleich diese Wirkungen nicht eindeutig nachgewiesen werden konnten, wird empfohlen, Hinweise auf eine mögliche Asynchronie des Östruszyklus bei der Auswertung der histopathologischen Untersuchung von Ovarien (Follikelzellen, Theca-Zellen und Granulosazellen), Uterus, Zervix und Vagina zu berücksichtigen. Falls die Phase des Östruszyklus durch Vaginalabstriche bestimmt wird, kann sie auch in diesen Vergleich einbezogen werden.

Histopathologie

47.

Bei allen Tieren der Kontrollgruppe und der Hochdosisgruppe sind die konservierten Organe und Gewebe umfassend histopathologisch zu untersuchen. Diese Untersuchungen sind auch auf die Tiere aller anderen Dosisgruppen auszudehnen, wenn behandlungsbedingte Veränderungen in der Hochdosisgruppe festgestellt werden.

48.

Alle makroskopischen Läsionen sind zu untersuchen.

49.

Umfasst eine Prüfung auch eine Satellitengruppe, sind bei den Tieren dieser Gruppe die Gewebe und Organe histopathologisch zu untersuchen, bei denen in den Behandlungsgruppen Wirkungen aufgetreten sind.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

50.

Es sollten Einzeldaten zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus sollten alle Daten in Form einer Tabelle zusammengefasst werden, aus der für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Tierschutzgründen getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, die Zahl der Tiere, die Toxizitätszeichen aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, ihrer Dauer und ihres Schweregrads, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und ihr Schweregrad sowie der Prozentsatz der von jeder Läsion betroffenen Tiere.

51.

Wenn möglich, sollen die numerischen Ergebnisse mittels einer geeigneten und allgemein anerkannten statistischen Methode ausgewertet werden. Durch Vergleiche der Wirkungen in einem Dosisbereich sollte die Anwendung multipler t-Tests vermieden werden. Die Statistikmethoden sind bei der Planung der Studie festzulegen.

52.

Für die Qualitätskontrolle wird vorgeschlagen, historische Kontrolldaten zu sammeln und Variationskoeffizienten für numerische Daten zu berechnen, insbesondere für die Parameter, die mit dem Nachweis der Störung des endokrinen Systems zusammenhängen. Diese Daten können für Vergleichszwecke verwendet werden, wenn tatsächliche Studien bewertet werden.

Prüfbericht

53.

Der Prüfbericht muss folgende Informationen enthalten:

 

Prüfsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und physikalisch-chemische Eigenschaften,

Identifizierungsdaten.

 

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung der Wahl des Vehikels, sofern anders als Wasser.

 

Versuchstiere:

Tierart/Stamm,

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere,

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.,

Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn,

Begründung für die Wahl einer anderen Art als der Ratte.

 

Prüfbedingungen:

Begründung der gewählten Dosisstufen,

Angaben zur Zubereitungsform der Prüfsubstanz/des Futters, der erreichten Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung,

Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz,

gegebenenfalls Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Wasser (ppm) in die entsprechende Dosis (mg/kg Körpergewicht/Tag),

Angaben zu Futter- und Wasserqualität.

 

Untersuchte fakultative Endpunkte

Liste der untersuchten fakultativen Endpunkte.

 

Ergebnisse:

Körpergewicht/Änderungen des Körpergewichts,

gegebenenfalls Angaben zur Futter- und Wasseraufnahme,

Daten der toxischen Reaktionen nach Geschlecht und Dosisstufe, einschließlich Toxizitätszeichen,

Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (mit Angaben zur Reversibilität),

Bewertung von sensorischer Aktivität, Greifkraft und motorischer Aktivität,

hämatologische Parameter mit entsprechenden Ausgangswerten,

klinisch-biochemische Parameter mit entsprechenden Ausgangswerten,

Körpergewicht beim Töten der Tiere sowie Organgewichte,

Sektionsbefunde,

ausführliche Beschreibung aller histopathologischen Befunde,

Angaben zur Resorption, falls vorliegend,

statistische Auswertung der Ergebnisse, wenn möglich.

 

Erörterung der Ergebnisse.

 

Schlussfolgerungen.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Androgene Wirkung: die Fähigkeit einer Chemikalie, in einem Säugetierorganismus wie ein natürliches androgenes Hormon zu wirken (z. B. Testosteron).

Antiandrogene Wirkung: die Fähigkeit einer Chemikalie, die Wirkung eines natürlichen androgenen Hormons (z. B. Testosteron) in einem Säugetierorganismus zu unterdrücken.

Antiöstrogene Wirkung: die Fähigkeit einer Chemikalie, die Wirkung eines natürlichen östrogenen Hormons (z. B. Östradiol 17ß) in einem Säugetierorganismus zu unterdrücken.

Antithyroide Wirkung: die Fähigkeit einer Chemikalie, die Wirkung eines natürlichen Schilddrüsenhormons (z. B. T3) in einem Säugetierorganismus zu unterdrücken.

Dosierung: ein allgemeiner Begriff, der die Dosis, ihre Häufigkeit und die Dauer der Verabreichung umfasst.

Dosis: die Menge der verabreichten Prüfsubstanz. Die Dosis wird ausgedrückt als Masse der Prüfsubstanz je Einheit Körpergewicht des Versuchstiers pro Tag (z. B. mg/kg Körpergewicht/Tag) oder als konstante Konzentration im Futter.

Offensichtliche Toxizität: ein allgemeiner Begriff zur Beschreibung deutlicher Toxizitätszeichen nach Verabreichung einer Prüfsubstanz. Diese Zeichen sollten für eine Bewertung der Gefährdung ausreichen und so schwerwiegend sein, dass bei einer Steigerung der verabreichten Dosis die Entwicklung schwerer Toxizitätszeichen und der wahrscheinliche Tod zu erwarten wären.

NOAEL: die Abkürzung für no observed adverse effect level. Dies ist die höchste Dosis, bei der keine schädigenden behandlungsbedingten Wirkungen festgestellt werden.

Östrogene Wirkung: die Fähigkeit einer Chemikalie, in einem Säugetierorganismus wie ein natürliches östrogenes Hormon zu wirken (z. B. Östradiol 17ß).

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Thyroide Wirkung: die Fähigkeit einer Chemikalie, in einem Säugetierorganismus wie ein natürliches Schilddrüsenhormon (z. B. T3) zu wirken.

Validierung: ein wissenschaftlicher Prozess zur Beschreibung der operationellen Anforderungen und Grenzen einer Prüfmethode und zum Nachweis ihrer Zuverlässigkeit und Eignung für einen bestimmten Zweck.

Anlage 2

Empfohlene Endpunkte für den Nachweis endokriner Disruptoren in dieser Prüfmethode b.7

Obligatorische Endpunkte

Fakultative Endpunkte

Gewicht

Hoden

Nebenhoden

Nebennieren

Prostata und Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen

Ovarien

Uterus mit Zervix

Schilddrüse

Histopathologie

Gonaden:

Hoden und

Ovarien

akzessorische Geschlechtsorgane:

Nebenhoden

Prostata und Samenbläschen mit Koagulationsdrüsen

Uterus mit Zervix

Nebenniere

Schilddrüse

Vagina

Vaginalabstriche

männliche Brustdrüsen

Hypophyse

Hormonbestimmung

 

T3-, T4-Spiegel im Blut

TSH-Spiegel im Blut

LITERATUR:

1.

OECD (Paris, 1992). Chairman’s Report of the Meeting of the ad hoc Working Group of Experts on Systemic Short-term and (Delayed) Neurotoxicity.

2.

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3.

Tupper DE, Wallace RB (1980). Utility of the Neurologic Examination in Rates. Acta Neurobiol. Exp. 40: 999-1003.

4.

Gad SC (1982). A Neuromuscular Screen for Use in Industrial Toxicology. J. Toxicol Environ. Health 9: 691-704.

5.

Moser VC, McDaniel KM, Phillips PM (1991). Rat Strain and Stock Comparisons Using a Functional Observational Battery: Baseline Values and Effects of Amitraz. Toxicol. Appl. Pharmacol. 108: 267-283.

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8.

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B.8   PRÜFUNG AUF SUBAKUTE TOXIZITÄT NACH INHALATION — 28-TAGE-TEST

ZUSAMMENFASSUNG

Diese überarbeitete Prüfmethode B.8 wurde entwickelt, um die Toxizität der Prüfsubstanz nach wiederholter Exposition durch Inhalation über einen begrenzten Zeitraum (28 Tage) umfassend zu beschreiben und um Daten für die Bewertung des quantitativen Inhalationsrisikos zu gewinnen. Gruppen von mindestens fünf männlichen und fünf weiblichen Nagern werden über einen Zeitraum von 28 Tagen 6 Stunden am Tag a) der Prüfsubstanz in drei oder mehr Konzentrationsstufen, b) gefilterter Luft (negative Kontrolle) und/oder c) dem Vehikel (Vehikelkontrolle) ausgesetzt. Im Allgemeinen werden die Tiere der Prüfsubstanz an fünf Tagen pro Woche ausgesetzt, aber auch sieben Tage pro Woche sind zulässig. Es werden immer männliche und weibliche Tiere geprüft, aber sie können unterschiedlichen Konzentrationsstufen ausgesetzt werden, wenn bekannt ist, dass ein Geschlecht empfindlicher auf eine bestimmte Prüfsubstanz reagiert als das andere. Bei dieser Methode hat der Studienleiter die Möglichkeit, Satellitengruppen (Reversibilitätsprüfung) aufzunehmen sowie eine bronchoalveoläre Lavage (BAL), neurologische Tests, zusätzliche klinische Pathologieuntersuchungen und histopathologische Untersuchungen durchzuführen, um die Toxizität einer Prüfsubstanz besser beschreiben zu können.

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 412 (2009). Die ursprüngliche Prüfrichtlinie 412 (TG 412) zur subakuten Inhalation wurde 1981 angenommen (1). Diese Prüfmethode B.8 (die der überarbeiteten TG 412 entspricht) wurde aktualisiert, um dem neuesten Stand der Wissenschaft Rechnung zu tragen und derzeitige und künftige Regulierungsanforderungen zu erfüllen.

2.

Die Methode ermöglicht die Beschreibung der schädlichen Wirkungen nach wiederholter täglicher inhalativer Exposition gegen eine Prüfsubstanz für einen Zeitraum von 28 Tagen. Die in Prüfungen auf subakute Toxizität nach Inhalation über 28 Tage gewonnenen Daten können für quantitative Risikobewertungen verwendet werden [wenn im Anschluss keine Prüfung auf subchronische Toxizität nach Inhalation über 90 Tage erfolgt (Kapitel B.29 dieses Anhangs)]. Die Daten können auch Informationen für die Wahl der Konzentrationen für längerfristige Studien wie die Prüfung auf subchronische Toxizität nach Inhalation über 90 Tage liefern. Diese Prüfmethode ist nicht speziell für die Prüfung von Nanomaterialien bestimmt. Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden am Ende dieses Kapitels und im Guidance Document 39 (2) definiert.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

3.

Um die Qualität der Studie zu verbessern und möglichst wenig Versuchstiere zu verwenden, sollte das Prüflabor vor Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz berücksichtigen. Für die Auswahl der am besten geeigneten Prüfkonzentrationen könnten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten und toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen sowie Daten aus Versuchen zur Prüfung der akuten Toxizität nach Inhalation herangezogen werden. Falls Neurotoxizität erwartet oder im Verlauf der Studie beobachtet wird, kann der Studienleiter beschließen, geeignete Untersuchungen wie eine FOB (functional observational battery) und die Messung der motorischen Aktivität aufzunehmen. Obwohl die Expositionszeit bei bestimmten Untersuchungen ein kritischer Aspekt sein kann, darf die Durchführung dieser zusätzlichen Versuche die Auslegung der Hauptstudie nicht beeinträchtigen.

4.

Verdünnungen ätzender oder reizender Prüfsubstanzen können in Konzentrationen geprüft werden, die den gewünschten Toxizitätsgrad erzielen [siehe GD 39 (2)]. Wenn Versuchstiere diesen Stoffen ausgesetzt werden, sollten die Zielkonzentrationen so niedrig sein, dass sie keine starken Schmerzen oder Leiden verursachen; sie sollten aber ausreichen, um die Konzentrations-Wirkungs-Kurve so zu erweitern, dass das regulatorische und wissenschaftliche Ziel der Prüfung erreicht wird. Diese Konzentrationen sollten von Fall zu Fall festgelegt werden, möglichst auf Basis einer entsprechend ausgelegten Dosisfindungsstudie, die Informationen über den kritischen Endpunkt, eine etwaige Reizschwelle und den Zeitpunkt des Einsetzens der Wirkung liefert (siehe Nummern 11, 12 und 13). Die Wahl der Konzentration ist zu begründen.

5.

Moribunde Tiere oder Tiere, die Anzeichen starker und andauernder Qualen zeigen, sollten tierschutzgerecht getötet werden. Moribunde Tiere werden auf die gleiche Weise gewertet wie während des Tests gestorbene Tiere. Kriterien für die Entscheidung, moribunde oder schwer leidende Tiere zu töten, sowie Hinweise zur Erkennung des absehbaren oder bevorstehenden Todes sind Gegenstand des OECD Guidance Document on Humane Endpoints (3).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

6.

Es sind junge, gesunde, adulte Nagetiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte. Wird eine andere Tierart eingesetzt, ist dies zu begründen.

Vorbereitung der Tiere

7.

Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Am Tag der Randomisierung sollten die jungen, adulten Tiere 7 bis 9 Wochen alt sein; ihr Körpergewicht sollte innerhalb von ± 20 % des mittleren Gewichts für jedes Geschlecht liegen. Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zur individuellen Identifizierung markiert und vor Beginn der Prüfung für einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen in ihren Käfigen an die Laborbedingungen gewöhnt.

Tierhaltung

8.

Um die Beobachtungen zu erleichtern und Verwechslungen auszuschließen, sollten die Tiere möglichst mit einem subkutanen Transponder einzeln gekennzeichnet werden. Die Temperatur in dem Raum, in dem die Versuchstiere gehalten werden, sollte 22 ± 3 °C betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte im Idealfall im Bereich zwischen 30 und 70 % liegen; bei Verwendung von Wasser als Vehikel könnte dies jedoch unmöglich sein. Die Tiere sollten vor und nach den Expositionen im Allgemeinen nach Geschlecht und Konzentration in Käfigen gruppiert werden, wobei aber die Anzahl der Tiere pro Käfig noch eine genaue Beobachtung der einzelnen Tiere ermöglichen muss und Verluste aufgrund von Kannibalismus oder Kämpfen minimiert werden sollten. Wenn die Tiere der Prüfsubstanz nur mit der Nase ausgesetzt werden sollen, müssen sie möglicherweise an die Restrainer gewöhnt werden. Die Restrainer sollten die Tiere weder körperlich noch in Bezug auf Wärme oder Fixierung übermäßig beeinträchtigen. Die Fixierung kann physiologische Endpunkte wie Körpertemperatur (Hyperthermie) und/oder das Atemminutenvolumen beeinflussen. Wenn generische Daten zeigen, dass keine derartigen Veränderungen in nennenswertem Ausmaß vorkommen, ist eine Eingewöhnung an die Restrainer nicht erforderlich. Bei der Ganzkörperexposition gegen ein Aerosol sollten die Tiere während der Exposition einzeln untergebracht sein, damit sie die Prüfsubstanz nicht durch das Fell ihrer Käfiggenossen filtriert einatmen. Außer während der Exposition kann herkömmliches und zertifiziertes Labortierfutter bei uneingeschränkter Versorgung mit Trinkwasser verwendet werden. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln.

Inhalationskammern

9.

Bei der Auswahl einer Inhalationskammer sind die Art der Prüfsubstanz und der Gegenstand der Prüfung zu berücksichtigen. Das bevorzugte Verfahren ist die ‚Nose-only‘-Exposition (dieser Begriff umfasst ‚nur Kopf‘, ‚nur Nase‘ oder ‚nur Schnauze‘). Für die Untersuchung von Flüssigkeits- oder Feststoffaerosolen und für Dämpfe, die zu Aerosolen kondensieren können, wird im Allgemeinen die ‚Nose-only‘-Exposition bevorzugt. Besondere Ziele der Untersuchung können möglicherweise mit einer Ganzkörperexposition besser erreicht werden, doch dies sollte im Prüfbericht begründet werden. Um bei Verwendung einer Ganzkörperkammer die Stabilität der Atmosphäre sicherzustellen, sollte das ‚Gesamtvolumen‘ der Versuchstiere 5 % des Volumens der Kammer nicht übersteigen. Die Grundzüge der ‚Nose-only‘- und der Ganzkörperexposition sowie ihre jeweiligen Vor- und Nachteile sind in GD 39 (2) beschrieben.

TOXIZITÄTSSTUDIEN

Grenzkonzentrationen

10.

Anders als bei Studien zur akuten Toxizität gibt es bei Prüfungen auf subakute Toxizität nach Inhalation über 28 Tage keine festgelegten Grenzkonzentrationen. Bei der Festlegung der maximalen Prüfkonzentration ist Folgendes zu beachten: 1) die höchste erreichbare Konzentration, 2) das maximale Expositionsniveau von Menschen (‚worst case), 3) die Notwendigkeit, eine ausreichende Sauerstoffversorgung aufrechtzuerhalten, und/oder 4) Tierschutzerwägungen. Gibt es keine auf Daten basierenden Grenzwerte, können die akuten Grenzwerte der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (13) zugrunde gelegt werden (d. h. bis zu einer Höchstkonzentration von 5 mg/l bei Aerosolen, 20 mg/l bei Dämpfen und 20 000 ppm bei Gasen); siehe GD 39 (2). Wenn diese Grenzen bei der Prüfung von Gasen oder hochflüchtigen Prüfsubstanzen (z. B. Kältemitteln) überschritten werden müssen, ist dies zu begründen. Die Grenzkonzentration muss eine eindeutige Toxizität hervorrufen, ohne den Tieren übermäßigen Stress zu bereiten oder ihre Lebensdauer zu beeinträchtigen (3).

Dosisfindungsstudie

11.

Vor Beginn der Hauptstudie muss möglicherweise eine Dosisfindungsstudie durchgeführt werden. Diese ist umfassender als eine Vorstudie, weil sie nicht auf die Wahl der Konzentration begrenzt ist. Die in einer Dosisfindungsstudie gewonnenen Erkenntnisse können zu einer erfolgreichen Hauptstudie führen. Sie kann z. B. technische Informationen zu den Analysemethoden, zur Partikelgröße, zur Erkennung toxischer Mechanismen, klinische Pathologiedaten und histopathologische Daten sowie Schätzungen möglicher NOAEL- und MTC-Konzentrationen in einer Hauptstudie liefern. Der Studienleiter kann entscheiden, mithilfe der Dosisfindungsstudie die Schwelle für die Reizung der Atemwege (z. B. durch histopathologische Untersuchung der Atemwege, Lungenfunktionsprüfung oder bronchoalveoläre Lavage), die höchste Konzentration, die von den Tieren ohne übermäßigen Stress toleriert wird, und die Parameter, die die Toxizität der Prüfsubstanz am besten beschreiben, zu identifizieren.

12.

Eine Dosisfindungsstudie kann eine oder mehrere Konzentrationsstufen umfassen. Auf jeder Konzentrationsstufe sollten höchstens drei männliche und drei weibliche Tiere der Prüfsubstanz ausgesetzt werden. Eine Dosisfindungsstudie sollte mindestens fünf Tage und im Allgemeinen nicht mehr als 14 Tage dauern. Die Wahl der Konzentrationen für die Hauptstudie ist im Prüfbericht zu begründen. Ziel der Hauptstudie ist es, nachzuweisen, dass eine Beziehung zwischen der Konzentration und der Wirkung besteht, die am voraussichtlich empfindlichsten Endpunkt auftritt. Die niedrigste Konzentration sollte im Idealfall eine Konzentration sein, bei der keine zu beobachtenden schädlichen Wirkungen auftreten, und die höchste Konzentration sollte eine eindeutige Toxizität hervorrufen, ohne den Tieren übermäßigen Stress zu bereiten oder ihre Lebensdauer zu beeinträchtigen (3).

13.

Bei der Auswahl der Konzentrationsstufen für die Dosisfindungsstudie sollten alle verfügbaren Informationen berücksichtigt werden, einschließlich der Struktur-Wirkungs-Beziehungen und der Daten über ähnliche Stoffe (siehe Nummer 3). Eine Dosisfindungsstudie kann bestätigen/widerlegen, welche Endpunkte nach mechanistischen Kriterien als die empfindlichsten Endpunkte angesehen werden, z. B. die Cholinesterasehemmung durch Organophosphate, die Methämoglobinbildung durch für Erythrozyten toxische Stoffe, Schilddrüsenhormone (T3, T4) im Fall von thyrotoxischen Stoffen, Proteine, LDH oder Neutrophile in bronchoalveolärer Lavage im Fall schwach löslicher unschädlicher Partikel oder lungenreizender Aerosole.

Hauptstudie

14.

Die Hauptstudie zur Prüfung auf subakute Toxizität umfasst im Allgemeinen drei Konzentrationsstufen sowie, falls erforderlich, eine gleichzeitige negative (Luft-)Kontrolle und/oder eine Vehikelkontrolle (siehe Nummer 17). Die Festlegung der geeigneten Expositionsstufen sollte sich auf alle verfügbaren Daten stützen, einschließlich der Ergebnisse systemischer Toxizitätsprüfungen, des Metabolismus und der Kinetik (hohe Konzentrationsstufen, die kinetische Prozesse sättigen, sind zu vermeiden). Jede Prüfgruppe umfasst mindestens zehn Nagetiere (fünf Männchen und fünf Weibchen), die der Prüfsubstanz für einen Zeitraum von 4 Wochen an fünf Tagen in der Woche jeweils 6 Stunden pro Tag ausgesetzt werden (Gesamtdauer der Prüfung 28 Tage). Die Tiere können auch an sieben Tagen in der Woche exponiert werden (z. B. wenn inhalierte Arzneimittel geprüft werden). Ist bekannt, dass ein Geschlecht empfindlicher auf eine bestimmte Prüfsubstanz reagiert, können die Geschlechter unterschiedlichen Konzentrationsstufen ausgesetzt werden, um die Konzentrations-Wirkungs-Beziehung genauer zu bestimmen (siehe Nummer 15). Wenn für eine ‚Nose-only‘-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Eine Expositionsdauer von weniger als 6 Stunden/Tag oder die Notwendigkeit einer Ganzkörperexpositionsstudie mit Langzeitexposition (z. B. 22 Stunden/Tag) ist zu begründen [siehe GD 39 (2)]. Während der Exposition sollte kein Futter verabreicht werden, es sei denn die Exposition dauert länger als 6 Stunden. Wasser kann während einer Ganzkörperexposition jederzeit angeboten werden.

15.

Die gewählten Zielkonzentrationen sollen es ermöglichen, die Zielorgane zu identifizieren und eine deutliche Konzentrations-Wirkungs-Beziehung zu belegen:

Die hohe Konzentrationsstufe sollte toxische Wirkungen hervorrufen, aber keine anhaltenden Symptome oder Todesfälle verursachen, die eine Auswertung der Ergebnisse beeinträchtigen würden.

Der Abstand zwischen den mittleren Konzentrationsstufen muss eine Abstufung der toxischen Wirkungen zwischen der niedrigen und der hohen Konzentration ermöglichen.

Die untere Konzentrationsstufe sollte praktisch keine Toxizitätszeichen hervorrufen.

Satellitenstudie (Reversibilität)

16.

Es kann eine Satellitenstudie durchgeführt werden, um die Tiere für einen angemessenen Zeitraum nach der Behandlung (mindestens 14 Tage) auf Reversibilität, Persistenz oder ein verzögertes Auftreten von Toxizität zu beobachten. Satellitengruppen bestehen aus fünf männlichen und fünf weiblichen Tieren, die der Prüfsubstanz gleichzeitig mit den Versuchstieren der Hauptstudie ausgesetzt werden. Dabei sollten sie der Prüfsubstanz auf der höchsten Konzentrationsstufe ausgesetzt werden; erforderlichenfalls sollte es auch gleichzeitige Luft- und/oder Vehikelkontrollen geben (siehe Nummer 17).

Kontrolltiere

17.

Eine gleichzeitige negative (Luft-)Kontrollgruppe ist genauso zu behandeln wie die Prüfgruppe, außer dass die Tiere nicht der Prüfsubstanz, sondern gefilterter Luft ausgesetzt werden. Wenn die Prüfatmosphäre mithilfe von Wasser oder einem anderen Stoff erzeugt wird, ist statt der negativen (Luft-)Kontrollgruppe eine Vehikelkontrollgruppe zu verwenden. Wenn möglich sollte Wasser als Vehikel benutzt werden. In diesem Fall sind die Tiere Luft mit derselben relativen Luftfeuchtigkeit auszusetzen wie die exponierten Gruppen. Das geeignete Vehikel ist auf der Grundlage einer geeigneten Vorstudie oder von historischen Daten auszuwählen. Ist die Toxizität eines Vehikels unklar, kann der Studienleiter beschließen, sowohl eine negative (Luft-)Kontrolle als auch eine Vehikelkontrolle zu verwenden; hiervon wird jedoch dringend abgeraten. Wenn historische Daten belegen, dass ein Vehikel nicht toxisch ist, besteht keine Notwendigkeit für eine negative (Luft-)Kontrollgruppe und es sollte nur eine Vehikelgruppe verwendet werden. Ergibt eine Vorstudie einer in einem Vehikel formulierten Prüfsubstanz, dass keine Toxizität vorliegt, ist das Vehikel folglich in der geprüften Konzentration nicht toxisch, und diese Vehikelkontrolle sollte verwendet werden.

EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Verabreichung der Konzentrationen

18.

Die Tiere werden der Prüfsubstanz in Form von Gas, Dampf, Aerosol oder einer Kombination dieser Formen ausgesetzt. Der zu prüfende Aggregatzustand hängt von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, der gewählten Konzentration und/oder der physikalischen Form ab, in der die Prüfsubstanz bei der Handhabung und Verwendung am wahrscheinlichsten vorliegt. Hygroskopische und chemisch reaktive Prüfsubstanzen sollten bei geringer Luftfeuchtigkeit geprüft werden. Dabei ist darauf zu achten, dass keine explosionsfähigen Konzentrationen erzeugt werden. Bei Partikeln kann die Partikelgröße durch mechanische Prozesse verringert werden. GD 39 (2) enthält nähere Hinweise.

Partikelgrößenverteilung

19.

Bei allen Aerosolen und bei Dämpfen, die zu Aerosolen kondensieren können, sollte die Partikelgröße bestimmt werden. Damit alle relevanten Regionen der Atemwege der Prüfsubstanz ausgesetzt werden, werden mittlere aerodynamische Massendurchmesser (Mass Median Aerodynamic Diameter — MMAD) von 1 bis 3 μm mit einer geometrischen Standardabweichung (σg) von 1,5 bis 3,0 empfohlen (4). Wenngleich nach Möglichkeit versucht werden sollte, diese Werte zu erreichen, ist Fachwissen erforderlich, falls sie nicht erzielt werden können. Metalldampfpartikel können z. B. unter diesen Werten liegen, geladene Partikel und Fasern dagegen können diese Werte überschreiten.

Vorbereitung der Prüfsubstanz in einem Vehikel

20.

Im Idealfall sollte die Prüfsubstanz ohne ein Vehikel geprüft werden. Wenn für die Erzeugung einer geeigneten Prüfsubstanzkonzentration oder Partikelgröße ein Vehikel verwendet werden muss, ist Wasser zu bevorzugen. Wird eine Prüfsubstanz in einem Vehikel gelöst, so ist seine Stabilität nachzuweisen.

ÜBERWACHUNG DER EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Luftstrom in der Inhalationskammer

21.

Der Luftstrom durch die Kammer sollte während jeder Exposition sorgfältig geregelt, kontinuierlich überwacht und mindestens stündlich protokolliert werden. Die Echtzeit-Überwachung der Konzentration (oder zeitliche Stabilität) der Prüfatmosphäre ist eine integrale Messung aller dynamischen Parameter und gibt indirekt die Möglichkeit, alle relevanten dynamischen Inhalationsparameter zu messen. Wenn die Konzentration in Echtzeit überwacht wird, kann die Frequenz der Messung der Luftströme auf eine einzige Messung je Exposition und Tag reduziert werden. Es sollte besonders darauf geachtet werden, das erneute Einatmen in ‚Nose-only‘-Expositionskammern zu vermeiden. Die Sauerstoffkonzentration sollte mindestens 19 % betragen, und die Kohlendioxidkonzentration sollte 1 % nicht überschreiten. Gibt es Grund zu der Annahme, dass diese Werte nicht eingehalten werden können, sind die Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentrationen zu messen. Wenn die Messungen am ersten Expositionstag die richtigen Werte dieser Gase bestätigen, sollten keine weiteren Messungen erforderlich sein.

Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit in der Inhalationskammer

22.

Die Temperatur in der Inhalationskammer sollte 22 ± 3 °C betragen. Sowohl bei der ‚Nose-only‘- als auch bei der Ganzkörperexposition sollte die relative Luftfeuchtigkeit im Atembereich der Tiere kontinuierlich überwacht und während jeder Exposition möglichst stündlich dokumentiert werden. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte möglichst zwischen 30 und 70 % liegen, was jedoch möglicherweise nicht erreichbar ist (z. B. bei der Prüfung von wasserbasierten Mischungen) oder wegen chemischer Interferenz mit der Prüfmethode nicht gemessen werden kann.

Prüfsubstanz: nominale Konzentration

23.

Die nominale Konzentration in der Expositionskammer sollte möglichst berechnet und protokolliert werden. Die nominale Konzentration ist die Masse der erzeugten Prüfsubstanz dividiert durch das Gesamtvolumen der durch die Inhalationskammer geleiteten Luft. Sie wird nicht zur Beschreibung der Exposition der Tiere verwendet; vielmehr gibt ein Vergleich der nominalen Konzentration und der tatsächlichen Konzentration Aufschluss über die Effizienz des Prüfsystems bei der Erzeugung der Prüfkonzentration und kann daher für die Aufdeckung von Problemen bei dieser Erzeugung verwendet werden.

Prüfsubstanz: tatsächliche Konzentration

24.

Die tatsächliche Konzentration ist die Konzentration der Prüfsubstanz im Atembereich der Tiere in einer Inhalationskammer. Die tatsächlichen Konzentrationen können entweder durch spezifische Methoden (z. B. direkte Probenahme, adsorptive Methoden oder chemische Reaktionsverfahren mit anschließender analytischer Charakterisierung) oder durch unspezifische Methoden wie Gravimetrie bestimmt werden. Die gravimetrische Methode ist lediglich für Aerosole mit nur einem Bestandteil in Pulverform oder Aerosole von Flüssigkeiten mit geringer Flüchtigkeit akzeptabel und sollte sich auf geeignete, vor der Studie zu erstellende und für die Prüfsubstanz spezifische Beschreibungen stützen. Die Konzentration von Aerosolen mit mehreren Bestandteilen in Pulverform kann ebenfalls gravimetrisch bestimmt werden. Hierzu muss jedoch mit Analysedaten belegt werden, dass die Schwebstoffe eine ähnliche Zusammensetzung haben wie das Ausgangsmaterial. Liegen diese Angaben nicht vor, muss die Prüfsubstanz (im Idealfall im Schwebezustand) möglicherweise im Verlauf der Studie in regelmäßigen Abständen neu analysiert werden. Bei aerosolisierten Agenzien, die verdunsten oder sublimieren können, sollte gezeigt werden, dass alle Phasen von der gewählten Methode erfasst wurden.

25.

Für die gesamte Dauer der Studie sollte möglichst eine Partie der Prüfsubstanz verwendet werden; die Probe sollte unter Bedingungen aufbewahrt werden, die ihre Reinheit, Homogenität und Stabilität gewährleisten. Die Prüfsubstanz sollte vor Beginn der Studie mit Angaben zur Reinheit und, falls technisch machbar, zur Identität sowie zu den Mengen identifizierter Schadstoffe und Verunreinigungen beschrieben werden. Hierzu können unter anderem die folgenden Daten verwendet werden: Retentionszeit und relative Peakfläche, durch Massenspektrometrie oder Gaschromatographie bestimmtes Molekulargewicht oder andere Werte. Das Prüflabor ist zwar nicht für die Identität der Probe verantwortlich, doch es kann ratsam sein, dass es die Beschreibung des Auftraggebers zumindest in gewissen Grenzen (z. B. Farbe, physikalische Beschaffenheit usw.) überprüft.

26.

Die Expositionsatmosphäre ist so konstant wie möglich zu halten. Um die Stabilität der Expositionsbedingungen nachzuweisen, kann ein Echtzeitüberwachungsgerät verwendet werden, z. B. ein Aerosol-Photometer für Aerosole oder ein Gesamtkohlenwasserstoff-Analysator (THC) für Dämpfe. Die tatsächliche Konzentration in der Kammer sollte an jedem Expositionstag für jede Expositionsstufe mindestens dreimal gemessen werden. Falls dies wegen geringer Luftdurchflussraten oder niedriger Konzentrationen nicht möglich ist, reicht eine Probe je Expositionsperiode. Im Idealfall sollte diese Probe dann über die gesamte Expositionszeit gewonnen werden. Die einzelnen Proben der Konzentration in der Kammer sollten bei Gasen und Dämpfen nicht mehr als ± 10 % und bei Flüssig- oder Feststoffaerosolen nicht mehr als ± 20 % von der mittleren Kammerkonzentration abweichen. Die Zeit bis zum Erreichen eines Gleichgewichts in der Kammer (t95) ist zu berechnen und zu dokumentieren. Die Expositionsdauer erstreckt sich über den Zeitraum, in dem die Prüfsubstanz erzeugt wird. Dies schließt die Zeiten zur Erreichung des Gleichgewichts in der Kammer (t95) und zum Abbau der Konzentrationen ein. GD 39 (2) enthält Hinweise zur Einschätzung von t95.

27.

Bei sehr komplexen Mischungen aus Gasen/Dämpfen und Aerosolen (z. B. Verbrennungsatmosphären und Prüfsubstanzen, die aus hierzu bestimmten Endverbraucherprodukten/-geräten gesprüht werden) kann sich jede Phase in einer Inhalationskammer anders verhalten. Daher sollte mindestens eine Indikatorsubstanz (Analyt), normalerweise der wichtigste Wirkstoff in der Mischung, von jeder Phase (Gas/Dampf und Aerosol) ausgewählt werden. Wenn die Prüfsubstanz eine Mischung ist, sollte die Analysekonzentration für die gesamte Mischung und nicht nur für den Wirkstoff oder die Indikatorsubstanz (Analyt) dokumentiert werden. Weitere Informationen zu tatsächlichen Konzentrationen sind in GD 39 (2) zu finden.

Prüfsubstanz: Partikelgrößenverteilung

28.

Die Partikelgrößenverteilung von Aerosolen sollte auf jeder Konzentrationsstufe mindestens wöchentlich mit einem Kaskaden-Impaktor oder einem anderen Messgerät wie einem APS bestimmt werden. Kann nachgewiesen werden, dass die mit einem Kaskaden-Impaktor und dem alternativen Messgerät erzielten Ergebnisse gleichwertig sind, so kann das alternative Instrument während der gesamten Studie verwendet werden.

29.

Parallel zum Hauptinstrument ist ein zweites Gerät wie ein Gravimetriefilter oder eine Gaswaschflasche zu verwenden, um den Abscheidegrad des Hauptinstruments zu bestätigen. Die durch die Partikelgrößenanalyse bestimmte Massenkonzentration sollte innerhalb vertretbarer Grenzen um die durch die Filteranalyse bestimmte Massenkonzentration liegen [siehe GD 39 (2)]. Wenn die Gleichwertigkeit bei allen geprüften Konzentrationen zu Beginn der Studie nachgewiesen werden kann, kann auf weitere bestätigende Messungen verzichtet werden. Aus Tierschutzgründen sollten Vorkehrungen getroffen werden, um unklare Daten zu minimieren, die dazu führen könnten, dass eine Studie wiederholt werden muss.

30.

Wenn die Möglichkeit besteht, dass Dampfkondensation zur Bildung eines Aerosols führen kann, oder wenn in einer Dampfatmosphäre mit dem Potenzial für gemischte Phasen Partikel nachgewiesen werden, sollte eine Partikelgrößenbestimmung für Dämpfe vorgenommen werden.

BEOBACHTUNGEN

31.

Die Tiere sollten vor, während und nach der Exposition auf klinische Zeichen beobachtet werden. Je nach Reaktion der Tiere während der Exposition können häufigere Beobachtungen angezeigt sein. Wenn die Beobachtung der Tiere durch die Verwendung von Restrainern, wegen schlecht beleuchteter Ganzkörperkammern oder getrübter Atmosphäre erschwert ist, sind die Tiere nach der Exposition sorgfältig zu beobachten. Durch Beobachtungen vor der Exposition am folgenden Tag kann beurteilt werden, ob toxische Wirkungen sich zurückgebildet oder verschlimmert haben.

32.

Sämtliche Beobachtungen werden in Einzelprotokollen dokumentiert, die für jedes Tier geführt werden. Wenn Tiere aus humanen Gründen getötet werden oder ihr Tod festgestellt wird, sollte der Todeszeitpunkt so genau wie möglich registriert werden.

33.

Die Beobachtungen der Tiere sollten sich insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, des Atmungs- und Kreislaufsystems, des Nervensystems sowie auf Somatomotorik und Verhaltensmuster erstrecken. Besonderes Augenmerk ist auf Tremor, Konvulsionen, Salivation, Diarrhö, Lethargie, Schlaf und Koma zu richten. Die Messung der Rektaltemperatur kann zusätzliche Belege für mit der Behandlung oder Unterbringung zusammenhängende Reflex-Bradypnoe oder Hypo-/Hyperthermie liefern. Darüber hinaus können zusätzliche Aspekte wie Kinetik, Biomonitoring, Lungenfunktion, Retention schlecht löslicher Stoffe, die im Lungengewebe akkumulieren, und Verhaltensstörungen in das Studienprotokoll aufgenommen werden.

KÖRPERGEWICHT

34.

Das Körpergewicht der einzelnen Tiere sollte kurz vor der ersten Exposition (Tag 0), danach zweimal wöchentlich (z. B. freitags und montags, um die Erholung während eines expositionsfreien Wochenendes nachzuweisen, oder in einem Zeitintervall, das die Beurteilung der systemischen Toxizität ermöglicht) und zum Zeitpunkt des Todes oder der Tötung dokumentiert werden. Treten in den ersten zwei Wochen keine Wirkungen auf, kann das Körpergewicht während der restlichen Studiendauer wöchentlich gemessen werden. Satellitentiere (Reversibilitätsprüfung) (falls verwendet) sollten während der gesamten Erholungsphase weiterhin wöchentlich gewogen werden. Am Ende der Studie sollten alle Tiere kurz vor der Tötung gewogen werden, um eine objektive Berechnung der Organ-Körpergewicht-Verhältnisse zu ermöglichen.

FUTTER- UND WASSERAUFNAHME

35.

Die Futteraufnahme sollte wöchentlich gemessen werden. Auch die Wasseraufnahme kann gemessen werden.

KLINISCHE PATHOLOGIE

36.

An allen Tieren, auch an Kontroll- und Satellitentieren (Reversibilitätprüfung), sollten klinische Pathologieuntersuchungen durchgeführt werden, wenn sie getötet werden. Der Zeitraum zwischen dem Ende der Exposition und der Blutentnahme ist zu protokollieren, insbesondere wenn der betreffende Endpunkt rasch zu seinem ursprünglichen Wert zurückkehrt. Für Parameter mit einer kurzen Plasmahalbwertszeit (z. B. COHb, CHE und MetHb) ist die Probenahme nach Ende der Exposition angezeigt.

37.

In Tabelle 1 sind die im Allgemeinen für alle Toxikologiestudien erforderlichen klinischen Pathologieparameter aufgeführt. In der Regel ist eine Urinanalyse nicht notwendig, kann aber durchgeführt werden, wenn sie wegen erwarteter oder festgestellter Toxizität für nützlich gehalten wird. Der Studienleiter kann beschließen, zusätzliche Parameter zu bestimmen, um die Toxizität einer Prüfsubstanz genauer zu beschreiben (z. B. Cholinesterase, Lipide, Hormone, Säure-Basen-Gleichgewicht, Methämoglobin oder Heinz-Körper, Creatin-Kinase, Verhältnis von myeloiden zu erythroiden Zellen, Troponin, arterielle Blutgase, Lactatdehydrogenase, Sorbitdehydrogenase, Glutamatdehydrogenase und γ-Glutamyltranspeptidase).

Tabelle 1

Klinische Standardpathologieparameter

Hämatologische Untersuchung

Erythrozytenzahl

Hämatokrit

Hämoglobinkonzentration

Mittleres korpuskuläres Hämoglobin

Mittleres Erythrozyteneinzelvolumen

Mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration

Retikulozyten

Gesamtleukozytenzahl

Differentialleukozytenzahl

Thrombozytenzahl

Gerinnungsfähigkeit (einen Wert wählen):

Prothrombinzeit

Blutgerinnungszeit

Partielle Thromboplastinzeit

Klinische Chemie

Glucose (8)

Gesamtcholesterin

Triglyceride

Harnstoff-N

Gesamtbilirubin

Kreatinin

Gesamtprotein

Albumin

Globulin

Alanin-Aminotransferase

Aspartat-Aminotransferase

Alkalische Phosphatase

Kalium

Natrium

Calcium

Phosphor

Chlorid

Urinuntersuchung (fakultativ)

Aussehen (Farbe und Trübung)

Menge

Spezifisches Gewicht oder Osmolarität

pH-Wert

Gesamtprotein

Glucose

Blut/Blutzellen

38.

Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die unteren Atemwege (d. h. die Alveolen) die Hauptablagerungs- und Retentionsorte sind, kann die bronchoalveoläre Lavage (BAL) die Methode der Wahl sein, um hypothesenbasierte Dosis-Wirkungs-Parameter quantitativ zu analysieren, wobei Alveolitis, Lungenentzündung und Phospholipidose im Vordergrund stehen. Auf diese Weise können Veränderungen der Dosis-Wirkungs-Beziehung und des zeitlichen Verlaufs alveolärer Läsionen angemessen untersucht werden. Die BAL-Flüssigkeit kann auf Gesamt- und Differenzialleukozytenzahl, Gesamtprotein und Laktatdehydrogenase analysiert werden. In Betracht gezogen werden können auch Parameter, die auf lysosomale Schäden, Phospholipidose, Fibrose und reizende oder allergische Entzündung hindeuten; dazu kann auch die Bestimmung entzündungsfördernder Zytokine/Chemokine gehören. BAL-Messungen dienen im Allgemeinen zur Ergänzung der Ergebnisse histopathologischer Untersuchungen, können sie aber nicht ersetzen. Eine Anleitung zur Durchführung der Lungenlavage ist in GD 39 (2) enthalten.

MAKROSKOPISCHE PATHOLOGIE UND ORGANGEWICHTE

39.

Alle Versuchstiere, einschließlich der Tiere, die während der Prüfung sterben oder aus Tierschutzgründen getötet und aus der Studie genommen werden, sind (falls möglich) vollständig zu entbluten und auf makroskopische Veränderungen zu untersuchen. Der Zeitabstand zwischen dem Ende der letzten Exposition eines Tiers und seiner Tötung ist zu dokumentieren. Kann die Nekropsie nicht unmittelbar nach Auffinden eines toten Tieres erfolgen, sollte der Körper auf eine Temperatur gekühlt (nicht eingefroren) werden, die tief genug ist, um die Autolyse zu minimieren. Die Nekropsie ist baldmöglichst, in der Regel innerhalb von einem oder zwei Tagen durchzuführen. Alle makroskopischen Veränderungen sollten für jedes Tier protokolliert werden, wobei besonders auf Veränderungen der Atemwege zu achten ist.

40.

In Tabelle 2 sind die Organe und Gewebe aufgeführt, die bei der Nekropsie zur histopathologischen Untersuchung in einem geeigneten Medium aufbewahrt werden sollten. Die Aufbewahrung der in [Klammern] gesetzten Organe und Gewebe sowie aller sonstigen Organe und Gewebe liegt im Ermessen den Studienleiters. Die durch Fettdruck hervorgehobenen Organe sind so bald wie möglich nach der Sektion von anhaftendem Gewebe zu befreien und feucht zu wiegen, um ein Austrocknen zu verhindern. Die Schilddrüse und die Nebenhoden sind nur zu wiegen, wenn dies notwendig ist, da ihre Befreiung von anhaftendem Gewebe die histopathologische Bewertung erschweren kann. Gewebe und Organe sind unmittelbar nach der Nekropsie und je nach verwendetem Fixierungsmittel mindestens 24-48 Stunden vor der Befreiung von anhaftendem Gewebe in 10 %ig gepuffertem Formalin oder einem anderen geeigneten Fixierungsmittel zu fixieren.

Tabelle 2

Bei der Nekropsie aufbewahrte Organe und Gewebe

Nebennieren

Knochenmark (und/oder frisches Aspirat)

Gehirn (mit Schnitten von Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons)

[Augen (Netzhaut, Sehnerv) und Lider]

Herz

Nieren

Larynx (3 Ebenen, 1 Ebene, die die Basis der Epiglottis enthält)

Leber

Lunge (alle Lungenlappen auf einer Ebene, einschließlich der Hauptbronchien)

Lymphknoten aus der Hilusregion der Lunge, insbesondere bei schlecht löslichen Prüfsubstanzen, die in Partikelform vorliegen. Für gründlichere Untersuchungen und/oder Studien mit immunologischem Schwerpunkt können zusätzliche Lymphknoten in Betracht gezogen werden, z. B. aus der mediastinalen, der cervicalen/submandibulären und/oder der aurikularen Region.

Nasopharyngeale Gewebe (mindestens 4 Ebenen; 1 Ebene muss den Nasen-Rachen-Gang und das Lymphgewebe des Nasen-Rachen-Raums (NALT) umfassen.

Speiseröhre

[Riechkolben]

Ovarien

Samenbläschen

Rückenmark (zervical, mittlerer Thoraxbereich und lumbar)

Milz

Magen

Hoden

Thymus

Schilddrüse

Trachea (mindestens 2 Ebenen mit einem Längsschnitt durch die Carina und 1 Querschnitt)

[Harnblase]

Uterus

Alle makroskopischen Veränderungen

41.

Die Lungen sind in intaktem Zustand zu entfernen, zu wiegen und mit einem geeigneten Fixierungsmittel bei einem Druck von 20-30 cm Wasser zu behandeln, damit die Lungenstruktur erhalten bleibt (5). Die Schnitte werden bei allen Lungenlappen auf einer Ebene einschließlich der Hauptbronchien hergestellt; wenn eine Lungenlavage durchgeführt wird, ist der nicht gewaschene Lappen jedoch auf drei Ebenen zu schneiden (keine seriellen Schnitte).

42.

Mindestens vier Ebenen der nasopharyngealen Gewebe sind zu untersuchen; eine der Ebenen sollte den Nasen-Rachen-Gang umfassen (5, 6, 7, 8, 9), damit das Plattenepithel, das (nicht Zilien-tragende respiratorische) Übergangsepithel, das (Zilien-tragende respiratorische) Flimmerepithel und das Riechepithel sowie das Lymphgewebe (NALT; 10,11) gründlich untersucht werden können. Drei Ebenen des Larynx sind zu untersuchen; eine dieser Ebenen sollte die Basis der Epiglottis enthalten (12). Mindestens zwei Ebenen der Trachea sind zu untersuchen, darunter ein Längsschnitt durch die Carina der Bifurkation der extrapulmonalen Bronchien und ein Querschnitt.

HISTOPATHOLOGIE

43.

Die in Tabelle 2 aufgeführten Organe und Gewebe der Tiere in der Kontrollgruppe und der Gruppe mit der höchsten Konzentration und aller während der Studie gestorbenen oder getöteten Tiere sollten histopathologisch untersucht werden. Besonderes Augenmerk ist auf Atemwege, Zielorgane und makroskopische Veränderungen zu richten. Die Organe und Gewebe, die in der höchsten Konzentrationsgruppe makroskopische Veränderungen aufweisen, sollten in allen Gruppen untersucht werden. Der Studienleiter kann beschließen, histopathologische Untersuchungen bei zusätzlichen Gruppen durchzuführen, um eine eindeutige Konzentrationswirkung nachzuweisen. Umfasst eine Prüfung auch eine Satellitengruppe (Reversibilitätsprüfung), sind alle Gewebe und Organe histopathologisch zu untersuchen, bei denen in den Behandlungsgruppen Wirkungen aufgetreten sind. Treten in der Gruppe mit der höchsten Konzentration übermäßig viele frühzeitige Todesfälle oder andere Probleme auf, die die Signifikanz der Daten beeinträchtigen, so ist die Gruppe mit der nächstniedrigeren Konzentration histopathologisch zu untersuchen. Man sollte versuchen, die makroskopischen Befunde mit den Ergebnissen der mikroskopischen Untersuchung zu korrelieren.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

44.

Körpergewichte, Futteraufnahme, Ergebnisse der klinischen Pathologie, makroskopische Befunde, Organgewichte und Ergebnisse der Histopathologie sind für die einzelnen Tiere anzugeben. Die Daten der klinischen Beobachtung sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Prüfgruppe die Anzahl der verwendeten Tiere, die Anzahl der Tiere mit spezifischen Toxizitätszeichen, die Anzahl der Tiere, die während der Prüfung tot aufgefunden oder vorzeitig getötet wurden, der Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, eine Beschreibung und der zeitliche Verlauf der toxischen Wirkungen und deren Reversibilität sowie die Sektionsbefunde ersichtlich sein. Sowohl die quantitativen als auch die gelegentlich erzielten Ergebnisse sind anhand eines geeigneten statistischen Verfahrens zu bewerten. Hierzu ist eine allgemein anerkannte Statistikmethode heranzuziehen; die Statistikmethoden sind bei der Auslegung der Studie festzulegen.

Prüfbericht

45.

Der Prüfbericht sollte, soweit zutreffend, die folgenden Informationen enthalten:

 

Versuchstiere und Tierhaltung

Beschreibung der Haltungsbedingungen mit Angaben zu Anzahl (oder Veränderung der Anzahl) der Tiere je Käfig, Einstreu, Umgebungstemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit, Photoperiode und Futter,

Art/Stamm und Begründung für die Verwendung einer anderen Art als der Ratte; Daten zur Herkunft der Tiere und historische Daten können angegeben werden, wenn sie von Tieren mit ähnlichen Expositions-, Unterbringungs- und Futterkarenzbedingungen stammen,

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere,

Randomisierungsmethode,

Beschreibung etwaiger Vorbereitung vor der Prüfung, einschließlich Ernährung, Quarantäne und Behandlung von Krankheiten.

 

Prüfsubstanz

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und, wenn maßgeblich, physikalisch-chemische Eigenschaften (einschließlich Isomerisierung),

Angaben zur Identifikation und CAS-Nummer (Chemical Abstract Services), falls bekannt.

 

Vehikel

Begründung für die Verwendung eines Vehikels sowie für die Wahl des Vehikels (falls nicht Wasser),

historische oder parallel erzeugte Daten, die belegen, dass das Vehikel keinen Einfluss auf das Ergebnis der Studie hat.

 

Inhalationskammer

ausführliche Beschreibung der Inhalationskammer mit Angabe des Volumens sowie ein Diagramm,

Herkunft und Beschreibung der für die Exposition der Tiere sowie für die Erzeugung der Atmosphäre verwendeten Ausrüstung,

Ausrüstung für die Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Partikelgröße und tatsächlicher Konzentration,

Herkunft der Luft und Klimatisierungssystem,

für die Kalibrierung der Ausrüstung verwendete Methoden, um eine homogene Prüfatmosphäre sicherzustellen,

Druckunterschied (positiv oder negativ),

Expositions-Öffnungen je Kammer (‚Nose-only‘-Exposition); Anordnung der Tiere in der Kammer (Ganzkörperexposition),

Stabilität der Prüfatmosphäre,

Lage von Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren und Ort der Probenahme der Prüfatmosphäre in der Kammer,

Behandlung der zugeführten/entzogenen Luft,

Luftdurchflussraten, Luftdurchflussrate/Expositions-Öffnung (‚Nose-only‘-Exposition) oder Anzahl der Tiere je Kammer (Ganzkörperexposition),

Zeit bis zum Erreichen des Gleichgewichts in der Inhalationskammer (t95),

Zahl der Volumenänderungen pro Stunde,

Messgeräte (falls zutreffend).

 

Expositionsdaten

Begründung für die Wahl der Zielkonzentration in der Hauptstudie,

nominale Konzentrationen (Gesamtmasse der in die Inhalationskammer eingeleiteten Prüfsubstanz dividiert durch das Volumen der durch die Kammer geleiteten Luft),

im Atembereich der Tiere ermittelte tatsächliche Konzentrationen der Prüfsubstanz; bei Gemischen mit heterogenen physikalischen Formen (Gase, Dämpfe, Aerosole) kann jede Form getrennt analysiert werden,

alle Luftkonzentrationen sollten in Masseneinheiten (z. B. mg/l, mg/m3 usw.) und nicht in Volumeneinheiten (z. B. ppm, ppb usw.) angegeben werden,

Partikelgrößenverteilung, mittlerer aerodynamischer Massendurchmesser (MMAD) und geometrische Standardabweichung (σg), einschließlich der Berechnungsmethoden. Einzelne Partikelgrößenanalysen sind zu protokollieren.

 

Prüfbedingungen

Angaben zur Vorbereitung der Prüfsubstanz, einschließlich Angaben zu den Verfahren zur Reduzierung der Partikelgröße von Feststoffen oder zur Herstellung von Lösungen der Prüfsubstanz,

eine Beschreibung (möglichst mit Diagramm) der Ausrüstung, die zur Erzeugung der Prüfatmosphäre und zur Exposition der Tiere gegen die Prüfatmosphäre verwendet wird,

Angaben zur Ausrüstung, die für die Überwachung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftstrom in der Kammer verwendet wird (Erstellung einer Kalibrationskurve),

Angaben zur Ausrüstung, mit der die Proben zur Bestimmung der Konzentration in der Kammer und der Partikelgrößenverteilung genommen werden,

Angaben zur verwendeten chemischen Analysemethode und zur Validierung der Methode (einschließlich der Effizienz der Wiederfindung der Prüfsubstanz im Medium),

Randomisierungsmethode für die Einteilung der Tiere in Prüf- und Kontrollgruppen,

Angaben über Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Wasserquelle),

Begründung für die Wahl der Prüfkonzentrationen.

 

Ergebnisse

tabellarische Darstellung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftstrom in der Kammer,

tabellarische Darstellung von Daten zur nominalen und tatsächlichen Konzentration in der Kammer,

tabellarische Darstellung der Partikelgrößendaten einschließlich Daten zur analytischen Probenahme, Partikelgrößenverteilung und Berechnung des MMAD und der σg,

tabellarische Darstellung der erhobenen Daten und der Konzentration für jedes einzelne Tier (d. h. Tiere, die Anzeichen für Toxizität zeigen, einschließlich Mortalität sowie Art, Schweregrad, Zeitpunkt des Einsetzens und Dauer der Wirkungen),

tabellarische Darstellung des Körpergewichts der einzelnen Tiere,

tabellarische Darstellung der Futteraufnahme,

tabellarische Darstellung der klinischen Pathologieparameter,

Sektionsbefunde und histopathologische Ergebnisse für jedes einzelne Tier, falls vorhanden,

tabellarische Darstellung aller anderen gemessenen Parameter.

 

Diskussion und Auswertung der Ergebnisse

Besondere Aufmerksamkeit sollte der Beschreibung der Methoden gelten, die verwendet wurden, um die Kriterien dieser Prüfmethode zu erfüllen, z. B. die Grenzkonzentration oder die Partikelgröße.

Die Lungengängigkeit von Partikeln vor dem Hintergrund der Gesamtbefunde sollte behandelt werden, insbesondere, wenn die Partikelgrößenkriterien nicht erfüllt werden konnten.

Die Kohärenz der Methoden zur Bestimmung der nominalen und der tatsächlichen Konzentration sowie die Beziehung der tatsächlichen Konzentration zur nominalen Konzentration sind in die Gesamtbewertung der Studie aufzunehmen.

Die wahrscheinliche Todesursache und die vorherrschende Wirkungsweise (systemisch oder lokal) sollten behandelt werden.

Falls Tiere, die unter Schmerzen litten oder Zeichen für schweres und anhaltendes Leiden aufwiesen, auf humane Weise getötet werden mussten, ist eine Erklärung auf der Grundlage der Kriterien im OECD Guidance Document on Humane Endpoints (3) zu geben.

Die Zielorgane sollten identifiziert werden.

Der NOAEL und der LOAEL sollten bestimmt werden.

LITERATUR:

1.

OECD (1981). Subchronic Inhalation Toxicity Testing, Original Test Guideline No 412, Environment Directorate, OECD, Paris.

2.

OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing, Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 39, ENV/JM/MONO(2009)28, OECD, Paris.

3.

OECD (2000). Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation, Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 19, ENV/JM/MONO(2000)7, OECD, Paris.

4.

Whalan JE and Redden JC (1994). Interim Policy for Particle Size and Limit Concentration Issues in Inhalation Toxicity Studies. Office of Pesticide Programs, United States Environmental Protection Agency.

5.

Dungworth DL, Tyler WS, Plopper CE (1985). Morphological Methods for Gross and Microscopic Pathology (Chapter 9) in Toxicology of Inhaled Material, Witschi, H.P. and Brain, J.D. (eds), Springer Verlag Heidelberg, pp. 229-258.

6.

Young JT (1981). Histopathological examination of the rat nasal cavity. Fundam. Appl. Toxicol. 1: 309-312.

7.

Harkema JR (1990). Comparative pathology of the nasal mucosa in laboratory animals exposed to inhaled irritants. Environ. Health Perspect. 85: 231-238.

8.

Woutersen RA, Garderen-Hoetmer A, van Slootweg PJ, Feron VJ (1994). Upper respiratory tract carcinogenesis in experimental animals and in humans. In: Waalkes MP and Ward JM (eds) Carcinogenesis. Target Organ Toxicology Series, Raven Press, New York, 215-263.

9.

Mery S, Gross EA, Joyner DR, Godo M, Morgan KT (1994). Nasal diagrams: A tool for recording the distribution of nasal lesions in rats and mice. Toxicol. Pathol. 22: 353-372.

10.

Kuper CF, Koornstra PJ, Hameleers DMH, Biewenga J, Spit BJ, Duijvestijn AM, Breda Vriesman van PJC, Sminia T (1992). The role of nasopharyngeal lymphoid tissue. Immunol. Today 13: 219-224.

11.

Kuper CF, Arts JHE, Feron VJ (2003). Toxicity to nasal-associated lymphoid tissue. Toxicol. Lett. 140-141: 281-285.

12.

Lewis DJ (1981). Mitotic Indices of Rat Laryngeal Epithelia. Journal of Anatomy 132(3): 419-428.

13.

Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).

Anlage 1

DEFINITION

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

5.

Die Kapitel B.29 und B.30 erhalten folgende Fassung:

„B.29   PRÜFUNG AUF SUB-CHRONISCHE TOXIZITÄT NACH INHALATION — 90-TAGE-TEST

ZUSAMMENFASSUNG

Diese überarbeitete Prüfmethode B.29 wurde entwickelt, um die Toxizität der Prüfsubstanz nach Inhalation über einen subchronischen Zeitraum (90 Tage) umfassend zu beschreiben und um robuste Daten für die quantitative Bewertung des Inhalationsrisikos zu gewinnen. Gruppen von zehn männlichen und zehn weiblichen Nagern werden über einen Zeitraum von 90 Tagen (13 Wochen) 6 Stunden am Tag a) der Prüfsubstanz in drei oder mehr Konzentrationsstufen, b) gefilterter Luft (negative Kontrolle) und/oder c) dem Vehikel (Vehikelkontrolle) ausgesetzt. Im Allgemeinen werden die Tiere der Prüfsubstanz an fünf Tagen pro Woche ausgesetzt, aber auch sieben Tage pro Woche sind zulässig. Es werden immer männliche und weibliche Tiere geprüft, aber sie können unterschiedlichen Konzentrationsstufen ausgesetzt werden, wenn bekannt ist, dass ein Geschlecht empfindlicher auf eine bestimmte Prüfsubstanz reagiert als das andere. Bei dieser Methode hat der Studienleiter die Möglichkeit, Satellitengruppen (Reversibilitätsprüfung) aufzunehmen, Tiere im Verlauf der Studie zu töten, sowie eine bronchoalveoläre Lavage (BAL), neurologische Tests, zusätzliche klinische Pathologieuntersuchungen und histopathologische Untersuchungen durchzuführen, um die Toxizität einer Prüfsubstanz besser beschreiben zu können.

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie 413 (2009). Die ursprüngliche Prüfrichtlinie 413 (TG 413) zur subchronischen Inhalation wurde 1981 angenommen (1). Diese Prüfmethode B.29 (die der überarbeiteten TG 413 (2009) entspricht), wurde aktualisiert, um dem neuesten Stand der Wissenschaft Rechnung zu tragen und derzeitige und künftige Regulierungsanforderungen zu erfüllen.

2.

Prüfungen auf subchronische Toxizität nach Inhalation haben hauptsächlich den Zweck, die in Vorschriften festzusetzenden Konzentration zu bestimmen, nach denen das Risiko für Arbeitnehmer im beruflichen Umfeld beurteilt wird. Sie werden auch verwendet, um das mit einer Exposition verbundene Risiko für den Menschen am Wohnort, im Verkehr und in der Umwelt zu beurteilen. Diese Methode ermöglicht die Beschreibung der schädlichen Wirkungen nach wiederholter täglicher inhalativer Exposition gegen eine Prüfsubstanz für einen Zeitraum von 90 Tagen (etwa 10 % der Lebenszeit einer Ratte). Die in Prüfungen auf subchronische Toxizität nach Inhalation gewonnenen Daten können für quantitative Risikobewertungen und für die Auswahl von Konzentrationen für chronische Prüfungen verwendet werden. Diese Prüfmethode ist nicht speziell für die Prüfung von Nanomaterialien bestimmt. Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden am Ende dieses Kapitels und im Guidance Document (GD 39 (2)) definiert.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

3.

Um die Qualität der Studie zu verbessern und möglichst wenig Versuchstiere zu verwenden, sollte das Prüflabor vor Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz berücksichtigen. Für die Auswahl der am besten geeigneten Prüfkonzentrationen könnten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten und toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen sowie Daten aus anderen Studien mit wiederholter Exposition herangezogen werden. Falls Neurotoxizität erwartet oder im Verlauf der Studie beobachtet wird, kann der Studienleiter beschließen, geeignete Untersuchungen wie eine FOB (functional observational battery) und die Messung der motorischen Aktivität aufzunehmen. Obwohl die Expositionszeit bei bestimmten Untersuchungen ein kritischer Aspekt sein kann, darf die Durchführung dieser zusätzlichen Versuche die Auslegung der Hauptstudie nicht beeinträchtigen.

4.

Verdünnungen ätzender oder reizender Prüfsubstanzen können in Konzentrationen geprüft werden, die den gewünschten Toxizitätsgrad erzielen. Weitere Informationen sind GD 39 (2) zu entnehmen. Wenn Versuchstiere diesen Stoffen ausgesetzt werden, sollten die Zielkonzentrationen so niedrig sein, dass sie keine starken Schmerzen oder Leiden verursachen; sie sollten aber ausreichen, um die Konzentrations-Wirkungs-Kurve so zu erweitern, dass das regulatorische und wissenschaftliche Ziel der Prüfung erreicht wird. Diese Konzentrationen sollten von Fall zu Fall festgelegt werden, möglichst auf Basis einer entsprechend ausgelegten Dosisfindungsstudie, die Informationen über den kritischen Endpunkt, eine etwaige Reizschwelle und den Zeitpunkt des Einsetzens der Wirkung liefert (siehe Nummern 11, 12 und 13). Die Wahl der Konzentration ist zu begründen.

5.

Moribunde Tiere oder Tiere, die Anzeichen starker und andauernder Qualen zeigen, sollten tierschutzgerecht getötet werden. Moribunde Tiere werden auf die gleiche Weise gewertet wie während des Tests gestorbene Tiere. Kriterien für die Entscheidung, moribunde oder schwer leidende Tiere zu töten, sowie Hinweise zur Erkennung des absehbaren oder bevorstehenden Todes sind Gegenstand des OECD Guidance Document on Humane Endpoints (3).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

6.

Es sind junge, gesunde, adulte Nagetiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte. Wird eine andere Tierart eingesetzt, ist dies zu begründen.

Vorbereitung der Tiere

7.

Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Am Tag der Randomisierung sollten die jungen, adulten Tiere 7 bis 9 Wochen alt sein; ihr Körpergewicht sollte innerhalb von ± 20 % des mittleren Gewichts für jedes Geschlecht liegen. Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zur individuellen Identifizierung markiert und vor Beginn der Prüfung für einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen in ihren Käfigen an die Laborbedingungen gewöhnt.

Tierhaltung

8.

Um die Beobachtungen zu erleichtern und Verwechslungen auszuschließen, sollten die Tiere möglichst mit einem subkutanen Transponder einzeln gekennzeichnet werden. Die Temperatur in dem Raum, in dem die Versuchstiere gehalten werden, sollte 22 ± 3 °C betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte im Idealfall im Bereich zwischen 30 und 70 % liegen; bei Verwendung von Wasser als Vehikel könnte dies jedoch unmöglich sein. Die Tiere sollten vor und nach den Expositionen im Allgemeinen nach Geschlecht und Konzentration in Käfigen gruppiert werden, wobei aber die Anzahl der Tiere pro Käfig noch eine genaue Beobachtung der einzelnen Tiere ermöglichen muss und Verluste aufgrund von Kannibalismus oder Kämpfen minimiert werden sollten. Wenn die Tiere der Prüfsubstanz nur mit der Nase ausgesetzt werden sollen, müssen sie möglicherweise an die Restrainer gewöhnt werden. Die Restrainer sollten die Tiere weder körperlich noch in Bezug auf Wärme oder Fixierung übermäßig beeinträchtigen. Die Fixierung kann physiologische Endpunkte wie Körpertemperatur (Hyperthermie) und/oder das Atemminutenvolumen beeinflussen. Wenn generische Daten zeigen, dass keine derartigen Veränderungen in nennenswertem Ausmaß vorkommen, ist eine Eingewöhnung an die Restrainer nicht erforderlich. Bei der Ganzkörperexposition gegen ein Aerosol sollten die Tiere während der Exposition einzeln untergebracht sein, damit sie die Prüfsubstanz nicht durch das Fell ihrer Käfiggenossen filtriert einatmen. Außer während der Exposition kann herkömmliches und zertifiziertes Labortierfutter verwendet werden bei uneingeschränkter Versorgung mit Trinkwasser. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln.

Inhalationskammern

9.

Bei der Auswahl einer Inhalationskammer sind die Art der Prüfsubstanz und der Gegenstand der Prüfung zu berücksichtigen. Das bevorzugte Verfahren ist die ‚Nose-only‘-Exposition (dieser Begriff umfasst ‚nur Kopf‘, ‚nur Nase‘ oder ‚nur Schnauze‘). Für die Untersuchung von Flüssigkeits- oder Feststoffaerosolen und für Dämpfe, die zu Aerosolen kondensieren können, wird im Allgemeinen die ‚Nose-only‘-Exposition bevorzugt. Besondere Ziele der Untersuchung können möglicherweise mit einer Ganzkörperexposition besser erreicht werden, doch dies sollte im Prüfbericht begründet werden. Um bei Verwendung einer Ganzkörperkammer die Stabilität der Atmosphäre sicherzustellen, sollte das Gesamtvolumen der Versuchstiere 5 % des Volumens der Kammer nicht übersteigen. Die Grundzüge der ‚Nose-only‘- und der Ganzkörperexposition sowie ihre jeweiligen Vor- und Nachteile sind in GD 39 (2) beschrieben.

TOXIZITÄTSSTUDIEN

Grenzkonzentrationen

10.

Anders als bei Studien zur akuten Toxizität gibt es bei Prüfungen auf subchronische Toxizität nach Inhalation keine festgelegten Grenzkonzentrationen. Bei der Festlegung der maximalen Prüfkonzentration ist Folgendes zu beachten: 1) die höchste erreichbare Konzentration, 2) das maximale Expositionsniveau von Menschen (‚worst case), 3) die Notwendigkeit, eine ausreichende Sauerstoffversorgung aufrechtzuerhalten, und 4) Tierschutzerwägungen. Gibt es keine auf Daten basierenden Grenzwerte, können die akuten Grenzwerte der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (13) zugrunde gelegt werden (d. h. bis zu einer Höchstkonzentration von 5 mg/l bei Aerosolen, 20 mg/l bei Dämpfen und 20 000 ppm bei Gasen); siehe GD 39 (2). Wenn diese Grenzen bei der Prüfung von Gasen oder hochflüchtigen Prüfsubstanzen (z. B. Kältemitteln) überschritten werden müssen, ist dies zu begründen. Die Grenzkonzentration muss eine eindeutige Toxizität hervorrufen, ohne den Tieren übermäßigen Stress zu bereiten oder ihre Lebensdauer zu beeinträchtigen (3).

Dosisfindungsstudie

11.

Vor Beginn der Hauptstudie muss in der Regel eine Dosisfindungsstudie durchgeführt werden. Diese ist umfassender als eine Vorstudie, weil sie nicht auf die Wahl der Konzentration begrenzt ist. Die in einer Dosisfindungsstudie gewonnenen Erkenntnisse können zu einer erfolgreichen Hauptstudie führen. Sie kann z. B. technische Informationen zu den Analysemethoden, zur Partikelgröße, zur Erkennung toxischer Mechanismen, klinische Pathologiedaten und histopathologische Daten sowie Schätzungen möglicher NOAEL- und MTC-Konzentrationen in einer Hauptstudie liefern. Der Studienleiter kann entscheiden, mithilfe der Dosisfindungsstudie die Schwelle für die Reizung der Atemwege (z. B. durch histopathologische Untersuchung der Atemwege, Lungenfunktionsprüfung oder bronchoalveoläre Lavage), die höchste Konzentration, die von den Tieren ohne übermäßigen Stress toleriert wird, und die Parameter, die die Toxizität der Prüfsubstanz am besten beschreiben, zu identifizieren.

12.

Eine Dosisfindungsstudie kann aus einer oder mehreren Konzentrationsstufen bestehen. Auf jeder Konzentrationsstufe sollten je nach den gewählten Endpunkten drei bis sechs männliche und drei bis sechs weibliche Tiere der Prüfsubstanz ausgesetzt werden. Eine Dosisfindungsstudie sollte mindestens fünf Tage und im Allgemeinen nicht mehr als 28 Tage dauern. Die Wahl der Konzentrationen für die Hauptstudie ist im Prüfbericht zu begründen. Ziel der Hauptstudie ist es, nachzuweisen, dass eine Beziehung zwischen der Konzentration und der Wirkung besteht, die am voraussichtlich empfindlichsten Endpunkt auftritt. Die niedrigste Konzentration sollte im Idealfall eine Konzentration sein, bei der keine zu beobachtenden schädlichen Wirkungen auftreten, und die höchste Konzentration sollte eine eindeutige Toxizität hervorrufen, ohne den Tieren übermäßigen Stress zu bereiten oder ihre Lebensdauer zu beeinträchtigen (3).

13.

Bei der Auswahl der Konzentrationsstufen für die Dosisfindungsstudie sollten alle verfügbaren Informationen berücksichtigt werden, einschließlich der Struktur-Wirkungs-Beziehungen und der Daten über ähnliche Stoffe (siehe Nummer 3). Eine Dosisfindungsstudie kann bestätigen/widerlegen, welche Endpunkte nach mechanistischen Kriterien als die empfindlichsten Endpunkte angesehen werden, z. B. die Cholinesterasehemmung durch Organophosphate, die Methämoglobinbildung durch für Erythrozyten toxische Stoffe, Schilddrüsenhormone (T3, T4) im Fall von thyrotoxischen Stoffen, Proteine, LDH oder Neutrophile in bronchoalveolärer Lavage im Fall schwach löslicher unschädlicher Partikel oder lungenreizender Aerosole.

Hauptstudie

14.

Die Hauptstudie zur Prüfung auf subchronische Toxizität umfasst im Allgemeinen drei Konzentrationsstufen sowie, falls erforderlich, eine gleichzeitige negative (Luft-)Kontrolle und/oder eine Vehikelkontrolle (siehe Nummer 18). Die Festlegung der geeigneten Expositionsstufen sollte sich auf alle verfügbaren Daten stützen, einschließlich der Ergebnisse systemischer Toxizitätsprüfungen, des Metabolismus und der Kinetik (hohe Konzentrationsstufen, die kinetische Prozesse sättigen, sind zu vermeiden). Jede Prüfgruppe umfasst zehn männliche und zehn weibliche Nager, die der Prüfsubstanz für einen Zeitraum von 13 Wochen an fünf Tagen in der Woche jeweils 6 Stunden pro Tag ausgesetzt werden (Gesamtdauer der Prüfung 90 Tage). Die Tiere können auch an sieben Tagen in der Woche exponiert werden (z. B. wenn inhalierte Arzneimittel geprüft werden). Ist bekannt, dass ein Geschlecht empfindlicher auf eine bestimmte Prüfsubstanz reagiert, können die Geschlechter unterschiedlichen Konzentrationsstufen ausgesetzt werden, um die Konzentrations-Wirkungs-Beziehung genauer zu bestimmen (siehe Nummer 15). Wenn für eine ‚Nose-only‘-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Eine Expositionsdauer von weniger als 6 Stunden/Tag oder die Notwendigkeit einer Ganzkörperexpositionsstudie mit Langzeitexposition (z. B. 22 Stunden/Tag) ist zu begründen (siehe GD 39 (2). Während der Exposition sollte kein Futter verabreicht werden, es sei denn die Exposition dauert länger als 6 Stunden. Wasser kann während einer Ganzkörperexposition jederzeit angeboten werden.

15.

Die gewählten Zielkonzentrationen sollen es ermöglichen, die Zielorgane zu identifizieren und eine deutliche Konzentrations-Wirkungs-Beziehung zu belegen:

Die hohe Konzentrationsstufe sollte toxische Wirkungen hervorrufen, aber keine anhaltenden Symptome oder Todesfälle verursachen, die eine Auswertung der Ergebnisse beeinträchtigen würden.

Der Abstand zwischen den mittleren Konzentrationsstufen muss eine Abstufung der toxischen Wirkungen zwischen der niedrigen und der hohen Konzentration ermöglichen.

Die untere Konzentrationsstufe sollte praktisch keine Toxizitätszeichen hervorrufen.

Tötungen im Verlauf der Studie

16.

Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muss die Zahl der Tiere jeder Expositionsstufe um die Zahl der Tiere erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen. Tötungen im Verlauf der Studie sind zu begründen und in den statistischen Analysen entsprechend zu berücksichtigen.

Satellitenstudie (Reversibilität)

17.

Es kann eine Satellitenstudie durchgeführt werden, um die Tiere für einen angemessenen Zeitraum nach der Behandlung (mindestens 14 Tage) auf Reversibilität, Persistenz oder ein verzögertes Auftreten von Toxizität zu beobachten. Satellitengruppen bestehen aus zehn männlichen und zehn weiblichen Tieren, die der Prüfsubstanz gleichzeitig mit den Versuchstieren der Hauptstudie ausgesetzt werden. Dabei sollten sie der Prüfsubstanz auf der höchsten Konzentrationsstufe ausgesetzt werden, und erforderlichenfalls sollte es gleichzeitige Luft- und/oder Vehikelkontrollen geben (siehe Nummer 18).

Kontrolltiere

18.

Eine gleichzeitige negative (Luft-)Kontrollgruppe ist genauso zu behandeln wie die Prüfgruppe, außer dass die Tiere nicht der Prüfsubstanz, sondern gefilterter Luft ausgesetzt werden. Wenn die Prüfatmosphäre mithilfe von Wasser oder einem anderen Stoff erzeugt wird, ist statt der negativen (Luft-)Kontrollgruppe eine Vehikelkontrollgruppe zu verwenden. Wenn möglich sollte Wasser als Vehikel benutzt werden. In diesem Fall sind die Tiere Luft mit derselben relativen Luftfeuchtigkeit auszusetzen wie die exponierten Gruppen. Das geeignete Vehikel ist auf der Grundlage einer geeigneten Vorstudie oder von historischen Daten auszuwählen. Ist die Toxizität eines Vehikels unklar, kann der Studienleiter beschließen, sowohl eine negative (Luft-)Kontrolle als auch eine Vehikelkontrolle zu verwenden; hiervon wird jedoch dringend abgeraten. Wenn historische Daten belegen, dass ein Vehikel nicht toxisch ist, besteht keine Notwendigkeit für eine negative (Luft-)Kontrollgruppe und es sollte nur eine Vehikelgruppe verwendet werden. Ergibt eine Vorstudie einer in einem Vehikel formulierten Prüfsubstanz, dass keine Toxizität vorliegt, ist das Vehikel folglich in der geprüften Konzentration nicht toxisch, und diese Vehikelkontrolle sollte verwendet werden.

EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Verabreichung der Konzentrationen

19.

Die Tiere werden der Prüfsubstanz in Form von Gas, Dampf, Aerosol oder einer Kombination dieser Formen ausgesetzt. Der zu prüfende Aggregatzustand hängt von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, den gewählten Konzentrationen und/oder der physikalischen Form ab, in der die Prüfsubstanz bei der Handhabung und Verwendung am wahrscheinlichsten vorliegt. Hygroskopische und chemisch reaktive Prüfsubstanzen sollten bei geringer Luftfeuchtigkeit geprüft werden. Dabei ist darauf zu achten, dass keine explosionsfähigen Konzentrationen erzeugt werden. Bei Partikeln kann die Partikelgröße durch mechanische Prozesse verringert werden. GD 39 (2) enthält nähere Hinweise.

Partikelgrößenverteilung

20.

Bei allen Aerosolen und bei Dämpfen, die zu Aerosolen kondensieren können, sollte die Partikelgröße bestimmt werden. Damit alle relevanten Regionen der Atemwege der Prüfsubstanz ausgesetzt werden, werden mittlere aerodynamische Massendurchmesser (Mass Median Aerodynamic Diameter — MMAD) von 1 bis 3 μm mit einer geometrischen Standardabweichung (σg) von 1,5 bis 3,0 empfohlen (4). Wenngleich nach Möglichkeit versucht werden sollte, diese Werte zu erreichen, ist Fachwissen erforderlich, falls sie nicht erzielt werden können. Metalldampfpartikel liegen z. B. unter diesen Werten, geladene Partikel und Fasern dagegen können diese Werte überschreiten.

Vorbereitung der Prüfsubstanz in einem Vehikel

21.

Im Idealfall sollte die Prüfsubstanz ohne ein Vehikel geprüft werden. Wenn für die Erzeugung einer geeigneten Prüfsubstanzkonzentration oder Partikelgröße ein Vehikel verwendet werden muss, ist Wasser zu bevorzugen. Wird eine Prüfsubstanz in einem Vehikel gelöst, so ist seine Stabilität nachzuweisen.

ÜBERWACHUNG DER EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Luftstrom in der Inhalationskammer

22.

Der Luftstrom durch die Kammer sollte während jeder Exposition sorgfältig geregelt, kontinuierlich überwacht und mindestens stündlich protokolliert werden. Die Echtzeit-Überwachung der Konzentration (oder zeitlichen Stabilität) der Prüfatmosphäre ist eine integrale Messung aller dynamischen Parameter und gibt indirekt die Möglichkeit, alle relevanten dynamischen Inhalationsparameter zu messen. Wenn die Konzentration in Echtzeit überwacht wird, kann die Frequenz der Messung der Luftströme auf eine einzige Messung je Exposition und Tag reduziert werden. Es sollte besonders darauf geachtet werden, das erneute Einatmen in ‚Nose-only‘-Expositionskammern zu vermeiden. Die Sauerstoffkonzentration sollte mindestens 19 % betragen, und die Kohlendioxidkonzentration sollte 1 % nicht überschreiten. Gibt es Grund zu der Annahme, dass diese Werte nicht eingehalten werden können, sind die Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentrationen zu messen. Wenn die Messungen am ersten Expositionstag die richtigen Werte dieser Gase bestätigen, sollten keine weiteren Messungen erforderlich sein.

Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit in der Inhalationskammer

23.

Die Temperatur in der Inhalationskammer sollte 22 ± 3 °C betragen. Sowohl bei der ‚Nose-only‘- als auch bei der Ganzkörperexposition sollte die relative Luftfeuchtigkeit im Atembereich der Tiere kontinuierlich überwacht und während jeder Exposition möglichst stündlich dokumentiert werden. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte möglichst zwischen 30 und 70 % liegen, was jedoch möglicherweise nicht erreichbar ist (z. B. bei der Prüfung von wasserbasierten Mischungen) oder wegen chemischer Interferenz mit der Prüfmethode nicht gemessen werden kann.

Prüfsubstanz: nominale Konzentration

24.

Die nominale Konzentration in der Expositionskammer sollte möglichst berechnet und protokolliert werden. Die nominale Konzentration ist die Masse der erzeugten Prüfsubstanz dividiert durch das Gesamtvolumen der durch die Inhalationskammer geleiteten Luft. Sie wird nicht zur Beschreibung der Exposition der Tiere verwendet; vielmehr gibt ein Vergleich der nominalen Konzentration und der tatsächlichen Konzentration Aufschluss über die Effizienz des Prüfsystems bei der Erzeugung der Prüfkonzentration und kann daher für die Aufdeckung von Problemen bei dieser Erzeugung verwendet werden.

Prüfsubstanz: tatsächliche Konzentration

25.

Die tatsächliche Konzentration ist die Konzentration der Prüfsubstanz im Atembereich der Tiere in einer Inhalationskammer. Die tatsächlichen Konzentrationen können entweder durch spezifische Methoden (z. B. direkte Probenahme, adsorptive Methoden oder chemische Reaktionsverfahren mit anschließender analytischer Charakterisierung) oder durch unspezifische Methoden wie Gravimetrie bestimmt werden. Die gravimetrische Methode ist lediglich für Aerosole mit nur einem Bestandteil in Pulverform oder Aerosole von Flüssigkeiten mit geringer Flüchtigkeit akzeptabel und sollte sich auf geeignete, vor der Studie zu erstellende und für die Prüfsubstanz spezifische Beschreibungen stützen. Die Konzentration von Aerosolen mit mehreren Bestandteilen in Pulverform kann ebenfalls gravimetrisch bestimmt werden. Hierzu muss jedoch mit Analysedaten belegt werden, dass die Schwebstoffe eine ähnliche Zusammensetzung haben wie das Ausgangsmaterial. Liegen diese Angaben nicht vor, muss die Prüfsubstanz (im Idealfall im Schwebezustand) möglicherweise im Verlauf der Studie in regelmäßigen Abständen neu analysiert werden. Bei aerosolisierten Agenzien, die verdunsten oder sublimieren können, sollte gezeigt werden, dass alle Phasen von der gewählten Methode erfasst wurden.

26.

Für die gesamte Dauer der Studie sollte möglichst eine Partie der Prüfsubstanz verwendet werden; die Probe sollte unter Bedingungen aufbewahrt werden, die ihre Reinheit, Homogenität und Stabilität gewährleisten. Die Prüfsubstanz sollte vor Beginn der Studie mit Angaben zur Reinheit und, falls technisch machbar, zur Identität sowie zu Mengen identifizierter Schadstoffe und Verunreinigungen beschrieben werden. Hierzu können unter anderem die folgenden Daten verwendet werden: Retentionszeit und relative Peakfläche, durch Massenspektrometrie oder Gaschromatographie bestimmtes Molekulargewicht oder andere Werte. Das Prüflabor ist zwar nicht für die Identität der Probe verantwortlich, doch es kann ratsam sein, dass es die Beschreibung des Auftraggebers zumindest in gewissen Grenzen (z. B. Farbe, physikalische Beschaffenheit usw.) überprüft.

27.

Die Expositionsatmosphäre ist so konstant wie möglich zu halten. Um die Stabilität der Expositionsbedingungen nachzuweisen, kann ein Echtzeitüberwachungsgerät verwendet werden, z. B. ein Aerosol-Photometer für Aerosole oder ein Gesamtkohlenwasserstoff-Analysator (THC) für Dämpfe. Die tatsächliche Konzentration in der Kammer sollte an jedem Expositionstag für jede Expositionsstufe mindestens dreimal gemessen werden. Falls dies wegen geringer Luftdurchflussraten oder niedriger Konzentrationen nicht möglich ist, reicht eine Probe je Expositionsperiode. Im Idealfall sollte diese Probe dann über die gesamte Expositionszeit gewonnen werden. Die einzelnen Proben der Konzentration in der Kammer sollten bei Gasen und Dämpfen nicht mehr als ± 10 % und bei Flüssig- oder Feststoffaerosolen nicht mehr als ± 20 % von der mittleren Kammerkonzentration abweichen. Die Zeit bis zum Erreichen eines Gleichgewichts in der Kammer (t95) ist zu berechnen und zu dokumentieren. Die Expositionsdauer erstreckt sich über den Zeitraum, in dem die Prüfsubstanz erzeugt wird. Dies schließt die Zeiten zur Erreichung des Gleichgewichts in der Kammer (t95) und zum Abbau der Konzentrationen ein. GD 39 (2) enthält Hinweise zur Einschätzung von t95.

28.

Bei sehr komplexen Mischungen aus Gasen/Dämpfen und Aerosolen (z. B. Verbrennungsatmosphären und Prüfsubstanzen, die aus hierzu bestimmten Endverbraucherprodukten/-geräten gesprüht werden), kann sich jede Phase in einer Inhalationskammer anders verhalten. Daher sollte mindestens eine Indikatorsubstanz (Analyt), normalerweise der wichtigste Wirkstoff in der Mischung, von jeder Phase (Gas/Dampf und Aerosol) ausgewählt werden. Wenn die Prüfsubstanz eine Mischung ist, sollte die Analysekonzentration für die gesamte Mischung und nicht nur für den Wirkstoff oder die Indikatorsubstanz (Analyt) dokumentiert werden. Weitere Informationen zu tatsächlichen Konzentrationen sind in GD 39 (2) zu finden.

Prüfsubstanz: Partikelgrößenverteilung

29.

Die Partikelgrößenverteilung von Aerosolen sollte auf jeder Konzentrationsstufe mindestens wöchentlich mit einem Kaskaden-Impaktor oder einem anderen Messgerät wie einem APS bestimmt werden. Kann nachgewiesen werden, dass die mit einem Kaskaden-Impaktor und dem alternativen Messgerät erzielten Ergebnisse gleichwertig sind, so kann das alternative Instrument während der gesamten Studie verwendet werden.

30.

Parallel zum Hauptinstrument ist ein zweites Gerät wie ein Gravimetriefilter oder eine Gaswaschflasche zu verwenden, um den Abscheidegrad des Hauptinstruments zu bestätigen. Die durch die Partikelgrößenanalyse bestimmte Massenkonzentration sollte innerhalb vertretbarer Grenzen um die durch die Filteranalyse bestimmte Massenkonzentration liegen [siehe GD 39 (2)]. Wenn die Gleichwertigkeit bei allen geprüften Konzentrationen zu Beginn der Studie nachgewiesen werden kann, kann auf weitere bestätigende Messungen verzichtet werden. Aus Tierschutzgründen sollten Vorkehrungen getroffen werden, um unklare Daten zu minimieren, die dazu führen könnten, dass eine Exposition wiederholt werden muss.

31.

Wenn die Möglichkeit besteht, dass Dampfkondensation zur Bildung eines Aerosols führen kann, oder wenn in einer Dampfatmosphäre mit dem Potenzial für gemischte Phasen Partikel nachgewiesen werden, sollte eine Partikelgrößenbestimmung für Dämpfe vorgenommen werden.

BEOBACHTUNGEN

32.

Die Tiere sollten vor, während und nach der Exposition auf klinische Zeichen beobachtet werden. Je nach Reaktion der Tiere während der Exposition können häufigere Beobachtungen angezeigt sein. Wenn die Beobachtung der Tiere durch die Verwendung von Restrainern, wegen schlecht beleuchteter Ganzkörperkammern oder getrübter Atmosphäre erschwert ist, sind die Tiere nach der Exposition sorgfältig zu beobachten. Durch Beobachtungen vor der Exposition am folgenden Tag kann beurteilt werden, ob toxische Wirkungen sich zurückgebildet oder verschlimmert haben.

33.

Sämtliche Beobachtungen werden in Einzelprotokollen dokumentiert, die für jedes Tier geführt werden. Wenn Tiere aus humanen Gründen getötet werden oder ihr Tod festgestellt wird, sollte der Todeszeitpunkt so genau wie möglich registriert werden.

34.

Die Beobachtungen der Tiere sollten sich insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, des Atmungs- und Kreislaufsystems, des Nervensystems sowie auf Somatomotorik und Verhaltensmuster erstrecken. Besonderes Augenmerk ist auf Tremor, Konvulsionen, Salivation, Diarrhö, Lethargie, Schlaf und Koma zu richten. Die Messung der Rektaltemperatur kann zusätzliche Belege für mit der Behandlung oder Unterbringung zusammenhängende Reflex-Bradypnoe oder Hypo-/Hyperthermie liefern. Darüber hinaus können zusätzliche Aspekte wie Kinetik, Biomonitoring, Lungenfunktion, Retention schlecht löslicher Stoffe, die im Lungengewebe akkumulieren, und Verhaltensstörungen in das Studienprotokoll aufgenommen werden.

KÖRPERGEWICHT

35.

Das Körpergewicht der einzelnen Tiere sollte kurz vor der ersten Exposition (Tag 0), danach zweimal wöchentlich (z. B. freitags und montags, um die Erholung während eines expositionsfreien Wochenendes nachzuweisen, oder in einem Zeitintervall, das die Beurteilung der systemischen Toxizität ermöglicht) und zum Zeitpunkt des Todes oder der Tötung dokumentiert werden. Treten in den ersten vier Wochen keine Wirkungen auf, kann das Körpergewicht während der restlichen Studiendauer wöchentlich gemessen werden. Satellitentiere (Reversibilitätsprüfung) (falls verwendet) sollten während der gesamten Erholungsphase weiterhin wöchentlich gewogen werden. Am Ende der Studie sollten alle Tiere kurz vor der Tötung gewogen werden, um eine objektive Berechnung der Organ-Körpergewicht-Verhältnisse zu ermöglichen.

FUTTER- UND WASSERAUFNAHME

36.

Die Futteraufnahme sollte wöchentlich gemessen werden. Auch die Wasseraufnahme kann gemessen werden.

KLINISCHE PATHOLOGIE

37.

An allen Tieren, auch an Kontroll- und Satellitentieren (Reversibilitätsprüfung) sollten klinische Pathologieuntersuchungen durchgeführt werden, wenn sie getötet werden. Der Zeitraum zwischen dem Ende der Exposition und der Blutentnahme ist zu protokollieren, insbesondere wenn der betreffende Endpunkt rasch zu seinem ursprünglichen Wert zurückkehrt. Für Parameter mit einer kurzen Plasmahalbwertszeit (z. B. COHb, CHE und MetHb) ist die Probenahme nach Ende der Exposition angezeigt.

38.

In Tabelle 1 sind die im Allgemeinen für alle Toxikologiestudien erforderlichen klinischen Pathologieparameter aufgeführt. In der Regel ist eine Urinanalyse nicht notwendig, kann aber durchgeführt werden, wenn sie wegen erwarteter oder festgestellter Toxizität für nützlich gehalten wird. Der Studienleiter kann beschließen, zusätzliche Parameter zu bestimmen, um die Toxizität einer Prüfsubstanz genauer zu beschreiben (z. B. Cholinesterase, Lipide, Hormone, Säure-Basen-Gleichgewicht, Methämoglobin oder Heinz-Körper, Creatin-Kinase, Verhältnis von myeloiden zu erythroiden Zellen, Troponin, arterielle Blutgase, Lactatdehydrogenase, Sorbitdehydrogenase, Glutamatdehydrogenase und γ-Glutamyltranspeptidase).

Tabelle 1

Klinische Standardpathologieparameter

Hämatologische Untersuchung

Erythrozytenzahl

Hämatokrit

Hämoglobinkonzentration

Mittleres korpuskuläres Hämoglobin

Mittleres Erythrozyteneinzelvolumen

Mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration

Retikulozyten

Gesamtleukozytenzahl

Differentialleukozytenzahl

Thrombozytenzahl

Gerinnungsfähigkeit (einen Wert wählen):

Prothrombinzeit

Blutgerinnungszeit

Partielle Thromboplastinzeit

Klinische Chemie

Glucose (9)

Gesamtcholesterin

Triglyceride

Harnstoff-N

Gesamtbilirubin

Kreatinin

Gesamteiweiß

Albumin

Globulin

Alanin-Aminotransferase

Aspartat-Aminotransferase

Alkalische Phosphatase

Kalium

Natrium

Calcium

Phosphor

Chlorid

Urinuntersuchung (fakultativ)

Aussehen (Farbe und Trübung)

Menge

Spezifisches Gewicht oder Osmolarität

pH-Wert

Gesamtprotein

Glucose

Blut/Blutzellen

39.

Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die unteren Atemwege (d. h. die Alveolen) die Hauptablagerungs- und Retentionsorte sind, kann die bronchoalveoläre Lavage (BAL) die Methode der Wahl sein, um hypothesenbasierte Dosis-Wirkungs-Parameter quantitativ zu analysieren, wobei Alveolitis, Lungenentzündung und Phospholipidose im Vordergrund stehen. Auf diese Weise können Veränderungen der Dosis-Wirkungs-Beziehung und des zeitlichen Verlaufs alveolärer Läsionen angemessen untersucht werden. Die BAL-Flüssigkeit kann auf Gesamt- und Differenzialleukozytenzahl, Gesamtprotein und Laktatdehydrogenase analysiert werden. In Betracht gezogen werden können auch Parameter, die auf lysosomale Schäden, Phospholipidose, Fibrose und reizende oder allergische Entzündung hindeuten; dazu kann auch die Bestimmung entzündungsfördernder Zytokine/Chemokine gehören. BAL-Messungen dienen im Allgemeinen zur Ergänzung der Ergebnisse histopathologischer Untersuchungen, können sie aber nicht ersetzen. GD 39 (2) enthält eine Anleitung zur Durchführung der Lungenlavage.

OPHTHALMOLOGISCHE UNTERSUCHUNG

40.

Mit einem Ophthalmoskop oder einem gleichwertigen Gerät werden vor der Verabreichung der Prüfsubstanz bei allen Tieren und nach Abschluss der Prüfung bei allen Hochkonzentrations- und Kontrollgruppen der Augenhintergrund, die brechenden Medien, die Iris und die Bindehaut untersucht. Werden Veränderungen der Augen festgestellt, sind alle Tiere in den anderen Gruppen, einschließlich der Satellitengruppe (Reversibilität) ebenfalls zu untersuchen.

MAKROSKOPISCHE PATHOLOGIE UND ORGANGEWICHTE

41.

Alle Versuchstiere, einschließlich der Tiere, die während der Prüfung sterben oder aus Tierschutzgründen getötet und aus der Studie genommen werden, sind (falls möglich) vollständig zu entbluten und auf makroskopische Veränderungen zu untersuchen. Der Zeitabstand zwischen dem Ende der letzten Exposition des Tiers und seiner Tötung ist zu dokumentieren. Kann die Nekropsie nicht unmittelbar nach Auffinden eines toten Tieres erfolgen, sollte der Körper auf eine Temperatur gekühlt (nicht eingefroren) werden, die tief genug ist, um die Autolyse zu minimieren. Die Nekropsie ist baldmöglichst, in der Regel innerhalb von einem oder zwei Tagen durchzuführen. Alle makroskopischen Veränderungen sollten für jedes Tier protokolliert werden, wobei besonders auf Veränderungen der Atemwege zu achten ist.

42.

In Tabelle 2 sind die Organe und Gewebe aufgeführt, die bei der Sektion zur histopathologischen Untersuchung in einem geeigneten Medium aufbewahrt werden sollten. Die Aufbewahrung der in [Klammern] gesetzten Organe und Gewebe sowie aller sonstigen Organe und Gewebe liegt im Ermessen des Studienleiters. Die durch Fettdruck hervorgehobenen Organe sind so bald wie möglich nach der Sektion von anhaftendem Gewebe zu befreien und feucht zu wiegen, um ein Austrocknen zu verhindern. Die Schilddrüse und die Nebenhoden sind nur zu wiegen, wenn dies notwendig ist, da ihre Befreiung von anhaftendem Gewebe die histopathologische Bewertung erschweren kann. Gewebe und Organe sind unmittelbar nach der Nekropsie und je nach verwendetem Fixierungsmittel mindestens 24-48 Stunden vor der Befreiung von anhaftendem Gewebe in 10 %ig gepuffertem Formalin oder einem anderen geeigneten Fixierungsmittel zu fixieren.

Tabelle 2

Bei der Nekropsie aufbewahrte Organe und Gewebe

Nebennieren

Aorta

Knochenmark (und/oder frisches Aspirat)

Gehirn (mit Schnitten von Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons)

Caecum

Kolon

Duodenum

[Nebenhoden]

[Augen (Netzhaut, Sehnerv) und Lider]

Femur und Kniegelenk

Gallenblase (falls vorhanden)

[Hardersche Drüsen]

Herz

Ileum

Jejunum

Nieren

[Tränendrüsen (extraorbital)]

Larynx (3 Ebenen einschließlich der Basis der Epiglottis)

Leber

Lunge (alle Lungenlappen auf einer Ebene, einschließlich der Hauptbronchien)

Lymphknoten aus der Hilusregion der Lunge, insbesondere bei schlecht löslichen Prüfsubstanzen, die in Partikelform vorliegen. Für gründlichere Untersuchungen und/oder Studien mit immunologischem Schwerpunkt können zusätzliche Lymphknoten in Betracht gezogen werden, z. B. aus der mediastinalen, der cervicalen/submandibulären und/oder der aurikularen Region.

Lymphknoten (distal vom Eingangsort)

Brustdrüsen (weibliche)

Muskel (Oberschenkel)

Nasopharyngeale Gewebe (mindestens 4 Ebenen; 1 Ebene muss den Nasen-Rachen-Gang und das Lymphgewebe des Nasen-Rachen-Raums (NALT) umfassen.

Speiseröhre

[Riechkolben]

Ovarien

Pankreas

Nebenschilddrüsen

Periphere Nerven (N. ischiadicus oder N. tibialis, vorzugsweise in der Nähe des Muskels)

Hypophyse

Prostata

Rectum

Speicheldrüsen

Samenbläschen

Haut

Rückenmark (zervical, mittlerer Thoraxbereich und lumbar)

Milz

Brustbein

Magen

Zähne

Hoden

Thymus

Schilddrüse

[Zunge]

Trachea (mindestens 2 Ebenen mit einem Längsschnitt durch die Carina und 1 Querschnitt)

[Harnleiter]

[Harnröhre]

Harnblase

Uterus

Zielorgane

Alle makroskopischen Läsionen und Massen

43.

Die Lungen sind in intaktem Zustand zu entfernen, zu wiegen und mit einem geeigneten Fixierungsmittel bei einem Druck von 20-30 cm Wasser zu behandeln, damit die Lungenstruktur erhalten bleibt (5). Die Schnitte werden bei allen Lungenlappen auf einer Ebene einschließlich der Hauptbronchien hergestellt; wenn eine Lungenlavage durchgeführt wird, ist der nicht gewaschene Lappen jedoch auf drei Ebenen zu schneiden (keine seriellen Schnitte).

44.

Mindestens vier Ebenen der nasopharyngealen Gewebe sind zu untersuchen; eine der Ebenen sollte den Nasen-Rachen-Gang umfassen (5, 6, 7, 8, 9), damit das Plattenepithel, das (nicht Zilien-tragende respiratorische) Übergangsepithel, das (Zilien-tragende respiratorische) Flimmerepithel und das Riechepithel sowie das Lymphgewebe (NALT; 10,11) gründlich untersucht werden können. Drei Ebenen des Larynx sind zu untersuchen; eine dieser Ebenen sollte die Basis der Epiglottis enthalten (12). Mindestens zwei Ebenen der Trachea sind zu untersuchen, darunter ein Längsschnitt durch die Carina der Bifurkation der extrapulmonalen Bronchien und ein Querschnitt.

HISTOPATHOLOGIE

45.

Die in Tabelle 2 aufgeführten Organe und Gewebe der Tiere in der Kontrollgruppe und der Gruppe mit der höchsten Konzentration und aller während der Studie gestorbenen oder getöteten Tiere sollten histopathologisch untersucht werden. Besonderes Augenmerk ist auf Atemwege, Zielorgane und makroskopische Veränderungen zu richten. Die Organe und Gewebe, die in der Gruppe mit der höchsten Konzentration makroskopische Veränderungen aufweisen, sollten in allen Gruppen untersucht werden. Der Studienleiter kann beschließen, histopathologische Untersuchungen bei zusätzlichen Gruppen durchzuführen, um eine eindeutige Konzentrationswirkung nachzuweisen. Umfasst eine Prüfung auch eine Satellitengruppe (Reversibilitätsprüfung), sind alle Gewebe und Organe histopathologisch zu untersuchen, bei denen in den Behandlungsgruppen Wirkungen aufgetreten sind. Treten in der Gruppe mit der höchsten Konzentration übermäßig viele frühzeitige Todesfälle oder andere Probleme auf, die die Signifikanz der Daten beeinträchtigen, so ist die nächstniedrigere Konzentration histopathologisch zu untersuchen. Man sollte versuchen, die makroskopischen Befunde mit den Ergebnissen der mikroskopischen Untersuchung zu korrelieren.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

46.

Körpergewichte, Futteraufnahme, Ergebnisse der klinischen Pathologie, makroskopische Befunde, Organgewichte und Ergebnisse der Histopathologie sind für die einzelnen Tiere anzugeben. Die Daten der klinischen Beobachtung sollten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Daraus müssen für jede Prüfgruppe die Anzahl der verwendeten Tiere, die Anzahl der Tiere mit spezifischen Toxizitätszeichen, die Anzahl der Tiere, die während der Prüfung tot aufgefunden oder vorzeitig getötet wurden, der Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, eine Beschreibung und der zeitliche Verlauf der toxischen Wirkungen und deren Reversibilität sowie die Sektionsbefunde ersichtlich sein. Sowohl die quantitativen als auch die gelegentlich erzielten Ergebnisse sind anhand eines geeigneten statistischen Verfahrens zu bewerten. Hierzu ist eine allgemein anerkannte Statistikmethode heranzuziehen; die Statistikmethoden sind bei der Auslegung der Studie festzulegen.

Prüfbericht

47.

Der Prüfbericht sollte, soweit zutreffend, die folgenden Informationen enthalten:

 

Versuchstiere und Tierhaltung

Beschreibung der Haltungsbedingungen mit Angaben zu Anzahl (oder Veränderung der Anzahl) der Tiere je Käfig, Einstreu, Umgebungstemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit, Photoperiode und Futter,

Art/Stamm und Begründung für die Verwendung einer anderen Art als der Ratte; Daten zur Herkunft der Tiere und historische Daten können angegeben werden, wenn sie Tiere mit ähnlichen Expositions-, Unterbringungs- und Futterkarenzbedingungen betreffen,

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere,

Randomisierungsmethode,

Beschreibung etwaiger Vorbereitung vor der Prüfung, einschließlich Ernährung, Quarantäne und Behandlung von Krankheiten.

 

Prüfsubstanz

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und, wenn maßgeblich, physikalisch-chemische Eigenschaften (einschließlich Isomerisierung),

Angaben zur Identifikation und CAS-Nummer (Chemical Abstract Services), falls bekannt.

 

Vehikel

Begründung für die Verwendung eines Vehikels sowie für die Wahl des Vehikels (falls nicht Wasser),

historische oder parallel erzeugte Daten, die belegen, dass das Vehikel keinen Einfluss auf das Ergebnis der Studie hat.

 

Inhalationskammer

ausführliche Beschreibung der Inhalationskammer mit Angabe des Volumens sowie ein Diagramm,

Herkunft und Beschreibung der für die Exposition der Tiere sowie für die Erzeugung der Atmosphäre verwendeten Ausrüstung,

Ausrüstung für die Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Partikelgröße und tatsächlicher Konzentration,

Herkunft der Luft und Klimatisierungssystem,

für die Kalibrierung der Ausrüstung verwendete Methoden, um eine homogene Prüfatmosphäre sicherzustellen,

Druckunterschied (positiv oder negativ),

Expositions-Öffnungen je Kammer (‚Nose-only‘-Exposition); Anordnung der Tiere in der Kammer (Ganzkörperexposition),

Stabilität der Prüfatmosphäre,

Lage von Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren und Ort der Probenahme der Prüfatmosphäre in der Kammer,

Behandlung der zugeführten/entzogenen Luft,

Luftdurchflussraten, Luftdurchflussrate/Expositions-Öffnung (‚Nose-only‘-Exposition) oder Anzahl der Tiere je Kammer (Ganzkörperexposition),

Zeit bis zum Erreichen des Gleichgewichts in der Inhalationskammer (t95),

Zahl der Volumenänderungen pro Stunde,

Messgeräte (falls zutreffend).

 

Expositionsdaten

Begründung für die Wahl der Zielkonzentration in der Hauptstudie,

nominale Konzentrationen (Gesamtmasse der in die Inhalationskammer eingeleiteten Prüfsubstanz dividiert durch das Volumen der durch die Kammer geleiteten Luft),

im Atembereich der Tiere ermittelte tatsächliche Konzentrationen der Prüfsubstanz; bei Gemischen mit heterogenen physikalischen Formen (Gase, Dämpfe, Aerosole) kann jede Form getrennt analysiert werden,

alle Luftkonzentrationen sollten in Masseneinheiten (z. B. mg/l, mg/m3 usw.) und nicht in Volumeneinheiten (z. B. ppm, ppb usw.) angegeben werden,

Partikelgrößenverteilung, mittlerer aerodynamischer Massendurchmesser (MMAD) und geometrische Standardabweichung (σg), einschließlich der Berechnungsmethoden. Einzelne Partikelgrößenanalysen sind zu protokollieren.

 

Prüfbedingungen

Angaben zur Vorbereitung der Prüfsubstanz, einschließlich Angaben zu den Verfahren zur Reduzierung der Partikelgröße von Feststoffen oder zur Herstellung von Lösungen der Prüfsubstanz,

eine Beschreibung (möglichst mit Diagramm) der Ausrüstung, die zur Erzeugung der Prüfatmosphäre und zur Exposition der Tiere gegen die Prüfatmosphäre verwendet wurde,

Angaben zur Ausrüstung, die für die Überwachung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftstrom in der Kammer verwendet wird (Erstellung einer Kalibrationskurve),

Angaben zur Ausrüstung, mit der die Proben zur Bestimmung der Konzentration in der Kammer und der Partikelgrößenverteilung genommen werden,

Angaben zur verwendeten chemischen Analysemethode und zur Validierung der Methode (einschließlich der Effizienz der Wiederfindung der Prüfsubstanz im Medium),

Randomisierungsmethode für die Einteilung der Tiere in Prüf- und Kontrollgruppen,

Angaben über Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Wasserquelle),

Begründung für die Wahl der Prüfkonzentrationen.

 

Ergebnisse

tabellarische Darstellung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftstrom in der Kammer,

tabellarische Darstellung von Daten zur nominalen und tatsächlichen Konzentration in der Kammer,

tabellarische Darstellung der Partikelgrößendaten einschließlich Daten zur analytischen Probenahme, Partikelgrößenverteilung und Berechnung des MMAD und der σg,

tabellarische Erfassung der erhobenen Daten und der Konzentration für jedes einzelne Tier (d. h. Tiere, die Anzeichen für Toxizität zeigen, einschließlich Mortalität, sowie Art, Schweregrad, Zeitpunkt des Einsetzens und Dauer der Wirkungen),

tabellarische Darstellung des Körpergewichts der einzelnen Tiere,

tabellarische Darstellung der Futteraufnahme,

tabellarische Darstellung der klinischen Pathologieparameter,

Sektionsbefunde und histopathologische Ergebnisse für jedes einzelne Tier, falls vorhanden.

 

Diskussion und Auswertung der Ergebnisse

Besondere Aufmerksamkeit sollte der Beschreibung der Methoden gelten, die verwendet wurden, um die Kriterien dieser Prüfmethode zu erfüllen, z. B. die Grenzkonzentration oder die Partikelgröße.

Die Lungengängigkeit von Partikeln vor dem Hintergrund der Gesamtbefunde sollte behandelt werden, insbesondere, wenn die Partikelgrößenkriterien nicht erfüllt werden konnten.

Die Kohärenz der Methoden zur Bestimmung der nominalen und der tatsächlichen Konzentration sowie die Beziehung der tatsächlichen Konzentration zur nominalen Konzentration sind in die Gesamtbewertung der Studie aufzunehmen.

Die wahrscheinliche Todesursache und die vorherrschende Wirkungsweise (systemisch oder lokal) sollten behandelt werden.

Falls Tiere, die unter Schmerzen litten oder Zeichen für schweres und anhaltendes Leiden aufwiesen, auf humane Weise getötet werden mussten, ist eine Erklärung auf der Grundlage der Kriterien im OECD Guidance Document on Humane Endpoints (3) zu geben.

Die Zielorgane sollten identifiziert werden.

Der NOAEL und der LOAEL sollten bestimmt werden.

LITERATUR:

1.

OECD (1981). Subchronic Inhalation Toxicity Testing, Original Test Guideline No 413, Environment Directorate, OECD, Paris.

2.

OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing, Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 39, ENV/JM/MONO(2009)28, OECD, Paris.

3.

OECD (2000). Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation, Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 19, ENV/JM/MONO(2000)7, OECD, Paris.

4.

Whalan E and Redden JC (1994). Interim Policy for Particle Size and Limit Concentration Issues in Inhalation Toxicity Studies. Office of Pesticide Programs, United States Environmental Protection Agency.

5.

Dungworth DL, Tyler WS, Plopper CE (1985). Morphological Methods for Gross and Microscopic Pathology (Chapter 9) in Toxicology of Inhaled Material, Witschi, H.P. and Brain, J.D. (eds), Springer Verlag Heidelberg, pp. 229-258.

6.

Young JT (1981). Histopathological examination of the rat nasal cavity. Fundam. Appl. Toxicol. 1: 309-312.

7.

Harkema JR (1990). Comparative pathology of the nasal mucosa in laboratory animals exposed to inhaled irritants. Environ. Health Perspect. 85: 231-238.

8.

Woutersen RA, Garderen-Hoetmer A, van Slootweg PJ, Feron VJ (1994). Upper respiratory tract carcinogenesis in experimental animals and in humans. In: Waalkes MP and Ward JM (eds) Carcinogenesis. Target Organ Toxicology Series, Raven Press, New York, 215-263.

9.

Mery S, Gross EA, Joyner DR, Godo M, Morgan KT (1994). Nasal diagrams: A tool for recording the distribution of nasal lesions in rats and mice. Toxicol. Pathol. 22: 353-372.

10.

Kuper CF, Koornstra PJ, Hameleers DMH, Biewenga J, Spit BJ, Duijvestijn AM, Breda Vriesman van PJC, Sminia T (1992). The role of nasopharyngeal lymphoid tissue. Immunol. Today 13: 219-224.

11.

Kuper CF, Arts JHE, Feron VJ (2003). Toxicity to nasal-associated lymphoid tissue. Toxicol. Lett. 140-141: 281-285.

12.

Lewis DJ (1981). Mitotic Indices of Rat Laryngeal Epithelia. Journal of Anatomy 132(3): 419-428.

13.

Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).

Anlage 1

DEFINITION

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

B.30   PRÜFUNGEN AUF CHRONISCHE TOXIZITÄT

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 452 (2009). Die ursprüngliche TG 452 wurde 1981 angenommen. Die Entwicklung dieser überarbeiteten Prüfmethode B.30 wurde für notwendig gehalten, um neueren Entwicklungen auf dem Gebiet des Tierschutzes sowie Regulierungsanforderungen Rechnung zu tragen (1) (2) (3) (4). Diese Prüfmethode B.30 wurde parallel zur Überarbeitung von Kapitel B.32 dieses Anhang ‚Prüfungen auf Kanzerogenität‘ und Kapitel B.33 dieses Anhangs ‚Kombinierte Studien zur Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität‘ aktualisiert mit dem Ziel, zusätzliche Informationen von den in der Untersuchung verwendeten Tieren und detailliertere Angaben zur Wahl der Dosis zu gewinnen. Diese Prüfmethode ist dazu ausgelegt, für die Prüfung eines breiten Spektrums von chemischen Stoffen, einschließlich Pestiziden und Industriechemikalien, verwendet zu werden.

2.

Bei den meisten Prüfungen auf chronische Toxizität werden Nagetierarten verwendet; diese Prüfmethode gilt daher hauptsächlich für Prüfungen an diesen Arten. Wenn solche Prüfungen an Nichtnagern erforderlich sind, können die in dieser Prüfmethode beschriebenen Grundsätze und Verfahren in Kombination mit denen des Kapitels B.27 dieses Anhangs ‚Prüfung auf subchronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren‘ (5), mit entsprechenden Änderungen, wie im OECD Guidance Document No. 116 on the Design and Conduct of Chronic Toxicity and Carcinogenicity Studies (6) beschrieben, ebenfalls angewendet werden.

3.

Bei Prüfungen auf chronische Toxizität finden im Wesentlichen die orale, die dermale und die inhalative Verabreichung Anwendung. Die Wahl des Verabreichungswegs hängt von den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen ab. Zusätzliche Informationen zur Wahl des Expositionswegs sind im OECD Guidance Document No. 116 (6) enthalten.

4.

Bei dieser Prüfmethode steht die Exposition auf oralem Weg im Vordergrund. Dies ist der bei Prüfungen auf chronische Toxizität am häufigsten verwendete Expositionsweg. Zwar sind Prüfungen auf Langzeittoxizität mit Exposition über die Haut oder durch Inhalation möglicherweise auch notwendig, um das Risiko für die menschliche Gesundheit zu beurteilen, und/oder im Rahmen bestimmter Regelungen vorgeschrieben, aber diese beiden Expositionswege sind aus technischer Sicht außerordentlich komplex. Derartige Prüfungen sind von Fall zu Fall zu konzipieren, wobei die hier beschriebene Prüfmethode für die Bewertung und Evaluierung chronischer Toxizität bei oraler Verabreichung allerdings mit Bezug auf Empfehlungen für Behandlungszeiten, klinische und Pathologieparameter usw. als Grundlage für ein Protokoll für Inhalations- und/oder dermale Prüfungen dienen könnte. Es gibt OECD-Leitlinien für die Verabreichung von Prüfsubstanzen durch Inhalation (6) (7) und über die Haut (6). Bei der Konzeption länger dauernder Prüfungen mit Exposition durch Inhalation sind insbesondere Kapitel B.8 dieses Anhangs (8) und Kapitel B.29 dieses Anhangs (9) sowie das OECD Guidance Document über Prüfungen auf akute Toxizität nach Inhalation (7) zu berücksichtigen. Bei Prüfungen mit dermaler Applikation ist Kapitel B.9 dieses Anhangs (10) zu beachten.

5.

Die Prüfung auf chronische Toxizität liefert Informationen über mögliche gesundheitliche Schädigungen, die durch wiederholte Exposition über einen beträchtlichen Teil der Lebensdauer der verwendeten Art entstehen können. Sie liefert Informationen über die toxischen Wirkungen der Prüfsubstanz und gibt Hinweise auf Zielorgane und die Möglichkeit der Akkumulation. Außerdem kann sie zur Ableitung eines NOAEL-Werts (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) beitragen, der zur Festlegung von Sicherheitskriterien für die Humanexposition herangezogen werden kann. Ferner wird die Notwendigkeit sorgfältiger klinischer Beobachtung der Tiere hervorgehoben, damit so viele Informationen wie möglich gewonnen werden können.

6.

Zu den Zielen von Prüfungen nach dieser Prüfmethode gehören

die Feststellung der chronischen Toxizität einer Prüfsubstanz,

die Identifizierung von Zielorganen,

die Beschreibung der Dosis-Wirkungs-Beziehung,

die Bestimmung eines NOAEL-Werts (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) oder eines Ausgangspunkts für die Festlegung einer Benchmark-Dosis (BMD),

die Vorhersage der Wirkungen chronischer Toxizität beim Expositionsniveau von Menschen,

die Gewinnung von Daten zur Prüfung von Hypothesen über die Wirkungsweise (6).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

7.

Bei der Beurteilung und Bewertung der toxikologischen Eigenschaften einer Prüfsubstanz sollte das Prüflabor vor Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz berücksichtigen, damit die Studienauslegung auf eine effizientere Prüfung des Potenzials für chronische Toxizität ausgerichtet und die Verwendung von Versuchstieren minimiert werden kann. Für die Auslegung der Studie könnten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, sämtliche Informationen über die Wirkungsweise, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten und toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen, toxikokinetische Daten (Kinetik bei Einzel- und Mehrfachdosierung) sowie Daten aus anderen Studien mit wiederholter Exposition herangezogen werden. Die chronische Toxizität sollte erst bestimmt werden, wenn erste Informationen über die Toxizität aus Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 Tage und/oder 90 Tage vorliegen. Im Rahmen der Gesamtbewertung der potenziellen schädlichen Wirkungen einer bestimmten Prüfsubstanz auf die Gesundheit sollte bei der Prüfung auf chronische Toxizität etappenweise vorgegangen werden (11) (12) (13) (14).

8.

Vor Beginn der Prüfung ist festzulegen, welche Statistikmethoden angesichts der Versuchsauslegung und der Ziele am besten für die Analyse der Ergebnisse geeignet sind. Dabei ist unter anderem festzulegen, ob bei der statistischen Auswertung Anpassungen in Bezug auf die Überlebensrate zu berücksichtigen sind und welche Art der Analyse bei vorzeitigem Tod der Tiere einer oder mehrerer Gruppen durchzuführen ist. Hinweise zu den geeigneten statistischen Analysen und wichtige Literaturverweise zu international anerkannten Statistikmethoden sind im Guidance Document No. 116 (6) sowie im Guidance Document No. 35 on the analysis and evaluation of chronic toxicity and carcinogenicity studies (15) zu finden.

9.

Bei der Durchführung einer Prüfung auf chronische Toxizität sind stets die im OECD Guidance Document No. 19 on the recognition, assessment, and use of clinical signs as humane endpoints for experimental animals used in safety evaluation (16), insbesondere in Absatz 62, genannten Grundsätze und Erwägungen zu befolgen. In diesem Absatz heißt es: Wenn ein Tier in Studien mit wiederholter Verabreichung progressive klinische Anzeichen für eine fortschreitende Verschlechterung seines Zustands aufweist, ist eine informierte Entscheidung zu treffen, ob das Tier tierschutzgerecht getötet werden sollte oder nicht. Bei dieser Entscheidung sind Faktoren wie der Wert der Informationen, die bei Verbleiben des Tiers in der Studie gewonnen werden können, und der allgemeine Gesundheitszustand des Tiers gegeneinander abzuwägen. Wird beschlossen, das Tier in der Studie zu belassen, ist es entsprechend den Erfordernissen häufiger zu beobachten. Zur Linderung von Schmerzen oder Qualen kann auch die Verabreichung der Prüfsubstanz unterbrochen oder die Dosis verringert werden, sofern dabei der Zweck der Prüfung nicht beeinträchtigt wird.

10.

Ausführliche Informationen und eine Diskussion der Prinzipien der Dosiswahl bei Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität sind im Guidance Document No. 116 (6) sowie in zwei Veröffentlichungen des International Life Sciences Institute (17) (18) zu finden. Die grundlegende Strategie der Dosiswahl hängt von den Hauptzielen der Studie ab (Nummer 6). Bei der Auswahl der geeigneten Dosisstufen ist ein Gleichgewicht zwischen Gefahrenidentifizierung einerseits und der Beschreibung von Wirkungen bei geringer Dosierung und ihrer Relevanz andererseits herzustellen. Dieses Gleichgewicht ist bei einer kombinierten Studie zur Prüfung auf chronische Toxizität und auf Kanzerogenität (Kapitel B.33 dieses Anhangs) besonders wichtig (Nummer 11).

11.

Es sollte in Betracht gezogen werden, statt der getrennten Durchführung einer Prüfung auf chronische Toxizität (diese Prüfmethode B.30) und einer Prüfung auf Kanzerogenität (Kapitel B.32 dieses Anhangs) eher eine kombinierte Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität (Kapitel B.33 dieses Anhangs) durchzuführen. Die kombinierte Methode ist zeit- und kosteneffizienter als zwei getrennte Studien, ohne dass dabei die Qualität der Daten der chronischen Komponente oder der Kanzerogenitätskomponente beeinträchtigt würde. Bei Durchführung einer kombinierten Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität (Kapitel B.33 dieses Anhangs) sind die Grundsätze der Dosiswahl (Nummer 9 und Nummern 20-25) jedoch genau zu beachten. Es wird allerdings anerkannt, dass im Rahmen bestimmter Regelungen möglicherweise getrennte Prüfungen vorgeschrieben sind.

12.

Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden am Ende dieses Kapitels und im Guidance Document 116 (6) definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

13.

Die Prüfsubstanz wird mehreren Gruppen von Versuchstieren täglich in abgestuften Dosen verabreicht, und zwar normalerweise über einen Zeitraum von 12 Monaten, wobei je nach Regulierungsanforderungen (siehe Nummer 33) auch eine längere oder kürzere Dauer gewählt werden kann. Die Dauer sollte ausreichend lang sein, damit sich etwaige Wirkungen kumulativer Toxizität manifestieren können, ohne dass sich die verzerrenden Wirkungen geriatrischer Veränderungen bemerkbar machen. Abweichungen von der 12-monatigen Expositionsdauer sind zu begründen, insbesondere wenn eine kürzere Dauer gewählt wird. Die Prüfsubstanz wird in der Regel oral verabreicht, aber auch die Verabreichung durch Inhalation oder auf dermalem Weg kann angebracht sein. Die Studienauslegung kann auch eine oder mehrere zwischenzeitliche Tötungen vorsehen, z. B. nach 3 und 6 Monaten; außerdem können zu diesem Zweck auch zusätzliche Gruppen von Versuchstieren aufgenommen werden (siehe Nummer 19). Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere sorgfältig auf Toxizitätszeichen beobachtet. Tiere, die im Verlauf der Prüfung sterben, und vorzeitig getötete Tiere werden seziert; die nach Abschluss der Prüfung überlebenden Tiere werden getötet und ebenfalls seziert.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

14.

Diese Prüfmethode betrifft hauptsächlich die Bewertung und Evaluierung chronischer Toxizität bei Nagetieren (Nummer 2). Bestimmte Regelungen können jedoch ähnliche Studien an Nichtnagern vorschreiben. Die Wahl der Tierart ist zu begründen. Wenn Prüfungen auf chronische Toxizität bei Nichtnagern erforderlich sind, sollten Auslegung und Durchführung der Versuche auf den Grundsätzen der vorliegenden Prüfmethode sowie denen von Kapitel B.27 dieses Anhangs — Prüfung auf subchronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren (5) basieren. Zusätzliche Informationen zur Wahl der Tierart und des Stamms sind im Guidance Document No. 116 (6) enthalten.

15.

Bei dieser Prüfmethode ist die Ratte die bevorzugte Nagetierart, doch können auch andere Nagetierarten, z. B. die Maus, verwendet werden. Ratten und Mäuse sind wegen ihrer relativ kurzen Lebenszeit, der weit verbreiteten Verwendung in pharmakologischen und toxikologischen Studien, ihrer Anfälligkeit für die Entstehung von Tumoren und der Verfügbarkeit ausreichend beschriebener Stämme die bevorzugten Versuchsmodelle. Daher liegen über ihre Physiologie und Pathologie umfangreiche Informationen vor. Es sind junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Für die Prüfung auf chronische Toxizität sollten Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden wie für die kürzere(n) Toxizitätsvorstudie(n). Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch trächtig sein.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

16.

Die Tiere können entweder einzeln oder in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen in Käfigen untergebracht werden. Eine Einzelunterbringung ist nur in Betracht zu ziehen, wenn sie wissenschaftlich gerechtfertigt ist (19) (20) (21). Die Käfige sollten so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Die Temperatur im Versuchstierraum sollte 22 °C (± 3 °C) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 30 % betragen und — außer beim Reinigen des Raums — 70 % nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 %. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten. Das Futter sollte den Nährstoffbedarf der eingesetzten Tierart decken und möglichst wenig Schadstoffe wie z. B. Pestizidrückstände, persistente organische Schadstoffe, Phytoöstrogene, Schwermetalle und Mykotoxine enthalten, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen könnten. Das Futter ist regelmäßig, und zwar zumindest zu Beginn der Prüfung und bei Verwendung einer anderen Charge, auf den Nährstoff- und Schadstoffgehalt hin zu analysieren; die Ergebnisse sind im Abschlussbericht anzugeben. Ergebnisse von Analysen des in der Prüfung verwendeten Trinkwassers sind ebenfalls anzugeben. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung einer Prüfsubstanz und die Deckung des Nährstoffbedarfs der Tiere sichergestellt werden muss, wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird.

Vorbereitung der Tiere

17.

Es sind gesunde Tiere zu verwenden, die mindestens sieben Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und zuvor nicht für andere Experimente verwendet wurden. Bei Nagetieren sollte die Verabreichung so bald wie möglich nach dem Absetzen und der Eingewöhnung beginnen, vorzugsweise bevor die Tiere 8 Wochen alt sind. Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und Alter der Versuchstiere sind anzugeben. Bei Beginn der Studie sollten die Gewichtsunterschiede bei den Tieren beider Geschlechter möglichst gering sein und ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts aller Tiere in der Studie nicht überschreiten. Die Tiere werden nach dem Zufallsprinzip in Kontroll- und Behandlungsgruppen eingeteilt. Nach der Randomisierung sollte sich das Durchschnittsgewicht der Tiere desselben Geschlechts von Gruppe zu Gruppe nicht signifikant unterscheiden. Gibt es statistisch signifikante Unterschiede, sollte die Randomisierung möglichst wiederholt werden. Jedes Versuchstier erhält zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer und wird durch Tätowierung, Mikrochipimplantat oder auf eine andere geeignete Weise mit dieser Nummer gekennzeichnet.

VERFAHREN

Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

18.

Es sind Tiere beider Geschlechter zu verwenden. Es sind so viele Tiere zu verwenden, dass am Ende der Studie in jeder Gruppe genug Tiere für eine gründliche biologische und statistische Auswertung zur Verfügung stehen. Bei Nagern sind in der Regel auf jeder Dosisstufe je Gruppe mindestens je 20 Tiere beider Geschlechter zu verwenden, bei Nichtnagern werden pro Gruppe mindestens je 4 Tiere beider Geschlechter empfohlen. Bei Studien an Mäusen werden in jeder Dosisgruppe möglicherweise zusätzliche Tiere benötigt, um alle erforderlichen hämatologischen Bestimmungen vornehmen zu können.

Tötungen im Verlauf der Studie, Satellitengruppen und Sentineltiere

19.

Es kann vorgesehen werden, dass im Verlauf der Studie, z. B. nach sechs Monaten, Tiere getötet werden (mindestens 10 Tiere/Geschlecht/Gruppe), um Erkenntnisse über den Fortgang toxikologischer Veränderungen und mechanistische Informationen zu gewinnen, falls dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist. Wenn diese Informationen bereits aus vorherigen Studien mit wiederholter Gabe der Prüfsubstanz vorliegen, sind zwischenzeitliche Tötungen möglicherweise wissenschaftlich nicht gerechtfertigt. Es können auch Satellitengruppen aufgenommen werden, um die Reversibilität etwaiger toxikologischer Veränderungen zu beobachten, die durch die Prüfsubstanz hervorgerufen werden. Satellitengruppen sind normalerweise auf die höchste Dosisgruppe der Studie zuzüglich einer Kontrolle beschränkt. Der Krankheitsstatus während der Studie kann erforderlichenfalls auch mit einer zusätzlichen Gruppe von Sentineltieren (normalerweise je fünf Tiere beider Geschlechter) überwacht werden (22). Sollen im Verlauf der Prüfung Tiere getötet werden oder Satelliten- oder Sentinelgruppen aufgenommen werden, ist die Zahl der Tiere in der Studienauslegung um die Zahl zu erhöhen, die vor Abschluss der Studie getötet werden sollen. Diese Tiere sind normalerweise in Bezug auf die Bestimmung des Körpergewichts und der Futter-/Wasseraufnahme, hämatologische und klinisch-biochemische Bestimmungen sowie pathologische Untersuchungen genauso zu behandeln wie die Tiere in der chronischen Toxizitätsphase der Hauptstudie; es kann allerdings vorgesehen werden, die Messungen (in den Gruppen mit im Verlauf der Studie zu tötenden Tieren) auf bestimmte Schlüsselaspekte wie Neurotoxizität oder Immunotoxizität zu beschränken.

Dosisgruppen und Dosierung

20.

Das Guidance Document No. 116 (6) enthält Hinweise zu allen Aspekten der Dosiswahl und zu den Abständen der Dosisstufen. Es sollten mindestens drei Dosisstufen und eine gleichzeitige Kontrolle verwendet werden, es sei denn, ein Limit-Test wird durchgeführt (siehe Nummer 27). Die Dosisstufen werden im Allgemeinen auf der Grundlage der Ergebnisse von Studien mit kurzzeitiger wiederholter Verabreichung oder Dosisfindungsstudien festgelegt und sollten alle vorliegenden toxikologischen und toxikokinetischen Daten für die Prüfsubstanz oder verwandte Stoffe berücksichtigen.

21.

Soweit keine Beschränkungen aufgrund der physikalisch-chemischen Beschaffenheit oder der biologischen Wirkungen der Prüfsubstanz bestehen, ist die höchste Dosisstufe normalerweise so zu wählen, dass zwar die Hauptzielorgane und die toxischen Wirkungen identifiziert werden können, aber Leiden, schwere Toxizität, Morbidität oder Tod der Tiere vermieden werden. Unter Berücksichtigung der unter Nummer 22 beschriebenen Faktoren ist die höchste Dosisstufe so zu wählen, dass Anzeichen von Toxizität hervorgerufen werden, die sich z. B. in einer verzögerten Körpergewichtsentwicklung äußern (etwa 10 %).

22.

Je nach den Zielen der Studie (siehe Nummer 6) kann jedoch eine Höchstdosis festgelegt werden, die unter der zu Toxizitätszeichen führenden Dosis liegt, z. B. wenn eine Dosis eine besorgniserregende Wirkung auslöst, die sich aber nur geringfügig auf Lebensdauer oder Körpergewicht auswirkt. Die Höchstdosis darf 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag nicht übersteigen (Grenzdosis siehe Nummer 27).

23.

Die Dosisstufen und die Abstände der Dosisstufen können so gewählt werden, dass auf der niedrigsten Dosisstufe eine Dosis-Wirkungs-Beziehung und ein NOAEL-Wert oder andere angestrebte Studienergebnisse, z. B. ein BMD (siehe Nummer 25), festgestellt werden können. Zu den Faktoren, die bei der Festlegung niedrigerer Dosen zu berücksichtigen sind, gehören die voraussichtliche Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve, die Dosen, bei denen wichtige Änderungen des Metabolismus oder der toxischen Wirkungsweise eintreten können, und das Niveau, bei dem eine Schwelle oder ein Ausgangspunkt für eine Extrapolation niedriger Dosen erwartet wird.

24.

Welche Dosisstufenabstände gewählt werden, hängt von den Merkmalen der Prüfsubstanz ab und kann in dieser Prüfmethode nicht vorgeschrieben werden. Abstände mit einem Faktor von 2 bis 4 erweisen sich jedoch oft als gut geeignet für die Festsetzung abnehmender Dosisstufen. Außerdem ist es oft besser, statt der Verwendung sehr großer Intervalle (z. B. mit einem Faktor zwischen 6 und 10) zwischen den Dosierungen eine vierte Prüfgruppe einzurichten. Die Verwendung von Faktoren über 10 sollte im Allgemeinen vermieden bzw. gegebenenfalls begründet werden.

25.

Entsprechend dem Guidance Document No. 116 (6) sind bei der Dosisfestlegung u. a. folgende Faktoren zu berücksichtigen:

bekannte oder vermutete Nichtlinearitäten oder Wendepunkte der Dosis-Wirkungs-Kurve;

Toxikokinetik und Dosisbereiche, bei denen die metabolische Induktion, die Sättigung oder die Nichtlinearität zwischen externen und internen Dosen auftritt oder nicht auftritt;

Vorläuferläsionen, Wirkungsmarker oder Indikatoren für den Ablauf zugrunde liegender biologischer Schlüsselprozesse;

wichtige (oder vermutete) Aspekte der Wirkungsweise, z. B. Dosen, ab denen Zytotoxizität auftritt, Hormonspiegel beeinflusst werden, homöostatische Mechanismen gestört werden usw.;

Bereiche der Dosis-Wirkungs-Kurve, bei denen eine besonders genaue Schätzung erforderlich ist, z. B. im Bereich der voraussichtlichen BMD oder einer vermuteten Schwelle;

Berücksichtigung voraussichtlicher Expositionsniveaus von Menschen.

26.

Die Kontrollgruppe ist eine unbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollten die Tiere der Kontrollgruppe genauso behandelt werden wie die Tiere in den Prüfgruppen. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten bei den Dosisgruppen verwendeten Volumen. Wird eine Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht, und führt dies aus geschmacklichen Gründen zu einer verminderten Futteraufnahme, kann eine paarweise gefütterte Kontrollgruppe nützlich und eine bessere Kontrolle sein.

27.

Wenn aufgrund von Informationen aus Vorstudien davon ausgegangen werden kann, dass eine Prüfung bei einer einzigen Dosisstufe von mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag unter Anwendung der für diese Studie beschriebenen Verfahren wahrscheinlich keine schädlichen Wirkungen hervorrufen wird und wenn aufgrund der Daten strukturverwandter Stoffe keine Toxizität zu erwarten ist, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Sofern die Exposition des Menschen nicht die Prüfung bei einer höheren Dosis erforderlich erscheinen lässt, kann eine Grenze von 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag angewandt werden.

Zubereitung der Dosen und Verabreichung der Prüfsubstanz

28.

Die Prüfsubstanz wird in der Regel oral, d. h. mit der Nahrung oder dem Trinkwasser, oder über eine Schlundsonde verabreicht. Zusätzliche Informationen zu Verabreichungswegen und -methoden sind im Guidance Document No. 116 (6) enthalten. Verabreichungsweg und -methode richten sich nach dem Zweck der Studie, den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, ihrer Bioverfügbarkeit und der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen. Der gewählte Verabreichungsweg und die Methode sollten begründet werden. Aus Tierschutzgründen sollte die Schlundsonde nur für Agenzien gewählt werden, bei denen dieser Weg und diese Methode der Verabreichung die potenzielle Humanexposition annähernd repräsentieren (z. B. Arzneimittel). Nahrungs- oder Umweltchemikalien einschließlich Pestizide werden normalerweise mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreicht. Für bestimmte Szenarios, z. B. berufliche Exposition, können andere Applikationswege besser geeignet sein.

29.

Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Zu berücksichtigen sind gegebenenfalls folgende Merkmale des Vehikels und anderer Additive: Auswirkungen auf die Resorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Retention der Prüfsubstanz, Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können, und ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspenion, sodann eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in anderen Vehikeln in Betracht zu ziehen. Bei anderen Vehikeln als Wasser müssen deren toxische Merkmale bekannt sein. Es sollten Informationen über die Stabilität der Prüfsubstanz und die Homogenität der Lösungen oder Futterrationen, die (je nach Fall) die Dosierung enthalten, unter den Verabreichungsbedingungen (z. B. mit dem Futter) vorliegen.

30.

Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Um eine unausgewogene Ernährung zu vermeiden, sollte die Konzentration der Prüfsubstanz in Langzeittoxizitätsstudien mit Verabreichung über die Nahrung normalerweise eine Obergrenze von 5 % der Gesamtnahrung nicht übersteigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, kann entweder eine konstante Futterkonzentration (mg/kg Futter oder ppm) oder eine konstante Dosierung in Relation zum Körpergewicht des Tiers (mg/kg Körpergewicht), berechnet auf Wochenbasis, verwendet werden. Die jeweils gewählte Verfahrensweise ist anzugeben.

31.

Bei oraler Verabreichung erhalten die Tiere die Prüfsubstanz täglich (sieben Tage in der Woche), in der Regel für einen Zeitraum von 12 Monaten (siehe auch Nummer 33); je nach Regulierungsanforderungen kann auch eine längere Dauer erforderlich sein. Jede Abweichung von diesem Dosierungsplan, z. B. fünf Tage pro Woche, ist zu begründen. Bei dermaler Applikation werden die Tiere, wie in Kapitel B.9 dieses Anhangs (10) beschrieben, für einen Zeitraum von 12 Monaten an sieben Tagen in der Woche mindestens 6 Stunden pro Tag mit der Prüfsubstanz behandelt. Die Inhalationsexposition wird an sieben Tagen in der Woche für 6 Stunden pro Tag durchgeführt, aber auch fünf Tage in der Woche sind möglich, wenn dies gerechtfertigt ist. Die Expositionsdauer beträgt normalerweise 12 Monate. Wenn für eine ‚Nose-only‘-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Eine Expositionsdauer von weniger als 6 Stunden pro Tag ist zu begründen. Siehe auch Kapitel B.8 dieses Anhangs (8).

32.

Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies unter Verwendung einer Schlundsonde oder einer geeigneten Intubationskanüle jeweils zur gleichen Tageszeit erfolgen. Normalerweise wird einmal am Tag eine einzige Dosis verabreicht; wenn es sich bei der Prüfsubstanz z. B. um einen lokal reizenden Stoff handelt, kann die Tagesdosis auf zwei Teilmengen aufgeteilt werden. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte so gering wie möglich sein und bei Nagetieren normalerweise 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten (22). Die Variabilität der Prüfvolumina sollte durch Anpassung der Konzentration auf ein konstantes Volumen bei allen Dosen möglichst gering gehalten werden. Davon ausgenommen sind potenziell ätzende oder reizende Stoffe, die zur Vermeidung schwerwiegender lokaler Wirkungen verdünnt werden müssen. Die Prüfung in Konzentrationen, die wahrscheinlich eine ätzende oder reizende Wirkung für den Magen-Darm-Trakt haben, ist zu vermeiden.

Versuchsdauer

33.

Diese Prüfmethode ist zwar hauptsächlich zur Prüfung auf chronische Toxizität über 12 Monate ausgelegt, aber je nach den Anforderungen bestimmter Regulierungsregelungen oder für spezifische mechanistische Zwecke sind auch kürzere (z. B. 6 oder 9 Monate) oder längere (z. B. 18 oder 24 Monate) Zeiträume möglich. Abweichungen von der 12-monatigen Expositionsdauer sind zu begründen, insbesondere wenn eine kürzere Dauer gewählt wird. Satellitengruppen zur Beobachtung der Reversibilität von toxikologischen Veränderungen, die durch die Prüfsubstanz hervorgerufen werden, sollten nach Beendigung der Exposition noch für einen Zeitraum von mindestens 4 Wochen, aber nicht länger als ein Drittel der Gesamtstudiendauer ohne Behandlung beibehalten werden. Weitere Hinweise, insbesondere in Bezug auf das Überleben der Versuchstiere, sind im Guidance Document No. 116 (6) zu finden.

BEOBACHTUNGEN

34.

Alle Tiere sind in der Regel jeden Tag morgens und abends, auch am Wochenende und an Feiertagen, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen. Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich, vorzugsweise zur selben Tageszeit, unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis über eine Schlundsonde zu erwarten ist, vorgenommen werden.

35.

Bei allen Tieren sind mindestens einmal vor der ersten Exposition (für intraindividuelle Vergleiche), am Ende der ersten Studienwoche und danach monatlich gründliche klinische Beobachtungen vorzunehmen. Das Beobachtungsprotokoll ist so zu gestalten, dass Abweichungen zwischen den Beobachtern minimiert werden und von der Prüfgruppe unabhängig stattfinden. Diese Beobachtungen sollten außerhalb des Käfigs erfolgen, in dem die Tiere gehalten werden, und zwar vorzugsweise in einem Standardgehege jeweils zu denselben Zeiten. Sie sind sorgfältig zu dokumentieren, am besten nach einer speziell vom Prüflabor entwickelten Bewertungsskala. Die Beobachtungsbedingungen sollten möglichst konstant sein. Zu achten ist insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie autonome Aktivitäten (z. B. Tränensekretion, Piloerektion, Pupillengröße, ungewöhnliche Atemmuster). Gang- und Haltungsstörungen, ferner Reaktionen auf den Umgang mit den Tieren sowie etwaige klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z. B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten auch dokumentiert werden (24).

36.

Alle Tiere sind vor der ersten Verabreichung der Prüfsubstanz mit einem Ophthalmoskop oder einem anderen geeigneten Instrument ophthalmologisch zu untersuchen. Am Ende der Studie ist diese Untersuchung möglichst bei allen, aber mindestens bei der Hochdosisgruppe und der Kontrollgruppe zu wiederholen. Wenn behandlungsbedingte Veränderungen an den Augen beobachtet werden, sind alle Tiere zu untersuchen. Wenn eine Strukturanalyse oder andere Informationen auf eine Toxizität für die Augen hindeuten, ist die Frequenz der Augenuntersuchungen zu erhöhen.

37.

Bei Chemikalien, für die vorangegangene Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 und/oder 90 Tage auf potenzielle neurotoxische Wirkungen hindeuten, können vor Studienbeginn, in Abständen von drei Monaten nach Beginn einer Studie von bis zu 12 Monaten einschließlich sowie bei Beendigung der Studie (falls länger als 12 Monate) fakultativ die sensorische Reaktivität auf Reize verschiedener Art (24) (z. B. akustische, visuelle und propriozeptive Reize) (25), (26), (27), die Greifkraft (28) und die motorische Aktivität (29) bewertet werden. Weitere Einzelheiten zu den möglichen Untersuchungen finden sich in der Literatur. Allerdings können auch andere als dort genannte Verfahren angewendet werden.

38.

Bei Chemikalien, für die vorangegangene Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 und/oder 90 Tage auf potenzielle immunotoxische Wirkungen hindeuten, können bei Beendigung der Studie fakultativ weitere Untersuchungen durchgeführt werden.

Körpergewicht, Futter-/Wasseraufnahme und Futtereffizienz

39.

Alle Tiere sollten zu Beginn der Behandlung, in den ersten 13 Wochen mindestens einmal wöchentlich und danach mindestens monatlich gewogen werden. Futteraufnahme und Futtereffizienz sollten in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich bestimmt werden. Die Trinkwasseraufnahme sollte in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich gemessen werden, wenn die Prüfsubstanz mit dem Trinkwasser verabreicht wird. Bei Studien, in denen das Trinkverhalten der Tiere verändert ist, sollte auch die Trinkwasseraufnahme gemessen werden.

Hämatologie und klinische Biochemie

40.

Bei Prüfungen an Nagetieren sind die hämatologischen Untersuchungen bei mindestens zehn männlichen und zehn weiblichen Tieren je Gruppe nach 3, 6 und 12 Monaten sowie bei Beendigung der Studie (falls sie länger als 12 Monate dauert) durchzuführen, wobei immer dieselben Tiere zu verwenden sind. Bei Mäusen werden möglicherweise Satellitentiere benötigt, um alle erforderlichen hämatologischen Bestimmungen vornehmen zu können (siehe Nummer 18). Bei Prüfungen an Nichtnagern werden die Proben wie bei Nagetieren beschrieben in den Zwischenphasen und bei Beendigung der Studie von einer kleineren Anzahl Tieren (z. B. vier Tiere je Geschlecht und je Gruppe in Hundestudien) genommen. Weder bei Nagern noch bei Nichtnagern brauchen Messungen nach drei Monaten vorgenommen zu werden, wenn bei den hämatologischen Parametern in einer vorangegangenen 90-Tage-Studie mit vergleichbaren Dosisstufen keine Wirkung erkennbar war. Die Blutproben müssen unter Anästhesie an einer benannten Stelle, z. B. durch Herzpunktion oder aus dem retrobulbären Venenplexus entnommen werden.

41.

Die folgenden Parameter sind zu bestimmen (30): Gesamt- und Differenzialleukozytenzahl, Erythrozytenzahl, Thrombozytenzahl, Hämoglobinkonzentration, Hämatokrit, mittleres Erythrozyteneinzelvolumen (MCV), mittleres korpuskuläres Hämoglobin (MCH), mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration (MCHC), Prothrombinzeit und aktivierte partielle Thromboplastinzeit. Je nach Toxizität der Prüfsubstanz können gegebenenfalls auch weitere hämatologische Parameter wie Heinz-Körper oder andere atypische Erythrozytenmorphologie oder Methämoglobin gemessen werden. Insgesamt ist je nach den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen. Wenn die Prüfsubstanz Auswirkungen auf die Hämatopoese hat, können auch eine Bestimmung der Retikulozytenzahl und eine Knochenmarkzytologie angezeigt sein; sie müssen aber nicht routinemäßig durchgeführt werden.

42.

Klinisch-biochemische Bestimmungen zur Untersuchung der wichtigsten toxischen Wirkungen in Geweben, insbesondere der Wirkungen auf Nieren und Leber, sind an Blutproben durchzuführen, die von mindestens zehn männlichen und zehn weiblichen Tieren je Gruppe in den für die hämatologischen Untersuchungen angegebenen gleichen Zeitabständen entnommen werden, wobei immer dieselben Tiere zu verwenden sind. Bei Mäusen werden möglicherweise Satellitentiere benötigt, um alle erforderlichen klinisch-biochemischen Bestimmungen vornehmen zu können. Bei Prüfungen an Nichtnagern werden die Proben wie bei Nagetieren beschrieben in den Zwischenphasen und bei Beendigung der Studie von einer kleineren Anzahl Tieren (z. B. vier Tiere je Geschlecht und je Gruppe in Hundestudien) genommen. Weder bei Nagern noch bei Nichtnagern brauchen Messungen nach drei Monaten vorgenommen zu werden, wenn bei den klinisch-biochemischen Parametern in einer vorangegangenen 90-Tage-Studie mit vergleichbaren Dosisstufen keine Wirkung erkennbar war. Es empfiehlt sich eine Futterkarenz der Tiere (ausgenommen Mäuse) über Nacht, bevor die Blutproben entnommen werden. Die folgenden Parameter sind zu bestimmen (30): Glucose, Harnstoff (Harnstoff-Stickstoff), Kreatinin, Gesamtprotein, Albumin, Calcium, Natrium, Kalium, Gesamtcholesterin, mindestens zwei geeignete Parameter für die hepatozelluläre Evaluierung (Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, Glutamatdehydrogenase, Gesamtgallensäuren) (31) und mindestens zwei geeignete Parameter für die hepatobiliäre Evaluierung (alkalische Phosphatase, γ-Glutamyltransferase, 5’-Nucleotidase, Gesamtbilirubin, Gesamtgallensäuren) (31). Je nach Toxizität der Prüfsubstanz können gegebenenfalls auch weitere klinisch-chemische Parameter wie Nüchtern-Triglyceride, spezifische Hormone und Cholinesterase bestimmt werden. Insgesamt ist je nach den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen.

43.

An Proben, die von mindestens zehn männlichen und zehn weiblichen Tieren je Gruppe in den gleichen Abständen entnommen wurden wie die Proben für die hämatologische und die klinisch-chemische Untersuchung, sind Urinanalysen durchzuführen. Es brauchen keine Messungen nach drei Monaten vorgenommen zu werden, wenn bei der Urinanalyse in einer vorangegangenen 90-Tage-Studie mit vergleichbaren Dosisstufen keine Wirkung erkennbar war. Eine Empfehlung von Sachverständigen zu klinischen Pathologiestudien (30) enthält die folgende Liste von Parametern: Aussehen, Volumen, Osmolalität oder spezifisches Gewicht, pH-Wert, Gesamteiweiß und Glucose. Außerdem können Ketone, Urobilinogen, Bilirubin und okkultes Blut bestimmt werden. Sofern erforderlich, können weitere Parameter verwendet werden, um die Untersuchung beobachteter Wirkungen zu erweitern.

44.

Bei Studien an Hunden werden im Allgemeinen Bestimmungen der Ausgangsdaten hämatologischer und klinisch-biochemischer Parameter für notwendig gehalten; bei Studien an Nagern müssen sie aber nicht bestimmt werden (30). Wenn keine ausreichenden historischen Ausgangsdaten vorliegen (siehe Nummer 50), sollten sie jedoch bestimmt werden.

Pathologie

Makroskopische Untersuchung

45.

Normalerweise sind alle an der Studie beteiligten Tiere einer vollständigen, eingehenden makroskopischen Untersuchung zu unterziehen, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Es kann jedoch auch vorgesehen werden, die Untersuchungen (in den Gruppen der Tiere, die im Verlauf der Studie getötet werden sollen, und in den Satellitengruppen) auf spezifische Schlüsselaspekte wie Neurotoxizität oder Immunotoxizität zu beschränken (siehe Nummer 19). Diese Tiere brauchen weder seziert noch den nachstehend beschriebenen Verfahren unterzogen zu werden. Sentineltiere können nach Ermessen des Studienleiters von Fall zu Fall seziert werden.

46.

Die Organgewichte aller Tiere sind zu erfassen, außer von denen, die gemäß dem letzten Teil von Nummer 45 ausgenommen sind. Nebennieren, Gehirn, Nebenhoden, Herz, Nieren, Leber, Ovarien, Milz, Hoden, Schilddrüse (nach Fixierung gewogen, mit Nebenschilddrüsen) und Uterus (außer von moribund aufgefundenen und/oder zwischenzeitlich getöteten Tieren) sind in angemessener Form von anhaftendem Gewebe zu befreien, und ihr Nassgewicht ist so rasch wie möglich nach der Sektion festzustellen, um ein Austrocknen zu verhindern. Bei einer Studie an Mäusen ist das Wiegen der Nebennieren fakultativ.

47.

Die folgenden Gewebe sind in dem für die betreffende Gewebeart und die vorgesehene anschließende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmittel aufzubewahren (32) (Gewebe in eckigen Klammern sind fakultativ):

alle makroskopischen Veränderungen

Herz

Pankreas

Magen (Vormagen, Drüsenmagen)

Nebennieren

Ileum

Nebenschilddrüse

[Zähne]

Aorta

Jejunum

periphere Nerven

Hoden

Gehirn (mit Schnitten von Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons)

Nieren

Hypophyse

Thymus

Caecum

Tränendrüse (exorbital)

Prostata

Schilddrüse

Zervix

Leber

Rectum

[Zunge]

Koagulationsdrüse

Lunge

Speicheldrüse

Trachea

Kolon

Lymphknoten (sowohl oberflächliche als auch tiefe)

Samenbläschen

Harnblase

Duodenum

Brustdrüse (obligatorisch für Weibchen und, falls bei der Sektion erkennbar, für Männchen)

Skelettmuskel

Uterus (mit Zervix)

Nebenhoden

[obere Atemwege, einschließlich Nase, Nasenmuscheln und Nasennebenhöhlen]

Haut

[Harnleiter]

Auge (mit Netzhaut)

Speiseröhre

Rückenmark (auf 3 Ebenen: zervical, mittlerer Thoraxbereich und lumbar)

[Harnröhre]

[Femur mit Gelenk]

[Riechkolben]

Milz

Vagina

Gallenblase (bei anderen Arten als Ratten)

Ovarien

[Brustbein]

Knochenmarkschnitt und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat

Hardersche Drüse

 

 

 

Bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe aufzubewahren. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebeuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden. In Studien mit dermaler Applikation sind die in der Liste für orale Verabreichung aufgeführten Organe aufzubewahren; außerdem sind Proben der Haut an der Applikationsstelle zu nehmen und aufzubewahren. Bei Inhalationsstudien entspricht die Liste der aufzubewahrenden und zu untersuchenden Gewebe des Atemtrakts den Empfehlungen von Kapitel B.8 dieses Anhangs (8) und Kapitel B.29 dieses Anhangs (9). Was andere Organe/Gewebe betrifft, so sollten (zusätzlich zu den speziell konservierten Geweben aus dem Atemtrakt) die in der Liste für die orale Verabreichung genannten Organe untersucht werden.

Histopathologie

48.

Es gibt Leitlinien für bewährte Praktiken bei der Durchführung toxikologischer Pathologiestudien (32). Histopathologisch zu untersuchen sind mindestens

alle Gewebe der Tiere aus der Hochdosisgruppe und der Kontrollgruppe,

alle Gewebe von während der Studie gestorbenen oder getöteten Tieren,

alle Gewebe mit makroskopischen Abnormitäten,

Zielgewebe oder Gewebe, die in der Hochdosisgruppe behandlungsbedingte Veränderungen aufwiesen, von allen Tieren in allen anderen Dosisgruppen,

bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe zu untersuchen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

49.

Für alle bestimmten Parameter sollen Daten zu den einzelnen Tieren angegeben werden. Darüber hinaus sollten alle Daten in Form einer Tabelle zusammengefasst werden, aus der für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Tierschutzgründen getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, die Zahl der Tiere, die Toxizitätszeichen aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, ihrer Dauer und ihres Schweregrads, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und der Prozentsatz der von jeder Läsion betroffenen Tiere. Die Mittelwerte und Standardabweichungen (für kontinuierliche Versuchsdaten) von Tieren, die toxische Wirkungen oder Läsionen aufweisen, sind zusätzlich zum Schweregrad der Läsionen in Übersichtstabellen anzugeben.

50.

Historische Kontrolldaten können die Auswertung der Studienergebnisse erleichtern, z. B. wenn die Daten der gleichzeitigen Kontrollen erheblich von neueren Daten von Kontrolltieren aus derselben Versuchseinrichtung abweichen. Wenn historische Kontrolldaten bewertet werden, sollten sie von demselben Labor stammen, sich auf Tiere desselben Alters und Stamms beziehen und höchstens fünf Jahre vor der fraglichen Studie erhoben worden sein.

51.

Wenn möglich, sind die numerischen Daten durch eine geeignete allgemein annehmbare statistische Methode auszuwerten. Die statistischen Methoden und die zu analysierenden Daten sind bei der Planung der Studie festzulegen (Nummer 8). Diese Auswahl sollte es ermöglichen, erforderlichenfalls Anpassungen je nach Überlebensrate vorzunehmen.

Prüfbericht

52.

Der Prüfbericht sollte folgende Informationen enthalten:

 

Prüfsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und physikalisch-chemische Eigenschaften,

Daten zur Identifikation,

Herkunft des Stoffs,

Chargennummer,

Bescheinigung der chemischen Analyse.

 

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung der Wahl des Vehikel, sofern anders als Wasser.

 

Versuchstiere:

Art/Stamm und Begründung für die getroffene Wahl,

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere bei Versuchsbeginn,

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.,

Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn.

 

Prüfbedingungen:

Begründung für Verabreichungsweg und Festlegung der Dosis,

gegebenenfalls die statistischen Methoden zur Analyse der Daten,

Angaben zur Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung,

Analysedaten über die erreichte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung,

Verabreichungsweg und Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz,

bei Inhalationsstudien: ‚Nose-only‘- oder Ganzkörperexposition,

tatsächliche Dosen (mg/kg Körpergewicht/Tag) und, sofern zutreffend, Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Trinkwasser (mg/kg oder ppm) in die tatsächliche Dosis,

Angaben zu Futter- und Wasserqualität.

 

Ergebnisse (zusammenfassende Übersichtstabellen und Daten für die einzelnen Tiere):

Überlebensdaten,

Körpergewicht/Änderungen des Körpergewichts,

Futteraufnahme, gegebenenfalls Berechnungen der Futtereffizienz und der Wasseraufnahme, falls erfasst,

Daten der toxischen Reaktionen nach Geschlecht und Dosis, einschließlich Toxizitätszeichen,

Art, Inzidenz (und, falls bewertet, Schweregrad) sowie Dauer der klinischen Beobachtungen (sowohl vorübergehend als auch dauerhaft),

Ergebnisse der ophthalmologischen Untersuchung,

hämatologische Untersuchungen,

klinisch-biochemische Untersuchungen,

Urinuntersuchungen,

Ergebnisse etwaiger Neurotoxizitäts- oder Immunotoxizitätsuntersuchungen,

terminales Körpergewicht,

Organgewichte (und gegebenenfalls Verhältnis Organ-/Körpergewicht),

Sektionsbefunde,

ausführliche Beschreibung aller behandlungsbedingten histopathologischen Befunde,

Angaben zur Resorption, falls vorhanden.

 

Statistische Auswertung der Ergebnisse, soweit zutreffend

 

Diskussion der Ergebnisse einschließlich

Dosis-Wirkungs-Beziehungen,

Prüfung aller Informationen über die Wirkungsweise,

Diskussion von Modellierungsansätzen,

Bestimmung von BMD, NOAEL oder LOAEL,

historische Kontrolldaten,

Relevanz für Menschen.

 

Schlussfolgerungen

LITERATUR:

1.

OECD (1995). Report of the Consultation Meeting on Sub-chronic and Chronic Toxicity/Carcinogenicity Testing (Rome, 1995), internal working document, Environment Directorate, OECD, Paris.

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5.

Kapitel B.27 dieses Anhangs, Prüfung auf sub-chronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren

6.

OECD (2012). Guidance Document on the Design and Conduct of Chronic Toxicity and Carcinogenicity Studies, Supporting Test Guidelines 451, 452 and 453 — Second edition. Series on Testing and Assessment No. 116, abrufbar auf der öffentlichen OECD-Website für Prüfrichtlinien: www.oecd.org/env/testguidelines.

7.

OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing, Series on Testing and Assessment N°39, ENV/JM/MONO(2009)28, OECD, Paris.

8.

Kapitel B.8 dieses Anhangs, Prüfung auf subakute Toxizität nach Inhalation -28-Tage-Test.

9.

Kapitel B.29 dieses Anhangs, Prüfung auf sub-chronische Toxizität nach Inhalation — 90-Tage-Test.

10.

Kapitel B.9 dieses Anhangs, Toxizität nach 28-tägiger Gabe (dermal)

11.

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19.

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31.

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32.

Crissman JW, Goodman DG, Hildebrandt PK et al. (2004). Best Practices Guideline: Toxicological Histopathology. Toxicologic Pathology 32: 126-131.

Anlage 1

DEFINITION

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

(6)

Die Kapitel B.32 und B.33 erhalten folgende Fassung:

„B.32   PRÜFUNGEN AUF KANZEROGENITÄT

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 451 (2009). Die ursprüngliche TG 451 über Prüfungen auf Kanzerogenität wurde 1981 angenommen. Die Entwicklung dieser überarbeiteten Prüfmethode B.32 wurde für notwendig gehalten, um neueren Entwicklungen auf dem Gebiet des Tierschutzes sowie Regulierungsanforderungen Rechnung zu tragen (2) (3) (4) (5) (6). Diese Prüfmethode B.32 wurde parallel zur Überarbeitung von Kapitel B.30 dieses Anhangs ‚Prüfungen auf chronische Toxizität‘ und Kapitel B.33 dieses Anhang ‚Kombinierte Studien zur Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität‘ aktualisiert mit dem Ziel, zusätzliche Informationen von den in der Untersuchung verwendeten Tieren und detailliertere Angaben zur Wahl der Dosis zu gewinnen. Diese Prüfmethode B.32 ist dazu ausgelegt, für die Prüfung eines breiten Spektrums von chemischen Stoffen, einschließlich Pestiziden und Industriechemikalien, verwendet zu werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass bestimmte Details und Anforderungen für Pharmazeutika abweichen können (siehe Internationale Harmonisierungskonferenz (ICH) Guidance S1B on Testing for Carcinogenicity of Pharmaceuticals).

2.

Bei den meisten Prüfungen auf Kanzerogenität werden Nagetierarten verwendet; diese Prüfmethode gilt daher hauptsächlich für Prüfungen, die an diesen Arten durchgeführt werden. Wenn solche Prüfungen an Nichtnagern erforderlich sind, gelten die Grundsätze und Verfahren dieser Prüfmethode in Kombination mit denen des Kapitels B.27 dieses Anhangs ‚Prüfung auf subchronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren‘ (6) mit entsprechenden Änderungen. Weitere Hinweise sind dem OECD Guidance Document No. 116 on the Design and Conduct of Chronic Toxicity and Carcinogenicity Studies (7) zu entnehmen.

3.

Bei Prüfungen auf Kanzerogenität finden im Wesentlichen die orale, die dermale und die inhalative Verabreichung Anwendung. Die Wahl des Verabreichungswegs hängt von den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen ab. Zusätzliche Informationen zur Wahl des Expositionswegs sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten.

4.

Bei dieser Prüfmethode steht die Exposition auf oralem Weg im Vordergrund. Dies ist der bei Prüfungen auf Kanzerogenität am häufigsten verwendete Expositionsweg. Zwar sind Prüfungen auf Kanzerogenität mit Exposition über die Haut oder durch Inhalation möglicherweise auch notwendig, um das Risiko für die menschliche Gesundheit zu beurteilen, und/oder im Rahmen bestimmter Regelungen vorgeschrieben, aber diese beiden Expositionswege sind aus technischer Sicht außerordentlich komplex. Derartige Prüfungen sind von Fall zu Fall zu konzipieren, wobei die hier beschriebene Prüfmethode für die Bewertung und Evaluierung der Kanzerogenität bei oraler Verabreichung allerdings mit Bezug auf Empfehlungen für Behandlungszeiten, klinische und Pathologieparameter usw. als Grundlage für ein Protokoll für Inhalations- und/oder dermale Prüfungen dienen könnte. Es gibt OECD-Leitlinien für die Verabreichung von Prüfsubstanzen durch Inhalation (7) (8) und über die Haut (7). Bei der Konzeption längerfristiger Prüfungen mit Exposition durch Inhalation sind insbesondere Kapitel B.8 dieses Anhangs (9) und Kapitel B.29 dieses Anhangs (10) sowie das OECD Guidance Document über Prüfungen auf akute Toxizität nach Inhalation (8) zu berücksichtigen. Bei Prüfungen mit dermaler Applikation ist Kapitel B.9 dieses Anhangs (11) zu beachten.

5.

Die Prüfung auf Kanzerogenität liefert Informationen über mögliche gesundheitliche Schädigungen, die durch wiederholte Exposition über einen Zeitraum entstehen können, der sich über die gesamte Lebensdauer der verwendeten Art erstrecken kann. Sie liefert Informationen über die toxischen Wirkungen der Prüfsubstanz, einschließlich der potenziellen Kanzerogenität, und kann Hinweise auf Zielorgane und die Möglichkeit der Akkumulation geben. Außerdem kann sie zur Ableitung eines NOAEL-Werts (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) für toxische Wirkungen und, im Fall von nicht genotoxischen Karzinogenen, für Tumorreaktionen beitragen, der zur Festlegung von Sicherheitskriterien für die Humanexposition herangezogen werden kann. Ferner wird die Notwendigkeit sorgfältiger klinischer Beobachtung der Tiere hervorgehoben, damit so viele Informationen wie möglich gewonnen werden können.

6.

Zu den Zielen von Prüfungen auf Kanzerogenität nach dieser Prüfmethode gehören

die Identifizierung der kanzerogenen Eigenschaften einer Prüfsubstanz, die im Vergleich zu gleichzeitigen Kontrollgruppen zu einer erhöhten Inzidenz von Neoplasmen, einem erhöhten Anteil maligner Neoplasmen oder einem schnelleren Auftreten von Neoplasmen führen,

die Identifizierung des Zielorgans/der Zielorgane der Kanzerogenität,

die Ermittlung der Zeit bis zum Auftreten von Neoplasmen,

die Beschreibung der Beziehung zwischen der Dosis und der Tumorreaktion,

die Bestimmung eines NOAEL-Werts (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) oder eines Ausgangspunkts für die Festlegung einer Benchmark-Dosis (BMD),

die Extrapolation kanzerogener Wirkungen auf Expositionsniveaus von Menschen bei geringer Dosis,

die Gewinnung von Daten zur Prüfung von Hypothesen über die Wirkungsweise (2) (7) (12) (13) (14) (15).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

7.

Bei der Beurteilung und Bewertung des Kanzerogenitätspotenzials einer Prüfsubstanz sollte das Prüflabor vor Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz berücksichtigen, damit die Studienauslegung auf eine effizientere Prüfung des Kanzerogenitätspotenzials ausgerichtet und die Verwendung von Versuchstieren minimiert werden kann. Es ist wichtig, die Wirkungsweise eines vermutlichen Karzinogens zu kennen und zu berücksichtigen (2) (7) (12) (13) (14) (15), da die optimale Studienauslegung je nachdem, ob die Prüfsubstanz ein bekanntes oder vermutliches genotoxisches Karzinogen ist, unterschiedlich sein kann. Nähere Hinweise zu Aspekten der Wirkungsweise sind im Guidance Document No. 116 (7) zu finden.

8.

Für die Auslegung der Studie könnten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen einschließlich Genotoxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten, Daten über Mutagenität/Genotoxizität, Kanzerogenität und andere toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen, toxikokinetische Daten (Kinetik bei Einzel- und Mehrfachdosierung) sowie Daten aus anderen Studien mit wiederholter Exposition herangezogen werden. Die Kanzerogenität sollte erst beurteilt werden, wenn erste Informationen über die Toxizität aus Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 Tage und/oder 90 Tage vorliegen. Auch Kurzzeitversuche zur Krebsinitiation-/promotion können nützliche Informationen liefern. Im Rahmen der Gesamtbewertung der potenziellen schädlichen Wirkungen einer bestimmten Prüfsubstanz auf die Gesundheit sollte bei der Prüfung auf Kanzerogenität etappenweise vorgegangen werden (16) (17) (18) (19).

9.

Vor Beginn der Prüfung ist festzulegen, welche Statistikmethoden angesichts der Versuchsauslegung und der Ziele am besten für die Analyse der Ergebnisse geeignet sind. Dabei ist u. a. zu entscheiden, ob die Statistiken Anpassungen in Bezug auf die Überlebensrate, die Analyse kumulativer Tumorrisiken bezogen auf die Überlebensdauer, die Analyse des Zeitraums bis zum Auftreten eines Tumors und die Analyse bei vorzeitigem Tod der Tiere einer oder mehrerer Gruppen umfassen sollten. Hinweise zu den geeigneten statistischen Analysen und wichtige Literaturverweise zu international anerkannten Statistikmethoden sind im Guidance Document No. 116 (7) sowie im Guidance Document No. 35 on the analysis and evaluation of chronic toxicity and carcinogenicity studies (20) zu finden.

10.

Bei der Durchführung einer Prüfung auf Kanzerogenität sind stets die im OECD Guidance Document No. 19 on the recognition, assessment, and use of clinical signs as humane endpoints for experimental animals used in safety evaluation (21), insbesondere in Absatz 62, genannten Grundsätze und Erwägungen zu befolgen. In diesem Absatz heißt es: Wenn ein Tier in Studien mit wiederholter Verabreichung progressive klinische Anzeichen für eine fortschreitende Verschlechterung seines Zustands aufweist, ist eine informierte Entscheidung zu treffen, ob das Tier tierschutzgerecht getötet werden sollte oder nicht. Bei dieser Entscheidung sind Faktoren wie der Wert der Informationen, die bei Verbleiben des Tiers in der Studie gewonnen werden können, und der allgemeine Gesundheitszustand des Tiers gegeneinander abzuwägen. Wird beschlossen, das Tier in der Studie zu belassen, ist es entsprechend den Erfordernissen häufiger zu beobachten. Zur Linderung von Schmerzen oder Qualen kann auch die Verabreichung der Prüfsubstanz unterbrochen oder die Dosis verringert werden, sofern dabei der Zweck der Prüfung nicht beeinträchtigt wird.

11.

Ausführliche Informationen und eine Diskussion der Prinzipien der Dosiswahl bei Studien zur Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität sind im Guidance Document No. 116 (7) sowie in zwei Veröffentlichungen des International Life Sciences Institute (22) (23) zu finden. Die grundlegende Strategie der Dosiswahl hängt von den Hauptzielen der Studie ab (Nummer 6). Bei der Auswahl der geeigneten Dosisstufen ist ein Gleichgewicht zwischen Gefahrenidentifizierung einerseits und der Beschreibung von Wirkungen bei geringer Dosierung und ihrer Relevanz andererseits herzustellen. Dieses Gleichgewicht ist bei einer kombinierten Studie zur Prüfung auf chronische Toxizität und auf Kanzerogenität (Kapitel B.33 dieses Anhangs) besonders wichtig (Nummer 12).

12.

Es sollte in Betracht gezogen werden, statt einer getrennten Durchführung einer Prüfung auf chronische Toxizität (Kapitel B.30 dieses Anhangs) und einer Prüfung auf Kanzerogenität (diese Prüfmethode B.32) eher eine kombinierte Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität (Kapitel B.33 dieses Anhangs) durchzuführen. Die kombinierte Methode ist zeit- und kosteneffizienter als zwei getrennte Studien, ohne dass dabei die Qualität der Daten der chronischen Komponente oder der Kanzerogenitätskomponente beeinträchtigt würde. Bei Durchführung einer kombinierten Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität (Kapitel B.33 dieses Anhangs) sind die Grundsätze der Dosiswahl (Nummer 11 und Nummern 22-25) jedoch genau zu beachten. Es wird allerdings anerkannt, dass im Rahmen bestimmter Regelungen möglicherweise getrennte Prüfungen vorgeschrieben sind.

13.

Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden am Ende dieses Kapitels und im Guidance Document 116 (7) definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

14.

Die Prüfsubstanz wird mehreren Gruppen von Versuchstieren für den größeren Teil ihrer Lebenszeit täglich in abgestuften Dosen in der Regel oral verabreicht. Die Verabreichung durch Inhalation oder auf dermalem Weg kann ebenfalls angebracht sein. Die Tiere werden sorgfältig auf Toxizitätszeichen und das Auftreten neoplastischer Veränderungen beobachtet. Tiere, die im Verlauf der Prüfung sterben, und vorzeitig getötete Tiere werden seziert; die nach Abschluss der Prüfung überlebenden Tiere werden getötet und ebenfalls seziert.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

15.

Diese Prüfmethode betrifft hauptsächlich die Bewertung und Evaluierung der Kanzerogenität bei Nagetieren (Nummer 2). Die Verwendung anderer Arten als Nagetiere kann in Betracht gezogen werden, wenn die vorliegenden Daten darauf hindeuten, dass sie für die Vorhersage gesundheitlicher Wirkungen beim Menschen von größerer Relevanz sind. Die Wahl der Tierart ist zu begründen. Die bevorzugte Nagetierart ist die Ratte, doch können auch andere Nagetierarten, z. B. die Maus, verwendet werden. Obwohl die Verwendung der Maus in Prüfungen auf Kanzerogenität nur von begrenztem Nutzen sein mag (24) (25) (26), schreiben einige geltende Regulierungsprogramme nach wie vor Kanzerogenitätsprüfungen an der Maus vor, sofern nicht gezeigt werden kann, dass eine solche Studie wissenschaftlich nicht erforderlich ist. Ratten und Mäuse sind wegen ihrer relativ kurzen Lebenszeit, der weit verbreiteten Verwendung in pharmakologischen und toxikologischen Studien, ihrer Anfälligkeit für die Entstehung von Tumoren und der Verfügbarkeit ausreichend beschriebener Stämme die bevorzugten Versuchsmodelle. Daher liegen über ihre Physiologie und Pathologie umfangreiche Informationen vor. Zusätzliche Informationen zur Wahl der Tierart und des Stamms sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten.

16.

Es sind junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Für die Prüfung auf Kanzerogenität sollten möglichst Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden wie für die kürzere(n) Toxizitätsvorstudie(n). Wenn jedoch bekannt ist, dass Tiere dieses Stamms und dieser Herkunft die allgemein anerkannten Überlebenskriterien für Langzeitstudien [siehe Guidance Document No. 116 (7)] nicht erfüllen, ist die Verwendung eines Tierstamms mit ausreichender Überlebensrate für die Langzeitstudie in Betracht zu ziehen. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch trächtig sein.

Haltung und Fütterung

17.

Die Tiere können entweder einzeln oder in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen in Käfigen untergebracht werden. Eine Einzelunterbringung ist nur in Betracht zu ziehen, wenn dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist (27) (28) (29). Die Käfige sollten so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Die Temperatur im Versuchstierraum sollte 22 °C (± 3 °C) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 30 % betragen und — außer beim Reinigen des Raums — 70 % nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 %. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten. Das Futter sollte den Nährstoffbedarf der eingesetzten Tierart decken und möglichst wenig Schadstoffe wie z. B. Pestizidrückstände, persistente organische Schadstoffe, Phytoöstrogene, Schwermetalle und Mykotoxine enthalten, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen könnten. Das Futter ist regelmäßig, und zwar zumindest zu Beginn der Prüfung und bei Verwendung einer anderen Charge, auf den Nährstoff- und Schadstoffgehalt hin zu analysieren; die Ergebnisse sind im Abschlussbericht anzugeben. Ergebnisse von Analysen des in der Prüfung verwendeten Trinkwassers sind ebenfalls anzugeben. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung einer Prüfsubstanz und die Deckung des Nährstoffbedarfs der Tiere sichergestellt werden muss, wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird.

Vorbereitung der Tiere

18.

Es sind gesunde Tiere zu verwenden, die mindestens sieben Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und zuvor nicht für andere Experimente verwendet wurden. Bei Nagetieren sollte die Verabreichung so bald wie möglich nach dem Absetzen und der Eingewöhnung beginnen, vorzugsweise bevor die Tiere 8 Wochen alt sind. Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und Alter der Versuchstiere sind anzugeben. Bei Beginn der Studie sollten die Gewichtsunterschiede bei den Tieren beider Geschlechter möglichst gering sein und ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts aller Tiere in der Studie nicht überschreiten. Die Tiere werden nach dem Zufallsprinzip in Kontroll- und Behandlungsgruppen eingeteilt. Nach der Randomisierung sollte sich das Durchschnittsgewicht der Tiere desselben Geschlechts von Gruppe zu Gruppe nicht signifikant unterscheiden. Gibt es statistisch signifikante Unterschiede, sollte die Randomisierung möglichst wiederholt werden. Jedes Versuchstier erhält zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer und wird durch Tätowierung, Mikrochipimplantat oder auf eine andere geeignete Weise mit dieser Nummer gekennzeichnet.

VERFAHREN

Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

19.

Es sind Tiere beider Geschlechter zu verwenden. Es sollten so viele Tiere verwendet werden, dass eine gründliche biologische und statistische Auswertung möglich ist. Jede Dosisgruppe und jede gleichzeitige Kontrollgruppe sollte daher mindestens 50 Tiere je Geschlecht umfassen. Je nach Ziel der Studie kann die statistische Aussagekraft von Schlüsselwerten durch ungleiche Verteilung der Tiere auf die verschiedenen Dosisgruppen erhöht werden, wobei z. B. zur Einschätzung des karzinogenen Potenzials bei niedrigen Dosen mehr als 50 Tiere in die Gruppen mit niedriger Dosis eingeteilt werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine mäßige Erhöhung der Gruppengröße nur zu einer relativ geringen Erhöhung der statistischen Aussagekraft der Studie führt. Weitere Informationen zur statistischen Auslegung der Studie und zur Wahl der Dosisstufen zwecks Maximierung der statistischen Aussagekraft sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten.

Tötungen im Verlauf der Studie und Satelliten-(Sentinel-)Gruppen

20.

Es kann vorgesehen werden, dass Tiere im Verlauf der Studie, z. B. nach zwölf Monaten, getötet werden, um Erkenntnisse über den Fortgang neoplastischer Veränderungen und mechanistische Informationen zu gewinnen, falls dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist. Wenn diese Informationen bereits aus vorherigen Toxizitätsstudien mit wiederholter Gabe der Prüfsubstanz vorliegen, sind zwischenzeitliche Tötungen möglicherweise wissenschaftlich nicht gerechtfertigt. Wenn vorgesehen ist, dass Tiere im Verlauf der Studie getötet werden, beträgt die Zahl der für derartige Tötungen vorgesehenen Tiere in jeder Dosisgruppe normalerweise je zehn Tiere beider Geschlechter, und die Gesamtzahl der Tiere in der Studie sollte um die Zahl der Tiere erhöht werden, die vor Beendigung der Studie getötet werden sollen. Der Krankheitsstatus während der Studie kann erforderlichenfalls mit einer zusätzlichen Gruppe von Sentineltieren (normalerweise je fünf Tiere beider Geschlechter) überwacht werden (30). Das Guidance Document No. 116 (7) enthält nähere Hinweise.

Dosisgruppen und Dosierung

21.

Das Guidance Document No. 116 (7) enthält Hinweise zu allen Aspekten der Dosiswahl und zu den Abständen der Dosisstufen. Mindestens drei Dosisstufen und eine gleichzeitige Kontrolle sollten verwendet werden. Die Dosisstufen werden im Allgemeinen auf der Grundlage der Ergebnisse von Studien mit kurzzeitiger wiederholter Verabreichung oder Dosisfindungsstudien festgelegt und sollten alle vorliegenden toxikologischen und toxikokinetischen Daten für die Prüfsubstanz oder verwandte Stoffe berücksichtigen.

22.

Soweit keine Beschränkungen aufgrund der physikalisch-chemischen Beschaffenheit oder der biologischen Wirkungen der Prüfsubstanz bestehen, ist die höchste Dosisstufe so zu wählen, dass zwar die Hauptzielorgane und die toxischen Wirkungen identifiziert werden können, aber Leiden, schwere Toxizität, Morbidität oder Tod der Tiere vermieden werden. Unter Berücksichtigung der unter Nummer 23 beschriebenen Faktoren ist die höchste Dosisstufe normalerweise so zu wählen, dass Anzeichen von Toxizität hervorgerufen werden, die sich z. B. in einer verzögerten Körpergewichtsentwicklung äußern (etwa 10 %). Je nach den Zielen der Studie (siehe Nummer 6) kann jedoch eine Höchstdosis festgelegt werden, die unter der zu Toxizitätszeichen führenden Dosis liegt, z. B. wenn eine Dosis eine besorgniserregende Wirkung auslöst, die sich aber nur geringfügig auf Lebensdauer oder Körpergewicht auswirkt.

23.

Die Dosisstufen und die Abstände der Dosisstufen können so gewählt werden, dass auf der niedrigsten Dosisstufe eine Dosis-Wirkungs-Beziehung und, je nach Wirkungsweise der Prüfsubstanz, ein NOAEL-Wert oder andere angestrebte Studienergebnisse, z. B. ein BMD (siehe Nummer 25), festgestellt werden können. Zu den Faktoren, die bei der Festlegung niedrigerer Dosen zu berücksichtigen sind, gehören die voraussichtliche Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve, die Dosen, bei denen wichtige Änderungen des Metabolismus oder der toxischen Wirkungsweise eintreten können, und das Niveau, bei dem eine Schwelle oder ein Ausgangspunkt für eine Extrapolation niedriger Dosen erwartet wird.

24.

Welche Dosisstufenabstände gewählt werden, hängt von den Merkmalen der Prüfsubstanz ab und kann in dieser Prüfmethode nicht vorgeschrieben werden. Abstände mit einem Faktor von 2 bis 4 erweisen sich jedoch oft als gut geeignet für die Festsetzung abnehmender Dosisstufen. Außerdem ist es oft besser, statt der Verwendung sehr großer Intervalle (z. B. mit einem Faktor zwischen 6 und 10) zwischen den Dosierungen eine vierte Prüfgruppe einzurichten. Die Verwendung von Faktoren über 10 sollte im Allgemeinen vermieden bzw. gegebenenfalls begründet werden.

25.

Entsprechend dem Guidance Document No. 116 (7) sind bei der Dosisfestlegung u. a. folgende Faktoren zu berücksichtigen:

bekannte oder vermutete Nichtlinearitäten oder Wendepunkte der Dosis-Wirkungs-Kurve;

Toxikokinetik und Dosisbereiche, bei denen die metabolische Induktion, die Sättigung oder die Nichtlinearität zwischen externen und internen Dosen auftritt oder nicht auftritt;

Vorläuferläsionen, Wirkungsmarker oder Indikatoren für den Ablauf zugrunde liegender biologischer Schlüsselprozesse;

wichtige (oder vermutete) Aspekte der Wirkungsweise, z. B. Dosen, ab denen Zytotoxizität auftritt, Hormonspiegel beeinflusst werden, homöostatische Mechanismen gestört werden usw.;

Bereiche der Dosis-Wirkungs-Kurve, bei denen eine besonders genaue Schätzung erforderlich ist, z. B. im Bereich der vorgesehenen BMD oder einer vermuteten Schwelle;

Berücksichtigung voraussichtlicher Expositionsniveaus von Menschen.

26.

Die Kontrollgruppe ist eine unbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollten die Tiere der Kontrollgruppe genauso behandelt werden wie die Tiere in den Prüfgruppen. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten bei den Dosisgruppen verwendeten Volumen. Wird eine Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht und führt dies aus geschmacklichen Gründen zu einer verminderten Futteraufnahme, kann eine paarweise gefütterte Kontrollgruppe nützlich und eine bessere Kontrolle sein.

Zubereitung der Dosen und Verabreichung der Prüfsubstanz

27.

Die Prüfsubstanz wird in der Regel oral, d. h. mit der Nahrung oder dem Trinkwasser, oder über eine Schlundsonde verabreicht. Zusätzliche Informationen zu Verabreichungswegen und -methoden sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten. Verabreichungsweg und -methode richten sich nach dem Zweck der Studie, den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, ihrer Bioverfügbarkeit und der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen. Der gewählte Verabreichungsweg und die Methode sollten begründet werden. Aus Tierschutzgründen sollte die Schlundsonde nur für Agenzien gewählt werden, bei denen dieser Weg und diese Methode der Verabreichung die potenzielle Humanexposition annähernd repräsentieren (z. B. Arzneimittel). Nahrungs- oder Umweltchemikalien einschließlich Pestizide werden normalerweise mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreicht. Für bestimmte Szenarios, z. B. berufliche Exposition, können andere Applikationswege besser geeignet sein.

28.

Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Zu berücksichtigen sind gegebenenfalls folgende Merkmale des Vehikels und anderer Additive: Auswirkungen auf die Resorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Retention der Prüfsubstanz; Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können, und ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspenion, sodann eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in anderen Vehikeln in Betracht zu ziehen. Bei anderen Vehikeln als Wasser müssen deren toxische Merkmale bekannt sein. Es sollten Informationen über die Stabilität der Prüfsubstanz und die Homogenität der Lösungen oder Futterrationen, die (je nach Fall) die Dosierung enthalten, unter den Verabreichungsbedingungen (z. B. mit dem Futter) vorliegen.

29.

Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Um eine unausgewogene Ernährung zu vermeiden, sollte die Konzentration der Prüfsubstanz in Langzeittoxizitätsstudien mit Verabreichung über die Nahrung normalerweise eine Obergrenze von 5 % der Gesamtnahrung nicht übersteigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, kann entweder eine konstante Futterkonzentration (mg/kg Futter oder ppm) oder eine konstante Dosierung in Relation zum Körpergewicht des Tiers (mg/kg Körpergewicht), berechnet auf Wochenbasis, verwendet werden. Die jeweils gewählte Verfahrensweise ist anzugeben.

30.

Bei oraler Verabreichung erhalten die Tiere die Prüfsubstanz täglich (sieben Tage in der Woche), im Fall von Nagetieren in der Regel für einen Zeitraum von 24 Monaten (siehe auch Nummer 32). Jede Abweichung von diesem Dosierungsplan, z. B. fünf Tage pro Woche, ist zu begründen. Bei dermaler Applikation werden die Tiere, wie in Kapitel B.9 dieses Anhangs (11) beschrieben, für einen Zeitraum von 24 Monaten an sieben Tagen in der Woche mindestens 6 Stunden pro Tag mit der Prüfsubstanz behandelt. Die Inhalationsexposition wird an sieben Tagen in der Woche für 6 Stunden pro Tag durchgeführt, aber auch fünf Tage in der Woche sind möglich, wenn dies gerechtfertigt ist. Die Expositionsdauer beträgt normalerweise 24 Monate. Wenn für eine ‚Nose-only‘-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Eine Expositionsdauer von weniger als 6 Stunden pro Tag ist zu begründen. Siehe auch Kapitel B.8 dieses Anhangs (9).

31.

Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies unter Verwendung einer Schlundsonde oder einer geeigneten Intubationskanüle jeweils zur gleichen Tageszeit erfolgen. Normalerweise wird einmal täglich eine Einzeldosis verabreicht. Wenn es sich bei der Prüfsubstanz z. B. um einen lokal reizenden Stoff handelt, kann die Tagesdosis auf zwei Teilmengen aufgeteilt werden. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte so gering wie möglich sein und bei Nagetieren normalerweise 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten (31). Die Variabilität der Prüfvolumina sollte durch Anpassung der Konzentration auf ein konstantes Volumen bei allen Dosen möglichst gering gehalten werden. Davon ausgenommen sind potenziell ätzende oder reizende Stoffe, die zur Vermeidung schwerwiegender lokaler Wirkungen verdünnt werden müssen. Die Prüfung in Konzentrationen, die wahrscheinlich eine verätzende oder reizende Wirkung für den Magen-Darm-Trakt haben, ist zu vermeiden.

Versuchsdauer

32.

Die Studie dauert bei Nagetieren in der Regel 24 Monate, was dem größten Teil der normalen Lebenszeit der verwendeten Tiere entspricht. Eine kürzere oder längere Studiendauer ist je nach Lebenszeit der in der Studie verwendeten Tierart möglich, sollte aber begründet werden. Bei bestimmten Stämmen von Mäusen, z. B. die Stämme AKR/J, C3H/J oder C57BL/6J, ist eine Dauer von 18 Monaten möglicherweise besser geeignet. Im Folgenden werden Hinweise zu Dauer und Beendigung der Studie und dem Überleben der Tiere gegeben. Weitere Hinweise, u. a. zu der Frage, wieweit ein aus der Überlebensrate der Tiere resultierendes negatives Ergebnis einer Kanzerogenitätsstudie akzeptiert werden kann, sind im OECD Guidance Document No. 116 on the Design and Conduct of Chronic Toxicity and Carcinogenicity Studies (7) zu finden.

Wenn die Anzahl der überlebenden Tiere in den Gruppen mit niedrigerer Dosierung oder in der Kontrollgruppe unter 25 % sinkt, ist die Beendigung der Studie in Betracht zu ziehen.

Ist lediglich in der Hochdosisgruppe ein vorzeitiger Tod aufgrund von Toxizität festzustellen, muss dies nicht zwangsläufig zur Beendigung der Studie führen.

Die Überlebensrate sollte nach Geschlechtern getrennt ausgewertet werden.

Die Studie sollte nicht über den Punkt hinaus fortgesetzt werden, an dem die Daten aus der Studie nicht mehr ausreichen, um eine statistisch valide Bewertung vorzunehmen.

BEOBACHTUNGEN

33.

Alle Tiere sind in der Regel jeden Tag morgens und abends, auch am Wochenende und an Feiertagen, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen. Darüber hinaus sind die Tiere einmal am Tag auf spezielle Anzeichen von toxikologischer Bedeutung zu untersuchen, wobei der Zeitpunkt zu berücksichtigen ist, zu dem nach Verabreichung per Schlundsonde mit den maximalen Wirkungen zu rechnen ist. Die Entwicklung von Tumoren ist besonders aufmerksam zu verfolgen; dabei sind der Zeitpunkt der Entstehung, die Lokalisierung, das Ausmaß, das Erscheinungsbild und die Progression jedes deutlich sichtbaren oder fühlbaren Tumors festzuhalten.

Körpergewicht, Futter-/Wasseraufnahme und Futtereffizienz

34.

Alle Tiere sollten zu Beginn der Behandlung, in den ersten 13 Wochen mindestens einmal wöchentlich und danach mindestens monatlich gewogen werden. Futteraufnahme und Futtereffizienz sollten in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich bestimmt werden. Die Trinkwasseraufnahme sollte in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich gemessen werden, wenn die Prüfsubstanz mit dem Trinkwasser verabreicht wird. Bei Studien, in denen das Trinkverhalten der Tiere verändert ist, sollte auch die Trinkwasseraufnahme gemessen werden.

Hämatologie, klinische Biochemie und sonstige Messungen

35.

Um möglichst viele Informationen aus der Studie zu gewinnen, insbesondere in Bezug auf die Wirkungsweise der Prüfsubstanz, können nach Ermessen des Studienleiters Blutproben für hämatologische und klinisch-biochemische Untersuchungen genommen werden. Urinuntersuchungen können ebenfalls angezeigt sein. Weitere Hinweise zum Nutzen dieser Probenahmen im Rahmen einer Kanzerogenitätsprüfung sind im Guidance Document No. 116 (7) zu finden. Falls sie für angezeigt gehalten werden, können die Blutproben für hämatologische und klinisch-chemische Untersuchungen und Urinuntersuchungen im Rahmen einer Tötung im Verlauf der Studie (siehe Nummer 20) oder bei Beendigung der Studie bei mindestens je zehn Tieren beider Geschlechter je Gruppe genommen werden. Die Blutproben müssen unter Anästhesie an einer benannten Stelle, z. B. durch Herzpunktion oder aus dem retrobulbären Venenplexus entnommen und gegebenenfalls fachgerecht gelagert werden. Es können auch Blutausstriche zur Untersuchung angefertigt werden, insbesondere wenn das Knochenmark das Zielorgan zu sein scheint. Der Nutzen dieser Untersuchung für die Einschätzung des karzinogenen/onkogenen Potenzials ist jedoch fraglich (32).

PATHOLOGIE

Makroskopische Untersuchung

36.

Alle an der Studie beteiligten Tiere, ausgenommen Sentineltiere (siehe Nummer 20) und andere Satellitentiere, sind einer vollständigen, eingehenden makroskopischen Untersuchung zu unterziehen, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Sentineltiere und andere Satellitentiere können nach Ermessen des Studienleiters von Fall zu Fall seziert werden. Organgewichte werden bei einer Prüfung auf Kanzerogenität normalerweise nicht erfasst, da der Nutzen dieser Daten durch geriatrische Veränderungen und in späteren Stadien durch die Entstehung von Tumoren beeinträchtigt wird. Sie können jedoch für die Durchführung einer Weight-of-Evidence-Bewertung und insbesondere für Fragen der Wirkungsweise von Bedeutung sein. Wenn sie Teil einer Satellitenstudie sind, sollten sie nicht später als ein Jahr nach Studienbeginn erfasst werden.

37.

Die folgenden Gewebe sind in dem für die betreffende Gewebeart und die vorgesehene anschließende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmittel aufzubewahren (33) (Gewebe in eckigen Klammern sind fakultativ):

alle makroskopischen Veränderungen

Herz

Pankreas

Magen (Vormagen, Drüsenmagen)

Nebennieren

Ileum

Nebenschilddrüse

[Zähne]

Aorta

Jejunum

periphere Nerven

Hoden

Gehirn (mit Schnitten von Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons)

Nieren

Hypophyse

Thymus

Caecum

Tränendrüse (exorbital)

Prostata

Schilddrüse

Zervix

Leber

Rectum

[Zunge]

Koagulationsdrüse

Lunge

Speicheldrüse

Trachea

Kolon

Lymphknoten (sowohl oberflächliche als auch tiefe)

Samenbläschen

Harnblase

Duodenum

Brustdrüse (obligatorisch für Weibchen und, falls bei der Sektion erkennbar, für Männchen)

Skelettmuskel

Uterus (mit Zervix)

Nebenhoden

[obere Atemwege, einschließlich Nase, Nasenmuscheln und Nasennebenhöhlen]

Haut

[Harnleiter]

Auge (mit Netzhaut)

Speiseröhre

Rückenmark (auf 3 Ebenen: zervical, mittlerer Thoraxbereich und lumbar)

[Harnröhre]

[Femur mit Gelenk]

[Riechkolben]

Milz

Vagina

Gallenblase (bei anderen Arten als Ratten)

Ovarien

[Brustbein]

Knochenmarkschnitt und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat

Hardersche Drüse

 

 

 

Bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe aufzubewahren. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebeuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden. In Studien mit dermaler Applikation sind die in der Liste für orale Verabreichung aufgeführten Organe aufzubewahren; es sind Proben der Haut an der Applikationsstelle zu nehmen und aufzubewahren. Bei Inhalationsstudien sollte sich die Liste der aufzubewahrenden und zu untersuchenden Gewebe des Atemtrakts an den Empfehlungen der Kapitel B.8 und B.29 dieses Anhangs orientieren. Was andere Organe/Gewebe betrifft, so sollten (zusätzlich zu den speziell konservierten Geweben aus dem Atemtrakt) die in der Liste für die orale Verabreichung genannten Organe untersucht werden.

Histopathologie

38.

Es gibt Leitlinien für bewährte Praktiken bei der Durchführung toxikologischer Pathologiestudien (33). Zu untersuchen sind mindestens folgende Gewebe:

alle Gewebe der Tiere aus der Hochdosisgruppe und der Kontrollgruppe,

alle Gewebe von während der Studie gestorbenen oder getöteten Tieren,

alle Gewebe mit makroskopischen Abnormitäten einschließlich Tumoren,

wenn behandlungsbedingte histopathologische Veränderungen in der Hochdosisgruppe festgestellt werden, sind diese Gewebe von allen Tieren in allen anderen Dosisgruppen zu untersuchen,

bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe zu untersuchen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

39.

Für alle bestimmten Parameter sollen Daten zu den einzelnen Tieren angegeben werden. Darüber hinaus sollten alle Daten in Form einer Tabelle zusammengefasst werden, aus der für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Tierschutzgründen getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, die Zahl der Tiere, die Toxizitätszeichen aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, ihrer Dauer und ihres Schweregrads, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und der Prozentsatz der von jeder Läsion betroffenen Tiere. Die Mittelwerte und Standardabweichungen (für kontinuierliche Versuchsdaten) von Tieren, die toxische Wirkungen oder Läsionen aufweisen, sind zusätzlich zum Schweregrad der Läsionen in Übersichtstabellen anzugeben.

40.

Historische Kontrolldaten können die Auswertung der Studienergebnisse erleichtern, z. B. wenn die Daten der gleichzeitigen Kontrollen erheblich von neueren Daten von Kontrolltieren aus derselben Versuchseinrichtung abweichen. Wenn historische Kontrolldaten bewertet werden, sollten sie von demselben Labor stammen, sich auf Tiere desselben Alters und Stamms beziehen und höchstens fünf Jahre vor der fraglichen Studie erhoben worden sein.

41.

Wenn möglich, sind die numerischen Daten durch eine geeignete allgemein annehmbare statistische Methode auszuwerten. Die statistischen Methoden und die zu analysierenden Daten sind bei der Planung der Studie festzulegen (Nummer 9). Diese Auswahl sollte es ermöglichen, erforderlichenfalls Anpassungen je nach Überlebensrate vorzunehmen.

Prüfbericht

42.

Der Prüfbericht sollte folgende Informationen enthalten:

 

Prüfsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und physikalisch-chemische Eigenschaften,

Daten zur Identifikation,

Herkunft des Stoffs,

Chargennummer,

Bescheinigung der chemischen Analyse.

 

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung der Wahl des Vehikel, sofern anders als Wasser.

 

Versuchstiere:

Art/Stamm und Begründung für die getroffene Wahl,

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere bei Versuchsbeginn,

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.,

Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn.

 

Prüfbedingungen:

Begründung für Verabreichungsweg und Festlegung der Dosis,

gegebenenfalls die statistischen Methoden zur Analyse der Daten,

Angaben zur Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung,

Analysedaten über die erreichte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung,

Verabreichungsweg und Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz,

bei Inhalationsstudien: ‚Nose-only‘- oder Ganzkörperexposition,

tatsächliche Dosen (mg/kg Körpergewicht/Tag) und, sofern zutreffend, Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Trinkwasser (mg/kg oder ppm) in die tatsächliche Dosis,

Angaben zur Futter- und Wasserqualität.

 

Ergebnisse (zusammenfassende Übersichtstabellen und Daten für die einzelnen Tiere):

 

Allgemeines

Überlebensdaten,

Körpergewicht/Änderungen des Körpergewichts,

Futteraufnahme, gegebenenfalls Berechnungen der Futtereffizienz und der Wasseraufnahme, falls erfasst,

toxikokinetische Daten, falls vorhanden,

Ophthalmoskopie (falls zutreffend),

Hämatologie (falls zutreffend),

klinische Chemie (falls zutreffend).

 

Klinische Befunde

Toxizitätszeichen,

Inzidenz (und, falls bewertet, Schweregrad) jeder Abnormität,

Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (sowohl vorübergehend als auch dauerhaft).

 

Nekropsiedaten

terminales Körpergewicht,

Organgewichte (und gegebenenfalls Verhältnis Organ-/Körpergewicht),

Sektionsbefunde; Inzidenz und Schweregrad von Abnormitäten.

 

Histopathologie

nicht neoplastische histopathologische Befunde,

neoplastische histopathologische Befunde,

Korrelation zwischen makroskopischen und mikroskopischen Befunden,

ausführliche Beschreibung aller behandlungsbedingten histopathologischen Befunde mit Einstufung des Schweregrads,

Bericht über eventuelle Peer-Reviews von Objektträgern.

 

Statistische Auswertung der Ergebnisse, soweit zutreffend

 

Diskussion der Ergebnisse einschließlich

Diskussion von Modellierungsansätzen,

Dosis-Wirkungs-Beziehungen,

historische Kontrolldaten,

Prüfung aller Informationen über die Wirkungsweise,

Bestimmung von BMD, NOAEL oder LOAEL,

Relevanz für Menschen.

 

Schlussfolgerungen

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6.

Kapitel B.27 dieses Anhangs, Prüfung auf sub-chronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren

7.

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8.

OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing, Series on Testing and Assessment No. 39, ENV/JM/MONO(2009)28, OECD, Paris.

9.

Kapitel B.8 dieses Anhangs, Prüfung auf subakute Toxizität nach Inhalation — 28-Tage-Test.

10.

Kapitel B.29 dieses Anhangs, Prüfung auf sub-chronische Toxizität nach Inhalation — 90-Tage-Test.

11.

Kapitel B.9 dieses Anhangs, Toxizität nach 28-tägiger Gabe (dermal).

12.

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Anlage 1

DEFINITION

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

B.33   KOMBINIERTE STUDIEN ZUR PRÜFUNG AUF CHRONISCHE TOXIZITÄT UND KANZEROGENITÄT

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 453 (2009). Die ursprüngliche TG 453 wurde 1981 angenommen. Die Entwicklung dieser aktualisierten Prüfmethode B.33 wurde für notwendig gehalten, um neueren Entwicklungen auf dem Gebiet des Tierschutzes sowie Regulierungsanforderungen Rechnung zu tragen (1) (2) (3) (4) (5). Diese Prüfmethode B.33 wurde parallel zur Überarbeitung von Kapitel B.32 dieses Anhang ‚Prüfungen auf Kanzerogenität‘ und Kapitel B.30 dieses Anhangs ‚Prüfungen auf chronische Toxizität‘ aktualisiert mit dem Ziel, zusätzliche Informationen von den in der Untersuchung verwendeten Tieren und detailliertere Angaben zur Wahl der Dosis zu gewinnen. Diese Prüfmethode ist dazu ausgelegt, für die Prüfung eines breiten Spektrums von chemischen Stoffen, einschließlich Pestiziden und Industriechemikalien, verwendet zu werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass bestimmte Details und Anforderungen für Pharmazeutika abweichen können [siehe Internationale Harmonisierungskonferenz (ICH) Guidance S1B on Testing for Carcinogenicity of Pharmaceuticals].

2.

Bei den meisten Prüfungen auf chronische Toxizität und Kanzerogenität werden Nagetierarten verwendet; diese Prüfmethode gilt daher hauptsächlich für Prüfungen, die an diesen Arten durchgeführt werden. Wenn solche Prüfungen an Nichtnagern erforderlich sind, können die beschriebenen Grundsätze und Verfahren mit entsprechenden Änderungen in Kombination mit denen des Kapitels B.27 dieses Anhangs ‚Prüfung auf subchronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren‘ (6), wie im OECD Guidance Document No. 116 on the Design and Conduct of Chronic Toxicity and Carcinogenicity Studies (7) beschrieben, ebenfalls angewendet werden.

3.

Bei Prüfungen auf chronische Toxizität/Kanzerogenität finden im Wesentlichen die orale, die dermale und die inhalative Verabreichung Anwendung. Die Wahl des Verabreichungswegs hängt von den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen ab. Zusätzliche Informationen zur Wahl des Expositionswegs sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten.

4.

Bei dieser Prüfmethode steht die Exposition auf oralem Weg im Vordergrund. Dies ist der bei Prüfungen auf chronische Toxizität und Kanzerogenität am häufigsten verwendete Expositionsweg. Zwar sind Langzeitprüfungen mit Exposition über die Haut oder durch Inhalation möglicherweise auch notwendig, um das Risiko für die menschliche Gesundheit zu beurteilen, und/oder im Rahmen bestimmter Regelungen vorgeschrieben, aber diese beiden Expositionswege sind aus technischer Sicht außerordentlich komplex. Derartige Prüfungen sind von Fall zu Fall zu konzipieren, wobei die hier beschriebene Prüfmethode für die Bewertung und Evaluierung von Kanzerogenität und chronischer Toxizität bei oraler Verabreichung allerdings mit Bezug auf Empfehlungen für Behandlungszeiten, klinische und Pathologieparameter usw. als Grundlage für ein Protokoll für Inhalations- und/oder dermale Prüfungen dienen könnte. Es gibt OECD-Leitlinien für die Verabreichung von Prüfsubstanzen durch Inhalation (7) (8) und über die Haut (7). Bei der Konzeption längerfristiger Prüfungen mit Exposition durch Inhalation sind insbesondere Kapitel B.8 dieses Anhangs (9) und Kapitel B.29 dieses Anhangs (10) sowie das OECD Guidance (8) zu berücksichtigen. Bei Prüfungen mit dermaler Applikation ist Kapitel B.9 dieses Anhangs (11) zu beachten.

5.

Die kombinierte Studie zur Prüfung auf chronische Toxizität/Kanzerogenität liefert Informationen über mögliche gesundheitliche Schädigungen, die durch wiederholte Exposition über einen Zeitraum entstehen können, der sich über die gesamte Lebensdauer der verwendeten Art erstrecken kann. Sie liefert Informationen über die toxischen Wirkungen der Prüfsubstanz, einschließlich der potenziellen Kanzerogenität, und gibt Hinweise auf Zielorgane und die Möglichkeit der Akkumulation. Außerdem kann sie zur Ableitung eines NOAEL-Werts (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) für toxische Wirkungen und, im Fall von nicht genotoxischen Karzinogenen, für Tumorreaktionen beitragen, der zur Festlegung von Sicherheitskriterien für die Humanexposition herangezogen werden kann. Ferner wird die Notwendigkeit sorgfältiger klinischer Beobachtung der Tiere hervorgehoben, damit so viele Informationen wie möglich gewonnen werden können.

6.

Zu den Zielen von Prüfungen auf chronische Toxizität/Kanzerogenität nach dieser Prüfmethode gehören

die Identifizierung der kanzerogenen Eigenschaften einer Prüfsubstanz, die im Vergleich zu gleichzeitigen Kontrollgruppen zu einer erhöhten Inzidenz von Neoplasmen, einem erhöhten Anteil maligner Neoplasmen oder einem schnelleren Auftreten von Neoplasmen führen,

die Ermittlung der Zeit bis zum Auftreten von Neoplasmen,

die Feststellung der chronischen Toxizität der Prüfsubstanz,

die Identifizierung des Zielorgans/der Zielorgane der chronischen Toxizität und der Kanzerogenität,

die Beschreibung der Dosis-Wirkungs-Beziehung,

die Bestimmung eines NOAEL-Werts (Dosis ohne beobachtete schädigende Wirkung) oder eines Ausgangspunkts für die Festlegung einer Benchmark-Dosis (BMD),

die Extrapolation kanzerogener Wirkungen auf Expositionsniveaus von Menschen bei geringer Dosis,

die Vorhersage der Wirkungen chronischer Toxizität beim Expositionsniveau von Menschen,

die Gewinnung von Daten zur Prüfung von Hypothesen über die Wirkungsweise (2) (7) (12) (13) (14) (15).

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

7.

Bei der Beurteilung und Bewertung des Kanzerogenitätspotenzials und der chronischen Toxizität einer Prüfsubstanz sollte das Prüflabor vor Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz berücksichtigen, damit die Studienauslegung auf eine effizientere Prüfung ihrer toxikologischen Eigenschaften ausgerichtet und die Verwendung von Versuchstieren minimiert werden kann. Es ist wichtig, die Wirkungsweise eines vermutlichen Karzinogens zu kennen und zu berücksichtigen (2) (7) (12) (13) (14) (15), da die optimale Studienauslegung je nachdem, ob die Prüfsubstanz ein bekanntes oder vermutliches genotoxisches Karzinogen ist, unterschiedlich sein kann. Nähere Hinweise zu Aspekten der Wirkungsweise sind im Guidance Document No. 116 (7) zu finden.

8.

Für die Auslegung der Studie könnten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, sämtliche Informationen über die Wirkungsweise, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen einschließlich Genotoxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten, Daten über Mutagenität/Genotoxizität, Kanzerogenität und andere toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen, toxikokinetische Daten (Kinetik bei Einzel- und Mehrfachdosierung) sowie Daten aus anderen Studien mit wiederholter Exposition herangezogen werden. Die chronische Toxizität/Kanzerogenität sollte erst bestimmt werden, wenn erste Informationen über die Toxizität aus Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 Tage und/oder 90 Tage vorliegen. Auch Kurzzeitversuche zur Krebsinitiation-/promotion können nützliche Informationen liefern. Im Rahmen der Gesamtbewertung der potenziellen schädlichen Wirkungen einer bestimmten Prüfsubstanz auf die Gesundheit sollte bei der Prüfung auf Kanzerogenität etappenweise vorgegangen werden (16) (17) (18) (19).

9.

Vor Beginn der Prüfung ist festzulegen, welche Statistikmethoden angesichts der Versuchsauslegung und der Ziele am besten für die Analyse der Ergebnisse geeignet sind. Dabei ist u. a. zu entscheiden, ob die Statistiken Anpassungen in Bezug auf die Überlebensrate, die Analyse kumulativer Tumorrisiken bezogen auf die Überlebensdauer, die Analyse des Zeitraums bis zum Auftreten eines Tumors und die Analyse bei vorzeitigem Tod der Tiere einer oder mehrerer Gruppen umfassen sollten. Hinweise zu den geeigneten statistischen Analysen und wichtige Literaturverweise zu international anerkannten Statistikmethoden sind im Guidance Document No. 116 (7) sowie im Guidance Document No. 35 on the analysis and evaluation of chronic toxicity and carcinogenicity studies (20) zu finden.

10.

Bei der Durchführung einer Prüfung auf Kanzerogenität sind stets die im OECD Guidance Document No. 19 on the recognition, assessment, and use of clinical signs as humane endpoints for experimental animals used in safety evaluation (21), insbesondere in Absatz 62, genannten Grundsätze und Erwägungen zu befolgen. In diesem Absatz heißt es: Wenn ein Tier in Studien mit wiederholter Verabreichung progressive klinische Anzeichen für eine fortschreitende Verschlechterung seines Zustands aufweist, ist eine informierte Entscheidung zu treffen, ob das Tier tierschutzgerecht getötet werden sollte oder nicht. Bei dieser Entscheidung sind Faktoren wie der Wert der Informationen, die bei Verbleiben des Tiers in der Studie gewonnen werden können, und der allgemeine Gesundheitszustand des Tiers gegeneinander abzuwägen. Wird beschlossen, das Tier in der Studie zu belassen, ist es entsprechend den Erfordernissen häufiger zu beobachten. Zur Linderung von Schmerzen oder Qualen kann auch die Verabreichung der Prüfsubstanz unterbrochen oder die Dosis verringert werden, sofern dabei der Zweck der Prüfung nicht beeinträchtigt wird.

11.

Ausführliche Informationen und eine Diskussion der Prinzipien der Dosiswahl bei Studien zur Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität sind im Guidance Document No. 116 (7) sowie in zwei Veröffentlichungen des International Life Sciences Institute (22) (23) zu finden. Die grundlegende Strategie der Dosiswahl hängt von den Hauptzielen der Studie ab (Nummer 6). Bei der Auswahl der geeigneten Dosisstufen ist ein Gleichgewicht zwischen Gefahrenidentifizierung einerseits und der Beschreibung von Wirkungen bei geringer Dosierung und ihrer Relevanz andererseits herzustellen. Dieses Gleichgewicht ist bei einer kombinierten Studie zur Prüfung auf chronische Toxizität und auf Kanzerogenität besonders wichtig.

12.

Es sollte in Betracht gezogen werden, statt einer getrennten Durchführung einer Prüfung auf chronische Toxizität (Kapitel B.30 dieses Anhangs) und einer Prüfung auf Kanzerogenität (Kapitel B.32 dieses Anhangs) eher diese kombinierte Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität durchzuführen. Die kombinierte Methode ist zeit- und kosteneffizienter und benötigt weniger Versuchstiere als zwei getrennte Studien, ohne dass dabei die Qualität der Daten der chronischen Komponente oder der Kanzerogenitätskomponente beeinträchtigt würde. Bei Durchführung einer kombinierten Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität sind die Grundsätze der Dosiswahl (Nummer 11 und Nummern 22-26) jedoch genau zu beachten. Es wird allerdings anerkannt, dass im Rahmen bestimmter Regelungen möglicherweise getrennte Prüfungen vorgeschrieben sind. Weitere Hinweise zur Planung der kombinierten Studie zur Prüfung auf chronische Toxizität und Kanzerogenität mit dem Ziel, die Effizienz der Studie zu maximieren, indem möglichst wenig Tiere verwendet und die verschiedenen Versuchsverfahren gestrafft werden, sind im Guidance Document No. 116 (7) zu finden.

13.

Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden am Ende dieses Kapitels und im Guidance Document No. 116 (7) definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

14.

Die Studie umfasst zwei parallele Phasen: eine chronische Phase und eine Kanzerogenitätsphase (zur jeweiligen Dauer siehe Nummern 34 bzw. 35). Die Prüfsubstanz wird in der Regel oral verabreicht, aber auch die Verabreichung durch Inhalation oder auf dermalem Weg kann angebracht sein. In der chronischen Phase wird die Prüfsubstanz mehreren Gruppen von Versuchstieren täglich in abgestuften Dosen verabreicht, eine Dosisstufe je Gruppe, und zwar normalerweise über einen Zeitraum von 12 Monaten, wobei je nach Regulierungsanforderungen (siehe Nummer 34) auch eine längere oder kürzere Dauer gewählt werden kann. Die Dauer sollte ausreichend lang sein, damit sich etwaige Wirkungen kumulativer Toxizität manifestieren können, ohne dass sich die verzerrenden Wirkungen geriatrischer Veränderungen bemerkbar machen. Die Studienauslegung kann auch eine oder mehrere zwischenzeitliche Tötungen vorsehen, z. B. nach 3 und 6 Monaten; außerdem können zu diesem Zweck auch zusätzliche Gruppen von Versuchstieren aufgenommen werden (siehe Nummer 20). In der Kanzerogenitätsphase wird die Prüfsubstanz mehreren Gruppen von Versuchstieren für den größeren Teil ihrer Lebenszeit täglich verabreicht. In beiden Phasen werden die Tiere sorgfältig auf Toxizitätszeichen und das Auftreten neoplastischer Veränderungen beobachtet. Tiere, die im Verlauf der Prüfung sterben, und vorzeitig getötete Tiere werden seziert; die nach Abschluss der Prüfung überlebenden Tiere werden getötet und ebenfalls seziert.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

15.

Diese Prüfmethode betrifft hauptsächlich die Bewertung und Evaluierung der chronischen Toxizität und der Kanzerogenität bei Nagetieren (Nummer 2). Die Verwendung anderer Arten als Nagetiere kann in Betracht gezogen werden, wenn die vorliegenden Daten darauf hindeuten, dass sie für die Vorhersage gesundheitlicher Wirkungen beim Menschen von größerer Relevanz sind. Die Wahl der Tierart ist zu begründen. Die bevorzugte Nagetierart ist die Ratte, doch können auch andere Nagetierarten, z. B. die Maus, verwendet werden. Obwohl die Verwendung der Maus in Prüfungen auf Kanzerogenität nur von begrenztem Nutzen sein mag (24) (25) (26), schreiben einige geltende Regulierungsprogramme nach wie vor Kanzerogenitätsprüfungen an der Maus vor, sofern nicht gezeigt werden kann, dass eine solche Studie wissenschaftlich nicht erforderlich ist. Ratten und Mäuse sind wegen ihrer relativ kurzen Lebenszeit, der weit verbreiteten Verwendung in pharmakologischen und toxikologischen Studien, ihrer Anfälligkeit für die Entstehung von Tumoren und der Verfügbarkeit ausreichend beschriebener Stämme die bevorzugten Versuchsmodelle. Daher liegen über ihre Physiologie und Pathologie umfangreiche Informationen vor. Wenn Prüfungen auf chronische Toxizität/Kanzerogenität bei Nichtnagern erforderlich sind, sollten Auslegung und Durchführung der Versuche auf den Grundsätzen der vorliegenden Prüfmethode sowie denen von Kapitel B.27 dieses Anhangs — Prüfung auf subchronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren (6) basieren. Zusätzliche Informationen zur Wahl der Tierart und des Stamms sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten.

16.

Es sind junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen zu verwenden. Für die kombinierte Prüfung auf chronische Toxizität/Kanzerogenität sollten Tiere desselben Stamms und derselben Herkunft verwendet werden wie für die kürzere(n) Toxizitätsvorstudie(n). Wenn jedoch bekannt ist, dass Tiere dieses Stamms und dieser Herkunft die allgemein anerkannten Überlebenskriterien für Langzeitstudien [siehe Guidance Document No. 116 (7)] nicht erfüllen, ist die Verwendung eines Tierstamms mit ausreichender Überlebensrate für die Langzeitstudie in Betracht zu ziehen. Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch trächtig sein.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

17.

Die Tiere können entweder einzeln oder in kleinen gleichgeschlechtlichen Gruppen in Käfigen untergebracht werden. Eine Einzelunterbringung ist nur in Betracht zu ziehen, wenn dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist (27) (28) (29). Die Käfige sollten so angeordnet werden, dass etwaige Einflüsse der Käfigplatzierung minimiert werden. Die Temperatur im Versuchstierraum sollte 22 °C (± 3 °C) betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 30 % betragen und — außer beim Reinigen des Raums — 70 % nicht überschreiten. Angestrebt werden sollte eine Luftfeuchtigkeit von 50-60 %. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, und eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung ist zu gewährleisten. Das Futter sollte den Nährstoffbedarf der eingesetzten Tierart decken und möglichst wenig Schadstoffe wie z. B. Pestizidrückstände, persistente organische Schadstoffe, Phytoöstrogene, Schwermetalle und Mykotoxine enthalten, die das Ergebnis der Prüfung beeinflussen könnten. Das Futter ist regelmäßig, und zwar zumindest zu Beginn der Prüfung und bei Verwendung einer anderen Charge, auf den Nährstoff- und Schadstoffgehalt hin zu analysieren; die Ergebnisse sind im Abschlussbericht anzugeben. Ergebnisse von Analysen des in der Prüfung verwendeten Trinkwassers sind ebenfalls anzugeben. Die Auswahl des Futters wird eventuell dadurch beeinflusst, dass eine geeignete Beimischung einer Prüfsubstanz und die Deckung des Nährstoffbedarfs der Tiere sichergestellt werden muss, wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird.

Vorbereitung der Tiere

18.

Es sind gesunde Tiere zu verwenden, die mindestens sieben Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und zuvor nicht für andere Experimente verwendet wurden. Bei Nagetieren sollte die Verabreichung so bald wie möglich nach dem Absetzen und der Eingewöhnung beginnen, vorzugsweise bevor die Tiere 8 Wochen alt sind. Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und Alter der Versuchstiere sind anzugeben. Bei Beginn der Studie sollten die Gewichtsunterschiede bei den Tieren beider Geschlechter möglichst gering sein und ± 20 % des geschlechtsspezifischen Durchschnittsgewichts aller Tiere in der Studie nicht überschreiten. Die Tiere werden nach dem Zufallsprinzip in Kontroll- und Behandlungsgruppen eingeteilt. Nach der Randomisierung sollte sich das Durchschnittsgewicht der Tiere desselben Geschlechts von Gruppe zu Gruppe nicht signifikant unterscheiden. Gibt es statistisch signifikante Unterschiede, sollte die Randomisierung möglichst wiederholt werden. Jedes Versuchstier erhält zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer und wird durch Tätowierung, Mikrochipimplantat oder auf eine andere geeignete Weise mit dieser Nummer gekennzeichnet.

VERFAHREN

Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

19.

Es sind Tiere beider Geschlechter zu verwenden. Es sollten so viele Tiere verwendet werden, dass eine gründliche biologische und statistische Auswertung möglich ist. Bei Nagetieren sollte daher jede Dosisgruppe (siehe Nummer 22) und jede gleichzeitige Kontrollgruppe für die Kanzerogenitätsphase der Studie mindestens je 50 Tiere beider Geschlechter umfassen. Je nach Ziel der Studie kann die statistische Aussagekraft von Schlüsselwerten durch ungleiche Verteilung der Tiere auf die verschiedenen Dosisgruppen erhöht werden, wobei z. B. zur Einschätzung des karzinogenen Potenzials bei niedrigen Dosen mehr als 50 Tiere in die Gruppen mit niedriger Dosis eingeteilt werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass eine mäßige Erhöhung der Gruppengröße nur zu einer relativ geringen Erhöhung der statistischen Aussagekraft der Studie führt. Bei Nagetieren sollte jede Dosisgruppe (siehe Nummer 22) und jede gleichzeitige Kontrollgruppe für die chronische Toxizitätsphase der Studie mindestens je 10 Tiere beider Geschlechter umfassen. Dies sind weniger Tiere als in der Studie zur Prüfung auf chronische Toxizität (Kapitel B.30 dieses Anhangs). Die Auswertung der Daten von der geringeren Anzahl Tiere je Gruppe in der chronischen Toxizitätsphase dieser kombinierten Studie wird jedoch durch die Daten von der größeren Anzahl Tiere in der Kanzerogenitätsphase unterstützt. Bei Studien an Mäusen sind in jeder Dosisgruppe der chronischen Toxizitätsphase möglicherweise zusätzliche Tiere nötig, um alle erforderlichen hämatologischen Bestimmungen vornehmen zu können. Weitere Informationen zur statistischen Auslegung der Studie und zur Wahl der Dosisstufen zwecks Maximierung der statistischen Aussagekraft sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten.

Tötungen im Verlauf der Studie, Satellitengruppen und Sentineltiere

20.

Es kann vorgesehen werden, dass Tiere im Verlauf der Studie für die chronische Toxizitätsphase, z. B. nach sechs Monaten, getötet werden, um Erkenntnisse über den Fortgang nicht neoplastischer Veränderungen und mechanistische Informationen zu gewinnen, falls dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist. Wenn diese Informationen bereits aus vorherigen Toxizitätsstudien mit wiederholter Gabe der Prüfsubstanz vorliegen, sind zwischenzeitliche Tötungen möglicherweise wissenschaftlich nicht gerechtfertigt. Die Tiere, die in der normalerweise 12 Monate dauernden chronischen Toxizitätsphase der Studie verwendet werden (Nummer 34) liefern Daten über zwischenzeitliche Tötungen für die Kanzerogenitätsphase, so dass insgesamt weniger Tiere verwendet werden müssen. In der chronischen Toxizitätsphase der Studie kann die Reversibilität toxikologischer Veränderungen, die durch die Prüfsubstanz hervorgerufen werden, auch mithilfe von Satellitengruppen überwacht werden. Diese können auf die höchste Dosisgruppe der Studie zuzüglich einer Kontrolle beschränkt werden. Der Krankheitsstatus während der Studie kann erforderlichenfalls mit einer zusätzlichen Gruppe von Sentineltieren (normalerweise je fünf Tiere beider Geschlechter) überwacht werden (30). Weitere Hinweise zur Planung der Studie in Bezug auf die Aufnahme von Tieren, die im Verlauf der Studie getötet werden sollen, sowie von Satelliten- und Sentineltieren unter gleichzeitiger Minimierung der Zahl der insgesamt verwendeten Tiere sind im Guidance Document No. 116 (7) zu finden.

21.

Wenn Satellitentiere und/oder Tötungen von Tieren im Verlauf der Studie vorgesehen sind, beträgt die Zahl der für diese Zwecke aufgenommenen Tiere in jeder Dosisgruppe normalerweise je zehn Tiere beider Geschlechter, und die Gesamtzahl der Tiere in der Studie sollte um die Zahl der Tiere erhöht werden, die vor Beendigung der Studie getötet werden sollen. Tiere, die im Verlauf der Studie getötet werden sollen, und Satellitentiere sind normalerweise in Bezug auf die Bestimmung des Körpergewichts und der Futter-/Wasseraufnahme, hämatologische und klinisch-biochemische Bestimmungen sowie pathologische Untersuchungen genauso zu behandeln wie die Tiere in der chronischen Toxizitätsphase der Hauptstudie; es kann allerdings vorgesehen werden, die Messungen (in den Gruppen mit im Verlauf der Studie zu tötenden Tieren) auf bestimmte Schlüsselaspekte wie Neurotoxizität oder Immunotoxizität zu beschränken.

Dosisgruppen und Dosierung

22.

Das Guidance Document No. 116 (7) enthält Hinweise zu allen Aspekten der Dosiswahl und zu den Abständen der Dosisstufen. Sowohl für die chronische als auch für die Kanzerogenitätsphase werden mindestens drei Dosisstufen und eine gleichzeitige Kontrolle verwendet. Die Dosisstufen werden im Allgemeinen auf der Grundlage der Ergebnisse von Studien mit kurzzeitiger wiederholter Verabreichung oder Dosisfindungsstudien festgelegt und sollten alle vorliegenden toxikologischen und toxikokinetischen Daten für die Prüfsubstanz oder verwandte Stoffe berücksichtigen.

23.

Für die chronische Toxizitätsphase der Studie ist u. U. keine vollständige Prüfung mit drei Dosisstufen erforderlich, wenn davon ausgegangen werden kann, dass ein Versuch mit einer Dosisstufe, die mindestens 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag entspricht, wahrscheinlich keine schädlichen Wirkungen hervorruft. Die Entscheidung sollte sich auf Informationen aus Vorstudien stützen und darauf, dass angesichts der Daten für strukturverwandte Stoffe keine Toxizität zu erwarten ist. Sofern die Exposition des Menschen nicht die Prüfung bei einer höheren Dosis erforderlich erscheinen lässt, kann eine Grenze von 1 000 mg/kg Körpergewicht/Tag angewandt werden.

24.

Soweit keine Beschränkungen aufgrund der physikalisch-chemischen Beschaffenheit oder der biologischen Wirkungen der Prüfsubstanz bestehen, ist die höchste Dosisstufe so zu wählen, dass zwar die Hauptzielorgane und die toxischen Wirkungen identifiziert werden können, aber Leiden, schwere Toxizität, Morbidität oder Tod der Tiere vermieden werden. Die höchste Dosisstufe ist normalerweise so zu wählen, dass Anzeichen von Toxizität hervorgerufen werden, die sich z. B. in einer verzögerten Körpergewichtsentwicklung äußern (etwa 10 %). Je nach den Zielen der Studie (siehe Nummer 6) kann jedoch eine Höchstdosis festgelegt werden, die unter der zu Toxizitätszeichen führenden Dosis liegt, z. B. wenn eine Dosis eine besorgniserregende Wirkung auslöst, die sich aber nur geringfügig auf Lebensdauer oder Körpergewicht auswirkt.

25.

Die Dosisstufen und die Abstände der Dosisstufen können so gewählt werden, dass eine Dosis-Wirkungs-Beziehung und, je nach Wirkungsweise der Prüfsubstanz, ein NOAEL-Wert oder andere angestrebte Studienergebnisse, z. B. ein BMD (siehe Nummer 27), festgestellt werden können. Zu den Faktoren, die bei der Festlegung niedrigerer Dosen zu berücksichtigen sind, gehören die voraussichtliche Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve, die Dosen, bei denen wichtige Änderungen des Metabolismus oder der toxischen Wirkungsweise eintreten können, und das Niveau, bei dem eine Schwelle oder ein Ausgangspunkt für eine Extrapolation niedriger Dosen erwartet wird. Bei Durchführung einer kombinierten Prüfung auf Kanzerogenität und chronische Toxizität liegt der Schwerpunkt auf der Gewinnung von Informationen für die Einschätzung des Kanzerogenitätsrisikos, während die Gewinnung von Informationen über die chronische Toxizität normalerweise ein nachrangiges Ziel ist. Dies ist zu berücksichtigen, wenn die Dosisstufen und ihre Abstände für die Studie festgelegt werden.

26.

Welche Dosisstufenabstände gewählt werden, hängt von den Zielen der Studie und den Merkmalen der Prüfsubstanz ab und kann in dieser Prüfmethode nicht im Einzelnen vorgeschrieben werden. Abstände mit einem Faktor von 2 bis 4 erweisen sich jedoch oft als gut geeignet für die Festsetzung abnehmender Dosisstufen. Außerdem ist es oft besser, statt der Verwendung sehr großer Intervalle (z. B. mit einem Faktor zwischen 6 und 10) zwischen den Dosierungen eine vierte Prüfgruppe einzurichten. Die Verwendung von Faktoren über 10 sollte im Allgemeinen vermieden bzw. gegebenenfalls begründet werden.

27.

Entsprechend dem Guidance Document No. 116 (7) sind bei der Dosisfestlegung u. a. folgende Faktoren zu berücksichtigen:

bekannte oder vermutete Nichtlinearitäten oder Wendepunkte der Dosis-Wirkungs-Kurve;

Toxikokinetik und Dosisbereiche, bei denen die metabolische Induktion, die Sättigung oder die Nichtlinearität zwischen externen und internen Dosen auftritt oder nicht auftritt;

Vorläuferläsionen, Wirkungsmarker oder Indikatoren für den Ablauf zugrunde liegender biologischer Schlüsselprozesse;

wichtige (oder vermutete) Aspekte der Wirkungsweise, z. B. Dosen, ab denen Zytotoxizität auftritt, Hormonspiegel beeinflusst werden, homöostatische Mechanismen gestört werden usw.;

Bereiche der Dosis-Wirkungs-Kurve, bei denen eine besonders genaue Schätzung erforderlich ist, z. B. im Bereich der vorgesehenen BMD oder einer vermuteten Schwelle;

Berücksichtigung der voraussichtlichen Expositionsniveaus von Menschen, insbesondere bei der Wahl mittlerer und niedriger Dosen.

28.

Die Kontrollgruppe ist eine unbehandelte Gruppe oder eine Vehikelkontrollgruppe, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Abgesehen von der Behandlung mit der Prüfsubstanz sollten die Tiere der Kontrollgruppe genauso behandelt werden wie die Tiere in den Prüfgruppen. Wird ein Vehikel verwendet, erhält die Kontrollgruppe das Vehikel im höchsten bei den Dosisgruppen verwendeten Volumen. Wird eine Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht, und führt dies aus geschmacklichen Gründen zu einer verminderten Futteraufnahme, kann eine paarweise gefütterte Kontrollgruppe nützlich und eine bessere Kontrolle sein.

Zubereitung der Dosen und Verabreichung der Prüfsubstanz

29.

Die Prüfsubstanz wird in der Regel oral, d. h. mit der Nahrung oder dem Trinkwasser, oder über eine Schlundsonde verabreicht. Zusätzliche Informationen zu Verabreichungswegen und -methoden sind im Guidance Document No. 116 (7) enthalten. Verabreichungsweg und -methode richten sich nach dem Zweck der Studie, den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, ihrer Bioverfügbarkeit und der vorherrschenden Art der Exposition beim Menschen. Der gewählte Verabreichungsweg und die Methode sollten begründet werden. Aus Tierschutzgründen sollte die Schlundsonde nur für Agenzien gewählt werden, bei denen dieser Weg und diese Methode der Verabreichung die potenzielle Humanexposition annähernd repräsentieren (z. B. Arzneimittel). Nahrungs- oder Umweltchemikalien einschließlich Pestizide werden normalerweise mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreicht. Für bestimmte Szenarios, z. B. berufliche Exposition, können andere Applikationswege besser geeignet sein.

30.

Bei Bedarf wird die Prüfsubstanz in einem geeigneten Vehikel gelöst oder suspendiert. Zu berücksichtigen sind gegebenenfalls folgende Merkmale des Vehikels und anderer Additive: Auswirkungen auf die Resorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Retention der Prüfsubstanz; Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können, und ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere. Es empfiehlt sich, nach Möglichkeit zunächst die Verwendung einer wässrigen Lösung/Suspension, dann eine Lösung/Emulsion in Öl (z. B. Maisöl) und erst dann eine Lösung in einem anderen Vehikel in Betracht zu ziehen. Bei anderen Vehikeln als Wasser müssen deren toxische Merkmale bekannt sein. Es sollten Informationen über die Stabilität der Prüfsubstanz und die Homogenität der Lösungen oder Futterrationen, die (je nach Fall) die Dosierung enthalten, unter den Verabreichungsbedingungen (z. B. mit dem Futter) vorliegen.

31.

Für mit dem Futter oder dem Trinkwasser verabreichte Stoffe ist unbedingt sicherzustellen, dass die Mengen der jeweiligen Prüfsubstanz die normale Nahrungsaufnahme oder den Wasserhaushalt nicht beeinträchtigen. Um eine unausgewogene Ernährung zu vermeiden, sollte die Konzentration der Prüfsubstanz in Langzeittoxizitätsstudien mit Verabreichung über die Nahrung normalerweise eine Obergrenze von 5 % der Gesamtnahrung nicht übersteigen. Wenn die Prüfsubstanz mit dem Futter verabreicht wird, kann entweder eine konstante Futterkonzentration (mg/kg Futter oder ppm) oder eine konstante Dosierung in Relation zum Körpergewicht des Tiers (mg/kg Körpergewicht), berechnet auf Wochenbasis, verwendet werden. Die jeweils gewählte Verfahrensweise ist anzugeben.

32.

Bei oraler Verabreichung erhalten die Tiere die Prüfsubstanz täglich (sieben Tage in der Woche) für einen Zeitraum von 12 Monaten (chronische Phase) oder 24 Monaten (Kanzerogenitätsphase), siehe auch Nummern 33 und 34. Jede Abweichung von diesem Dosierungsplan, z. B. fünf Tage pro Woche, ist zu begründen. Bei dermaler Applikation werden die Tiere, wie in Kapitel B.9 dieses Anhangs (11) beschrieben, für einen Zeitraum von 12 Monaten (chronische Phase) oder 24 Monaten (Kanzerogenitätsphase) an sieben Tagen in der Woche mindestens 6 Stunden pro Tag mit der Prüfsubstanz behandelt. Die Inhalationsexposition wird an sieben Tagen in der Woche für 6 Stunden pro Tag durchgeführt, aber auch fünf Tage in der Woche sind möglich, wenn dies gerechtfertigt ist. Die Expositionsdauer beträgt normalerweise 12 Monate (chronische Phase) oder 24 Monate (Kanzerogenitätsphase). Wenn für eine ‚Nose-only‘-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Eine Expositionsdauer von weniger als 6 Stunden pro Tag ist zu begründen. Siehe auch Kapitel B.8 dieses Anhangs (9).

33.

Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so sollte dies unter Verwendung einer Schlundsonde oder einer geeigneten Intubationskanüle jeweils zur gleichen Tageszeit erfolgen. Normalerweise wird einmal am Tag eine einzige Dosis verabreicht; wenn es sich bei der Prüfsubstanz z. B. um einen lokal reizenden Stoff handelt, kann die Tagesdosis auf zwei Teilmengen aufgeteilt werden. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen sollte so gering wie möglich sein und bei Nagetieren normalerweise 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten (31). Die Variabilität der Prüfvolumina sollte durch Anpassung der Konzentration auf ein konstantes Volumen bei allen Dosen möglichst gering gehalten werden. Davon ausgenommen sind potenziell ätzende oder reizende Stoffe, die zur Vermeidung schwerwiegender lokaler Wirkungen verdünnt werden müssen. Die Prüfung in Konzentrationen, die wahrscheinlich eine verätzende oder reizende Wirkung für den Magen-Darm-Trakt haben, ist zu vermeiden.

Versuchsdauer

34.

Dosierungszeitraum und Dauer der chronischen Phase dieser Studie betragen normalerweise 12 Monate, aber je nach den Anforderungen bestimmter Regulierungsregelungen oder für spezifische mechanistische Zwecke sind auch kürzere (z. B. 6 oder 9 Monate) oder längere (z. B. 18 oder 24 Monate) Zeiträume möglich. Abweichungen von der 12-monatigen Expositionsdauer sind zu begründen, insbesondere wenn eine kürzere Dauer gewählt wird. Zur Bewertung der chronischen Toxizität und nicht neoplastischer pathologischer Läsionen wird die Behandlung aller Dosisgruppen dieser Phase zum festgelegten Zeitpunkt beendet. Satellitengruppen zur Beobachtung der Reversibilität von toxikologischen Veränderungen, die durch die Prüfsubstanz hervorgerufen werden, sollten nach Beendigung der Exposition noch für einen Zeitraum von mindestens 4 Wochen, aber nicht länger als ein Drittel der Gesamtstudiendauer ohne Behandlung beibehalten werden.

35.

Die Kanzerogenitätsphase dieser Studie dauert bei Nagetieren in der Regel 24 Monate, was dem größten Teil der normalen Lebenszeit der verwendeten Tiere entspricht. Eine kürzere oder längere Studiendauer ist je nach Lebenszeit der in der Studie verwendeten Tierart möglich, sollte aber begründet werden. Bei bestimmten Stämmen von Mäusen, z. B. die Stämme AKR/J, C3H/J oder C57BL/6J, ist eine Dauer von 18 Monaten möglicherweise besser geeignet. Im Folgenden werden Hinweise zu Dauer und Beendigung der Studie und dem Überleben der Tiere gegeben. Weitere Hinweise, u. a. zu der Frage, wieweit ein aus der Überlebensrate der Tiere resultierendes negatives Ergebnis einer Kanzerogenitätsstudie akzeptiert werden kann, sind im OECD Guidance Document No. 116 on the Design and Conduct of Chronic Toxicity and Carcinogenicity Studies (7) zu finden.

Wenn die Anzahl der überlebenden Tiere in den Gruppen mit niedrigerer Dosierung oder in der Kontrollgruppe unter 25 % sinkt, ist die Beendigung der Studie in Betracht zu ziehen.

Ist lediglich in der Hochdosisgruppe ein vorzeitiger Tod aufgrund von Toxizität festzustellen, muss dies nicht zwangsläufig zur Beendigung der Studie führen.

Die Überlebensrate sollte nach Geschlechtern getrennt ausgewertet werden.

Die Studie sollte nicht über den Punkt hinaus fortgeführt werden, an dem die Daten aus der Studie nicht mehr ausreichen, um eine statistisch valide Bewertung vorzunehmen.

BEOBACHTUNGEN (CHRONISCHE TOXIZITÄTSPHASE)

36.

Alle Tiere sind in der Regel jeden Tag morgens und abends, auch am Wochenende und an Feiertagen, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen. Allgemeine klinische Beobachtungen sollten mindestens einmal täglich, vorzugsweise zur selben Tageszeit, unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis über eine Schlundsonde zu erwarten ist, vorgenommen werden.

37.

Bei allen Tieren sind mindestens einmal vor der ersten Exposition (für intraindividuelle Vergleiche), am Ende der ersten Studienwoche und danach monatlich gründliche klinische Beobachtungen vorzunehmen. Das Beobachtungsprotokoll ist so zu gestalten, dass Abweichungen zwischen den Beobachtern minimiert werden und von der Prüfgruppe unabhängig sind. Diese Beobachtungen sollten außerhalb des Käfigs erfolgen, in dem die Tiere gehalten werden, und zwar vorzugsweise in einem Standardgehege jeweils zu denselben Zeiten. Sie sind sorgfältig zu dokumentieren, am besten nach einer speziell vom Prüflabor entwickelten Bewertungsskala. Die Beobachtungsbedingungen sollten möglichst konstant sein. Zu achten ist insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, auf Sekrete und Exkrete sowie autonome Aktivitäten (z. B. Tränensekretion, Piloerektion, Pupillengröße, ungewöhnliche Atemmuster). Gang- und Haltungsstörungen, ferner Reaktionen auf den Umgang mit den Tieren sowie etwaige klonische oder tonische Bewegungen, Stereotypien (z. B. übermäßiges Putzen, wiederholte Kreisbewegungen) oder abnormes Verhalten (z. B. Selbstverstümmelung, Rückwärtsgehen) sollten auch dokumentiert werden (32).

38.

Alle Tiere sind vor der ersten Verabreichung der Prüfsubstanz mit einem Ophthalmoskop oder einem anderen geeigneten Instrument ophthalmologisch zu untersuchen. Am Ende der Studie ist diese Untersuchung möglichst bei allen Tieren, aber mindestens bei der Hochdosisgruppe und der Kontrollgruppe zu wiederholen. Wenn behandlungsbedingte Veränderungen an den Augen beobachtet werden, sind alle Tiere zu untersuchen. Wenn eine Strukturanalyse oder andere Informationen auf eine Toxizität für die Augen hindeuten, ist die Frequenz der Augenuntersuchungen zu erhöhen.

39.

Bei Chemikalien, für die vorangegangene Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 und/oder 90 Tage auf potenzielle neurotoxische Wirkungen hindeuten, können vor Studienbeginn, in Abständen von drei Monaten nach Beginn einer Studie von bis zu 12 Monaten einschließlich sowie bei Beendigung der Studie (falls länger als 12 Monate) fakultativ die sensorische Reaktivität auf Reize verschiedener Art (32) (z. B. akustische, visuelle und propriozeptive Reize) (33), (34), (35), die Greifkraft (36) und die motorische Aktivität (37) bewertet werden. Weitere Einzelheiten zu den möglichen Untersuchungen finden sich in der Literatur. Allerdings können auch andere als dort genannte Verfahren angewendet werden.

40.

Bei Chemikalien, für die vorangegangene Toxizitätsprüfungen mit wiederholter Gabe über 28 und/oder 90 Tage auf potenzielle immunotoxische Wirkungen hindeuten, können bei Beendigung der Studie fakultativ weitere Untersuchungen dieses Endpunkts durchgeführt werden.

Körpergewicht, Futter-/Wasseraufnahme und Futtereffizienz

41.

Alle Tiere sollten zu Beginn der Behandlung, in den ersten 13 Wochen mindestens einmal wöchentlich und danach mindestens monatlich gewogen werden. Futteraufnahme und Futtereffizienz sollten in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich bestimmt werden. Die Trinkwasseraufnahme sollte in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich gemessen werden, wenn die Prüfsubstanz mit dem Trinkwasser verabreicht wird. Bei Studien, in denen das Trinkverhalten der Tiere verändert ist, sollte auch die Trinkwasseraufnahme gemessen werden.

Hämatologie und klinische Biochemie

42.

Bei Prüfungen an Nagetieren sind die hämatologischen Untersuchungen an allen Versuchstieren (10 männliche und 10 weibliche Tiere je Gruppe) nach 3, 6 und 12 Monaten sowie bei Beendigung der Studie (falls sie länger als 12 Monate dauert) durchzuführen. Bei Mäusen werden möglicherweise Satellitentiere benötigt, um alle erforderlichen hämatologischen Bestimmungen vornehmen zu können (siehe Nummer 19). Bei Prüfungen an Nichtnagern werden die Proben wie bei Nagetieren beschrieben in den Zwischenphasen und bei Beendigung der Studie von einer kleineren Anzahl Tiere (z. B. vier Tiere je Geschlecht und je Gruppe in Hundestudien) genommen. Weder bei Nagern noch bei Nichtnagern brauchen Messungen nach drei Monaten vorgenommen zu werden, wenn bei den hämatologischen Parametern in einer vorangegangenen 90-Tage-Studie mit vergleichbaren Dosisstufen keine Wirkung erkennbar war. Die Blutproben müssen unter Anästhesie an einer benannten Stelle, z. B. durch Herzpunktion oder aus dem retrobulbären Venenplexus entnommen werden.

43.

Die folgenden Parameter sind zu bestimmen (38): Gesamt- und Differenzialleukozytenzahl, Erythrozytenzahl, Thrombozytenzahl, Hämoglobinkonzentration, Hämatokrit, mittleres Erythrozyteneinzelvolumen (MCV), mittleres korpuskuläres Hämoglobin (MCH), mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration (MCHC), Prothrombinzeit und aktivierte partielle Thromboplastinzeit. Je nach Toxizität der Prüfsubstanz können gegebenenfalls auch weitere hämatologische Parameter wie Heinz-Körper oder andere atypische Erythrozytenmorphologie oder Methämoglobin gemessen werden. Insgesamt ist je nach den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen. Wenn die Prüfsubstanz Auswirkungen auf die Hämatopoese hat, können auch eine Bestimmung der Retikulozytenzahl und eine Knochenmarkzytologie angezeigt sein; sie müssen aber nicht routinemäßig durchgeführt werden.

44.

Klinisch-biochemische Bestimmungen zur Untersuchung der wichtigsten toxischen Wirkungen in Geweben, insbesondere der Wirkungen auf Nieren und Leber, sind an Blutproben durchzuführen, die von jedem Versuchstier (10 männliche und 10 weibliche Tiere je Gruppe) in den für die hämatologischen Untersuchungen angegebenen gleichen Zeitabständen entnommen werden. Bei Mäusen werden möglicherweise Satellitentiere benötigt, um alle erforderlichen klinisch-biochemischen Bestimmungen vornehmen zu können. Bei Prüfungen an Nichtnagern werden die Proben wie bei Nagetieren beschrieben in den Zwischenphasen und bei Beendigung der Studie von einer kleineren Anzahl Tiere (z. B. vier Tiere je Geschlecht und je Gruppe in Hundestudien) genommen. Weder bei Nagern noch bei Nichtnagern brauchen Messungen nach drei Monaten vorgenommen zu werden, wenn bei den klinisch-biochemischen Parametern in einer vorangegangenen 90-Tage-Studie mit vergleichbaren Dosisstufen keine Wirkung erkennbar war. Es empfiehlt sich eine Futterkarenz der Tiere (ausgenommen Mäuse) über Nacht, bevor die Blutproben entnommen werden (10). Die folgenden Parameter sind zu bestimmen (38): Glucose, Harnstoff (Harnstoff-Stickstoff), Kreatinin, Gesamtprotein, Albumin, Calcium, Natrium, Kalium, Gesamtcholesterin, mindestens zwei geeignete Parameter für die hepatozelluläre Evaluierung (Alanin-Aminotransferase, Aspartat-Aminotransferase, Glutamatdehydrogenase, Gesamtgallensäuren) (39) und mindestens zwei geeignete Parameter für die hepatobiliäre Evaluierung (alkalische Phosphatase, γ-Glutamyltransferase, 5’-Nucleotidase, Gesamtbilirubin, Gesamtgallensäuren) (39). Je nach Toxizität der Prüfsubstanz können gegebenenfalls auch weitere klinisch-chemische Parameter wie Nüchtern-Triglyceride, spezifische Hormone und Cholinesterase bestimmt werden. Insgesamt ist je nach den beobachteten und/oder erwarteten Wirkungen der Prüfsubstanz mit der entsprechenden Flexibilität vorzugehen.

45.

An Proben, die allen Tieren in der Studie (zehn männliche und zehn weibliche Tiere je Gruppe) in den gleichen Abständen entnommen wurden wie die Proben für die hämatologische und die klinisch-chemische Untersuchung, sind Urinanalysen durchzuführen. Es brauchen keine Messungen nach drei Monaten vorgenommen zu werden, wenn bei der Urinanalyse in einer vorangegangenen 90-Tage-Studie mit vergleichbaren Dosisstufen keine Wirkung erkennbar war. Eine Empfehlung von Sachverständigen zu klinischen Pathologiestudien (38) enthält die folgende Liste von Parametern: Aussehen, Volumen, Osmolalität oder spezifisches Gewicht, pH-Wert, Gesamteiweiß und Glucose. Außerdem können Ketone, Urobilinogen, Bilirubin und okkultes Blut bestimmt werden. Sofern erforderlich, können weitere Parameter verwendet werden, um die Untersuchung beobachteter Wirkungen zu erweitern.

46.

Bei Studien an Hunden werden im Allgemeinen Bestimmungen der Ausgangsdaten hämatologischer und klinisch-biochemischer Parameter vor der Behandlung für notwendig gehalten; bei Studien an Nagern müssen sie aber nicht bestimmt werden (38). Wenn keine ausreichenden historischen Ausgangsdaten vorliegen (siehe Nummer 58), sollten sie jedoch bestimmt werden.

PATHOLOGIE

Makroskopische Untersuchung

47.

Alle an der Studie beteiligten Tiere müssen normalerweise einer vollständigen, eingehenden makroskopischen Untersuchung unterzogen werden, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Es kann jedoch auch vorgesehen werden, die Untersuchungen (in den Gruppen der Tiere, die im Verlauf der Studie getötet werden sollen, und in den Satellitengruppen) auf spezifische Schlüsselaspekte wie Neurotoxizität oder Immunotoxizität zu beschränken (siehe Nummer 21). Diese Tiere brauchen weder seziert noch den nachstehend beschriebenen Verfahren unterzogen zu werden. Sentineltiere können nach Ermessen des Studienleiters von Fall zu Fall seziert werden.

48.

Die Organgewichte aller Tiere sind zu erfassen, außer von denen, die gemäß dem letzten Teil von Nummer 47 ausgenommen sind. Nebennieren, Gehirn, Nebenhoden, Herz, Nieren, Leber, Ovarien, Milz, Hoden, Schilddrüse (nach Fixierung gewogen, mit Nebenschilddrüsen) und Uterus (außer der moribund aufgefundenen und/oder zwischenzeitlich getöteten Tiere) sind in angemessener Form von anhaftendem Gewebe zu befreien, und ihr Nassgewicht ist so rasch wie möglich nach der Sektion festzustellen, um ein Austrocknen zu verhindern.

49.

Die folgenden Gewebe sind in dem für die betreffende Gewebeart und die vorgesehene anschließende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmittel aufzubewahren (40) (Gewebe in eckigen Klammern sind fakultativ):

alle makro-skopischen Veränderungen

Herz

Pankreas

Magen (Vormagen, Drüsenmagen)

Nebennieren

Ileum

Nebenschilddrüse

[Zähne]

Aorta

Jejunum

periphere Nerven

Hoden

Gehirn (mit Schnitten von Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons)

Nieren

Hypophyse

Thymus

Caecum

Tränendrüse (exorbital)

Prostata

Schilddrüse

Zervix

Leber

Rectum

[Zunge]

Koagulationsdrüse

Lunge

Speicheldrüse

Trachea

Kolon

Lymphknoten (sowohl oberflächliche als auch tiefe)

Samenbläschen

Harnblase

Duodenum

Brustdrüse (obligatorisch für Weibchen und, falls bei der Sektion erkennbar, für Männchen)

Skelettmuskel

Uterus (mit Zervix)

Nebenhoden

[obere Atemwege, einschließlich Nase, Nasenmuscheln und Nasennebenhöhlen]

Haut

[Harnleiter]

Auge (mit Netzhaut)

Speiseröhre

Rückenmark (auf 3 Ebenen: zervical, mittlerer Thoraxbereich und lumbar)

[Harnröhre]

[Femur mit Gelenk]

[Riechkolben]

Milz

Vagina

Gallenblase (bei anderen Arten als Ratten)

Ovarien

[Brustbein]

Knochenmarkschnitt und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat

Hardersche Drüse

 

 

 

Bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe aufzubewahren. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebeuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden. In Studien mit dermaler Applikation sind die in der Liste für orale Verabreichung aufgeführten Organe zu untersuchen; außerdem sind Proben der Haut an der Applikationsstelle zu nehmen und aufzubewahren. Bei Inhalationsstudien entspricht die Liste der aufzubewahrenden und zu untersuchenden Gewebe des Atemtrakts den Empfehlungen von Kapitel B.8 dieses Anhangs (9) und Kapitel B.29 dieses Anhangs (10). Was andere Organe/Gewebe betrifft, so sollten (zusätzlich zu den speziell konservierten Geweben aus dem Atemtrakt) die in der Liste für die orale Verabreichung genannten Organe untersucht werden.

Histopathologie

50.

Es gibt Leitlinien für bewährte Praktiken bei der Durchführung toxikologischer Pathologiestudien (40). Histopathologisch zu untersuchen sind mindestens

alle Gewebe der Tiere aus der Hochdosisgruppe und der Kontrollgruppe,

alle Gewebe von während der Studie gestorbenen oder getöteten Tieren,

alle Gewebe mit makroskopischen Abnormitäten,

Zielgewebe oder Gewebe, die in der Hochdosisgruppe behandlungsbedingte Veränderungen aufwiesen, von allen Tieren in allen anderen Dosisgruppen,

bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe zu untersuchen.

BEOBACHTUNGEN (Kanzerogenitätsphase)

51.

Alle Tiere sind in der Regel jeden Tag morgens und abends, auch am Wochenende und an Feiertagen, auf Anzeichen von Morbidität und Mortalität hin zu untersuchen. Darüber hinaus sind die Tiere einmal am Tag auf spezielle Anzeichen von toxikologischer Bedeutung zu untersuchen. Bei Studien mit Sondenapplikation sind die Tiere unmittelbar nach der Dosierung zu kontrollieren. Die Entwicklung von Tumoren ist mit besonderer Aufmerksamkeit zu verfolgen; dabei sind der Zeitpunkt der Entstehung, die Lokalisierung, das Ausmaß, das Erscheinungsbild und die Progression jedes deutlich sichtbaren oder fühlbaren Tumors festzuhalten.

52.

Alle Tiere sollten zu Beginn der Behandlung, in den ersten 13 Wochen mindestens einmal wöchentlich und danach mindestens monatlich gewogen werden. Futteraufnahme und Futtereffizienz sollten in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich bestimmt werden. Die Trinkwasseraufnahme sollte in den ersten 13 Wochen mindestens wöchentlich und danach mindestens monatlich gemessen werden, wenn die Prüfsubstanz mit dem Trinkwasser verabreicht wird. Bei Studien, in denen das Trinkverhalten der Tiere verändert ist, sollte auch die Trinkwasseraufnahme gemessen werden.

Hämatologie, klinische Biochemie und sonstige Messungen

53.

Um möglichst viele Informationen aus der Studie zu gewinnen, insbesondere in Bezug auf die Wirkungsweise der Prüfsubstanz, können nach Ermessen des Studienleiters Blutproben für hämatologische und klinisch-biochemische Untersuchungen genommen werden. Urinuntersuchungen können ebenfalls angezeigt sein. Daten über die Tiere, die in der normalerweise 12 Monate dauernden chronischen Toxizitätsphase der Studie (Nummer 34) verwendet wurden, liefern Informationen über diese Parameter. Weitere Hinweise zum Nutzen dieser Probenahmen im Rahmen einer Kanzerogenitätsprüfung sind im Guidance Document No. 116 (7) zu finden. Wenn Blutproben genommen werden, sollten sie am Ende des Prüfzeitraums kurz vor der Tötung oder als Teil des Tötungsvorgangs genommen werden. Sie müssen unter Anästhesie an einer benannten Stelle, z. B. durch Herzpunktion oder aus dem retrobulbären Venenplexus entnommen werden. Es können auch Blutausstriche zur Untersuchung angefertigt werden, insbesondere wenn das Knochenmark das Zielorgan zu sein scheint. Der Nutzen dieser Untersuchung von Blutausstrichen in der Kanzerogenitätsphase für die Einschätzung des karzinogenen/onkogenen Potenzials ist jedoch fraglich (38).

PATHOLOGIE

Makroskopische Untersuchung

54.

Alle an der Studie beteiligten Tiere, ausgenommen Sentineltiere und andere Satellitentiere (siehe Nummer 20), müssen einer vollständigen, eingehenden makroskopischen Untersuchung unterzogen werden, die die sorgfältige Untersuchung der äußeren Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel-, Brust- und Bauchhöhlen und ihres Inhalts umfasst. Sentineltiere und andere Satellitentiere können nach Ermessen des Studienleiters von Fall zu Fall seziert werden. Organgewichte werden bei einer Prüfung auf Kanzerogenität normalerweise nicht erfasst, da der Nutzen dieser Daten durch geriatrische Veränderungen und in späteren Stadien durch die Entstehung von Tumoren beeinträchtigt wird. Sie können jedoch für die Durchführung einer Weight-of-Evidence-Bewertung und insbesondere für Fragen der Wirkungsweise von Bedeutung sein. Wenn sie Teil einer Satellitenstudie sind, sollten sie nicht später als ein Jahr nach Studienbeginn erfasst werden.

55.

Die folgenden Gewebe sind in dem für die betreffende Gewebeart und die vorgesehene anschließende histopathologische Untersuchung am besten geeigneten Fixierungsmittel aufzubewahren (40) (Gewebe in eckigen Klammern sind fakultativ):

alle makro-skopischen Veränderungen

Herz

Pankreas

Magen (Vormagen, Drüsenmagen)

Nebennieren

Ileum

Nebenschilddrüse

[Zähne]

Aorta

Jejunum

periphere Nerven

Hoden

Gehirn (mit Schnitten von Cerebrum, Cerebellum und Medulla/Pons)

Nieren

Hypophyse

Thymus

Caecum

Tränendrüse (exorbital)

Prostata

Schilddrüse

Zervix

Leber

Rectum

[Zunge]

Koagulationsdrüse

Lunge

Speicheldrüse

Trachea

Kolon

Lymphknoten (sowohl oberflächliche als auch tiefe)

Samenbläschen

Harnblase

Duodenum

Brustdrüse (obligatorisch für Weibchen und, falls bei der Sektion erkennbar, für Männchen)

Skelettmuskel

Uterus (mit Zervix)

Nebenhoden

[obere Atemwege, einschließlich Nase, Nasenmuscheln und Nasennebenhöhlen]

Haut

[Harnleiter]

Auge (mit Netzhaut)

Speiseröhre

Rückenmark (auf 3 Ebenen: zervical, mittlerer Thoraxbereich und lumbar)

[Harnröhre]

[Femur mit Gelenk]

[Riechkolben]

Milz

Vagina

Gallenblase (bei anderen Arten als Ratten)

Ovarien

[Brustbein]

Knochenmarkschnitt und/oder ein frisches Knochenmark-Aspirat

Hardersche Drüse

 

 

 

Bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe aufzubewahren. Die klinischen und sonstigen Befunde können weitere Gewebeuntersuchungen erforderlich machen. Auch Organe, die aufgrund der bekannten Eigenschaften der Prüfsubstanz als mögliche Zielorgane in Frage kommen, sollten aufbewahrt werden. In Studien mit dermaler Applikation sind die in der Liste für orale Verabreichung aufgeführten Organe zu untersuchen; außerdem sind Proben der Haut an der Applikationsstelle zu nehmen und aufzubewahren. Bei Inhalationsstudien entspricht die Liste der aufzubewahrenden und zu untersuchenden Gewebe des Atemtrakts den Empfehlungen von Kapitel B.8 dieses Anhangs (8) und Kapitel B.29 dieses Anhangs (9). Was andere Organe/Gewebe betrifft, so sollten (zusätzlich zu den speziell konservierten Geweben aus dem Atemtrakt) die in der Liste für die orale Verabreichung genannten Organe untersucht werden.

Histopathologie

56.

Es gibt Leitlinien für bewährte Praktiken bei der Durchführung toxikologischer Pathologiestudien (40). Zu untersuchen sind mindestens folgende Gewebe:

alle Gewebe der Tiere aus der Hochdosisgruppe und der Kontrollgruppe,

alle Gewebe von während der Studie gestorbenen oder getöteten Tieren,

alle Gewebe mit makroskopischen Abnormitäten einschließlich Tumoren,

wenn behandlungsbedingte histopathologische Veränderungen in der Hochdosisgruppe festgestellt werden, sind diese Gewebe von allen Tieren in allen anderen Dosisgruppen zu untersuchen,

bei paarigen Organen, z. B. Nieren, Nebennieren, sind beide Organe zu untersuchen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG (KANZEROGENITÄT UND CHRONISCHE TOXIZITÄT)

Daten

57.

Für alle bestimmten Parameter sollen Daten zu den einzelnen Tieren angegeben werden. Darüber hinaus sollten alle Daten in Form einer Tabelle zusammengefasst werden, aus der für jede Prüfgruppe folgende Angaben hervorgehen: die Zahl der Tiere bei Beginn der Prüfung und die Zahl der während der Prüfung tot aufgefundenen oder aus Tierschutzgründen getöteten Tiere, ferner der Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, die Zahl der Tiere, die Toxizitätszeichen aufweisen, eine Beschreibung der beobachteten Toxizitätszeichen, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen erstmalig aufgetreten sind, ihrer Dauer und ihres Schweregrads, die Zahl der Tiere mit Läsionen, die Art der Läsionen und der Prozentsatz der von jeder Läsion betroffenen Tiere. Die Mittelwerte und Standardabweichungen (für kontinuierliche Versuchsdaten) von Tieren, die toxische Wirkungen oder Läsionen aufweisen, sind zusätzlich zum Schweregrad der Läsionen in Übersichtstabellen anzugeben.

58.

Historische Kontrolldaten können die Auswertung der Studienergebnisse erleichtern, z. B. wenn die Daten der gleichzeitigen Kontrollen erheblich von neueren Daten von Kontrolltieren aus derselben Versuchseinrichtung abweichen. Wenn historische Kontrolldaten bewertet werden, sollten sie von demselben Labor stammen, sich auf Tiere desselben Alters und Stamms beziehen und höchstens fünf Jahre vor der fraglichen Studie erhoben worden sein.

59.

Wenn möglich, sind die numerischen Daten durch eine geeignete allgemein annehmbare statistische Methode auszuwerten. Die statistischen Methoden und die zu analysierenden Daten sind bei der Planung der Studie festzulegen (Nummer 9). Diese Auswahl sollte es ermöglichen, erforderlichenfalls Anpassungen je nach Überlebensrate vorzunehmen.

60.

Der Prüfbericht sollte folgende Informationen enthalten:

 

Prüfsubstanz:

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und physikalisch-chemische Eigenschaften,

Daten zur Identifikation,

Herkunft des Stoffs,

Chargennummer,

Bescheinigung der chemischen Analyse.

 

Vehikel (wenn verwendet):

Begründung der Wahl des Vehikel, sofern anders als Wasser.

 

Versuchstiere:

Art/Stamm und Begründung für die getroffene Wahl,

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere bei Versuchsbeginn,

Herkunft, Haltungsbedingungen, Futter usw.,

Gewicht der einzelnen Tiere bei Versuchsbeginn.

 

Prüfbedingungen:

Begründung für Verabreichungsweg und Festlegung der Dosis,

gegebenenfalls die statistischen Methoden zur Analyse der Daten,

Angaben zur Formulierung der Prüfsubstanz/Futterzubereitung,

Analysedaten über die erreichte Konzentration, Stabilität und Homogenität der Zubereitung,

Verabreichungsweg und Angaben zur Verabreichung der Prüfsubstanz,

bei Inhalationsstudien: ‚Nose-only‘- oder Ganzkörperexposition,

tatsächliche Dosen (mg/kg Körpergewicht/Tag) und, sofern zutreffend, Angaben zur Umrechnung der Konzentration der Prüfsubstanz im Futter/Trinkwasser (mg/kg oder ppm) in die tatsächliche Dosis,

Angaben zu Futter- und Wasserqualität.

 

Ergebnisse (zusammenfassende Übersichtstabellen und Daten für die einzelnen Tiere):

 

Allgemeines

Überlebensdaten,

Körpergewicht/Änderungen des Körpergewichts,

Futteraufnahme, gegebenenfalls Berechnungen der Futtereffizienz und der Wasseraufnahme, falls erfasst,

toxikokinetische Daten, falls vorhanden,

Ophthalmoskopie (falls zutreffend),

Hämatologie (falls zutreffend),

klinische Chemie (falls zutreffend).

 

Klinische Befunde

Toxizitätszeichen,

Inzidenz (und, falls bewertet, Schweregrad) jeder Abnormität,

Art, Schweregrad und Dauer der klinischen Beobachtungen (sowohl vorübergehend als auch dauerhaft).

 

Nekropsiedaten

terminales Körpergewicht,

Organgewichte (und gegebenenfalls Verhältnis Organ-/Körpergewicht),

Sektionsbefunde; Inzidenz und Schweregrad von Abnormitäten.

 

Histopathologie

nicht neoplastische histopathologische Befunde,

neoplastische histopathologische Befunde,

Korrelation zwischen makroskopischen und mikroskopischen Befunden,

ausführliche Beschreibung aller behandlungsbedingten histopathologischen Befunde mit Einstufung des Schweregrads,

Bericht über eventuelle Peer-Reviews von Objektträgern.

 

Statistische Auswertung der Ergebnisse, soweit zutreffend

 

Diskussion der Ergebnisse einschließlich

Diskussion von Modellierungsansätzen

Dosis-Wirkungs-Beziehungen

historische Kontrolldaten

Prüfung aller Informationen über die Wirkungsweise

Bestimmung von BMD, NOAEL oder LOAEL

Relevanz für Menschen

 

Schlussfolgerungen

LITERATUR:

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6.

Kapitel B.27 dieses Anhangs, Prüfung auf sub-chronische orale Toxizität — 90-Tage-Toxizitätsstudie mit wiederholter Verabreichung an Nicht-Nagetieren

7.

OECD (2012). Guidance Document on the Design and Conduct of Chronic Toxicity and Carcinogenicity Studies, Supporting Test Guidelines 451, 452 and 453 — Second edition. Series on Testing and Assessment No. 116, abrufbar auf der öffentlichen OECD-Website für Prüfrichtlinien: www.oecd.org/env/testguidelines.

8.

OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing. Series on Testing and Assessment No. 39, ENV/JM/MONO(2009)28, OECD, Paris.

9.

Kapitel B.8 dieses Anhangs. Prüfung auf subakute Toxizität nach Inhalation — 28-Tage-Test.

10.

Kapitel B.29 dieses Anhangs, Prüfung auf sub-chronische Toxizität nach Inhalation — 90-Tage-Test.

11.

Kapitel B.9 dieses Anhangs, Toxizität nach 28-tägiger Gabe (dermal).

12.

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27.

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29.

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40.

Crissman JW, Goodman DG, Hildebrandt PK et al. (2004). Best Practices Guideline: Toxicological Histopathology. Toxicologic Pathology 32: 126-131.

Anlage 1

DEFINITION

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

(7)

Das Kapitel B.36 erhält folgende Fassung:

„B.36   TOXIKOKINETIK

EINLEITUNG

1.

Diese Methode entspricht der OECD TG 417 (2010). Studien zur Untersuchung der Toxikokinetik einer Prüfsubstanz werden durchgeführt, um geeignete Informationen über ihre Resorption, Verteilung, Biotransformation (d. h. ihren Metabolismus) und ihre Ausscheidung zu erhalten, um die Konzentration oder Dosis zur beobachteten Toxizität in Beziehung zu setzen und um mehr Erkenntnisse über den Mechanismus der Toxizität zu gewinnen. Die Toxikokinetik kann zum besseren Verständnis der Toxikologiestudien beitragen, indem gezeigt wird, dass die Versuchstiere der Prüfsubstanz systemisch ausgesetzt werden, und indem die Anteile des Ausgangsstoffs bzw. der Metaboliten im Blutkreislauf bestimmt werden. Die grundlegenden toxikokinetischen Parameter, die mithilfe dieser Studien bestimmt werden, geben auch Aufschluss über das Potenzial der Prüfsubstanz zur Akkumulation in Geweben und/oder Organen und über das Potenzial zur Induktion von Biotransformationsprozessen infolge der Exposition gegen die Prüfsubstanz.

2.

Toxikokinetik-Daten können dazu beitragen, die Eignung und Relevanz von Toxizitätsdaten aus Tierversuchen für die Extrapolation von Gefahren für den Menschen und/oder die Risikobewertung zu beurteilen. Darüber hinaus können Toxikokinetikstudien wichtige Informationen für die Bestimmung der Dosisstufen in Toxizitätsstudien (lineare oder nicht-lineare Kinetik), mit dem Verabreichungsweg zusammenhängende Wirkungen und andere Aspekte der Studienauslegung liefern. Bestimmte toxikokinetische Daten können für die Entwicklung von physiologisch-basierten toxikokinetischen Modellen verwendet werden.

3.

Daten über Metaboliten und Toxikokinetik sind in vielerlei Hinsicht von Bedeutung. Sie können insbesondere Aufschluss über eventuelle Toxizitäten und Wirkungsweisen sowie deren Zusammenhang mit der Dosisstufe und dem Expositionsweg geben. Ferner können Metabolismusdaten auch hilfreiche Informationen für die Einschätzung der toxikologischen Bedeutung der Exposition gegen exogene Metaboliten der Prüfsubstanz liefern.

4.

Angemessene toxikokinetische Daten können die Akzeptanz und Anwendbarkeit von quantitativen Struktur-Wirkungs-Beziehungen, Read-across- oder Grouping-Ansätzen bei der Sicherheitsbewertung von chemischen Stoffen unterstützen. Kinetikdaten können auch zur Bewertung der toxikologischen Relevanz anderer Studien (z. B. in vivo/in vitro) herangezogen werden.

5.

Wenn kein anderer Verabreichungsweg genannt wird (siehe insbesondere die Nummern 74-78), wird die Prüfsubstanz bei dieser Prüfmethode oral verabreicht.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

6.

Anforderungen und Erfordernisse in Bezug auf die Endpunkte und toxikokinetischen Parameter, die für verschiedene Klassen von Chemikalien (z. B. Pestizide, Biozide, Industriechemikalien) zu bestimmen sind, unterscheiden sich je nach Regulierungssystem. Anders als bei den meisten Prüfmethoden werden bei der vorliegenden Methode Versuche zur Toxikokinetik beschrieben, die mehrere Messungen und Endpunkte erfordern. In Zukunft könnten mehrere neue Prüfmethoden und/oder Leitfäden erarbeitet werden, um jeden Endpunkt einzeln und ausführlicher zu beschreiben. Welche Versuche oder Bewertungen vorgenommen werden, richtet sich bei dieser Prüfmethode nach den Anforderungen und/oder Erfordernissen jedes Regulierungssystems.

7.

Es gibt zahlreiche Studien, mit denen das toxikokinetische Verhalten einer Prüfsubstanz zu Regulierungszwecken bestimmt werden könnte. Je nach Regulierungsanforderung oder Einzelfall sind jedoch möglicherweise nicht alle diese Studien für die Bewertung einer Prüfsubstanz erforderlich. Bei der Planung von Toxikokinetikstudien ist daher Flexibilität erforderlich, und die Eigenschaften der Prüfsubstanz müssen berücksichtigt werden. In manchen Fällen kann eine bestimmte Reihe von Fragen ausreichen, um die mit der Prüfsubstanz verbundenen Gefahren und Risiken zu ermitteln. Manchmal können die Toxikokinetikdaten bei der Auswertung anderer Toxikologiestudien erfasst werden. In anderen Fällen können je nach Regulierungsanforderungen und/oder wenn bei der Bewertung einer Prüfsubstanz neue Fragen auftreten, zusätzliche und/oder ausführlichere Toxikokinetikstudien erforderlich sein.

8.

Um die Qualität der Studie zu verbessern und eine unnötige Verwendung von Versuchstieren zu vermeiden, sollte das Prüflabor vor Durchführung der Studie alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz und relevante Metaboliten und analoge Stoffe berücksichtigen. Dies kann Daten aus anderen relevanten Prüfmethoden umfassen (In-vivo-Studien, In-vitro-Studien und/oder In-silico-Bewertungen) Für die Studienplanung und die Interpretation der Ergebnisse können physikalisch-chemische Eigenschaften wie der Octanol-Wasser-Verteilungskoeffizient (ausgedrückt als POW), pKa, die Wasserlöslichkeit, der Dampfdruck und das Molekulargewicht eines chemischen Stoffs von Nutzen sein. Diese können mit geeigneten Methoden, die in den betreffenden Prüfmethoden beschrieben sind, bestimmt werden.

GRENZEN

9.

Diese Prüfmethode ist weder für besondere Fälle wie trächtige oder säugende Weibchen oder Nachkommen noch für die Bewertung eventueller Rückstände in zur Lebensmittelerzeugung genutzten exponierten Tieren bestimmt. Die Daten aus der Studie gemäß Kapitel B.36 können jedoch als Orientierungshilfe für die Planung spezifischer Studien für derartige Untersuchungen dienen. Diese Prüfmethode ist nicht für die Prüfung von Nanomaterialien bestimmt. Ein Bericht über eine Vorprüfung von OECD-Prüfrichtlinien auf ihre Anwendbarkeit auf Nanomaterialien deutet darauf hin, dass die TG 417 (die dieser Prüfmethode B.36 entspricht) möglicherweise nicht auf Nanomaterialien anwendbar ist (1).

DEFINITIONEN

10.

Die für die Zwecke dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe sind in der Anlage definiert.

TIERSCHUTZERWÄGUNGEN

11.

Hinweise zur tierschutzgerechten Behandlung von Tieren sind im OECD Guidance Document (GD) 19 (2) zu finden. Es wird empfohlen, das OECD GD 19 für alle in dieser Prüfmethode beschriebenen In-vivo- und In-vitro-Studien zu beachten.

BESCHREIBUNG DER METHODEN

Pilotstudien

12.

Es wird empfohlen, die Versuchsparameter für die Toxikokinetikstudien (z. B. Metabolismus, Massenbilanz, Analyseverfahren, Dosisfindung, Ausatmung von CO2 usw.) auf der Grundlage von Pilotstudien festzulegen. Die Bestimmung dieser Parameter erfordert nicht in allen Fällen die Verwendung radiomarkierter Stoffe.

Auswahl von Versuchstieren

Tierart

13.

Für die toxikokinetische Prüfung sollte möglichst dieselbe Tierart (und derselbe Stamm) verwendet werden wie für andere toxikologische Prüfungen der betreffenden Prüfsubstanz. Normalerweise sollte dies die Ratte sein, da sie häufig in toxikologischen Studien verwendet wird. Die Verwendung anderer oder zusätzlicher Tierarten kann gerechtfertigt sein, wenn wichtige Toxikologiestudien Hinweise auf starke Toxizität bei diesen Tierarten ergeben oder wenn gezeigt werden kann, dass die Toxizität/Toxikokinetik bei diesen Tierarten von größerer Bedeutung ist, um die Wirkungen bei Menschen einschätzen zu können. Die Wahl der Tierart und des Stamms ist zu begründen.

14.

Sofern nichts anderes erwähnt ist, wird bei dieser Prüfmethode die Ratte als Versuchstier verwendet. Bei Verwendung anderer Versuchstierarten müssen bestimmte Aspekte der Methode möglicherweise geändert werden.

Alter und Stamm

15.

Es sind junge, gesunde, adulte Tiere (zum Zeitpunkt der Dosierung normalerweise 6-12 Wochen alt) zu verwenden (siehe auch Nummern 13 und 14). Die Verwendung anderer als junger, adulter Tiere ist zu begründen. Alle Tiere sollten zu Beginn der Studie annähernd gleich alt sein. Das Gewicht der einzelnen Tiere sollte nicht um mehr als ± 20 % vom mittleren Gewicht der Prüfgruppe abweichen. Im Idealfall sollte derselbe Stamm verwendet werden wie für die Ableitung der toxikologischen Datenbasis für die Prüfsubstanz.

Zahl und Geschlecht der Versuchstiere

16.

Für jede geprüfte Dosis sollten mindestens vier Tiere eines Geschlechts verwendet werden. Die Wahl des Geschlechts der verwendeten Tiere ist zu begründen. Gibt es Hinweise auf signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede der Toxizität, ist die Verwendung beider Geschlechter (vier männliche und vier weibliche Tiere) in Betracht zu ziehen.

Haltungs- und Fütterungsbedingungen

17.

Die Tiere sollten während der Prüfzeitraums im Allgemeinen einzeln untergebracht werden. Eine Unterbringung in Gruppen könnte unter besonderen Bedingungen gerechtfertigt sein. Die Beleuchtung sollte künstlich sein, und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln. Die Temperatur im Versuchstierraum sollte 22 °C (± 3 °C) und die relative Luftfeuchtigkeit 30-70 % betragen. An die Versuchstiere kann herkömmliches Laborfutter verfüttert werden, wobei eine unbegrenzte Trinkwasserversorgung zu gewährleisten ist.

Prüfsubstanz

18.

Für alle Aspekte der Studie, die mit der Massenbilanz und der Identifizierung von Metaboliten zusammenhängen, sollte eine mit 14C radioaktiv markierte Prüfsubstanz verwendet werden. Wenn jedoch nachgewiesen werden kann, dass

die Massenbilanz und die Identifizierung von Metaboliten mit der nicht markierten Prüfsubstanz hinreichend beurteilt werden kann,

die analytische Spezifität und Sensitivität der Methode, bei der eine nicht radioaktive Prüfsubstanz verwendet wird, genau so gut oder besser sind als die, die mit einer radiomarkierten Prüfsubstanz erzielt werden könnten,

braucht keine radioaktiv markierte Prüfsubstanz verwendet zu werden. Ferner können andere stabile radioaktive Isotope verwendet werden, insbesondere dann, wenn das Element für den toxischen Anteil der Prüfsubstanz verantwortlich oder Teil des toxischen Anteils ist. Die Radiomarkierung sollte möglichst in einen Kernbereich des Moleküls eingebaut werden, der metabolisch stabil ist (d. h. er ist nicht austauschbar, wird nicht metabolisch als CO2 ausgeschieden und wird nicht Teil des Einkohlenstoff-Pools des Organismus). Um die Metabolisierung der Prüfsubstanz zu verfolgen, müssen eventuell mehrere Stellen oder spezifische Regionen des Moleküls markiert werden.

19.

Die radiomarkierten und nichtmarkierten Prüfsubstanzen sollten mit geeigneten Methoden analysiert werden, um ihre Reinheit und Identität festzustellen. Die radioaktive Prüfsubstanz sollte die höchste für die spezielle Substanz erreichbare radioaktive Reinheit aufweisen (im Idealfall über 95 %), und es sollte nach Möglichkeit versucht werden, Verunreinigungen von 2 % oder mehr zu identifizieren. Der Reinheitsgrad sowie Identität und Anteil etwaiger Verunreinigungen sind zu dokumentieren. Einzelne Regulierungsprogramme können zusätzliche Orientierungshilfen für die Festlegung und Spezifikation von aus Gemischen bestehenden Prüfsubstanzen sowie Methoden zur Bestimmung der Reinheit vorsehen.

Wahl der Dosis

Pilotstudie

20.

Für die Pilotstudie ist in der Regel eine einzige orale Dosis ausreichend. Die Dosis sollte nicht toxisch, aber dennoch hoch genug sein, dass die Metaboliten in den Exkreta (und gegebenenfalls im Plasma) identifiziert werden können und dass der Zweck der Pilotstudie gemäß Nummer 12 dieser Prüfmethode erfüllt ist.

Hauptstudien

21.

Bei den Hauptstudien sollten mindestens zwei Dosen verabreicht werden, da die Informationen aus mindestens zwei Dosisgruppen die Dosisfestsetzung in anderen Toxizitätsstudien erleichtern und zur Bewertung der Dosis-Wirkungs-Beziehung von bereits vorliegenden Toxizitätsversuchen beitragen können.

22.

Wenn zwei Dosen verabreicht werden, sollten beide hoch genug sein, dass die Metaboliten in den Exkreta (und gegebenenfalls im Plasma) identifiziert werden können. Für die Festlegung der Dosis sind Informationen aus vorliegenden Toxizitätsdaten heranzuziehen. Liegen keine Informationen vor (z. B. aus Prüfungen auf akute orale Toxizität, die klinische Toxizitätszeichen identifizieren, oder aus Toxizitätsstudien mit wiederholter Verabreichung), so kann für die höhere Dosis ein Wert angesetzt werden, der unter dem Schätzwert für die LD50 (orale und dermale Verabreichung) oder die LC50 (Inhalation) oder unter dem unteren Wert des geschätzten Bereichs der akuten Toxizität liegt. Die niedrigere Dosis sollte ein Bruchteil der höheren Dosis sein.

23.

Wird nur eine Dosisstufe geprüft, sollte die Dosis möglichst hoch genug sein, dass die Metaboliten in den Exkreta (und gegebenenfalls im Plasma) identifiziert werden können; sie sollte allerdings keine offensichtliche Toxizität hervorrufen. Es ist zu begründen, warum keine zweite Dosisstufe verwendet wurde.

24.

Wenn die Wirkung der Dosis auf kinetische Prozesse bestimmt werden muss, reichen zwei Dosen möglicherweise nicht aus; mindestens eine Dosis sollte hoch genug sein, um diese Prozesse zu sättigen. Ist die Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve (AUC) zwischen zwei in der Hauptstudie verwendeten Dosisstufen nicht linear, so kann daraus geschlossen werden, dass zwischen diesen beiden Dosisstufen die Sättigung eines oder mehrerer der kinetischen Prozesse stattfindet.

25.

Bei schwach toxischen Prüfsubstanzen ist eine Höchstdosis von 1 000 mg/kg Körpergewicht (orale und dermale Verabreichung) zu verwenden (bei Verabreichung durch Inhalation siehe Kapitel B.2 dieses Anhangs; diese Dosis sollte normalerweise nicht über 2 mg/l liegen). Je nach Regulierungsanforderungen können mit den chemischen Eigenschaften des Stoffs zusammenhängende Gründe eine höhere Dosis erfordern. Die Dosiswahl ist stets zu begründen.

26.

Für die Bestimmung des Akkumulations- und/oder Persistenzpotenzials können Daten über die Toxikokinetik und die Gewebeverteilung auf der Grundlage einer Einzeldosis ausreichen. Unter bestimmten Umständen kann jedoch eine mehrmalige Verabreichung erforderlich sein, i) um das Akkumulations- und/oder Persistenzpotenzial oder Veränderungen der Toxikokinetik (z. B. Enzyminduktion und -hemmung) genauer zu untersuchen oder ii) um Regulierungsanforderungen zu erfüllen. In Studien mit mehrmaliger Dosierung ist die Verabreichung niedriger Dosen zwar im Allgemeinen ausreichend, aber unter bestimmten Umständen kann auch die mehrmalige Verabreichung hoher Dosen notwendig sein (siehe auch Nummer 57).

Verabreichung der Prüfsubstanz

27.

Die Prüfsubstanz sollte homogen in demselben Vehikel gelöst oder suspendiert werden, das für die anderen mit dieser Prüfsubstanz durchgeführten Toxizitätsstudien mit oraler Gabe über eine Schlundsonde verwendet wurde, wenn diese Informationen vorliegen. Die Wahl des Vehikels ist zu begründen. Die Wahl des Vehikels und des Dosierungsvolumens sollten bei der Planung der Studie berücksichtigt werden. Die übliche Verabreichungsmethode ist die Schlundsonde. In bestimmten Fällen kann jedoch die Verabreichung in einer Gelatinekapsel oder als Futterbeimischung von Vorteil sein (beides ist zu begründen). Die jedem Versuchstier verabreichte tatsächliche Dosis ist zu überprüfen.

28.

Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier auf einmal oral über eine Schlundsonde verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers, der Art des Vehikels und einer etwaigen Futterkarenz vor der Verabreichung der Prüfsubstanz ab. Die Verabreichung oder Einschränkung von Futter vor der Dosierung ist zu begründen. Sowohl bei wässrigen als auch bei nichtwässrigen Vehikeln ist das Volumen so gering wie möglich zu halten. Bei Nagetieren sollte das Dosisvolumen normalerweise 10 ml/kg Körpergewicht nicht übersteigen. Bei Vehikeln für lipophilere Prüfsubstanzen können Volumina ab 4 ml/kg Körpergewicht verwendet werden. Bei mehrmaliger Dosierung, wenn täglicher Futterentzug kontraindiziert wäre, sind geringere Dosisvolumen zu verwenden (z. B. 2-4 ml/kg Körpergewicht). Soweit möglich, sollten Dosisvolumen verwendet werden, die mit denen im Einklang stehen, die in anderen Studien mit oraler Gabe einer Prüfsubstanz über eine Schlundsonde verabreicht wurden.

29.

Die Prüfsubstanz kann intravenös (IV) verabreicht und im Blut und/oder in den Exkreta gemessen werden, um die Bioverfügbarkeit oder die relative orale Resorption zu bestimmen. Bei dieser Art von Studie wird eine Einzeldosis der Prüfsubstanz (die normalerweise der unteren oralen Dosis entspricht, diese aber nicht übersteigt — siehe Dosiswahl) unter Verwendung eines geeigneten Vehikels verabreicht. Diese Dosis wird mindestens vier Tieren des geeigneten Geschlechts (falls gerechtfertigt, können beide Geschlechter verwendet werden — siehe Nummer 16) in einem geeigneten Volumen (z. B. 1 ml/kg Körpergewicht) an der gewählten Verabreichungsstelle verabreicht. Für die intravenöse Verabreichung muss die Prüfsubstanz vollständig in der Dosiszubereitung aufgelöst oder suspendiert sein. Das Vehikel für die intravenöse Verabreichung sollte die Integrität der Blutzellen oder die Durchblutung nicht beeinträchtigen. Wenn die Prüfsubstanz infundiert wird, ist die Infusionsgeschwindigkeit zu protokollieren; sie sollte für alle Tiere gleich sein, vorausgesetzt, es wird eine Infusionspumpe verwendet. Beim Legen einer Kanüle in die Vena jugularis (zur Verabreichung der Prüfsubstanz und/oder zur Blutabnahme) oder bei Verwendung der Arteria femoralis für die Verabreichung sollten die Tiere narkotisiert werden. Die Wahl der Anästhesieart muss wohl überlegt sein, da sie Auswirkungen auf die Toxikokinetik haben kann. Vor Injektion der Prüfsubstanz mit dem Vehikel müssen sich die Tiere ausreichend von der Anästhesie erholen können.

30.

Für bestimmte Prüfsubstanzen können je nach ihren physikalisch-chemischen Eigenschaften und der voraussichtlichen Verwendung durch Menschen oder die Exposition von Menschen auch andere Verabreichungswege wie die Verabreichung über die Haut oder durch Inhalation (siehe Nummern 74-78) angebracht sein.

Messungen

Massenbilanz

31.

Die Massenbilanz wird aufgestellt durch Addition des prozentualen Anteils der verabreichten (radioaktiven) Dosis, die in Urin, Fäzes und ausgeatmeter Luft ausgeschieden wurde, und des in Geweben, Tierkörper und Käfigreinigungsrückständen (siehe Nummer 46) vorliegenden prozentualen Anteils. Im Allgemeinen gilt eine Gesamtwiederfindungsrate im Bereich von > 90 % der verabreichten Prüfsubstanz (Radioaktivität) als ausreichend.

Resorption

32.

Eine erste Schätzung der Resorption ergibt sich, wenn man den Prozentsatz der Dosis im Magen-Darm-Trakt und/oder in den Fäzes aus der Bestimmung der Massenbilanz ausschließt. Für die Berechnung der prozentualen Resorption siehe Nummer 33. Für die Untersuchung der Exkreta siehe Nummern 44-49. Wenn das genaue Ausmaß der Resorption nach oraler Gabe nicht auf der Grundlage der Massenbilanz festgestellt werden kann (z. B. wenn die Fäzes mehr als 20 % der verabreichten Dosis enthalten), könnten weitere Untersuchungen erforderlich sein. Hierbei kann es sich handeln 1) um die orale Verabreichung einer Prüfsubstanz und ihre Messung in der Gallenflüssigkeit oder 2) um die orale und intravenöse Verabreichung einer Prüfsubstanz und die Messung der Nettomenge der Substanz im Urin, in der ausgeatmeten Luft und im Körper bei beiden Verabreichungswegen. In beiden Fällen wird die Radioaktivitätsmessung als Ersatzmethode für die chemisch-spezifische Analyse der Prüfsubstanz und ihrer Metaboliten durchgeführt.

33.

Zur Prüfung der biliären Ausscheidung wird die Prüfsubstanz normalerweise oral verabreicht. In dieser Studie sind Kanülen in die Gallengänge von mindestens vier Tieren des geeigneten Geschlechts (oder beider Geschlechter, falls gerechtfertigt) zu legen, und es ist eine Einzeldosis der Prüfsubstanz zu verabreichen. Nach Verabreichung der Prüfsubstanz ist die Ausscheidung der Radioaktivität/Prüfsubstanz in der Gallenflüssigkeit so lange zu überwachen, wie erforderlich ist, um den Prozentsatz der über diesen Weg ausgeschiedenen Dosis zu bestimmen; mit diesem Wert kann mithilfe nachstehender Formel unmittelbar das Ausmaß der oralen Resorption berechnet werden:

Formula

34.

Bei bestimmten Klassen von Prüfsubstanzen kann eine direkte Sekretion der resorbierten Dosis durch die Darmmembranen erfolgen. In diesen Fällen gilt die Messung der prozentualen Dosis in den Fäzes nach einer oralen Dosis im kanülierten Gallengang der Ratte nicht als repräsentativ für die nicht resorbierte Dosis. Für Fälle, in denen von einer intestinalen Sekretion ausgegangen wird, wird empfohlen, den Prozentsatz der resorbierten Dosis auf die Resorption zu stützen, die aus einem Vergleich der Ausscheidung nach oraler und nach intravenöser Verabreichung (intakte Ratte oder Ratte mit Gallengangkanülierung) berechnet wird (siehe Nummer 35). Wenn die intestinale Sekretion quantifiziert werden muss, wird auch empfohlen, die Exkretion bei der Ratte mit Gallengangkanülierung nach IV-Verabreichung der Dosis zu messen.

Bioverfügbarkeit

35.

Die Bioverfügbarkeit kann wie unter den Nummern 50, 51 und 52 beschrieben, aufgrund der Plasma-/Blutkinetik der oralen und intravenösen Gruppen durch spezifische chemische Analyse der Prüfsubstanz und/oder des/der relevanten Metaboliten bestimmt werden, d. h. es ist keine radiomarkierte Prüfsubstanz erforderlich. Die Bioverfügbarkeit (F) der Prüfsubstanz oder des/der relevanten Metaboliten kann dann wie folgt berechnet werden:

Formula

Dabei ist AUC die Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve und exp der Verabreichungsweg (oral, dermal oder Inhalation).

36.

Für die Bewertung der Risiken in Bezug auf systemische Wirkungen wird im Allgemeinen die Bioverfügbarkeit der toxischen Komponente gegenüber der prozentualen Resorption bevorzugt, um die systemischen Konzentrationen aus Tierstudien mit analogen Biomonitoring-Daten aus Studien über die Exposition von Arbeitnehmern zu vergleichen. Die Situation kann allerdings komplizierter werden, wenn die Dosen im nicht linearen Bereich liegen. Daher ist es wichtig, dass die toxikokinetische Prüfung Dosen im linearen Bereich bestimmt.

Gewebeverteilung

37.

Kenntnisse über die Verteilung einer Prüfsubstanz und/oder ihrer Metaboliten im Gewebe sind wichtig für die Identifizierung der Zielgewebe, für das Verständnis der zugrunde liegenden Toxizitätsmechanismen und für die Einschätzung des Akkumulations- und Persistenzpotenzials der Prüfsubstanz und ihrer Metaboliten. Der Prozentsatz der (radioaktiven) Gesamtdosis in den Geweben und im restlichen Tierkörper wird mindestens am Ende des Ausscheidungsversuchs gemessen (z. B. normalerweise sieben Tage nach der Dosierung oder weniger je nach spezifischem Verhalten der Prüfsubstanz). Wird am Ende der Studie keine Prüfsubstanz in den Geweben gefunden (z. B. weil die Prüfsubstanz wegen einer kurzen Halbwertzeit vor Ende der Studie eliminiert worden sein könnte), ist darauf zu achten, dass die Daten nicht falsch interpretiert werden. In diesem Fall ist die Gewebeverteilung zum Zeitpunkt der maximalen Plasma-/Blutkonzentration (Tmax) der Prüfsubstanz (und/oder Metaboliten) oder der maximalen Urinausscheidungsrate zu untersuchen (siehe Nummer 38). Darüber hinaus können Gewebeentnahmen zu zusätzlichen Zeitpunkten erforderlich sein, um die Gewebeverteilung der Prüfsubstanz und/oder ihrer Metaboliten zu bestimmen, (gegebenenfalls) die Zeitabhängigkeit zu beurteilen und die Aufstellung der Massenbilanz zu erleichtern und/oder wenn eine zuständige Behörde sie vorschreibt. Zu den zu entnehmenden Geweben gehören u. a. Leber, Fett, Magen-Darm-Trakt, Nieren, Milz, Vollblut, der restliche Tierkörper, Zielorgangewebe und sonstige Gewebe (z. B. Schilddrüse, Erythrozyten, Fortpflanzungsorgane, Haut, Augen (insbesondere bei pigmentierten Tieren)), die für die toxikologische Bewertung der Prüfsubstanz potenziell von Bedeutung sind. Die Analyse zusätzlicher Gewebe zu denselben Zeitpunkten ist in Betracht zu ziehen, um die Nutzung der Tiere zu maximieren und falls bei subchronischen oder chronischen Toxizitätsstudien Zielorgantoxizität festgestellt wird. Die Konzentration (radioaktiver) Rückstände und die Gewebe/Plasma-Verhältnisse (Gewebe/Blut-Verhältnisse) sollten ebenfalls angegeben werden.

38.

Eine zuständige Behörde kann auch die Bewertung der Gewebeverteilung zu weiteren Zeitpunkten wie dem Zeitpunkt der maximalen Plasma-/Blutkonzentration (z. B. Tmax) oder der maximalen Urinausscheidungsrate, die in kinetischen Studien zu Plasma/Blut oder Ausscheidungen bestimmt wurde, benötigen oder vorschreiben. Diese Informationen können hilfreich sein, um die Toxizität und das Akkumulations- und Persistenzpotenzial der Prüfsubstanz und ihrer Metaboliten zu verstehen. Die Wahl der Proben ist zu begründen. Die zu analysierenden Proben sollten im Allgemeinen dieselben sein wie unter Nummer 37.

39.

Für die Gewebeverteilungsstudien kann die Radioaktivität mithilfe von Organsektion, Homogenisierung, Verbrennung und/oder Solubilisierung und anschließender Flüssigszintillationszählung von aufgefangenen Rückständen quantitativ bestimmt werden. Bestimmte Techniken, die sich zurzeit in unterschiedlichen Entwicklungsphasen befinden, z. B. die quantitative Ganzkörper-Autoradiographie oder die mikroskopische Autoradiographie der Rezeptoren, können nützlich sein, um die Verteilung einer Prüfsubstanz in den Organen und/oder Geweben zu bestimmen (3) (4).

40.

Bei anderer Exposition als auf oralem Weg sollten spezifische Gewebe entnommen und analysiert werden, z. B. die Lungen bei Inhalationsstudien und Haut bei Studien mit dermaler Applikation. Siehe Nummern 74-78.

Metabolismus

41.

Zur Identifizierung und Quantifizierung der unveränderten Prüfsubstanz und der Metaboliten sollten Exkreta (und gegebenenfalls Plasma) gesammelt werden (siehe Nummern 44-49). Das Poolen von Exkreta zur leichteren Identifizierung von Metaboliten innerhalb eines Dosisgruppe ist zulässig. Es wird empfohlen, das Profil der Metaboliten jedes Zeitabschnitts der Studie zu erstellen. Ist dies mangels Proben und/oder Radioaktivität nicht möglich, können Urin und Fäzes von unterschiedlichen Zeitpunkten, aber nur von Tieren desselben Geschlechts, die die gleiche Dosis erhalten haben, gepoolt werden. Bei der Untersuchung von Urin, Fäzes, ausgeatmeter Radioaktivität von behandelten Tieren und gegebenenfalls Gallenflüssigkeit sind geeignete qualitative und quantitative Methoden anzuwenden.

42.

Es sollte nach Möglichkeit versucht werden, alle Metaboliten, die zu 5 % oder mehr der verabreichten Dosis vorhanden sind, zu identifizieren und ein Metabolismusschema für die Prüfsubstanz zu erstellen. Prüfsubstanzen, von denen beschrieben wurde, dass sie zu 5 % oder mehr der verabreichten Dosis in Exkreta enthalten sind, sollten identifiziert werden. Die Identifizierung bezieht sich auf die genaue strukturelle Bestimmung der Komponenten. Die Identifizierung erfolgt normalerweise entweder durch Co-Chromatographie des Metaboliten mit bekannten Standards unter Verwendung von zwei unterschiedlichen Systemen oder durch Techniken, mit denen eine positive strukturelle Identifizierung erreicht werden kann, wie Massenspektrometrie, Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) usw. Bei der Co-Chromatographie sind Verfahren, die zur Bestimmung der Identität von Metaboliten die gleiche stationäre Phase mit zwei unterschiedlichen Lösungsmittelsystemen verwenden, zu vermeiden, da die Methoden dann nicht unabhängig sind. Bei der Identifizierung mithilfe der Co-Chromatographie sind zwei unterschiedliche, analytisch unabhängige Systeme wie die Umkehr- und Normalphasen-Dünnschichtchromatographie (TLC) und die Hochleistungsflüssigchromatograpie (HPLC) anzuwenden. Wenn die chromatographische Trennung gut genug ist, braucht das Ergebnis nicht spektroskopisch bestätigt zu werden. Eine eindeutige Identifizierung auf der Grundlage struktureller Informationen kann auch mit folgenden Methoden erzielt werden: Flüssigchromatographie/Massenspektrometrie (LC-MS) oder Flüssigchromatographie/Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS), Gaschromatographie/Massen-spektrometrie (GC/MS) und Kernspinresonanzspektroskopie (NMR).

43.

Ist die Identifizierung von Metaboliten, die 5 % oder mehr der verabreichten Dosis ausmachen, nicht möglich, ist dies im Abschlussbericht zu begründen/erläutern. Auch die Identifizierung von Metaboliten, die weniger als 5 % der verabreichten Dosis ausmachen, kann angezeigt sein, um den Metabolismusweg besser zu verstehen und die Gefahren und/oder Risiken der Prüfsubstanz bewerten zu können. Soweit möglich, ist eine Bestätigung der Struktur der Metaboliten anzugeben. Hierzu kann es erforderlich sein, ihr Profil im Plasma, im Blut oder in anderen Geweben zu erstellen.

Ausscheidung

44.

Geschwindigkeit und Ausmaß der Ausscheidung der verabreichten Dosis sollten durch Messung der Prozentsatzes der aus Urin, Fäzes und ausgeatmeter Luft wiedergewonnenen (radioaktiven) Dosis bestimmt werden. Diese Daten tragen auch zur Aufstellung der Massenbilanz bei. Die Mengen der mit Urin, Fäzes und ausgeatmeter Luft ausgeschiedenen Prüfsubstanz (Radioaktivität) sollte in geeigneten Zeitabständen bestimmt werden (siehe Nummern 47, 48 und 49). Versuche mit wiederholter Verabreichung sollten so ausgelegt sein, dass Ausscheidungsdaten erfasst werden können, die die unter Nummer 26 genannten Ziele erfüllen. Dann können Vergleich mit Einzeldosisversuchen angestellt werden.

45.

Wenn eine Pilotstudie ergeben hat, dass mit der ausgeatmeten Luft keine nennenswerten Mengen der Prüfsubstanz (Radioaktivität) (nach Nummer 49) ausgeschieden werden, braucht die ausgeatmete Luft in der Hauptstudie nicht aufgefangen zu werden.

46.

Die Tiere sind getrennt in Stoffwechselkäfigen zu halten, damit die Exkreta (Urin, Fäzes und ausgeatmete Luft) aufgefangen werden können. Am Ende jedes Auffangzeitraums (siehe Nummern 47, 48 und 49) sind die Stoffwechselkäfige mit einem geeigneten Lösungsmittel durchzuspülen, um möglichst viel von der Prüfsubstanz (Radioaktivität) zurückzugewinnen. Das Auffangen von Exkreta sollte nach sieben Tagen beendet werden, oder wenn mindestens 90 % der verabreichten Dosis wiedergewonnen wurde, je nachdem was zuerst eintritt.

47.

Die Gesamtmengen der Prüfsubstanz (Radioaktivität) im Urin sind am ersten Tag des Auffangens zu mindestens zwei Zeitpunkten, von denen einer 24 Stunden nach der Dosierung liegen sollte, und danach täglich bis zum Ende der Studie zu bestimmen. Es wird empfohlen, die Proben zu mehr als zwei Zeitpunkten am ersten Tag zu nehmen (z. B. nach 6, 12 und 24 Stunden). Die Ergebnisse der Pilotstudien sind auf Informationen zu alternativen oder zusätzlichen Auffangzeitpunkten zu analysieren. Die Auffangzeitpläne sind zu begründen.

48.

Die Gesamtmengen der Prüfsubstanz (Radioaktivität) in den Fäzes sollte täglich und zwar erstmals 24 Stunden nach der Dosierung bis zum Ende der Studie bestimmt werden, es sei denn, aufgrund von Pilotstudien erscheinen andere oder zusätzliche Zeitpunkte für das Auffangen angebracht. Alternative Auffangzeitpläne sind zu begründen.

49.

Ausgeatmetes CO2 und andere flüchtige Stoffe brauchen in einer Studie nicht mehr aufgefangen zu werden, wenn in der innerhalb von 24 Stunden aufgefangenen ausgeatmeten Luft weniger als 1 % der verabreichten Dosis gefunden wird.

Zeitverlaufsstudien

Plasma-/Blutkinetik

50.

Zweck dieser Studien ist die Bestimmung grundlegender Toxikokinetikparameter [z. B. Cmax, Tmax Halbwertszeit (t1/2), AUC] der Prüfsubstanz. Die Studien können mit einer Einzeldosis durchgeführt werden, im Allgemeinen werden jedoch zwei oder mehr Dosen verwendet. Die Dosis ist je nach Art des Versuchs und/oder der zu untersuchenden Frage festzusetzen. Zur Klärung von Fragen wie z. B. zur Bioverfügbarkeit der Prüfsubstanz und/oder zur Feststellung des Effekts der Dosis auf die Clearance (z. B. um festzustellen, ob die Sättigung der Clearance dosisabhängig ist) können kinetische Daten benötigt werden.

51.

Für diese Studien sind mindestens vier Tiere eines Geschlechts je Dosisgruppe zu verwenden. Die Wahl des Geschlechts der verwendeten Tiere ist zu begründen. Gibt es Hinweise auf signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede der Toxizität, ist die Verwendung beider Geschlechter (vier männliche und vier weibliche Tiere) in Betracht zu ziehen.

52.

Nach Verabreichung der (radiomarkierten) Prüfsubstanz werden jedem Tier zu angemessenen Zeitpunkten mit der geeigneten Methode Blutproben entnommen. Volumen und Anzahl der Blutproben, die je Tier genommen werden können, sind möglicherweise durch die potenziellen Wirkungen wiederholter Probenahmen auf die Gesundheit/Physiologie des Tiers und/oder durch die Sensitivität der Analysemethode begrenzt. Die Proben sind für jedes einzelne Tier zu analysieren. In bestimmten Fällen (z. B. Charakterisierung von Metaboliten) müssen Proben von mehreren Tieren gepoolt werden. Gepoolte Proben sind deutlich zu kennzeichnen, und das Poolen ist zu begründen. Wird eine radiomarkierte Prüfsubstanz verwendet, kann eine Analyse der vorhandenen Gesamtradioaktivität angebracht sein. In diesem Fall ist die Gesamtradioaktivität im Vollblut und im Plasma oder im Plasma und in den Erythrozyten zu bestimmen, damit das Blut/Plasmaverhältnis berechnet werden kann. In anderen Fällen können spezifischere Untersuchungen, die die Identifizierung der Ausgangssubstanz und/oder der Metaboliten erfordern, oder die Bewertung der Proteinbindung notwendig sein.

Sonstige Gewebekinetik

53.

Diese Studien sollen Informationen über den zeitlichen Verlauf liefern, um so über die Bestimmung der Konzentrationen der Prüfsubstanz in verschiedenen Geweben Fragen zur Art und Weise der toxischen Wirkungen, zur Bioakkumulation und zur Biopersistenz klären zu können. Die Auswahl der Gewebe und die Anzahl der zu bewertenden Zeitpunkte richtet sich danach, welcher Aspekt untersucht werden soll und welche toxikologischen Daten über die Prüfsubstanz vorliegen. Bei der Planung dieser zusätzlichen gewebekinetischen Studien sind die gemäß den Nummern 37-40 gewonnenen Informationen zu berücksichtigen. Die Studien können mit einfacher oder mehrmaliger Dosierung durchgeführt werden. Die gewählte Methode ist ausführlich zu begründen.

54.

Mögliche Gründe für die Durchführung weiterer gewebekinetischer Studien:

Hinweise auf eine längere Halbwertszeit im Blut, die auf die Möglichkeit einer Akkumulation der Prüfsubstanz in verschiedenen Geweben hindeutet, oder

Interesse daran herauszufinden, ob in bestimmten Geweben ein konstantes Niveau erreicht wurde. (In Studien mit wiederholter Verabreichung kann es z. B. selbst wenn sich offenbar ein konstanter Spiegel der Prüfsubstanz im Blut eingestellt hat, von Interesse sein, sich zu vergewissern, dass auch in den Zielgeweben ein konstantes Niveau erreicht wurde.)

55.

Bei dieser Art von Zeitverlaufsstudien ist eine geeignete orale Dosis der Prüfsubstanz an mindestens vier Tiere je Dosis je Zeitpunkt zu verabreichen. Dann ist der zeitliche Verlauf der Verteilung in den ausgewählten Geweben zu überwachen. Sofern keine geschlechtsspezifische Toxizität beobachtet wird, braucht nur ein Geschlecht verwendet zu werden. Ob die Gesamtradioaktivität oder die Ausgangssubstanz und/oder ihre Metaboliten bestimmt werden, richtet sich nach der zu untersuchenden Fragestellung. Die Gewebeverteilung ist mithilfe der geeigneten Verfahren zu bewerten.

Enzyminduktion/-inhibition

56.

Studien zu den möglichen Wirkungen der Enzyminduktion/-inhibition oder zur Biotransformation der Prüfsubstanz können in einem oder mehreren der folgenden Fälle erforderlich sein:

1.

Die vorliegenden Erkenntnisse deuten auf eine Beziehung zwischen der Biotransformation der Prüfsubstanz und erhöhter Toxizität hin;

2.

die vorliegenden Toxizitätsdaten deuten auf eine nicht lineare Beziehung zwischen Dosis und Metabolismus hin;

3.

die Ergebnisse der Studien zur Metabolitenidentifizierung ergeben einen potenziell toxischen Metaboliten, der durch einen Enzymweg produziert worden sein könnte, der durch die Prüfsubstanz induziert wurde;

4.

zur Erklärung der Wirkungen, die mit Phänomenen der Enzyminduktion verbunden sein sollen;

5.

Wenn in In-vitro- oder In-vivo-Versuchen mit unterschiedlichen Tierarten oder unter unterschiedlichen Bedingungen toxikologisch signifikante Veränderungen des Metabolismusprofils der Prüfsubstanz beobachtet werden, kann eine Bestimmung des beteiligten Enzyms bzw. der beteiligen Enzyme erforderlich sein (z. B. Phase-I-Enzyme wie Isozyme des Cytochrom-P450-Monooxygenasesystems, Phase-II-Enzyme wie Isozyme von Sulfotransferase oder Uridin-Diphosphat-Glucuronosyltransferase oder jedes andere relevante Enzym). Diese Informationen können zur Beurteilung der Relevanz von Extrapolationen von einer Tierart zu einer anderen Tierart verwendet werden.

57.

Zur Beurteilung der mit der Prüfsubstanz zusammenhängenden toxikokinetischen Veränderungen sind geeignete Studienprotokolle zu verwenden, die entsprechend validiert und gerechtfertigt sind. Die Studien können z. B. zwecks Bestimmung des Metabolismusprofils die mehrmalige Dosierung einer unmarkierten Prüfsubstanz, gefolgt von einer einzigen radiomarkierten Dosis an Tag 14 oder die mehrmalige Dosierung einer radiomarkierten Prüfsubstanz mit Probenahme an den Tagen 1, 7 und 14 vorsehen. Die mehrmalige Dosierung einer radiomarkierten Prüfsubstanz kann auch Aufschluss über die Bioakkumulation geben (siehe Nummer 26).

ZUSÄTZLICHE METHODEN

58.

Mithilfe zusätzlicher Methoden, die über die in dieser Prüfmethode beschriebenen In-vivo-Versuche hinausgehen, können nützliche Informationen über Resorption, Verteilung, Metabolismus und Elimination einer Prüfsubstanz bei bestimmten Tierarten gewonnen werden.

Nutzung von in-vitro-informationen

59.

Durch In-vitro-Studien mit geeigneten Testsystemen können mehrere Fragestellungen zum Metabolismus der Prüfsubstanz geklärt werden. Zur Untersuchung möglicher Metaboliten können frisch isolierte oder gezüchtete Hepatozyten und subzelluläre Fraktionen (z. B. Mikrosomen und Cytosol oder S9 Fraktion) von der Leber verwendet werden. Der lokale Metabolismus im Zielorgan, z. B. in der Lunge, kann für die Risikobewertung von Interesse sein. Für diese Zwecke können mikrosomale Fraktionen von Zielgeweben nützlich sein. Studien mit Mikrosomen können nützlich sein, um Unterschiede, die mit dem Geschlecht oder der Lebensphase zusammenhängen könnten, zu klären und Enzymparameter (Km und Vmax) zu beschreiben, die die Bewertung der Dosisabhängigkeit des Metabolismus bezogen auf die Expositionsstufen erleichtern können. Darüber hinaus können Mikrosome hilfreich sein, um die am Metabolismus der Prüfsubstanz beteiligten spezifischen mikrosomalen Enzyme zu identifizieren, die für die Extrapolation von einer Tierart zu einer anderen relevant sein können (siehe auch Nummer 56). Das Potenzial für die Induktion der Biotransformation kann auch mithilfe von subzellulären Fraktionen der Leber (z. B. Mikrosomen und Cytosol) von mit der Prüfsubstanz vorbehandelten Tieren durch In-vitro-Induktionsstudien an Hepatozyten oder auf der Grundlage spezifischer Zelllinien, die relevante Enzyme exprimieren untersucht werden. Unter bestimmten Bedingungen kann die Verwendung subzellulärer Fraktionen von menschlichen Geweben für die Bestimmung potenzieller artspezifischer Unterschiede in Betracht gezogen werden. Die Ergebnisse von In-vitro-Untersuchungen können auch für die Entwicklung von physiologisch-basierten toxikokinetischen Modellen von Nutzen sein (5).

60.

In-vitro-Hautresorptionsstudien können zusätzliche Informationen zur Beschreibung der Resorption liefern (6).

61.

Mit primären Zellkulturen von Leberzellen und frischen Gewebeschnitten können ähnliche Fragen untersucht werden wie mit Lebermikrosomen. In bestimmten Fällen kann es möglich sein, spezifische Fragen mithilfe von Zelllinien, die das betreffende Enzym exprimieren, oder mit genetisch veränderten Zelllinien zu beantworten. In anderen Fällen kann es hilfreich sein, die Inhibition und Induktion spezifischer Cytochrom-P450-Isozyme (z. B. CYP1A1, 2E1, 1A2 und andere) und/oder Phase-II-Enzyme durch die Ausgangsverbindung mittels In-vitro-Studien zu untersuchen. Die so gewonnenen Informationen können für strukturverwandte Verbindungen nützlich sein.

Verwendung toxikokinetischer Daten aus Toxizitätsstudien als ergänzende Informationen

62.

Die Analyse von Blut-, Gewebe- und/der Ausscheidungsproben, die im Verlauf anderer Toxizitätsstudien genommen wurden, kann Daten zur Bioverfügbarkeit, zu Veränderungen der Plasmakonzentration im Zeitverlauf (AUC, Cmax), zum Bioakkumulationspotenzial, zu den Clearance-Raten und zu Veränderungen des Metabolismus und der Kinetik liefern, die mit dem Geschlecht oder der Lebensphase der Tiere zusammenhängen.

63.

Die Studienauslegung kann auch im Hinblick auf die Klärung folgender Aspekte angepasst werden: Sättigung der Resorption, Biotransformations- oder Ausscheidungswege bei höheren Dosisstufen, Funktion neuer Stoffwechselwege bei höheren Dosen und Begrenzung toxischer Metaboliten auf höhere Dosen.

64.

Weitere Aspekte, die zur Beurteilung der Gefahren untersucht werden können:

die altersbedingte Empfindlichkeit, die vom Zustand der Blut-Hirn-Schranke, der Nieren und/oder der Detoxifizierungskapazität abhängt;

die Empfindlichkeit bestimmter Unterpopulationen aufgrund unterschiedlicher Biotransformationskapazitäten oder anderer toxikokinetischer Unterschiede;

Ausmaß der Exposition des Fötus durch transplazentare Übertragung von chemischen Stoffen oder der Exposition von Neugeborenen durch das Säugen.

Verwendung toxikokinetischer Modelle

65.

Toxikokinetische Modelle können für verschiedene Aspekte der Gefahren- und Risikobewertung von Nutzen sein, z. B. für die Vorhersage der systemischen Exposition und der die inneren Gewebe erreichenden Dosis. Außerdem können spezifische Fragen zur Wirkungsweise untersucht werden. Die Modelle können als Grundlage für die Extrapolation zwischen Tierarten, Expositionswegen und Dosierungsmustern sowie für die Bewertung des Risikos für den Menschen dienen. Zu den nützlichen Daten für die Entwicklung von physiologisch-basierten toxikokinetischen Modellen für eine Prüfsubstanz bei einer bestimmten Tierart gehören 1) die Verteilungskoeffizienten, 2) biochemische Konstanten und physiologische Parameter, 3) die für die verschiedenen Verabreichungswege spezifischen Resorptionsparameter und 4) In-vivo-Kinetikdaten für die Evaluierung der Modelle [z. B. Clearance-Parameter für relevante (> 10 %) Ausscheidungswege, Km und Vmax für den Metabolismus]. Die Versuchsdaten, die zur Entwicklung des Modells verwendet werden, sind mit wissenschaftlich fundierten Methoden zu erzeugen, und die Modellergebnisse sind zu validieren. Prüfsubstanz- und tierartspezifische Parameter wie Resorptionsraten, Blut-Gewebe-Verteilungskoeffizient und metabolische Umsatzraten werden oft bestimmt, um die Entwicklung von Nicht-Kompartiment-Modellen oder physiologisch basierten Modellen zu erleichtern (7).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

66.

Der Prüfbericht sollte ein Inhaltsverzeichnis enthalten.

Hauptteil des Berichts

67.

Der Hauptteil des Berichts sollte die unter diese Prüfmethode fallenden Informationen enthalten, die wie folgt in Abschnitte und Absätze zu gliedern sind:

Zusammenfassung

68.

Dieser Abschnitt des Berichts sollte eine Zusammenfassung der Studienauslegung und eine Beschreibung der angewandten Methoden enthalten. Er sollte außerdem die wichtigsten Erkenntnisse in Bezug auf die Massenbilanz, die Art und Menge der Metaboliten, die Rückstände der Prüfsubstanz in den Geweben, die Clearance-Rate, das Bioakkumulationspotenzial, geschlechtsspezifische Unterschiede usw. behandeln. Die Zusammenfassung muss so ausführlich sein, dass eine Bewertung der Ergebnisse möglich ist.

Einleitung

69.

Dieser Abschnitt des Berichts sollte die Ziele der Studie, die Begründung und Auslegung sowie geeignete Literaturhinweise und Hintergrundinformationen enthalten.

Material und Methoden

70.

Dieser Abschnitt des Berichts sollte ausführliche Erläuterungen aller einschlägigen Informationen enthalten. Dazu gehören:

a)

Prüfsubstanz

Dieser Unterabschnitt sollte Angaben zur Prüfsubstanz enthalten: chemische Bezeichnung, Molekülstruktur, qualitative und quantitative Bestimmung der chemischen Zusammensetzung, chemische Reinheit und, soweit möglich, Art und Mengen etwaiger Verunreinigungen. Er sollte auch Angaben zu den physikalischen/chemischen Eigenschaften, insbesondere Aggregatzustand, Farbe, Löslichkeits- und/oder Verteilungskoeffizient, Stabilität und gegebenenfalls Ätzwirkung enthalten. Soweit vorhanden, sind Informationen zu Isomeren anzugeben. Ist die Prüfsubstanz radiomarkiert, sollte dieser Unterabschnitt folgende Informationen enthalten: Art des Radionuklids, Position der Markierung, spezifische Aktivität und radiochemische Reinheit.

Die Art des Vehikels, etwaige Verdünnungsmittel, Suspendierhilfen und Emulgatoren oder andere Stoffe, die zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet werden, sind anzugeben.

b)

Versuchstiere

Dieser Unterabschnitt sollte Informationen über die Versuchstiere mit Angaben zur Auswahl von Art, Stamm und Alter zu Beginn der Studie, Geschlecht, Körpergewicht, Gesundheitszustand und Tierhaltung sowie die entsprechenden Begründungen enthalten.

c)

Methoden

Dieser Unterabschnitt sollte Angaben zur Studienauslegung und zur verwendeten Methodik enthalten. Hierzu gehört Folgendes:

1.

Begründung für jede Änderung des Expositionswegs und der Expositionsbedingungen, falls zutreffend;

2.

Begründung für die Auswahl der Dosisstufen;

3.

falls zutreffend, Erläuterung der Pilotstudien, die für die Konzeption von Follow-up-Studien verwendet wurden; die den Pilotstudien zugrunde liegenden Daten sind anzugeben;

4.

Zubereitungsweise der Dosierungslösung und Art des Lösungsmittels oder Vehikels, sofern verwendet;

5.

Anzahl der Behandlungsgruppen und Anzahl der Tiere je Gruppe;

6.

Dosierungsstufen und -volumen (sowie die spezifische Aktivität der Dosis bei Anwendung von Radioaktivität);

7.

Verabreichungsweg(e) und -methode(n);

8.

Frequenz der Dosierung;

9.

Futterkarenz (falls zutreffend);

10.

Gesamtradioaktivität je Tier;

11.

Umgang mit den Tieren;

12.

Entnahme/Auffangen von Proben und Aufbereitung;

13.

für die Trennung, quantitative Bestimmung und Identifizierung von Metaboliten verwendete Analysemethoden;

14.

Nachweisgrenzen der verwendeten Methoden;

15.

sonstige durchgeführte experimentelle Messungen und Verfahren (einschließlich der Validierung von Methoden für die Analyse von Metaboliten).

d)

Statistische Analysen

Werden die Studienergebnisse statistisch analysiert, so müssen ausreichende Informationen über das herangezogene Analyseverfahren und das verwendete Computerprogramm angegeben werden, damit ein unabhängiger Überprüfer/Statistiker die Analyse nachbewerten und nachvollziehen kann.

Bei Studien mit Systemmodellierung wie einem physiologisch-basierten toxikokinetischen Modell ist eine umfassende Beschreibung des Modells anzugeben, um eine unabhängige Rekonstruktion und Validierung des Modells zu ermöglichen (siehe Nummer 65 und Anlage: Definitionen).

Ergebnisse

71.

Alle Daten sind entsprechend der Beschreibung im vorliegenden Absatz zusammenzufassen und mit einer angemessenen statistischen Auswertung in Tabellenform darzustellen. Die Daten der Radioaktivitätsmessung sind zusammenzufassen und in für die Studie geeigneter Weise darzustellen, d. h. normalerweise als Mikrogramm- oder Milligrammäquivalent je Probenmasse; es können auch andere Einheiten verwendet werden. Dieser Abschnitt sollte grafische Darstellungen der Befunde, die repräsentativen Chromatographie- und Spektrometriedaten, Angaben zur Identität/Menge der Metaboliten und den möglichen Stoffwechselwegen, einschließlich der Molekülstruktur der Metaboliten enthalten. Darüber hinaus sollte dieser Abschnitt, soweit zutreffend, die folgenden Informationen enthalten:

1.

Menge und prozentualer Anteil der Wiedergewinnung der Radioaktivität in Urin, Fäzes, ausgeatmeter Luft und Käfigreinigungsrückständen.

Bei Studien mit dermaler Applikation sind auch Daten über die Wiedergewinnung der Prüfsubstanz von der behandelten Haut und vom Abwaschen der Haut, Daten über die restliche Radioaktivität auf der Hautabdeckung und in den Stoffwechselkäfigen sowie die Ergebnisse der Hautwaschstudie anzugeben. Für weitere Erläuterungen siehe Nummern 74-77.

Bei Inhalationsstudien sind auch Daten über die Wiedergewinnung der Prüfsubstanz aus den Lungen und Nasengeweben anzugeben (8). Für weitere Erläuterungen siehe Nummer 78;

2.

die Gewebeverteilung, angegeben als Prozentsatz der verabreichten Dosis und als Konzentration (Mikrogrammäquivalent je Gramm Gewebe) und die Gewebe/Blut- oder Gewebe/Plasma-Verhältnisse;

3.

die für jede Studie aufgestellte Materialbilanz mit Untersuchung von Körpergeweben und Ausscheidungen;

4.

Plasmakonzentrationen und toxikokinetische Parameter (Bioverfügbarkeit, AUC, Cmax, Tmax, Clearance, Halbwertszeit) nach Verabreichung über den/die jeweilige(n) Expositionsweg(e);

5.

Geschwindigkeit und Ausmaß der Resorption der Prüfsubstanz nach Verabreichung über den/die jeweilige(n) Expositionsweg(e);

6.

in Ausscheidungen gefundene Mengen der Prüfsubstanz und Metaboliten (angegeben als Prozentsatz der verabreichten Dosis);

7.

Verweis auf Daten in der Anlage, die Daten zu allen gemessenen Endpunkten für die einzelnen Tiere enthalten (z. B. Dosisverabreichung, prozentuale Wiedergewinnung, Konzentrationen, toxikokinetische Parameter usw.);

8.

grafische Darstellung der vorgeschlagenen Stoffwechselwege und der Molekülstrukturen der Metaboliten.

Diskussion und Schlussfolgerungen

72.

In diesem Abschnitt sollte(n) der/die Verfasser

1.

auf der Grundlage des Metabolismus und der Eliminierung der Prüfsubstanz einen Stoffwechselweg vorschlagen;

2.

potenzielle tierart- und geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Eliminierung und/oder Biotransformation der Prüfsubstanz untersuchen;

3.

die Identität und Bedeutung von Metaboliten, die Clearance-Raten, das Bioakkumulationspotenzial, die Menge an Rückständen des Ausgangsstoffs und/oder von Metaboliten in Geweben sowie gegebenenfalls dosisabhängige Veränderungen von toxikokinetischen Parametern tabellarisch darstellen und erläutern;

4.

alle relevanten Toxikokinetik-Daten aufnehmen, die bei der Durchführung von Toxizitätsstudien gewonnen wurden;

5.

eine kurze Schlussfolgerung formulieren, die durch die Ergebnisse der Studie gestützt werden kann;

6.

(falls notwendig oder angebracht) Abschnitte hinzufügen.

73.

Für bibliografische Angaben, Tabellen, Abbildungen, Anhänge usw. sind zusätzliche Abschnitte zu verwenden.

ALTERNATIVE EXPOSITIONSWEGE

Dermal

Dermale Applikation

74.

Dieser Abschnitt enthält spezifische Informationen zur Untersuchung der Toxikokinetik der Prüfsubstanz bei dermaler Applikation. Für die Hautresorption ist Kapitel B.44 dieses Anhangs [Hautresorption: In-vivo-Methode (9)] zu beachten. Für andere Endpunkte wie Verteilung und Metabolismus kann diese Prüfmethode B.36 verwendet werden. Bei dermaler Applikation sollten eine oder mehrere Dosisstufen der Prüfsubstanz verwendet werden. Die Prüfsubstanz (z. B. reines, verdünntes oder formuliertes Material, das die auf die Haut aufgetragene Prüfsubstanz enthält) muss der Substanz entsprechen (oder ein realistisches Surrogat hiervon bilden), der Menschen oder andere mögliche Zielarten ausgesetzt sein können. Die Dosisstufe(n) ist/sind gemäß den Nummern 20-26 dieser Prüfmethode festzulegen. Dabei kann berücksichtigt werden, mit welcher Exposition von Menschen zu rechnen ist und/oder bei welchen Dosen in anderen Studien zur dermalen Toxizität Toxizitätszeichen beobachtet wurden. Die dermale Dosis ist erforderlichenfalls in einem geeigneten Vehikel aufzulösen und in einem angemessenen Volumen zu applizieren. Kurz vor Versuchsbeginn wird das Fell auf dem Rücken der Versuchstiere geschoren. Ein Abrasieren des Fells ist ebenfalls möglich, sollte jedoch etwa 24 Stunden vor dem Versuch erfolgen. Beim Scheren oder Abrasieren des Fells ist darauf zu achten, dass die Haut nicht verletzt wird, da dies ihre Durchlässigkeit verändern könnte. Etwa 10 % der Körperoberfläche sollten für die Applikation der Prüfsubstanz enthaart werden. Bei hochtoxischen Substanzen kann die behandelte Oberfläche kleiner als etwa 10 % sein, es sollte jedoch ein möglichst großer Bereich mit einer dünnen und einheitlichen Schicht bedeckt werden. Bei allen Gruppen, die der dermalen Prüfung unterzogen werden, sollte die gleiche Fläche behandelt werden. Die Bereiche, auf denen die Prüfsubstanz appliziert wurde, sind mit einer geeigneten Abdeckung, die befestigt wird, zu schützen. Die Tiere sind getrennt unterzubringen.

75.

Um die Menge der applizierten Dosis der Prüfsubstanz zu bestimmen, die mit milder Seife und Wasser von der behandelten Hautfläche abgewaschen werden kann, ist eine Hautwaschstudie durchzuführen. Diese Studie kann auch bei der Aufstellung der Massenbilanz helfen, wenn die Prüfsubstanz über die Haut verabreicht wird. Bei dieser Hautwaschstudie wird zwei Tieren eine Einzeldosis der Prüfsubstanz appliziert. Die Dosisstufe ist gemäß Nummer 23 dieser Prüfmethode festzulegen (für die Dauer des Hautkontakts siehe auch Nummer 76). Anhand der beim Abwaschen wiedergewonnenen Menge der Prüfsubstanz kann die Wirksamkeit der Entfernung der Prüfsubstanz durch das Abwaschen bestimmt werden.

76.

Sofern die Prüfsubstanz keine hautätzende Wirkung hat, sollte sie nach dem Auftragen mindestens 6 Stunden auf der Haut verbleiben. Dann ist die Abdeckung abzunehmen und die behandelte Fläche nach dem in der Hautwaschstudie beschriebenen Verfahren zu waschen (siehe Nummer 75). Sowohl die Abdeckung als auch die Waschflüssigkeit sind auf Rückstände der Prüfsubstanz zu analysieren. Am Ende der Studie werden die Tiere gemäß (2) tierschutzgerecht getötet und die behandelte Haut wird entfernt. Ein angemessener Teil der behandelten Haut ist auf Rückstände der Prüfsubstanz (Radioaktivität) zu analysieren.

77.

Für die toxikokinetische Bewertung von Arzneimitteln können je nach Regulierungssystem unterschiedliche Verfahren erforderlich sein.

Inhalation

78.

Für diese Prüfung ist eine einzige Konzentration der Prüfsubstanz zu verwenden (oder mehrere, falls erforderlich). Die Konzentration(en) ist/sind gemäß den Nummern 20-26 dieser Prüfmethode festzulegen. Um eine Resorption über andere Expositionswege zu verhindern, sind Inhalationsprüfungen mit einem ‚Nasentrichter‘ oder einer ‚Head-only‘-Vorrichtung durchzuführen (8). Wenn bei der Inhalationsexposition andere Bedingungen angewandt werden, ist die Änderung zu begründen. Die Dauer der Inhalationsexposition ist festzulegen und beträgt normalerweise 4-6 Stunden.

LITERATUR:

1.

OECD (2009). Preliminary Review of OECD Test Guidelines for their Applicability to Manufactured Nanomaterials, Series on the Safety of Manufactured Nanomaterials No. 15, ENV/JM/MONO(2009)21, OECD, Paris.

2.

OECD (2000). Guidance Document on Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation; Environmental Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment N°19, ENV/JM/MONO(2000), OECD, Paris.

3.

Solon E G, Kraus L (2002). Quantitative whole-body autoradiography in the pharmaceutical industry; Survey results on study design, methods, and regulatory compliance, J Pharm and Tox Methods 46: 73-81.

4.

Stumpf WE (2005). Drug localization and targeting with receptor microscopic autoradiography. J. Pharmacological and Toxicological Methods 51: 25-40.

5.

Loizou G, Spendiff M, Barton HA, Bessems J, Bois FY, d’Yvoire MB, Buist H, Clewell HJ 3rd, Meek B, Gundert-Remy U, Goerlitz G, Schmitt W. (2008). Development of good modelling practice for physiologically based pharmacokinetic models for use in risk assessment: The first steps. Regulatory Toxicology and Pharmacology 50: 400-411.

6.

Kapitel B.45 dieses Anhangs, Hautresorption: In-vitro-Methode.

7.

IPCS (2010). Characterization and application of Physiologically-BasedPharmacokinetic Models in Risk Assessment. IPCS Harmonization Project Document No 9. Geneva, World Health Organization, International Programme on Chemical Safety.

8.

OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing, Series on Testing and Assessment No. 39, ENV/JM/MONO(2009)28, OECD, Paris.

9.

Kapitel B.44 dieses Anhangs, Hautresorption: In-vivo-Methode.

10.

Barton HA, et al. (2006). The Acquisition and Application of Absorption, Distribution, Metabolism, and Excretion (ADME) Data in Agricultural Chemical Safety Assessments, Critical Reviews in Toxicology 36: 9-35.

11.

Gibaldi M and Perrier D, (1982), Pharmacokinetics, 2nd edition, Marcel Dekker, Inc., New York.

Anlage

DEFINITIONEN

Resorption: Prozess(e) der Aufnahme von Chemikalien in oder über Gewebe. Die Resorption bezieht sich auf die Ausgangssubstanz und alle ihre Metaboliten. Nicht mit ‚Bioverfügbarkeit‘ zu verwechseln.

Akkumulation (Bioakkumulation): Zunahme der Menge einer Prüfsubstanz in den Geweben im Laufe der Zeit (normalerweise im Fettgewebe, nach wiederholter Exposition); wenn die Prüfsubstanz dem Körper in größeren Mengen zugeführt wird, als er sie ausscheidet, akkumuliert der Organismus die Prüfsubstanz, und es können toxische Konzentrationen des Stoffs erreicht werden.

ADME: Akronym für ‚Absorption, Distribution, Metabolism and Excretion‘ (Resorption, Verteilung, Metabolismus und Ausscheidung).

AUC: (Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve): die Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve einer Prüfsubstanz im Plasma. Diese Fläche entspricht der Gesamtmenge der Prüfsubstanz, die vom Körper innerhalb eines festgelegten Zeitraums resorbiert wurde. Unter linearen Bedingungen ist die AUC (vom Zeitpunkt Null bis unendlich) proportional zur Gesamtmenge einer vom Körper resorbierten Prüfsubstanz, unabhängig von der Resorptionsgeschwindigkeit.

Autoradiographie: (Ganzkörper-Autoradiographie): wird verwendet zur qualitativen und/oder quantitativen Bestimmung des Aufenthaltsorts einer radioaktiven Prüfsubstanz im Gewebe. Bei dieser Technik werden Röntgenfilme oder in jüngerer Zeit digitale Phosphorbildplatten verwendet, um radioaktiv markierte Moleküle oder Molekülfragmente durch Aufzeichnung der im untersuchten Objekt emittierten Strahlung sichtbar zu machen. Die quantitative Ganzkörper-Autoradiographie ist für die Evaluierung der Verteilung der Prüfsubstanz und die Bewertung der Gesamtrückgewinnung und Auflösung von radioaktivem Material in Geweben möglicherweise besser geeignet als die Organsektion. Ein wichtiger Vorteil ist beispielsweise, dass sie in einem Versuchsmodell mit einem pigmentierten Tier verwendet werden kann, um die mögliche Assoziation der Prüfsubstanz mit Melanin zu bewerten, das sich an bestimmte Moleküle binden kann. Zwar lassen sich mit dieser Technik die Bindungsstellen mit hoher Kapazität und geringer Affinität im gesamten Körper gut darstellen, aber sie ist möglicherweise weniger gut geeignet für die Identifizierung bestimmter Zielorte wie Rezeptorbindungsstellen, an denen für den Nachweis eine relativ hohe Auflösung und eine hohe Sensitivität erforderlich sind. Wenn die Autoradiographie zum Einsatz kommt, sollten Versuche zur Aufstellung der Massenbilanz der verabreichten Verbindung mit einer getrennten Gruppe oder in einer von der Gewebeverteilungsstudie getrennten Studie durchgeführt werden, bei der alle Ausscheidungen (zu denen auch die ausgeatmete Luft gehören kann) und ganze Tierkörper homogenisiert und mithilfe der Flüssigszintillationszählung analysiert werden.

Biliäre Ausscheidung: Ausscheidung über die Gallengänge.

Bioakkumulation: siehe ‚Akkumulation‘.

Bioverfügbarkeit: der Anteil einer verabreichten Dosis, die in den systemischen Kreislauf gelangt oder am Wirkort zur Verfügung gestellt wird. Die Bioverfügbarkeit einer Prüfsubstanz bezieht sich normalerweise auf den Ausgangsstoff; sie kann sich aber auch auf seine Metaboliten beziehen. Sie betrifft nur eine chemische Form. Hinweis: Bioverfügbarkeit und Resorption sind nicht identisch. Der Unterschied zwischen z. B. der oralen Resorption (d. h. dem Vorhandensein in der Darmwand und in der portalen Zirkulation) und der Bioverfügbarkeit (d. h. dem Vorhandensein im systemischen Blut und in Geweben) kann neben anderen Faktoren auf den chemischen Abbau aufgrund des Metabolismus der Darmwand oder auf Effluxtransport zurück zum Darmlumen oder auf präsystemischen Metabolismus in der Leber zurückzuführen sein (10). Die Bioverfügbarkeit der toxischen Komponente (Ausgangsstoff oder ein Metabolit) ist bei der Bewertung der Risiken für die menschliche Gesundheit ein kritischer Parameter (Extrapolation von hoher zu niedriger Dosis, Extrapolation von einem Verabreichungsweg zu einem anderen) für die Ableitung eines internen Werts vom externen NOAEL- oder BMD-Wert (applizierte Dosis). Für die Untersuchung der Wirkungen auf die Leber bei oraler Verabreichung reicht die orale Resorption aus. Bei jeder anderen Wirkung als am Eingangsort ist die Bioverfügbarkeit jedoch im Allgemeinen ein zuverlässigerer Parameter für die weitere Risikobewertung als die Resorption.

Biopersistenz: siehe ‚Persistenz‘.

Biotransformation: (normalerweise enzymatische) chemische Umwandlung einer Prüfsubstanz in einen anderen Stoff innerhalb des Körpers. Synonym ‚Metabolismus‘.

Cmax : entweder maximale (Peak-)Konzentration im Blut (Plasma/Serum) nach der Verabreichung oder maximale (Peak-)Ausscheidung (in Urin oder Fäzes) nach der Verabreichung.

Clearance-Rate: quantitatives Maß der Geschwindigkeit, mit der eine Prüfsubstanz je Zeiteinheit aus dem Blut, dem Plasma oder einem bestimmten Gewebe eliminiert wird.

Kompartiment: struktureller oder biochemischer Teil (oder strukturelle oder biochemische Einheit) eines Körpers, eines Gewebes oder einer Zelle, die vom Rest abgetrennt ist.

Detoxifizierungswege: eine Reihe von Schritten, durch die toxische Stoffe aus dem Körper eliminiert werden, entweder durch metabolische Umwandlung oder durch Ausscheidung.

Verteilung: Verbreitung einer Prüfsubstanz und ihrer Derivate im Organismus.

Enzyme/Isozyme: Proteine, die chemische Reaktionen katalysieren. Isozyme sind Enzyme, die ähnliche chemische Reaktionen katalysieren, sich aber in ihrer Aminosäurensequenz unterscheiden.

Enzymparameter: Km: Michaeliskonstante und Vmax: maximale Geschwindigkeit.

Ausscheidung: Prozess(e), mit dem/denen eine verabreichte Prüfsubstanz und/oder ihre Metaboliten aus dem Körper entfernt werden.

Exogen: von außen in den Organismus oder das System eingebracht oder außerhalb des Organismus oder des Systems erzeugt.

Extrapolation: Folgerung eines oder mehrerer unbekannter Werte aus dem, was bekannt ist oder beobachtet wurde.

Halbwertszeit (t1/2): Zeit, in der die Konzentration der Prüfsubstanz in einem Kompartiment um die Hälfte sinkt. Die Halbwertszeit bezieht sich normalerweise auf die Plasmakonzentration oder die Menge der Prüfsubstanz im gesamten Körper.

Induktion/Enzyminduktion: Enzymsynthese als Reaktion auf einen Umweltreiz oder ein Induktormolekül.

Linearität/lineare Kinetik: In der Kinetik ist ein Prozess linear, wenn die Geschwindigkeiten aller Übertragungen zwischen den Kompartimenten proportional zu den vorhandenen Mengen oder Konzentrationen sind, d. h. 1. Ordnung. Folglich sind die Clearance- und Verteilungsvolumen konstant, ebenso die Halbwertszeiten. Die erreichten Konzentrationen sind proportional zur Dosierungsrate (Exposition), und die Akkumulation kann leichter vorhergesagt werden. Ob Linearität oder Nichtlinearität vorliegt, kann durch Vergleich der relevanten Parameter, z. B. AUC, nach unterschiedlichen Dosen oder nach Einzel- oder Mehrfachexposition festgestellt werden. Besteht keine Dosisabhängigkeit, so kann dies auf die Sättigung der an der Metabolisierung der Verbindung beteiligten Enzyme hindeuten; eine Vergrößerung der AUC nach wiederholter Exposition im Vergleich zu einer Einmalexposition kann ein Hinweis auf eine Stoffwechselhemmung, eine Verkleinerung der AUC ein Hinweis auf eine Stoffwechselinduktion sein [siehe auch (11)].

Massenbilanz: Erfassung der Massen der Prüfsubstanz, die in das System eingehen und es verlassen.

Materialbilanz: siehe ‚Massenbilanz‘.

Toxizitätsmechanismus/Wirkungsmechanismus (Wirkungsweise): Wirkungsmechanismus bezieht sich auf spezifische biochemische Wechselwirkungen, durch die eine Prüfsubstanz ihre Wirkung entfaltet. Wirkungsweise bezieht sich auf allgemeinere Phänomene, die zur Toxizität einer Prüfsubstanz führen.

Metabolismus: Synonym ‚Biotransformation‘.

Metaboliten: Produkte des Metabolismus oder metabolischer Prozesse.

Orale Resorption: der Prozentsatz der Dosis der Prüfsubstanz, die ab dem Verabreichungsort (z. B. Magen-Darm-Trakt) resorbiert wird. Mit diesem wichtigen Parameter kann bestimmt werden, welcher Anteil der verabreichten Prüfsubstanz die Pfortader und anschließend die Leber erreicht.

Verteilungskoeffizient: ein Maß für die unterschiedliche Löslichkeit eines chemischen Stoffs in zwei Lösungsmitteln.

Maximale Blut-(Plasma-/Serum-)Spiegel: maximale (Peak-)Konzentration im Blut (Plasma/Serum) nach Verabreichung (siehe auch ‚Cmax‘).

Persistenz (Biopersistenz): das langfristige Vorhandensein einer Chemikalie (in einem biologischen System) aufgrund ihrer Abbau-/Eliminationsresistenz.

Read-across: Die Endpunktinformationen für eine oder mehrere Chemikalien werden verwendet, um eine Prognose über den Endpunkt für die Zielchemikalie abzugeben.

Rezeptor-Mikroautoradiographie: Mit dieser Technik kann die xenobiotische Interaktion mit spezifischen Gewebestellen oder Zellpopulationen untersucht werden, wie z. B. in Studien zur Rezeptorbindung oder zur spezifischen Wirkungsweise, die eine hohe Auflösung und hohe Sensitivität erfordern, die bei anderen Verfahren wie der Ganzkörperautoradiographie möglicherweise nicht erreichbar sind.

Verabreichungsweg (oral, IV, dermal, Inhalation usw.): bezieht sich darauf, auf welche Weise chemische Stoffe dem Körper verabreicht werden (z. B. oral über eine Sonde, oral mit dem Futter, dermal, durch Inhalation, intravenös usw.)

Sättigung: Zustand, in dem sich einer oder mehrere kinetische Prozesse (z. B. Resorption, Metabolismus oder Clearance) an einem Maximum befinden (d. h. ‚gesättigt‘ sind).

Sensitivität: Fähigkeit einer Methode oder eines Messinstruments, zwischen Reaktionen zu unterscheiden, die verschiedene Niveaus einer Zielvariablen darstellen.

Konstanter Blutspiegel (Plasmaspiegel): Nichtgleichgewichtszustand eines offenen Systems, bei dem alle auf das System einwirkenden Kräfte genau durch entgegenwirkende Kräfte ausgeglichen werden, so dass alle Komponenten des Systems eine konstante Konzentration aufweisen, obwohl Materie durch das System fließt.

Systemmodellierung (physiologisch-basiert toxikokinetisch, pharmakokinetisch-basiert, physiologisch-basiert pharmakokinetisch, biologisch-basiert usw.): abstraktes Modell, das das Verhalten eines Systems mathematisch beschreibt.

Zielgewebe: Gewebe, in dem sich eine wichtige schädliche Wirkung eines toxischen Stoffs manifestiert.

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Gewebeverteilung: reversible Positionsveränderung einer Prüfsubstanz von einer Stelle im Körper an eine andere. Die Gewebeverteilung kann mithilfe von Organsektion, Homogenisation, Verbrennung und Flüssigkeitsszintillationszählung oder durch qualitative und/oder quantitative Ganzkörperautoradiographie untersucht werden. Die erste Methode ist gut geeignet, um die Konzentration und die prozentuale Wiedergewinnung in den Geweben und im Körper derselben Tiere zu bestimmen, hat aber möglicherweise eine zu geringe Auflösung für alle Gewebe und eine unter dem Idealwert liegende Gesamtwiedergewinnungsrate (< 90 %). Siehe auch die Definition der Autoradiographie.

Tmax : Zeit bis zum Erreichen von Cmax.

Toxikokinetik (Pharmakokinetik): Untersuchung von Resorption, Verteilung, Metabolismus und Ausscheidung von chemischen Stoffen im Zeitverlauf.

Validierung von Modellen: Verfahren zur Bewertung der Eignung eines Modells, die verfügbaren toxikokinetischen Daten angemessen zu beschreiben. Modelle können durch einen statistischen und visuellen Vergleich ihrer Prognosen mit experimentellen Werten gegenüber einer gemeinsamen unabhängigen Variablen (z. B. der Zeit) bewertet werden. Der Umfang der Bewertung sollte in Bezug auf die vorgesehene Verwendung des Modells gerechtfertigt sein.

8.

Das Kapitel B.52 wird angefügt:

„B.52   AKUTE INHALATIONSTOXIZITÄT — AKUT-TOXISCHE KLASSENMETHODE

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 436 (2009). Die erste Methode zur Prüfung auf akute Inhalationstoxizität TG 403 wurde 1981 angenommen und seitdem überarbeitet (siehe Kapitel B.2 dieses Anhangs (1)). Nach der Annahme der überarbeiteten akut-toxischen Klassenmethode (ATK) mit oraler Verabreichung (Kapitel B.1 tris dieses Anhangs) (5) wurde es für angebracht gehalten, eine akut-toxische Klassenmethode mit Inhalation (2) (3) (4) zu entwickeln. Eine retrospektive Leistungsbewertung der ATK-Methode zur Prüfung auf akute Inhalationstoxizität hat gezeigt, dass die Methode für Zwecke der Einstufung und Kennzeichnung geeignet ist (6). Bei der ATK-Inhalationsprüfmethode kann die Toxizität der Prüfsubstanz mithilfe aufeinander folgender Stufen festgelegter Zielkonzentrationen eingestuft werden. Der wichtigste Endpunkt ist Letalität, aber Tiere, bei denen starke Schmerzen oder schweres Leiden festgestellt werden, oder Tiere, deren Tod bevorsteht, sollten zur Minimierung ihres Leidens tierschutzgerecht getötet werden. Hinweise zu humanen Endpunkten sind im OECD Guidance Document No. 19 (7) zu finden.

2.

Das Guidance Document No. 39 on Acute Inhalation Toxicity Testing (GD 39 (8)) enthält Hinweise zur Durchführung und Auswertung dieser Prüfmethode.

3.

Die im Zusammenhang mit dieser Prüfmethode verwendeten Begriffe werden in Anlage 1 und im GD 39 (8) definiert.

4.

Die Prüfmethode gibt Aufschluss über die gefährlichen Eigenschaften der Prüfsubstanz und ermöglicht ihre Einstufung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zur Einstufung chemischer Stoffe mit akut toxischer Wirkung (9). Falls Punktschätzungen von LC50-Werten oder Analysen der Konzentrations-Wirkungs-Beziehung erforderlich sind, ist Kapitel B.2 dieses Anhangs (1) die geeignete Prüfmethode. Weitere Hinweise zur Wahl der Prüfmethode sind im GD 39 (8) zu finden. Diese Prüfmethode ist nicht speziell für die Prüfung von Spezialmaterialien wie schwer löslichen isometrischen oder Fasermaterialien oder hergestellten Nanomaterialien bestimmt.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

5.

Bevor Versuche nach dieser Prüfmethode in Betracht gezogen werden, sollte das Prüflabor alle verfügbaren Informationen über die Prüfsubstanz, einschließlich bereits vorliegender Studien, deren Ergebnisse darauf hindeuten, dass auf weitere Versuche verzichtet werden kann, auswerten, damit möglichst wenig Tiere verwendet werden. Für die Auswahl der in Bezug auf Art, Stamm und Geschlecht am besten geeigneten Tiere sowie der geeigneten Expositionsart und Prüfkonzentrationen sollten u. a. Informationen wie die Identität, die chemische Struktur und die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, Ergebnisse jeglicher In-vitro- oder In-vivo-Toxizitätsprüfungen, vorgesehene Verwendungen und die Möglichkeit der Exposition des Menschen, (Q)SAR-Daten und toxikologische Daten über strukturverwandte Substanzen herangezogen werden. Konzentrationen, die wegen ätzender (11) oder stark reizender Wirkungen voraussichtlich starke Schmerzen und Qualen verursachen, sollten mit dieser Prüfmethode nicht geprüft werden [siehe GD 39 (8)].

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

6.

Das Prinzip der Prüfung besteht darin, in einem schrittweisen Verfahren genügend Informationen über die akute Toxizität der Prüfsubstanz nach Inhalation über einen Expositionszeitraum von 4 Stunden zu gewinnen, damit sie eingestuft werden kann. Für spezifische Regulierungszwecke sind andere Expositionszeiten möglich. Bei jeder der festgelegten Konzentrationsstufen werden je drei Tiere beider Geschlechter geprüft. Je nach Mortalität und/oder moribundem Zustand der Tiere können zwei Stufen ausreichen, um eine Beurteilung der akuten Toxizität der Prüfsubstanz zu ermöglichen. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass ein Geschlecht empfindlicher reagiert als das andere, kann die Prüfung mit dem empfindlicheren Geschlecht allein fortgesetzt werden. Das Ergebnis einer Stufe bestimmt die jeweils folgende Stufe:

a)

keine weitere Prüfung erforderlich,

b)

Prüfung von drei Tieren je Geschlecht oder

c)

Prüfung von sechs Tieren des empfindlicheren Geschlechts, d. h. die Schätzungen der Untergrenze der Toxizitätsklasse sollte unabhängig vom Geschlecht auf sechs Tieren je Prüfkonzentrationsgruppe basieren.

7.

Moribunde Tiere oder Tiere, die offensichtlich unter Schmerzen leiden oder Anzeichen von schwerem und anhaltendem Leiden zeigen, sollten auf tierschutzgerechte Weise getötet werden und sind bei der Auswertung der Testergebnisse auf die gleiche Weise zu werten wie während des Tests gestorbene Tiere. Kriterien für die Entscheidung, moribunde oder schwer leidende Tiere zu töten, sowie Hinweise zur Erkennung des absehbaren oder bevorstehenden Todes sind Gegenstand des OECD Guidance Document No. 19 on Humane Endpoints (7).

BESCHREIBUNG DER METHODE

Auswahl von Versuchstierarten

8.

Es sollten junge, gesunde, adulte Tiere aus üblicherweise eingesetzten Laborstämmen verwendet werden. Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte; werden andere Tierarten eingesetzt, ist dies zu begründen.

Vorbereitung der Tiere

9.

Die weiblichen Tiere dürfen weder bereits geworfen haben noch momentan trächtig sein. Am Tag der Exposition sollten die jungen, adulten Tiere 8 bis 12 Wochen alt sein; ihr Körpergewicht sollte innerhalb von ± 20 % des mittleren Gewichts für jedes Geschlecht aller zuvor exponierten Tiere desselben Alters liegen. Die Tiere werden nach Zufallskriterien ausgewählt, zur individuellen Identifizierung markiert und vor Beginn der Prüfung für einen Zeitraum von mindestens fünf Tagen in ihren Käfigen an die Laborbedingungen gewöhnt. Die Tiere sollten auch für einen kurzen Zeitraum vor der Prüfung an die Versuchsapparatur gewöhnt werden, da dies den Stress durch die Umsetzung in eine neue Umgebung verringert.

Tierhaltung

10.

Die Temperatur in dem Raum, in dem die Versuchstiere gehalten werden, sollte 22 ± 3 °C betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte im Idealfall im Bereich zwischen 30 und 70 % liegen; bei Verwendung von Wasser als Vehikel könnte dies jedoch unmöglich sein. Die Tiere sollten vor und nach den Expositionen im Allgemeinen nach Geschlecht und Konzentration in Käfigen gruppiert werden, wobei aber die Anzahl der Tiere pro Käfig noch eine genaue Beobachtung der einzelnen Tiere ermöglichen muss und Verluste aufgrund von Kannibalismus oder Kämpfen minimiert werden sollten. Wenn die Tiere der Prüfsubstanz nur mit der Nase ausgesetzt werden sollen, müssen sie möglicherweise an die Restrainer gewöhnt werden. Die Restrainer sollten die Tiere weder körperlich noch in Bezug auf Wärme oder Fixierung übermäßig beeinträchtigen. Die Fixierung kann physiologische Endpunkte wie Körpertemperatur (Hyperthermie) und/oder das Atemminutenvolumen beeinflussen. Wenn generische Daten zeigen, dass keine derartigen Veränderungen in nennenswertem Ausmaß vorkommen, ist eine Eingewöhnung an die Restrainer nicht erforderlich. Bei der Ganzkörperexposition gegen ein Aerosol sollten die Tiere während der Exposition einzeln untergebracht sein, damit sie die Prüfsubstanz nicht durch das Fell ihrer Käfiggenossen filtriert einatmen. Außer während der Exposition kann herkömmliches und zertifiziertes Labortierfutter verwendet werden bei uneingeschränkter Versorgung mit Trinkwasser. Die Beleuchtung sollte künstlich sein und die Hell- und Dunkelphasen sollten sich im Abstand von 12 Stunden abwechseln.

Inhalationskammern

11.

Bei der Auswahl einer Inhalationskammer sind die Art der Prüfsubstanz und das Ziel der Prüfung zu berücksichtigen. Das bevorzugte Verfahren ist die ‚Nose-only‘-Exposition (dieser Begriff umfasst ‚nur Kopf‘, ‚nur Nase‘ oder ‚nur Schnauze‘). Für die Untersuchung von Flüssigkeits- oder Feststoffaerosolen und für Dämpfe, die zu Aerosolen kondensieren können, wird im Allgemeinen die ‚Nose-only‘-Exposition bevorzugt. Besondere Ziele der Untersuchung können möglicherweise mit einer Ganzkörperexposition besser erreicht werden, doch dies sollte im Prüfbericht begründet werden. Um bei Verwendung einer Ganzkörperkammer die Stabilität der Atmosphäre sicherzustellen, sollte das Gesamtvolumen der Versuchstiere 5 % des Volumens der Kammer nicht übersteigen. Die Grundzüge der ‚Nose-only‘- und der Ganzkörperexposition sowie ihre jeweiligen Vor- und Nachteile sind im GD 39 (8) beschrieben.

EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Verabreichung der Konzentrationen

12.

Es wird eine feste Expositionsdauer von 4 Stunden — ohne die zur Erreichung des Gleichgewicht erforderliche Zeit — empfohlen. Um spezifische Erfordernisse zu erfüllen, sind auch andere Expositionszeiten möglich; diese sind jedoch im Prüfbericht zu begründen [siehe GD 39 (8)]. Bei Ganzkörperexpositionen sollten die Tiere einzeln untergebracht sein, um eine Aufnahme der Prüfsubstanz durch das Putzen von Käfiggenossen zu verhindern. Während der Exposition sollte kein Futter verabreicht werden. Wasser kann während einer Ganzkörperexposition jederzeit angeboten werden.

13.

Die Tiere werden der Prüfsubstanz in Form von Gas, Dampf, Aerosol oder einer Kombination dieser Formen ausgesetzt. Der zu prüfende Aggregatzustand hängt von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, der gewählten Konzentration und/oder der physikalischen Form ab, in der die Prüfsubstanz bei der Handhabung und Verwendung am wahrscheinlichsten vorliegt. Hygroskopische und chemisch reaktive Prüfsubstanzen sollten bei geringer Luftfeuchtigkeit geprüft werden. Dabei ist darauf zu achten, dass keine explosionsfähigen Konzentrationen erzeugt werden.

Partikelgrößenverteilung

14.

Bei allen Aerosolen und bei Dämpfen, die zu Aerosolen kondensieren können, sollte die Partikelgröße bestimmt werden. Damit alle relevanten Regionen der Atemwege der Prüfsubstanz ausgesetzt werden, werden mittlere aerodynamische Massendurchmesser (Mass Median Aerodynamic Diameter — MMAD) von 1 bis 4 μm mit einer geometrischen Standardabweichung (σg) von 1,5 bis 3,0 empfohlen (8) (13) (14). Wenngleich nach Möglichkeit versucht werden sollte, diese Werte zu erreichen, ist Fachwissen erforderlich, falls sie nicht erzielt werden können. Metalldämpfe können z. B. unter diesen Werten liegen, und geladene Partikel, Fasern und hygroskopische Stoffe (die sich in der feuchten Umgebung der Atemwege ausdehnen) können diese Werte überschreiten.

Vorbereitung der Prüfsubstanz in einem Vehikel

15.

Um die gewünschte Konzentration und Partikelgröße der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen, kann ein Vehikel verwendet werden. Hierbei ist in der Regel Wasser zu bevorzugen. Partikel können durch mechanische Prozesse auf die erforderliche Größenverteilung gebracht werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Prüfsubstanz nicht zersetzt oder verändert wird. Wenn angenommen wird, dass die Zusammensetzung der Prüfsubstanz durch mechanische Prozesse verändert wurde (z. B. hohe Temperatur aufgrund von Reibung durch übermäßiges Mahlen), sollte die Zusammensetzung der Prüfsubstanz analytisch überprüft werden. Es ist darauf zu achten, dass die Prüfsubstanz nicht kontaminiert wird. Nicht brüchige Granulate, die speziell so formuliert sind, dass sie nicht eingeatmet werden können, brauchen nicht geprüft zu werden. Mit einem Abriebtest sollte nachgewiesen werden, dass beim Umgang mit dem Granulat keine lungengängigen Partikel entstehen. Entstehen bei einem Abriebtest lungengängige Partikel, so sollte eine Inhalationstoxizitätsprüfung durchgeführt werden.

Kontrolltiere

16.

Eine negative Kontrollgruppe (Luft) ist nicht erforderlich. Wenn zur Erzeugung der Prüfatmosphäre ein anderes Vehikel als Wasser verwendet wird, sollte nur dann eine Vehikelkontrollgruppe verwendet werden, wenn keine historischen Daten über Inhalationstoxizität vorliegen. Ergibt eine Toxizitätsstudie einer in einem Vehikel formulierten Prüfsubstanz, dass keine Toxizität vorliegt, ist das Vehikel folglich in der geprüften Konzentration nicht toxisch. Daher ist keine Vehikelkontrolle erforderlich.

ÜBERWACHUNG DER EXPOSITIONSBEDINGUNGEN

Luftstrom in der Inhalationskammer

17.

Der Luftstrom durch die Kammer sollte während jeder Exposition sorgfältig geregelt, kontinuierlich überwacht und mindestens stündlich protokolliert werden. Die Überwachung der Konzentration (oder Stabilität) der Prüfatmosphäre ist eine integrale Messung aller dynamischen Parameter und gibt indirekt die Möglichkeit, alle relevanten dynamischen Parameter der Erzeugung der Prüfatmosphäre zu messen. Es sollte besonders darauf geachtet werden, das erneute Einatmen in ‚Nose-only‘-Expositionskammern zu vermeiden, wenn die Luftströmung durch das Expositionssystem nicht ausreicht, um eine dynamische Strömung der Prüfsubstanzatmosphäre zu erreichen. Es gibt festgelegte Methoden, mit denen nachgewiesen werden kann, dass es unter den gewählten Bedingungen nicht zu erneutem Einatmen kommt (8) (15). Die Sauerstoffkonzentration sollte mindestens 19 % betragen, und die Kohlendioxidkonzentration sollte 1 % nicht überschreiten. Gibt es Grund zu der Annahme, dass diese Werte nicht eingehalten werden können, sind die Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentrationen zu messen.

Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit in der Inhalationskammer

18.

Die Temperatur in der Inhalationskammer sollte 22 ± 3 °C betragen. Sowohl bei der ‚Nose-only‘- als auch bei der Ganzkörperexposition sollte die relative Luftfeuchtigkeit im Atembereich der Tiere mindestens dreimal für Zeiträume von bis zu 4 Stunden und für kürzere Zeiträume stündlich überwacht und dokumentiert werden. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte im Idealfall zwischen 30 und 70 % liegen, was jedoch möglicherweise nicht erreichbar ist (z. B. bei der Prüfung von wasserbasierten Mischungen) oder wegen chemischer Interferenz mit der Prüfmethode nicht gemessen werden kann.

Prüfsubstanz: nominale Konzentration

19.

Die nominale Konzentration in der Expositionskammer sollte möglichst berechnet und protokolliert werden. Die nominale Konzentration ist die Masse der erzeugten Prüfsubstanz dividiert durch das Gesamtvolumen der durch das Kammersystem geleiteten Luft. Sie wird nicht zur Beschreibung der Exposition der Tiere verwendet; vielmehr gibt ein Vergleich der nominalen Konzentration und der tatsächlichen Konzentration Aufschluss über die Effizienz des Prüfsystems bei der Erzeugung der Prüfkonzentration, und kann daher für die Aufdeckung von Problemen bei dieser Erzeugung verwendet werden.

Prüfsubstanz: tatsächliche Konzentration

20.

Die tatsächliche Konzentration ist die Konzentration der Prüfsubstanz im Atembereich der Tiere in einer Inhalationskammer. Die tatsächlichen Konzentrationen können entweder durch spezifische Methoden (z. B. direkte Probenahme, adsorptive Methoden oder chemische Reaktionsverfahren mit anschließender analytischer Charakterisierung) oder durch unspezifische Methoden wie Gravimetrie bestimmt werden. Die gravimetrische Methode ist lediglich für Aerosole mit nur einem Bestandteil in Pulverform oder Aerosole von Flüssigkeiten mit geringer Flüchtigkeit akzeptabel und sollte sich auf geeignete, vor der Studie zu erstellende und für die Prüfsubstanz spezifische Beschreibungen stützen. Die Konzentration von Aerosolen mit mehreren Bestandteilen in Pulverform kann ebenfalls gravimetrisch bestimmt werden. Hierzu muss jedoch mit Analysedaten belegt werden, dass die Schwebstoffe eine ähnliche Zusammensetzung haben wie das Ausgangsmaterial. Liegen diese Angaben nicht vor, muss die Prüfsubstanz (im Idealfall im Schwebezustand) möglicherweise im Verlauf der Studie in regelmäßigen Abständen neu analysiert werden. Bei aerosolisierten Agenzien, die verdunsten oder sublimieren können, sollte gezeigt werden, dass alle Phasen von der gewählten Methode erfasst wurden. Im Prüfbericht sollten die Zielkonzentration sowie die nominale und die tatsächliche Konzentration angegeben werden, aber nur die tatsächlichen Konzentrationen werden für statistische Analysen zur Berechnung letaler Konzentrationswerte verwendet.

21.

Es sollte möglichst eine Partie der Prüfsubstanz verwendet werden; die Probe sollte unter Bedingungen aufbewahrt werden, die ihre Reinheit, Homogenität und Stabilität gewährleisten. Die Prüfsubstanz sollte vor Beginn der Studie mit Angaben zur Reinheit und, falls technisch machbar, zur Identität sowie zu Mengen identifizierter Schadstoffe und Verunreinigungen beschrieben werden. Hierzu können unter anderem die folgenden Daten verwendet werden: Retentionszeit und relative Peakfläche, durch Massenspektrometrie oder Gaschromatographie bestimmtes Molekulargewicht oder andere Werte. Das Prüflabor ist zwar nicht für die Identität der Probe verantwortlich, doch es kann ratsam sein, dass es die Beschreibung des Auftraggebers zumindest in gewissen Grenzen (z. B. Farbe, physikalische Beschaffenheit usw.) überprüft.

22.

Die Expositionsatmosphäre ist so konstant wie möglich zu halten und je nach Analysemethode kontinuierlich und/oder intermittierend zu überwachen. Bei der intermittierenden Probenahme sollten in einer vierstündigen Studie mindestens zweimal Proben der Atmosphäre in der Kammer genommen werden. Ist dies wegen begrenzter Luftdurchflussraten oder niedriger Konzentrationen nicht möglich, kann während der gesamten Expositionszeit eine einzige Probe genommen werden. Weichen die einzelnen Proben stark voneinander ab, sollten bei den nächsten geprüften Konzentrationen vier Proben je Exposition gezogen werden. Die einzelnen Proben der Konzentration in der Kammer sollten bei Gasen und Dämpfen nicht mehr als ± 10 % und bei Flüssig- oder Feststoffaerosolen nicht mehr als ± 20 % von der mittleren Kammerkonzentration abweichen. Die Zeit bis zum Erreichen eines Gleichgewichts in der Kammer (t95) ist zu berechnen und zu dokumentieren. Die Expositionsdauer erstreckt sich über den Zeitraum, in dem die Prüfsubstanz erzeugt wird; dazu gehört die zur Erreichung von t95 erforderliche Zeit. GD 39 (8) enthält Hinweise zur Einschätzung von t95.

23.

Bei sehr komplexen Mischungen aus Dämpfen/Gasen und Aerosolen (z. B. Verbrennungsatmosphären und Prüfsubstanzen, die aus hierzu bestimmten Endverbraucherprodukten/-geräten gesprüht werden) kann sich jede Phase in einer Inhalationskammer anders verhalten, so dass mindestens eine Indikatorsubstanz (Analyt), normalerweise der wichtigste Wirkstoff in der Mischung, von jeder Phase (Dampf/Gas und Aerosol) ausgewählt werden sollte. Wenn die Prüfsubstanz eine Mischung ist, sollte die Analysekonzentration für die gesamte Mischung und nicht nur für den Wirkstoff oder den Bestandteil (Analyt) dokumentiert werden. Weitere Informationen zu tatsächlichen Konzentrationen sind im GD 39 (8) zu finden.

Prüfsubstanz: Partikelgrößenverteilung

24.

Die Partikelgrößenverteilung von Aerosolen sollte während jeder 4-stündigen Exposition mindestens zweimal mit einem Kaskaden-Impaktor oder einem anderen Messgerät wie einem APS bestimmt werden. Kann nachgewiesen werden, dass die mit einem Kaskaden-Impaktor und einem alternativen Messgerät erzielten Ergebnisse gleichwertig sind, so kann das alternative Instrument während der gesamten Studie verwendet werden. Parallel zum Hauptinstrument ist ein zweites Gerät wie ein Gravimetriefilter oder eine Gaswaschflasche zu verwenden, um den Abscheidegrad des Hauptinstruments zu bestätigen. Die durch die Partikelgrößenanalyse bestimmte Massenkonzentration sollte innerhalb vertretbarer Grenzen um die durch die Filteranalyse bestimmte Massenkonzentration liegen [siehe DG 39 (8)]. Wenn die Gleichwertigkeit zu Beginn der Studie nachgewiesen werden kann, kann auf weitere bestätigende Messungen verzichtet werden. Aus Tierschutzgründen sollten Vorkehrungen getroffen werden, um unklare Daten zu minimieren, die dazu führen könnten, dass eine Exposition wiederholt werden muss. Wenn die Möglichkeit besteht, dass Dampfkondensation zur Bildung eines Aerosols führen kann, oder wenn in einer Dampfatmosphäre mit dem Potenzial für gemischte Phasen Partikel nachgewiesen werden, sollte eine Partikelgrößenbestimmung für Dämpfe vorgenommen werden (siehe Nummer 14).

VERFAHREN

Hauptversuch

25.

Für jede Stufe werden drei Tiere je Geschlecht oder sechs Tiere des empfindlicheren Geschlechts verwendet. Wenn für eine ‚Nose-only‘-Exposition andere Nagetierarten als Ratten verwendet werden, kann die maximale Expositionsdauer angepasst werden, um artenspezifisches Leiden zu minimieren. Die als Startdosis zu verwendende Konzentrationsstufe wird aus vier festen Dosiswerten gewählt; dabei sollte die Stufe gewählt werden, bei der die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei einigen der behandelten Tiere Toxizität hervorruft, am größten ist. Die Prüfschemata für Gase, Dämpfe und Aerosole (Anlagen 2, 3 und 4) veranschaulichen die Prüfung mit den Berücksichtigungsgrenzwerten der GHS-Kategorien 1-4 (9) für Gase (100, 500, 2 500, 20 000 ppm/4 Std.) (Anlage 2), für Dämpfe (0,5, 2, 10, 20 mg/l/4 Std.) (Anlage 3) und für Aerosole (0,05, 0,5, 1, 5 mg/l/4 Std.) (Anlage 4). Kategorie 5, die in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (9) nicht umgesetzt ist, bezieht sich auf Konzentrationen über den jeweiligen Grenzkonzentrationen. Für jede Startkonzentration gilt das entsprechende Prüfschema. Der Verlauf des Prüfverfahrens folgt je nach Anzahl der tierschutzgerecht getöteten oder gestorbenen Versuchstiere den angegebenen Pfeilen, bis eine Einstufung vorgenommen werden kann.

26.

Der Zeitabstand zwischen den einzelnen Expositionsgruppen richtet sich nach dem Einsetzen, der Dauer und dem Schweregrad der toxischen Zeichen. Die Tiere sollten erst dann der nächsten Konzentrationsstufe ausgesetzt werden, wenn mit angemessener Gewissheit vom Überleben der zuvor getesteten Tiere ausgegangen werden kann. Es wird empfohlen, zwischen den Versuchen mit den einzelnen Konzentrationsstufen einen Abstand von drei bis vier Tagen einzuhalten, damit eine verzögerte Toxizität festgestellt werden kann. Dieser Zeitabstand kann nach Bedarf angepasst werden, wenn z. B. die beobachteten Reaktionen keine Schlussfolgerungen zulassen.

Limit-Test

27.

Der Limit-Test wird verwendet, wenn bekannt oder zu erwarten ist, dass die Prüfsubstanz praktisch nicht toxisch ist, d. h. nur über der regulatorisch festgelegten Grenzkonzentration eine toxische Wirkung hervorruft. Informationen über die Toxizität der Prüfsubstanz können aus Kenntnissen über ähnliche geprüfte Stoffe oder ähnliche Mischungen gewonnen werden, wobei Art und prozentualer Anteil der Komponenten zu berücksichtigen sind, deren toxikologische Relevanz bekannt ist. In den Fällen, in denen nur wenige oder keine Informationen über die Toxizität der Prüfsubstanz vorliegen oder in denen von einer Toxizität der Prüfsubstanz ausgegangen wird, sollte der Hauptversuch durchgeführt werden [weitere Hinweise sind GD 39 (8) zu entnehmen].

28.

Bei der normalen Vorgehensweise werden je drei Tiere beider Geschlechter oder sechs Tiere des empfindlicheren Geschlechts Konzentrationen von 20 000 ppm im Fall von Gasen, 20 mg/l im Fall von Dämpfen und 5 mg/l im Fall von Stäuben/Nebel ausgesetzt. Wenn diese Konzentrationen erreicht werden, dienen sie als Limit-Test für diese Prüfmethode. Bei der Prüfung von Aerosolen sollte das Hauptziel darin bestehen, eine lungengängige Partikelgröße (d. h. ein MMAD von 1-4 μm) zu erreichen. Dies ist bei den meisten Prüfsubstanzen bei einer Konzentration von 2 mg/l der Fall. Aerosole sollten nur dann bei mehr als 2 mg/l geprüft werden, wenn eine lungengängige Partikelgröße erreicht werden kann [siehe GD 39 (8)]. In Übereinstimmung mit dem GHS (16) wird aus Tierschutzgründen von Prüfungen über einer Grenzkonzentration abgeraten. Prüfungen in der GHS-Kategorie 5 (16), die in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (9) nicht umgesetzt ist, sollten nur dann in Betracht gezogen werden, wenn es sehr wahrscheinlich ist, dass die Ergebnisse einer solchen Prüfung von unmittelbarer Relevanz für den Schutz der menschlichen Gesundheit sind. Im Studienbericht ist eine Begründung anzugeben. Bei potenziell explosiven Prüfsubstanzen ist darauf zu achten, dass keine explosionsfördernden Bedingungen geschaffen werden. Um eine unnötige Verwendung von Versuchstieren zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Kammerbedingungen für einen Limit-Test erreicht werden können, sollte vor dem Limit-Test ein Probedurchlauf ohne Tiere vorgenommen werden.

BEOBACHTUNGEN

29.

Die Tiere sollten während der Exposition häufig auf klinische Zeichen beobachtet werden. Nach der Exposition sollten klinische Beobachtungen mindestens zweimal am Tag der Exposition oder, falls es aufgrund der Reaktion der Tiere auf die Behandlung angezeigt erscheint, häufiger und danach für einen Zeitraum von insgesamt 14 Tagen mindestens einmal täglich vorgenommen werden. Die Länge des Beobachtungszeitraums ist nicht festgelegt; sie sollte nach Art und Zeitpunkt des Einsetzens klinischer Zeichen und der Länge der Erholungsphase bestimmt werden. Der Zeitpunkt, zu dem die Toxizitätszeichen auftreten und wieder abklingen, ist von Bedeutung, insbesondere dann, wenn Anzeichen für ein verzögertes Auftreten von Toxizitätszeichen erkennbar sind. Sämtliche Beobachtungen werden systematisch in Einzelprotokollen dokumentiert, die für jedes Tier geführt werden. Tiere, bei denen ein moribunder Zustand festgestellt wird, sowie Tiere, die starke Schmerzen haben oder anhaltende Anzeichen von schwerem Leiden zeigen, sollten aus Tierschutzgründen getötet werden. Bei den Untersuchungen auf klinische Toxizitätszeichen ist darauf zu achten, dass ein anfänglich schlechtes Aussehen und vorübergehende Atemveränderungen, die auf das Expositionsverfahren zurückzuführen sind, nicht mit behandlungsbedingten Wirkungen verwechselt werden. Die im Humane Endpoints Guidance Document (7) zusammengefassten Prinzipien und Kriterien sind zu berücksichtigen. Wenn Tiere aus Tierschutzgründen getötet werden oder ihr Tod festgestellt wird, sollte der Todeszeitpunkt so genau wie möglich registriert werden.

30.

Bei den Beobachtungen ist auf Veränderungen von Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten sowie Atmung, Kreislauf, autonomes und zentrales Nervensystem, Somatomotorik und Verhaltensmuster zu achten. Soweit möglich, ist auf Differenzierungen zwischen lokalen und systemischen Wirkungen zu achten. Besonderes Augenmerk ist auf Tremor, Konvulsionen, Salivation, Diarrhö, Lethargie, Schlaf und Koma zu richten. Die Messung der Rektaltemperatur kann zusätzliche Belege für mit der Behandlung oder Unterbringung zusammenhängende Reflex-Bradypnoe oder Hypo-/Hyperthermie liefern.

Körpergewicht

31.

Das Körpergewicht der einzelnen Tiere sollte einmal während der Eingewöhnungszeit, am Tag der Exposition vor der Exposition (Tag 0) und mindestens an den Tagen 1, 3 und 7 (und danach wöchentlich) sowie zum Zeitpunkt des Todes oder der Tötung, falls später als Tag 1, dokumentiert werden. Das Körpergewicht gilt als kritischer Indikator für Toxizität; Tiere, die gegenüber ihrem Gewicht vor der Prüfung eine dauerhafte Abnahme um ≥ 20 % aufweisen, sollten sorgfältig überwacht werden. Die überlebenden Tiere werden gewogen und am Ende der Post-Expositionsphase auf tierschutzgerechte Weise getötet.

Pathologie

32.

Alle Versuchstiere (einschließlich der Tiere, die während des Tests sterben oder aus Tierschutzgründen getötet und aus der Studie genommen werden) sind auf makroskopische Veränderungen zu untersuchen. Kann die Nekropsie nicht unmittelbar nach Auffinden eines toten Tieres erfolgen, sollte der Körper auf eine Temperatur gekühlt (nicht eingefroren) werden, die tief genug ist, um die Autolyse zu minimieren. Die Nekropsie ist baldmöglichst, in der Regel innerhalb von einem oder zwei Tagen durchzuführen. Alle makroskopischen Veränderungen sollten für jedes Tier protokolliert werden, wobei besonders auf Veränderungen der Atemwege zu achten ist.

33.

Es kann in Betracht gezogen werden, von vorneherein zusätzliche Untersuchungen in die Studienauslegung aufzunehmen, die die Aussagekraft der Studie erhöhen, z. B. die Messung des Lungengewichts überlebender Ratten und/oder den Nachweis einer Reizwirkung durch mikroskopische Untersuchung der Atemwege. Untersucht werden können auch diejenigen Organe, die bei 24 Stunden oder länger überlebenden Tieren makroskopische Befunde aufweisen, sowie Organe, die bekanntermaßen oder vermutlich betroffen sind. Eine mikroskopische Untersuchung des gesamten Atemtrakts kann nützliche Informationen über Prüfsubstanzen liefern, die mit Wasser reagieren, z. B. Säuren und hygroskopische Prüfsubstanzen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Daten

34.

Das Körpergewicht der einzelnen Tiere und Sektionsbefunde sollten angegeben werden. Die Daten der klinischen Beobachtung sollten in tabellarischer Form zusammengefasst werden. Daraus müssen für jede Prüfgruppe die Anzahl der verwendeten Tiere, die Anzahl der Tiere mit spezifischen Toxizitätszeichen, die Anzahl der Tiere, die während der Prüfung tot aufgefunden oder vorzeitig getötet wurden, der Todeszeitpunkt der einzelnen Tiere, eine Beschreibung und der zeitliche Verlauf der toxischen Wirkungen und deren Reversibilität sowie die Sektionsbefunde ersichtlich sein.

Prüfbericht

35.

Der Prüfbericht sollte, soweit zutreffend, die folgenden Informationen enthalten:

 

Versuchstiere und Tierhaltung

Beschreibung der Haltungsbedingungen mit Angaben zu Anzahl (oder Veränderung der Anzahl) der Tiere je Käfig, Einstreu, Umgebungstemperatur und relativer Luftfeuchtigkeit, Photoperiode und Futter,

Art/Stamm und Begründung für die Verwendung einer anderen Art als der Ratte,

Anzahl, Alter und Geschlecht der Tiere,

Randomisierungsmethode,

Angaben über Futter- und Wasserqualität (einschließlich Art/Herkunft des Futters, Wasserquelle),

Beschreibung etwaiger Vorbereitung vor der Prüfung, einschließlich Ernährung, Quarantäne und Behandlung von Krankheiten.

 

Prüfsubstanz

physikalische Beschaffenheit, Reinheit und, wenn maßgeblich, physikalisch-chemische Eigenschaften (einschließlich Isomerisierung),

Angaben zur Identifikation und CAS-Nummer (Chemical Abstract Services), falls bekannt.

 

Vehikel

Begründung für die Verwendung eines Vehikels sowie für die Wahl des Vehikels (falls nicht Wasser),

historische oder parallel erzeugte Daten, die belegen, dass das Vehikel keinen Einfluss auf das Ergebnis der Studie hat.

 

Inhalationskammer

Beschreibung der Inhalationskammer mit Angabe von Abmessungen und Volumen,

Herkunft und Beschreibung der für die Exposition der Tiere sowie für die Erzeugung der Atmosphäre verwendeten Ausrüstung,

Ausrüstung für die Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Partikelgröße und tatsächlicher Konzentration,

Herkunft der Luft, Behandlung der eingeleiteten/entzogenen Luft sowie Klimatisierungssystem,

für die Kalibrierung der Ausrüstung verwendete Methoden, um eine homogene Prüfatmosphäre sicherzustellen,

Druckunterschied (positiv oder negativ),

Expositions-Öffnungen je Kammer (‚Nose-only‘-Exposition); Anordnung der Tiere im System (Ganzkörper),

zeitliche Homogenität/Stabilität der Prüfatmosphäre,

Lage von Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren und Ort der Probenahme der Prüfatmosphäre in der Kammer,

Luftdurchflussraten, Luftdurchflussrate/Expositions-Öffnung (‚Nose-only‘-Exposition) oder Anzahl der Tiere je Kammer (Ganzkörperexposition),

Angaben zur Ausrüstung für die Messung des Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalts, falls zutreffend,

bis zum Erreichen des Gleichgewichts in der Inhalationskammer benötigte Zeit (t95),

Zahl der Volumenänderungen pro Stunde,

Messgeräte (falls zutreffend).

 

Expositionsdaten

Begründung für die Wahl der Zielkonzentration in der Hauptstudie,

nominale Konzentrationen (Gesamtmasse der in die Inhalationskammer eingeleiteten Prüfsubstanz dividiert durch das Volumen der durch die Kammer geleiteten Luft),

im Atembereich der Tiere ermittelte tatsächliche Konzentrationen der Prüfsubstanz; bei Prüfgemischen mit heterogenen physikalischen Formen (Gase, Dämpfe, Aerosole) kann jede Form getrennt analysiert werden,

alle Luftkonzentrationen sollten in Masseneinheiten angegeben werden (z. B. mg/l, mg/m3 usw.), Volumeneinheiten können in Klammern ebenfalls angegeben werden (z. B. ppm, ppb),

Partikelgrößenverteilung, mittlerer aerodynamischer Massendurchmesser (MMAD) und geometrische Standardabweichung (σg), einschließlich der Berechnungsmethoden. Einzelne Partikelgrößenanalysen sind zu protokollieren.

 

Prüfbedingungen

Angaben zur Vorbereitung der Prüfsubstanz, einschließlich Angaben zu den Verfahren zur Reduzierung der Partikelgröße von Feststoffen oder zur Herstellung von Lösungen der Prüfsubstanz. Wenn die Zusammensetzung der Prüfsubstanz durch mechanische Prozesse verändert worden sein kann, sind die Ergebnisse der Analysen zur Überprüfung der Zusammensetzung der Prüfsubstanz beizufügen.

Eine Beschreibung (möglichst mit Diagramm) der Ausrüstung, die zur Erzeugung der Prüfatmosphäre und zur Exposition der Tiere gegen die Prüfatmosphäre verwendet wurde.

Angaben zur verwendeten chemischen Analysemethode und zur Validierung der Methode (einschließlich der Effizienz der Wiederfindung der Prüfsubstanz im Medium).

Begründung für die Wahl der Prüfkonzentrationen.

 

Ergebnisse

tabellarische Darstellung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftstrom in der Kammer,

tabellarische Darstellung von Daten zur nominalen und tatsächlichen Konzentration in der Kammer,

tabellarische Darstellung der Partikelgrößendaten einschließlich Daten zur analytischen Probenahme, Partikelgrößenverteilung und Berechnung des MMAD und der σg,

tabellarische Erfassung der erhobenen Daten und der Konzentration für jedes einzelne Tier (d. h. Tiere, die Anzeichen für Toxizität zeigen, einschließlich Mortalität sowie Art, Schweregrad und Dauer der Wirkungen),

Körpergewicht der einzelnen Tiere, erfasst an Prüfungstagen, Datum und Zeitpunkt des Todes, falls vor geplanter Tötung, zeitlicher Verlauf des Einsetzens von Toxizitätsanzeichen sowie Angabe, ob diese reversibel waren, für jedes einzelne Tier,

Sektionsbefunde und histopathologische Ergebnisse für jedes einzelne Tier, falls vorhanden,

GHS-Kategorieeinstufung und LC50-Berücksichtigungsgrenzwert.

 

Diskussion und Auswertung der Ergebnisse

Besondere Aufmerksamkeit sollte der Beschreibung der Methoden gelten, die verwendet wurden, um die Kriterien dieser Prüfmethode zu erfüllen, z. B. die Grenzkonzentration oder die Partikelgröße.

Die Lungengängigkeit von Partikeln vor dem Hintergrund der Gesamtbefunde sollte behandelt werden, insbesondere, wenn die Partikelgrößenkriterien nicht erfüllt werden konnten.

Die Kohärenz der Methoden zur Bestimmung der nominalen und der tatsächlichen Konzentration sowie die Beziehung der tatsächlichen Konzentration zur nominalen Konzentration sind in die Gesamtbewertung der Studie aufzunehmen.

Die wahrscheinliche Todesursache und die vorherrschende Wirkungsweise (systemisch oder lokal) sollten behandelt werden.

Falls Tiere, die unter Schmerzen litten oder Zeichen für schweres und anhaltendes Leiden aufwiesen, auf tierschutzgerechte Weise getötet werden mussten, ist eine Erklärung auf der Grundlage der Kriterien im OECD Guidance Document on Humane Endpoints (7) zu geben.

LITERATUR:

1.

Kapitel B.2 dieses Anhangs, Akute Inhalationstoxizität.

2.

Holzhütter H-G, Genschow E, Diener W, and Schlede E (2003). Dermal and Inhalation Acute Toxicity Class Methods: Test Procedures and Biometric Evaluations for the Globally Harmonized Classification System. Arch. Toxicol. 77: 243-254.

3.

Diener W, Kayser D and Schlede E (1997). The Inhalation Acute-Toxic-Class Method; Test Procedures and Biometric Evaluations. Arch. Toxicol. 71: 537-549.

4.

Diener W and Schlede E (1999). Acute Toxic Class Methods: Alternatives to LD/LC50 Tests. ALTEX 1: 129-134.

5.

Kapitel B.1.tris dieses Anhangs, Akute orale Toxizität — Akut toxische Klassenmethode.

6.

OECD (2009). Report on Biostatistical Performance Assessment of the Draft TG 436 Acute Toxic Class Testing Method for Acute Inhalation Toxicity. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 105, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

7.

OECD (2000). Guidance Document on the Recognition, Assessment and Use of Clinical Signs as Humane Endpoints for Experimental Animals Used in Safety Evaluation. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 19. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

8.

OECD (2009). Guidance Document on Acute Inhalation Toxicity Testing. Environmental Health and Safety Monograph Series on Testing and Assessment No. 39, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

9.

Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).

10.

Kapitel B.40 dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: TER-Test (transcutaneous electrical resistance test).

11.

Kapitel B.40.bis dieses Anhangs, In-vitro-Prüfung auf hautätzende Wirkung: Test mit menschlichem Hautmodell.

12.

OECD (2005). In Vitro Membrane Barrier Test Method for Skin Corrosion. OECD Guideline for testing of chemicals No. 435, OECD, Paris. Abrufbar unter: [http://www.oecd.org/env/testguidelines]

13.

Phalen RF (2009). Inhalation Studies: Foundations and Techniques. (2nd Edition) Informa Healthcare, New York.

14.

SOT (1992). Technical Committee of the Inhalation Specialty Section, Society of Toxicology (SOT). Recommendations for the Conduct of Acute Inhalation Limit Tests. Fund. Appl. Toxicol. 18: 321-327.

15.

Pauluhn J and Thiel A (2007). A Simple Approach to Validation of Directed-Flow Nose-Only Inhalation Chambers. J. Appl. Toxicol. 27: 160-167

16.

UN (2007), United Nations Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS), ST/SG/AC.10/30, UN New York and Geneva. Abrufbar unter: [http://www.unece.org/trans/danger/publi/ghs/ghs_welcome_e.html]

Anlage 1

DEFINITION

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 2

Verfahrensweise für jede Startkonzentration von Gasen (ppm/4 Std.)

Allgemeine Hinweise (12)

Die Prüfschemata in dieser Anlage geben für jede Startkonzentration die jeweils zu beachtende Vorgehensweise an.

Anlage 2a: Startkonzentration 100 ppm

Anlage 2b: Startkonzentration 500 ppm

Anlage 2c: Startkonzentration 2 500 ppm

Anlage 2d: Startkonzentration 20 000 ppm

Der Testverlauf folgt je nach Anzahl der tierschutzgerecht getöteten oder gestorbenen Versuchstiere den angegebenen Pfeilen.

Anlage 2a

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 100 ppm/4 Std. für Gase

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Anlage 2b

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 500 ppm/4 Std. für Gase

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Anlage 2c

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 2 500 ppm/4 Std. für Gase

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Anlage 2d

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 20 000 ppm/4 Std. für Gase

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Anlage 3

Verfahrensweise für jede Startkonzentration von Dämpfen (mg/l/4 Std.)

Allgemeine Hinweise (13)

Die Prüfschemata in dieser Anlage geben für jede Startkonzentration die jeweils zu beachtende Vorgehensweise an.

Anlage 3a: Startkonzentration 0,5 mg/l

Anlage 3b: Startkonzentration 2,0 mg/l

Anlage 3c: Startkonzentration 10 mg/l

Anlage 3d: Startkonzentration 20 mg/l

Der Testverlauf folgt je nach Anzahl der tierschutzgerecht getöteten oder gestorbenen Versuchstiere den angegebenen Pfeilen.

Anlage 3a

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 0,5 mg/l/4 Std. für Dämpfe

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Anhang 3b

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 2 mg/l/4 Std. für Dämpfe

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Anlage 3c

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit e iner Ausgangskonzentration von 10 mg/l/4 Std. für Dämpfe

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Anlage 3d

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 20 mg/l/4 Std. für Dämpfe

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Anlage 4

Verfahrensweise für jede Startkonzentration von Aerosolen (mg/l/4 Std.)

Allgemeine Hinweise (14)

Die Prüfschemata in dieser Anlage geben für jede Startkonzentration die jeweils zu beachtende Vorgehensweise an.

Anlage 4a: Startkonzentration 0,05 mg/l

Anlage 4b: Startkonzentration 0,5 mg/l

Anlage 4c: Startkonzentration 1 mg/l

Anlage 4d: Startkonzentration 5 mg/l

Der Testverlauf folgt je nach Anzahl der tierschutzgerecht getöteten oder gestorbenen Versuchstiere den angegebenen Pfeilen.

Anlage 4a

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 0.05 mg/l/4 Std. für Dämpfe

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Anlage 4b

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 0,5 mg/l/4Std. für Aerosole

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Anlage 4c

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 1 mg/l/4 Std. für Aerosole

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Anlage 4d

Akute Inhalationstoxizität:

Prüfverfahren mit einer Ausgangskonzentration von 5 mg/l/4 Std. für Aerosole

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(9)

Kapitel C.10 erhält folgende Fassung:

„C.10.   SIMULATION DER AEROBEN ABWASSERBEHANDLUNG: C.10-A: BELEBTSCHLAMM — C.10-B: BIOFILME

C.10-A:   Belebtschlamm

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD Test Guideline (TG) 303 (2001). In den 1950er Jahren wurde erkannt, dass die neu auf dem Markt eingeführten Tenside in Kläranlagen und Flüssen exzessive Schaumbildung verursachten. Sie wurden bei der aeroben Behandlung nicht vollständig abgebaut und behinderten in einigen Fällen auch den Abbau anderer organischer Substanzen. Im Rahmen zahlreicher Untersuchungen wurde sodann geprüft, wie Tenside aus Abwässern entfernt werden könnten und ob neue industriell hergestellte chemische Stoffe für die Abwasserbehandlung geeignet sind. Dazu wurden Modellanlagen verwendet, die für die beiden wichtigsten Arten der aeroben biologischen Abwasserbehandlung (Belebtschlamm- und Tropfkörperverfahren) repräsentativ sind. Es wäre unpraktisch und sehr kostspielig gewesen, jede neu auf dem Markt eingeführte chemische Substanz auf kommunale Klärwerke zu verteilen und diese zu überwachen, selbst auf lokaler Basis.

AUSGANGSÜBERLEGUNGEN

Belebtschlammanlagen

2.

Es wurden Belebtschlamm-Modellanlagen in Größenordnungen von 300 ml bis ca. 2 000 ml Fassungsvermögen beschrieben. Einige dieser Modellanlagen gewährleisteten realitätsnahe Bedingungen mit Absetztanks und Schlämmen, die in den Belüftungstank zurückgepumpt wurden, während andere ohne Absetzvorrichtungen betrieben wurden, siehe z. B. Swisher (1). Die Größe der Apparatur ist stets ein Kompromiss: Sie muss einerseits groß genug sein, um einen reibungslosen mechanischen Ablauf und Probenahmen in einem Umfang zu gewährleisten, der den Betrieb der Ablage nicht beeinträchtigt, darf jedoch andererseits nicht so groß sein, dass sie zu viel Platz und Materialien in Anspruch nimmt.

3.

Zwei Apparaturen, die häufig eingesetzt wurden und sich bewährt haben, sind die Modellanlage vom Typ Husmann (2) und der Poröse Topf (Porous Pot) (3)(4), die als erste für die Untersuchung von Tensiden verwendet wurden; beide Modelle werden in diesem Kapitel näher beschrieben. Auch andere Modellanlagen, z. B. Eckenfelder (5), wurden mit Erfolg eingesetzt. Aufgrund des mit diesem Simulationstest verbundenen relativ hohen Kosten- und Arbeitsaufwands wurde parallel dazu die Möglichkeit einfacherer und kostengünstigerer Screeningtests untersucht, die zurzeit in Kapitel C.4 (A-F) dieses Anhangs (6) beschrieben sind. Die Erfahrung mit zahlreichen Tensiden und anderen chemischen Substanzen hat gezeigt, dass sich Stoffe mit positiven (‚pass‘) Ergebnissen im Screeningtest (auf leichte biologische Abbaubarkeit) auch im Simulationstest zersetzten. Einige der Stoffe mit negativen (‚fail‘) Ergebnissen im Screeningtest reagierten positiv (‚pass‘) im Test auf potenzielle (inhärente) Bioabbaubarkeit (Kapitel C.12 (7) und C.19 (8) dieses Anhangs), doch nur wenige Substanzen dieser letzten Gruppe zersetzten sich im Simulationstest, während Stoffe mit negativen Ergebnissen im Test auf inhärente Abbaubarkeit im Simulationstest nicht abgebaut wurden (9)(10)(11).

4.

Für bestimmte Zwecke reichen Simulationstests, die stets unter denselben Prozessbedingungen durchgeführt werden, aus; die Ergebnisse dieser Tests werden als prozentuale Abnahme der Prüfsubstanz oder des gelösten organischen Kohlenstoffs (Dissolved Organic Carbon, DOC) ausgedrückt. Unter der vorliegenden Prüfmethode wird ein solcher Test beschrieben. Im Gegensatz zur vorherigen Version dieses Kapitels, die nur einen einzigen Apparaturtypus beschrieb, bei dem die Behandlung synthetischer Abwässer in gekoppelten Anlagen nach der relativ simplen Methode des Überschussschlammabzugs erfolgte, bietet diese aktuelle Version Variationsmöglichkeiten, d. h. es werden Alternativen für Apparaturtyp, Betriebsmodus, Abwässer und Überschussschlammabzug beschrieben. Der vorliegende Text lehnt sich eng an die ISO-Norm 11733 (12) an, die im Zuge der Ausarbeitung des Textes eingehend geprüft wurde, obgleich die Methode keinem Ringtest unterzogen wurde.

5.

Für andere Zwecke muss die Konzentration der Prüfsubstanz im Ablauf genauer bekannt sein, und zur Bestimmung dieser Konzentration ist eine umfassendere Methode erforderlich. Beispielsweise muss die Schlammabzugsrate im Tagesverlauf und während der gesamten Prüfungsdauer präziser kontrolliert werden, und die Modellanlagen müssen bei verschiedenen Abzugsraten betrieben werden. Damit die Methode in jeder Hinsicht umfassend ist, sollten die Tests auch unter zwei oder drei verschiedenen Temperaturbedingungen durchgeführt werden: Eine derartige Methode wird von Birch (13)(14) beschrieben und ist in Anlage 6 zusammengefasst. Der aktuelle Wissensstand reicht jedoch nicht aus, um entscheiden zu können, welches der kinetischen Modelle zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit chemischer Substanzen bei der Abwasserbehandlung und im Wassermilieu im Allgemeinen geeignet ist. Die Anwendung der Monod-Kinetik (siehe Beispielfall in Anlage 6) ist auf chemische Substanzen begrenzt, die in Konzentrationen von 1 mg/l oder mehr präsent sind, wenngleich auch die Meinung vertreten wird, dass selbst dies zu beweisen ist. Tests bei Konzentrationen, die die Konzentrationen in Abwässern akkurater widerspiegeln, sind in Anlage 7 beschrieben, werden jedoch, ebenso wie die Tests in Anhang 6, nicht als eigenständige Prüfmethoden geführt, sondern lediglich in den Anlagen genannt.

Filtration

6.

Sehr viel weniger Arbeit wurde in Modell-Tropfkörper investiert, vielleicht, weil sie aufwändiger und weniger kompakt sind als Modell-Belebtschlammanlagen. Gerike et al entwickelten Tropfkörperanlagen und betrieben sie im Koppelmodus (15). Die Filter waren relativ groß (2 m hoch mit einem Fassungsvermögen von 60 l) und für jeden einzelnen waren 2 l/Std. Abwasser erforderlich. Baumann et al (16) simulierten Tropfkörper, indem 1 m lange Röhren (mit 14 mm Innendurchmesser) mit zuvor für 30 Minuten in Belebtschlammkonzentrat getränkten Polyester-Vliesstreifen ausgekleidet wurden. Die Prüfsubstanz wurde als einzige C-Quelle in einer Mineralsalzlösung in die vertikal angeordnete Röhre gegeben, und die biologische Abbaubarkeit wurde durch Messung des DOC im Ablauf und des CO2 im austretenden Gas bestimmt.

7.

Biofilter wurden auf andere Weise simuliert (15): Die Innenwandungen von Drehrohren, in einem kleinen Neigungswinkel zur Horizontalen angeordnet, wurden mit Abwasser (ungefähr 250 ml/Std.) mit und ohne Zusatz von Prüfsubstanz beaufschlagt, und die gesammelten Abläufe wurden auf DOC und/oder die betreffende Prüfsubstanz analysiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

8.

Dieses Verfahren ist ausgelegt, um die Elimination und den Primär- und/oder den vollständigen biologischen Abbau wasserlöslicher organischer Substanzen durch aerobe Mikroorganismen in einem das Belebtschlammverfahren simulierenden kontinuierlich betriebenen Prüfsystem bestimmt werden. Ein leicht biologisch abbaubares organisches Medium und die organische Prüfsubstanz dienen als C-Quellen und Energiequellen für die Mikroorganismen.

9.

Zwei kontinuierlich betriebene Prüfsysteme (Belebtschlamm- oder Porous-Pot-Anlagen) werden unter identischen Bedingungen, die je nach Prüfungszweck festgelegt werden, parallel betrieben. In der Regel betragen die mittlere hydraulische Verweilzeit 6 Stunden und das mittlere Schlammalter (Schlammverweilzeit) 6 bis 10 Tage. Überschussschlamm wird nach einer von zwei Methoden abgezogen, und der Zulauf (organisches Medium) von ausschließlich einer der beiden Prüfanlagen wird mit Prüfsubstanz einer Konzentration von üblicherweise 10 mg/l DOC bis 20 mg/l DOC beschickt. Die zweite Anlage fungiert als Kontrollanlage zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit des organischen Mediums.

10.

Anhand häufig gezogener Ablaufproben werden durch spezifische Analyse der DOC (vorzugsweise) oder der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) sowie die Prüfsubstanzkonzentration (soweit erforderlich) im Ablauf der mit der Prüfsubstanz beschickten Anlage bestimmt. Es wird davon ausgegangen, dass die Differenz zwischen den DOC- oder CSB-Konzentrationen in den Abläufen der Prüf- und der Kontrollanlage auf die Prüfsubstanz oder ihre organischen Stoffwechselprodukte zurückzuführen ist. Um die Elimination der Prüfsubstanz zu ermitteln, wird diese Differenz mit der durch die zugeführte Prüfsubstanz bedingten DOC- oder CSB-Konzentration im Zulauf verglichen.

11.

In der Regel lässt sich biologische Abbaubarkeit durch sorgfältige Prüfung der Konzentrations-Zeit-Kurve der Elimination von der Bioadsorption unterscheiden; dies kann gewöhnlich durch einen Test auf leichte biologische Abbaubarkeit, bei dem ein akklimatisiertes Inokulum aus der mit der Prüfsubstanz beaufschlagten Anlage zum Einsatz kommt, bestätigt werden.

ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

12.

Die Reinheits-, Wasserlöslichkeits-, Flüchtigkeits- und Adsorptionsmerkmale der Prüfsubstanz sollten bekannt sein, um eine akkurate Ergebnisauswertung zu ermöglichen. Normalerweise können flüchtige und nicht lösliche chemische Substanzen nur getestet werden, wenn besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden (siehe Anlage 5). Auch die chemische Struktur oder zumindest die empirische Formel sollten bekannt sein, um theoretische Werte berechnen und/oder gemessene Parameterwerte (z. B. für den theoretischen Sauerstoffbedarf (Theoretical Oxygen Demand, ThOD), den gelösten organischen Kohlenstoff (Dissolved organic carbon, DOC) und den chemischen Sauerstoffbedarf (CSB)) überprüfen zu können.

13.

Informationen über die Toxizität der Prüfsubstanz für Mikroorganismen (siehe Anlage 4 können für die Wahl geeigneter Testkonzentrationen zweckdienlich und für die korrekte Auswertung niedriger Abbaubarkeitswerte ausschlaggebend sein.

NEGATIVE/POSITIVE TESTERGEBNISSE (PASS/FAIL)

14.

Bei der ersten Anwendung dieses Simulationstests (Bestätigungstest) zur Bestimmung der primären Bioabbaubarkeit von Tensiden müssen über 80 % der betreffenden chemischen Substanz abgebaut werden, bevor das Tensid in den Verkehr gebracht werden kann. Werden diese 80 % nicht erreicht, kann der vorliegende Simulationstest (Bestätigungstest) durchgeführt werden, und das Tensid darf nur in den Verkehr gebracht werden, wenn über 90 % der betreffenden chemischen Substanz abgebaut wurden. Im Allgemeinen stellt sich die Pass-/Fail-Frage bei chemischen Substanzen nicht, und der Wert der prozentualen Abnahme kann zur approximativen Berechnung der wahrscheinlichen Umweltkonzentration einer chemischen Substanz verwendet werden, die zur Analyse der von chemischen Substanzen ausgehenden Gefahren erforderlich ist. Testergebnisse folgen in der Regel dem Schema ‚Alles oder Nichts‘. Einige Untersuchungen reiner Chemikalien haben in mehr als drei Viertel aller Fälle eine prozentuale DOC-Abnahme von > 90 % und bei über 90 % der Substanzen, die sich als in signifikantem Maße biologisch abbaubar erwiesen haben, von > 80 % ergeben.

15.

Relativ wenige chemische Substanzen (z. B. Tenside) sind in den für diese Prüfung verwendeten Konzentrationen (ungefähr 10 mg C/l) in Abwässern vorhanden. Einige Substanzen manifestieren in diesen Konzentrationen möglicherweise eine Hemmwirkung, bei anderen kann die Abnahmegeschwindigkeit bei niedrigen Konzentrationen unterschiedlich sein. Die Zersetzung könnte mit modifizierten Methoden, bei denen die Prüfsubstanz realitätsnäher in niedrigen Konzentrationen verwendet wird, akkurater bewertet und die so erhobenen Daten könnten zur Berechnung von kinetischen Konstanten verwendet werden. Die hierzu erforderlichen Versuchstechniken sind jedoch noch nicht umfassend validiert, und auch die kinetischen Modelle zur Beschreibung der beim biologischen Abbau stattfindenden Reaktionen liegen noch nicht fest (siehe Anlage 7).

REFERENZSUBSTANZEN

16.

Um sicherzustellen, dass das Testverfahren korrekt durchgeführt wird, ist es sinnvoll, gelegentlich parallel zur Untersuchung der Prüfsubstanz auch andere Substanzen zu analysieren, deren Verhalten bekannt ist. Dazu zählen Adipinsäure, 2-Phenylphenol, 1-Naphthol, Diphensäure, 1- Naphthoesäure usw. (9)(10)(11).

REPRODUZIERBARKEIT VON TESTERGEBNISSEN

17.

Es gibt wesentlich weniger Studienberichte über Simulationstests als über Tests auf leichte Bioabbaubarkeit. Die Reproduzierbarkeit der Testergebnisse zwischen (Simultan-)Replikaten ist gut (10 % bis 15 %) bei Prüfsubstanzen, die zu mindestens 80 % abgebaut werden, bei weniger gut abgebauten Substanzen ist die Schwankungsbreite jedoch größer. Bei bestimmten grenzwertigen Substanzen wurden innerhalb des neunwöchigen Prüfungszeitraums mitunter auch weit auseinanderliegende Ergebnisse (z. B. 10 %, 90 %) verzeichnet.

18.

Bei den mit den beiden Apparaturtypen erzielten Ergebnissen zeigten sich nur geringe Unterschiede, einige chemische Substanzen wurden in Haushaltsabwasser jedoch umfassender und konsistenter abgebaut als in synthetischem Abwasser (OECD).

BESCHREIBUNG DES PRÜFVERFAHRENS

Geräte

Prüfsystem

19.

Das Prüfsystem für eine Prüfsubstanz umfasst eine Prüfanlage und eine Kontrollanlage; werden jedoch nur spezifische Analysen durchgeführt (primäre Bioabbaubarkeit), ist nur eine Prüfanlage erforderlich. Eine Kontrollanlage kann für mehrere Prüfanlagen verwendet werden, die entweder mit derselben oder mit unterschiedlichen Prüfsubstanzen beschickt werden. Bei gekoppelten Anlagen (Anlage 3) muss jede Prüfanlage über eine separate Kontrollanlage verfügen. Beim Prüfsystem kann es sich entweder um eine Belebtschlamm-Modellanlage vom Typ Husmann (Anlage 1, Abbildung 1) oder um eine Porous-Pot-Anlage (Anlage 1, Abbildung 2) handeln. In beiden Fällen sind ausreichend große Vorrats-/Sammelgefäße für die Zu- bzw. Abläufe erforderlich, ebenso wie Pumpen zur Dosierung des Zustroms (entweder mit Prüfsubstanzlösung gemischt oder separat).

20.

Jede Belebtschlammanlage besteht aus einem Belüftungsgefäß (Belebung) mit einem bekannten Fassungsvermögen von ca. 3 Liter Belebtschlamm und einem Absetzgefäß (Nachklärung) eines Fassungsvermögens von ungefähr 1,5 Litern; durch Regelung der Höhe des Absetzgefäßes können die Füllmengen bis zu einem bestimmten Grad geändert werden. Gefäße anderer Größen sind zulässig, wenn vergleichbare hydraulische Frachten eingehalten werden. Ist es nicht möglich, die Temperatur im Prüfraum im gewünschten Bereich zu halten, wird die Verwendung von wasserummantelten Gefäßen (temperiertes Wasser) empfohlen. Für die kontinuierliche oder intermittente Rückführung von Belebtschlamm aus dem Absetzgefäß ins Belüftungsgefäß wird eine Druckluft- oder Dosierpumpe verwendet.

21.

Das Porous-Pot-System besteht aus einem porösen inneren Zylinder mit konischem Boden, der in einem geringfügig größeren, aus undurchlässigem Kunststoff bestehenden formgleichen Gefäß fixiert ist. Als Material für das poröse Gefäß ist poröses Polyethylen einer Porengröße von maximal 90 μm und 2 mm Dicke geeignet. Der Schlamm wird durch die Filtrierwirkung der porösen Wand vom behandelten organischen Medium abgetrennt. Der Ablauf sammelt sich in dem ringförmigen Bereich, von dem aus er in das Sammelgefäß überfließt. Da kein Absetzen erfolgt, gibt es auch keine Schlammrückführung. Das gesamte System kann in einem thermostatisch kontrollierten Wasserbad montiert werden. Poröse Töpfe können in den Anfangsstadien verstopfen und überlaufen. In diesem Fall wird die poröse Auskleidung erneuert; dazu wird zunächst der Schlamm aus dem Topf in einen sauberen Eimer abgeschlaucht und die verstopfte Innenauskleidung wird entfernt. Der undurchlässige äußere Zylinder wird ausgewischt, eine saubere Auskleidung wird eingesetzt und der Schlamm wird in den Topf zurückgeführt. Außerdem werden alle an den Rändern der verstopfen Innenauskleidung anhaftenden Schlammreste sorgfältig abgeschabt und ebenfalls zurück in den Topf transferiert. Verstopfte Töpfe werden zunächst mit einem feinen Wasserstrahl gesäubert, um Schlammreste zu entfernen; anschließend wird das Gerät zunächst in verdünnte Natriumhypochlorit-Lösung, dann in Wasser gesetzt und gründlich mit Wasser abgespült.

22.

Die Belüftung des Schlamms in den Belüftungsgefäßen beider Systeme erfordert geeignete Verfahren, z. B. gesinterte Würfel (Sprudelsteine) und Druckluft. Die Luft muss bei Bedarf gesäubert werden, indem sie durch einen geeigneten Filter geleitet und gewaschen wird. Das System muss ausreichend belüftet werden, um aerobe Bedingungen zu gewährleisten und die Schlammflocken während des Prüfungsvorgangs in ständiger Suspension zu halten.

Filtrationsgerät oder Zentrifuge

23.

Gerät zur Filtration von Proben mit Membranfiltern einer geeigneten Porenweite (Nennöffnungsdurchmesser 0,45 μm), die lösliche organische Substanzen adsorbieren und ein Minimum an organischem Kohlenstoff freisetzen. Bei Verwendung von Filtern, die organischen Kohlenstoff freisetzen, sind die Filter sorgfältig mit heißem Wasser zu waschen, um den Kohlenstoff zu entfernen. Alternativ kann eine Zentrifuge einer Kapazität von 40 000 m/s2 verwendet werden.

Analysegerät

24.

Apparatur zur Bestimmung folgender Größen:

DOC (gelöster organischer Kohlenstoff) und TOC (gesamter organischer Kohlenstoff) oder CSB (chemischer Sauerstoffbedarf);

bestimmte chemische Substanz, soweit erforderlich;

suspendierte Feststoffe, pH-Wert, Sauerstoffkonzentration im Wasser;

Temperatur, Azidität und Alkalinität;

Ammonium, Nitrit und Nitrat, wenn der Test unter nitrifizierenden Bedingungen durchgeführt wird.

Wasser

25.

Leitungswasser (Trinkwasser) mit einem DOC-Gehalt von weniger als 3 mg/l. Soweit nicht bereits bekannt, die Alkalinität bestimmen.

26.

Deionisiertes Wasser mit einem DOC-Gehalt von weniger als 2 mg/l DOC.

Organisches Medium

27.

Als organisches Medium kommt synthetisches Abwasser, Haushaltsabwasser oder eine Mischung aus beiden Abwasserarten in Frage. Es hat sich gezeigt (11)(14), dass die alleinige Verwendung von Haushaltsabwasser oft zu einer höheren prozentualem DOC-Abnahme führt und selbst die Abnahme und den biologischen Abbau bestimmter chemischer Substanzen fördert, die bei Verwendung von synthetischem Abwasser (OECD) nicht abgebaut werden. Außerdem wirkt die konstante oder intermittente Zugabe von Haushaltsabwasser auf den Belebtschlamm, einschließlich der entscheidenden Absetzfähigkeit, häufig stabilisierend. Die Verwendung von Haushaltsabwasser wird demnach empfohlen. Bei jeder neuen Charge von organischem Medium die DOC- oder die CSB-Konzentration messen. Die Azidität oder Alkalinität des organischen Mediums sollte bekannt sein. Das organische Medium kann die Zugabe einer geeigneten Pufferlösung (Natriumhydrogencarbonat oder Kaliumdihydrogenphosphat) erfordern, wenn die Azidität oder Alkalinität gering ist, um während des Tests einen pH-Wert von etwa 7,5 ± 0,5 im Belüftungsgefäß zu gewährleisten. Wie viel Pufferlösung zuzugeben ist und wann, muss auf Fallbasis entschieden werden. Werden kontinuierlich oder intermittent Abwassermischungen verwendet, muss der DOC-Wert (oder der CSB-Wert) der Mischung möglichst konstant gehalten werden, z. B. durch Verdünnung mit Wasser.

Synthetisches Abwasser

28.

In jedem Liter Leitungswasser Folgendes auflösen: 160 mg Pepton; 110 mg Fleischextrakt; 30 mg Harnstoff; 28 mg wasserfreies Dikaliumhydrogen-phosphat (K2HPO4); 7 mg Natriumchlorid (NaCl); 4 mg Calciumchlorid-Dihydrat (CaCl2.2H2O); 2 mg Magnesiumsulfat-Heptahydrat (Mg2SO4.7H20). Dieses synthetische Abwasser (OECD) hat Beispielcharakter und ergibt eine mittlere DOC-Konzentration im Zulauf von etwa 100 mg/l. Alternativ können andere Zusammensetzungen mit ähnlicher DOC-Konzentration verwendet werden, die realitätsnäher sind. Ist ein weniger konzentrierter Zulauf erforderlich, das synthetische Abwasser mit Leitungswasser verdünnen, beispielsweise im Verhältnis 1:1, um eine Konzentration von ungefähr 50 mg/l zu erhalten. Ein derart verdünnter Zulauf fördert das Wachstum nitrifizierender Organismen, und diese Modifikation sollte vorgenommen werden, wenn die Simulation nitrifizierender Kläranlagen untersucht werden soll. Dieses synthetische Abwasser kann aus destilliertem Wasser in konzentrierter Form hergestellt und bis zu einer Woche bei ungefähr 1 °C gelagert werden. Bei Bedarf mit Leitungswasser verdünnen. (Dieses Medium ist eher ungeeignet, weil die Stickstoffkonzentration sehr hoch und der Kohlenstoffgehalt relativ niedrig ist; es gibt jedoch keine besseren Empfehlungen, außer Hinzufügung von mehr Phosphat als Puffer und zusätzlichem Pepton).

Haushaltsabwasser

29.

Es sollte frisch abgesetztes Abwasser verwendet werden, das täglich von einer vorwiegend Haushaltsabwässer behandelnden Kläranlage bezogen wird. Es sollte vor der Vorklärung aus der Ablaufrinne des Vorklärbeckens oder aus dem Beschickungswasser der Belebtschlammanlage gezogen werden und weitgehend frei von Grobstoffen sein. Das Abwasser kann nach mehrtägiger, jedoch höchstens siebentägiger Lagerung bei 4 °C verwendet werden, sofern erwiesen ist, dass der gelöste organische Kohlenstoff (DOC) (oder der chemische Sauerstoffbedarf, CSB) während der Lagerung nicht wesentlich (d. h. um weniger als 20 %) abgenommen hat. Um Störungen des Systems zu vermeiden, sollte der DOC (oder der CSB) jedes neuen Ansatzes vor dessen Verwendung auf einen geeigneten konstanten Wert eingestellt werden, z. B. durch Verdünnung mit Leitungswasser.

Belebtschlamm

30.

Zur Beimpfung Belebtschlamm aus dem Belüftungsbecken einer ordnungsgemäß betriebenen Kläranlage oder einer Labor-Belebtschlammanlage entnehmen, die vorwiegend Haushaltsabwässer behandeln.

Stammlösungen der Prüfsubstanz

31.

Für angemessen lösliche chemische Substanzen in geeigneten Konzentrationen (z. B. 1 bis 5 g/l) in entionisiertem Wasser oder in einer mineralischen Kulturlösung aus synthetischem Abwasser Stammlösungen ansetzen (für nicht lösliche und flüchtige Chemikalien siehe Anlage 5). Den DOC- und den TOC-Wert der Stammlösung bestimmen und die Messungen bei jeder neuen Charge wiederholen. Bei einer Differenz zwischen DOC und TOC von mehr als 20 % die Wasserlöslichkeit der Prüfsubstanz überprüfen. Den DOC oder die durch spezifische Analyse der Stammlösung gemessene Konzentration der Prüfsubstanz mit dem Nennwert vergleichen, um festzustellen, ob die Wiederfindungsrate ausreicht (in der Regel kann mit > 90 % gerechnet werden). Vor allem bei Dispersionen ist festzustellen, ob der DOC als Analyseparameter verwendet werden kann oder nicht oder ob nur ein prüfsubstanzspezifisches Analyseverfahren angewendet werden kann. Bei Dispersionen müssen die Proben zentrifugiert werden. Für jede neue Charge den DOC, den CSB bzw. die Prüfsubstanz durch spezifische Analyse messen.

32.

Den pH-Wert der Stammlösung bestimmen. Extremwerte zeigen an, dass die Zugabe der chemischen Substanz den pH-Wert des Belebtschlamms im Prüfsystem beeinflussen kann. In diesem Fall die Stammlösung mit kleinen Mengen anorganischer Säure oder Base neutralisieren, um einen pH-Wert von 7 ± 0,5 zu erhalten, wobei eine Ausfällung der Prüfsubstanz zu vermeiden ist.

PRÜFVERFAHREN

33.

Das beschriebene Verfahren betrifft Belebtschlammanlagen; es muss für das Porous-Pot-System in bestimmten Punkten angepasst werden.

Vorbereitung des Inokulums

34.

Das Prüfsystem zu Testbeginn entweder mit Belebtschlamm oder mit einem Inokulum animpfen, das eine geringe Konzentration an Mikroorganismen enthält. Das Inokulum bis zu seiner Verwendung (innerhalb von 24 Stunden) bei Raumtemperatur unter aeroben Bedingungen aufbewahren. Im ersten Fall (Verwendung von Belebtschlamm) aus dem Belüftungsbecken einer ordnungsgemäß betriebenen biologischen Kläranlage oder einer Laborkläranlage, die vorwiegend mit Haushaltsabwasser betrieben wird, eine Schlammprobe ziehen. Sollen nitrifizierende Bedingungen simuliert werden, den Schlamm aus einer nitrifizierenden Kläranlage beziehen. Die Konzentration der suspendierten Feststoffe bestimmen und den Schlamm bei Bedarf durch Absetzen eindicken, so dass dem Prüfsystem nur eine minimale Schlammmenge zugeführt werden muss. Die Anfangskonzentration der Trockensubstanz sollte ungefähr 2,5 g/l betragen.

35.

Im zweiten Fall (Inokulum) 2 bis 10 ml/l Ablauf aus einer biologischen Kläranlage für Haushaltsabwässer verwenden. Um möglichst viele unterschiedliche Bakterienarten zu erhalten, kann es sinnvoll sein, auch Inokula aus diversen anderen Quellen wie Oberflächenwasser zuzuführen. In diesem Fall wird sich der Belebtschlamm im Prüfsystem entwickeln und vermehren.

Zudosierung des organischen Mediums

36.

Zulauf- und Ablaufbehälter und Schlauchleitungen aus den Zulauf- und zu den Ablaufgefäßen vor und während des Tests gründlich reinigen, um Mikrobenbewuchs zu entfernen. Die Prüfsysteme in einem temperaturkontrollierten Raum (übliche Temperaturspanne: 20-25 °C) montieren oder wasserummantelte Testgefäße verwenden. Eine ausreichende Menge des benötigten organischen Mediums (Nummern 27-29) zubereiten. Zunächst Belüftungs- und Absetzungsgefäß (Separator) mit organischem Medium füllen und Inokulum zusetzen (Nummern 34, 35). Die Belüftung so einstellen, dass der Schlamm unter aeroben Bedingungen dauerhaft suspendiert ist; anschließend Zulaufdosierung und Schlammrückführung einleiten. Organisches Medium aus den Vorrats- in die Belüftungsgefäße (Nummern 20, 21) der Prüf- und der Kontrollanlage zudosieren, und die jeweiligen Abläufe in entsprechenden Sammelgefäßen auffangen. Um die normale hydraulische Verweilzeit von 6 Std. zu erreichen, organisches Medium in einem Volumen von 0,5 l/Std. zupumpen. Zur Bestätigung durch Messung des Volumenrückgangs in den Vorratsgefäßen die zudosierte Tagesmenge an organischem Medium ermitteln. Zur Bestimmung der Effekte der intermittenten Freisetzung von chemischen Substanzen und der Stoßbelastung (shock loading) des Systems mit diesen Substanzen wären andere Dosierungsmodi erforderlich.

37.

Soll das vorbereitete organische Medium für länger als einen Tag verwendet werden, muss es auf ungefähr 4 °C gekühlt oder auf andere Weise haltbar gemacht werden, um Mikrobenwachstum und biologischen Abbau außerhalb der Prüfanlagen zu vermeiden (Nummer 29). Werden synthetische Abwässer verwendet, kann eine konzentrierte Stammlösung (z. B. das Zehnfache der normalen Konzentration; Nummer 28) vorbereitet und bei etwa 4 °C gelagert werden. Diese Stammlösung kann vor ihrer Verwendung mit einer entsprechenden Menge Leitungswasser gründlich durchgemischt oder — alternativ — direkt zugepumpt werden, während die entsprechende Menge Leitungswasser separat zugepumpt wird.

Zudosierung der Prüfsubstanz

38.

Eine geeignete Menge Stammlösung der Prüfsubstanz (Nummer 31) in das Vorratsgefäß des Zulaufs geben oder mittels einer separaten Dosierpumpe direkt in das Belüftungsgefäß pumpen. Die normale mittlere Testkonzentration im Zulauf sollte 10 bis 20 mg/l DOC betragen, wobei die Höchstkonzentration von 50 mg/l nicht überschritten werden sollte. Ist die Wasserlöslichkeit der Prüfsubstanz gering oder ist mit toxischen Effekten zu rechnen, ist die Konzentration auf 5 mg/l DOC oder auch weniger zu reduzieren, allerdings nur, wenn eine geeignete spezifische Analysemethode verfügbar ist und angewendet wird (schlecht wasserlösliche dispergierte Prüfsubstanzen können nach besonderen Dosiermethoden zugesetzt werden; siehe Anlage 5).

39.

Die Prüfsubstanz zusetzen, sobald sich das System stabilisiert und der gelöste organische Kohlenstoff (DOC) im organischen Medium weitgehend (um etwa 80 %) abgenommen hat. Es muss sichergestellt werden, dass alle Anlagen mit gleicher Wirksamkeit funktionieren, bevor die Prüfsubstanz zugesetzt wird; ist dies nicht der Fall, ist es in der Regel sinnvoll, die einzelnen Schlämme zu mischen und die einzelnen Anlagen erneut mit identischen Schlammmengen zu beschicken. Wird ein Inokulum aus (etwa) 2,5 g/l (Trockengewicht) Belebtschlamm verwendet, so kann die Prüfsubstanz ab Testbeginn zugesetzt werden, denn die direkte Zugabe steigender Mengen von Testbeginn an hat den Vorteil, dass der Belebtschlamm möglicherweise besser an die Prüfsubstanz adaptiert wird. Wie immer die Prüfsubstanz zugegeben wird, empfiehlt es sich, die Dosierrate und/oder die Mengen in den Vorratsgefäßen regelmäßig zu messen.

Handhabung von Belebtschlamm

40.

Je nach Qualität und Konzentration des organischen Mediums, Betriebsbedingungen, Art der vorhandenen Mikroorganismen und Einfluss der Prüfsubstanz und unabhängig vom verwendeten Inokulum stabilisiert sich die Konzentration der Belebtschlamm-Feststoffe während der Prüfung in der Regel im Bereich von 1 bis 3 g/l (Trockengewicht).

41.

Entweder die in den Belüftungsgefäßen suspendierten Feststoffe mindestens wöchentlich bestimmen, wobei der Überschussschlamm verworfen wird, um die Konzentration zwischen 1 und 3 g/l (Trockengewicht) zu halten, oder das mittlere Schlammalter auf einem konstanten Wert (gewöhnlich innerhalb einer Bandbreite von 6 bis 10 Tagen) halten. Wird beispielsweise eine Schlammverweilzeit (sludge retention time, SRT) von 8 Tagen gewählt, sollte täglich 1/8 der im Belüftungsgefäß befindlichen Belebtschlammmenge abgezogen und verworfen werden. Dieser Vorgang ist täglich oder, vorzugsweise, mithilfe einer intermittent arbeitenden automatischen Pumpe zu wiederholen. Das Halten der Konzentration suspendierter Feststoffe auf einem konstanten Wert oder innerhalb einer engen Bandbreite garantiert keine konstante Schlammverweilzeit; letztere ist die Betriebsvariable, die den Wert der Prüfsubstanzkonzentration im Ablauf bestimmt.

42.

Während der gesamten Prüfungsdauer zumindest täglich den an den Wänden des Belüftungs- und des Absetzungsgefäßes (Separator) anhaftenden Schlamm entfernen und resuspendieren. Alle Röhren und Schlauchleitungen regelmäßig kontrollieren und reinigen, um einen Bewuchs mit Biofilm zu vermeiden. Abgesetzten Schlamm aus dem Absetzungsgefäß (Separator) in das Belüftungsgefäß zurückführen, vorzugsweise durch intermittentes Pumpen. Beim Porous-Pot-System gibt es keine Schlammrückführung; es ist jedoch sicherzustellen, dass saubere Innentöpfe eingesetzt werden, bevor das Gefäßvolumen signifikant ansteigt (Nummer 21).

43.

Bei Husmann-Anlagen kann es vorkommen, dass sich der Schlamm schlecht absetzt und verlorengeht. Diese Mängel können in Prüf- und Kontrollanlagen mit einer oder mehreren der nachstehend angeführten Maßnahmen zeitgleich behoben werden:

Regelmäßige, z. B. wöchentliche Zuführung von frischem Schlamm oder Flockungsmittel (z. B. je Gefäß 2 ml einer 50 g/l-FeCl3-Lösung), wobei jedoch sicherzustellen ist, dass es nicht zu einer Reaktion oder Präzipitation der Prüfsubstanz mit FeCl3 kommt;

Ersetzung der Druckluftpumpe durch eine Peristaltikpumpe, um einen dem zuzuführenden Zulauf in etwa entsprechenden Schlammrücklauf und die Entwicklung eines anaeroben Milieus im abgesetzten Schlamm zu ermöglichen (die Geometrie der Druckluftpumpe begrenzt den Mindestdurchfluss des Rücklaufschlamms auf ungefähr das 12-fache der Zulaufmenge);

intermittentes Zupumpen von Schlamm aus dem Absetzungsgefäß (Separator) in das Belüftungsgefäß (z. B. für 5 Minuten alle 2,5 Std, um statt 1 Liter/Std. 1,5 Liter/Std. zurückzuführen);

Verwendung eines nichttoxischen schwach konzentrierten Antischaummittels (z. B. Silikonöl) zur Vermeidung von Verlusten durch Schaumbildung;

kurze Luftschockstöße durch den Schlamm im Absetzungsgefäß (Separator) (z. B. stündlich 10 Sekunden);

Intervalldosierung des organischen Medium in das Belüftungsgefäß (z. B. stündlich für jeweils 3 bis 10 Minuten).

Probenahme und Analytik

44.

Konzentration an gelöstem Sauerstoff, Temperatur und pH-Wert des Belebtschlamms in den Belüftungsgefäßen in regelmäßigen Zeitabständen messen. Dabei ist sicherzustellen, dass stets ausreichend Sauerstoff vorhanden ist (> 2 mg/l) und die Temperatur innerhalb der erforderlichen Spanne (normalerweise zwischen 20 und 25 °C) liegt. Durch Zudosierung von kleinen Mengen einer anorganischen Base oder Säure ins Belüftungsgefäß oder in den Zulauf oder durch Erhöhung der Pufferkapazität des organischen Mediums (siehe Nummer 27) den pH-Wert auf 7,5 ± 0,5 konstant halten. Kommt es zur Nitrifikation, entsteht Säure, d. h. bei Oxidation von 1 mg N wird das Äquivalent von ungefähr 7 mg CO3 erzeugt. Die Häufigkeit der Messung richtet sich nach dem Messparameter und der Systemstabilität und kann zwischen täglich und wöchentlich variieren.

45.

Den DOC- bzw. den CSB-Wert in den Kontroll- und Prüfgefäßzuläufen messen. Die Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf der Prüfanlage durch spezifische Analyse messen oder anhand der Konzentration in der Stammlösung (Nummer 31), der verwendeten Menge und der der Prüfanlage zudosierten Abwassermenge schätzen. Es empfiehlt sich, die Konzentration der Prüfsubstanz zu berechnen, um die Streuung der Konzentrationsdaten zu verringern.

46.

Aus (z. B. über 24 Stunden) gesammeltem Ablauf geeignete Proben ziehen und durch eine Membran einer Porengröße von 0,45 μm filtern oder bei 40 000 m/s2 für ungefähr 15 Min. zentrifugieren. Erweist sich das Filtern als schwierig, sollte zentrifugiert werden. Der DOC- bzw. der CSB-Wert sollte mindestens doppelt bestimmt werden, um die vollständige Bioabbaubarkeit zu ermitteln; die primäre Bioabbaubarkeit erforderlichenfalls durch eine prüfsubstanzspezifische Analyse messen.

47.

Die Verwendung des CSB-Wertes kann bei geringen Konzentrationen zu analytischen Problemen führen und wird daher nur empfohlen, wenn eine ausreichend hohe Prüfkonzentration (etwa 30 mg/l) verwendet wird. Bei stark adsorbierenden chemischen Substanzen sollte nach einem prüfsubstanzspezifischen Analyseverfahren auch die Menge der adsorbierten chemischen Substanz im Schlamm gemessen werden.

48.

Die Probenahmehäufigkeit richtet sich nach der voraussichtlichen Prüfungsdauer. Empfohlen werden Probenahmen dreimal wöchentlich. Sobald die Anlagen ordnungsgemäß funktionieren, sollten nach der Beschickung mit Prüfsubstanz bis zum Erreichen eines Gleichgewichtszustands (steady state) 1 bis maximal 6 Wochen vorgesehen werden. In der Plateau-Phase (Nummer 59), die in der Regel 3 Wochen anhält, sollten wenn möglich mindestens 15 gültige Werte ermittelt werden, um das Prüfungsergebnis auswerten zu können. Die Prüfung kann abgeschlossen werden, wenn ein ausreichender Eliminationsgrad erreicht ist (z. B. > 90 %) und die genannten 15 Werte aus Analysen, die drei Wochen lang an jedem Wochentag durchgeführt wurden, vorliegen. Faustregel: Nach Zugabe der Prüfsubstanz sollte eine Prüfungsdauer von 12 Wochen nicht überschritten werden.

49.

Nitrifiziert der Schlamm und sollen die Auswirkungen der Prüfsubstanz auf die Nitrifikation untersucht werden, sind Proben aus dem Ablauf der Prüf- und der Kontrollanlage mindestens einmal wöchentlich auf Ammonium und/oder Nitrit sowie Nitrat zu untersuchen.

50.

Alle Analysen sollten zügig durchgeführt werden; dies gilt vor allem für Stickstoffbestimmungen. Müssen Analysen aufgeschoben werden, sind die Proben bei etwa 4 °C in randvollen, dicht verschlossenen Flaschen dunkel zu lagern. Müssen Proben für länger als 48 Stunden gelagert werden, sind sie durch Tiefgefrieren, Ansäuern (z. B. mit 10 ml/l einer 400 g/l-Lösung Schwefelsäure) oder Zugabe einer geeigneten toxischen Substanz (z. B. 20 ml/l einer 10 g/l-Lösung Quecksilber-(II)-Chlorid) haltbar zu machen. Dabei ist sicherzustellen, dass die angewandte Konservierungsmethode die Analyseergebnisse nicht beeinträchtigt.

Koppeln von Prüfanlagen

51.

Bei Anlagenkopplung (Anlage 3) täglich dieselbe Menge Belebtschlamm (150 ml — 1 500 ml für Belüftungsgefäße eines Fassungsvermögens von 3 Litern Liquorkultur) zwischen den Belüftungsgefäßen der Prüf- und der Kontrollanlage austauschen. Lagert sich die Prüfsubstanz stark an den Schlamm an, nur den Überstand der Absetzungsgefäße (Separatoren) austauschen. In beiden Fällen wird Berechnung der Prüfungsergebnisse einen Berichtigungsfaktor anwenden (Nummer 55).

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

52.

Den Prozentsatz der Elimination der Prüfsubstanz, basierend auf der DOC- bzw. der CSB-Messung, in den vorgegebenen Zeitabständen nach folgender Gleichung berechnen:

Formula

Dabei sind:

Dt

=

der DOC- bzw. CSB-Eliminationsgrad (in %) zum Zeitpunkt t

Cs

=

der DOC- bzw. CSB-Wert der Prüfsubstanz im Zulauf, vorzugsweise anhand der Stammlösung geschätzt (mg/l)

E

=

der gemessene DOC- oder CSB-Wert im Ablauf der Prüfanlage zum Zeitpunkt t (mg/l)

Eo

=

der gemessene DOC- oder CSB-Wert im Ablauf der Kontrollanlage zum Zeitpunkt t (mg/l)

53.

Der Grad der Elimination des organischen Mediums in der Kontrollanlage, basierend auf der DOC- bzw. der CSB-Messung, ist eine nützliche Größe für die Beurteilung der Bioabbauaktivität des Belebtschlamms während des Prüfung. Die prozentuale Elimination nach folgender Gleichung berechnen:

Formula

Dabei sind:

DB

=

der DOC- bzw. CSB-Eliminationsgrad (in %) des organischen Mediums in der Kontrollanlage zum Zeitpunkt t

CM

=

der DOC- bzw. CSB-Wert des organischen Mediums im Zulauf der Kontrollanlage (mg/l)

Wahlweise kann der Prozentsatz der Elimination des durch das organische Medium PLUS die Prüfsubstanz bedingten DOC- bzw. CSB-Wertes nach folgender Gleichung berechnet werden:

Formula

Dabei sind:

DT

=

der Eliminationsgrad des DOC bzw. des CSB (in %) im Gesamtzulauf (organisches Medium PLUS Prüfsubstanz) der Prüfanlage

CT

=

der DOC bzw. CSB im Gesamtzulauf (organisches Medium PLUS Prüfsubstanz) der Prüfanlage oder anhand von Stammlösungen berechneter DOC bzw. CSB (mg/l)

54.

Die Abnahme der Prüfsubstanz, soweit nach einer spezifischen Analysemethode gemessen, in den vorgegebenen Zeitabständen nach folgender Gleichung berechnen:

Formula

Dabei sind:

DST

=

der Primäreliminationsgrad (in %) der Prüfsubstanz zum Zeitpunkt t

Si

=

die gemessene oder geschätzte Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf der Prüfanlage (mg/l)

Se

=

die gemessene Konzentration der Prüfsubstanz im Ablauf der Prüfanlage zum Zeitpunkt t (mg/l)

55.

Bei gekoppelten Anlagen die durch den Schlammaustausch bedingte Verdünnung der Prüfsubstanz im Belüftungsgefäß durch einen Berichtigungsfaktor kompensieren (siehe Anlage 3). Bei einer mittleren hydraulischen Verweilzeit von 6 Stunden und einem Austausch der Hälfte der Belebtschlammmenge im Belüftungsgefäß müssen die täglich berechneten Eliminationswerte (Dt, Nummer 52) berichtigt werden, um anhand der nachstehenden Gleichung den realen Eliminationsgrad ‚Dtc‘ der Prüfsubstanz zu ermitteln:

Formula

Angabe der Prüfergebnisse

56.

Die prozentuale Elimination Dt (oder Dtc) und Dst, soweit dieser Wert vorliegt, gegen die Zeit auftragen (siehe Anlage 2). Aus der Eliminationskurve der Prüfsubstanz (per se oder als DOC-Wert) lassen sich bestimmte Schlüsse über den Abnahmeprozess ziehen.

Adsorption

57.

Manifestiert sich bei der Prüfsubstanz bereits zu Beginn des Tests eine starke DOC-Elimination, so wird die Prüfsubstanz wahrscheinlich durch Adsorption an die Belebtschlammfeststoffe eliminiert. Dies kann durch Bestimmung der adsorbierten Prüfsubstanz anhand eines substanzspezifischen Analysenverfahrens nachgewiesen werden. Die DOC-Elimination adsorptionsfähiger chemischer Substanzen bleibt erfahrungsgemäß nicht während der gesamten Prüfung hoch; sie ist eher zu Beginn der Prüfung hoch und fällt dann allmählich auf ein stabiles Niveau. Könnte die adsorptionsfähige Prüfsubstanz jedoch auf die eine oder andere Weise eine Akklimatisation der Mikrobenpopulation herbeiführen, würde die DOC-Elimination der Prüfsubstanz anschließend zunehmen und einen hohen Plateauwert erreichen.

Latenzphase (Lag-Phase)

58.

Wie bei statischen Screeningtests durchlaufen viele Prüfsubstanzen eine Latenzphase, bevor sie vollständig biologisch abgebaut werden. In dieser Lag-Phase akklimatisieren bzw. adaptieren sich die Zersetzungsbakterien, ohne dass die Prüfsubstanz in nennenswertem Maße abnimmt; erst nach dieser Phase setzt das Bakterienwachstum ein. Die Phase endet und die Abbauphase gilt als begonnen, wenn etwa 10 % der anfänglichen Menge Prüfsubstanz abgebaut sind (nach der Adsorption, falls es dazu kommt). Die Lag-Phase ist oft sehr variabel und schwer reproduzierbar.

Plateauphase

59.

Die Plateauphase einer Eliminationskurve im kontinuierlichen Test ist definiert als die Phase, in der maximale Zersetzung stattfindet. Sie sollte mindestens 3 Wochen dauern, in denen etwa 15 gültige Messwerte ermittelt werden.

Mittlerer Eliminationsgrad der Prüfsubstanz

60.

Diesen Mittelwert anhand der Eliminationswerte (Dt) der Prüfsubstanz in der Plateauphase berechnen. Auf die nächste ganze Zahl (1 %) gerundet, entspricht dieser gerundete Wert dem Eliminationsgrad der Prüfsubstanz. Ferner wird empfohlen, das 95 %-Konfidenzniveau für den Mittelwert zu berechnen.

Elimination des organischen Mediums

61.

Die prozentuale Elimination des organischen Mediums in der Kontrollanlage (DB), basierend auf dem DOC- bzw. CSB-Wert, gegen die Zeit auftragen. Dabei ist der mittlere Eliminationsgrad auf dieselbe Weise anzugeben wie für die Prüfsubstanz (Nummer 60).

Hinweis auf den biologischen Abbau

62.

Adsorbiert die Prüfsubstanz nicht signifikant an den Belebtschlamm und hat die Eliminationskurve die typische Form einer Bioabbaukurve mit Latenz-, Abbau- und Plateauphasen (Nummern 58, 59), so kann die gemessene Elimination mit Sicherheit dem biologischen Abbau zugeschrieben werden. War die Abnahme im Anfangsstadium hoch, kann der Simulationstest nicht zwischen biologischen und abiotischen Eliminationsprozessen differenzieren. In derartigen Fällen und in anderen Fällen, in denen Zweifel am biologischen Abbau bestehen (z. B. wenn die Prüfsubstanz ausgast (stripping)), die Adsorption der Prüfsubstanzen untersuchen, oder anhand von Parametern, die biologische Prozesse genau angeben, zusätzliche statische Bioabbaubarkeitstests durchführen. Zu derartigen Tests zählen die Sauerstoffaufnahmemethoden (Kapitel C.4 (D, E, F) dieses Anhangs (6)) oder Kohlendioxid-Entwicklungstests (Kapitel C.4 C dieses Anhangs (6)) oder die ISO-Headspace-Methode (18), bei der ein zuvor exponiertes Inokulum aus dem Simulationstest verwendet wird. Wurden sowohl die DOC-Abnahme als auch die Prüfsubstanzabnahme gemessen, zeigen große Unterschiede (d. h. wenn erstere geringer ist als letztere) zwischen den Abnahmeprozentwerten die Präsenz intermediärer organischer Produkte in den Abläufen an, die möglicherweise schwerer abzubauen sind als die Ausgangssubstanz.

Gültigkeit der Prüfergebnisse

63.

Die Bestimmung des Eliminationsgrades des organischen Mediums (Nummer 53) in der Kontrollanlage liefert Informationen über das normale Abbauverhalten des Inokulums. Der Test kann als gültig angesehen werden, wenn der Grad der DOC- bzw. der CSB-Elimination in der (den) Kontrollanlage(n) nach zwei Wochen > 80 % beträgt und nichts Ungewöhnliches festgestellt wurde.

64.

Wurde eine leicht biologisch abbaubare (Referenz-)Substanz verwendet, sollte der Abbaubarkeitsgrad (Dt, Nummer 52) > 90 % betragen.

65.

Wurde der Test unter nitrifizierenden Bedingungen durchgeführt, sollte die mittlere Konzentration in den Abläufen < 1 mg/l Ammonium-N und < 2 mg/l Nitrit-N betragen.

66.

Sind diese Kriterien (Nummern 63-65) nicht erfüllt, müssen der Test mit einem Inokulum aus anderer Quelle wiederholt, eine Referenzsubstanz getestet und alle Testverfahren überprüft werden.

Prüfbericht

67.

Der Prüfbericht muss Folgendes umfassen:

 

Prüfsubstanz:

Kenndaten;

physikalischer Zustand und, soweit relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften.

 

Prüfbedingungen:

Art des Prüfsystems; etwaige Änderungen bei Prüfungen nicht löslicher und flüchtiger chemischer Substanzen;

Art des organischen Mediums;

Anteil (und Art) der Industrieabwässer im kommunalen Abwasser, soweit bekannt;

Inokulum, Art und Probenahmestelle(n), Konzentration und etwaige Vorbehandlung;

Prüfsubstanz-Stammlösung: DOC- und TOC-Gehalt; bei Suspension: Art der Aufbereitung; verwendete Testkonzentration; falls außerhalb der Bandbreite von 10-20 mg/l DOC: Begründung; Zugabemethode; Datum der ersten Zugabe; etwaige Änderungen;

mittleres Schlammalter und mittlere hydraulische Verweilzeit; Methode des Überschussschlammabzugs; Methoden zur Verminderung der Bildung von Blähschlamm, von Schlammverlusten usw.;

angewandte Analysetechniken;

Testtemperatur;

Eigenschaften wie Blähschlammbildung, Schlammvolumenindex (Sludge Volume Index, SVI), suspendierte Stoffe im Ablauf (Mixed Liquor Suspended Solids, MLSS);

etwaige Abweichungen von Standardverfahren und etwaige Umstände, die die Testergebnisse möglicherweise beeinträchtigt haben.

 

Prüfergebnisse:

alle Messdaten (DOC, CSB, spezifische Analysen, pH-Wert, Temperatur, Sauerstoffkonzentration, suspendierte Feststoffe, N-Chemikalien, soweit relevant;

alle Berechnungswerte für Dt (oder Dtc), DB, DSt in tabellarischer Form und als Eliminationskurven;

Aussagen zu Latenz- und Plateau-Phasen, Prüfungsdauer, Eliminationsgrad der Prüfsubstanz und des organischen Mediums in der Kontrollanlage sowie statistische Informationen und Angaben zur Bioabbaubarkeit und Gültigkeit des Tests;

Diskussion der Ergebnisse.

LITERATUR:

1.

Swisher RD (1987). ‚Surfactant Biodegradation‘, 2. Ausgabe. Marcel Dekker Inc. New York, S. 1085 ff.

2.

Deutsche Bundesregierung (1962). Verordnung über die Abbaubarkeit von Detergenzien in Wasch- und Reinigungsmitteln. Bundesgesetzblatt, Teil I, Nr. 49: 698-706.

3.

Painter HA and King EF (1978a). WRc porous-pot method for assessing biodegradability. Technischer Bericht Nr. 70, Water Research Centre, Medmenham, Vereinigtes Königreich.

4.

Painter HA and King EF (1978b). The effect of phosphate and temperature on growth of activated sludge and on biodegradation of surfactants. Wat. Res. 12: 909-915.

5.

Eckenfelder, W.W (19) US EPA.

6.

Kapitel C.4 dieses Anhangs, Bestimmung der ‚leichten‘ biologischen Abbaubarkeit.

7.

Kapitel C.12 dieses Anhangs, Biologische Abbaubarkeit — Modifizierter SCAS-Test.

8.

Kapitel C.19 dieses Anhangs, Schätzung des Adsorptionskoeffizienten (K OC ) im Boden und in Klärschlamm mittels der Hochdruck-Flüssigchromatografie (HPLC).

9.

Gerike P and Fischer WK (1979). A correlation study of biodegradability determinations with various chemicals in various tests. Ecotox. Env. Saf. 3: 157-173.

10.

Gerike P and Fischer WK (1981), as (9), II Additional results and conclusions. Ecotox. Env. Saf. 5: 45-55.

11.

Painter HA and Bealing D (1989). Experience and data from the OECD activated sludge simulation test, S. 113-138, In: Laboratory tests for simulation of water treatment processes. CEC Water Pollution Report 18. Eds. Jacobsen BN, Muntau H, Angeletti G.

12.

ISO 11733 (1995; überarbeitet 2004). Bestimmung der Elimination und der biologischen Abbaubarkeit organischer Verbindungen in einem wässrigen Medium — Belebtschlamm-Simulationstest.

13.

Birch RR (1982). The biodegradability of alcohol ethoxylates. XIII Jornado Com. Espanol. Deterg.: 33-48.

14.

Birch RR (1984). Biodegradation of noniomic surfactants. J.A.O.C, S. 61 (2): 340-343.

15.

Gerike P, Fischer WK and Holtmann W (1980). Biodegradability determinations in trickling filter units compared with the OECD confirmatory test. Wat.Res. 14: 753-758.

16.

Baumann U, Kuhn G and Benz M. (1998). Einfache Versuchsanordnung zur Gewinnung gewässerökologisch relevanter Daten, UWSF — Z. Umweltchem. Ökotox. 10: 214-220.

17.

Her Majesty’s Stationery Office (1982). Assessment of biodegradability. Methods for the examination of waters and associated materials, S. 91-98 ISBN 011 751661 9.

18.

ISO 14593 (1998). Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der vollständigen biologischen Abbaubarkeit organischer Substanzen im wässrigen Medium — Verfahren mittels Bestimmung des anorganischen Kohlenstoffs in geschlossenen Flaschen.

Anlage 1

Abbildung 1

Apparatur zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit

Husmann-Anlage

Image

A.

Vorratsgefäß

B.

Dosierpumpe

C.

Belüftungsgefäß (3 l-Volumen)

D.

Absetzungsgefäß

E.

Druckluftpumpe

F.

Sammelgefäß

G.

Fritte

H.

Luftmengenmesser

Abbildung 2

Apparatur zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit

‚Porous-Pot‘-Anlage

Image

A.

Vorratsgefäß

B.

Dosierpumpe

C.

Poröses Belüftungsgefäß

D.

Undurchlässiges Außengefäß

E.

Sammelgefäß

F.

Diffusor

G.

Luftmengenmesser

Abbildung 3

Einzelheiten des 3-Liter-‚Porous-Pot‘-Belüftungsgefäßes

Image

Anlage 2

Beispiel einer Eliminationskurve

Image

Anlage 3

[ZUR INFORMATION]

KOPPELN VON PRÜFANLAGEN

Um die Mikrobenpopulationen in Schlämmen in einer Prüfanlage, die mit Abwasser PLUS Prüfsubstanz beschickt wird, und in einer Kontrollanlage, die nur mit Abwasser beaufschlagt wird, zu egalisieren, wurde der Schlamm täglich ausgetauscht (1). Der Vorgang wurde als ‚koppeln‘ bezeichnet und die Methode ist als Anlagenkopplung bekannt. Die Kopplung wurde ursprünglich mit Husmann-Belebtschlammanlagen, anschließend aber auch mit Porous-Pot-Anlagen durchgeführt (2)(3). Es wurden keine signifikanten Ergebnisunterschiede zwischen nicht gekoppelten und gekoppelten Anlagen, ob Husmann- oder Porous-Pot-Anlagen, festgestellt, so dass der Zeit- und Arbeitsaufwand für das Koppeln der Anlagen mit keinerlei Vorteil verbunden ist.

Beim Schlammaustausch kann der Eindruck einer beträchtlichen Prüfsubstanzabnahme entstehen, da ein Teil der Substanz übertragen wird und die Prüfsubstanzkonzentrationen in den Abläufen der Prüf- und der Kontrollanlagen mehr oder weniger gleich sind. Folglich müssen Berichtigungsfaktoren angewendet werden, die von der ausgetauschten Fraktion und der mittleren hydraulischen Verweilzeit abhängen. Weitere Einzelheiten zur Berechnung wurden veröffentlicht (1).

Der berichtigte DOC- bzw. CSB-Eliminationsgrad wird nach der folgenden allgemeingültigen Formel berechnet:

Formula

Dabei sind:

Dtc

=

der berichtigte DOC- bzw. CSB-Eliminationsgrad (in %)

Dt

=

die bestimmte DOC- bzw. CSB-Abnahme Eliminationsgrad (in %)

a

=

die ausgetauschte Fraktion des Volumens der Belebtschlammanlagen

r

=

die mittlere hydraulische Verweilzeit (in Std.)

Wird beispielsweise die Hälfte des Volumens des Belüftungsgefäßes ausgetauscht (a = 0,5) und beträgt die mittlere hydraulische Verweilzeit 6 Stunden, so ist die Korrekturformel

Formula

LITERATUR

1.

Fischer W, Gerike P, Holtmann W (1975). Biodegradability Determinations via Unspecific Analyses (Chemical Oxygen Demand, DOC) in Coupled Units of the OECD Confirmatory Test. I The test. Wat. Res. 9: 1131-1135.

2.

Painter HA, Bealing DJ (1989). Experience and Data from the OECD Activated Sludge Simulation Test, S. 113-138. In: Laboratory Tests for Simulation of Water Treatment Processes CEC Water Pollution Report 18. Eds. Jacobsen BN, Muntau H, Angeletti G.

3.

Painter HA, King EF (1978). Water Research Centre Porous Pot Method for Assessing Biodegradability. Technischer Bericht TR70, Water Research Centre, Stevenage, Vereinigtes Königreich.

Anlage 4

BEURTEILUNG DER BELEBTSCHLAMM-INHIBITION

Hemmung durch Prüfsubstanzen

1.

Es kann vorkommen, dass eine chemische Substanz (oder ein Abwasser) im Simulationstest nicht abgebaut wird bzw. nicht abnimmt und sogar eine hemmende (inhibierende) Wirkung auf die Schlammmikroorganismen entfaltet. Andere chemische Substanzen werden in niedrigen Konzentrationen biologisch abgebaut, wirken jedoch in höheren Konzentrationen inhibierend (Hormesis). Inhibitionseffekte wurden möglicherweise in einem früheren Stadium festgestellt oder lassen sich im Toxizitätstest bestimmen, bei dem ein Inokulum verwendet wird, das dem im Simulationstest verwendeten Inokulum ähnlich oder identisch ist (1). Zu derartigen Methoden zählen die Prüfung der Atmungshemmung (Kapitel C.11 dieses Anhangs (2) und ISO 8192(3)) oder die Bestimmung der Hemmwirkung der Wasserbestandteile auf das Wachstum der Belebtschlamm-Mikroorganismen (ISO 15522 (4)).

2.

Im Simulationstest manifestiert sich eine Hemmung dadurch, dass die Differenz zwischen dem DOC-Gehalt (bzw. dem CSB) des Prüfgefäßablaufs und dem des Kontrollgefäßablaufs größer ist als der mit der Prüfsubstanz zugeführte DOC. Anders ausgedrückt, die prozentuale Abnahme des DOC (und des biochemischen Sauerstoffbedarfs (BSB), des chemischen Sauerstoffbedarfs (CSB), und/oder von NH+ 4) des organischen Kulturmediums ist geringer, wenn bei Prüfsubstanz zugeführt wird. In diesem Fall sollte der Test mit einer geringeren Prüfsubstanzkonzentration so lange wiederholt werden, bis ein Niveau erreicht ist, bei dem kein Hemmungseffekt mehr auftritt, wobei die Konzentration u. U. so weit verringert werden sollte, bis die Prüfsubstanz biologisch abgebaut ist. Hat die Prüfsubstanz (oder das Abwasser) jedoch in allen getesteten Konzentrationen eine nachteilige Wirkung auf den Prozess, so deutet dies darauf hin, dass die chemische Substanz nur schwer und möglicherweise überhaupt nicht biologisch abbaubar ist; es könnte jedoch sinnvoll sein, den Test mit Belebtschlamm aus einer anderen Quelle zu wiederholen und/oder den Schlamm schrittweise zu akklimatisieren.

3.

Umgekehrt sollte die Konzentration der Prüfsubstanz erhöht werden, wenn diese bereits im ersten Simulationsversuch biologisch abgebaut wird und ermittelt werden muss, ob die chemische Substanz einen Inhibitionseffekt entfalten könnte.

4.

Bei der Bestimmung von Hemmungsgraden sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass sich Belebtschlammpopulationen verändern können und dass die Mikroorganismen mit der Zeit möglicherweise eine Toleranz gegenüber hemmenden Substanzen entwickeln.

5.

Berechnung des Hemmungsgrades:

Die gesamten prozentualen Abnahmen (Ro) von BSB, DOC, CSB usw. können für die Prüf- und die Kontrollanlage nach folgender Gleichung berechnet werden:

Formula

Dabei sind:

I

=

die Zulaufkonzentration von BSB, DOC, CSB usw. in Prüf- oder Kontrollgefäßen (mg/l)

E

=

die entsprechende Ablaufkonzentrationen (mg/l).

I und E müssen aufgrund des auf die Prüfsubstanz in den Prüfanlagen zurückzuführenden DOC korrigiert werden, um korrekt berechnete Hemmungsprozentsätze zu gewährleisten.

Der auf die Prüfsubstanz zurückzuführende Hemmungsgrad kann nach folgender Gleichung berechnet werden:

Formula

Dabei sind:

Rc

=

die prozentuale Abnahme in den Kontrollgefäßen

Rt

=

die prozentuale Abnahme in den Prüfgefäßen

LITERATUR

1.

Reynolds L et al. (1987). Evaluation of the toxicity of substances to be assessed for biodegradability. Chemosphere 16: 2259.

2.

Kapitel C.11 dieses Anhangs, Biologische Abbaubarkeit — Belebtschlamm: Prüfung der Atmungshemmung.

3.

ISO 8192 (2007) Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der Hemmung des Sauerstoffverbrauchs von Belebtschlamm nach Kohlenstoff- und Ammonium-Oxidation.

4.

ISO 15522 (1999) Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der Hemmwirkung der Wasserbestandteile auf das Wachstum der Belebtschlamm-Mikroorganismen.

Anlage 5

Schwer wasserlösliche Prüfsubstanzen — flüchtige chemische Substanzen

Schwer wasserlösliche chemische Substanzen

Es wurden offensichtlich nur wenige Berichte über die Verwendung schwer wasserlöslicher oder nicht wasserlöslicher chemischer Substanzen in Tests zur Simulation der Abwasserbehandlung veröffentlicht (1)(2)(3).

Es existiert keine einfache Methode zur Dispergierung der Prüfsubstanz, die für alle nicht wasserlöslichen chemischen Substanzen geeignet wäre. Zwei der vier in ISO 10634 (4) beschriebenen Verfahren scheinen sich zur Dispergierung von Prüfsubstanzen für die Simulationstestung zu eignen; sie sehen den Einsatz von Emulgatoren und/oder Ultraschallenergie vor. Die resultierende Dispersion sollte mindestens 24 Stunden lang stabil sein. Hinreichend stabilisierte Dispersionen in einem konstant gerührten Behälter (Nummer 38) werden anschließend, separat vom Haushalts- oder synthetischen Abwasser, in das Belüftungsgefäß dosiert.

Soweit die Dispersionen stabil sind, wird untersucht, wie die Prüfsubstanz in dispergierter Form bestimmt werden kann. Da der DOC-Gehalt in diesem Fall wahrscheinlich ungeeignet ist, sollte eine spezifische Analysemethode für die Prüfsubstanz entwickelt werden, die sich für Abflüsse, Feststoffe in Abflüssen und Belebtschlämme gleichermaßen eignet. Danach sollte der Verbleib der Prüfsubstanz im simulierten Belebtschlammprozess (Flüssig- und Festphasen) bestimmt werden. Auf diese Weise wird eine ‚Massenbilanz‘ erstellt, anhand deren festgestellt werden könnte, ob die Prüfsubstanz biologisch abgebaut wurde. Dies würde jedoch nur die primäre Bioabbaubarkeit betreffen. Vollständige Bioabbaubarkeit sollte in einem respirometrischen Test auf leichte biologische Abbaubarkeit (Kapitel C.4 dieses Anhangs (5) C, F oder D) nachgewiesen werden, bei dem als Inokulum Schlamm eingesetzt wird, der der Prüfsubstanz im Simulationstest ausgesetzt war.

Flüchtige chemische Substanzen

Die Verwendung flüchtiger chemischer Substanzen in Tests zur Simulation der Abwasserbehandlung ist umstritten und problematisch. Wie schon bei schwer wasserlöslichen Prüfsubstanzen scheint es kaum veröffentlichte Berichte über Simulationstests zu geben, bei denen flüchtige chemische Substanzen zum Einsatz kamen. Ein konventionelles Rührwerk wird durch Abdichten der Belüftungs- und Absetzgefäße, Messung und Kontrollmessung des Luftflusses mittels Luftflussmessern und Passieren des austretendes Gases durch Filter zum Auffangen flüchtiger organischer Stoffe umgerüstet. In einigen Fällen wird eine Vakuumpumpe verwendet, um das austretende Gas durch eine Kühlfalle oder ein Purge-&-Trap-System für gaschromatographische Analysen mit Tenax- und Silikagel-Filtern zu führen. Die im Filter festgehaltene Prüfsubstanz kann analytisiert werden.

Der Test wird in zwei Phasen durchgeführt. Die Anlagen werden zunächst ohne Schlamm betrieben; synthetisches Abwasser PLUS Prüfsubstanz werden jedoch in das Belüftungsgefäß gepumpt. Es werden Zulauf- und Ablaufproben sowie Proben des austretenden Gases gezogen und einige Tage lang auf Präsenz von Prüfsubstanz analysiert. Aus den so erhobenen Daten kann der Prozentsatz (Rvs) der aus dem System gelösten und entfernten (gestrippten) Prüfsubstanz errechnet werden.

Anschließend wird unter denselben Betriebsbedingungen wie bei der Stripping-Studie der normale biologische Test (mit Schlamm) durchgeführt. DOC bzw. CSB werden ebenfalls gemessen, um sicherzustellen, dass die Anlagen ordnungsgemäß funktionieren. In der ersten Testphase wird die Prüfsubstanz im Zulauf, im Ablauf und in austretenden Gas sporadisch analysiert; nach der Akklimatisation werden diese Analysen häufiger durchgeführt. Auch hier können anhand der Daten im Gleichgewichtszustand (steady state) die aus allen (physikalischen und biologischen) Abbauprozessen resultierende prozentuale Abnahme der Prüfsubstanz in der Flüssigphase (RT) sowie der aus dem System gestrippte Anteil (RV) berechnet werden.

Berechnung:

a)

Beim nicht biologischen Test kann der Prozentsatz (RVP) der aus dem System gestrippten Prüfsubstanz nach folgender Gleichung berechnet werden:

Formula

Dabei sind:

RVP

=

die prozentuale Abnahme der Prüfsubstanz aufgrund von Verflüchtigung,

SVP

=

die im Filter aufgefangene Prüfsubstanz, angegeben als äquivalente Konzentration in der Flüssigphase (mg/l),

SIP

=

die Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf (mg/l).

b)

Beim biologischen Test kann der Prozentsatz (RV) der aus dem System gestrippten Prüfsubstanz nach folgender Gleichung berechnet werden:

Formula

Dabei sind:

RV

=

die prozentuale Abnahme der Prüfsubstanz aufgrund von Verflüchtigung im biologischen Test,

SV

=

die im biologischen Test im Filter aufgefangene Prüfsubstanz, angegeben als äquivalente Konzentration im flüssigen Zulauf (mg/l),

SI

=

die Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf (mg/l).

c)

Beim biologischen Test kann die aus allen Abbauprozessen resultierende prozentuale Abnahme der Prüfsubstanz (RT) nach folgender Gleichung berechnet werden:

Formula

Dabei ist:

SE= die Konzentration der Prüfsubstanz im (flüssigen) Ablauf (mg/l).

d)

Die prozentuale Abnahme der Prüfsubstanz aufgrund des biologischen Abbaus PLUS Adsorption (RBA) kann somit nach folgender Gleichung berechnet werden:

Formula

Es sollten separate Tests durchgeführt werden, um zu bestimmen, ob die Prüfsubstanz adsorbiert wurde; wenn ja, kann eine weitere Korrektur vorgenommen werden.

e)

Ein Vergleich zwischen dem Anteil der Prüfsubstanz, der aus dem biologischen Prüfsystem gestrippt wurde (Rv), und dem Anteil, der aus dem nicht biologischen Prüfsystem gestrippt wurde (Rvp), ergibt den Gesamteffekt der biologischen Behandlung auf die Emission der Prüfsubstanz in die Atmosphäre.

Beispiel:

Benzol

Schlammverweilzeit = 4 Tage

Synthetisches Abwasser; Verweilzeit = 8 Stunden

SIP

=

SI = 150 mg/l

SVP

=

150 mg/l (SEP = 0)

SV

=

22,5 mg/l

SE

=

50 μg/l

Daher:

RVP

=

100 %, RV = 15 %

RT

=

100 % und RBA = 85 %.

Es wurde davon ausgegangen, dass sich Benzol nicht an den Schlamm anlagert.

LITERATUR

1.

Horn JA, Moyer JE, Hale JH (1970). Biological degradation of tertiary butyl alcohol. Proc. 25th Ind. Wastes Conference Purdue Univ.: 939-854.

2.

Pitter P, Chudoba J (1990). Biodegradability of organic substances in the aquatic environment. CRC Press. Boston, USA.

3.

Stover EL, Kincannon DF (1983). Biological treatability of specific organic compounds found in chemical industry waste waters. J. Wat. Pollut. Control Fed. 55: 97.

4.

ISO 10634 (1995) Wasserbeschaffenheit — Anleitung für die Vorbereitung und Behandlung von in Wasser schwer löslichen organischen Verbindungen für die nachfolgende Bestimmung ihrer biologischen Abbaubarkeit in einem wässrigen Medium.

5.

Kapitel C.4 dieses Anhangs, Bestimmung der ‚leichten‘ biologischen Abbaubarkeit.

Anlage 6

Auswirkungen der Schlammverweilzeit auf die Behandlungsfähigkeit chemischer Substanzen

EINLEITUNG

1.

Die im Haupttext beschriebene Methode dient der Feststellung, ob die getesteten Substanzen (in der Regel Stoffe, die bekanntermaßen inhärent, aber nicht leicht biologisch abbaubar sind) innerhalb der für Kläranlagen geltenden Grenzen biologisch abgebaut werden können. Die Ergebnisse werden als prozentuale Abnahme und prozentualer biologischer Abbau angegeben. Die Betriebsbedingungen der Belebtschlammanlagen und die Wahl des Zulaufs lassen relativ breit gefächerte Prüfsubstanzkonzentrationen im Ablauf zu. Tests werden nur an Schlammfeststoffen in einer einzigen nominalen Konzentration oder bei einer einzigen nominalen Schlammverweilzeit (sludge retention time, SRT) durchgeführt, und die beschriebenen Verfahren für den Überschussschlammabzug können dazu führen, dass der SRT-Wert während des Tests sowohl von einem Tag zum anderen als auch während eines Tages beträchtlich variiert.

2.

Bei dieser Variante (1)(2) wird die Schlammverweilzeit (wie dies auch bei Anlagen größeren Maßstabs der Fall ist) während jedes 24-Stunden-Zeitraums innerhalb sehr viel engerer Grenzen kontrolliert, wodurch sich eine konstantere Konzentration in den Abläufen ergibt. Es wird die Verwendung von Haushaltsabwasser empfohlen, da diese Abwasserart konsistentere und höhere Abnahmeprozentwerte ergibt. Darüber hinaus werden die Effekte verschiedener SRT-Werte untersucht, und in einer weiterreichenden Studie können die Effekte verschiedener Temperaturen auf die Ablaufkonzentration bestimmt werden.

3.

Es besteht bisher kein allgemeines Einvernehmen darüber, welche kinetischen Modelle zugrunde liegen, wenn chemische Stoffe unter Abwasserbehandlungsbedingungen biologisch abgebaut werden. Auf die erhobenen Daten wurde das Monod-Modell (zur Vorhersage der Wachstumsgeschwindigkeit von Bakterien in Abhängigkeit von der Konzentration der Substrate) gewählt (1)(2), da die Methode nur zur Anwendung auf in großen Mengen produzierte chemische Substanzen bestimmt war, die in Abwasser in Konzentrationen von über 1 mg/l vorkommen. Die Gültigkeit des vereinfachten Modells und die aufgestellten Annahmen wurden anhand einer Reihe von Alkoholethoxylaten von unterschiedlicher primärer Bioabbaubarkeit bestimmt (2)(3).

Anmerkung:

Da sich diese Variante eng an den Wortlaut der vorliegenden Prüfmethode (C.10-A) anlehnt, werden im Folgenden nur die Punkte beschrieben, bei denen Abweichungen bestehen.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

4.

Porous-Pot-Belebtschlammanlagen, die zur Erleichterung des (fast) kontinuierlichen Abzugs von Kultursuspension konzipiert wurden und eine sehr präzise Kontrolle der Schlammverweilzeit (SRT, oder θs) gestatten, werden mit verschiedenen Schlammverweilzeiten und — fakultativ — bei verschiedenen Temperaturen als nicht gekoppelte Anlagen betrieben. Die Verweilzeit beträgt in der Regel 2 bis 10 Tage, und die Temperaturen liegen zwischen 5 und 20 °C. (Vorzugsweise häusliches) Abwasser und eine Lösung der Prüfsubstanz werden in Anteilen, die die erforderliche Schlammverweilzeit (3 bis 6 Stunden) und die erforderliche Prüfsubstanzkonzentration im Zulauf gewährleisten, separat in die Anlagen zudosiert. Zu Vergleichszwecken werden zeitgleich Kontrollanlagen ohne Prüfsubstanz betrieben.

5.

Es können andere Apparaturtypen verwendet werden, doch muss in diesem Fall unbedingt sichergestellt werden, dass eine gute Kontrolle der Schlammverweilzeit gewährleistet ist. So muss bei der Verwendung von Anlagen mit Klärkasten möglicherweise in Kauf genommen werden, dass Feststoffe über den Anlagenablauf verloren gehen. Ferner sollten besondere Vorkehrungen getroffen werden, um Fehler aufgrund von Schwankungen der Schlammmenge im Klärkasten zu vermeiden.

6.

Die Anlagen werden unter allen gewählten Testbedingungen betrieben, und sobald Stabilität erreicht wurde, werden über einen Zeitraum von ungefähr drei Wochen die durchschnittlichen Steady-State-Konzentrationen der Prüfsubstanz in den Abläufen und — fakultativ — die DOC-Werte bestimmt. Zusätzlich zur Bestimmung der prozentualen Abnahme der Prüfsubstanz und der fakultativen Bestimmung des DOC-Wertes wird das Verhältnis zwischen Betriebsbedingungen und Prüfsubstanzkonzentration im Ablauf grafisch dargestellt. Auf diese Weise können kinetische Konstanten berechnet und die Bedingungen vorausgesagt werden, unter denen die Prüfsubstanz behandelt werden kann.

ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

7.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 12 und 13.

NEGATIVE/POSITIVE TESTERGEBNISSE (PASS/FAIL)

8.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 14 und 15.

REFERENZSUBSTANZ

9.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 16.

REPRODUZIERBARKEIT VON TESTERGEBNISSEN

10.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 17 und 18.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Apparatur

11.

Als Anlage ist das modifizierte Porous-Pot-System geeignet (siehe Anlage 6.1). Das System besteht aus einem Innengefäß (oder Einsatz) aus porösem Polypropylen mit einer Dicke von 3,2 mm und einer Porengröße von ungefähr 90 μm; das Anschlussstück ist stumpfgeschweißt (dadurch wird die Anlage robuster als das unter Nummer 21 dieses Kapitels C.10 A beschriebene System). Das Innengefäß wird in ein größeres Außengefäß aus undurchlässigem Polyethylen eingesetzt, welches aus zwei Teilen besteht — einer runden Basisplatte mit ausgestanzten Lochöffnungen für zwei Luftleitungen und eine Schlammabzugleitung und einem aufschraubbaren Zylinder mit einem derart angeordneten Ausfluss, dass das Volumen im Topf stets auf 3 Liter gehalten werden kann. Eine der Luftleitungen ist mit einem Lüftungsstein versehen, die andere ist an einem Ende offen und im Topf im rechten Winkel zum Stein angeordnet. Das System erzeugt genügend Turbulenz, um den Inhalt des Topfes vollständig durchzumischen und Konzentrationen an gelöstem Sauerstoff von über 2 mg/l zu gewährleisten.

12.

Die Anlagen in angemessener Zahl entweder im Wasserbad oder in konstant temperierten Räumen unter kontrollierten Temperaturbedingungen zwischen 5 und 20 °C (± 1 °C) betreiben. Um die Prüfsubstanzlösung und den abgesetzten Schlamm in den vorgeschriebenen Raten (0-1,0 ml/Min bzw. 0-25 ml/Min) in die Belüftungsgefäße zu dosieren, sind Pumpen erforderlich; eine dritte Pumpe zieht den Überschussschlamm aus den Belüftungsgefäßen ab. Die erforderliche sehr langsame Fließgeschwindigkeit des Überschussschlamms wird erreicht, indem eine Pumpe auf höhere Geschwindigkeit eingestellt und mithilfe einer Zeitschaltuhr intermittent, d. h. 10 Sekunden pro Minute, betrieben wird, wobei eine Pumpenleistung von 3 ml/Min eine Abzugrate von 0,5 ml/Min ergibt.

Filtrationsgerät oder Zentrifuge

13.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 23.

Analysegerät

14.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 24.

Wasser

15.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 25 and 26.

Organisches Medium

16.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 27.

Synthetisches Abwasser

17.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 28.

Haushaltsabwasser

18.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 29.

Belebtschlamm

19.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 30.

Stammlösungen der Prüfsubstanz

20.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 31 und 32.

PRÜFVERFAHREN

Aufbereitung des Inokulums

21.

Es gelten nur die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummer 34. — Es ist Belebtschlamm zu verwenden (ungefähr 2,5 g/l).

Anzahl Prüfanlagen

22.

Für einen einfachen Test, d. h. einen Test zur Messung der prozentualen Abnahme, ist nur eine einzige Schlammverweilzeit (SRT) erforderlich; um jedoch die zur Berechnung vorläufiger kinetischer Konstanten erforderlichen Daten erheben zu können, werden 4 oder 5 SRT-Werte benötigt. In der Regel werden Verweilzeiten zwischen 2 und 10 Tagen gewählt. In der Praxis bietet es sich an, einen Test mit 4 oder 5 Verweilzeiten gleichzeitig bei ein und derselben Temperatur durchzuführen; bei ausgedehnten Studien werden dieselben SRT-Werte (oder u. U. eine unterschiedliche Wertespanne) und andere Temperaturen (5 bis 20 °C) verwendet. Zur Bestimmung der primären Bioabbaubarkeit (Hauptverwendungszweck) wird in der Regel nur eine Anlage je Bedingungsszenario benötigt. Zur Bestimmung der vollständigen Bioabbaubarkeit ist jedoch für jedes Bedingungsszenario eine Kontrollanlage erforderlich, die mit Abwasser, jedoch nicht mit Prüfsubstanz beschickt wird. Kann davon ausgegangen werden, dass im verwendeten Abwasser Prüfsubstanz präsent ist, müssten auch bei der Bestimmung der primären Bioabbaubarkeit Kontrollanlagen verwendet und die Berechnungen entsprechend korrigiert werden.

Zudosierung des organischen Mediums und der Prüfsubstanz

23.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 36 bis 39; es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Prüfsubstanzlösung separat zudosiert wird und dass verschiedene Schlammabzugsraten verwendet werden. Die Fließgeschwindigkeiten der Zuläufe, der Abläufe und des abgezogenen Überschussschlamms häufig, z. B. zweimal täglich, überprüfen und bei Bedarf auf ± 10 % justieren. Treten bei Verwendung von Haushaltsabwasser Probleme mit den Analysemethoden auf, sollte der Test mit synthetischem Abwasser durchgeführt werden, wobei jedoch sicherzustellen ist, dass unterschiedliche Medien vergleichbare kinetische Daten liefern.

Handhabung von Belebtschlammanlagen

24.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 40 bis 43, die Schlammverweilzeit (SRT) sollte jedoch nur durch ‚konstanten‘ Schlammabzug reguliert werden.

Probnahme und Analyse

25.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 44 bis 50, außer dass die Konzentration der Prüfsubstanz bestimmt werden muss und der DOC-Wert bestimmt werden kann; CSB-Werte sollten nicht verwendet werden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

26.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 52 bis 54.

Darstellung der Prüfergebnisse

27.

Es gelten die Bestimmungen von Kapitel C.10 A Nummern 56 bis 62.

Berechnung kinetischer Konstanten

28.

Es ist realistischer, die mittlere Steady-State-Konzentration der Prüfsubstanz im Ablauf anzugeben und zu beschreiben, wie sich diese unter unterschiedlichen Anlagenbetriebsbedingungen verändert, als die prozentuale primäre Biobaubarkeit anzuführen. Dies kann mithilfe von Gleichung (6) in Anlage 6.2 erfolgen, mit der Werte für KS, μm und θSC, die kritische Schlammverweilzeit, berechnet werden können.

(Alternativ können mit einem einfachen Rechnerprogramm Näherungswerte für KS und μm bestimmt werden, um die mithilfe von Gleichung 2 (Anlage 6.2) errechnete theoretische Kurve den erzielten Testwerten anzupassen. Auch wenn keine der Lösungen die einzige richtige sein wird, lässt sich dennoch ein verhältnismäßig akkurater Näherungswert für KS und μm bestimmen.)

Variabilität von Ergebnissen

29.

Es ist durchaus gängig, dass für kinetische Parameter bestimmter chemischer Substanzen unterschiedliche Werte erzielt werden. Es wird davon ausgegangen, dass sowohl die Bedingungen, unter denen sich der Schlamm vermehrt hat, als auch die Testbedingungen (wie unter Nummer 5 und für andere Tests beschrieben) großen Einfluss auf die Prüfergebnisse haben. Ein Aspekt dieser Variabilität wurde von Grady et al (4) erörtert, die vorschlugen, die Begriffe ‚existierend‘ (extant) und ‚intrinsisch‘ (intrinsic) auf die beiden die Grenzen des physiologischen Zustands einer Kultur repräsentierenden Extremzustände anzuwenden, die während eines kinetischen Versuchs erreicht werden können. Darf sich der Zustand während des Tests nicht verändern, so spiegeln die Werte der kinetischen Parameter die Bedingungen des Milieus wider, aus dem die Mikroorganismen entnommen wurden; diese Werte gelten als ‚existierend‘, d. h. gegenwärtig vorhanden. Am anderen Ende, d. h. wenn die Testbedingungen die vollständige Entwicklung des protein-synthetisierenden Systems und somit eine größtmögliche Wachstumsrate gestatten, gelten die erzielten kinetischen Parameter als ‚intrinsisch‘ und werden nur von der Art des Substrats und den Arten von Bakterien in der Kultur beeinflusst. Als Faustregel gilt, dass Existenz-Werte erzielt werden, wenn das Verhältnis von Substratkonzentration zu kompetenten (d. h. auf den Abbau spezialisierten) Mikroorganismen (So/Xo) gering, z. B. auf 0,025, gehalten wird, während intrinsische Werte anfallen, wenn dieses Verhältnis größer ist und ein Wert von mindestens 20 vorliegt. In beiden Fällen sollte So dem relevanten Wert von Ks — der Halbsättigungskonstante — entsprechen oder darüber liegen.

30.

Die Variabilität und andere Aspekte der Bioabbaugeschwindigkeit waren Gegenstand eines kürzlich stattgefundenen SETAC-Workshops (5). Solche (bereits vorliegenden oder geplanten) Studien dürften einen genaueren Einblick in die in Kläranlagen ablaufenden kinetischen Prozesse geben und somit eine bessere Auswertung existierender Daten ermöglichen, aber auch Anregungen für eine zweckdienlichere Auslegung künftiger Prüfmethoden geben.

LITERATUR:

1.

Birch RR (1982). The biodegradability of alcohol ethoxylates. XIII Jornado Com. Espanol Deterg.: 33-48.

2.

Birch RR (1984). Biodegradation of nonionic surfactants. J.A.O.C.S., 61(2): 340-343.

3.

Birch RR (1991). Prediction of the fate of detergent chemicals during sewage treatment. J. Chem. Tech. Biotechnol., 50: 411-422.

4.

Grady CPL, Smets BF and Barbeau DS (1996). Variability in kinetic parameter estimates: A review of possible causes and a proposed terminology. Wat. Res., 30 (3): 742-748.

5.

Biodegradation kinetics: Generation and use of data for regulatory decision making (1997). Workshop at Port Sunlight, UK. Herausgeber: Hales SG, Feitjel T, King H, Fox K, Verstraete W. 4-6. September 1996. SETAC- Europe, Brüssel.

Anlage 6.1

‚Porous Pot‘ mit SRT-Kontrolle

Image

Anlage 6.2

Berechnung von kinetischen Konstanten

1.

In der Annahme, dass das mathematische Modell der Monod-Kinetik gilt, und ausgehend von einer Massenbilanz aus aktiven Feststoffen und Substrat im gesamten Belebtschlammsystem (1) können die folgenden Werte für den Gleichgewichtszustand (steady state) berechnet werden:

Formula

[1]

oder

Formula

[2]

Dabei sind:

S1

=

die Konzentration des Substrats im Ablauf, (mg/l)

KS

=

die Halbsättigungskonstante, d. h. die Konzentration, bei der μ = μm/2 (mg/l)

μ

=

die spezifische Wachstumsrate (d–1)

μm

=

der Höchstwert von μm(d 1)

Kd

=

die spezifische Zerfallsrate aktiver Feststoffe (d–1)

θS

=

die mittlere Schlammverweilzeit, SRT (d)

Die Prüfung dieser Gleichung führt zu folgenden Schlussfolgerungen:

i)

Die Ablaufkonzentration ist unabhängig von der Zulaufkonzentration (S0); folglich verändert sich der Prozentsatz des biologischen Abbaus mit der Zulaufkonzentration S0.

ii)

Der einzige S1 beeinflussende kontrollierbare Parameter der Anlage ist die Schlammverweilzeit θS.

iii)

Jeder Zulaufkonzentration S0 entspricht eine kritische Schlammverweilzeit, so dass:

Formula

[3]

Dabei ist:

θSC= die kritische Schlammverweilzeit, unterhalb der kompetente (d. h. auf den Abbau spezialisierte) Mikroorganismen aus der Anlage ausgewaschen werden.

iv)

Da die anderen Parameter in Gleichung (2) die Wachstumskinetik betreffen, ist davon auszugehen, dass die Temperatur den Substratgehalt des Ablaufs und das kritische Schlammalter beeinflusst, d. h. die für einen bestimmten Behandlungsgrad erforderliche Schlammverweilzeit würde bei abnehmender Temperatur zunehmen.

2.

Ausgehend von einer Massenbilanz von Feststoffen im Porous-Pot-System und in der Annahme, dass die Feststoffkonzentration im Anlagenablauf, X2, im Vergleich zur Feststoffkonzentration im Belüftungsgefäß, X1, gering ist, die Schlammverweilzeit wie folgt berechnen:

Formula

[4]

und

Formula

Dabei sind:

V

=

das Volumen des Belüftungsgefäßes (l)

X1

=

die Feststoffkonzentration im Belüftungsgefäß (mg/l)

X2

=

die Feststoffkonzentration im Ablauf (mg/l)

Q0

=

die Zuflussrate (l/d)

Q1

=

die Schlammabzugsrate (l/d)

Folglich kann die Schlammverweilzeit (jeder vorab eingestellte Wert) durch Kontrolle der Schlammabzugsrate, Q1, kontrolliert werden.

Schlussfolgerungen

3.

Hauptzweck dieses Tests ist es demnach, die Vorhersage der Ablaufkonzentration und somit der Prüfsubstanzmengen in den Vorflutern zu ermöglichen.

4.

Durch Auftragen von S1 gegen θS lässt sich die kritische Schlammverweilzeit, θSC, in manchen Fällen vorhersagen; siehe beispielsweise Kurve 3 in Abbildung 1. Ist dies nicht möglich, kann θSC (zusammen mit Näherungswerten für μm und KS) berechnet werden durch Auftragen von S1 gegen S1•θS.

Die Umstellung von Gleichung (1) ergibt

Formula

[5]

Ist Kd klein, wird 1 + θs Kd ~ 1 und [5] wird zu

Formula

[6]

Die grafischen Punkte sollten demnach eine Gerade (siehe Abbildung 2) mit Steigung 1/μm und Schnittpunkt KSm ergeben; ferner gilt θS ~ 1/μm.

Abbildung 1

Drei Temperaturen; fünf Schlammverweilzeiten (SRT)

Image

Abbildung 2

Regressionsgerade SRT — S1 vs S1 bei Temperatur T = 5 °C

Image

Legende:

Ablaufkonzentration:

Kurve:

Anlage 7

TESTS BEI NIEDRIGEN (μg/l) KONZENTRATIONSBEREICHEN

1.

Zahlreiche chemische Substanzen sind im Wassermilieu, auch in Abwässern, normalerweise in sehr niedrigen Konzentrationen (μg/l) vorhanden. In derart kleinen Mengen sind sie als primäre Vermehrungssubstrate eher nicht geeignet, sondern werden vielmehr als vermehrungsunfähige Sekundärsubstrate zur gleichen Zeit wie diverse natürlich vorkommende kohlenstoffhaltige Substanzen biologisch abgebaut. Das in Anlage 6 beschriebene Modell ist für den Abbau derartiger chemischer Stoffe folglich nicht geeignet. Viele andere Modelle könnten jedoch angewendet werden, und unter den in Abwasserbehandlungssystemen vorherrschenden Bedingungen in vielen Fällen zeitgleich. Zur Klärung dieser Frage ist jedoch noch größerer Forschungsaufwand erforderlich.

2.

Bis dahin kann das im Haupttext beschriebene Verfahren (Kapitel C.10 A) angewendet werden, allerdings nur zur Bestimmung der primären Bioabbaubarkeit mittels angemessen geringer Konzentrationen (< 100 μg/l) und nach einem validierten Analyseverfahren. Die prozentuale biologische Abbaubarkeit kann berechnet werden (siehe Nummer 54 der Prüfmethode), sofern abiotische Prozesse (Adsorption, Flüchtigkeit usw.) berücksichtigt werden. Als Beispiel kann die Studie von Nyholm et al. (1)(2) angeführt werden, bei der die Prüfanlage im 4-Stunden-Takt mit Prüfsubstanz beschickt wurde (Fill-and-Draw-Methode). Für fünf chemische Stoffe, mit denen synthetisches Abwasser im Verhältnis 5 zu 100 μg/l beimpft wurde, wurden Konstanten pseudo-erster Ordnung berichtet. (Für vollständige Bioabbaubarkeit können 14C-markierte Prüfsubstanzen verwendet werden. Da hierfür bislang keine allgemein anerkannten Verfahren vorliegen, geht eine Beschreibung dieser Methode über den Geltungsbereich der vorliegenden Prüfmethode hinaus, wenngleich eine für ISO 14592 (3) vorgeschlagene Methode Leitlinien für die Verwendung 14C-markierter chemischer Stoffe enthält.)

SCAS-Test

3.

Später wurde ein einfacherer Zwei-Phasen-Test vorgeschlagen (4)(5)(6); auf die halbkontinuierliche Belebtschlamm-(SCAS)-Methode folgen kinetische Schnelltests an Proben aus den SCAS-Anlagen. Beim SCAS-System sind (im Gegensatz zur ursprünglichen C.12-Prüfmethode) die Überschussschlamm-Abzugsraten bekannt, und die Anlage wird mit modifiziertem synthetischen Abwasser (OECD) oder Haushaltsabwasser beschickt. Das synthetische Abwasser wurde (wegen veränderlichem pH-Wert und unzulänglicher Schlammsedimentation) durch Zugabe von Phosphatpuffer, Hefeextrakt, Eisen-(III)-Chlorid und Spurenelementsalzen modifiziert, und sein CSB wurde durch Erhöhung der Pepton- und Fleischextraktkonzentration auf etwa 750 mg/l angehoben. Die Anlagen wurden im 24-Stunden-Zyklus betrieben, d. h. Belüftung für 23 Stunden, Überschussschlammabzug, Sedimentation, Entfernung des Überstands (über den Ablauf) mit anschließender Zuführung von synthetischem Abwasser PLUS Prüfsubstanz in Höhe von bis zu 100 μg/l (d. h. in ungefähr derselben Konzentration wie beim Schnelltest). Einmal wöchentlich wurden 10 % des gesamten Schlamms durch frischen Schlamm ersetzt, um eine ausgewogene Mikrobenpopulation zu gewährleisten.

4.

Die anfängliche Konzentration der Prüfsubstanz und die Konzentration am Ende der Belüftungsphase werden gemessen, und der Test wird fortgesetzt, bis eine konstante Abnahme der Prüfsubstanz erreicht ist; dies kann eine Woche bis mehrere Monate dauern.

Schnelltest

5.

Ein Schnelltest (z. B. ein 8-Stunden-Test) wird durchgeführt, um die Konstante der Abbaukinetik (pseudo-)erster Ordnung zu bestimmen, die über die Geschwindigkeit der Zersetzung der Prüfsubstanz in Belebtschlamm aus bekannten, jedoch unterschiedlichen Quellen und Werdegängen Aufschluss gibt. Während eines Akklimatisationsversuchs (Nummern 3, 4) werden insbesondere aus den SCAS-Reaktoren Schlammproben gezogen, und zwar am Ende einer Belüftungsphase, wenn die Konzentration des organischen Substrats gering ist. Zum Vergleich kann Schlamm auch aus einer parallel laufenden SCAS-Anlage entnommen werden, die nicht mit Prüfsubstanz beschickt wurde. Gemische aus Schlamm und Prüfsubstanz, die in zwei oder mehr Konzentrationen zwischen 1 μg/l und 50 μg/l zugeführt wird, werden ohne Zugabe von synthetischem Abwasser oder einem anderen organischen Substrat belüftet. Die Restprüfsubstanz in der Lösung wird während eines Zeitraums von maximal 24 Stunden je nach Abbaubarkeit der chemischen Substanz in regelmäßigen Zeitabständen, z. B. stündlich, bestimmt. Vor den entsprechenden Analysen werden die Proben zentrifugiert.

Berechnungen

6.

Zur Berechnung der prozentualen Abnahme der Prüfsubstanz werden Daten aus den SCAS-Anlagen verwendet (Nummer 54). Außerdem kann mittels folgender Gleichung eine Konstante der Durchschnittsgeschwindigkeit, K1, (normiert für die Konzentration suspendierter Feststoffe) berechnet werden:

Formula

Dabei sind:

t

=

der Belüftungszeitraum (23 Stunden)

Ce

=

die Konzentration am Ende des Belüftungszeitraums (μg/l)

Ci

=

die Konzentration zu Beginn des Belüftungszeitraums (μg/l)

SS

=

die Konzentration von Belebtschlammfeststoffen (g/l)

7.

Beim Schnelltest wird die logarithmische Konzentration der Restprüfsubstanz (in %) gegenüber der Zeit grafisch dargestellt, und die Steigung des ersten Teils (10-50 % Zersetzung) der Kurve entspricht K1, der Konstanten (pseudo-)erster Ordnung. Für die Konzentration der Schlammfeststoffe wird die Konstante durch Division der Steigung durch die Konzentration der Schlammfeststoffe normiert. Das mitgeteilte Ergebnis muss auch Einzelheiten über die anfänglichen Konzentrationen der Prüfsubstanz und suspendierter Feststoffe, über die Schlammverweilzeit, Eintrag und Quelle des Schlamms und über eine (etwaige) Präexposition gegenüber der Prüfsubstanz enthalten.

Variabilität der Ergebnisse

8.

Die Variabilität und andere Aspekte der Bioabbaugeschwindigkeit waren Gegenstand eines kürzlich stattgefundenen SETAC-Workshops (7). Solche (bereits vorliegenden oder geplanten) Studien dürften einen genaueren Einblick in die in Kläranlagen ablaufenden kinetischen Prozesse geben und somit eine bessere Auswertung existierender Daten ermöglichen, aber auch Anregungen für eine zweckdienlichere Auslegung künftiger Prüfmethoden enthalten.

LITERATUR

1.

Nyholm N, Jacobsen BN, Pedersen BM, Poulsen O, Dambourg A and Schultz B (1992). Removal of micropollutants in laboratory activated sludge reactors. Biodegradability. Wat. Res. 26: 339-353.

(2)

Jacobsen BN, Nyholm N, Pedersen BM, Poulsen O, and Ostfeldt P (1993). Removal of organic micropollutants in laboratory activated sludge reactors under various operating conditions: Sorption. Wat. Res. 27: 1505-1510.

(3)

ISO 14592 (ISO/TC 147/SC5/WG4, N264) (1998). Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der aeroben biologischen Abbaubarkeit organischer Verbindungen in geringen Konzentrationen.

(4)

Nyholm N, Ingerslev F, Berg UT, Pedersen JP and Frimer-Larsen H (1996). Estimation of kinetic rate constants for biodegradation of chemicals in activated sludge waste water treatment plants using short-term batch experiments and μg/l range spiked concentrations. Chemosphere 33 (5): 851-864.

(5)

Berg UT and Nyholm N (1996). Biodegradability simulation Studies in semi-continuous activated sludge reactors with low (μg/l range) and standard (ppm range) chemical concentrations. Chemosphere 33 (4): 711-735.

(6)

Danish Environmental Protection Agency. (1996). Activated sludge biodegradability simulation test. Umweltprojekt, Nr. 337. Nyholm, N. Berg, UT. Ingerslev, F. Ministerium für Umwelt und Energie, Kopenhagen.

(7)

Biodegradation kinetics: Generation and use of data for regulatory decision making (1997). Workshop in Port Sunlight, VK. Verlag: Hales, SG. Feitjel, T. King, H. Fox, K. and Verstraete, W. 4.-6. September 1996. SETAC- Europe, Brüssel.

C.10-B:   Biofilme

EINLEITUNG

1.

Simulationstests werden normalerweise an chemischen Substanzen vorgenommen, die sich im Screeningtest als nicht leicht abbaubar erwiesen haben (Kapitel C.4 (A-F) dieses Anhangs (9)), deren potenzielle (oder inhärente) biologische Abbaubarkeit jedoch im Test nachgewiesen wurde. In Ausnahmefällen werden Simulationstests auch an Substanzen vorgenommen, zu denen mehr Informationen benötigt werden (vor allem wenn sie in großen Mengen vorkommen), wobei in der Regel das Belebtschlammverfahren angewandt wird (C.10-A). In bestimmten Fällen sind jedoch spezifische Informationen über das Abbauverhalten einer chemischen Substanz bei biologischer Abwasserbehandlung (durch Biofilmreaktoren wie z. B. Tropfkörper, Tauchkörper, Fließbettreaktoren) erforderlich. Zu diesem Zweck wurden diverse Apparaturen entwickelt.

2.

Gerike et al. (1) verwendeten große pilotmaßstäbliche Tropfkörper als gekoppelte Anlagen. Diese Filter nahmen viel Platz in Anspruch und erforderten verhältnismäßig große Mengen an Abwasser oder synthetischem Abwasser. Truesdale et al. (2) beschrieben kleinere Filter (eines Durchmessers von 6 Fuß × 6 Zoll), denen ein tensidfreies natürliches Abwasser zugeführt wurde; allerdings erforderten auch diese Filter immer noch große Wassermengen. Es dauerte 14 Wochen, bis sich ein ‚reifer‘ Biofilm entwickelte, und bis zur Akklimatisierung waren nach der Beschickung mit dem Prüftensid noch weitere 4-8 Wochen erforderlich.

3.

Baumann et al. (3) entwickelten einen viel kleineren Filter, bei dem Polyester-‚Vlies‘ verwendet wurde, das zuvor als inerte Aufwuchsfläche (Substratum) für den Biofilm in Belebtschlamm getränkt wurde. Die Prüfsubstanz wurde als die einzige C-Quelle verwendet, und die biologische Abbaubarkeit wurde durch Messung des gelösten organischen Kohlenstoffs (dissolved organic carbon, DOC) im Zu- und Ablauf und anhand des CO2-Gehalts des austretenden Gases bestimmt.

4.

Gloyna et al. (4), die Erfinder des Drehrohrreaktors, verfolgten einen ganz anderen Ansatz. Auf der Innenfläche des Drehrohres wurde ein Biofilm gebildet, indem die betreffende Fläche über die Stirnseite des in einem kleinem Winkel zur Horizontalen angeordneten Rohres mit Zulaufwasser überströmt wurde. Der Reaktor wurde zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit von Tensiden (5), aber auch zur Untersuchung der optimalen Dicke der Biofilmschicht und der Diffusion durch den Film (6) verwendet. Gloyna et al. entwickelten den Reaktor weiter, auch durch Modifizierung, um den CO2-Gehalt des austretenden Gases bestimmen zu können.

5.

Der Drehrohrreaktor wurde vom Standing Committee of Analysts (Vereinigtes Königreich) als Standardmethode für die Bestimmung sowohl der biologischen Abbaubarkeit chemischer Substanzen (7) als auch der Reinigungsfähigkeit und Toxizität von Abwässern (8) anerkannt. Die hier beschriebene Methode hat den Vorteil, dass sie einfach, kompakt und reproduzierbar ist und relativ kleine Mengen an organischem Medium benötigt werden.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

6.

Die Innenfläche eines langsam rotierenden geneigten Rohres wird mit synthetischem Abwasser oder Haushaltsabwasser und Prüfsubstanz (dazugemischt oder separat) überströmt. Auf dieser Innenfläche bildet sich eine Schicht von Mikroorganismen, die denen auf Biofiltermedien vergleichbar sind. Die Prozessbedingungen des Reaktors werden so gewählt, dass eine angemessene Eliminierung der organischen Substanzen und, falls nötig, eine Ammonium-Oxidation erfolgt.

7.

Ausfluss aus dem Rohrablauf wird gesammelt und abgesetzt und/oder gefiltert, bevor der DOC- und/oder der Prüfsubstanzgehalt nach einer spezifischen Methode analysiert wird. Zeitgleich werden zu Vergleichszwecken unter denselben Bedingungen Kontrollanlagen ohne Prüfsubstanz betrieben. Dabei wird angenommen, dass die Differenz zwischen den DOC-Konzentrationen im Ablauf der Prüf- und der Kontrollanlage durch die Prüfsubstanz und ihre organischen Stoffwechselprodukte bedingt ist. Zur Berechnung der Elimination der Prüfsubstanz wird diese Differenz mit der Konzentration der zugeführten Prüfsubstanz (als DOC) verglichen.

8.

Der biologische Abbau lässt sich in der Regel durch sorgfältige Prüfung der Eliminations-Zeit-Kurve von der Bioadsorption differenzieren. Dies kann gewöhnlich durch einen Test auf leichte Bioabbaubarkeit (Sauerstoffaufnahme oder Kohlendioxidproduktion) bestätigt werden, bei dem ein akklimatisiertes Inokulum verwendet wird, das am Ende des Tests aus den mit der Prüfsubstanz beschickten Reaktoren entnommen wird.

ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

9.

Reinheit, Wasserlöslichkeit und Flüchtigkeit sowie die Adsorptionsmerkmale der Prüfsubstanz sollten bekannt sein, um eine akkurate Ergebnisauswertung zu ermöglichen.

10.

Normalerweise können flüchtige oder schwer lösliche chemische Substanzen nicht getestet werden, es sei denn, es werden besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen (siehe Kapitel C.10-A, Anlage 5). Die chemische Struktur oder zumindest die empirische Formel sollten ebenfalls bekannt sein, um theoretische Werte berechnen und/oder gemessene Parameterwerte, z. B. für den theoretischen Sauerstoffbedarf (ThOD) oder den DOC, überprüfen zu können.

11.

Angaben zur Toxizität der Prüfsubstanz für Mikroorganismen (siehe Kapitel C.10-A, Anlage 4) können für die Wahl geeigneter Testkonzentrationen zweckdienlich und für die korrekte Auswertung niedriger Bioabbaubarkeitswerte ausschlaggebend sein.

NEGATIVE/POSITIVE TESTERGEBNISSE (PASS/FAIL)

12.

Ursprünglich musste die primäre Bioabbaubarkeit von Tensiden mindestens 80 % betragen, bevor die Substanz in den Verkehr gebracht werden konnte. Wird der Wert von 80 % nicht erreicht, kann der vorliegende Simulations-(Bestätigungs-)Test durchgeführt werden, und das Tensid darf nur in den Verkehr gebracht werden, wenn über 90 % der betreffenden Substanz abgebaut wurden. Im Allgemeinen stellt sich die Pass-/Fail-Frage bei chemischen Substanzen nicht, und der Wert der prozentualen Abnahme kann zur approximativen Berechnung der wahrscheinlichen Umweltkonzentration einer chemischen Substanz verwendet werden, die zur Analyse der von chemischen Substanzen ausgehenden Gefahren erforderlich ist. Einige Untersuchungen reiner Chemikalien haben in mehr als drei Viertel aller Fälle eine prozentuale DOC-Abnahme von > 90 % und bei über 90 % der Substanzen, die sich in nennenswerten Maße als biologisch abbaubar erwiesen haben, von > 80 % ergeben.

REFERENZSUBSTANZEN

13.

Um sicherzustellen, dass das Testverfahren korrekt durchgeführt wird, ist es sinnvoll, gelegentlich Referenzsubstanzen zu testen, deren Verhalten bekannt ist. Zu derartigen Substanzen zählen Adipinsäure, 2-Phenylphenol, 1-Naphthol, Diphensäure und 1-Naphthoesäure.

REPRODUZIERBARKEIT VON TESTERGEBNISSEN

14.

Die relative Standardabweichung lag nach Feststellung eines britischen Labors bei den Tests selbst bei 3,5 % und zwischen Tests bei 5 % (7).

BESCHREIBUNG DES PRÜFVERFAHRENS

Apparatur

Drehrohrreaktoren

15.

Die Apparatur (siehe Anlage 8, Abbildungen 1 und 2) besteht aus einer Reihe von jeweils 30,5 cm langen Acrylrohren mit jeweils 5 cm Innendurchmesser, die innerhalb eines metallenen Stützkastens auf Gummirollen angeordnet sind. Jedes Rohr hat einen ca. 0,5 cm tiefen Flansch, damit es fest auf den Rädern aufsitzt, eine mit grober Stahlwolle aufgeraute Innenfläche und am Stirnende (Zufuhrende) einen 0,5 cm tiefen inneren Randabschluss, um ein Überlaufen der Flüssigkeit zu vermeiden. Die Rohre sind in einem Winkel von ungefähr einem Grad zur Horizontalen angeordnet, um, wenn das Testmedium dem sauberen Rohr zugeführt wird, die erforderliche Kontaktzeit zu gewährleisten. Die Gummirollen werden mithilfe eines Motors mit Geschwindigkeitssteuerung langsam gedreht. Da die Apparatur in einem Raum mit konstanten Temperaturbedingungen aufgestellt wird, ist Temperaturkontrolle gewährleistet.

16.

Indem jeder Rohrreaktor in ein geringfügig größeres, gedeckeltes Rohr gesetzt und sichergestellt wird, dass die Anschlüsse gasdicht sind, könnte austretendes CO2 in einer alkalischen Lösung aufgefangen und anschließend gemessen werden (6).

17.

Für jedes Rohr wird in einem 20 l-Vorratsgefäß (A) (siehe Abbildung 2) ein 24-Stunden-Vorrat an organischem Medium, gegebenenfalls mit Prüfsubstanz versetzt, bereitgehalten. Bei Bedarf kann die Prüfsubstanz separat dosiert zugeführt werden. Am unteren Ende jedes Vorratsgefäßes befindet sich ein Ausguss, der mit einen geeigneten Schlauch, z. B. aus Silikonkautschuk, über eine Peristaltikpumpe (B) an ein Glas- oder Acryl-Überführungsrohr angeschlossen ist, das an der Stirnseite des geneigten Rohrreaktors 2-4 cm tief in das Rohr eingeführt wird (C). Der Abfluss wird am unteren Ende des Rohres in einem Sammelgefäß aufgefangen (D). Er wird vor der Analyse abgesetzt oder gefiltert.

Filtrationsgerät — Zentrifuge

18.

Gerät zur Filtration von Proben mit Membranfiltern einer geeigneten Porenweite (Nennöffnungsdurchmesser 0,45 μm), die lösliche organische Substanzen adsorbieren bzw. ein Minimum an organischem Kohlenstoff freisetzen. Bei Verwendung von Kohlenstoff freisetzenden Filtern sind diese sorgfältig mit heißem Wasser zu waschen, um austretenden organischen Kohlenstoff zu entfernen. Alternativ kann eine Zentrifuge einer Kapazität von 40 000 m/s2 verwendet werden.

19.

Analysegerät zur Bestimmung folgender Größen:

DOC/TOC (gesamter organischer Kohlenstoff) oder CSB (chemischer Sauerstoffbedarf);

bestimmte chemische Substanz (mittels HPLC, GC usw.), soweit erforderlich;

pH-Wert, Temperatur, Azidität und Alkalinität;

Ammonium, Nitrit und Nitrat, wenn die Tests unter nitrifizierenden Bedingungen durchgeführt werden.

Wasser

20.

Leitungswasser (Trinkwasser) mit einem DOC-Gehalt von weniger als 3 mg/l.

21.

Destilliertes oder deionisiertes Wasser mit einem DOC-Gehalt von weniger als 2 mg/l.

Organisches Medium

22.

Als organisches Medium kommt synthetisches Abwasser, Haushaltsabwasser oder eine Mischung aus beiden Abwasserarten in Frage. Es hat sich gezeigt, dass die alleinige Verwendung von Haushaltsabwasser (in Belebtschlammanlagen) oft zu einer höheren prozentualen DOC-Abnahme führt und selbst den biologischen Abbau bestimmter chemischer Substanzen fördert, die bei Verwendung von synthetischem Abwasser (OECD) nicht abgebaut werden. Die Verwendung von Haushaltsabwasser wird demnach empfohlen. Bei jeder neuen Charge von organischem Medium wird die DOC- (oder die CSB-)Konzentration gemessen. Die Azidität oder Alkalinität des organischen Mediums sollte bekannt sein. Das Medium kann die Zugabe einer geeigneten Pufferlösung (Natriumhydrogencarbonat oder Kalium(di)hydrogen-phosphat) erfordern, wenn die Azidität oder Alkalinität gering ist, um während des Tests einen pH-Wert von etwa 7,5 ± 0,5 im Reaktor zu gewährleisten. Wie viel Pufferlösung zuzugeben ist und wann, muss auf Fallbasis entschieden werden.

Synthetisches Abwasser

23.

In jedem Liter Leitungswasser wird Folgendes aufgelöst: 160 mg Pepton; 110 mg Fleischextrakt; 30 mg Harnstoff; 28 mg wasserfreies Dikaliumhydrogenphosphat (K2HPO4); 7 mg Natriumchlorid (NaCl); 4 mg Calciumchlorid-Dihydrat (CaCl2.2H2O); 2 mg Magnesiumsulfat-Heptahydrat (Mg2SO4.7H20). Dieses synthetische Abwasser (OECD) hat Beispielcharakter und ergibt eine mittlere DOC-Konzentration im Zulauf von etwa 100 mg/l. Alternativ können andere Zusammensetzungen mit ähnlichen DOC-Konzentrationen verwendet werden, die realitätsnäher sind. Dieses synthetische Abwasser kann aus destilliertem Wasser in konzentrierter Form hergestellt und bis zu einer Woche bei ungefähr 1 °C gelagert werden. Bei Bedarf wird es mit Leitungswasser verdünnt. (Dieses Medium ist eher ungeeignet, weil die Stickstoffkonzentration sehr hoch und der Kohlenstoffgehalt relativ niedrig ist; es gibt jedoch keine besseren Empfehlungen, außer dass mehr Phosphat (als Puffer) sowie zusätzliches Pepton hinzugefügt werden könnten).

Haushaltsabwasser

24.

Es sollte frisch abgesetztes Abwasser verwendet werden, das täglich von einem vorwiegend Haushaltsabwässer reinigenden Klärwerk bezogen wird. Es sollte aus der Ablaufrinne des Vorklärbeckens oder aus dem Beschickungswasser der Belebtschlammanlage gezogen werden und weitgehend frei von Grobstoffen sein. Das Abwasser kann nach mehrtägiger Lagerung bei 4 °C verwendet werden, sofern erwiesen ist, dass der gelöste organische Kohlenstoff (DOC) (oder der chemische Sauerstoffbedarf, CSB) während der Lagerung nicht wesentlich (d. h. um weniger als 20 %) abgenommen hat. Um Störungen des Systems zu minimieren, sollte der DOC-(oder der CSB-) Wert jedes neuen Ansatzes vor dessen Verwendung auf einen geeigneten konstanten Wert eingestellt werden, z. B. durch Verdünnung mit Leitungswasser.

Schmiermittel

25.

Zum Schmieren der Peristaltikpumpenrollen kann Glyzerin oder Olivenöl verwendet werden: Beide Schmiermittel sind für Silikonkautschukschläuche geeignet.

Stammlösungen der Prüfsubstanz

26.

Für angemessen lösliche chemische Substanzen werden in geeigneten Konzentrationen (z. B. 1 bis 5 g/l) in entionisiertem Wasser oder in einer mineralischen Kulturlösung aus synthetischem Abwasser Stammlösungen angesetzt. Für nicht lösliche chemische Substanzen siehe Kapitel C.10-A, Anlage 5. Diese Methode ist für flüchtige Substanzen ohne Modifizierung der Drehrohrreaktoren (Nummer 16) nicht geeignet. Der DOC- und der TOC-Gehalt der Stammlösung werden bestimmt und die Messungen für jede neue Charge wiederholt. Bei einer Differenz zwischen DOC und TOC von mehr als 20 % wird die Wasserlöslichkeit der Prüfsubstanz überprüft. Der DOC oder die durch spezifische Analyse der Stammlösung gemessene Konzentration der Prüfsubstanz wird mit dem Nennwert verglichen, um festzustellen, ob die Wiederfindungsrate ausreicht (in der Regel kann mit > 90 % gerechnet werden). Vor allem bei Dispersionen ist festzustellen, ob der DOC-Wert als Analyseparameter verwendet werden kann oder nicht oder ob nur ein prüfsubstanzspezifisches Analyseverfahren angewendet werden kann. Bei Dispersionen müssen die Proben zentrifugiert werden. Bei jeder neuen Charge werden der DOC-Wert, der CSB-Wert bzw. die Prüfsubstanz durch spezifische Analyse gemessen.

27.

Der pH-Wert der Stammlösung wird bestimmt. Extremwerte zeigen an, dass die Zugabe der chemischen Substanz den pH-Wert des Belebtschlamms im Prüfsystem beeinflussen kann. In diesem Fall wird die Stammlösung mit kleinen Mengen anorganischer Säure oder Base Trägerstoff neutralisiert, um einen pH-Wert von 7 ± 0,5 zu erhalten, wobei eine Ausfällung der Prüfsubstanz zu vermeiden ist.

PRÜFVERFAHREN

Vorbereitung des organischen Mediums für die Zudosierung

28.

Alle Zulauf- und Ablaufgefäße und die Schlauchleitungen aus den Zulauf- und zu den Ablaufgefäßen sind vor und während des Tests gründlich zu säubern, um Mikrobenbewuchs zu entfernen.

29.

Aus den Feststoffen oder aus der konzentrierten Stammlösung wird durch Verdünnen mit einer angemessenen Menge Leitungswasser täglich frisches synthetisches Abwasser (Nummer 23) vorbereitet. Die erforderliche Menge wird in einem Zylinder dosiert und in ein sauberes Vorratsgefäß gegeben. Bei Bedarf wird dem synthetischen Abwasser vor der Verdünnung auch die Stammlösung der Prüfsubstanz oder der Referenzsubstanz in vorgegebener Menge zugesetzt. Wenn dies praktischer oder zur Vermeidung von Prüfsubstanzverlusten notwendig ist, wird in einem separaten Gefäß eine verdünnte Lösung der Prüfsubstanz gesondert vorbereitet und dem geneigten Rohrreaktor über eine andere Dosierpumpe zugeführt.

30.

Alternativ (und vorzugsweise) wird abgesetztes Haushaltsabwasser (Nummer 24) verwendet, das möglichst täglich frisch bezogen wird.

Betrieb der Drehrohrreaktoren

31.

Zur Bewertung einer einzelnen Prüfsubstanz sind zwei identische Rohrreaktoren erforderlich, die in einem Raum mit konstanten Temperaturbedingungen von 22 ± 2 °C montiert werden.

32.

Die Peristaltikpumpen werden so eingestellt, dass stündlich 250 ± 25 ml organisches Medium (ohne Prüfsubstanz) in die geneigten Rohre dosiert werden, die bei 18 ± 2 rpm rotieren. Die Pumpenrohre werden vor Beginn und regelmäßig während des Tests geschmiert (Nummer 25), um einen reibungslosen Prozessablauf und eine möglichst lange Lebensdauer der Rohrinstallation zu gewährleisten.

33.

Der Neigungswinkel der Rohre zur Horizontalen wird so eingestellt, dass eine Verweilzeit des Zuflusses im sauberen Rohr von 125 ± 12,5 Sekunden gewährleistet ist. Die Verweilzeit wird durch Versetzung des Zuflusses mit einem nichtbiologischen Markierungsstoff (z. B. NaCl, inerter Farbstoff) geschätzt: Dabei gilt die Zeit, bis die Höchstkonzentration im Abfluss erreicht ist, als mittlere Verweilzeit (ist Biofilm in maximaler Menge vorhanden, kann sich die Verweilzeit auf bis zu 30 Minuten erhöhen).

34.

Diese Raten, Geschwindigkeiten und Zeiten haben sich für angemessene DOC- (bzw. CBS-)Abnahmeraten (> 80 %) und die Nitrifikation von Abflüssen bewährt. Die Fließgeschwindigkeit sollte geändert werden, wenn die Abnahme unzulänglich ist oder die Leistung einer bestimmten Kläranlage simuliert werden soll. In letzterem Fall sollte die Zudosierung des organischen Mediums so lange justiert werden, bis die Leistung des Reaktors der Kläranlagenleistung entspricht.

Animpfung

35.

Bei Verwendung von synthetischem Abwasser reicht zur Anregung des Wachstums der Mikroorganismen möglicherweise eine aerogene Inokulation aus; andernfalls wird dem Zufluss drei Tage lang 1 ml/l abgesetztes Abwasser zugegeben.

Messungen

36.

In regelmäßigen Abständen wird kontrolliert, ob die Dosiermengen und die Rotationsgeschwindigkeiten innerhalb der vorgegebenen Grenzen liegen. Darüber hinaus wird der pH-Wert des Abflusses gemessen, vor allem, wenn mit Nitrifikation gerechnet werden muss.

Probenahme und Analyse

37.

Methode, Schema und Häufigkeit der Probenahmen richten sich nach der Zweckbestimmung des Tests. Es werden beispielsweise Momentproben (snap/grab samples) des Zu- und Ablaufs gezogen, oder die Proben werden über einen längeren, z. B. drei- bis sechsstündigen, Zeitraum entnommen. In der ersten Phase (in der noch keine Prüfsubstanz zugegeben wurde) werden zweimal wöchentlich Proben gezogen. Diese werden entweder durch eine Membran gefiltert oder bei etwa 40 000 m/sec2 für ungefähr 15 Minuten zentrifugiert (Nummer 18). Möglicherweise müssen die Proben vor der Membranfiltration sedimentiert und/oder grob gefiltert werden. Der DOC-Wert (bzw. der CSB-Wert) wird mindestens doppelt bestimmt, ebenso wie erforderlichenfalls der BSB-, Ammonium- und Nitrit-/Nitratwert.

38.

Alle Analysen sollten nach dem Ziehen und Vorbereiten der Proben so bald wie möglich durchgeführt werden. Müssen Analysen zeitlich verschoben werden, sind die Proben in randvollen, fest verschlossenen Flaschen bei ungefähr 4 °C dunkel zu lagern. Müssen die Proben für länger als 48 Stunden gelagert werden, sollten sie durch Tiefgefrieren, Ansäuern oder Zugabe einer geeigneten toxischen Substanz (z. B. 20 ml/l einer 10 g/l-Lösung Quecksilber(II)-Chlorid) haltbar gemacht werden. Dabei ist sicherzustellen, dass die Konservierungsmethode die Analyseergebnisse nicht beeinträchtigt.

Vorlaufphase (Running-in period)

39.

In dieser Phase, die in der Regel etwa zwei Wochen dauert, sechs Wochen jedoch nicht überschreiten sollte, entwickelt sich auf der Grenzfläche ein Biofilm optimaler Dicke. Der DOC- (bzw. der CSB-)Wert nimmt weiter ab (Nummer 44) und erreicht einen Plateauwert. Ist in beiden Rohren ein vergleichbarer Plateauwert erreicht, wird ein Rohr ausgewählt, das für die restliche Prüfungsdauer, während der die Leistungen beider Rohre konsistent bleiben sollten, als Kontrollanlage fungiert.

Zugabe der Prüfsubstanz

40.

In dieser Phase wird der zweite Reaktor in vorgegebener Konzentration (in der Regel 10-20 mg C/l) mit Prüfsubstanz beschickt. Der Kontrollanlage wird weiterhin nur organisches Medium zugeführt.

Akklimatisierungsphase

41.

Der DOC-Wert (bzw. der CSB-Wert) wird weiterhin zweimal wöchentlich bestimmt; wenn die primäre Bioabbaubarkeit bestimmt werden muss, wird durch spezifische Analyse auch die Prüfsubstanzkonzentration gemessen. Zur Akklimatisierung sollten nach Erstzugabe der Prüfsubstanz eine bis sechs Wochen (unter besonderen Umständen auch länger) eingeplant werden. Sobald die prozentuale Abnahme (Nummern 43-45) ihren Höchststand erreicht hat, werden während der Plateauphase über einen Zeitraum von ungefähr drei Wochen 12-15 gültige Werte ermittelt, um die mittlere Abnahmerate zu bestimmen. Der Test gilt als abgeschlossen, wenn ein ausreichend hoher Eliminationsgrad erreicht ist. Der Test sollte nach Erstzugabe der Prüfsubstanz nicht länger als zwölf Wochen dauern.

Bewuchsablösungen (Sloughing)

42.

In relativ regelmäßigen Zeitabständen lösen sich plötzlich ganze Teile überschüssigen Films von den Rohren ab (Sloughing). Um sicherzustellen, dass die Vergleichbarkeit der Ergebnisse nicht beeinträchtigt wird, sollten die Tests mindestens zwei vollständige Wachstums- und Sloughing-Zyklen erfassen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

43.

Die prozentuale Abnahme (Elimination) der Prüfsubstanz, basierend auf der DOC- bzw. der CSB-Messung, wird in den vorgegebenen Zeitabständen nach folgender Gleichung berechnet:

Formula

Dabei sind:

Dt

=

der Prozentsatz der Abnahme des DOC- bzw. des CSB-Wertes zum Zeitpunkt t

Cs

=

die DOC- bzw. CSB-Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf, vorzugsweise anhand der Stammlösung geschätzt (mg/l)

E

=

der gemessene DOC- oder CSB-Wert im Ablauf der Prüfanlage zum Zeitpunkt t (mg/l)

Eo

=

der gemessene DOC- oder CSB-Wert im Ablauf der Kontrollanlage zum Zeitpunkt t (mg/l)

Die Berechnung sollte für die Referenzsubstanz, sofern getestet, wiederholt werden.

Leistung des Kontrollreaktors

44.

Der Grad der Elimination des organischen Mediums in den Kontrollreaktoren, bezogen auf den DOC- bzw. den CSB-Wert, ist eine nützliche Größe für die Bestimmung der biologischen Abbauaktivität des Biofilms während der Prüfung. Die prozentuale Elimination wird nach folgender Gleichung berechnet:

Formula

Dabei ist:

Cm= DOC- bzw. CSB-Wert des organischen Mediums im Zulauf der Kontrollanlage (mg/l)

45.

Die Abnahme (DST) der Prüfsubstanz wird, soweit nach einer spezifischen Analysemethode gemessen, in den vorgegebenen Zeitabständen nach folgender Gleichung berechnet:

Formula

Dabei sind:

Si

=

die gemessene oder vorzugsweise geschätzte Konzentration der Prüfsubstanz im Zulauf der Prüfanlage (mg/l)

Se

=

die gemessene Konzentration der Prüfsubstanz im Ablauf der Prüfanlage zum Zeitpunkt t (mg/l)

Ergibt die Analysemethode bei unverändertem Abwasser einen positiven Wert (S c mg/l), wird die prozentuale Abnahme (DSC) nach folgender Gleichung berechnet:

Formula

Darstellung der Prüfergebnisse

46.

Die prozentuale Elimination Dt und DST (oder Dsc), soweit dieser Wert vorliegt, wird gegen die Zeit aufgetragen (siehe Kapitel C.10-A, Anlage 2). Die (auf die nächste ganze Zahl gerundete) mittlere Abweichung und die Standardabweichung der in der Plateauphase ermittelten 12-15 Werte für DT (und für DST, falls dieser Wert vorliegt) entsprechen der prozentualen Abnahme der Prüfsubstanz. Vom Verlauf der Eliminationskurve lassen sich bestimmte Schlüsse über die Abnahmeprozesse ziehen.

Adsorption

47.

Manifestiert sich zu Prüfungsbeginn bei der Prüfsubstanz eine starke DOC-Elimination, wird die Prüfsubstanz wahrscheinlich durch Anlagerung (Adsorption) an den Biofilm eliminiert. Dieser Vorgang kann möglicherweise durch Bestimmung der Prüfsubstanz nachgewiesen werden, die an Feststoffen, die sich vom Film abgelöst haben, angelagert ist. Die DOC-Elimination adsorptionsfähiger chemischer Substanzen bleibt erfahrungsgemäß nicht während der gesamten Prüfung hoch; in der Regel ist sie zu Beginn der Prüfung hoch und fällt dann allmählich auf ein stabiles Niveau. Könnte die adsorptionsfähige Prüfsubstanz jedoch auf die eine oder andere Weise eine Akklimatisation der Mikrobenpopulation herbeiführen, würde die DOC-Elimination der Prüfsubstanz in der Folge ansteigen und einen hohen Plateauwert erreichen.

Latenzphase (Lag-Phase)

48.

Wie bei statischen Screeningtests müssen viele Prüfsubstanzen eine Latenzphase durchlaufen, bevor sie vollständig biologisch abgebaut werden. In dieser Lag-Phase akklimatisieren (bzw. adaptieren) sich die betreffenden Bakterien, ohne dass in nennenswertem Maße Prüfsubstanz abgebaut wird; erst nach dieser Phase setzt das Bakterienwachstum ein. Die Phase endet und die Abbauphase gilt als begonnen, wenn etwa 10 % der anfänglichen Prüfsubstanzmenge abgebaut sind (nach der Adsorption, falls es dazu kommt). Die Lag-Phase ist oft sehr variabel und schwer reproduzierbar.

Plateauphase

49.

Die Plateau-Phase einer Eliminationskurve im kontinuierlichen Test ist definiert als die Phase, in der maximale Zersetzung stattfindet. Sie sollte mindestens 3 Wochen dauern, in denen etwa 12-15 gültige Messwerte ermittelt werden.

Mittlerer Eliminationsgrad der Prüfsubstanz

50.

Dieser Mittelwert wird anhand der Eliminationswerte Dt (und Dst, falls dieser Wert vorliegt) der Prüfsubstanz in der Plateauphase berechnet. Auf die nächste ganze Zahl (1 %) gerundet entspricht dieser Wert dem Eliminationsgrad der Prüfsubstanz. Ferner wird empfohlen, das 95 %-Konfidenzniveau für den Mittelwert zu berechnen. Auf dieselbe Weise wird der mittlere Eliminationsgrad (DB) des organischen Mediums im Kontrollgefäß berechnet.

Hinweis auf den biologischen Abbau

51.

Lagert sich die Prüfsubstanz nicht in nennenswertem Umfang an den Biofilm an und hat die Eliminationskurve die typische Form einer Bioabbaukurve mit Latenz-, Abbau- und Plateauphasen (Nummern 48, 49), so kann die gemessene Elimination mit Sicherheit dem biologischen Abbau zugeschrieben werden. War die Abnahme im Anfangsstadium hoch, kann der Simulationstest nicht zwischen biologischen und abiotischen Eliminationsprozessen differenzieren. In derartigen Fällen und in anderen Fällen, in denen Zweifel am biologischen Abbau bestehen (z. B. wenn die Prüfsubstanz ausgegast wird (stripping)), wird die Adsorption der Prüfsubstanz an Biofilmproben untersucht, oder anhand von Parametern, die biologische Prozesse genau angeben, werden zusätzliche statische Bioabbaubarkeitstests (Screeningtests) durchgeführt. Zu derartigen Tests zählen die Sauerstoffaufnahmemethoden (Kapitel C.4 (D, E und F) dieses Anhangs) (9) oder Kohlendioxid-Entwicklungstests (Kapitel C.4-C dieses Anhangs oder die ISO-Headspace-Methode (10), wobei als Inokulum zuvor exponierter Biofilm aus dem entsprechenden Reaktor verwendet wird.

52.

Wurden sowohl die DOC-Abnahme als auch die Prüfsubstanzabnahme gemessen, deuten große Unterschiede (d. h. wenn erstere geringer ist als letztere) zwischen den Abnahmeprozentsätzen auf die Präsenz intermediärer organischer Produkte in den Abläufen hin, die möglicherweise schwerer abzubauen sind und untersucht werden sollten.

Gültigkeit der Prüfergebnisse

53.

Der Test kann als gültig angesehen werden, wenn der Grad der DOC-Elimination (bzw. der CSB-Elimination) in den Kontrollanlagen nach zwei Wochen Betrieb > 80 % beträgt und nichts Ungewöhnliches festgestellt wurde.

54.

Wurde eine leicht biologisch abbaubare (Referenz-)Substanz getestet, sollten der Abbaubarkeitsgrad > 90 % und die Differenz zwischen Duplikatwerten nicht mehr als 5 % betragen. Sind diese beiden Kriterien nicht erfüllt, sollten die Testverfahren überprüft werden, und/oder es sollte Haushaltsabwasser aus einer anderen Quelle bezogen werden.

55.

Gleichermaßen sollten Differenzen zwischen Abbaubarkeitswerten aus eine Prüfsubstanz behandelnden Duplikatanlagen (sofern verwendet) nicht mehr als 5 % betragen. Wenn dieses Kriterium nicht erfüllt ist, die Abnahmewerte jedoch hoch sind, sollten die Analysen für weitere drei Wochen fortgesetzt werden. Sind die Abnahmewerte gering, müssen die Hemmwirkungen der Prüfsubstanz, soweit sie nicht bekannt sind, untersucht werden, und der Test muss mit einer niedrigeren Prüfsubstanzkonzentration wiederholt werden, sofern dies möglich ist.

Prüfbericht

56.

Der Prüfbericht muss Folgendes umfassen:

 

Prüfsubstanz:

Kenndaten;

physikalischer Zustand und, soweit relevant, physikalisch-chemische Eigenschaften.

 

Prüfbedingungen:

etwaige Modifikationen des Prüfsystems, vor allem bei Prüfungen nicht löslicher und flüchtiger chemischer Substanzen;

Art des organischen Mediums;

Anteil (und Art) der Industrieabwässer im kommunalen Abwasser, soweit bekannt;

Animpfungsmethode;

Prüfsubstanz-Stammlösung: DOC- und TOC-Gehalt; bei Suspension: Art der Zubereitung; verwendete Testkonzentration; falls außerhalb der Bandbreite von 10-20 mg/l DOC: Begründung; Zugabemethode; Datum der ersten Zugabe; etwaige Änderungen der Konzentration;

mittlere hydraulische Verweilzeit (ohne Wachstum); Rotationsgeschwindigkeit des Rohres; ungefährer Neigungswinkel (wenn möglich);

Angaben zur Bewuchsablösung (Sloughing); Dauer und Intensität;

Testtemperatur und Temperaturspanne;

angewandte Analysetechniken.

 

Prüfergebnisse:

alle Messdaten (DOC, CSB, spezifische Analysen, pH-Wert, Temperatur, N-Chemikalien, soweit relevant);

alle Berechnungswerte für Dt (oder Dtc), DB, DS in tabellarischer Form und als Eliminationskurven;

Aussagen zu Latenz- und Plateau-Phasen, Prüfungsdauer, Eliminationsgrad der Prüfsubstanz, der Referenzsubstanz (falls getestet) und des organischen Mediums (in der Kontrollanlage) sowie statistische Informationen und Angaben zur Bioabbaubarkeit und zur Gültigkeit des Tests;

Diskussion der Ergebnisse.

LITERATUR:

1.

Gerike P, Fischer W, Holtmann W (1980). Biodegradability determinations in trickling filter units compared with the OECD Confirmatory Test. Wat. Res. 14: 753-758.

2.

Truesdale GA, Jones K, Vandyke KG (1959). Removal of synthetic detergents in sewage treatment processes: Trials of a new biologically attackable material.Wat. Waste Tr. J. 7: 441-444.

3.

Baumann U, Kuhn G and Benz M. (1998). Einfache Versuchsanordnung zur Gewinnung gewässerökologisch relevanter Daten, UWSF — Z. Umweltchem. Ökotox. 10: 214-220.

4.

Gloyna EF, Comstock RF, Renn CE (1952). Rotary tubes as experimental trickling filters. Sewage ind. Waste 24: 1355-1357.

5.

Kumke GW, Renn CE (1966). LAS removal across an institutional trickling filter. JAOCS 43: 92-94.

6.

Tomlinson TG, Snaddon DHM, (1966). Biological oxidation of sewage by films of micro-organisms. Int.J. Air Wat. Pollut. 10: 865-881.

7.

Her Majesty’s Stationery Office (1982). Methods for the examination of waters and associated materials. Assessment of biodegradability, 1981, London.

8.

Her Majesty’s Stationery Office (1984). Methods for the examination of waters and associated materials. Methods for assessing the treatability of chemicals and industrial waste waters and their toxicity to sewage treatment processes, 1982, London.

9.

Kapitel C.4 dieses Anhangs, Bestimmung der ‚leichten‘ biologischen Abbaubarkeit, A-F.

10.

ISO 14593 (1998). Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der vollständigen biologischen Abbaubarkeit organischer Substanzen im wässrigen Medium — Verfahren mittels Bestimmung des anorganischen Kohlenstoffs in geschlossenen Flaschen.

Anlage 8

Abbildung 1

Drehrohre

Image

Legende:

Draufsicht:

Draufsicht A/B:

Antriebsrollen:

Umlenkrollen:

Antriebsmotor:

Umsetzungsgetriebe:

Innenflansch:

Neigungsmechanismus:

Kegelradgetriebe:

Abbildung 2

Fließdiagramm

Image

A: Zulaufgefäß

B: Peristaltikpumpe

C: Drehrohr

D: Ablaufsammelgefäß

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN:

a   Prüfsubstanz: jede nach dieser Prüfmethode getestete Substanz oder Mischung.

b   Chemische Substanzen: ‚Es wird darauf hingewiesen, dass der Begriff ‚chemische Substanz‘ in den UNCED-Übereinkommen und Folgedokumenten im Allgemeinen Substanzen, Produkte, Gemische, Aufbereitungen oder jeden anderen Begriff einschließt, der in bestehenden Systemen möglicherweise zur Beschreibung des Prüfgegenstands verwendet wird.‘

(10)

Folgende Kapitel C.27, C.28, C.29 und C.30 werden angefügt:

„C.27   CHIRONOMIDEN-TOXIZITÄTSTEST IN SEDIMENT-WASSER-SYSTEMEN MIT GESPIKTEM SEDIMENT

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 218 (2004). Sie dient der Bewertung der Wirkung einer Langzeitexposition gegenüber Chemikalien auf die sedimentbewohnenden Larven von Chironomus sp., einem in Frischwasser lebenden Zweiflügler. Die Methode basiert auf bestehenden Protokollen für Toxizitätstests mit Chironomus riparius und Chironomus tentans, die in Europa (1)(2)(3) und Nordamerika (4)(5)(6)(7)(8) entwickelt und Ringtests (1)(6)(9) unterzogen wurden. Auch andere gut dokumentierte Chironomid-Arten wie Chironomus yoshimatsui (10)(11) sind geeignet.

2.

Bei dem für diese Prüfmethode verwendeten Expositionsszenario wird das Sediment mit der Prüfsubstanz gespikt. Die Wahl des Szenarios hängt vom jeweiligen Testziel ab. Durch Dotieren (Spiken) des Sediments soll die Akkumulation von persistenten Chemikalien im Sediment simuliert werden. Dieser Vorgang erfolgt in einem Sediment-Wasser-System.

3.

In der Regel haben die an sedimentbewohnenden Organismen zu testenden Substanzen eine lange Verweildauer in diesem Kompartiment. Sedimentbewohner können über verschiedene Wege exponiert werden. Die relative Bedeutung der einzelnen Expositionspfade und die Geschwindigkeit, mit der diese jeweils zu den gesamten toxischen Wirkungen beitragen, hängen von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der betreffenden Substanz ab. Für stark adsorbierende Substanzen (z. B. log Kow > 5) oder für kovalent an das Sediment gebundene Substanzen kann die Aufnahme von Schadstoffen über die Nahrung einen wichtigen Expositionspfad darstellen. Die Toxizität hoch lipophiler Substanzen sollte nicht unterschätzt werden, weshalb gegebenenfalls vor Applikation der Prüfsubstanz dem Sediment Futter hinzugegeben werden sollte. Um alle potenziellen Expositionspfade zu berücksichtigen, liegt der Schwerpunkt bei dieser Prüfmethode auf der Langzeitexposition. Die Testdauer beträgt 20 bis 28 Tage für C. riparius und C. yoshimatsui und 28 bis 65 Tage für C. tentans. Falls aus einem besonderen Grund, z. B. zur Untersuchung der Wirkungen von instabilen Chemikalien, Kurzzeitdaten benötigt werden, können nach dem 10. Versuchstag zusätzliche Replikate entnommen werden.

4.

Als Endpunkte werden die Gesamtzahl der geschlüpften Imagines und die Emergenzzeit gemessen. Falls zusätzlich Kurzzeitdaten benötigt werden, sollten die Messungen der Überlebensrate und des Wachstums der Larven erst nach dem 10. Tag gegebenenfalls anhand zusätzlicher Replikate vorgenommen werden.

5.

Es wird empfohlen, formuliertes Sediment zu verwenden, da es gegenüber natürlichen Sedimenten mehrere Vorteile hat:

Die Variabilität zwischen den Versuchen ist nicht so groß, da formuliertes Sediment eine reproduzierbare ‚standardisierte Matrix‘ ergibt und es nicht erforderlich ist, Quellen für unkontaminiertes, sauberes Sediment ausfindig zu machen;

es kann jederzeit mit den Versuchen begonnen werden, ohne durch jahreszeitliche Schwankungen gestört zu werden und ohne dass eine Vorbehandlung zur Defaunierung des Sediments erforderlich wäre; die Verwendung von formuliertem Sediment reduziert auch die Kosten, die bei Feldprobenahmen ausreichender Sedimentmengen für Routineprüfungen anfallen;

die Verwendung formulierter Sedimente ermöglicht Toxizitätsvergleiche und die entsprechende Einstufung der Substanzen.

6.

Die verwendeten Begriffe sind in Anlage 1 definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

7.

Chironomidlarven des 1. Larvenstadiums (L1-Larven) werden gegenüber der Prüfsubstanz in verschiedenen Konzentrationen in Sediment-Wasser-Systemen exponiert. Das Sediment wird mit der Prüfsubstanz dotiert (gespikt); anschließend werden L1-Larven in Bechergläser mit stabilisierten Sediment- und Wasserkonzentrationen eingesetzt. Zum Versuchsende werden Emergenz und Entwicklungsrate der Chironomiden bestimmt. Sofern erforderlich, können (gegebenenfalls anhand zusätzlicher Replikate) nach 10 Tagen Messungen der Überlebensrate und des Gewichts der Larven vorgenommen werden. Analysiert werden diese Daten entweder anhand eines Regressionsmodells, um die Konzentration zu ermitteln, die zu einer ×-%igen Verringerung der Emergenz-, Überlebens- oder Wachstumsrate der Larven führt (z. B. EC15, EC50 usw.), oder anhand statistischer Hypothesentests zur Bestimmung von NOEC/LOEC-Werten. Hierzu sind die Wirkungswerte anhand statistischer Tests mit Kontrollwerten zu vergleichen.

ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

8.

Wasserlöslichkeit und Dampfdruck der Prüfsubstanz, ihre gemessene oder berechnete Verteilung im Sediment sowie ihre Stabilität im Wasser und im Sediment sollten bekannt sein. Ein zuverlässiges Analyseverfahren für die Quantifizierung der Prüfsubstanz im Überstandswasser, Porenwasser und Sediment mit bekannter und dokumentierter Genauigkeit und Nachweisgrenze sollte vorhanden sein. Weitere nützliche Informationen sind die Strukturformel und der Reinheitsgrad der Prüfsubstanz sowie das chemische Schicksal der Prüfsubstanz (z. B. Verlustrate, abiotischer und biotischer Abbau usw.). Weitere Hinweise zu Prüfsubstanzen mit physikalisch-chemischen Merkmalen, welche die Durchführung des Tests erschweren, sind Quelle (12) zu entnehmen.

REFERENZSUBSTANZEN

9.

Referenzsubstanzen können regelmäßig getestet werden, um auf diese Weise die Zuverlässigkeit des Prüfprotokolls und der Prüfbedingungen zu gewährleisten. Beispiele von Referenzgiftstoffen, die erfolgreich in Ringtests und Validierungsstudien verwendet werden: Lindan, Trifluralin, Pentachlorphenol, Cadmiumchlorid und Kaliumchlorid (1)(2)(5)(6)(13).

GÜLTIGKEIT DER ERGEBNISSE

10.

Der Test ist gültig, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

Die Emergenz in den Kontrollen muss am Ende des Tests mindestens 70 % betragen. (1)(6);

erste Imagines von C. riparius und C. yoshimatsui sollten zwischen dem 12. und dem 23. Tag nach dem Einsetzen der Tiere in die Prüfgefäße schlüpfen; für C. tentans sind 20 bis 65 Tage erforderlich;

zum Versuchsende sind der pH-Wert und die Konzentration an gelöstem Sauerstoff zu messen. Der Sauerstoffgehalt sollte mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes betragen und der pH-Wert des Überstandswassers sollte in allen Prüfgefäßen zwischen 6 und 9 liegen;

die Wassertemperatur sollte nicht mehr als ±1,0 °C schwanken; sie kann mit Hilfe einer Klimakammer kontrolliert werden, wobei in diesem Fall die Raumtemperatur in angemessenen Zeitabständen zu bestimmen ist.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Prüfgefäße

11.

Der Versuch wird in 600-ml-Glasbechergläsern mit einem Durchmesser von 8 cm durchgeführt. Andere Gefäße sind ebenfalls geeignet, sofern sie eine entsprechende Höhe von Überstandswasser und Sediment fassen. Die Sedimentoberfläche sollte 2 bis 3 cm2 pro Larve bieten. Das Verhältnis zwischen Sedimentschicht und Überstandswasser sollte 1:4 betragen. Die Prüfgefäße und sonstigen Geräte, die mit dem Prüfsystem in Kontakt kommen, müssen vollständig aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Material (z. B. Teflon) bestehen.

Wahl der Testspezies

12.

Als Testspezies sollte bevorzugt Chironomus riparius eingesetzt werden. Chironomus tentans ist ebenfalls geeignet, lässt sich aber schwieriger handhaben und erfordert eine längere Prüfdauer. Auch Chironomus yohimatsui kann verwendet werden. Einzelheiten zu den Anzuchtverfahren für Chironomus riparius sind in Anlage 2 enthalten. Informationen zu den Anzuchtbedingungen sind auch für andere Arten (Chironomus tentans (4) und Chironomus yoshimatsui (11)) verfügbar. Die Identität der Spezies ist vor der Prüfung zu bestätigen, allerdings ist dies nicht vor jedem Test erforderlich, wenn die Organismen aus laboreigener Zucht stammen.

Sediment

13.

Vorzugsweise ist formuliertes Sediment (so genanntes rekonstituiertes, künstliches oder synthetisches Sediment) zu verwenden. Wenn jedoch natürliches Sediment verwendet wird, so ist es zu charakterisieren (zumindest pH-Wert und Gehalt an organischem Kohlenstoff; die Bestimmung sonstiger Parameter wie C/N-Verhältnis und Granulometrie wird ebenfalls empfohlen). Auch sollte es frei von Verunreinigungen sowie Konkurrenten und Fressfeinden der Chironomiden sein. Ferner wird empfohlen, natürliches Sediment vor seiner Verwendung in einem Chironomiden-Toxizitätstest für sieben Tage unter denselben Bedingungen, wie sie im anschließenden Test herrschen, zu konditionieren. Für diesen Test wird auf der Grundlage der in der Prüfmethode C.8 (14) verwendeten Kunsterde folgendes formuliertes Sediment empfohlen (1)(15)(16):

a)

4-5 % (bezogen auf die Trockenmasse) Torf: so nahe wie möglich bei pH 5,5 bis 6,0; wichtig: Torf in Pulverform, feingemahlen (Partikelgröße ≤ 1 mm) und nur luftgetrocknet, verwenden;

b)

20 % (bezogen auf die Trockenmasse) Kaolin-Ton (Kaolingehalt vorzugsweise über 30 %);

c)

75-76 % (bezogen auf die Trockenmasse) Quarzsand (hauptsächlich Feinsand, der zu mehr als 50 % eine Korngröße von 50 bis 200 μm aufweist);

d)

der Feuchtegehalt der fertigen Mischung wird durch die Zugabe von entionisiertem Wasser auf einen Wert zwischen 30 % und 50 % eingestellt;

e)

durch die Zugabe von chemisch reinem Calciumcarbonat (CaCO3) wird die fertige Mischung des Sediments auf einen pH-Wert von 7,0 ± 0,5 eingestellt. Der Gehalt der fertigen Mischung an organischem Kohlenstoff sollte 2 % (± 0,5 %) betragen und ist durch Zugabe geeigneter Mengen Torf und Sand (siehe Buchstaben a und c) zu gewährleisten.

14.

Die Herkunft von Torf, Kaolin-Ton und Sand sollte bekannt sein. Es sollte kontrolliert werden, dass die Bestandteile des Sediments nicht chemisch verunreinigt sind (z. B. durch Schwermetalle, chlororganische Verbindungen, phosphororganische Verbindungen usw.). Ein Beispiel für die Herstellung des formulierten Sediments ist in Anlage 3 beschrieben. Die Bestandteile können auch in trockenem Zustand gemischt werden, sofern nachgewiesen ist, dass es nach Zugabe des Überstandswassers nicht zu einer Auftrennung der Sedimentbestandteile kommt (z. B. schwimmende Torfpartikel) und dass der Torf oder das Sediment ausreichend konditioniert ist.

Wasser

15.

Alle Wassersorten, die den chemischen Eigenschaften von zugelassenem Verdünnungswasser gemäß den Anlagen 2 und 4 entsprechen, sind als Testwasser geeignet. Natürliches Wasser (Oberflächen- oder Grundwasser), rekonstituiertes Wasser (siehe Anlage 2) oder entchlortes Leitungswasser sind als Hälterungs- und Verdünnungswasser zulässig, wenn die Chironomiden hierin während der Zucht- und Testphase ohne Stressanzeichen überleben. Zu Testbeginn sollte der pH-Wert des Testwassers zwischen 6 und 9 liegen und die Gesamthärte des Wassers sollte nicht mehr als 400 mg/l (in CaCO3) betragen. Wird jedoch ein Ionenaustausch zwischen den Härteionen und der Prüfsubstanz vermutet, ist Wasser geringerer Härte zu verwenden (und somit in diesem Fall das Elendt-Medium M4 zu vermeiden). Das Wasser muss über die gesamte Testdauer von gleichbleibender Qualität sein. Die Qualitätsparameter des Wassers gemäß Anlage 4 sind mindestens zweimal jährlich bzw. immer dann zu messen, wenn der Verdacht besteht, dass sie sich erheblich verändert haben.

Stammlösungen — Gespikte Sedimente

16.

Die gespikten Sedimente der gewünschten Konzentration werden in der Regel zubereitet, indem eine Lösung der Prüfsubstanz direkt in das Sediment gegeben wird. Eine Stammlösung der in entionisiertem Wasser gelösten Prüfsubstanz wird mit Hilfe eines Walzwerks oder Futtermischers oder per Hand mit dem formulierten Sediment gemischt. Wenn die Prüfsubstanz im Wasser schwer löslich ist, kann sie in dem kleinstmöglichen Volumen eines geeigneten organischen Lösungsmittels (z. B. Hexan, Aceton oder Chloroform) gelöst werden. Diese Lösung wird anschließend mit 10 g feinem Quarzsand je Prüfgefäß gemischt. Nach vollständigem Abdampfen des Lösungsmittels aus dem Sand wird dieser mit einer geeigneten Menge Sediment pro Prüfgefäß gemischt. Um die Prüfsubstanz zu lösen, zu dispergieren oder zu emulgieren, dürfen nur sich leicht verflüchtigende Lösungsmittel verwendet werden. Bei der Zubereitung des Sediments ist die in der Mischung von Prüfsubstanz und Sand enthaltene Sandmenge zu berücksichtigen (d. h. das Sediment sollte mit weniger Sand zubereitet werden). Es ist darauf zu achten, dass die Prüfsubstanz mit dem Sediment gut durchmischt wird, damit sie in dem Sediment homogen verteilt ist. Gegebenenfalls können Teilproben analysiert werden, um den Homogenitätsgrad zu bestimmen.

VERSUCHSAUFBAU

17.

Unter ‚Versuchsaufbau‘ sind die gewählte Anzahl und der Abstand der Testkonzentrationen, die Anzahl der Prüfgefäße je Konzentration und die Anzahl der Larven je Gefäß zu verstehen. Beschrieben werden die Verfahren für die Bestimmung der EC-Werte und der NOEC-Werte und für die Durchführung eines Limit-Tests.

Versuchsaufbau für die Regressionsanalyse

18.

Die im Test verwendeten Konzentrationen müssen in jedem Fall die Wirkungskonzentration (z. B. EC15, EC50) und den Konzentrationsbereich, in dem die Wirkung der Prüfsubstanz von Interesse ist, einschließen. Bei der Bestimmung von Wirkungskonzentrationen (ECx) wird in der Regel eine größere Genauigkeit und insbesondere Validität erzielt, wenn die Wirkungskonzentration im Bereich der getesten Konzentrationen liegt. Extrapolierungen weit unter der niedrigsten positiven Konzentration oder über der höchsten Konzentration sind zu vermeiden. Ein Vorversuch kann die Auswahl der zu verwendenden Konzentrationsspanne erleichtern (siehe Nummer 27).

19.

Für die Bestimmung von ECx sollten mindestens fünf Konzentrationen und drei Replikate jeder Konzentration getestet werden. Im Interesse einer angemessenen Modellierung ist es in jedem Fall ratsam, eine hinreichende Anzahl an Konzentrationen zu testen. Die Konzentrationen sollten sich um einen Faktor von nicht mehr als 2 unterscheiden (außer bei einer schwachen Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve). Die Anzahl der Replikate pro Behandlung kann reduziert werden, wenn die Anzahl der Prüfkonzentrationen mit unterschiedlicher Wirkung erhöht wird. Eine höhere Anzahl an Replikaten oder eine Verkürzung der Intervalle zwischen den Prüfkonzentrationen führt tendenziell zu engeren Konfidenzintervallen für den Test. Zur Bestimmung der Überlebensrate und des Wachstums der Larven nach 10 Tagen sind zusätzliche Replikate erforderlich.

Versuchsaufbau für die Bestimmung von NOEC/LOEC-Werten

20.

Zur Bestimmung von LOEC- oder NOEC-Werten sollten fünf Prüfkonzentrationen mit mindestens vier Replikaten pro Konzentration verwendet werden, wobei sich die Konzentrationen um einen Faktor von nicht mehr als 2 unterscheiden sollten. Es sollten so viele Replikate verwendet werden, dass sich im Hinblick auf eine angemessene statistische Aussagekraft bei einem Signifikanzniveau von 5 % (p = 0,05) eine Differenz von 20 % zur Kontrollkonzentration nachweisen lässt. Für die Entwicklungsrate eignen sich in der Regel Varianzanalysen (ANOVA) wie der Dunnett-Test und der Williams-Test (17)(18)(19)(20). Für die Schlupfrate kann der Cochran-Armitage-Test, der Exakte Test nach Fisher (mit Bonferroni-Korrektur) oder der Mantel-Haenszel-Test herangezogen werden.

Limit-Test

21.

Falls der Vorversuch keine Wirkungen zeigt, kann ein Limit-Test (mit je einer Prüfkonzentration und einer Kontrolle) durchgeführt werden. Der Limit-Test wird mit einer Konzentration durchgeführt, die hoch genug ist, dass Entscheidungsträger jegliche möglichen toxischen Wirkungen der Prüfsubstanz ausschließen können; dabei wird das Limit auf einen Konzentrationswert festgesetzt, der unter realen Bedingungen nicht erreicht werden dürfte. Empfohlen wird eine Konzentration von 1 000 mg/kg (Trockengewicht). In der Regel sind jeweils mindestens sechs Replikate pro Behandlung und pro Kontrolle erforderlich. Es ist nachzuweisen, dass die statistische Aussagekraft ausreicht, um bei einem Signifikanzniveau von 5 % (p = 0,05) eine Differenz von 20 % zur Kontrollkonzentration festzustellen. Für metrische Merkmale (Entwicklungsrate und Gewicht) ist der t-Test eine geeignete statistische Methode, sofern die Daten die Bedingungen für diesen Test (Normalverteilung, Varianzhomogenität) erfüllen. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so kann ein t-Test für ungleiche Varianzen oder ein nicht-parametrischer Test wie der Wilcoxon-Mann-Whithey-Test verwendet werden. Für die Schlupfrate eignet sich der Exakte Test nach Fisher.

PRÜFVERFAHREN

Expositionsbedingungen

Zubereitung des Sediment-Wasser-Systems mit gespiktem Sediment

22.

Für die Applikation der Prüfsubstanz wird das in der Prüfmethode C.8: Toxizität für Regenwürmer‘ beschriebene Spiking-Verfahren empfohlen (14). Gespiktes Sediment wird in die Prüfgefäße gefüllt und anschließend mit Wasser überschichtet, bis ein Verhältnis von Sediment zu Wasser von 1:4 erreicht ist (siehe Nummern 11 und 15). Die Sedimentschicht sollte 1,5 bis 3 cm dick sein. Um zu verhindern, dass es während der Zugabe von Prüfwasser in die Wassersäule zu einer Auftrennung der Sedimentbestandteile und einer Resuspension der feinen Partikel kommt, kann das Sediment beim Einfüllen des Wassers mit einer Plastikschale abgedeckt werden, die anschließend sofort entfernt wird. Andere Hilfsmittel sind ebenfalls geeignet.

23.

Die Prüfgefäße sollten abgedeckt werden (z. B. mit Glasplatten). Etwaige Verdunstungsverluste im Laufe des Versuchs sind auszugleichen, und zwar mit destilliertem oder entionisiertem Wasser, um Salzfreiheit zu gewährleisten.

Stabilisierung

24.

Nach Fertigstellung des gespikten Sediments mit dem überschichteten Wasser ist abzuwarten, bis sich die Prüfsubstanz zwischen Wasserphase und Sediment verteilt hat (3)(4)(6)(13). Dies sollte bevorzugt unter denselben Temperatur- und Belüftungsbedingungen wie im Versuch erfolgen. Die erforderliche Zeit für die Einstellung des Gleichgewichts hängt vom Sediment und der Chemikalie ab. In einigen Fällen reichen ein paar Stunden oder Tage, in selten Fällen können sogar mehrere Wochen (4 bis 5 Wochen) erforderlich sein. Es sollte nicht abgewartet werden, bis die Gleichgewichtseinstellung abgeschlossen ist, da es in dieser Zeit bei vielen Chemikalien zu Abbauprozessen kommen kann, aber eine Wartezeit von 48 Std. wird empfohlen. Am Ende dieser Gleichgewichtseinstellungszeit wird die Konzentration der Prüfsubstanz im Überstandswasser, Porenwasser und Sediment gemessen, zumindest die Höchstkonzentration und eine niedrigere Konzentration (siehe Nummer 38). Diese analytischen Bestimmungen der Prüfsubstanz ermöglichen es, die Massenbilanz zu berechnen und die Ergebnisse auf der Grundlage der gemessenen Konzentrationen darzustellen.

Einsetzen der Testorganismen

25.

Vier bis fünf Tage vor dem Einsetzen der Testorganismen in die Prüfgefäße werden Eigelege aus der Zucht entnommen und in kleinen Gefäßen in das Kulturmedium eingesetzt. Es kann ‚altes‘ Medium aus den Stammkulturen oder frisch zubereitetes Medium verwendet werden. In letzterem Fall wird eine geringe Futtermenge, z. B. Grünalgen und/oder einige Tropfen des Filtrats einer Suspension aus fein zerkleinerten Fischfutterflocken, zum Kulturmedium hinzugegeben (siehe Anlage 2). Es sollten nur frische Eigelege verwendet werden. Normalerweise beginnen die Larven einige Tage nach dem Einsetzen der Eier zu schlüpfen (Chironomus riparius: 2 bis 3 Tage bei 20 °C, Chironomus tentans und Chironomus yoshimatsui: 1 bis 4 Tage bei 23 °C bzw. 25 °C) und durchlaufen während ihres Wachstums vier Stadien von jeweils 4 bis 8 Tagen. Für den Versuch sollten Larven des ersten Larvenstadiums (L1) (2 bis 3 Tage oder 1 bis 4 Tage nach dem Schlüpfen) verwendet werden. Das Larvenstadium kann anhand der Kopfkapselbreite bestimmt werden (6).

26.

Jeweils 20 L1-Larven werden nach dem Zufallsprinzip mit einer stumpfen Pipette in die einzelnen Prüfgefäße eingesetzt, die das gespikte Sediment und das Wasser enthalten. Während des Einsetzens der Larven in das Prüfgefäß und der folgenden 24 Std. (siehe Nummern 25 und 32) wird die Belüftung gestoppt. Je nach Versuchsaufbau (siehe Nummern 19 und 20) werden pro Konzentration mindestens 60 Larven zur Bestimmung der EC-Punktschätzung und mindestens 80 Larven zur Bestimmung der NOEC-Werte verwendet.

Prüfkonzentrationen

27.

Zur Ermittlung des Konzentrationsbereichs für den endgültigen Test kann ein Vorversuch hilfreich sein. Hierzu wird eine Reihe von weit auseinander liegenden Konzentrationen der Prüfsubstanz verwendet. Um dieselbe Besiedlungsdichte der Oberfläche durch die Chironomiden wie im eigentlichen Versuch zu reproduzieren, werden die Chironomiden jeder Konzentration der Prüfsubstanz über einen Zeitraum ausgesetzt, mit dem sich die geeigneten Prüfkonzentrationen ermitteln lassen; Replikate sind nicht erforderlich.

28.

Die Prüfkonzentrationen für den endgültigen Test werden auf der Grundlage der Ergebnisse des Vorversuchs festgelegt. Es sollten mindestens fünf Konzentrationen (siehe Nummern 18 bis 20) ausgewählt und verwendet werden.

Kontrollgefäße

29.

In den Versuch sind Kontrollgefäße mit unbehandeltem Sediment und einer ausreichenden Anzahl von Replikaten einzubeziehen (siehe Nummern 19 und 20). Wurde die Prüfsubstanz mit Hilfe eines Lösungsmittel appliziert (siehe Nummer 16), so ist ein Kontrollgefäß hinzuzufügen, dessen Sediment das Lösungsmittel enthält.

Prüfsystem

30.

Es werden statische Prüfsysteme verwendet. Semi-statische oder Durchflusssysteme, bei denen das Überstandswasser in bestimmten Intervallen bzw. kontinuierlich ersetzt wird, können in Ausnahmefällen verwendet werden, z. B. wenn die Spezifikationen zur Wasserqualität für den Testorganismus nicht mehr geeignet sind oder sich auf das chemische Gleichgewicht auswirken (z. B. wenn die Konzentration an gelöstem Sauerstoff zu stark abnimmt, die Konzentration der Ausscheidungen zu stark zunimmt oder aus dem Sediment ausgewaschene Mineralien den pH-Wert und/oder die Wasserhärte beeinflussen). Allerdings reichen andere Methoden zur Verbesserung der Qualität des Überstandswassers wie die Belüftung aus und sollten bevorzugt angewendet werden.

Futter

31.

Die Larven sollten täglich, mindestens jedoch dreimal pro Woche gefüttert werden. Für jüngere Larven scheinen in den ersten 10 Tagen 0,25-0,5 mg (0,35-0,5 mg für C. yoshimatui) Fischfutter (in Wasser suspendiertes oder fein zerkleinertes Futter, z. B. TetraMin oder TetraPhyll; Einzelheiten siehe Anlage 2) pro Larve und Tag angemessen. Ältere Larven benötigen etwas mehr Nahrung: Für den Rest des Versuchs dürften 0,5-1 mg Futter pro Larve und Tag ausreichen. Bei Pilzbesatz oder Absterben von Kontrollorganismen wird die Futterration für alle behandelten Organismen und Kontrollorganismen reduziert. Lässt sich die Pilzentwicklung nicht stoppen, muss der Versuch wiederholt werden. Bei Versuchen mit stark adsorbierenden Substanzen (z. B. log Kow > 5) oder kovalent an das Sediment gebundenen Substanzen kann dem formulierten Sediment die für das Überleben und natürliche Wachstum der Organismen erforderliche Futtermenge vor der Stabilisierungsphase hinzugefügt werden. In diesem Fall wird das Fischfutter durch pflanzliches Material ersetzt, z. B. durch Zugabe von 0,5 % (Trockengewicht) feingeriebene Blätter z. B. von Brennnessel (Urtica dioica), Maulbeere (Morus alba), Weiß-Klee (Trifolium repens) oder Spinat (Spinacia oleracea) oder von sonstigem pflanzlichen Material (Cerophyl oder Alphacellulose).

Inkubationsbedingungen

32.

Das Überstandswasser in den Prüfgefäßen wird vorzugsweise 24 Std. nach dem Einsetzen der Larven über den gesamten Versuchszeitraum moderat belüftet (Es ist darauf zu achten, dass die Konzentration an gelöstem Sauerstoff nicht unter 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes fällt). Für die Belüftung (eine oder mehrere Blasen/sek.) wird eine Glaspasteurpipette 2-3 cm über der Sedimentschicht angebracht. Bei flüchtigen Prüfsubstanzen ist gegebenenfalls von einer Belüftung des Sediment-Wasser-Systems abzusehen.

33.

Der Test wird bei einer konstanten Raumtemperatur von 20 °C (± 2 °C) durchgeführt. Für C. tentans und C. yoshimatui wird eine Temperatur von 23 °C bzw. 25 °C (± 2 °C) empfohlen. Die Photoperiode beträgt 16 Std. und die Beleuchtungsstärke 500 bis 1 000 lux.

Expositionsdauer

34.

Die Exposition beginnt mit dem Einsetzen der Larven in die Gefäße mit dem gespikten Sediment und in die Kontrollgefäße. Die maximale Expositionsdauer beträgt 28 Tage für C. riparius und C. yoshimatsui und 65 Tage für C. tentans. Falls die Mücken früher schlüpfen, kann der Versuch frühestens fünf Tage nach dem Schlüpfen der letzten Kontrollimago beendet werden.

Beobachtungen

Emergenz

35.

Es werden die Entwicklungsdauer und die Anzahl der vollständig geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken bestimmt. Männchen sind leicht an den gefiederten Antennen zu erkennen.

36.

Die Prüfgefäß sollten dreimal wöchentlich visuell auf Verhaltensänderungen (z. B. Verlassen des Sediments, ungewöhnliches Schwimmverhalten) gegenüber den Kontrollgefäßen überprüft werden. Während der Schlupfzeit müssen täglich die geschlüpften Tiere gezählt werden. Geschlecht und Anzahl der vollständig geschlüpften Mücken sind täglich festzuhalten. Danach werden die geschlüpften Mücken aus den Prüfgefäßen entfernt. Vor dem Versuchsende abgelegte Eigelege sind im Protokoll zu vermerken und anschließend zu entfernen, um zu verhindern, dass erneut Larven in das Sediment gelangen. Die Anzahl der sichtbaren Puppen, die nicht geschlüpft sind, wird ebenfalls protokolliert. Anweisungen zur Messung der Emergenz sind Anlage 5 zu entnehmen.

Wachstum und Überleben

37.

Müssen Daten zum Überleben und Wachstum der Larven nach 10 Tagen ermittelt werden, so sollten bereits ab Versuchsbeginn zusätzliche Prüfgefäße hinzugefügt werden, die dann später verwendet werden können. Das Sediment aus diesen zusätzlichen Gefäßen wird durch ein 250-μm-Sieb gesiebt, um die Larven auszusieben. Kriterien zur Bestimmung des Todes sind Bewegungslosigkeit oder mangelnde Reaktion auf mechanische Reize. Nicht wiedergefundene Larven sollten auch zu den Todesfällen gerechnet werden (Larven, die zu Versuchsbeginn gestorben sind, wurden möglicherweise durch Mikroben zersetzt). Nachdem das (aschefreie) Trockengewicht der überlebenden Larven pro Prüfgefäß bestimmt wurde, wird das mittlere Trockengewicht der einzelnen Larven pro Prüfgefäß berechnet. Es ist nützlich festzustellen, zu welchem Larvenstadium die überlebenden Larven gehören, was anhand der Kopfkapselbreite der einzelnen Larven bestimmt werden kann.

Analysemessungen

Konzentration der Prüfsubstanz

38.

Vor Versuchsbeginn (d. h. vor dem Einsetzen der Larven) werden aus mindestens einem Gefäß pro Behandlung Sedimentproben für die analytische Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz im Sediment entnommen. Es wird empfohlen, zu Beginn (siehe Nummer 24) und am Ende des Versuchs Proben des Überstandswassers, des Porenwassers und des Sediments zumindest in der Höchstkonzentration und einer niedrigeren Konzentration zu analysieren. Diese Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz gibt Aufschluss über das Verhalten/die Verteilung der Prüfsubstanz im Wasser-Sediment-System.

39.

Falls Zwischenmessungen (z. B. am 7. Tag) vorgenommen werden und für die Analyse größere Proben erforderlich sind, die nicht aus den Prüfgefäßen entnommen werden können, ohne das Testsystem zu beeinflussen, sollten Analysemessungen an Proben aus zusätzlichen Prüfgefäßen vorgenommen werden, die derselben Behandlung (einschließlich Präsenz von Testorganismen) unterzogen, aber nicht für biologische Beobachtungen verwendet wurden.

40.

Eine 30-minütige Zentrifugation bei z. B. 10 000 g und 4 °C wird empfohlen, um das Interstitialwasser abzutrennen. Bei Prüfsubstanzen, die nachweislich nicht an Filtern anlagern, kann auch filtriert werden. Bei zu kleinen Proben kann es passieren, dass sich die Konzentrationen im Porenwasser nicht analysieren lassen.

Physikalisch-chemische Parameter

41.

pH-Wert und Temperatur der Prüfgefäße sind auf geeignete Weise zu messen (siehe Nummer 10). Zu Beginn und am Ende des Versuchs sind Härte und Ammonium-Gehalt in den Kontrollgefäßen und in einem Prüfgefäß zu bestimmen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

42.

Ziel dieses Versuchs ist, die Wirkung der Prüfsubstanz auf die Entwicklungsrate und die Gesamtanzahl der vollständig geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken bzw. im Falle des 10-Tage-Versuchs die Wirkungen auf Überleben und Gewicht der Larven zu bestimmen. Gibt es keinerlei Hinweise auf eine unterschiedliche Empfindlichkeit der Geschlechter, werden die Ergebnisse für Männchen und Weibchen für die statistischen Analysen gepoolt. Unterschiedliche Empfindlichkeiten der Geschlechter können statistisch z. B. anhand eines Tafeltests mit χ2-r × 2 bewertet werden. Erforderlichenfalls sind nach 10 Tagen Daten zur Überlebensrate der Larven und zum mittleren Trockengewicht der einzelnen Larven pro Prüfgefäß zu ermitteln.

43.

Die nach Trockengewicht ausgedrückten Effektkonzentrationen sind möglichst auf der Grundlage der zu Testbeginn gemessenen Sedimentkonzentrationen (siehe Nummer 38) zu berechnen.

44.

Für eine Punktschätzung von EC50 oder einem anderen ECx können die pro Gefäß erstellten Statistiken als echte Replikate dienen. Bei der Berechnung eines Konfidenzintervalls für einen beliebigen ECx-Wert ist die Variabilität zwischen den Gefäßen zu berücksichtigen oder nachzuweisen, dass diese Variabilität so klein ist, dass sie übergangen werden kann. Wird das Modell nach der Methode der geringsten Abweichungsquadrate angepasst, so sollten die pro Gefäß erstellten Statistiken transformiert werden, um die Varianzhomogenität zu verbessern. Allerdings werden die ECx-Werte berechnet, nachdem die Ergebnisse auf den ursprünglichen Wert rücktransformiert wurden.

45.

Wenn die statistische Analyse darauf abzielt, NOEC/LOEC-Werte anhand von Hypothesentests zu bestimmen, so ist die Variabilität zwischen den Prüfgefäßen zu berücksichtigen, z. B. mit Hilfe einer geschachtelten (nested) Varianzanalyse (ANOVA). Alternativ können in den Fällen, in denen von den herkömmlichen ANOVA-Annahmen abgewichen wird, robustere Tests (21) angewendet werden.

Schlupfrate

46.

Schlupfraten sind quantale Daten und können anhand des Cochran-Armitage-Tests im Step-Down-Verfahren analysiert werden, wenn eine monotone Dosis-Antwort erwartet wird und die Schlupfdaten dieser Erwartung entsprechen. Andernfalls können ein Exakter Test nach Fisher oder ein Mantel-Haenszel-Test mit Bonferroni-Holm-angepassten p-Werten verwendet werden. Ist die Variabilität zwischen den Replikaten mit derselben Konzentration nachweislich größer als eine Binomialverteilung ergeben würde (häufig als ‚extra-binomiale‘ Variation bezeichnet), so sollte ein robusterer Test (Cochran-Armitage-Test oder Exakter Test nach Fisher), wie in (21) vorgeschlagen, angewendet werden.

Die Summe geschlüpfter Mücken (ne) je Prüfgefäß wird bestimmt und durch die Anzahl der eingesetzten Larven (na) dividiert:

Formula

Dabei sind:

ER

=

Schlupfrate

ne

=

Anzahl der geschlüpften Mücken je Prüfgefäß

na

=

Anzahl der eingesetzten Larven je Prüfgefäß

47.

Eine alternative Methode, die sich bei größeren Proben im Falle einer extra-binomialen Varianz eher eignet, besteht darin, die Schlupfrate als kontinuierliche Antwort zu behandeln und Methoden wie den Williams-Test anzuwenden, wenn eine monotone Dosis-Antwort erwartet wird und die Schlupfraten dies bestätigen. Der Dunnett’s-Test eignet sich für den Fall, dass die Monotonie nicht anhält. Als große Probe gilt hier eine Probe, bei der die Anzahl der geschlüpften Mücken und die Anzahl der nicht geschlüpften Mücken jeweils mehr als fünf pro Replikat(gefäß) beträgt.

48.

Für die Anwendung von ANOVA-Methoden sollten die ER-Werte zunächst einer arcsin-Wurzel-Transformation oder Freeman-Tukey-Transformation unterzogen werden, um annähernd normal verteilte Daten und Homogenität der Varianzen zu erreichen. Bei der Verwendung von absoluten Frequenzen können auch der Cochran-Armitage-, der Exakte Test nach Fisher (mit Bonferroni-Korrektur) oder der Mantel-Haenszel-Test angewendet werden. Bei der arcsin-Wurzel-Transformation wird die Umkehrfunktion des Sinus (sin–1) der Wurzel von ER berechnet.

49.

Für Schlupfraten werden die ECx-Werte mittels Regressionsanalyse (oder z. B. mit der Probit- (22), Logit-, Weibull-Methode, geeigneter kommerzieller Software usw.) berechnet. Versagt die Regressionsanalyse (z. B. bei weniger als zwei Teilantworten), so werden andere nicht-parametrische Methoden wie die Berechnung des gleitenden Durchschnitts oder eine einfache Interpolation angewendet.

Entwicklungsrate

50.

Die mittlere Entwicklungszeit repräsentiert die mittlere Zeitspanne zwischen dem Einsetzen der Larven (Tag 0 des Versuchs) und dem Schlupf der in die Prüfgefäße eingesetzten Mückenkohorten. (Für die Berechnung der reellen Entwicklungszeit ist das Alter der Larven beim Einsetzen in die Prüfgefäße zu berücksichtigen). Die Entwicklungsrate ist der Reziprokwert der Entwicklungszeit (Einheit: 1/Tag) und repräsentiert den Teil der Larven, die sich pro Tag entwickeln. Für die Bewertung der Sedimenttoxizität ist die Entwicklungsrate zu bevorzugen, da sie im Vergleich zur Entwicklungszeit eine geringere Varianz aufweist und ihre Werte homogener sind und näher an der Normalverteilung liegen. Aus diesem Grund eignen sich parametrische Verfahren mit großer Teststärke eher für die Entwicklungsrate als für die Entwicklungszeit. Wird die Entwicklungsrate als kontinuierliche Antwort behandelt, so können die ECx-Werte mittels Regressionsanalyse geschätzt werden (z. B. (23), (24)).

51.

Für folgende statistische Tests gilt die Anzahl der am Kontrolltag × beobachteten Mücken als die Anzahl der Mücken, die in der Mitte des Zeitintervalls zwischen dem Tag x und dem Tag x-l geschlüpft sind (l = Länge des Kontrollintervalls, gewöhnlich 1 Tag). Die mittlere Entwicklungsrate je Prüfgefäß berechnet sich folgendermaßen:

Formula

Dabei sind:

Formula

:

mittlere Entwicklungsrate je Prüfgefäß

i

:

Index des Kontrollintervalls

m

:

maximale Anzahl der Kontrollintervalle

Formula

:

Anzahl der Mücken, die im Kontrollintervall i geschlüpft sind

ne

:

Gesamtzahl der geschlüpften Mücken bei Versuchsende (=Formula)

xi

:

Entwicklungsrate der geschlüpften Mücken im Intervall i

Formula

Dabei sind:

Tagi

:

Kontrolltag (Tage seit der Applikation)

li

:

Länge des Kontrollintervalls i (Tage, in der Regel 1 Tag)

Prüfbericht

52.

Der Prüfbericht muss mindestens folgende Angaben enthalten:

 

Prüfsubstanz:

physikalischer Zustand und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (Wasserlöslichkeit, Dampfdruck, Verteilungskoeffizient im Boden (oder — falls verfügbar — im Sediment), Stabilität im Wasser usw.);

chemische Kenndaten (Common name, chemische Bezeichnung, Strukturformel, CAS-Nummer usw.) einschließlich Reinheitsgrad und Analyseverfahren zur Quantifizierung der Prüfsubstanz.

 

Testspezies:

eingesetzte Testtiere: Art, wissenschaftlicher Name, Bezugsquelle der Testorganismen und Zuchtbedingungen;

Informationen über die Handhabung der Eigelege und Larven;

Alter der Tiere beim Einsetzen in die Prüfgefäße.

 

Prüfbedingungen:

verwendetes Sediment, d. h. natürliches oder formuliertes Sediment;

für natürliches Sediment: Ort und Beschreibung der Probenahmestelle(n) für das Sediment, möglichst einschließlich etwaiger früherer Kontaminationen; Merkmale: pH-Wert, Gehalt an organischem Kohlenstoff, C/N-Verhältnis und gegebenenfalls Granulometrie;

Zubereitung des formulierten Sediments: Zutaten und Merkmale (Gehalt an organischem Kohlenstoff, pH-Wert, Feuchte usw. zu Versuchsbeginn);

Zubereitung des Prüfwassers (falls rekonstituiertes Wasser verwendet wird) und Merkmale des Wassers (Sauerstoffgehalt, pH-Wert, Leitfähigkeit, Härte usw. zu Testbeginn);

Tiefe des Sediments und des Überstandswassers;

Volumen des Überstandswassers und des Porenwassers; Gewicht des feuchten Sediments mit und ohne Porenwasser;

Prüfgefäße (Material und Größe);

Verfahren für das Spiken des Sediments: verwendete Prüfkonzentrationen, Anzahl der Replikate und gegebenenfalls Verwendung von Lösungsmitteln;

Phase der Gleichgewichtseinstellung des Sediment-Wasser-Systems: Dauer und Bedingungen;

Inkubationsbedingungen: Temperatur, Lichtzyklus und Beleuchtungsstärke, Belüftung (Häufigkeit und Intensität);

genaue Angaben zur Fütterung, einschließlich Art des Futters, Präparation des Futters, Futtermenge und Fütterungsregime.

 

Ergebnisse:

die nominellen Prüfkonzentrationen, die gemessenen Prüfkonzentrationen und die Ergebnisse sämtlicher Analysen zur Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz im Prüfgefäß;

Qualität des Wassers in den Prüfgefäßen, d. h. pH-Wert, Temperatur, Gehalt an gelöstem Kohlenstoff, Härte und Ammonium;

gegebenenfalls Ausgleich von Verdunstungsverlusten;

Anzahl der geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken pro Gefäß und Tag;

Anzahl der Larven pro Gefäß, die sich nicht zu Mücken entwickelt haben;

mittleres Trockengewicht der einzelnen Larven pro Gefäß und gegebenenfalls pro Larvenstadium;

prozentuale Emergenzrate pro Replikat und Prüfkonzentration (männliche und weibliche Mücken gepoolt);

mittlere Entwicklungsrate der vollentwickelten Mücken pro Replikat und Behandlungsrate (männliche und weibliche Mücken gepoolt);

Schätzung der toxischen Endpunkte, z. B. ECx (und dazugehörige Konfidenzintervalle), NOEC- und/oder LOEC-Werte und die zu ihrer Bestimmung verwendeten statistischen Methoden;

Diskussion der Ergebnisse, einschließlich der Auswirkungen etwaiger Abweichungen von dieser Prüfmethode auf die Prüfergebnisse.

LITERATUR:

1.

BBA (1995): Long-term toxicity test with Chironomus riparius: Development and validation of a new test system. Herausgeber: M. Streloke und H. Köpp. Berlin 1995.

2.

Fleming R. et al. (1994): Sediment Toxicity Tests for Poorly Water-Soluble Substances. Abschlussbericht an die Europäische Kommission. Bericht Nr.: EC 3738. August 1994. WRc, UK.

3.

SETAC (1993): Guidance Document on Sediment toxicity Tests and Bioassays for Freshwater and Marine Environments. Aus dem WOSTA-Workshop in den Niederlanden.

4.

ASTM International/E1706-00 (2002): Test Method for Measuring the Toxicity of Sediment-Associated Contaminants with Freshwater Invertebrates, S. 1125-1241. In: ASTM International 2002 Annual Book of Standards. Volume 11.05. Biological Effects and Environmental Fate;Biotechnology; Pesticides. ASTM. International, West Conshohocken, PA.

5.

Environment Canada (1997): Test for Growth and Survival in Sediment using Larvae of Freshwater Midges (Chironomus tentans or Chironomus riparius). Biological Test Method. Report SPE 1/RM/32. Dezember 1997.

6.

US-EPA (2000): Methods for Measuring the Toxicity and Bioaccumulation of Sediment-associated Contaminants with Freshwater Invertebrates. Zweite Ausgabe. EPA 600/R-99/064. März 2000. Überarbeitung der ersten Ausgabe vom Juni 1994.

7.

US-EPA/OPPTS 850.1735. (1996): Whole Sediment Acute Toxicity Invertebrates.

8.

US-EPA/OPPTS 850.1790. (1996): Chironomid Sediment toxicity Test.

9.

Milani D., Day K.E., McLeay D.J. and Kirby R.S. (1996): Recent intra- and inter-laboratory studies related to the development and standardisation of Environment Canada’s biological test methods for measuring sediment toxicity using freshwater amphipods (Hyalella azteca) and midge larvae (Chironomus riparius). Technischer Bericht. Environment Canada. National Water Research Institute. Burlington, Ontario, Kanada.

10.

Sugaya Y. (1997): Intra-specific variations of the susceptibility of insecticides in Chironomus yoshimatsui. Jp. J. Sanit. Zool. 48 (4): 345-350.

11.

Kawai K. (1986): Fundamental studies on Chironomid allergy. I. Culture methods of some Japanese Chironomids (Chironomidae, Diptera). Jp. J. Sanit. Zool. 37(1): 47-57.

12.

OECD (2000): Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures. OECD Environment, Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment No. 23.

13.

Environment Canada (1995): Guidance Document on Measurement of Toxicity Test Precision Using Control Sediments Spiked with a Reference Toxicant. Report EPS 1/RM/30. September 1995.

14.

Prüfmethode C.8 dieses Anhangs: Toxizität für Regenwürmer.

15.

Suedel B.C. and Rodgers J.H. (1994): Development of formulated reference sediments for freshwater and estuarine sediment testing. Environ. Toxicol. Chem. 13: 1163-1175.

16.

Naylor C. and Rodrigues C. (1995): Development of a test method for Chironomus riparius using a formulated sediment. Chemosphere 31: 3291-3303.

17.

Dunnett C.W. (1964): A multiple comparisons procedure for comparing several treatments with a control. J. Amer. Statis. Assoc., 50: 1096-1121.

18.

Dunnett C.W. (1964): New tables for multiple comparisons with a control. Biometrics, 20: 482-491.

19.

Williams D.A. (1971): A test for differences between treatment means when several dose levels are compared with a zero dose control. Biometrics, 27: 103-117.

20.

Williams D.A. (1972): The comparison of several dose levels with a zero dose control. Biometrics, 28: 510-531.

21.

Rao J.N.K. and Scott A.J. (1992): A simple method for the analysis of clustered binary data. Biometrics 48: 577-585.

22.

Christensen E.R. (1984): Dose-response functions in aquatic toxicity testing and the Weibull model. Water Research 18: 213-221.

23.

Bruce and Versteeg (1992): A statistical procedure for modelling continuous toxicity data. Environmental Toxicology and Chemistry 11: 1485-1494.

24.

Slob W. (2002): Dose-response modelling of continuous endpoints. Toxicol. Sci. 66: 298-312.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Für diese Prüfmethode gelten folgende Definitionen:

 

Formuliertes Sediment oder rekonstitutiertes, künstliches oder synthetisches Sediment: ein Gemisch aus Stoffen, mit denen die Bestandteile eines natürlichen Sediments nachgeahmt werden sollen.

 

Überstandswasser: das auf das Sediment im Prüfgefäß aufgebrachte Wasser.

 

Interstitialwasser oder Porenwasser: das Wasser in den Zwischenräumen zwischen Sediment- und Bodenpartikeln.

 

Gespiktes Sediment: Sediment, dem Prüfsubstanz hinzugefügt wurde.

 

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 2

Empfehlungen für die Anzucht von Chironomus riparius

1.

Für die Anzucht von Chironomus-Larven können Kristallisierschalen oder größere Behälter verwendet werden. Auf dem Boden des Behälters wird eine 5 bis 10 mm dicke Schicht feiner Quarzsand aufgetragen. Kieselguhr (z. B. Merck, Art 8117) hat sich ebenfalls als Substrat bewährt (eine dünnere Schicht von nur ein paar Millimetern ist ausreichend). Anschließend wird mit geeignetem Wasser auf mehrere Zentimeter Höhe aufgefüllt. Soweit erforderlich ist bei Verdunstungsverlusten Wasser nachzufüllen, um ein Austrocknen zu verhindern. Nötigenfalls kann das Wasser ausgetauscht werden. Leicht belüften. Die Larvenzuchtgefäße sind in geeignete Käfige zu setzen, um zu verhindern, dass die schlüpfenden Imagines entweichen. Der Käfig muss groß genug sein (Mindestgröße ca. 30 × 30 × 30 cm), damit die geschlüpften Imagines schwärmen können, da es andernfalls nicht zur Paarung kommt.

2.

Die Käfige sind bei Raumtemperatur oder in einer Klimakammer bei 20 ± 2 °C und einer Licht-/Dunkelphase von 16:8 Std. (Lichtintensität ca. 1 000 lux) zu halten. Eine relative Luftfeuchte von weniger als 60 % soll offensichtlich die Vermehrung verhindern.

Verdünnungswasser

3.

Es kann jedes natürliche oder synthetische Wasser verwendet werden. Im Allgemeinen wird Brunnenwasser, entchlortes Leitungswasser und künstliches Medium (z. B. Elendt-Medium ‚M4‘ oder ‚M7‘, siehe unten) verwendet. Das Wasser muss vor Verwendung belüftet werden. Soweit erforderlich kann das Anzuchtwasser durch vorsichtiges Abgießen oder Absaugen des gebrauchten Wassers aus den Prüfgefäßen erneuert werden; dabei ist darauf zu achten, dass die Wohnröhren der Larven nicht zerstört werden.

Fütterung der Larven

4.

Chironomus-Larven sollten mit ca. 250 mg Fischfutterflocken (TetraMin®, TetraPhyll® oder einer anderen entsprechenden Fischfuttermarke) pro Gefäß und Tag gefüttert werden. Hierzu kann trockengemahlenes Pulver oder eine Suspension in Wasser (1,0 g Futterflocken, mit 20 ml Verdünnungswasser zu einer homogenen Masse gemischt) verwendet werden. Diese Zubereitung kann in Portionen von 5 ml pro Gefäß und pro Tag verfüttert werden (vor Gebrauch schütteln). Ältere Larven können etwas mehr Futter erhalten.

5.

Das Futter ist an die Wasserqualität anzupassen. Bei Trübung des Kulturmediums ist die Futterration zu reduzieren. Die Futterzugaben sind sorgfältig zu notieren. Zu wenig Futter kann dazu führen, dass die Larven in die Wassersäule abwandern, während zu viel Futter die mikrobielle Aktivität verstärkt und die Sauerstoffkonzentrationen verringert. In beiden Fällen kann es zu einer Verlangsamung des Wachstums der Organismen kommen.

6.

Wenn neue Kulturgefäße angesetzt werden, können auch einige Grünalgenzellen (z. B. Scenedesmus subspicatus, Chlorella vulgaris) hinzugefügt werden.

Fütterung der geschlüpften Imagines

7.

Einige Experimentatoren empfehlen, als Futter für die geschlüpften Imagines ein mit gesättigter Zuckerlösung getränktes Wattepad zu verwenden.

Emergenz

8.

Nach ca. 13 bis 15 Tagen bei einer Temperatur von 20 ± 2 °C beginnen die Imagines in den Larvenzuchtgefäßen zu schlüpfen. Männchen sind leicht an den gefiederten Antennen zu erkennen.

Eigelege

9.

Sobald sich Imagines in den Zuchtkäfigen befinden, sind alle Larvenzuchtgefäße dreimal wöchentlich auf gallertartige Eigelege zu kontrollieren. Diese sind vorsichtig zu entfernen und in eine kleine Schale mit einer Probe Anzuchtwasser umzusetzen. Mit den Eigelegen werden neue Kulturen angesetzt (z. B. 2 bis 4 Eigelege pro Gefäß) oder Toxizitätstests durchgeführt.

10.

Nach 2 bis 3 Tagen sollten L1-Larven schlüpfen.

Ansetzen neuer Kulturen

11.

Sobald die Zucht etabliert ist, sollte es möglich sein, je nach Prüfungsanforderungen wöchentlich oder weniger häufig frische Kulturen anzusetzen und die älteren Prüfgefäße nach dem Schlüpfen der Imagines zu entfernen. Auf diese Weise ist es möglich, mit nur geringem Aufwand ständig über Imagines zu verfügen.

Zubereitung der Prüflösungen M4 und M7

12.

Das Medium M4 wurde von Elendt (1990) beschrieben. Das Medium M7 wird wie das Medium M4 zubereitet, mit Ausnahme der in Tabelle 1 angegebenen Substanzen, deren Konzentration bei M7 viermal niedriger ist als bei M4. Eine Veröffentlichung zum Medium M7 wird derzeit ausgearbeitet (Elendt, persönliche Mitteilung). Die Prüflösungen nicht nach den Anweisungen von Elendt und Bias (1990) zubereiten, da die für die Zubereitung der Stammlösungen angegebenen Konzentrationen von NaSiO3 5 H2O, NaNO3, KH2PO4 und K2HPO4 nicht geeignet sind.

Herstellung des M7-Mediums

13.

Zunächst wird jede Stammlösung (I) einzeln zubereitet; diese Stammlösungen werden anschließend zu einer kombinierten Stammlösung (II) zusammengegossen (I) (siehe Tabelle 1). 50 ml der kombinierten Stammlösung (II) und die in Tabelle 2 angegebenen jeweiligen Mengen der Makronährstoffe werden zur Herstellung des M7-Mediums mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt. Durch Zugabe von drei Vitaminen gemäß Tabelle 3 zu entionisiertem Wasser wird eine kombinierte Vitamin-Stammlösung hergestellt, von der 0,1 ml vor der Verwendung dem fertigen M7-Medium zugesetzt werden. (Die Vitaminstammlösung wird in kleinen Portionen tiefgefroren aufbewahrt). Das Medium wird belüftet und stabilisiert.

LITERATUR

BBA (1995): Long-term toxicity test with Chironomus riparius: Development and validation of a new test system. Herausgeber: M. Streloke und H. Köpp. Berlin 1995.

Tabelle 1

Stammlösungen der Spurenelemente für das M4- und das M7-Medium

Stammlösungen (I)

Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wird

Zur Herstellung der kombinierten Stammlösung (II): Folgende Mengen (ml) der Stammlösungen (I) mischen und mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter auffüllen

Endkonzentrationen der Prüflösungen (mg/l)

M4

M7

M4

M7

H3BO3  (15)

57 190

1,0

0,25

2,86

0,715

MnCl2 · 4 H2O (15)

7 210

1,0

0,25

0,361

0,090

LiCl (15)

6 120

1,0

0,25

0,306

0,077

RbCl (15)

1 420

1,0

0,25

0,071

0,018

SrCl2 · 6 H2O (15)

3 040

1,0

0,25

0,152

0,038

NaBr (15)

320

1,0

0,25

0,016

0,004

Na2MoO4 · 2 H2O (15)

1 260

1,0

0,25

0,063

0,016

CuCl2 · 2 H2O (15)

335

1,0

0,25

0,017

0,004

ZnCl2

260

1,0

1,0

0,013

0,013

CaCl2 · 6 H2O

200

1,0

1,0

0,010

0,010

KI

65

1,0

1,0

0,0033

0,0033

Na2SeO3

43,8

1,0

1,0

0,0022

0,0022

NH4VO3

11,5

1,0

1,0

0,00058

0,00058

Na2EDTA · 2 H2O (15)  (16)

5 000

20,0

5,0

2,5

0,625

FeSO4 · 7 H2O (15)  (16)

1 991

20,0

5,0

1,0

0,249


Tabelle 2

Makronährstoff-Stammlösungen für das M4- und das M7-Medium

 

Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wird

Zur Herstellung des M4- und des M7-Mediums zugesetzte Menge an Makronährstoff-Stammlösungen

(ml/l)

Endkonzentrationen der Prüflösungen M4 und M7

(mg/l)

CaCl2 · 2 H2O

293 800

1,0

293,8

MgSO4 · 7 H2O

246 600

0,5

123,3

KCl

58 000

0,1

5,8

NaHCO3

64 800

1,0

64,8

NaSiO3 · 9 H2O

50 000

0,2

10,0

NaNO3

2 740

0,1

0,274

KH2PO4

1 430

0,1

0,143

K2HPO4

1 840

0,1

0,184


Tabelle 3

Vitamin-Stammlösung für das M4- und das M7-Medium. Aus den drei Vitaminlösungen wird eine einzige Vitamin-Stammlösung hergestellt.

 

Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wird

Zur Herstellung des M4- und des M7-Mediums zugesetzte Menge an Vitamin-Stammlösung

(ml/l)

Endkonzentrationen der Prüflösungen M4 und M7

(mg/l)

Thiaminhydrochlorid

750

0,1

0,075

Cyanocobalamin (B12)

10

0,1

0,0010

Biotin

7,5

0,1

0,00075

LITERATUR

Elendt B.P. (1990): Selenium Deficiency in Crustacean. Protoplasma 154: 25-33.

Elendt B.P. & W.-R. Bias (1990): Trace Nutrient Deficiency in Daphnia magna Cultured in Standard Medium for Toxicity Testing. Effects on the Optimization of Culture Conditions on Life History Parameters of D. magna. Water Research 24 (9): 1157-1167.

Anlage 3

ZUBEREITUNG DES FORMULIERTEN SEDIMENTS

Zusammensetzung des Sediments

Das formulierte Sediment sollte die folgende Zusammensetzung haben:

Bestandteil

Charakterisierung

% des Trockengewichts

des Sediments

Torf

Sphagnum-Torf, so nahe wie möglich bei pH 5,5 bis 6,0, ohne sichtbare Pflanzenreste, fein gemahlen (Partikelgröße ≤ 1 mm) und luftgetrocknet

4 - 5

Quarzsand

Korngröße: > 50 % der Partikel sollten Größen zwischen 50 und 200 μm aufweisen

75 - 76

Kaolin-Ton

Kaolinit-Gehalt ≥ 30 %

20

Organischer Kohlenstoff

Eingestellt durch Zugabe von Torf und Sand

2 (± 0,5)

Calciumcarbonat

CaCO3, pulverisiert, chemisch rein

0,05 - 0,1

Wasser

Leitfähigkeit ≤ 10 μS/cm

30 - 50

Zubereitung

Der Torf wird luftgetrocknet und zu feinem Pulver zermahlen. Die erforderliche Menge an Torfpulver wird mit Hilfe eines Hochleistungshomogenisators in entionisiertem Wasser suspendiert und durch Zugabe von CaCO3 auf einen pH-Wert von 5,5 ± 0,5 eingestellt. Diese Suspension wird bei 20 ± 2 °C für mindestens zwei Tage unter sanftem Rühren konditioniert, um den pH-Wert zu stabilisieren und eine Etablierung der mikrobiellen Fauna zu ermöglichen. Der pH-Wert wird erneut bestimmt und sollte bei 6,0 ± 0,5 liegen. Nun werden die übrigen Komponenten (Sand und Kaolin-Ton) sowie entionisiertes Wasser zur Torf-Wasser-Suspension hinzugegeben und zu einem homogenen Sediment vermischt, dessen Wassergehalt 30 bis 50 % des Trockengewichts des Sediments betragen sollte. Der pH-Wert der fertigen Mischung wird erneut gemessen und erforderlichenfalls mit CaCO3 auf 6,5 bis 7,5 eingestellt. Sedimentproben nehmen, um das Trockengewicht und den Gehalt an organischem Kohlenstoff zu bestimmen. Es wird empfohlen, das formulierte Sediment vor dem Einsatz in einem Chironomiden-Toxizitätstest für sieben Tage unter denselben Bedingungen, wie sie im anschließenden Test herrschen, zu konditionieren.

Lagerung

Die trockenen Bestandteile für die Zubereitung des künstlichen Sediments können an einem trockenen und kühlen Ort bei Raumtemperatur gelagert werden. Das formulierte (feuchte) Sediment darf vor seiner Verwendung im Prüfversuch nicht gelagert werden. Es ist unmittelbar nach Ablauf der siebentägigen Konditionierung, mit der die Zubereitung abschließt, zu verwenden.

LITERATUR

Kapitel C.8 dieses Anhangs: Toxizität für Regenwürmer.

Meller M., Egeler P., Rombke J., Schallnass H., Nagel R., Streit B. (1998): Short-term Toxicity of Lindane, Hexachlorobenzene and Copper Sulfate on Tubificid Sludgeworms (Oligochaeta) in Artificial MEDIA. Ecotox. and Environ. Safety 39: 10-20.

Anlage 4

Chemische Eigenschaften eines geeigneten Verdünnungswassers

Substanz

Konzentration

Partikel

< 20 mg/l

Gesamtgehalt an organischen Kohlenstoffen

< 2 mg/l

Nichtionisiertes Ammonium

< 1 μg/l

Härte in CaCO3

< 400 mg/l (17)

Restchlor

< 10 μg/l

Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden

< 50 ng/l

Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden plus polychlorierten Biphenylen

< 50 ng/l

Gesamtgehalt an organischem Chlor

< 25 ng/l

Anlage 5

Empfehlungen für die Beobachtung des Schlüpfens der Chironomidenlarven

Die Bechergläser werden ab dem 20. Tag bis zum Versuchsende mit Emergenzfallen abgedeckt. Nachstehend ist ein Beispiel für eine derartige Falle abgebildet:

Image

A: Nylongaze

B: umgedrehte Plastikschalen

C: Becherglas ohne Ausguss

D: abgedeckte Öffnungen für den Wasseraustausch

E: Wasser

F: Sediment

C. 28   CHIRONOMIDEN-TOXIZITÄTSTEST IN SEDIMENT-WASSER-SYSTEMEN MIT GESPIKTEM WASSER

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 219 (2004). Sie dient der Bewertung der Wirkung einer Langzeitexposition gegenüber Chemikalien auf die sedimentbewohnenden Larven von Chironomus sp., einem in Frischwasser lebenden Zweiflügler. Die Methode basiert hauptsächlich auf der BBA-Richtlinie, bei der die Exposition anhand eines Sediment-Wasser-Testsystems mit Kunsterde und Wassersäule vorgenommen wird (1). Sie berücksichtigt auch die bestehenden Protokolle für Toxizitätstests mit Chironomus riparius und Chironomus tentans, die in Europa und Nordamerika (2)(3)(4)(5)(6)(7)(8) entwickelt und Ringtests (1)(6)(9) unterzogen wurden. Auch andere gut dokumentierte Chironomid-Arten wie Chironomus yoshimatsui (10)(11) sind geeignet.

2.

Bei dem für diese Prüfmethode verwendeten Expositionsszenario wird das Wasser mit der Prüfsubstanz gespikt. Die Wahl des Szenarios hängt vom jeweiligen Testziel ab. Durch Dotieren (Spiken) der Wassersäule sollen Sprühverluste beim Aufbringen von Pestiziden simuliert und die Anfangsspitzen der Konzentrationen im Porenwasser erfasst werden. Die Methode eignet sich auch für andere Expositionsarten (einschließlich Austritt von Chemikalien), ausgenommen für Akkumulationsvorgänge, die länger dauern als der Test.

3.

In der Regel haben die an sedimentbewohnenden Organismen zu testenden Substanzen eine lange Verweildauer in diesem Kompartiment. Sedimentbewohner können über verschiedene Wege exponiert werden. Die relative Bedeutung der einzelnen Expositionspfade und die Geschwindigkeit, mit der diese jeweils zu den gesamten toxischen Wirkungen beitragen, hängen von den physikalisch-chemischen Eigenschaften der betreffenden Substanz ab. Für stark adsorbierende Substanzen (z. B. log Kow > 5) oder für kovalent an das Sediment gebundene Substanzen kann die Aufnahme von Schadstoffen über die Nahrung einen wichtigen Expositionspfad darstellen. Die Toxizität hoch lipophiler Substanzen sollte nicht unterschätzt werden, weshalb gegebenenfalls vor Applikation der Prüfsubstanz dem Sediment Futter hinzugegeben werden sollte. Um alle potenziellen Expositionspfade zu berücksichtigen, liegt der Schwerpunkt bei dieser Prüfmethode auf der Langzeitexposition. Die Testdauer beträgt 20 bis 28 Tage für C. riparius und C. yoshimatsui und 28 bis 65 Tage für C. tentans. Falls aus einem besonderen Grund, z. B. zur Untersuchung der Wirkungen von instabilen Chemikalien, Kurzzeitdaten benötigt werden, können nach dem 10. Versuchstag zusätzliche Replikate entnommen werden.

4.

Als Endpunkte werden die Gesamtzahl der geschlüpften Imagines und die Emergenzzeit gemessen. Falls zusätzlich Kurzzeitdaten benötigt werden, sollten die Messungen der Überlebensrate und des Wachstums der Larven erst nach dem 10. Tag gegebenenfalls anhand zusätzlicher Replikate vorgenommen werden.

5.

Es wird empfohlen, formuliertes Sediment zu verwenden, da es gegenüber natürlichen Sedimenten mehrere Vorteile hat:

Die Variabilität zwischen den Versuchen ist nicht so groß, da formuliertes Sediment eine reproduzierbare ‚standardisierte Matrix‘ ergibt und es nicht erforderlich ist, Quellen für unkontaminiertes, sauberes Sediment ausfindig zu machen;

es kann jederzeit mit den Versuchen begonnen werden, ohne durch jahreszeitliche Schwankungen gestört zu werden und ohne dass eine Vorbehandlung zur Defaunierung des Sediments erforderlich wäre; die Verwendung von formuliertem Sediment reduziert auch die Kosten, die bei Feldprobenahmen ausreichender Sedimentmengen für Routineprüfungen anfallen;

die Verwendung formulierter Sedimente ermöglicht Toxizitätsvergleiche und die entsprechende Einstufung der Substanzen: Versuche mit natürlichen und künstlichen Sedimenten haben vergleichbare Toxizitätsdaten für mehrere Chemikalien ergeben (2).

6.

Die verwendeten Begriffe sind in Anlage 1 definiert.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

7.

Chironomidlarven des 1. Larvenstadiums (L1-Larven) werden gegenüber der Prüfsubstanz in verschiedenen Konzentrationen in Sediment-Wasser-Systemen exponiert. Der Versuch beginnt mit dem Einsetzen von L1-Larven in die Bechergäser mit dem Sediment-Wasser-System und dem Dotieren (Spiken) des Wassers mit der Prüfsubstanz. Zum Versuchsende werden Emergenz und Entwicklungsrate der Chironomiden bestimmt. Sofern erforderlich, können (gegebenenfalls anhand zusätzlicher Replikate) nach 10 Tagen Messungen der Überlebensrate und des Gewichts der Larven vorgenommen werden. Analysiert werden diese Daten entweder anhand eines Regressionsmodells, um die Konzentration zu ermitteln, die zu einer ×-%igen Verringerung der Emergenz-, Überlebens- oder Wachstumsrate der Larven führt (z. B. EC15, EC50 usw.), oder anhand statistischer Hypothesentests zur Bestimmung von NOEC/LOEC-Werten. Hierzu sind die Wirkungswerte anhand statistischer Tests mit Kontrollwerten zu vergleichen.

ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

8.

Wasserlöslichkeit und Dampfdruck der Prüfsubstanz, ihre gemessene oder berechnete Verteilung im Sediment sowie ihre Stabilität im Wasser und im Sediment sollten bekannt sein. Ein zuverlässiges analytisches Verfahren für die Quantifizierung der Prüfsubstanz im Überstandswasser, Porenwasser und Sediment mit bekannter und dokumentierter Genauigkeit und Nachweisgrenze sollte vorhanden sein. Weitere nützliche Informationen sind die Strukturformel und der Reinheitsgrad der Prüfsubstanz sowie das chemische Schicksal der Prüfsubstanz (z. B. Verlustrate, abiotischer und biotischer Abbau usw.). Weitere Hinweise zu Prüfsubstanzen mit physikalisch-chemischen Merkmalen, welche die Durchführung des Tests erschweren, sind Quelle (12) zu entnehmen.

REFERENZSUBSTANZEN

9.

Referenzsubstanzen können regelmäßig getestet werden, um auf diese Weise die Zuverlässigkeit des Prüfprotokolls und der Prüfbedingungen zu gewährleisten. Beispiele von Referenzgiftstoffen, die erfolgreich in Ringtests und Validierungsstudien verwendet werden: Lindan, Trifluralin, Pentachlorphenol, Cadmiumchlorid und Kaliumchlorid (1)(2)(5)(6)(13).

GÜLTIGKEIT DER ERGEBNISSE

10.

Der Test ist gültig, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

Die Emergenz in den Kontrollen muss am Ende des Tests mindestens 70 % betragen. (1)(6);

erste Imagines von C. riparius und C. yoshimatsui sollten zwischen dem 12. und dem 23. Tag nach dem Einsetzen der Tiere in die Prüfgefäße schlüpfen; für C. tentans sind 20 bis 65 Tage erforderlich;

zum Versuchsende sind der pH-Wert und die Konzentration an gelöstem Sauerstoff zu messen. Der Sauerstoffgehalt sollte mindestens 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes betragen und der pH-Wert des Überstandswassers sollte in allen Prüfgefäßen zwischen 6 und 9 liegen;

die Wassertemperatur sollte nicht mehr als ± 1,0 °C schwanken; sie kann mit Hilfe einer Klimakammer kontrolliert werden, wobei in diesem Fall die Raumtemperatur in angemessenen Zeitabständen zu bestimmen ist.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Prüfgefäße

11.

Der Versuch wird in 600-ml-Glasbechergläsern mit einem Durchmesser von 8 cm durchgeführt. Andere Gefäße sind ebenfalls geeignet, sofern sie eine entsprechende Höhe von Überstandswasser und Sediment fassen. Die Sedimentoberfläche sollte 2 bis 3 cm2 pro Larve bieten. Das Verhältnis zwischen Sedimentschicht und Überstandswasser sollte 1:4 betragen. Die Prüfgefäße und sonstigen Geräte, die mit dem Prüfsystem in Kontakt kommen, müssen vollständig aus Glas oder einem anderen chemisch inerten Material (z. B. Teflon) bestehen.

Wahl der Testspezies

12.

Als Testspezies sollte bevorzugt Chironomus riparius eingesetzt werden. Chironomus tentans ist ebenfalls geeignet, lässt sich aber schwieriger handhaben und erfordert eine längere Prüfdauer. Auch Chironomus yohimatsui kann verwendet werden. Einzelheiten zu den Anzuchtverfahren für Chironomus riparius sind in Anlage 2 enthalten. Informationen zu den Anzuchtbedingungen sind auch für andere Arten (Chironomus tentans (4) und Chironomus yoshimatsui (11)) verfügbar. Die Identität der Spezies ist vor der Prüfung zu bestätigen, allerdings ist dies nicht vor jedem Test erforderlich, wenn die Organismen aus laboreigener Zucht stammen.

Sediment

13.

Vorzugsweise ist formuliertes Sediment (so genanntes rekonstituiertes, künstliches oder synthetisches Sediment) zu verwenden. Wenn jedoch natürliches Sediment verwendet wird, so ist es zu charakterisieren (zumindest pH-Wert und Gehalt an organischem Kohlenstoff; die Bestimmung sonstiger Parameter wie C/N-Verhältnis und Granulometrie wird ebenfalls empfohlen). Auch sollte es frei von Verunreinigungen sowie Konkurrenten und Fressfeinden der Chironomiden sein. Ferner wird empfohlen, natürliches Sediment vor seiner Verwendung in einem Chironomiden-Toxizitätstest für sieben Tage unter denselben Bedingungen, wie sie im anschließenden Test herrschen, zu konditionieren. Für diesen Test wird auf der Grundlage der in der Prüfmethode C.8 (14) verwendeten Kunsterde folgendes formuliertes Sediment empfohlen (1)(15)(16):

a)

4-5 % (bezogen auf die Trockenmasse) Torf: so nahe wie möglich bei pH 5,5 bis 6,0; wichtig: Torf in Pulverform, feingemahlen (Partikelgröße ≤ 1 mm) und nur luftgetrocknet, verwenden;

b)

20 % (bezogen auf die Trockenmasse) Kaolin-Ton (Kaolingehalt vorzugsweise über 30 %);

c)

75-76 % (bezogen auf die Trockenmasse) Quarzsand (hauptsächlich Feinsand, der zu mehr als 50 % eine Korngröße von 50 bis 200 μm aufweist;

d)

der Feuchtegehalt der fertigen Mischung wird durch die Zugabe von entionisiertem Wasser auf einen Wert zwischen 30 % und 50 % eingestellt;

e)

durch die Zugabe von chemisch reinem Calciumcarbonat (CaCO3) wird die fertige Mischung des Sediments auf einen pH-Wert von 7,0 ± 0,5 eingestellt.

f)

der Gehalt der fertigen Mischung an organischem Kohlenstoff sollte 2 % (± 0,5 %) betragen und ist durch Zugabe geeignete Mengen Torf und Sand (siehe Buchstaben a und c) zu gewährleisten.

14.

Die Herkunft von Torf, Kaolin-Ton und Sand sollte bekannt sein. Es sollte kontrolliert werden, dass die Bestandteile des Sediments nicht chemisch verunreinigt sind (z. B. durch Schwermetalle, chlororganische Verbindungen, phosphororganische Verbindungen usw.). Ein Beispiel für die Herstellung des formulierten Sediments ist in Anlage 3 beschrieben. Die Bestandteile können auch in trockenem Zustand gemischt werden, sofern nachgewiesen ist, dass es nach Zugabe des Überstandswassers nicht zu einer Auftrennung der Sedimentbestandteile kommt (z. B. schwimmende Torfpartikel) und dass der Torf oder das Sediment ausreichend konditioniert ist.

Wasser

15.

Alle Wassersorten, die den chemischen Eigenschaften von zugelassenem Verdünnungswasser gemäß den Anlagen 2 und 4 entsprechen, sind als Testwasser geeignet. Natürliches Wasser (Oberflächen- oder Grundwasser), rekonstituiertes Wasser (siehe Anlage 2) oder entchlortes Leitungswasser sind als Hälterungs- und Verdünnungswasser zulässig, wenn die Chironomiden hierin während der Zucht- und Testphase ohne Stressanzeichen überleben. Zu Testbeginn sollte der pH-Wert des Testwassers zwischen 6 und 9 liegen und die Gesamthärte des Wassers sollte nicht mehr als 400 mg/l (in CaCO3) betragen. Wird jedoch ein Ionenaustausch zwischen den Härteionen und der Prüfsubstanz vermutet, ist Wasser geringerer Härte zu verwenden (und somit in diesem Fall das Elendt-Medium M4 zu vermeiden). Das Wasser muss über die gesamte Testdauer von gleichbleibender Qualität sein. Die Qualitätsparameter des Wassers gemäß Anlage 4 sind mindestens zweimal jährlich bzw. immer dann zu messen, wenn der Verdacht besteht, dass sie sich erheblich verändert haben.

Stammlösungen — Gespiktes Wasser

16.

Die Testkonzentrationen werden auf der Grundlage der Konzentrationen in der Wassersäule, d. h. im Überstandswasser, berechnet. Die Prüflösungen werden in der Regel durch Verdünnung einer Stammlösung in den gewünschten Konzentrationen zubereitet. Stammlösungen sollten möglichst durch Auflösung der Substanz im Prüfmedium hergestellt werden. In einigen Fällen kann der Einsatz von Lösungs- oder Dispersionsmitteln erforderlich sein, um eine Stammlösung von geeigneter Konzentration zu erzielen. Geeignete Lösungsmittel sind beispielsweise Aceton, Ethanol, Methanol, Ethylenglykol-Monomethylether, Ethylenglykol-Dimethylether, Dimethylformamid und Triethylenglykol. Geeignete Dispersionsmittel sind beispielsweise Cremophor RH40, Tween 80, Methylzellulose 0,01 % und HCO-40. Die Konzentration des Lösungsvermittlers in dem endgültigen Prüfmedium sollte auf ein Mindestmaß (d.h. ≤ 0,1 ml/l) beschränkt und bei allen Behandlungen gleich sein. Wird ein Lösungsvermittler verwendet, so darf er keine signifikanten Auswirkungen auf das Überleben und keine erkennbaren nachteiligen Auswirkungen auf die Chironomiden-Larven haben, was durch eine nur mit Lösungsmittel vorgenommene Kontrolle nachzuweisen ist. Es sollten jedoch alle Anstrengungen unternommen werden, um den Einsatz derartiger Stoffe zu vermeiden.

VERSUCHSAUFBAU

17.

Unter ‚Versuchsaufbau‘ sind die gewählte Anzahl und der Abstand der Testkonzentrationen, die Anzahl der Prüfgefäße je Konzentration und die Anzahl der Larven je Gefäß zu verstehen. Beschrieben werden die Verfahren für die Bestimmung der EC-Werte und der NOEC-Werte und für die Durchführung eines Limit-Tests. Regressionsanalysen sind Hypothesentest vorzuziehen.

Versuchsaufbau für die Regressionsanalyse

18.

Die im Test verwendeten Konzentrationen müssen in jedem Fall die Wirkungskonzentration (z. B. EC15, EC50) und den Konzentrationsbereich, in dem die Wirkung der Prüfsubstanz von Interesse ist, einschließen. Bei der Bestimmung von Wirkungskonzentrationen (ECx) wird in der Regel eine größere Genauigkeit und insbesondere Validität erzielt, wenn die Wirkungskonzentration im Bereich der getesten Konzentrationen liegt. Extrapolierungen weit unter der niedrigsten positiven Konzentration oder über der höchsten Konzentration sind zu vermeiden. Ein Vorversuch kann die Auswahl der zu verwendenden Konzentrationsspanne erleichtern (siehe Nummer 27).

19.

Für die Bestimmung von ECx sollten mindestens fünf Konzentrationen und drei Replikate jeder Konzentration getestet werden. Im Interesse einer angemessenen Modellierung ist es in jedem Fall ratsam, eine hinreichende Anzahl an Konzentrationen zu testen. Die Konzentrationen sollten sich um einen Faktor von nicht mehr als 2 unterscheiden (außer bei einer schwachen Steigung der Dosis-Wirkungs-Kurve). Die Anzahl der Replikate pro Behandlung kann reduziert werden, wenn die Anzahl der Prüfkonzentrationen mit unterschiedlicher Wirkung erhöht wird. Eine höhere Anzahl an Replikaten oder eine Verkürzung der Intervalle zwischen den Prüfkonzentrationen führt tendenziell zu engeren Konfidenzintervallen für den Test. Zur Bestimmung der Überlebensrate und des Wachstums der Larven nach 10 Tagen sind zusätzliche Replikate erforderlich.

Versuchsaufbau für die Bestimmung von NOEC/LOEC-Werten

20.

Zur Bestimmung von LOEC- oder NOEC-Werten sollten fünf Prüfkonzentrationen mit mindestens vier Replikaten pro Konzentration verwendet werden, wobei sich die Konzentrationen um einen Faktor von nicht mehr als 2 unterscheiden sollten. Es sollten so viele Replikate verwendet werden, dass sich im Hinblick auf eine angemessene statistische Aussagekraft bei einem Signifikanzniveau von 5 % (p = 0,05) eine Differenz von 20 % zur Kontrollkonzentration nachweisen lässt. Für die Entwicklungsrate eignen sich in der Regel Varianzanalysen (ANOVA) wie der Dunnett-Test und der Williams-Test (17)(18)(19)(20). Für die Schlupfrate kann der Cochran-Armitage-Test, der Exakte Test nach Fisher (mit Bonferroni-Korrektur) oder der Mantel-Haenszel-Test herangezogen werden.

Limit-Test

21.

Falls der Vorversuch keine Wirkungen zeigt, kann ein Limit-Test (mit einer Prüfkonzentration und einer Kontrolle) durchgeführt werden. Mit dem Limit-Test soll nachgewiesen werden, dass der toxische Wert der Prüfsubstanz über der getesteten Limitkonzentration liegt. Für diese Prüfmethode kann keine Konzentration empfohlen werden; dies bleibt den Regulierungsbehörden überlassen. In der Regel sind jeweils mindestens sechs Replikate pro Behandlung und Kontrolle erforderlich. Es ist nachzuweisen, dass die statistische Aussagekraft ausreicht, um bei einem Signifikanzniveau von 5 % (p = 0,05) eine Differenz von 20 % zur Kontrollkonzentration festzustellen. Für metrische Merkmale (Entwicklungsrate und Gewicht) ist der t-Test eine geeignete statistische Methode, sofern die Daten die Bedingungen für diesen Test (Normalverteilung, Varianzhomogenität) erfüllen. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so kann ein t-Test für ungleiche Varianzen oder ein nicht-parametrischer Test wie der Wilcoxon-Mann-Whithey-Test verwendet werden. Für die Schlupfrate eignet sich der Exakte Test nach Fisher.

PRÜFVERFAHREN

Expositionsbedingungen

Zubereitung des Wasser-Sediment-Systems mit gespiktem Wasser

22.

In die Prüfgefäße wird formuliertes Sediment (siehe Nummern 13 und 14 sowie Anlage 3) in ausreichender Menge gegebenen, um eine mindestens 1,5 cm dicke Schicht zu erhalten, die anschließend mit 6 cm Wasser (siehe Nummer 15) überschichtet wird. Das Verhältnis von Sediment zu Wasser sollte nicht mehr als 1:4 und die Sedimenthöhe nicht mehr als 3 cm betragen. Das Sediment-Wasser-System sollte vor dem Einsetzen der Testorganismen für 7 Tage moderat belüftet werden (siehe Nummer 14 und Anlage 3). Um zu verhindern, dass es während der Zugabe von Prüfwasser in die Wassersäule zu einer Auftrennung der Sedimentbestandteile und einer Resuspension der feinen Partikel kommt, kann das Sediment beim Einfüllen des Wassers mit einer Plastikschale abgedeckt werden, die anschließend sofort entfernt wird. Andere Hilfsmittel sind ebenfalls geeignet.

23.

Die Prüfgefäße sollten abgedeckt werden (z. B. mit Glasplatten). Etwaige Verdunstungsverluste im Laufe des Versuchs sind auszugleichen, und zwar mit destilliertem oder entionisiertem Wasser, um Salzfreiheit zu gewährleisten.

Einsetzen der Testorganismen

24.

Vier bis fünf Tage vor dem Einsetzen der Testorganismen in die Prüfgefäße werden Eigelege aus der Zucht entnommen und in kleinen Gefäßen in das Kulturmedium eingesetzt. Es kann ‚altes‘ Medium aus den Stammkulturen oder frisch zubereitetes Medium verwendet werden. In letzterem Fall wird eine geringe Futtermenge, z. B. Grünalgen und/oder einige Tropfen des Filtrats einer Suspension aus fein zerkleinerten Fischfutterflocken, zum Kulturmedium hinzugegeben (siehe Anlage 2). Es sollten nur frische Eigelege verwendet werden. Normalerweise beginnen die Larven einige Tage nach dem Einsetzen der Eier zu schlüpfen (Chironomus riparius: 2 bis 3 Tage bei 20 °C, Chironomus tentans und Chironomus yoshimatsui: 1 bis 4 Tage bei 23 °C bzw. 25 °C) und durchlaufen während ihres Wachstums vier Stadien von jeweils 4 bis 8 Tagen. Für den Versuch sollten Larven des ersten Larvenstadiums (L1) (2 bis 3 Tage oder 1 bis 4 Tage nach dem Schlüpfen) verwendet werden. Das Larvenstadium kann anhand der Kopfkapselbreite bestimmt werden (6).

25.

Jeweils 20 L1-Larven werden nach dem Zufallsprinzip mit einer stumpfen Pipette in die einzelnen Prüfgefäße eingesetzt, die das gespikte Sediment und Wasser enthalten. Während des Einsetzens der Larven in das Prüfgefäß und der folgenden 24 Std. (siehe Nummern 24 und 32) wird die Belüftung gestoppt. Je nach Versuchsaufbau (siehe Nummern 19 und 20) werden pro Konzentration mindestens 60 Larven zur Bestimmung der EC-Punktschätzung und mindestens 80 Larven zur Bestimmung der NOEC-Werte verwendet.

26.

24 Std. nach dem Einsetzen der Larven wird die Prüfsubstanz in die Wassersäule gespikt, und es wird erneut leicht belüftet. Kleine Mengen der Prüfsubstanz werden mit Hilfe einer Pipette unterhalb der Oberfläche der Wassersäule injiziert. Anschließend sollte das Überstandswasser vorsichtig gemischt werden, um das Sediment nicht aufzuwirbeln.

Prüfkonzentrationen

27.

Zur Ermittlung des Konzentrationsbereichs für den endgültigen Test kann ein Vorversuch hilfreich sein. Hierzu wird eine Reihe von weit auseinander liegenden Konzentrationen der Prüfsubstanz verwendet. Um dieselbe Besiedlungsdichte der Oberfläche durch die Chironomiden wie im eigentlichen Versuch zu reproduzieren, werden die Chironomiden jeder Konzentration der Prüfsubstanz über einen Zeitraum ausgesetzt, mit dem sich die geeigneten Prüfkonzentrationen ermitteln lassen; Replikate sind nicht erforderlich.

28.

Die Prüfkonzentrationen für den endgültigen Test werden auf der Grundlage der Ergebnisse des Vorversuchs festgelegt. Es sollten mindestens fünf Konzentrationen (siehe Nummern 18 bis 20) ausgewählt und verwendet werden.

Kontrollgefäße

29.

In den Versuch sind Kontrollgefäße mit unbehandeltem Sediment und einer ausreichenden Anzahl von Replikaten einzubeziehen (siehe Nummern 19 und 20). Wurde die Prüfsubstanz mit Hilfe eines Lösungsmittel appliziert (siehe Nummer 16), so ist ein Kontrollgefäß hinzuzufügen, dessen Sediment das Lösungsmittel enthält.

Prüfsystem

30.

Es werden statische Prüfsysteme verwendet. Semi-statische oder Durchflusssysteme, bei denen das Überstandswasser in bestimmten Intervallen bzw. kontinuierlich ersetzt wird, können in Ausnahmefällen verwendet werden, z. B. wenn die Spezifikationen zur Wasserqualität für den Testorganismus nicht mehr geeignet sind oder sich auf das chemische Gleichgewicht auswirken (z. B. wenn die Konzentration an gelöstem Sauerstoff zu stark abnimmt, die Konzentration der Ausscheidungen zu stark zunimmt oder aus dem Sediment ausgewaschene Mineralien den pH-Wert und/oder die Wasserhärte beeinflussen). Allerdings reichen andere Methoden zur Verbesserung der Qualität des Überstandswassers wie die Belüftung aus und sollten bevorzugt angewendet werden.

Futter

31.

Die Larven sollten täglich, mindestens jedoch dreimal pro Woche gefüttert werden. Für jüngere Larven scheinen in den ersten 10 Tagen 0,25-0,5 mg (0,35-0,5 mg für C. yoshimatui) Fischfutter (in Wasser suspendiertes oder fein zerkleinertes Futter, z. B. TetraMin oder TetraPhyll; Einzelheiten siehe Anlage 2) pro Larve und Tag angemessen. Ältere Larven benötigen etwas mehr Nahrung: Für den Rest des Versuchs dürften 0,5-1 mg Futter pro Larve und Tag ausreichen. Bei Pilzbesatz oder Absterben von Kontrollorganismen wird die Futterration für alle behandelten Organismen und Kontrollorganismen reduziert. Lässt sich die Pilzentwicklung nicht stoppen, muss der Versuch wiederholt werden. Bei Versuchen mit stark adsorbierenden Substanzen (z. B. log Kow > 5) oder kovalent an das Sediment gebundenen Substanzen kann dem formulierten Sediment die für das Überleben und natürliche Wachstum der Organismen erforderliche Futtermenge vor der Stabilisierungsphase hinzugefügt werden. In diesem Fall wird das Fischfutter durch pflanzliches Material ersetzt, z. B. durch Zugabe von 0,5 % (Trockengewicht) feingeriebene Blätter z. B. von Brennnessel (Urtica dioica), Maulbeere (Morus alba), Weiß-Klee (Trifolium repens) oder Spinat (Spinacia oleracea) oder von sonstigem pflanzlichen Material (Cerophyl oder Alphacellulose).

Inkubationsbedingungen

32.

Das Überstandswasser in den Prüfgefäßen wird vorzugsweise 24 Std. nach dem Einsetzen der Larven über den gesamten Versuchszeitraum moderat belüftet (Es ist darauf zu achten, dass die Konzentration an gelöstem Sauerstoff nicht unter 60 % des Luftsauerstoff-Sättigungswertes fällt). Für die Belüftung (eine oder mehrere Blasen/sek.) wird eine Glaspasteurpipette 2 bis 3 cm über der Sedimentschicht angebracht. Bei flüchtigen Prüfsubstanzen ist gegebenenfalls von einer Belüftung des Sediment-Wasser-Systems abzusehen.

33.

Der Test wird bei einer konstanten Raumtemperatur von 20 °C (± 2 °C) durchgeführt. Für C. tentans und C. yoshimatsui wird eine Temperatur von 23 °C bzw. 25 °C (± 2 °C) empfohlen. Die Photoperiode beträgt 16 Std. und die Beleuchtungsstärke 500 bis 1 000 lux.

Expositionsdauer

34.

Die Exposition beginnt mit dem Einsetzen der Larven in die Gefäße mit dem gespikten Wasser und in die Kontrollgefäße. Die maximale Expositionsdauer beträgt 28 Tage für C. riparius und C yoshimatsui und 65 Tage für C. tentans. Falls die Mücken früher schlüpfen, kann der Versuch frühestens fünf Tage nach dem Schlüpfen der letzten Kontrollimago beendet werden.

BEOBACHTUNGEN

Emergenz

35.

Es werden die Entwicklungsdauer und die Anzahl der vollständig geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken bestimmt. Männchen sind leicht an den gefiederten Antennen zu erkennen.

36.

Die Prüfgefäß sollten dreimal wöchentlich visuell auf Verhaltensänderungen (z. B. Verlassen des Sediments, ungewöhnliches Schwimmverhalten) gegenüber den Kontrollgefäßen überprüft werden. Während der Schlupfzeit müssen täglich die geschlüpften Tiere gezählt werden. Geschlecht und Anzahl der vollständig geschlüpften Mücken sind täglich festzuhalten. Danach werden die geschlüpften Mücken aus den Prüfgefäßen entfernt. Vor dem Versuchsende abgelegte Eigelege sind im Protokoll zu vermerken und anschließend zu entfernen, um zu verhindern, dass erneut Larven in das Sediment gelangen. Die Anzahl der sichtbaren Puppen, die nicht geschlüpft sind, wird ebenfalls protokolliert. Anweisungen zur Messung der Emergenz sind Anlage 5 zu entnehmen.

Wachstum und Überleben

37.

Müssen Daten zum Überleben und Wachstum der Larven nach 10 Tagen ermittelt werden, so sollten bereits ab Versuchsbeginn zusätzliche Prüfgefäße hinzugefügt werden, die dann später verwendet werden können. Das Sediment aus diesen zusätzlichen Gefäßen wird durch ein 250-μm-Sieb gesiebt, um die Larven auszusieben. Kriterien zur Bestimmung des Todes sind Bewegungslosigkeit oder mangelnde Reaktion auf mechanische Reize. Nicht wiedergefundene Larven sollten auch zu den Todesfällen gerechnet werden (Larven, die zu Versuchsbeginn gestorben sind, wurden möglicherweise durch Mikroben zersetzt). Nachdem das (aschefreie) Trockengewicht der überlebenden Larven pro Prüfgefäß bestimmt wurde, wird das mittlere Trockengewicht der einzelnen Larven pro Prüfgefäß berechnet. Es ist nützlich festzustellen, zu welchem Larvenstadium die überlebenden Larven gehören, was anhand der Kopfkapselbreite der einzelnen Larven bestimmt werden kann.

Analysemessungen

Konzentration der Prüfsubstanz

38.

Es wird unbedingt empfohlen, zu Beginn (vorzugsweise 1 Stunde nach Applikation der Prüfsubstanz) und am Ende des Versuchs Proben des Überstandswassers, des Porenwassers und des Sediments zumindest in der Höchstkonzentration und einer niedrigeren Konzentration zu analysieren. Diese Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz gibt Aufschluss über das Verhalten/die Verteilung der Prüfsubstanz im Wasser-Sediment-System. Die Entnahme von Sedimentproben zu Versuchsbeginn kann das Prüfsystem beeinflussen (Entfernen von Testlarven), so dass zusätzliche Prüfgefäße vorzusehen sind, um die Analysemessungen zu Beginn und gegebenenfalls während des Versuchs (siehe Nummer 39) vorzunehmen. Es ist nicht unbedingt notwendig, das Sediment zu analysieren, wenn die Verteilung der Prüfsubstanz zwischen Wasser und Sediment eindeutig in einer unter vergleichbaren Bedingungen durchgeführten Wasser/Sediment-Studie bestimmt wurde (z. B. Sediment-Wasser-Verhältnis, Applikationsart, Gehalt an organischem Kohlenstoff im Sediment).

39.

Falls Zwischenmessungen (z. B. am 7. Tag) vorgenommen werden und für die Analyse größere Proben erforderlich sind, die nicht aus den Prüfgefäßen entnommen werden können, ohne das Testsystem zu beeinflussen, sollten die Analysemessungen an Proben aus zusätzlichen Prüfgefäßen vorgenommen werden, die derselben Behandlung (einschließlich Präsenz von Testorganismen) unterzogen, aber nicht für biologische Beobachtungen verwendet wurden.

40.

Eine 30-minütige Zentrifugation bei z. B. 10 000 g und 4 °C wird empfohlen, um das Interstitialwasser abzutrennen. Bei Prüfsubstanzen, die nachweislich nicht an Filtern anlagern, kann auch filtriert werden. Bei zu kleinen Proben kann es passieren, dass sich die Konzentrationen im Porenwasser nicht analysieren lassen.

Physikalisch-chemische Parameter

41.

pH-Wert, Gehalt an gelöstem Sauerstoff im Prüfwasser und Temperatur der Prüfgefäße sind auf geeignete Weise zu messen (siehe Nummer 10). Zu Beginn und am Ende des Versuchs sind Härte und Ammonium-Gehalt in den Kontrollgefäßen und in einem Prüfgefäß in der Höchstkonzentration zu bestimmen.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

42.

Ziel dieses Versuchs ist, die Wirkung der Prüfsubstanz auf die Entwicklungsrate und die Gesamtanzahl der vollständig geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken bzw. im Falle des 10-Tage-Versuchs die Wirkungen auf Überleben und Gewicht der Larven zu bestimmen. Gibt es keinerlei Hinweise auf eine unterschiedliche Empfindlichkeit der Geschlechter, werden die Ergebnisse für Männchen und Weibchen für die statistischen Analysen gepoolt. Unterschiedliche Empfindlichkeiten der Geschlechter können statistisch z. B. anhand eines Tafeltests mit χ2-r × 2 bewertet werden. Erforderlichenfalls sind nach 10 Tagen Daten zur Überlebensrate der Larven und zum mittleren Trockengewicht der einzelnen Larven pro Prüfgefäß zu ermitteln.

43.

Die als Konzentration im Überstandswasser ausgedrückten Effektkonzentrationen sind möglichst auf der Grundlage der zu Testbeginn gemessenen Konzentrationen (siehe Nummer 38) zu berechnen.

44.

Für eine Punktschätzung von EC50 oder einem anderen ECx können die pro Gefäß erstellten Statistiken als echte Replikate dienen. Bei der Berechnung eines Konfidenzintervalls für einen beliebigen ECx-Wert ist die Variabilität zwischen den Gefäßen zu berücksichtigen oder nachzuweisen, dass diese Variabilität so klein ist, dass sie übergangen werden kann. Wird das Modell nach der Methode der geringsten Abweichungsquadrate angepasst, so sollten die pro Gefäß erstellten Statistiken transformiert werden, um die Varianzhomogenität zu verbessern. Allerdings werden die ECx-Werte berechnet, nachdem die Ergebnisse auf den ursprünglichen Wert rücktransformiert wurden.

45.

Wenn die statistische Analyse darauf abzielt, NOEC/LOEC-Werte anhand von Hypothesentests zu bestimmen, so ist die Variabilität zwischen den Prüfgefäßen zu berücksichtigen, z. B. mit Hilfe einer geschachtelten (nested) Varianzanalyse (ANOVA). Alternativ können in den Fällen, in denen von den herkömmlichen ANOVA-Annahmen abgewichen wird, robustere Tests (21) angewendet werden.

Schlupfrate

46.

Schlupfraten sind quantale Daten und können anhand des Cochran-Armitage-Tests im Step-Down-Verfahren analysiert werden, wenn eine monotone Dosis-Antwort erwartet wird und die Schlupfdaten dieser Erwartung entsprechen. Andernfalls können ein Exakter Test nach Fisher oder ein Mantel-Haenszel-Test mit Bonferroni-Holm-angepassten p-Werten verwendet werden. Ist die Variabilität zwischen den Replikaten mit derselben Konzentration nachweislich größer als eine Binomialverteilung ergeben würde (häufig als ‚extra-binomiale‘ Variation bezeichnet), so sollte ein robusterer Test (Cochran-Armitage-Test oder Exakter Test nach Fisher), wie in (21) vorgeschlagen, angewendet werden.

47.

Die Summe geschlüpfter Mücken (ne) je Prüfgefäß wird bestimmt und durch die Anzahl der eingesetzten Larven (na) dividiert:

Formula

Dabei sind:

ER

=

Schlupfrate

ne

=

Anzahl der geschlüpften Mücken je Prüfgefäß

na

=

Anzahl der eingesetzten Larven je Prüfgefäß

48.

Eine alternative Methode, die sich bei größeren Proben im Falle einer extra-binomialen Varianz eher eignet, besteht darin, die Schlupfrate als kontinuierliche Antwort zu behandeln und Methoden wie den Williams-Test anzuwenden, wenn eine monotone Dosis-Antwort erwartet wird und die Schlupfraten dies bestätigen. Der Dunnett’s-Test eignet sich für den Fall, dass die Monotonie nicht anhält. Als große Probe gilt hier eine Probe, bei der die Anzahl der geschlüpften Mücken und die Anzahl der nicht geschlüpften Mücken jeweils mehr als fünf pro Replikat(gefäß) beträgt.

49.

Für die Anwendung von ANOVA-Methoden sollten die ER-Werte zunächst einer arcsin-Wurzel-Transformation oder Freeman-Tukey-Transformation unterzogen werden, um annähernd normal verteilte Daten und Homogenität der Varianzen zu erreichen. Bei der Verwendung von absoluten Frequenzen können auch der Cochran-Armitage-, der Exakte Test nach Fisher (mit Bonferroni-Korrektur) oder der Mantel-Haenszel-Test angewendet werden. Bei der arcsin-Wurzel-Transformation wird die Umkehrfunktion des Sinus (sin–1) der Wurzel von ER berechnet.

50.

Für Schlupfraten werden die ECx-Werte mittels Regressionsanalyse (oder z. B. mit der Probit- (22), Logit-, Weibull-Methode, geeigneter kommerzieller Software usw.) berechnet. Versagt die Regressionsanalyse (z. B. bei weniger als zwei Teilantworten), so werden andere nicht-parametrische Methoden wie die Berechnung des gleitenden Durchschnitts oder eine einfache Interpolation angewendet.

Entwicklungsrate

51.

Die mittlere Entwicklungszeit repräsentiert die mittlere Zeitspanne zwischen dem Einsetzen der Larven (Tag 0 des Versuchs) und dem Schlupf der in die Prüfgefäße eingesetzten Mückenkohorten. (Für die Berechnung der reellen Entwicklungszeit ist das Alter der Larven beim Einsetzen in die Prüfgefäße zu berücksichtigen). Die Entwicklungsrate ist der Reziprokwert der Entwicklungszeit (Einheit: 1/Tag) und repräsentiert den Teil der Larven, die sich pro Tag entwickeln. Für die Bewertung der Sedimenttoxizität ist die Entwicklungsrate zu bevorzugen, da sie im Vergleich zur Entwicklungszeit eine geringere Varianz aufweist und ihre Werte homogener sind und näher an der Normalverteilung liegen. Aus diesem Grund eignen sich parametrische Verfahren mit großer Teststärke eher für die Entwicklungsrate als für die Entwicklungszeit. Wird die Entwicklungsrate als kontinuierliche Antwort behandelt, so können die ECx-Werte mittels Regressionsanalyse geschätzt werden (z. B. (23), (24)).

52.

Für folgende statistische Tests gilt die Anzahl der am Kontrolltag × beobachteten Mücken als die Anzahl der Mücken, die in der Mitte des Zeitintervalls zwischen dem Tag x und dem Tag x - l geschlüpft sind (l = Länge des Kontrollintervalls, gewöhnlich 1 Tag). Die mittlere Entwicklungsrate je Prüfgefäß berechnet sich folgendermaßen:

Formula

Dabei sind:

(

Formula

)

:

mittlere Entwicklungsrate je Prüfgefäß

i

:

Index des Kontrollintervalls

m

:

maximale Anzahl der Kontrollintervalle

Formula

:

Anzahl der Mücken, die im Kontrollintervall i geschlüpft sind

ne

:

Gesamtzahl der geschlüpften Mücken bei Versuchsende (=Formula)

xi

:

Entwicklungsrate der geschlüpften Mücken im Intervall i

Formula

Dabei sind:

Tagi

:

Kontrolltag (Tage seit der Applikation)

li

:

Länge des Kontrollintervalls i (Tage, in der Regel 1 Tag)

Prüfbericht

53.

Der Prüfbericht muss mindestens folgende Angaben enthalten:

 

Prüfsubstanz:

physikalischer Zustand und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften (Wasserlöslichkeit, Dampfdruck, Verteilungskoeffizient im Boden (oder — falls verfügbar — im Sediment), Stabilität im Wasser usw.);

chemische Kenndaten (Common name, chemische Bezeichnung, Strukturformel, CAS-Nummer usw.) einschließlich Reinheitsgrad und Analyseverfahren zur Quantifizierung der Prüfsubstanz.

 

Testspezies:

eingesetzte Testtiere: Art, wissenschaftlicher Name, Bezugsquelle der Testorganismen und Zuchtbedingungen;

Informationen über die Handhabung der Eigelege und Larven;

Alter der Tiere beim Einsetzen in die Prüfgefäße.

 

Prüfbedingungen:

verwendetes Sediment, d. h. natürliches oder formuliertes Sediment;

für natürliches Sediment: Ort und Beschreibung der Probenahmestelle(n) für das Sediment, möglichst einschließlich etwaiger früherer Kontaminationen; Merkmale: pH-Wert, Gehalt an organischem Kohlenstoff, C/N-Verhältnis und gegebenenfalls Granulometrie;

Zubereitung des formulierten Sediments: Zutaten und Merkmale (Gehalt an organischem Kohlenstoff, pH-Wert, Feuchte usw. zu Versuchsbeginn);

Zubereitung des Prüfwassers (falls rekonstituiertes Wasser verwendet wird) und Merkmale des Wassers (Sauerstoffgehalt, pH-Wert, Leitfähigkeit, Härte usw. zum Testbeginn);

Höhe des Sediments und des Überstandswassers;

Volumen des Überstandswassers und des Porenwassers; Gewicht des feuchten Sediments mit und ohne Porenwassers;

Prüfgefäße (Material und Größe);

Methode für die Zubereitung der Stammlösungen und Prüfkonzentrationen;

Applikation der Prüfsubstanz: verwendete Prüfkonzentrationen, Anzahl der Replikate und gegebenenfalls Verwendung von Lösungsmitteln;

Inkubationsbedingungen: Temperatur, Lichtzyklus und Beleuchtungsstärke, Belüftung (Häufigkeit und Intensität);

genaue Angaben zur Fütterung, einschließlich Art des Futters, Präparation des Futters, Futtermenge und Fütterungsregime.

 

Ergebnisse:

die nominellen Prüfkonzentrationen, die gemessenen Prüfkonzentrationen und die Ergebnisse sämtlicher Analysen zur Bestimmung der Konzentration der Prüfsubstanz im Prüfgefäß;

Qualität des Wassers in den Prüfgefäßen, d. h. pH-Wert, Temperatur, Gehalt an gelöstem Kohlenstoff, Härte und Ammonium;

gegebenenfalls Ausgleich von Verdunstungsverlusten;

Anzahl der geschlüpften männlichen und weiblichen Mücken pro Gefäß und pro Tag;

Anzahl der Larven pro Gefäß, die sich nicht zu Mücken entwickelt haben;

mittleres Trockengewicht der einzelnen Larven pro Gefäß und gegebenenfalls pro Larvenstadium;

prozentuale Emergenzrate pro Replikat und Testkonzentration (männliche und weibliche Mücken gepoolt);

mittlere Entwicklungsrate von voll entwickelten Mücken pro Replikat und Behandlungsrate (männliche und weibliche Mücken gepoolt);

Schätzung der toxischen Endpunkte, z. B. ECx (und dazugehörige Konfidenzintervalle), NOEC- und/oder LOEC-Werte und die zu ihrer Bestimmung verwendeten statistischen Methoden;

Diskussion der Ergebnisse, einschließlich der Auswirkungen etwaiger Abweichungen von dieser Prüfmethode auf die Prüfergebnisse.

LITERATUR:

1.

BBA (1995): Long-term toxicity test with Chironomus riparius: Development and validation of a new test system. Herausgeber: M. Streloke und H. Köpp. Berlin 1995.

2.

Fleming R. et al. (1994): Sediment Toxicity Tests for Poorly Water-Soluble Substances. Abschlussbericht an die Europäische Kommission. Bericht Nr.: EC 3738. August 1994. WRc, UK.

3.

SETAC (1993): Guidance Document on Sediment toxicity Tests and Bioassays for Freshwater and Marine Environments. Aus dem WOSTA-Workshop in den Niederlanden.

4.

ASTM International/E1706-00 (2002): Test Method for Measuring the Toxicity of Sediment-Associated Contaminants with Freshwater Invertebrates, S. 1125-1241. In ASTM International 2002 Annual Book of Standards. Volume 11.05. Biological Effects and Environmental Fate; Biotechnology; Pesticides. ASTM International, West Conshohocken, PA.

5.

Environment Canada (1997): Test for Growth and Survival in Sediment using Larvae of Freshwater Midges (Chironomus tentans or Chironomus riparius). Biological Test Method. Report SPE 1/RM/32. Dezember 1997.

6.

US-EPA (2000): Methods for Measuring the Toxicity and Bioaccumulation of Sediment-associated Contaminants with Freshwater Invertebrates. Zweite Ausgabe. EPA 600/R-99/064. März 2000. Überarbeitung der ersten Ausgabe vom Juni 1994.

7.

US-EPA/OPPTS 850.1735. (1996): Whole Sediment Acute Toxicity Invertebrates.

8.

US-EPA/OPPTS 850.1790. (1996): Chironomid Sediment toxicity Test.

9.

Milani D., Day K.E., McLeay D.J., Kirby R.S. (1996): Recent intra- and inter-laboratory studies related to the development and standardisation of Environment Canada’s biological test methods for measuring sediment toxicity using freshwater amphipods (Hyalella azteca) and midge larvae (Chironomus riparius). Technical Report. Environment Canada. National Water Research Institute. Burlington, Ontario, Kanada.

10.

Sugaya Y. (1997): Intra-specific variations of the susceptibility of insecticides in Chironomus yoshimatsui. Jp. J. Sanit. Zool. 48 (4): 345-350.

11.

Kawai K. (1986): Fundamental studies on Chironomid allergy. I. Culture methods of some Japanese Chironomids (Chironomidae, Diptera). Jp. J. Sanit. Zool. 37(1): 47-57.

12.

OECD (2000): Guidance Document on Aquatic Toxicity Testing of Difficult Substances and Mixtures. OECD Environment, Health and Safety Publications, Series on Testing and Assessment No. 23.

13.

Environment Canada (1995): Guidance Document on Measurement of Toxicity Test Precision Using Control Sediments Spiked with a Reference Toxicant. Report EPS 1/RM/30. September 1995.

14.

Kapitel C.8 dieses Anhangs: Toxizität für Regenwürmer,

15.

Suedel B.C. and Rodgers J.H. (1994): Development of formulated reference sediments for freshwater and estuarine sediment testing. Environ. Toxicol. Chem. 13: 1163-1175.

16.

Naylor C. and Rodrigues C. (1995): Development of a test method for Chironomus riparius using a formulated sediment. Chemosphere 31: 3291-3303.

17.

Dunnett C.W. (1964): A multiple comparisons procedure for comparing several treatments with a control. J. Amer. Statis. Assoc. 50: 1096-1121.

18.

Dunnett C.W. (1964): New tables for multiple comparisons with a control. Biometrics 20: 482-491.

19.

Williams D.A. (1971): A test for differences between treatment means when several dose levels are compared with a zero dose control. Biometrics 27: 103-117.

20.

Williams D.A. (1972): The comparison of several dose levels with a zero dose control. Biometrics 28: 510-531.

21.

Rao J.N.K. and Scott A.J. (1992): A simple method for the analysis of clustered binary data. Biometrics 48:577-585.

22.

Christensen E.R. (1984): Dose-response functions in aquatic toxicity testing and the Weibull model. Water Research 18: 213-221.

23.

Bruce and Versteeg (1992): A statistical procedure for modelling continuous toxicity data. Environmental Toxicology and Chemistry 11:1485-1494.

24.

Slob W: (2002): Dose-response modelling of continuous endpoints. Toxicol. Sci. 66: 298-312.

Anlage 1

DEFINITIONEN

Für diese Prüfmethode gelten folgende Definitionen:

 

Formuliertes Sediment oder rekonstitutiertes, künstliches oder synthetisches Sediment: ein Gemisch aus Stoffen, mit denen die physikalischen Bestandteile eines natürlichen Sediments nachgeahmt werden sollen.

 

Überstandswasser: das auf das Sediment im Prüfgefäß aufgebrachte Wasser.

 

Interstitialwasser oder Porenwasser: das Wasser in den Zwischenräumen zwischen Sediment- und Bodenpartikeln.

 

Gespiktes Wasser: Wasser, dem Prüfsubstanz hinzugefügt wurde.

 

Prüfsubstanz: jeder Stoff oder jedes Gemisch, der/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 2

Empfehlungen für die Anzucht von Chironomus riparius

1.

Für die Anzucht von Chironomus-Larven können Kristallisierschalen oder größere Behälter verwendet werden. Auf dem Boden des Behälters wird eine 5 bis 10 mm dicke Schicht feiner Quarzsand aufgetragen. Kieselguhr (z. B. Merck, Art 8117) hat sich ebenfalls als Substrat bewährt (eine dünnere Schicht von nur ein paar Millimetern ist ausreichend). Anschließend wird mit geeignetem Wasser auf mehrere Zentimeter Höhe aufgefüllt. Soweit erforderlich ist bei Verdunstungsverlusten Wasser nachzufüllen, um ein Austrocknen zu verhindern. Nötigenfalls kann das Wasser ausgetauscht werden. Leicht belüften. Die Larvenzuchtgefäße sind in geeignete Käfige zu setzen, um zu verhindern, dass die schlüpfenden Imagines entweichen. Der Käfig muss groß genug sein (Mindestgröße ca. 30 x 30 x 30 cm), damit die geschlüpften Imagines schwärmen können, da es andernfalls nicht zur Paarung kommt.

2.

Die Käfige sind bei Raumtemperatur oder in einer Klimakammer bei 20 ± 2 °C und einer Licht-/Dunkelphase von 16:8 Std. (Lichtintensität ca. 1 000 lux) zu halten. Eine relative Luftfeuchte von weniger als 60 % soll offensichtlich die Vermehrung verhindern.

Verdünnungswasser

3.

Es kann jedes natürliche oder synthetische Wasser verwendet werden. Im Allgemeinen wird Brunnenwasser, entchlortes Leitungswasser und künstliches Medium (z. B. Elendt-Medium ‚M4‘ oder ‚M7‘, siehe unten) verwendet. Das Wasser muss vor Verwendung belüftet werden. Soweit erforderlich kann das Anzuchtwasser durch vorsichtiges Abgießen oder Absaugen des gebrauchten Wassers aus den Prüfgefäßen erneuert werden; dabei ist darauf zu achten, dass die Wohnröhren der Larven nicht zerstört werden.

Fütterung der Larven

4.

Chironomus-Larven sollten mit ca. 250 mg Fischfutterflocken (TetraMin®, TetraPhyll® oder einer anderen entsprechenden Fischfuttermarke) pro Gefäß und Tag gefüttert werden. Hierzu kann trockengemahlenes Pulver oder eine Suspension in Wasser (1,0 g Futterflocken mit 20 ml Verdünnungswasser zu einer homogenen Masse gemischt) verwendet werden. Diese Zubereitung kann in Portionen von 5 ml pro Gefäß und pro Tag verfüttert werden (vor Gebrauch schütteln). Ältere Larven können etwas mehr Futter erhalten.

5.

Das Futter ist an die Wasserqualität anzupassen. Bei Trübung des Kulturmediums ist die Futterration zu reduzieren. Die Futterzugaben sind sorgfältig zu notieren. Zu wenig Futter kann dazu führen, dass die Larven in die Wassersäule abwandern, während zu viel Futter die mikrobielle Aktivität verstärkt und die Sauerstoffkonzentrationen verringert. In beiden Fällen kann es zu einer Verlangsamung des Wachstums der Organismen kommen.

6.

Wenn neue Kulturgefäße angesetzt werden, können auch einige Grünalgenzellen (z. B. Scenedesmus subspicatus, Chlorella vulgaris) hinzugefügt werden.

Fütterung der geschlüpften Imagines

7.

Einige Experimentatoren empfehlen, als Futter für die geschlüpften Imagines ein mit gesättigter Zuckerlösung getränktes Wattepad zu verwenden.

Emergenz

8.

Nach ca. 13 bis 15 Tagen bei einer Temperatur von 20 ± 2 °C beginnen die Imagines in den Larvenzuchtgefäßen zu schlüpfen. Männchen sind leicht an den gefiederten Antennen zu erkennen.

Eiergelege

9.

Sobald sich Imagines in den Zuchtkäfigen befinden, sind alle Larvenzuchtgefäße dreimal wöchentlich auf gallertartige Eigelege zu kontrollieren. Diese sind vorsichtig zu entfernen und in eine kleine Schale mit einer Probe Anzuchtwasser umzusetzen. Mit den Eigelegen werden neue Kulturen angesetzt (z. B. 2 bis 4 Eigelege pro Gefäß) oder Toxizitätstests durchgeführt.

10.

Nach 2 bis 3 Tagen sollten L1-Larven schlüpfen.

Ansetzen neuer Kulturen

11.

Sobald die Zucht etabliert ist, sollte es möglich sein, je nach Prüfungsanforderungen wöchentlich oder weniger häufig frische Kulturen anzusetzen und die älteren Prüfgefäße nach dem Schlüpfen der Imagines zu entfernen. Auf diese Weise ist es möglich, mit nur geringem Aufwand ständig über Imagines zu verfügen.

Zubereitung der Prüflösungen M4 und M7

12.

Das Medium M4 wurde von Elendt (1990) beschrieben. Das Medium M7 wird wie das Medium M4 zubereitet, mit Ausnahme der in Tabelle 1 angegebenen Substanzen, deren Konzentration bei M7 viermal niedriger ist als bei M4. Eine Veröffentlichung zum Medium M7 wird derzeit ausgearbeitet (Elendt, persönliche Mitteilung). Die Prüflösungen nicht nach den Anweisungen von Elendt und Bias (1990) zubereiten, da die für die Zubereitung der Stammlösungen angegebenen Konzentrationen von NaSiO3 5 H2O, NaNO3, KH2PO4 und K2HPO4 nicht geeignet sind.

Herstellung des M7-Mediums

13.

Zunächst wird jede Stammlösung (I) einzeln zubereitet; diese Stammlösungen werden anschließend zu einer kombinierten Stammlösung (II) zusammengegossen (I) (siehe Tabelle 1). 50 ml der kombinierten Stammlösung (II) und die in Tabelle 2 angegebenen jeweiligen Mengen der Makronährstoffe werden zur Herstellung des M7-Mediums mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt. Durch Zugabe von drei Vitaminen gemäß Tabelle 3 zu entionisiertem Wasser wird eine kombinierte Vitamin-Stammlösung hergestellt, von der 0,1 ml vor der Verwendung dem fertigen M7-Medium zugesetzt werden. (Die Vitaminstammlösung wird in kleinen Portionen tiefgefroren aufbewahrt). Das Medium wird belüftet und stabilisiert.

Tabelle 1

Stammlösungen der Spurenelemente für das M4- und das M7-Medium

Stammlösungen (I)

Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wird

Zur Herstellung der kombinierten Stammlösung (II): Folgende Mengen (ml) der Stammlösungen (I) mischen und mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter auffüllen

Endkonzentrationen der Prüflösungen (mg/l)

M4

M7

M4

M7

H3BO3  (18)

57 190

1,0

0,25

2,86

0,715

MnCl2 • 4 H2O (18)

7 210

1,0

0,25

0,361

0,090

LiCl (18)

6 120

1,0

0,25

0,306

0,077

RbCl (18)

1 420

1,0

0,25

0,071

0,018

SrCl2 • 6 H2O (18)

3 040

1,0

0,25

0,152

0,038

NaBr (18)

320

1,0

0,25

0,016

0,004

Na2MoO4 • 2 H2O (18)

1 260

1,0

0,25

0,063

0,016

CuCl2 • 2 H2O (18)

335

1,0

0,25

0,017

0,004

ZnCl2

260

1,0

1,0

0,013

0,013

CaCl2 • 6 H2O

200

1,0

1,0

0,010

0,010

KI

65

1,0

1,0

0,0033

0,0033

Na2SeO3

43,8

1,0

1,0

0,0022

0,0022

NH4VO3

11,5

1,0

1,0

0,00058

0,00058

Na2EDTA • 2 H2O (18)  (19)

5 000

20,0

5,0

2,5

0,625

FeSO4 • 7 H2O (18)  (19)

1 991

20,0

5,0

1,0

0,249

Tabelle 2

Makronährstoff-Stammlösung für das M4- und das M7-Medium

 

Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wird

Zur Herstellung des M4- und des m7-Mediums zugesetzte Menge an Makronährstoff-Stammlösungen

(ml/l)

Endkonzentrationen der Prüflösungen M4 und M7

(mg/l)

CaCl2 • 2 H2O

293 800

1,0

293,8

MgSO4 • 7 H2O

246 600

0,5

123,3

KCl

58 000

0,1

5,8

NaHCO3

64 800

1,0

64,8

NaSiO3 • 9 H2O

50 000

0,2

10,0

NaNO3

2 740

0,1

0,274

KH2PO4

1 430

0,1

0,143

K2HPO4

1 840

0,1

0,184

Tabelle 3

Vitamin-Stammlösung für das M4- und das M7-Medium

Aus den drei Vitaminlösungen wird eine einzige Vitamin-Stammlösung hergestellt.


 

Menge (mg), die mit entionisiertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt wird

Zur Herstellung des M4- und des M7-Mediums zugesetzte Menge an Vitamin-Stammlösung

(ml/l)

Endkonzentrationen der Prüflösungen M4 und M7

(mg/l)

Thiaminhydrochlorid

750

0,1

0,075

Cyanocobalamin (B12)

10

0,1

0,0010

Biotin

7,5

0,1

0,00075

LITERATUR

BBA (1995): Long-term toxicity test with Chironomus riparius: Development and validation of a new test system. Herausgegeben von M. Streloke und H.Köpp. Berlin 1995.

Elendt B.P. (1990): Selenium Deficiency in Crustacean. Protoplasma 154: 25-33.

Elendt B.P. and Bias W.-R. (1990): Trace Nutrient Deficiency in Daphnia magna Cultured in Standard Medium for Toxicity Testing. Effects on the Optimization of Culture Conditions on Life History Parameters of D. magna. Water Research 24 (9): 1157-1167.

Anlage 3

ZUBEREITUNG DES FORMULIERTEN SEDIMENTS

Zusammensetzung des Sediments

Das formulierte Sediment sollte die folgende Zusammensetzung haben:

Bestandteil

Charakterisierung

% des Trockengewichts

des Sediments

Torf

Sphagnum-Torf, so nahe wie möglich bei pH 5,5 bis 6,0, ohne sichtbare Pflanzenreste, fein gemahlen (Partikelgröße ≤ 1 mm) und luftgetrocknet

4-5

Quarzsand

Korngröße: > 50 % der Partikel sollten Größen zwischen 50 und 200 μm aufweisen

75-76

Kaolin-Ton

Kaolinit-Gehalt ≥ 30 %

20

Organischer Kohlenstoff

Eingestellt durch Zugabe von Torf und Sand

2 (± 0,5)

Calciumcarbonat

CaCO3, pulverisiert, chemisch rein

0,05 - 0,1

Wasser

Leitfähigkeit ≤ 10 μS/cm

30 - 50

Zubereitung

Der Torf wird luftgetrocknet und zu feinem Pulver zermahlen. Die erforderliche Menge an Torfpulver wird mit Hilfe eines Hochleistungshomogenisators in entionisiertem Wasser suspendiert und durch Zugabe von CaCO3 auf einen pH-Wert von 5,5 ± 0,5 eingestellt. Diese Suspension wird bei 20 ± 2 °C für mindestens zwei Tage unter sanftem Rühren konditioniert, um den pH-Wert zu stabilisieren und eine Etablierung der mikrobiellen Fauna zu ermöglichen. Der pH-Wert wird erneut bestimmt und sollte bei 6,0 ± 0,5 liegen. Nun werden die übrigen Komponenten (Sand und Kaolin-Ton) sowie entionisiertes Wasser zur Torf-Wasser-Suspension hinzugegeben und zu einem homogenen Sediment vermischt, dessen Wassergehalt 30 bis 50 % des Trockengewichts des Sediments betragen sollte. Der pH-Wert der fertigen Mischung wird erneut gemessen und erforderlichenfalls mit CaCO3 auf 6,5 bis 7,5 eingestellt. Sedimentproben nehmen, um das Trockengewicht und den Gehalt an organischem Kohlenstoff zu bestimmen. Es wird empfohlen, das formulierte Sediment vor dem Einsatz in einem Chironomiden-Toxizitätstest für sieben Tage unter denselben Bedingungen, wie sie im anschließenden Test herrschen, zu konditionieren.

Lagerung

Die trockenen Bestandteile für die Zubereitung des künstlichen Sediments können an einem trockenen und kühlen Ort bei Raumtemperatur gelagert werden. Das formulierte (feuchte) Sediment darf vor seiner Verwendung im Prüfversuch nicht gelagert werden. Es ist unmittelbar nach Ablauf der siebentägigen Konditionierung, mit der die Zubereitung abschließt, zu verwenden.

LITERATUR:

Kapitel C.8 dieses Anhangs: Toxizität für Regenwürmer.

Meller M., Egeler P., Rombke J., Schallnass H., Nagel R., Streit B. (1998): Short-term Toxicity of Lindane, Hexachlorobenzene and Copper Sulfate on Tubificid Sludgeworms (Oligochaeta) in Artificial MEDIA. Ecotox. and Environ. Safety 39: 10-20.

Anlage 4

Chemische Eigenschaften eines geeigneten Verdünnungswassers

Substanz

Konzentration

Partikel

< 20 mg/l

Gesamtgehalt an organischen Kohlenstoffen

< 2 mg/l

Nichtionisiertes Ammonium

< 1 μg/l

Härte in CaCO3

< 400 mg/l (20)

Restchlor

< 10 μg/l

Gesamtgehalt an phosphororganischen Pestiziden

< 50 ng/l

Gesamtgehalt an chlororganischen Pestiziden plus polychlorierten Biphenylen

< 50 ng/l

Gesamtgehalt an organischem Chlor

< 25 ng/l

Anlage 5

Empfehlungen für die Beobachtung des Schlüpfens der Chironomidenlarven

Die Bechergläser werden ab dem 20. Tag bis zum Versuchsende mit Emergenzfallen abgedeckt. Nachstehend ist ein Beispiel für eine derartige Falle abgebildet:

Image

A

:

Nylongaze

B

:

umgedrehte Plastikschalen

C

:

Becherglas ohne Ausguss

D

:

abgedeckte Öffnungen für den Wasseraustausch

E

:

Wasser

F

:

Sediment

C.29   LEICHTE BIOLOGISCHE ABBAUBARKEIT — BESTIMMUNG VON CO2 IN GESCHLOSSENEN FLASCHEN (HEADSPACE-TEST)

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 310 (2006). Sie beschreibt ein Screening-Verfahren zur Bestimmung der leichten biologischen Abbaubarkeit von chemischen Substanzen und liefert ähnliche Informationen wie die sechs Prüfmethoden (A bis F), die in Kapitel C.4 dieses Anhangs beschrieben sind. Daher kann eine chemische Substanz, die im Rahmen dieser Prüfmethode positive Ergebnisse zeigt, als leicht biologisch abbaubar und somit auch als unter Umweltbedingungen rasch zersetzbar angesehen werden.

2.

Die anerkannte Methode zur Bestimmung der CO2-Entwicklung (1), die auf dem ursprünglichen Sturm-Test (2) zur Bestimmung der biologischen Abbaubarkeit von organischen Substanzen durch Erfassung des durch die mikrobielle Aktivität erzeugten Kohlendioxids basiert, ist in der Regel die erste Wahl für die Prüfung von im Wasser schwer löslichen Substanzen sowie von stark adsorbierenden Substanzen. Sie wird auch für lösliche (aber nicht flüchtige) Substanzen herangezogen, da die Kohlenstoffentwicklung von vielen als der einzige eindeutige Beweis für mikrobielle Aktivität angesehen wird. Eine Abnahme des gelösten organischen Kohlenstoffs (DOC) kann durch physikalisch-chemische Prozesse (Adsorption, Verflüchtigung, Ausfällung, Hydrolyse) sowie durch mikrobielle Aktivität und zahlreiche nichtbiologische Reaktionen, die Sauerstoff verbrauchen, erreicht werden. Es ist selten, dass CO2 auf abiotische Weise aus organischen Substanzen entsteht. Beim ursprünglichen und modifizierten Sturm-Test (1)(2) wird CO2 aus der Flüssigphase entfernt und durch Sparging (d. h. Durchblasen von behandelter Luft durch das flüssige Medium zur Entfernung des CO2) in die Adsorptionsgefäße geleitet, während bei der Version von Larson (3)(4) das CO2 aus dem Reaktionsgefäß in die Adsorptionsgefäße übergeleitet wird, indem CO2-freie Luft durch den Luftraum (Headspace) geblasen und dabei das Prüfgefäß kontinuierlich geschüttelt wird. Nur in der geänderten Version von Larson wird das Reaktionsgefäß geschüttelt; dagegen wird Rühren in der ISO-Norm 9439 (5) und in der ursprünglichen amerikanischen Version (6) ausschließlich für unlösliche Substanzen vorgeschrieben, wobei beide Versionen Sparging anstelle des Headspace-Austausches vorsehen. In einer anderen offiziellen amerikanischen EPA-Methode (7), die auf der Gledhill-Methode (8) basiert, wird das Reaktionsgefäß geschüttelt und atmosphärisch verschlossen. Das gebildete CO2 wird direkt aus der Gasphase in einem Alkali-Abscheider aufgefangen, wie bei den klassischen Warburg/Barcroft-Respirometer-Kolben.

3.

Es hat sich jedoch bei der Anwendung des modifizierten Standard-Sturm-Tests auf eine Reihe von chemischen Substanzen gezeigt, dass anorganischer Kohlenstoff (IC) sich im Medium akkumuliert (9). Der Abbau von 20 mg C/l Anilin ergab eine IC-Konzentration von 8 mg/l. Dies bedeutet, dass die Ansammlung von CO2 im Alkali-Abscheider kein wahrheitsgetreues Bild der CO2-Menge liefert, die zwischenzeitlich während des Abbaus auf mikrobielle Weise erzeugt wird. Folglich wird die Auflage, wonach für die Einstufung einer Prüfsubstanz als ‚biologisch leicht abbaubar‘ > 60 % der theoretisch maximalen Menge an CO2 (ThCO2) innerhalb eines ‚10-Tage-Fensters‘ (der 10-Tage-Abschnitt, der unmittelbar auf das Erreichen von 10 % Abbau folgt) erreicht sein muss, für einige Substanzen nicht erreicht, die bei Zugrundelegung der DOC-Abnahme in dieser Kategorie eingestuft worden wären.

4.

Ist der Abbaugrad niedriger als erwartet, so hat möglicherweise eine Akkumulation des IC in der Prüflösung stattgefunden. In diesem Fall kann die biologische Abbaubarkeit nach anderen Verfahren zur Bestimmung der ‚leichten‘ biologischen Abbaubarkeit bewertet werden.

5.

Andere Nachteile der Sturm-Methode (umständlich, zeitaufwändig, anfälliger für Versuchsfehler und nicht geeignet für flüchtige Substanzen) waren früher bereits der Anlass dafür, anstelle des Gasdurchflusssystems nach einer anderen Technik mit geschlossenen Gefäßen als der von Gledhill zu suchen (10)(11). Boatman et al (12) haben frühere Methoden überprüft und sich für ein System mit geschlossenem Luftraum entschieden, bei dem CO2 am Ende der Inkubation durch Ansäuerung des Mediums in den Headspace freigesetzt wird. Das CO2 wurde mittels Gaschromatografie (GC)/IC-Analyse in automatisch aus dem Headspace entnommenen Proben gemessen, wobei der gelöste anorganische Kohlenstoff (DIC) in der Flüssigphase jedoch nicht berücksichtigt wurde. Auch waren die verwendeten Gefäße sehr klein (20 ml) und fassten nicht mehr als 10 ml des Mediums, was sich als problematisch erwies, z. B. wenn zwangsläufig nur sehr kleine Mengen unlöslicher Prüfsubstanz hinzugefügt wurden. Auch kann es sein, dass das inokulierte Medium nicht genügend oder keine Mikroorganismen enthält, durch die die Prüfsubstanzen abgebaut werden konnten.

6.

Diese Probleme wurden durch die unabhängigen Studien von Struijs und Stoltenkamp (13) und von Birch und Fletcher (14) überwunden, wobei letztere sich von ihren Erfahrungen mit den in Prüfmethoden für die anaerobe biologische Abbaubarkeit verwendeten Geräten hatten inspirieren lassen (15). Bei der erstgenannten Methode (13) wird das CO2 im Headspace nach Ansäuerung und Herstellung eines Gleichgewichtszustands bestimmt, während bei letztgenannter Methode (14) der DIC sowohl in der Gasphase als auch in der Flüssigphase ohne Behandlung bestimmt wird; über 90 % des gebildeten IC befanden sich in der Flüssigphase. Gegenüber dem Sturm-Test hatten beide Methoden den Vorteil, dass das Prüfsystem kompakter und leichter zu handhaben war, flüchtige Substanzen getestet werden können und dem Risiko einer Verzögerung bei der Bestimmung des gebildeten CO2 zuvorgekommen wird.

7.

Diese beiden Konzepte wurden in der ISO-Norm für den CO2-Headspace-Test (16) miteinander kombiniert, die einem Ringtest unterzogen wurde (17) und die Grundlage für die vorliegende Prüfmethode bildet. Die beiden Konzepte wurden auch in der amerikanischen EPA-Methode (18) angewendet. Es wurden zwei Methoden für die CO2-Bestimmung empfohlen: Bestimmung des CO2 im Headspace nach Ansäuerung (13) und Bestimmung des IC in der Flüssigphase nach Zugabe von überschüssigem Alkali. Letztere Methode wurde von Peterson während des CONCAWE-Ringtests (19) dieser modifizierten Headspace-Methode eingeführt, um die inhärente biologische Abbaubarkeit zu bestimmen. Die Änderungen, die im Rahmen der Revision 1992 (20) der in Kapitel C.4 dieses Anhangs beschriebenen Prüfmethoden für die ‚leichte‘ biologische Abbaubarkeit vorgenommen wurden, sind in die vorliegende Prüfmethode einbezogen worden, so dass die Bedingungen (Medium, Dauer usw.) im Übrigen die gleichen sind wie bei dem überarbeiteten Sturm-Test (20). Birch und Fletcher (14) haben nachgewiesen, dass die mit dieser Headspace-Prüfmethode erzielten Ergebnisse den im OECD-Ringtest (21) der überarbeiteten Prüfmethoden mit denselben Chemikalien erzielten Ergebnisse sehr ähnlich sind.

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

8.

Die Prüfsubstanz (in der Regel 20 mg/l Kohlenstoff) wird als einzige Kohlenstoff- und Energiequelle zu einem Mineralsalz-Puffermedium gegeben, das mit einer Mischpopulation von Mikroorganismen beimpft wurde. Der Versuch wird in geschlossenen Gefäßen mit einem Luftraum (Headspace) durchgeführt, der als Sauerstoffreservoir für den aeroben Abbau dient. Die aus dem vollständigen aeroben biologischen Abbau der Prüfsubstanz resultierende CO2-Entwicklung wird bestimmt, indem der in den Prüfflaschen gebildete überschüssige IC mit dem in den Blindwertgefäßen, die nur das Inokulum enthalten, verglichen wird. Der Abbaugrad wird als Prozentwert der theoretischen maximalen Menge an anorganischem Kohlenstoff (ThIC) ausgedrückt, die wiederum aus der ursprünglich zugegebenen Menge an Prüfsubstanz (als organischer Kohlenstoff) berechnet wird.

9.

Die DOC-Abnahme und/oder der Primärabbau der Prüfsubstanz können ebenfalls bestimmt werden (20).

ANGABEN ZUR PRÜFSUBSTANZ

10.

Der Gehalt an organischem Kohlenstoff (Massenanteil) der Prüfsubstanz muss bekannt sein, sei es aufgrund ihrer chemischen Struktur oder durch Messung, damit der prozentuale Abbau berechnet werden kann. Bei flüchtigen Prüfsubstanzen ist eine gemessene oder berechnete Henry-Konstante für die Bestimmung eines angemessenen Verhältnisses von Headspace zu Flüssigkeit hilfreich. Angaben über die Toxizität der Prüfsubstanz gegenüber Mikroorganismen sind wichtig für die Auswahl einer geeigneten Prüfkonzentration und die Auslegung der Ergebnisse bei geringem Abbau: Es wird empfohlen, eine Hemmkontrolle vorzusehen, außer wenn bekannt ist, dass die Prüfsubstanz mikrobielle Aktivitäten nicht hemmt (siehe Nummer 24).

ANWENDUNGSBEREICH DER METHODE

11.

Diese Methode ist auf wasserlösliche und wasserunlösliche Substanzen anwendbar, allerdings ist für eine gute Dispersion der Prüfsubstanz zu sorgen. Bei Anwendung des empfohlenen Verhältnisses von Headspace zu Flüssigkeit von 1:2 können flüchtige Substanzen mit einer Henry-Konstante von bis zu 50 Pa.m3.mol–1 getestet werden, da der Anteil der Prüfsubstanz im Headspace höchstens 1 % beträgt (13). Ein kleineres Headspace-Volumen kann für die Testung von Prüfsubstanzen mit höherer Flüchtigkeit verwendet werden, allerdings kann ihre Bioverfügbarkeit begrenzt sein, insbesondere wenn es sich um in Wasser schwer lösliche Substanzen handelt. Es ist jedoch sicherzustellen, dass das Verhältnis von Headspace zu Flüssigkeit und die Konzentration der Prüfsubstanz so bemessen sind, dass ein ausreichendes Volumen an Sauerstoff vorhanden ist, um einen vollständigen aeroben biologischen Abbau zu ermöglichen (Eine hohe Konzentration an Prüfsubstanz und ein kleines Headspace-Volumen sollten z. B. vermieden werden). Leitlinien hierzu sind in (13)(23) zu finden.

REFERENZSUBSTANZEN

12.

Zur Kontrolle des Prüfverfahrens sollte parallel eine Referenzsubstanz getestet werden, deren biologische Abbaubarkeit bekannt ist. Zu diesem Zweck können Anilin, Natriumbenzoat oder Ethylenglykol bei der Testung von wasserlöslichen Substanzen und Octan-1-ol für schwer lösliche Prüfsubstanzen verwendet werden (13). Der biologische Abbau dieser Substanzen muss nach 14 Tagen > 60 % des ThIC erreichen.

REPRODUZIERBARKEIT

13.

Der ISO-Ringtest der Prüfmethode (17), der unter den empfohlenen Bedingungen, einschließlich einer Prüfkonzentration von 20 mg/l Kohlenstoff, durchgeführt wurde, brachte folgende Ergebnisse:

Prüfsubstanz

Mittelwert des prozentualen biologischen Abbaus

(28d)

Variationskoeffizient

(%)

Anzahl der Laboratorien

Anilin

90

16

17

Octan-1-ol

85

12

14

Bei der Verwendung von Anilin war die Variabilität innerhalb desselben Tests (Reproduzierbarkeit) mit einem Variationskoeffizienten von maximal 5 % bei nahezu allen Testdurchläufen niedrig. In den beiden Fällen, in denen die Reproduzierbarkeit schlechter war, war die größere Variabilität wahrscheinlich der hohen IC-Produktion in den Blindwertansätzen zuzuschreiben. Bei Octan-1-ol war die Reproduzierbarkeit schlechter, wobei die Variabilität jedoch in 79 % der Testdurchläufe weniger als 10 % betrug. Diese größere Variabilität innerhalb desselben Tests könnte auf Dosierfehlern beruhen, da ein kleines Volumen (3 bis 4 μl) Ocant-1-ol in die geschlossenen Prüfflaschen injiziert werden musste. Geringere Prüfsubstanzkonzentrationen würden höhere Variationskoeffizienten ergeben, insbesondere Konzentrationen von weniger als 10 mg/l Kohlenstoff. Dieses Problem lässt sich zum Teil dadurch beheben, dass die Konzentration des gesamten anorganischen Kohlenstoffs (TIC) im Inokulum reduziert wird.

14.

In einem EU-Ringtest (24) von fünf Tensiden in einer Konzentration von 10 mg/l Kohlenstoff wurden folgende Ergebnisse erzielt:

Prüfsubstanz

Mittelwert des prozentualen biologischen Abbaus

(28d)

Variationskoeffizient

(%)

Anzahl der Laboratorien

Tetrapropylen

benzolsulfonat

17

45

10

Di-iso-Octylsulfosuccinat

(anionisch)

72

22

9

Hexadecyl-trimethyl (21)- ammoniumchlorid

(kationisch)

75

13

10

Iso-Nonylphenol-(Ethoxylat)9

(nichtionisch)

41

32

10

Cocoamidopropyl-

Dimethylhydroxy-

Sulfobetain

(amphoter)

60

23

11

Die Ergebnisse zeigen, dass die Variabilität in der Regel bei den weniger gut abgebauten Tensiden höher war. Die Variabilität innerhalb desselben Tests betrug in über 90 % der Fälle weniger als 15 % und lag maximal bei 30 bis 40 %.

Anmerkung:

Die meisten Tenside bestehen nicht nur aus einer Molekülart, sondern sind Mischungen aus Isomeren, Homologen usw., die nach verschiedenen lag-Phasen und mit unterschiedlicher kinetischer Geschwindigkeit abbauen. Dies führt zu ‚verwischten‘, abgeschwächten Kurven, so dass der Grenzwert von 60 % möglicherweise nicht innerhalb des ‚10-Tage-Fensters‘ erreicht wird, selbst wenn jede einzelne Molekülart gesondert getestet den Wert von > 60 % innerhalb von 10 Tagen erreichen würde. Dies ist auch bei anderen komplexen Mischungen zu beobachten.

BESCHREIBUNG DER PRÜFMETHODE

Geräte

15.

Übliche Laborausrüstung und folgende Geräte:

a)

Glasserumflaschen, mit Butylgummisepten und Aluminiumkrampen verschließbar. Empfohlen wird eine Größe von 125 ml bei einem Flaschenvolumen von ca. 160 ml (In diesem Fall muss das Volumen der einzelnen Flaschen 160 ± 1 ml betragen). Kleinere Gefäße können verwendet werden, wenn die Ergebnisse den Bedingungen unter den Nummern 66 und 67 entsprechen;

b)

Kohlenstoffanalysator oder sonstiges Gerät zur Bestimmung des anorganischen Kohlenstoffs (z. B. Gaschromatograph);

c)

Präzisionsspritzen für Gas- und Flüssigproben;

d)

Orbitalschüttler in temperaturkontrollierter Umgebung;

e)

Vorrichtung für die Zufuhr von CO2-freier Luft — Hierzu kann Luft über Natronkalkgranulat oder durch eine Gasmischung aus 80 % N2 und 20 % 02 geleitet werden (optional) (siehe Nummer 28);

f)

Filtrationsvorrichtung mit Membranfilter (Porenweite zwischen 0,20 μm und 0,45 μm) (optional);

g)

Analysator zur Bestimmung des organischen Kohlenstoffs (optional).

Reagenzien

16.

Nur Reagenzien des Reinheitsgrades ‚zur Analyse‘ verwenden.

Wasser

17.

Wasser, destilliert oder entionisiert, mit weniger als 1 mg/l an gesamtem organischem Kohlenstoff. Dies entspricht ≤ 5 % des durch die empfohlene Prüfsubstanzdosis bedingten ursprünglichen Gehalts an organischem Kohlenstoff.

Stammlösungen für das Mineralsalzmedium

18.

Die Stammlösungen und das Mineralsalzmedium sind mit denen der ISO-Norm 14593 (16) und der C.4-Prüfmethoden zur Bestimmung der ‚leichten‘ biologischen Abbaubarkeit (20) vergleichbar. Höhere Konzentrationen an Ammoniumchlorid (2,0 g/l anstelle von 0,5 g/l) sollten nur in ganz besonderen Ausnahmefällen erforderlich sein, z. B. bei einer Prüfsubstanzkonzentration von > 40 mg/l Kohlenstoff. Stammlösungen sind gekühlt zu lagern und werden nach sechs Monaten oder bei festgestellten Niederschlägen oder mikrobiellem Wachstum früher verworfen. Folgende Stammlösungen zubereiten:

a)

Kaliumdihydrogenorthophosphat (KH2PO4) 8,50 g

Dikaliummonohydrogenorthophosphat (K2HPO4) 21,75 g

Dinatriummonohydrogenorthophosphat-Dihydrat (Na2HPO4·2H2O) 33,40 g

Ammoniumchlorid (NH4Cl) 0,50 g

In Wasser lösen und auf 1 Liter auffüllen. Der pH-Wert der Lösung sollte bei 7,4 (± 0,2) liegen. Wenn dies nicht der Fall ist, eine neue Lösung herstellen.

b)

Calciumchlorid-Dihydrat (CaCl2·2H2O) 36,40 g

In Wasser lösen und auf 1 Liter auffüllen.

c)

Magnesiumsulfat-Heptahydrat (MgSO4·7H2O) 22,50 g

In Wasser lösen und auf 1 Liter auffüllen.

d)

Eisen(III)chlorid-Hexahydrat (FeCl3·6H20) 0,25 g

In Wasser lösen und auf 1 Liter auffüllen und einen Tropfen HCl-Konzentrat hinzufügen.

Zubereitung des mineralischen Mediums

19.

10 ml Lösung (a) mit 800 ml Wasser (Nummer 17) mischen, je 1 ml der Lösungen b), c) und d) hinzugeben und mit Wasser auf 1 Liter auffüllen (Nummer 17).

Andere Reagenzien

20.

Konzentrierte Orthophosphorsäure (H3PO4) (> 85 % Masse pro Volumen).

Natriumhydroxid-Lösung 7M

21.

280 g Natriumhydroxid (NaOH) in 1 Liter Wasser (Nummer 17) lösen. Die Konzentration an gelöstem anorganischem Kohlenstoff (DIC) bestimmen und diesen Wert bei der Berechnung des Testergebnisses berücksichtigen (siehe Nummern 55 und 61), insbesondere im Hinblick auf das Validitätskriterium unter Nummer 66 b). Eine frische Lösung zubereiten, wenn die DIC-Konzentration zu hoch ist.

Prüfsubstanz

22.

Bei ausreichend wasserlöslichen Prüfsubstanzen eine Stammlösung in Wasser (Nummer 17) oder im Testmedium (Nummer 19) herstellen. Die Konzentration sollte möglichst 100-mal größer sein als die im Versuch verwendete endgültige Konzentration. Es kann erforderlich sein, den pH-Wert einzustellen. Ein ausreichendes Volumen der Stammlösung zum mineralischen Medium geben, um eine TOC-Konzentration zwischen 2 und 40 mg/l Kohlenstoff, vorzugsweise jedoch 20 mg/l Kohlenstoff zu erhalten. Bei geringeren Konzentrationen kann es sein, dass sich die Genauigkeit verschlechtert. Lösliche und nicht lösliche flüssige Substanzen können direkt mit Hilfe von Präzisionsspritzen in die Gefäße gegeben werden. Für schwer oder nicht lösliche Prüfsubstanzen kann eine besondere Behandlung erforderlich sein (25). Folgende Techniken stehen zur Wahl:

a)

Direkteinwaage;

b)

Ultraschalldispersion vor Zugabe der Prüfsubstanz;

c)

Dispersion mit Hilfe eines Emulgiermittels; vor Zugabe des Mittels ist festzustellen, ob es sich hemmend oder stimulierend auf die mikrobielle Aktivität auswirkt;

d)

Adsorption von flüssigen Prüfsubstanzen oder einer mit einem geeigneten Lösungsmittel hergestellten Lösung an ein inertes Medium oder inertes Trägermaterial (z. B. Glasfaserfilter) mit anschließender Verdampfung des Lösungsmittels (sofern eines verwendet wurde) und Direkteinwaage;

e)

Zugabe eines bekanntes Volumens einer Lösung der Prüfsubstanz in einem leicht flüchtigen Lösungsmittel in ein leeres Prüfgefäß mit anschließender Verdampfung des Lösungsmittels.

Bei den für die Techniken c), d) und e) verwendeten Vermittlern und Lösungsmitteln ist zu testen, ob sie sich stimulierend oder hemmend auf die mikrobielle Aktivität auswirken (siehe Nummer 42 b).)

Referenzsubstanz

23.

Eine Stammlösung der (löslichen) Referenzsubstanz in Wasser (Nummer 17) in einer Konzentration zubereiten, die möglichst 100-mal größer ist als die im Versuch zu verwendende endgültige Konzentration (20 mg/l Kohlenstoff).

Hemmkontrolle

24.

Es kommt häufig vor, dass unter den Bedingungen, die für die Beurteilung des leichten biologischen Abbaus zugrunde gelegt werden, kein signifikanter Abbau der Prüfsubstanzen festzustellen ist. Eine mögliche Ursache ist, dass sich die Prüfsubstanz in der Konzentration, in der sie im Test aufgetragen wird, hemmend auf das Inokulum auswirkt. Eine Hemmkontrolle kann in den Versuchsaufbau einbezogen werden, um (rückblickend) eine Hemmung als mögliche Ursache oder beitragenden Faktor leichter ausmachen zu können. Die Hemmkontrolle kann auch dazu dienen, derartige Interferenzen auszuschließen und nachzuweisen, dass der nicht stattgefundene oder schwache Abbau ausschließlich auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass die Mikroorganismen die Prüfsubstanz unter den Prüfbedingungen nicht angreifen. Um Informationen über die Toxizität der Prüfsubstanz gegenüber (aeroben) Mikroorganismen zu erhalten, eine Lösung aus Prüfsubstanz und Referenzsubstanz (Nummer 19) im Prüfmedium herstellen, dabei für beide Substanzen jeweils dieselbe Konzentration wie die im Versuch zugefügte Konzentration verwendeten (siehe Nummern 22 und 23).

Inokulum

25.

Das Inokulum kann aus verschiedenen Quellen gewonnen werden: aus Belebtschlamm, aus Kläranlagenablauf (nicht chloriert), aus Oberflächenwasser, aus Böden oder aus mehreren dieser Quellen zugleich (20). Die Abbauaktivität der Quelle sollte mit Hilfe einer Referenzsubstanz überprüft werden. Ungeachtet der Quelle sollten vorexponierte Mikroorganismen nicht eingesetzt werden, wenn das Verfahren als Test für leichte biologische Abbaubarkeit verwendet werden soll.

Warnung:

Belebtschlamm, Abwasser und Kläranlagenablauf können pathogene Organismen enthalten und sind daher mit Vorsicht zu handhaben.

26.

Das für das Inokulum optimale Volumen ist erfahrungsgemäß das Volumen, das

ausreicht, um eine genügende Abbauaktivität zu ermöglichen;

die Referenzsubstanz zum vorgesehenen Prozentgrad abbaut (siehe Nummer 66);

zwischen 102 und 105 koloniebildende Einheiten je ml Endgemisch ergibt;

üblicherweise 4 mg/l suspendierte Stoffe aus Belebtschlamm im Endgemisch ergibt (höhere Konzentrationen bis zu 30 mg/l sind möglich, können aber zu einem deutlichen Anstieg der CO2-Produktion in den Blindwerten führen (26));

eine Menge von weniger als 10 % der ursprünglichen Konzentrationen an organischem Kohlenstoff der zugegebenen Prüfsubstanz liefert;

in der Regel 1-10 ml Inokulum für 1 Liter Testlösung beträgt.

Belebtschlamm

27.

Eine Belebtschlammprobe ist dem Belebungsbecken einer Kläranlage oder dem Belüftungsgefäß einer Laborkläranlage, die hauptsächlich kommunale Abwässer behandeln, frisch zu entnehmen. Falls erforderlich, sind grobe Partikel durch ein feinmaschiges Sieb (z. B. mit 1 mm2 Siebmaschengröße) auszusieben; danach ist der Schlamm bis zur Verwendung aerob zu halten.

28.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Schlamm nach Abtrennung grober Partikel absitzen zu lassen oder zu zentrifugieren (z. B. 10 Min. bei 1 100 g). Der Überstand wird verworfen und der Schlamm kann im mineralischen Medium gewaschen werden. Der konzentrierte Schlamm wird in einem mineralischen Medium suspendiert, um eine Konzentration von 3 bis 5 g suspendierte Feststoffe pro Liter zu erhalten. Anschließend wird bis zur Verwendung belüftet.

29.

Der Schlamm sollte von einer gut arbeitenden konventionellen Anlage genommen werden. Wenn Schlamm aus einer Abwasserkläranlage verwendet werden muss, der vermutlich Substanzen mit hemmender Wirkung enthält, ist er zu waschen. Dazu lässt man den resuspendierten Schlamm nach gründlichem Durchmischen absitzen oder zentrifugiert ihn, verwirft anschließend den Überstand und suspendiert den gewaschenen Schlamm in einem weiteren Volumen mineralischen Mediums erneut. Diese Schritte sind so lange zu wiederholen, bis der Schlamm als frei von übermäßigem Substrat oder Hemmsubstanz angesehen wird.

30.

Nach vollständiger Resuspension oder bei unbehandeltem Schlamm ist unmittelbar vor Gebrauch das Trockengewicht der suspendierten Feststoffe zu bestimmen.

31.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Homogenisierung von Belebtschlamm (3 bis 5 g suspendierte Feststoffe pro Liter). Dazu wird der Schlamm 2 Min. bei mittlerer Geschwindigkeit in einer mechanischen Mischvorrichtung durchmischt. Danach lässt man den durchmischten Schlamm 30 Min., wenn erforderlich länger, absitzen und dekantiert die als Inokulum zu verwendende Flüssigkeit im Verhältnis von 10 mg pro Liter mineralischen Mediums.

32.

Eine weitere Reduzierung der CO2-Entwicklung in den Blindwertansätzen kann erreicht werden, indem der Schlamm über Nacht mit CO2-freier Luft belüftet wird. Als Inokulumkonzentration in diesem Versuch 4 mg/l Belebtschlammfeststoffe verwenden (13).

Sekundärabwasserablauf

33.

Alternativ kann das Inokulum aus dem Sekundärablauf einer Kläranlage oder einer Laborkläranlage entnommen werden, in der vor allem kommunale Abwässer behandelt werden. Die Probe aerob halten und am Tag der Probenahme verwenden oder, falls erforderlich, eine Vorkonditionierung vornehmen. Die Ablaufprobe filtrieren, um grobe Partikel zu entfernen, und den pH-Wert messen.

34.

Zu Reduzierung des IC-Gehalts das Filtrat mit CO2-freier Luft (Nummer 15-e) 1 Std. lang belüften; dabei den pH-Wert durch Zudosieren von Orthophosphorsäure (Nummer 20) bei 6,5 halten. Danach den pH-Wert mit Natriumhydroxid (Nummer 21) wieder auf den Ausgangswert einstellen, die Probe 1 Std. absitzen lassen und ein geeignetes Volumen aus dem Überstand zur Beimpfung verwenden. Dieses Sparging-Verfahren verringert den IC-Gehalt des Inokulums. Wenn z. B. das Maximum des empfohlenen Testvolumens von 100 ml filtrierten Ablaufs je Liter als Inokulum eingesetzt wird, dann liegt die Menge des in den Prüfgefäßen für die Blindkontrolle gebildeten IC im Bereich 0,4 mg/l bis 1,3 mg/l (14), was 2 bis 6,5 % des Kohlenstoffs der Prüfsubstanz bei 20 mg C/l und 4 bis 13 % bei 10 mg C/l entspricht.

Oberflächengewässer

35.

Aus einem geeigneten Oberflächengewässer eine Probe entnehmen, die unter aeroben Bedingungen zu halten und am Tag der Probenahme zu verwenden ist. Falls erforderlich ist die Probe durch Filtration oder Zentrifugation zu konzentrieren. Das für die einzelnen Prüfgefäße zu verwendende Inokulumvolumen muss die Kriterien von Nummer 26 erfüllen.

Böden

36.

Aus einem geeigneten Boden in einer Tiefe von bis zu 20 cm unter der Oberfläche eine Probe entnehmen. Steine, pflanzliche Reste und Invertebraten sollten aus der Bodenprobe entfernt werden, bevor diese durch ein 2-mm-Sieb passiert wird (falls die Probe zu feucht ist, um unmittelbar gesiebt zu werden, kann sie zum Teil luftgetrocknet werden, um das Sieben zu erleichtern). Die Probe ist unter aeroben Bedingungen zu halten und am Tag der Probenahme zu verwenden. (Wird die Probe in einem schwarzen, locker verschlossenen Polyethylenbeutel transportiert, so kann sie bis zu einem Monat lang bei 2 bis 4 °C gelagert werden).

Vorbereitung der Inokula

37.

Die Inokula können an die Versuchsbedingungen, nicht aber an die Prüfsubstanz adaptiert werden. Durch die Vorkonditionierung lässt sich die CO2-Entwicklung im Blindwert reduzieren. Zur Vorkonditionierung wird der Belebtschlamm, nachdem er im Prüfmedium auf 30 mg/l verdünnt wurde, über eine Dauer von fünf bis sieben Tagen bei Prüftemperatur mit feuchter CO2-freier Luft belüftet.

PRÜFVERFAHREN

Anzahl der Flaschen

38.

Die Anzahl der benötigten Prüfgefäße (Nummer 15-a) hängt von der Häufigkeit der Analysen und der Testdauer ab.

39.

Es wird empfohlen, die Flaschen dreifach zu analysieren, und zwar in ausreichenden Zeitabständen, um das 10-Tage-Fenster erkennen zu können. Es werden ebenfalls mindestens fünf Prüfflaschen (Nummer 15-a) der Versuchsreihen a), b) und c) (siehe Nummer 42) am Versuchsende analysiert, um für den Mittelwert des prozentualen biologischen Abbaus Konfidenzintervalle von 95 % berechnen zu können.

Inokulum

40.

Als Inokulum wird Belebtschlamm mit einer Konzentration an trockenen Feststoffen von 4 mg/l verwendet. Unmittelbar vor Gebrauch eine ausreichende Menge Inokulum zubereiten, indem z. B. 2 ml auf geeignete Weise behandelter Belebtschlamm (Nummern 27 bis 32) in einer Konzentration von 2 000 mg/l zu 1 Liter Mineralsalzmedium (Nummer 19) hinzugegeben wird. Bei der Verwendung von Abwasser bis zu 100 ml Abwasser (Nummer 33) zu 900 ml Mineralsalzmedium (Nummer 19) hinzugeben und mit dem Medium auf 1 Liter auffüllen.

Ansatz der Flaschen

41.

Portionen des Inokulums so auf die Replikatgefäße verteilen, dass das Verhältnis von Headspace zu Flüssigkeit 1:2 beträgt (z. B. 107 ml in Flaschen mit einem Fassungsvermögen von 160 ml geben). Es kann auch ein anderes Verhältnis verwendet werden, doch ist dabei die Warnung unter Nummer 11 zu beachten. Unabhängig von der Art des verwendeten Inokulums ist darauf zu achten, dass dieses gründlich gemischt wird, um zu gewährleisten, dass es gleichmäßig auf die Prüfflaschen verteilt ist.

42.

Die Flaschenreihen (Nummer 15a) werden wie folgt vorbereitet:

a)

Prüfgefäße (FT bezeichnet) mit der Prüfsubstanz;

b)

Prüfgefäße (FB bezeichnet) für den Blindwert, nur mit Prüfmedium und Inokulum; alle für die Applikation der Prüfsubstanz in die Prüfgefäße verwendeten Chemikalien, Lösungsmittel, Vermittler oder Glasfaserfilter sind ebenfalls hinzuzufügen;

c)

Prüfgefäße (FC bezeichnet) mit der Referenzsubstanz zur Kontrolle des Verfahrens;

d)

falls erforderlich, Prüfgefäße (FI bezeichnet) zur Prüfung einer möglichen Hemmwirkung der Prüfsubstanz; die Gefäße enthalten die Prüfsubstanz und die Referenzsubstanz in jeweils derselben Konzentration (Nummer 24) wie die Flaschen FT bzw. FC;

e)

Prüfgefäße (FS bezeichnet) zur Prüfung eines möglichen abiotischen Abbaus; wie unter a) plus 50 mg/l HgCl2 oder auf andere Weise sterilisiert (z. B. durch Autoklavieren).

43.

Wasserlösliche Prüfsubstanzen und Referenzsubstanzen werden als wässrige Lösungen (Nummern 22, 23 und 24) hinzugefügt, um eine Konzentration von 10 bis 20 mg C/l zu erhalten.

44.

Nicht wasserlösliche Prüfsubstanzen und nicht wasserlösliche Referenzsubstanzen werden je nach Art der Prüfsubstanz auf verschiedene Weise in die Flaschen gegeben (siehe Nummer 22a-e), und zwar abhängig von der Methode zur Behandlung der Prüfsubstanz entweder vor oder nach der Zugabe des Inokulums. Wird eines der unter Nummer 22a-e beschriebenen Verfahren angewendet, so sind die Flaschen FB für den Blindwert (Nummer 42b) genauso zu behandeln, nur dass sie weder die Prüfsubstanz noch die Referenzsubstanz enthalten.

45.

Flüchtige Prüfsubstanzen mit Hilfe einer Mikrospritze in die verschlossenen Gefäße (Nummer 47) injizieren. Die Dosis berechnet sich aus dem injizierten Volumen und der Dichte der Prüfsubstanz.

46.

Die Prüfgefäße erforderlichenfalls mit Wasser auffüllen, bis in allen Gefäßen dasselbe Flüssigkeitsvolumen erreicht ist. Sicherstellen, dass das Verhältnis Headspace zu Flüssigkeit (in der Regel 1:2) und die Konzentration der Prüfsubstanz so bemessen sind, dass ein ausreichendes Volumen an Sauerstoff im Headspace vorhanden ist, um einen vollständigen biologischen Abbau zu ermöglichen.

47.

Alle Gefäße dann dicht verschließen, z. B. mit Butylgummisepten und Aluminiumkrampen. Flüchtige Prüfsubstanzen sind in dieser Phase hinzuzufügen (Nummer 45). Wenn die Abnahme der DOC-Konzentration in der Prüflösung bestimmt und die ursprüngliche IC-Konzentration zum Zeitpunkt Null (sterile Kontrollen, Nummer 42e) oder sonstige Parameter bestimmt werden sollen, wird eine entsprechende Probe aus dem Prüfgefäß entnommen. Das Prüfgefäß wird dann samt Inhalt verworfen.

48.

Die verschlossenen Flaschen auf einen Orbitalschüttler stellen (Nummer 15d); dabei darauf achten, dass die Schüttelgeschwindigkeit ausreicht, um eine gute Durchmischung der Flascheninhalte zu erreichen (z. B. 150 bis 200 rpm); im Dunkeln bei 20 °C ± 1 °C inkubieren.

Probenahme

49.

Das Probenahmeschema richtet sich nach der lag-Phase und der kinetischen Geschwindigkeit des biologischen Abbaus der Prüfsubstanz. Die Flaschen werden am Tag der Probenahme für Analysen entnommen. Dies ist mindestens einmal in der Woche erforderlich, kann aber auch öfters (z. B. zweimal pro Woche) erforderlich sein, um eine vollständige Abbaukurve zu erhalten. Die benötigte Anzahl Replikatgefäße der Versuchsreihen FT, FB und FC und, falls erforderlich, FI und FS vom Laborschüttler nehmen (siehe Nummer 42). Der Test dauert üblicherweise 28 Tage. Er kann vorzeitig beendet werden, wenn die Abbaukurve zeigt, dass die Plateau-Phase vor dem 28. Tag erreicht wurde. Proben aus den für den 28 Tag des Test für Analysen bestimmten Flaschen entnehmen und die Ergebnisse zur Berechnung der Konfidenzgrenzen oder des Variationskoeffizienten des prozentualen biologischen Abbaus verwenden. Die für die Hemmkontrollen und für die Kontrolle des abiotischen Abbau bestimmten Flaschen brauchen nicht so häufig beprobt zu werden wie die anderen Flaschen; Probenahmen am 1. und am 28. Tag reichen aus.

Analyse des anorganischen Kohlenstoffs (IC)

50.

Das in den Flaschen gebildete CO2 durch Messung der Zunahme der Konzentration an anorganischem Kohlenstoff (IC) während der Inkubation bestimmen. Zur Bestimmung des während des Tests gebildeten IC werden die beiden nachstehend beschriebenen Verfahren empfohlen. Da die Verfahren geringfügig unterschiedliche Ergebnisse liefern können, darf in einem Testlauf nur eines davon verwendet werden.

51.

Methode a) wird empfohlen, falls damit zu rechnen ist, dass das Medium Reste z. B. von Galsfilterpapier und/oder nicht löslicher Prüfsubstanz enthält. Für diese Analyse kann ein Gaschromatograph verwendet werden, falls kein Kohlenstoffanalysator zur Verfügung steht. Es ist wichtig, dass die Flaschen (fast) Prüftemperatur haben, wenn das Gas im Headspace analysiert wird. Methode b) ist möglicherweise einfacher für Labors, die zur IC-Bestimmung Kohlenstoffanalysatoren verwenden. Es ist wichtig, dass die für die Umsetzung von CO2 zu Carbonat verwendete Natriumhydroxidlösung (Nummer 21) entweder frisch zubereitet wird oder ihr IC-Gehalt bekannt ist, damit dieser Wert bei der Berechnung der Testergebnisse berücksichtigt werden kann (siehe Nummer 66-b.)

Verfahren a):   Ansäuerung auf pH < 3

52.

Vor jeder Versuchsreihe wird der Kohlenstoffanalysator mit einem geeigneten Standard (z. B. 1 % w/w CO2 in N2) kalibriert. Konzentrierte Orthophosphorsäure (Nummer 20) (z. B. 1 ml je 107 ml Prüfmedium hinzufügen) wird durch das Septum jedes Prüfgefäßes injiziert, um den pH-Wert des Mediums auf < 3 zu senken. Die Flaschen zurück auf den Laborschüttler stellen. Nach 1 Std. Schütteln bei Prüftemperatur die Flaschen wieder vom Laborschüttler herunternehmen, Gasportionen (z. B. 1 ml) aus dem Headspace der einzelnen Flaschen entnehmen und in den IC-Analysator injizieren. Die gemessenen IC-Konzentrationen werden in mg C/l notiert.

53.

Das Prinzip dieses Verfahrens besteht darin, dass nach Ansäuerung auf pH < 3 und Einstellung des Gleichgewichts bei einer Temperatur von 20 °C die Gleichgewichtskonstante für die Verteilung des CO2 zwischen der flüssigen und der gasförmigen Phase in den Prüfgefäßen bei 1,0 liegt, wenn nach Konzentration gemessen wird (13). Dies ist für das Prüfsystem mindestens einmal wie folgt zu überprüfen:

Flaschen mit 5 und 10 mg/l anorganischem Kohlenstoff ansetzen; hierzu eine Lösung von wasserfreiem Natriumcarbonat (Na2CO3) in CO2-freies Wasser geben, das wie folgt hergestellt wurde: Ansäuern von Wasser auf pH 6,5 mit konzentrierter Orthophosphorsäure (Nummer 20), Begasen über Nacht mit CO2-freier Luft und Neutralisierung des pH mit Alkali. Sicherstellen, dass das Verhältnis Headspace-Volumen zu Flüssigkeitsvolumen dem der Testansätze (z. B. 1:2) entspricht. Ansäuern und Einstellen des Gleichgewichts wie unter Nummer 52 beschrieben; IC-Konzentrationen im Headspace und in der Flüssigphase bestimmen. Prüfen, ob beide Konzentrationen innerhalb des Versuchfehlers denselben Wert liefern. Wenn nicht, sollte der Experimentator seine Verfahren überprüfen. Diese Kontrolle der IC-Verteilung zwischen flüssiger und gasförmiger Phase braucht nicht bei jedem Test durchgeführt werden; sie könnte auch während des Kalibrierens erfolgen.

54.

Wenn die DOC-Abnahme zu bestimmen ist (nur bei wasserlöslichen Prüfsubstanzen), sollten die Proben aus der Flüssigphase separater Flaschen (ohne Ansäuerung) entnommen, membranfiltriert und in den DOC-Analysator injiziert werden. Diese Flaschen können erforderlichenfalls auch für andere Analysen zur Bestimmung des Primärabbaus verwendet werden.

Verfahren b):   Umsetzung von CO2 zu Carbonat

55.

Vor jeder Versuchsreihe wird der Kohlenstoffanalysator mit einem geeigneten Standard (z. B. eine Lösung von Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3) in CO2-freiem Wasser (siehe Nummer 53) in Konzentrationen von 0 mg/l bis 20 mg/l) kalibriert. Dann Natriumhydroxid-Lösung (7M, Nummer 21) (z. B. 1 ml zu 107 ml Medium) durch das Septum in jede für die Probenahme bestimmte Flasche injizieren und die Flaschen 1 Std. bei Prüftemperatur schütteln. Für alle an einem bestimmten Tag verworfenen Flaschen wird dieselbe NaOH-Lösung verwendet, allerdings nicht unbedingt bei allen Probenahmen, die im Laufe des Versuchs durchgeführt werden. Werden absolute Werte des IC-Gehalts in den Blindwertansätzen für jede Probenahme benötigt, so ist der IC-Gehalt der NaOH-Lösung bei jeder Verwendung der Lösung zu bestimmen. Die Gefäße vom Laborschüttler nehmen und den Inhalt absetzen lassen. Aus der Flüssigphase der einzelnen Prüfgefäße mit Hilfe einer Spritze ein geeignetes Volumen (z. B. 50 μl bis 1 000 μl) entnehmen. Die Proben in den IC-Analysator injizieren und die IC-Konzentrationen aufzeichnen. Darauf achten, dass der eingesetzte Analysator für die bei diesem Verfahren anfallenden alkalischen Proben entsprechend ausgerüstet ist.

56.

Das Prinzip dieses Verfahrens beruht auf der Tatsache, dass nach Zugabe von Alkali und Schütteln die Konzentration an IC im Headspace vernachlässigbar klein ist. Dies ist für das Prüfsystem mindestens einmal zu überprüfen. Hierzu IC-Standards verwenden, Alkali zugeben, stabilisieren und sodann die IC-Konzentration sowohl im Headspace als auch in den Flüssigphasen bestimmen (siehe Nummer 53). Die Konzentration im Headspace sollte nahe an Null liegen. Es ist nicht erforderlich, diese praktisch vollständige CO2-Adsorption bei jedem Versuch zu überprüfen.

57.

Wenn die DOC-Abnahme zu bestimmen ist (nur bei wasserlöslichen Prüfsubstanzen), sollten die Proben aus der Flüssigphase separater Flaschen (ohne Alkali-Zusatz) entnommen, membranfiltriert und in den DOC-Analysator injiziert werden. Diese Flaschen können erforderlichenfalls auch für anderen Analysen zur Bestimmung des Primärabbaus verwendet werden.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Berechnung der Ergebnisse

58.

Es wird angenommen, dass bei vollständiger Mineralisierung der Prüfsubstanz zu CO2 die theoretische Menge an anorganischem Kohlenstoff (ThIC) nach Abzug des Blindwerts der Menge an gesamtem organischem Kohlenstoff (TOC) entspricht, die zu Beginn des Tests in die Prüfgefäße gegeben wurde:

Formula

Der gesamte (mg) anorganische Kohlenstoff (TIC) in den Prüfgefäßen ist:

Formula

Gleichung [1]

Dabei sind:

VL

=

das Volumen der Flüssigkeit im Prüfgefäß (in Liter);

CL

=

die IC-Konzentration in der Flüssigphase in Milligramm Kohlenstoff je Liter Flüssigkeit (mg/l);

VH

=

das Volumen des Headspaces (in Liter);

CH

=

die IC-Konzentration im Headspace in Milligramm Kohlenstoff je Liter Gas (mg/l).

Die Berechnung des TIC für die beiden Analyseverfahren, die bei diesem Test verwendet werden, wird unter den Nummern 60 und 61 beschrieben. Der prozentuale biologische Abbau (% D) wird in beiden Fällen mit Hilfe folgender Gleichung berechnet:

Formula

Gleichung [2]

Dabei sind:

TICt

=

der TIC im Prüfgefäß zur Zeit t in Milligramm (mg);

TICb

=

der mittlere TIC im Blindwert zur Zeit t in Milligramm (mg);

TOC

=

der TOC, der am Testbeginn in das Prüfgefäß gegeben wurde, in Milligramm (mg).

Der Abbaugrad (% D) der Prüfsubstanz (FT), der Referenzsubstanz (FC) und, sofern dies vorgesehen ist, der Hemmkontrolle (FI) wird aus dem jeweiligen produzierten TIC für jeden Probenahmezeitpunkt berechnet.

59.

Wenn während des Versuchs der TIC-Gehalt in den sterilen Kontrollen (FS) deutlich angestiegen ist, kann darauf geschlossen werden, dass ein abiotischer Abbau der Prüfsubstanz stattgefunden hat, was bei der Berechnung von D in Gleichung [2] zu berücksichtigen ist.

Ansäuerung auf pH < 3

60.

Nach Ansäuerung auf pH < 3 und Einstellung des Gleichgewichts kommt es zu einem Ausgleich zwischen der TIC-Konzentration in der Flüssigphase und der TIC-Konzentration in der Gasphase. Daher muss in diesem Fall nur die IC-Konzentration in der Gasphase bestimmt werden. Somit ist nach Gleichung [1]

Formula

, wobei VB das Volumen der Serumflasche ist.

Umsetzung von CO2 zu Carbonat

61.

Bei diesem Verfahren werden die Berechnungen wie in Gleichung [1] beschrieben durchgeführt; der vernachlässigbar kleine IC-Gehalt in der Gasphase wird jedoch ignoriert, so dass

Formula

, und

Formula

ist.

Angabe der Ergebnisse

62.

Eine Abbaukurve durch Auftragen der prozentualen Abbaugrade (D) gegen die Inkubationszeit erstellen und, wenn möglich, lag-Phase, Abbauphase, 10-Tage-Fenster und Plateau-Phase (die Phase, in der der maximale Abbaugrad erreicht ist und die Abbaukurve abnimmt) kennzeichnen. Wenn in den parallelen FT–Prüfgefäßen vergleichbare Ergebnisse (< 20 % Differenz) erzielt wurden, die Abbaukurve mit den Mittelwerten erstellen (siehe Anlage 2, Schaubild 1); andernfalls Abbaukurven für jedes Prüfgefäß erstellen. Den Mittelwert des prozentualen Abbaus in der Plateau-Phase bestimmen oder den höchsten Abbauwert verwenden (z. B. wenn die Abbaukurve in der Plateau-Phase abnimmt), wobei jedoch in letzterem Fall zu ermitteln ist, dass es sich dabei nicht um einen Ausreißer handelt. Diesen maximalen biologischen Abbauwert als ‚Abbaugrad der Prüfsubstanz‘ im Prüfbericht angeben. Wenn die Anzahl der Prüfgefäße nicht ausreichte, um eine Plateau-Phase zu erstellen, werden die gemessenen Daten des letzten Prüftags verwendet und daraus ein Mittelwert gebildet. Mit letzterem Wert, der den Durchschnitt aus fünf Replikaten darstellt, wird die Genauigkeit angegeben, mit der der prozentuale Abbau ermittelt wurde. Im Prüfbericht ist ebenfalls der am Ende des 10-Tage-Fensters erzielte Wert anzugeben.

63.

Auf dieselbe Weise Abbaukurven für die Referenzsubstanz FC und, sofern angesetzt, Kurven der abiotischen Eliminationskontrolle FS und der Hemmkontrolle FI erstellen.

64.

Die Mengen an TIC, die in den Blindkontrollen (FB) und, sofern im Versuch enthalten, in den Gefäßen FS (abiotische Kontrolle) gebildet wurden, angeben.

65.

D für die FI-Gefäße auf der Grundlage des erwarteten theoretischen IC-Ertrags, der nur aus der Referenzsubstanz der Mischung stammt, berechnen. Ist am 28. Tag [(DFC  (22) — DFI  (23))/DFC] × 100 > 25 %, so kann angenommen werden, dass die Aktivität des Inokulums durch die Prüfsubstanz gehemmt wurde, was ein Grund für die unter den Prüfbedingungen erzielten niedrigen DFT–Werte sein kann. In diesem Fall kann der Versuch mit einer niedrigeren Prüfkonzentration wiederholt werden, wobei der DIC im Inokulum und der TIC in den Blindkontrollen möglichst reduziert werden sollte, da sich andernfalls durch die niedrigere Konzentration die Genauigkeit des Verfahrens verschlechtert. Alternativ kann ein anderes Inokulum verwendet werden. Wenn in den Gefäßen FS (abiotische Kontrolle) eine deutliche TIC-Zunahme (> 10 %) festgestellt wird, ist dies ein Hinweis auf mögliche abiotische Abbauprozesse.

Gültigkeit der Ergebnisse

66.

Der Test ist gültig, wenn

a)

der mittlere prozentuale Abbaugrad der Referenzsubstanz in den Prüfgefäßen FC am 14. Tag der Inkubation > 60 % ist; und

b)

die mittlere Menge an produziertem TIC in den Blindwertansätzen FB am Ende des Tests > 3 mg/l Kohlenstoff beträgt.

Werden diese Grenzwerte nicht erreicht, so sollte der Versuch mit einem Inokulum aus einer anderen Quelle wiederholt werden und/oder die angewandten Verfahren sollten überarbeitet werden. Bereitet z. B. die starke IC-Produktion in den Blindwertansätzen Schwierigkeiten, so ist das unter den Nummern 27 bis 32 beschriebene Verfahren anzuwenden.

67.

Erreicht die Prüfsubstanz nicht 60 % des ThIC und wurde nachgewiesen, dass sie keine Hemmwirkung (Nummer 65) hat, so kann der Versuch mit einem höher konzentrierten Inokulum (bis zu 30 mg/l Belebtschlamm und 100 ml Ablauf/l) oder mit Inokuli aus anderen Quellen wiederholt werden; dies gilt insbesondere, wenn der Abbaugrad 20 bis 60 % beträgt.

Auswertung der Ergebnisse

68.

Erreicht eine Prüfsubstanz bei diesem Versuch innerhalb des 10-Tage-Fensters einen Abbaugrad von > 60 % des ThIC, so ist dies ein Nachweis dafür, dass sie unter aeroben Bedingungen leicht abbaubar ist.

69.

Wurde der Grenzwert von 60 % des ThIC nicht erreicht, so wird der pH-Wert des Mediums in den Flaschen gemessen, die nicht angesäuert oder alkalisiert wurden; ein Wert von weniger als 6,5 könnte darauf hinweisen, dass eine Nitrifikation stattgefunden hat. In diesem Fall den Versuch mit einer höher konzentrierten Pufferlösung wiederholen.

Prüfbericht

70.

Eine Tabelle mit dem prozentualen Abbau (D) jeder Prüfsubstanz (FT), Referenzkontrolle (FC) und, sofern diese durchgeführt wurde, Hemmkontrolle (FI) für jeden Probenahmetag erstellen. Werden vergleichbare Ergebnisse für die Replikatgefäße erzielt, so wird der durchschnittliche prozentuale Abbau (D) als Funktion der Zeit in einer Kurve dargestellt. Die Menge an TIC in den Blindkontrollen (FB) und in den sterilen Kontrollen (FS) sowie den DOC und/oder sonstige Analyten und ihren prozentualen Abbau angeben.

71.

Den mittleren Abbaugrad (prozentualen Abbau) D während der Plateau-Phase oder den maximalen Abbaugrad (wenn die Abbaukurve in der Abbauphase abnimmt) bestimmen und als ‚Abbaugrad der Prüfsubstanz‘ angeben. In letzterem Fall ist sicherzustellen, dass es sich bei dem Maximalwert nicht um einen Ausreißer handelt.

72.

Der Prüfbericht muss folgende Angaben enthalten:

 

Prüfsubstanz:

gebräuchliche Bezeichnung, chemische Bezeichnung, CAS-Nummer, Strukturformel und relevante physikalisch-chemische Eigenschaften;

Reinheit (Verunreinigungen) der Prüfsubstanz.

 

Prüfbedingungen:

Hinweis auf diese Prüfmethode;

Beschreibung des verwendeten Prüfsystems (z. B. Volumen des Prüfgefäßes, Verhältnis Headspace zu Flüssigphase, Rührmethode usw.);

Applikation der Prüf- und Referenzsubstanz auf das Prüfsystem: verwendete Prüfkonzentration und Anteil an Kohlenstoff, der jeder Prüfflasche hinzugegeben wurde; etwaige Verwendung von Lösungsmitteln;

Angaben zum Inokulum, evtl. Vorbehandlung und Vorkonditionierung;

Inkubationstemperatur;

Validierung des Prinzips der IC-Analyse;

wesentliche Merkmale des verwendeten Kohlenstoffanalysators (und anderer verwendeter Analysemethoden);

Anzahl der Replikate.

 

Ergebnisse:

Rohdaten und berechnete Werte der biologischen Abbaubarkeit in Tabellenform;

die Kurve des prozentualen Abbaus, aufgetragen gegen die Zeit, für Prüf- und Referenzsubstanz; Angabe von lag-Phase, Abbauphase, 10-Tage-Fenster und Steigung;

prozentualer Abbau auf dem Plateau, zum Versuchsende und nach dem 10-Tage-Fenster;

Angabe von Gründen, falls die Prüfergebnisse verworfen werden;

weitere Faktoren, die für das Prüfverfahren von Bedeutung waren;

Diskussion der Ergebnisse.

LITERATUR:

1.

Kapitel C.4 dieses Anhangs, Biologische Abbaubarkeit — Bestimmung der ‚leichten‘ biologischen Abbaubarkeit: CO2-Entwicklungstest (Methode C.4-C).

2.

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4.

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5.

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16.

ISO 14593, (1999) Wasserbeschaffenheit — Bestimmung der vollständigen biologischen Abbaubarkeit organischer Substanzen im wässrigen Medium — Verfahren mittels Bestimmung des anorganischen Kohlenstoffs in geschlossenen Flaschen (C02-Headspace-Test).

17.

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18.

US EPA (1996): Fate, Transport and Transportation. 835.3120. Sealed vessel carbon dioxide production test. Office, Prevention Pesticides and Toxic Substance, Washington, DC.

19.

Battersby N.S., Ciccognani D., Evans M.R., King D., Painter H.A., Peterson D.R. and Starkey M. (1999). An ‚inherent‘ biodegradability test for oil products: description and results of an international ring test. Chemosphere 38: 3219-3235.

20.

Kapitel C.4 dieses Anhangs, Biologische Abbaubarkeit — Bestimmung der ‚leichten‘ biologischen Abbaubarkeit.

21.

OECD (1988): OECD Ring-test of methods for determining ready biodegradability: Bericht des Vorsitzenden (M. Hashimoto; MITI) und Abschlussbericht (M. Kitano und M. Takatsuki; CITI). Paris.

22.

Kapitel C.11 dieses Anhangs, Biologische Abbaubarkeit — Belebtschlamm: Prüfung der Atmungshemmung.

23.

Struijs J., Stoltenkamp-Wouterse M.J. and Dekkers A.L.M. (1995): A rationale for the appropriate amount of inoculum in ready biodegradability tests. Biodegradation 6: 319-327.

24.

EU (1999): Ring-test of the ISO Headspace CO2 method: application to surfactants: Surfactant Ring Test-1, Bericht EU4697, Water Research Centre, May 1999, Medmenham, SL7 2HD, UK.

25.

ISO 10634 (1996) Wasserbeschaffenheit — Anleitung für die Vorbereitung und Behandlung von in Wasser schwer löslichen organischen Verbindungen für die nachfolgende Bestimmung ihrer biologischen Abbaubarkeit in einem wäßrigen Medium.

Anlage 1

ABKÜRZUNGEN UND DEFINITIONEN

IC: anorganischer Kohlenstoff.

ThCO2: theoretisches Kohlendioxid (mg) — Kohlendioxidmenge, die sich rechnerisch aus dem bekannten oder gemessenen Kohlenstoffgehalt der Prüfsubstanz bei vollständiger Mineralisation ergibt; auch angegeben als mg Kohlendioxidentwicklung pro mg Prüfsubstanz.

DOC: gelöster organischer Kohlenstoff — Menge an organischem Kohlenstoff, die in der Lösung vorliegt oder einen Filter mit 0,45 μm Porengröße passiert bzw. nach 15 Minuten Zentrifugieren bei 40 000 m/s–2 (± 4 000 g) im Überstand verbleibt.

DIC: gelöster anorganischer Kohlenstoff

ThIC: Theoretische Menge an anorganischem Kohlenstoff

TIC: Gesamter anorganischer Kohlenstoff

Biologisch leicht abbaubar: ein willkürlich festgelegter Begriff für eine Kategorie von chemischen Substanzen, die bestimmte Screening-Tests auf vollständige biologische Abbaubarkeit durchlaufen haben; diese Tests sind so stringent, dass angenommen wird, dass diese Substanzen im aquatischen Milieu unter aeroben Bedingungen schnell und vollständig biologisch abgebaut werden.

10-Tage-Fenster: der 10-Tage-Abschnitt, der unmittelbar auf das Erreichen von 10 % Abbau folgt.

Inhärente biologische Abbaubarkeit: Begriff für eine Kategorie von Substanzen, deren biologische Abbaubarkeit (primär oder vollständig) eindeutig in einem beliebigen Test auf biologische Abbaubarkeit nachgewiesen worden ist.

Vollständiger aerober biologischer Abbau: Abbaugrad der Prüfsubstanz, der nach vollständiger Zerlegung der Substanz durch Mikroorganismen zur Bildung von Kohlendioxid, Wasser, Mineralsalzen und neuen mikrobiellen Zellbestandteilen (Biomasse) führt.

Mineralisation: vollständiger Abbau einer organischen Verbindung zu CO2 und H2O unter aeroben Bedingungen und zu CH4, CO2 und H2O unter anaeroben Bedingungen.

Lag-Phase: Zeitspanne zwischen dem Beginn eines Tests und dem Zeitpunkt, an dem die Akklimatisation und/oder Adaptation der abbauenden Mikroorganismen erreicht ist und der biologische Abbau einer Prüfsubstanz oder eines rein organischen Materials einen nachweisbaren Umfang angenommen hat (z. B. 10 % des maximalen theoretischen biologischen Abbaus bzw. je nach Genauigkeit des Messverfahrens auch weniger).

Abbauphase: Zeitspanne zwischen dem Ende der lag-Phase und dem Erreichen von 90 % des maximalen Abbaugrades.

Plateau-Phase: die Phase, in der der maximale Abbaugrad erreicht ist und die Abbaukurve abnimmt.

Prüfsubstanz: Jede Substanz oder jedes Gemisch, die/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 2

Beispiel einer Abbaukurve

Abbildung 1

Bioabbau von Octan-1-ol im CO2-Headspace-Test

Image

Glossar

Abbaugrad

Abbauphase

maximaler biologischer Abbaugrad

Plateau-Phase

10-Tage-Fenster

Testdauer (Tage)

C. 30   BIOAKKUMULATION IN TERRESTRISCHEN OLIGOCHAETEN

EINLEITUNG

1.

Diese Prüfmethode entspricht der OECD-Prüfrichtlinie (TG) 317 (2010). Zur Untersuchung des Verbleibs von Schadstoffen in der Umwelt liegen die Methode zur Bestimmung der ‚Biokonzentration: Durchfluss-Fischtest‘ (Kapitel C.13 dieses Anhangs (49)) und die Methode zur Bestimmung der ‚Bioakkumulation in sedimentbewohnenden benthischen Oligochaeten‘ (53) vor, die 1996 bzw. 2008 veröffentlicht wurden. Jedoch sind Rückschlüsse aus Daten über die aquatische Bioakkumulation auf die Reaktionen von Bodenorganismen wie Regenwürmern schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Modellberechnungen auf der Grundlage der Lipophilie einer Prüfsubstanz, z. B. (14) und (37), werden derzeit zur Beurteilung der Bioakkumulation von chemischen Substanzen im Boden, wie z. B. im technischen Leitfaden der EU (Technical Guidance Document) (19), verwendet. Auf die Notwendigkeit einer kompartimentspezifischen Prüfmethode wurde bereits eingegangen, z. B. (55). Eine solche Methode ist vor allem für die Abschätzung der Sekundärvergiftung (secondary poisoning) in der terrestrischen Nahrungskette von Bedeutung (4). Mehrere nationale Prüfmethoden befassen sich mit der Bioakkumulation in anderen Organismen als Fischen, z. B. (2) und (72). So wurde eine Methode zur Bestimmung der Bioakkumulation aus kontaminierten Böden in Regenwürmern (Eisenia fetida, Savigny) und Topfwürmern von der American Society for Testing and Materials entwickelt (3). Eine international anerkannte Methode zur Bestimmung der Bioakkumulation in dotiertem Boden wird die Risikoanalyse für Chemikalien in terrestrischen Ökosystemen verbessern, z. B. (25) und (29).

2.

Bodenfressende Invertebraten sind bodengebundenen chemischen Substanzen ausgesetzt. Unter diesen Tieren spielen terrestrische Oligochaeten eine wichtige Rolle für die Bodenstruktur und die Bodenfunktionen (15) (20). Terrestrische Oligochaeten leben im Boden und zum Teil an der Bodenoberfläche (insbesondere in der Streuschicht); ihrer Biomasse nach sind sie häufig die am stärksten vertretene Art (54). Durch Bioturbation des Bodens und als Beutetiere können diese Tiere einen erheblichen Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von chemischen Substanzen für andere Organismen wie Invertebraten (z. B. Raubmilben und Käfer; z. B. (64)) oder räuberische Vertebraten (z. B. Füchse und Möwen) (18) (62) haben. In Anlage 5 sind einige Arten von terrestrischen Oligochaeten beschrieben, die derzeit in ökotoxikologischen Untersuchungen verwendet werden.

3.

Die ASTM-Richtlinie ‚Standard Guide for Conducting Laboratory Soil Toxicity or Bioaccumulation Tests with the Lumbricid Earthworm Eisenia fetida and the Enchytraeid Potworm Enchytraeus albidus‘ (3) enthält zahlreiche wesentliche und nützliche Angaben für die Durchführung der vorliegenden Prüfmethode zur Bestimmung der Bioakkumulation im Boden. Weitere Dokumente, auf die in dieser Prüfmethode verwiesen wird, sind Kapitel C.13 dieses Anhangs ‚Biokonzentration: Durchfluss-Fischtest‘ (49) und die OECD-Prüfrichtlinie (TG) 315 ‚Bioakkumulation in sedimentbewohnenden benthischen Oligochaeten‘ (53). Praktische Erfahrungen mit der Untersuchung der Bioakkumulation im Boden und Veröffentlichungen aus der Literatur z. B. (1) (5) (11) (12) (28) (40) (43) (45) (57) (59) (76) (78) (79) sind ebenfalls wichtige Informationsquellen für diese Prüfmethode.

4.

Diese Prüfmethode wird am geeignetsten für stabile, neutrale organische Substanzen eingesetzt, die Tendenz haben, am Boden zu adsorbieren. Sie kann auch für die Testung der Bioakkumulation stabiler metallorganischer Verbindungen, die an den Boden gebunden sind, herangezogen werden. Ebenso eignet sie sich für Metalle und sonstige Spurenelemente.

VORAUSSETZUNGEN

5.

Untersuchungen zur Bestimmung der Bioakkumulation einer chemischen Substanz in terrestrischen Oligochaeten wurden mit Schwermetallen (siehe z. B. (63)) und persistenten, organischen Stoffen mit log Kow–Werten zwischen 3,0 und 6,0 durchgeführt, z. B. (40). Solche Tests können auch verwendet werden für

chemische Substanzen mit einem log Kow-Wert von > 6,0 (superhydrophobe chemischen Substanzen);

chemische Substanzen, die zu einer Kategorie von organischen Chemikalien gehören, von denen bekannt ist, dass sie ein Potenzial zur Bioakkumulation in lebenden Organismen haben, z. B. oberflächenaktive Stoffe oder Stoffe mit hohem Adsorptionsvermögen;

chemische Substanzen mit Struktureigenschaften, die auf ein Bioakkumulationspotenzial hinweisen, z. B. Analoga von chemischen Substanzen mit bekanntem Bioakkumulationspotenzial, und

Metalle.

6.

Vor Beginn der Studie müssen bestimmte Informationen zur Prüfsubstanz wie Common name, chemische Bezeichnung (vorzugsweise IUPAC-Name), Strukturformel, CAS-Nummer, Reinheitsgrad, Sicherheitshinweise, angemessene Lagerungsbedingungen und Analysemethoden vorliegen. Darüber hinaus sollten folgende Angaben bekannt sein:

a)

Wasserlöslichkeit;

b)

Octanol-Wasser-Verteilungskoeffizient, Kow;

c)

Boden-Wasser-Verteilungskoeffizient, ausgedrückt als Koc;

d)

Dampfdruck;

e)

Abbaubarkeit (z. B. im Boden, Wasser);

f)

bekannte Metaboliten.

7.

Es können sowohl radioaktiv markierte als auch nicht radioaktiv markierte Prüfsubstanzen verwendet werden. Zur Erleichterung der Analyse wird jedoch die Verwendung von radioaktiv markierten Prüfsubstanzen empfohlen. Diese Wahl wird von den Nachweisgrenzen oder der Notwendigkeit abhängen, Ausgangssubstanzen und Metaboliten zu messen. Wird eine radioaktiv markierte Prüfsubstanz verwendet und werden die gesamten radioaktiven Rückstände bestimmt, so ist es wichtig, dass die radioaktiv markierten Rückstände sowohl im Boden als auch in den Testorganismen nach dem prozentualen Anteil der Ausgangsprüfsubstanz und der markierten Nichtausgangssubstanz gekennzeichnet sind, z. B. in Proben, die im steady state oder am Ende der Aufnahmephase genommen wurden, so dass ein Bioakkumulationsfaktor (BAF) für die Ausgangsprüfsubstanz und für die betreffenden Bodenmetaboliten (siehe Nummer 50) berechnet werden kann. Möglicherweise muss die hier beschriebene Methode angepasst werden, z. B. um über eine ausreichende Biomasse für die Messung von nicht radioaktiv markierten organischen Prüfsubstanzen oder Metallen zu verfügen. Werden die gesamten radioaktiven Rückstände (durch Flüssigszintillationszählung nach Extrahieren, Verbrennung oder Gewebeauflösung) bestimmt, so basiert der Bioakkumulationsfaktor auf der Ausgangsprüfsubstanz und den Metaboliten. Die Berechnung des BAF sollte sich vorzugsweise auf die Konzentration der Ausgangsprüfsubstanz in den Organismen und auf die gesamten radioaktiven Rückstände stützen. Anschließend wird der nach dem Lipidgehalt der Würmer und dem Gehalt des Bodens an organischem Kohlenstoff normalisierte Biota-Boden-Akkumulationsfaktor (BSAF) anhand des BAF berechnet, um die Ergebnisse aus verschiedenen Bioakkumulationstests vergleichen zu können.

8.

Die Toxizität der Prüfsubstanz gegenüber der Testspezies sollte bekannt sein, z. B. eine Effektkonzentration (ECx) oder letale Konzentration (LCx) für die Dauer der Aufnahmephase (z. B. (19)). Die ausgewählte Konzentration der Prüfsubstanz sollte möglichst ca. 1 % ihres akuten asymptotischen LC50-Wertes entsprechen und mindestens zehnmal höher sein als die durch das angewandte analytische Verfahren vorgegebene Nachweisgrenze im Boden. Soweit verfügbar sollten bevorzugt Toxizitätswerte aus Langzeitstudien über subletale Endpunkte (51) (52) herangezogen werden. Sind solche Daten nicht verfügbar, kann ein akuter Toxizitätstest nützliche Informationen liefern (siehe z. B. (23)).

9.

Eine geeignete Analysemethode von bekannter Zuverlässigkeit, Genauigkeit und Empfindlichkeit sollte für die Quantifizierung der Prüfsubstanz in den Testlösungen, im Boden und im biologischen Material verfügbar sein ebenso wie Einzelheiten zur Probenvorbereitung und -aufbewahrung und Sicherheitsdatenblätter. Auch die analytischen Nachweisgrenzen der Prüfsubstanz im Boden und Wurmgewebe sollten bekannt sein. Wenn eine 14C-markierte Prüfsubstanz verwendet wird, sollten die spezifische Radioaktivität (d. h. Bq mol-1) und der prozentuale Anteil der mit Verunreinigungen einhergehenden Radioaktivität bekannt sein. Zur Erleichterung der Analyse sollte die spezifische Radioaktivität der Prüfsubstanz hoch genug sein; auch sollten die Prüfkonzentrationen keine toxischen Effekte verursachen.

10.

Der Versuch kann mit Kunsterde oder mit natürlichem Boden durchgeführt werden. Die Merkmale des verwendeten Bodens, z. B. Herkunft des Bodens oder seiner Bestandteile, pH-Wert, Gehalt an organischem Kohlenstoff, Korngrößenverteilung (Anteil an Sand, Schluff und Lehm) und Wasserhaltekapazität (WHC) sollten vor Testbeginn bekannt sein (3) (48).

PRINZIP DER PRÜFMETHODE

11.

Zu den charakteristischen Parametern der Bioakkumulation einer Prüfsubstanz gehören der Bioakkumulationsfaktor (BAF), die Aufnahmekonstante (ks) und die Eliminationskonstante (ke). Definitionen dieser Parameter sind in Anlage 1 enthalten.

12.

Der Test besteht aus zwei Phasen: der Aufnahme-/Expositionsphase und der Eliminations-/Post-Expositionsphase. Während der Aufnahmephase werden Replikatgruppen von Würmern gegenüber dem mit der Prüfsubstanz dotierten Boden exponiert. Neben diesen Testtieren werden Gruppen von Kontrollwürmern unter identischen Bedingungen, jedoch ohne Prüfsubstanz gehalten. Das Trockengewicht und der Lipidgehalt der Prüforganismen werden bestimmt. Hierzu können Würmer der Kontrollgruppe verwendet werden. Analytische Hintergrundwerte (Blindwerte) können durch die Analyse von Proben der Kontrollwürmer und -böden ermittelt werden. Für die Eliminationsphase werden die Würmer in einen Boden ohne Prüfsubstanz umgesetzt. Eine Eliminationsphase ist immer erforderlich, es sei denn, während der Expositionsphase wurden nur vernachlässigbare Mengen Prüfsubstanz aufgenommen. Sie liefert Informationen über die Geschwindigkeit, mit der die Prüfsubstanz durch die Testorganismen ausgeschieden wird (z. B. (27)). Wurde während der Aufnahmephase kein steady state erreicht, so sollte sich die Bestimmung der kinetischen Parameter — kinetischer Bioakkumulationsfaktor BAFk, Aufnahme- und Eliminationskonstante(n) — vorzugsweise auf die gleichzeitige Anpassung der Ergebnisse der Aufnahmephase und der Eliminationsphase stützen. Die Konzentration der Prüfsubstanz in/an den Würmern wird während der beiden Phasen durchgehend überwacht.

13.

Während der Aufnahmephase werden über einen Zeitraum von 14 Tagen (Enchytraeen) bzw. 21 Tagen (Regenwürmer) Messungen vorgenommen, bis der steady state erreicht ist (11) (12) (67). Der steady state tritt ein, wenn die Kurve der gegen die Zeit aufgetragenen Konzentration im Wurm parallel zur Zeitachse verläuft und wenn drei aufeinander folgende Konzentrationsanalysen, die an Proben durchgeführt werden, die im Abstand von mindestens zwei Tagen genommen wurden, auf Basis von statistischen Vergleichen (z. B. Varianzanalyse, Regressionsanalyse) um nicht mehr als ± 20 % voneinander abweichen.

14.

In der Eliminationsphase werden die Testorganismen in Gefäße umgesetzt, die das gleiche Substrat aber keine Prüfsubstanz enthalten. Während der Eliminationsphase werden über einen Zeitraum von 14 Tagen (Enchytraeen) bzw. 21 Tagen (Regenwürmer) Messungen genommen, es sei denn, bei einer früheren analytischen Messung wurde eine 90 %ige Abnahme der Prüfsubstanzrückstände in den Würmern festgestellt. Die Konzentration der Prüfsubstanz in den Würmern am Ende der Eliminationsphase wird als nicht eliminierte Rückstände im Bericht verzeichnet. Der steady-state-Bioakkumulationsfaktor (BAFss) wird möglichst auf zweierlei Weise berechnet: zum einen als Verhältnis der Konzentration in den Würmern (Ca) zur Konzentration im Boden (Cs) bei sichtbarem steady state und zum anderen als ein kinetischer Bioakkumulationsfaktor, BAFK, d. h. als Verhältnis der Aufnahmekonstante im Boden (ks) zur Eliminationskonstanten (ke) (Definitionen siehe in Anlage 1), wobei von einer Kinetik 1. Ordnung ausgegangen wird (Berechnungen siehe in Anlage 2). Ist eine Kinetik 1. Ordnung eindeutig nicht anwendbar, so sind andere Modellgleichungen zu verwenden.

15.

Die Aufnahmekonstante, die Eliminationskonstante (oder Konstanten, wenn andere Modelle verwendet werden), der kinetische Bioakkumulationsfaktor (BAFK) und, wenn möglich, die Konfidenzgrenzen eines jeden dieser Parameter werden anhand computergestützter Modellgleichungen berechnet (Anleitungen siehe Anlage 2). Die Anpassungsgüte eines Modells lässt sich z. B. anhand des Korrelationskoeffizienten oder Bestimmungskoeffizienten (Koeffizienten nahe an 1 deuten auf eine gute Anpassung hin) oder anhand der Chi-Quadrat-Verteilung feststellen. Auch kann die Größe des Standardfehlers oder die Konfidenzgrenze um die geschätzten Parameter einen Hinweis auf die Anpassungsgüte des Modells geben.

16.

Zur Verringerung der Variabilität der Testergebnisse für Prüfsubstanzen mit hoher Lipophilie sollten die Bioakkumulationsfaktoren im Verhältnis zum Lipidgehalt und zum Gehalt an organischem Kohlenstoff (kg organischer Kohlenstoff im Boden (OC) kg-1 Lipidgehalt der Würmer) ausgedrückt werden. Dieses Konzept stützt sich auf die Tatsache, dass bei bestimmten Chemikalienklassen ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Bioakkumulationspotenzial und der Lipophilie besteht, wie dies für Fische eindeutig festgestellt wurde (47). Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Lipidgehalt der Fische und der Bioakkumulation solcher Substanzen. Für benthische Organismen wurden ähnliche Korrelationen festgestellt, z. B. (30) (44). Auch für terrestrische Oligochaeten wurde diese Korrelation nachgewiesen, z. B. (5) (6) (7) (14). Wenn genügen Wurmgewebe zur Verfügung steht, kann der Lipidgehalt der Testtiere mit demselben biologischen Material bestimmt werden, das für die Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration verwendet wurde. Als Alternative können Kontrolltiere zur Bestimmung des Lipidgehalts verwendet werden.

GÜLTIGKEIT DES TESTS

17.

Der Test ist gültig, wenn sowohl die Kontrollgruppen als auch die Testgruppen folgende Kriterien erfüllen:

Am Ende des Tests beträgt die Gesamtmortalität während der Aufnahme- und der Eliminationsphase höchstens 10 % (Regenwürmer) oder 20 % (Enchytraeen) der Gesamtanzahl der eingesetzten Würmer.

Für Eisenia fetida und Eisenia andrei beträgt der mittlere Masseverlust am Ende der Aufnahmephase und am Ende der Eliminationsphase nicht mehr als 20 % des anfänglichen Frischgewichts zu Beginn jeder Phase.

BESCHREIBUNG DER METHODE

Testspezies

18.

Für Bioakkumulationstests werden mehrere Arten von terrestrischen Oligochaeten empfohlen. In Anlage 5 sind die am häufigsten verwendeten Arten beschrieben: Eisenia fetida und Eisenia andrei (Lumbricidae) sowie Enchytraeus albidus, Enchytraeus crypticus und Enchytraeus luxuriosus (Enchytraeidae).

Apparatur

19.

Die Verwendung von Materialien, die sich auflösen können, die Prüfsubstanz absorbieren oder andere chemischen Substanzen auslaugen bzw. schädigende Auswirkungen auf die Testtiere haben können, sollte für alle verwendeten Teile sorgfältigst vermieden werden. Es können rechteckige oder zylindrische Standardbehälter aus chemisch inertem Material, die ein dem Besatz (Anzahl der Testwürmer) entsprechendes Fassungsvermögen haben, verwendet werden. Geräte, die mit dem Prüfmedium in Berührung kommen, können aus rostfreiem Stahl, Kunststoff oder Glas sein. Die Gefäße sind so abzudecken, dass die Tiere nicht entweichen können, aber für eine ausreichende Luftzufuhr gesorgt ist. Bei Substanzen mit hohen Adsorptionskoeffizienten, wie z. B. synthetischen Pyrethroiden, kann die Verwendung von silanisiertem Glas nötig sein. In solchen Fällen muss die Apparatur/Anlage nach der Benutzung entsorgt werden (49). Das Entweichen radioaktiv markierter Prüfsubstanzen und flüchtiger Substanzen ist zu vermeiden. Hierzu Abscheider (z. B. Gaswaschflaschen aus Glas) mit geeigneten Adsorbersubstanzen verwenden, um etwaige Rückstände, die aus den Prüfgefäßen verdampfen könnten, aufzufangen.

Boden

20.

Die Qualität des Prüfbodens sollte so beschaffen sein, dass die Prüforganismen während der Akklimatisierungs- und Testphasen überleben und sich möglichst vermehren können, ohne ein abnormales Aussehen oder Verhalten zu zeigen. Die Würmer sollten sich in den Boden eingraben.

21.

Als Substrat für die Versuche wird die in Kapitel C.8 dieses Anhangs (48) beschriebene Kunsterde empfohlen. Anlage 4 enthält eine Beschreibung der Zubereitung dieser Kunsterde und Empfehlungen für ihre Lagerung: Luftgetrockneter künstlicher Boden kann bis zum Gebrauch bei Raumtemperatur gelagert werden.

22.

Natürliche Böden von nicht unkontaminierten Standorten können jedoch auch als Prüf- und/oder Anzuchtsubstrat dienen. Zur Charakterisierung von natürlichen Böden sind zumindest Herkunft (Sammelstelle), pH-Wert, Gehalt an organischem Kohlenstoff, Korngrößenverteilung (Anteil an Sand, Schluff und Lehm), maximale Wasserhaltekapazität (WHCmax) und prozentualer Wassergehalt anzugeben (3). Eine vor Gebrauch durchgeführte Analyse des Bodens oder seiner Bestandteile auf Mikroschadstoffe dürfte nützliche Informationen liefern. Wird Feldboden von landwirtschaftlichen Nutzflächen verwendet, so darf der Boden vor der Probenahme mindestens ein Jahr lang nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt oder mit Dung von behandelten Tieren und sechs Monate lang nicht mit organischen Düngemitteln gedüngt worden sein (50). Verfahren für die Handhabung von natürlichen Böden vor ihrer Verwendung in ökotoxikologischen Labortests mit Oligochaeten sind in (3) beschrieben. Natürliche Böden sollten im Labor so kurz wie möglich gelagert werden.

Applikation der Prüfsubstanz

23.

Die Prüfsubstanz wird in den Boden eingemischt. Dabei sind die physikalisch-chemischen Eigenschaften der jeweiligen Substanz zu berücksichtigen. Wasserlösliche Prüfsubstanzen sind vollständig in Wasser zu lösen, bevor sie mit dem Boden vermischt werden. Als Dotierungsverfahren für im Wasser schwer lösliche Prüfsubstanzen wird empfohlen, einen oder mehrere Bestandteile des (künstlichen) Bodens mit der Prüfsubstanz zu beschichten. So kann z. B. der Quarzsand (oder ein Teil davon) mit einer Lösung der Prüfsubstanz in einem geeigneten organischen Lösungsmittel durchtränkt werden; das Lösungsmittel wird anschließend durch Trocknen abgedampft. Die beschichtete Quarzsandfraktion wird sodann mit dem befeuchteten Boden vermischt. Wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens ist, dass kein Lösungsmittel in den Boden gelangt. Bei natürlichem Boden kann die Prüfsubstanz, wie bei der Kunsterde beschrieben, durch Dotieren eines luftgetrockneten Teils des Bodens oder durch Einrühren der Prüfsubstanz in den feuchten Boden mit anschließendem Abdampfen im Falle der Verwendung eines Lösungsmittels hinzugefügt werden. Im Allgemeinen ist soweit wie möglich zu vermeiden, dass feuchter Boden mit den Lösungsmitteln in Berührung kommt. Folgendes ist zu bedenken (3):

Wird ein anderes Lösungsmittel als Wasser verwendet, so sollte dieses mit Wasser mischbar sein und/oder vollständig eliminiert werden können (z. B. durch Abdampfen), so dass nur die Prüfsubstanz im Boden zurückbleibt.

Wird eine Kontrolle mit Lösungsmittel verwendet, so sind keine Negativkontrollen erforderlich. Die Lösungsmittelkontrolle sollte die höchste Konzentration des in den Boden gegebenen Lösungsmittels enthalten, und das verwendete Lösungsmittel sollte aus derselben Partie stammen, die für die Zubereitung der Stammlösung verwendet wurde. Hauptkriterien für die Wahl des geeigneten Lösungsvermittlers sollten die Toxizität und Flüchtigkeit des Lösungsmittels und die Löslichkeit der Prüfsubstanz in dem gewählten Lösungsmittel sein.

24.

Ist die Prüfsubstanz in Wasser und in organischen Lösungsmitteln nur schwer löslich, können mit Hilfe eines Mörsers pro Prüfgefäß 2,0 bis 2,5 g fein gemahlener Quarzsand mit der Menge Prüfsubstanz vermischt werden, die erforderlich ist, um die gewünschte Prüfkonzentration zu erhalten. Diese Mischung aus Quarzsand und Prüfsubstanz wird zum angefeuchteten Boden hinzugegeben und mit einer entsprechenden Menge entionisierten Wassers gründlich gemischt, um den gewünschten Feuchtegehalt zu erhalten. Die endgültige Mischung wird auf die Prüfgefäße verteilt. Das Verfahren wird für jede Prüfkonzentration wiederholt, und zusätzlich wird eine geeignete Kontrollgruppe mit 2,0 bis 2,5 g fein gemahlenem Quarzsand pro Prüfgefäß angesetzt.

25.

Die Konzentration der Prüfsubstanz im Boden ist nach dem Dotieren zu bestimmen. Bevor die Testorganismen eingesetzt werden, ist die homogene Verteilung der Prüfsubstanz im Boden zu überprüfen. Das Dotierungsverfahren und die Gründe für die Wahl des Verfahrens werden im Protokoll erfasst (24).

26.

Die Einstellung des Gleichgewichts zwischen Boden und Porenwasserphase sollte idealerweise noch vor dem Einsetzen der Organismen stattfinden; hierzu wird ein Zeitraum von 4 Tagen bei 20 °C empfohlen. Für viele im Wasser schwer lösliche organische Substanzen kann es Tage oder Monate dauern, bis zwischen den adsorbierten und gelösten Fraktionen ein echtes Gleichgewicht erreicht ist. Je nach Zweck der Studie, z. B. wenn die Umweltbedingungen simuliert werden sollen, kann der dotierte Boden über längere Zeit ‚gealtert‘ werden (z. B. 3 Wochen bei 20 °C für Metalle) (22).

Anzucht der Testorganismen

27.

Die Würmer sind vorzugsweise in dauerhafter Laborkultur zu halten. Leitlinien für die Anzucht von Eisenia fetida und Eisenia andrei sowie von Enchytraeen-Arten unter Laborbedingungen sind in Anlage 5 enthalten (siehe auch (48) (51) (52)).

28.

Die im Test verwendeten Würmer sollten frei von sichtbaren Erkrankungen, Abnormalitäten und Parasiten sein.

PRÜFVERFAHREN

29.

Die Testorganismen werden während der Aufnahmephase gegenüber der Prüfsubstanz exponiert: Die Aufnahmephase sollte 14 Tage (Enchytraeen) oder 21 Tage (Regenwürmer) dauern, bis nachgewiesen wird, dass ein steady state erreicht ist.

30.

Für die Eliminationsphase werden die Würmer in einen prüfsubstanzfreien Boden umgesetzt. Die erste Probe sollte 4 bis 24 Std. nach Beginn der Eliminationsphase genommen werden. Anlage 3 enthält Beispiele von Probenahmeplänen für eine Aufnahmephase und eine Eliminationsphase von jeweils 21 Tagen.

Testorganismen

31.

Bei vielen Arten der terrestrischen Enchytraeen ist das Einzelgewicht sehr niedrig (z. B. 5 bis 10 mg Feuchtgewicht je Individuum Enchytraeus albidus und weniger für Enchytraeus crypticus und Enchytraeus luxuriosus). Um Gewichtsbestimmungen und chemische Analysen vorzunehmen, kann es erforderlich sein, die Würmer der Replikatgefäße zu poolen (d. h. alle Würmer eines Replikatgefäßes werden verwendet, um ein analytisches Messergebnis für das Gewebe zu erhalten). 20 einzelne Enchytraeen werden in jedes Replikatgefäß gegeben, und es werden mindestens drei Replikate verwendet. Bei Prüfsubstanzen mit einer hohen analytischen Nachweisgrenze sind möglicherweise mehr Würmer erforderlich. Für Testspezies mit höherem Einzelgewicht (Eisenia fetida und Eisenia andrei) können Replikatgefäße mit nur einem Individuum verwendet werden.

32.

Die jeweils für einen Versuch verwendeten Würmer sollten ein ähnliches Gewicht haben (z. B. Eisenia fetida und Eisenia andrei sollten jeweils 250 bis 600 mg wiegen). Enchytraeen (z. B. Enchytraeus albidus) sollten ca. 1 cm lang sein. Alle für einen bestimmten Versuch verwendeten Würmer sollten aus derselben Quelle stammen und adulte Tiere mit einem Clitellum sein (siehe Anlage 5). Da sich Gewicht und Alter der Tiere auf die BAF-Werte auswirken können (z. B. aufgrund des unterschiedlichen Lipidgehalts und/oder des Vorhandenseins von Eiern), sollten diese Parameter sorgfältig aufgezeichnet und bei der Auswertung der Ergebnisse berücksichtigt werden. Darüber hinaus kann es während der Exposition zur Ablage von Kokons kommen, was sich auch auf die BAF-Werte auswirken wird. Es wird empfohlen, eine Teilprobe der Testwürmer vor dem Test zu wiegen, um das mittlere Feucht- und Trockengewicht zu schätzen.

33.

Um die Abnahme der Prüfsubstanzkonzentration im Boden während der Aufnahmephase möglichst gering zu halten, ist ein hohes Boden-Wurm-Verhältnis vorzusehen. Für Eisenia fetida und Eisenia andrei wird eine Mindestmenge von 50 g Trockengewicht (TG) Boden je Wurm und für Enchytraeen eine Mindestmenge von 10 bis 20 g (TG) Boden je Prüfgefäß empfohlen. Die Bodenschicht in den Prüfgefäßen sollte 2 bis 3 cm (Enchytraeen) bzw. 4 bis 5 cm (Regenwürmer) dick sein.

34.

Die für einen Versuch benötigten Würmer werden aus der Kultur entnommen (z. B. Enchytraeen mit einer Juwelierpinzette). Adulte Tiere werden zur Akklimatisierung in einen unbehandelten Prüfboden umgesetzt und gefüttert (siehe Nummer 36). Weichen die Prüfbedingungen von den Anzuchtbedingungen ab, dürfte eine Akklimatisierungsphase von 24 bis 72 Std. ausreichen, damit die Würmer sich an die Prüfbedingungen gewöhnen können. Nach der Akklimatisierung werden die Regenwürmer zum Spülen in Glasschalen (z. B. Petrischalen) mit sauberem Wasser umgesetzt und anschließend gewogen, bevor sie in den Prüfboden gegeben werden. Vor dem Wiegen ist das an den Würmern anhaftende Wasser durch leichtes Abtupfen am Rand der Schale oder durch vorsichtiges Trockentupfen mit einem leicht angefeuchteten Papiertuch zu entfernen.

35.

Das Eingrabungsverhalten der Testorganismen ist zu beobachten und aufzuzeichnen. Bei Tests mit Regenwürmern graben sich die Tiere (Kontroll- und Testgruppe) in der Regel innerhalb von ein paar Stunden in den Boden ein; dies sollte spätestens 24 Std. nach dem Einsetzen der Würmer in die Prüfgefäße überprüft werden. Graben sich die Regenwürmer nicht in den Boden ein (z. B. über 10 % während mehr als der Hälfte der Aufnahmephase), so deutet dies darauf hin, dass die Prüfbedingungen nicht angemessen oder die Testorganismen nicht gesund sind. In diesem Fall muss der Test gestoppt und wiederholt werden. Enchytraeen leben hauptsächlich im Porenwasser des Bodens, und häufig kommt ihr Integument nur zum Teil mit dem umgebenden Substrat in Kontakt; es wird davon ausgegangen, dass grabende und nichtgrabende Enchytraeen in gleichem Maße exponiert sind, und ein Nichteingraben der Enchytraeen erfordert nicht unbedingt eine Wiederholung des Tests.

Fütterung

36.

Wenn ein Boden mit niedrigem Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff verwendet wird, dann sollte gefüttert werden. Bei der Verwendung von Kunsterde wird ein wöchentlicher Fütterrhythmus empfohlen (d. h. die Würmer werden einmal pro Woche gefüttert). Für Regenwürmer werden wöchentlich 7 mg getrockneter Dung pro g Boden (TG) und für Enchytraeen wöchentlich 2 bis 2,5 mg gemahlene Haferflocken pro g Boden (TG) empfohlen (11). Die erste Futterration sollte mit dem Boden unmittelbar vor dem Einsetzen der Testorganismen vermischt werden. Es sollte möglichst dieselbe Art Futter wie für die Aufzucht (siehe Anlage 5) verwendet werden.

Licht und Temperatur

37.

Die Tests sind bei einem geregelten Licht-Dunkel-Zyklus von 16 zu 8 Std., bei einer Lichtstärke von vorzugsweise 400 bis 800 lx im Bereich der Prüfgefäße (3) durchzuführen. Die Prüftemperatur sollte während des gesamten Test 20 ± 2 °C betragen.

Prüfkonzentrationen

38.

Es wird eine einzige Konzentration verwendet. Situationen, in denen zusätzliche Konzentration(en) erforderlich ist/sind, müssen begründet werden. Liegt die Toxizität (ECx) der Prüfsubstanz nahe an der analytischen Nachweisgrenze, wird empfohlen, radioaktiv markierte Prüfsubstanzen mit hoher spezifischer Radioaktivität zu verwenden. Für Metalle sollte die Konzentration über den Hintergrundwerten in Gewebe und Boden liegen.

Replikate

39.

Für die kinetischen Messungen (Aufnahme- und Eliminationsphase) sind pro Messpunkt mindestens drei behandelte Replikatgefäße vorzusehen. Die Gesamtzahl der vorbereiteten Replikate muss ausreichen, um alle Messpunkte während der Aufnahme- und Eliminationsphase abzudecken.

40.

Für die biologischen Beobachtungen und Messungen (z. B. Verhältnis Trocken- und Feuchtgewicht, Lipidgehalt) und für die Analyse der Hintergrundkonzentrationen in den Würmern und im Boden sind mindestens 12 Replikatgefäße einer Negativkontrolle (jeweils vier Probenahmen zu Beginn und am Ende der Aufnahmephase und vier Probenahmen am Ende der Eliminationsphase) bereitzustellen, wenn kein anderes Lösungsmittel als Wasser verwendet wird. Wurde für die Applikation der Prüfsubstanz ein Lösungsvermittler verwendet, muss neben den behandelten Replikaten eine Lösungsmittelkontrolle (jeweils vier Replikatgefäße sind zu Beginn und am Ende der Aufnahmephase sowie vier am Ende der Eliminationsphase zu beproben) durchgeführt werden, für die mit Ausnahme der Prüfsubstanz alle Bestandteile zu verwenden sind. In diesem Fall können auch vier zusätzliche Replikatgefäße einer Negativkontrolle (kein Lösungsmittel) für eine fakultative Probenahme am Ende der Aufnahmephase vorgesehen werden. Diese Replikate können biologisch mit der Lösungsmittelkontrolle verglichen werden, um Informationen über einen möglichen Einfluss des Lösungsmittels auf den Testorganismus zu erhalten. Es wird empfohlen, eine ausreichende Anzahl an Replikatgefäßen (z. B. 8) als zusätzliche Reserve für Test- und Kontrollgruppen anzusetzen.

Häufigkeit der Bodenqualitätsmessungen

41.

Zu Beginn und am Ende der Aufnahmephase und der Eliminationsphase werden der pH-Wert und der Feuchtegehalt des Bodens sowie (kontinuierlich) die Temperatur in der Prüfkammer bestimmt. Einmal pro Woche sollte der Feuchtegehalt des Bodens durch Wiegen der Prüfgefäße und Vergleich ihres Gewichts zum Zeitpunkt der Kontrolle mit ihrem Gewicht zu Testbeginn überprüft werden. Wasserverluste sollten durch Zugabe von entionisiertem Wasser ausgeglichen werden.

Probenahme und Analyse der Wurm- und Bodenproben

42.

Anlage 3 enthält ein Beispiel eines Probenahmeplans für die Testung der Bioakkumulation mit Regenwürmern und Enchytraeen.

43.

Vor dem Einsetzen der Würmer sowie während der Aufnahmephase und der Eliminationsphase wird den Prüfgefäßen Boden zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration entnommen. Während des Tests werden die Konzentrationen der Prüfsubstanz in den Würmern und im Boden bestimmt. In der Regel werden die Gesamtkonzentrationen im Boden gemessen. Es können auch die Konzentrationen im Porenwasser bestimmt werden; in diesem Fall sind vor Beginn der Studie eine Begründung für diesen Entschluss und geeignete Methoden anzugeben, die ebenfalls in den Bericht aufgenommen werden.

44.

Während der Aufnahmephase und der Eliminationsphase werden jeweils mindestens sechs Mal Proben entnommen. Ist eine Prüfsubstanz nachweislich stabil, so kann die Zahl der Bodenproben reduziert werden. Es wird empfohlen, zu Beginn und am Ende der Aufnahmephase mindestens drei Replikate zu analysieren. Weicht die am Ende der Aufnahmephase bestimmte Konzentration im Boden um mehr als 30 % von der Ausgangskonzentration ab, so sollten die zu anderen Zeitpunkten genommenen Bodenproben ebenfalls analysiert werden.

45.

Die Würmer eines bestimmten Replikatgefäßes werden an jedem Messzeitpunkt aus dem Boden entnommen (z. B. indem der Boden des Replikats auf eine flache Schale verteilt wird und die Würmer mit einer abgerundeten Juwelierpinzette ausgelesen werden) und anschließend kurz in einer flachen Schale aus Glas oder Stahl mit Wasser gespült. Anhaftendes Wasser entfernen (siehe Nummer 34). Die Würmer vorsichtig in ein vorgewogenes Gefäß geben und sofort samt Darminhalt wiegen.

46.

Die Regenwürmer (Eisenia sp.) sollten dann über Nach ihren Darm entleeren, z. B. auf einem angefeuchteten Filterpapier in einer abgedeckten Petrischale (siehe Nummer 34). Nach der Darmentleerung ist das Gewicht der Würmer zu bestimmen, um die eventuelle Abnahme der Biomasse während des Tests zu beurteilen (siehe Validitätskriterien unter Nummer 17). Wiegen und Gewebsanalyse der Enchytraeen erfolgen ohne vorherige Darmentleerung, da dies aus technischer Sicht angesichts der geringen Größe dieser Würmer schwierig ist. Nachdem das Endgewicht bestimmt wurde, werden die Würmer anhand der am besten geeigneten Methode sofort abgetötet (z. B. mit Flüssigstickstoff oder durch Einfrieren bei Temperaturen unter –18 °C).

47.

Während der Eliminationsphase ersetzen die Würmer kontaminierten Darminhalt durch sauberen Boden. Dies bedeutet, dass bei unmittelbar vor der Eliminationsphase entnommenen Proben von Würmern, die ihren Darm nicht entleert haben (in diesem Fall Enchytraeen), der Darm verunreinigten Boden enthält. Bei aquatischen Oligochaeten wird davon ausgegangen, dass nach den ersten 4 bis 24 Std. der Eliminationsphase der Großteil des verunreinigten Darminhalts durch sauberes Sediment ersetzt wurde, z. B. (46). In Studien über die Akkumulation von radioaktiv markiertem Cadmium und Zink wurden vergleichbare Feststellungen für Regenwürmer gemeldet (78). Bei Enchytraeen mit Darminhalt kann die Konzentration dieser ersten Probe der Eliminationsphase als die Konzentration im Gewebe nach Darmentleerung angesehen werden. Um der Verdünnung der Prüfsubstanzkonzentration durch unkontaminierten Boden während der Eliminationsphase Rechnung zu tragen, kann das Gewicht des Darminhalts auf Basis des Verhältnisses Nassgewicht/Aschegewicht des Wurms oder des Verhältnisses Trockengewicht/Aschegewicht des Wurms geschätzt werden.

48.

Die Analyse der Boden- und Wurmproben sollte vorzugsweise direkt nach der Probenahme (d. h. innerhalb von 1 bis 2 Tagen) erfolgen, um einen Abbau oder sonstige Verluste zu vermeiden; es wird empfohlen, die ungefähren Aufnahme- und Eliminationsraten zu ermitteln, während der Versuch fortgesetzt wird. Verzögert sich die Analyse, so sind die Proben auf geeignete Weise zu lagern, z. B. durch Tiefgefrieren (≤ –18 °C).

49.

Es sollte überprüft werden, ob die Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der chemischen Analyse sowie die Wiederfindung der Prüfsubstanz aus Boden- und Wurmproben für die betreffende Methode geeignet sind; die Effizienz der Extraktion, die Nachweisgrenze (‚limit of detection; LOD‘) und die Quantifizierungsgrenze (‚limit of quantification; LOQ‘) sollten im Bericht erfasst werden. Auch ist zu kontrollieren, ob die Prüfsubstanz in den Kontrollgefäßen nicht in Konzentrationen feststellbar ist, die über der Hintergrundkonzentration liegen. Wenn die Konzentration der Prüfsubstanz im Testorganismus Ca für die Kontrollwürmer > 0 ist, sollte dies bei der Berechnung der kinetischen Parameter berücksichtigt werden (siehe Anlage 2). Alle Proben sollten während des Tests stets so behandelt werden, dass Verunreinigungen und Verluste (z. B. infolge von Adsorption der Prüfsubstanz durch das Probenahmegerät) auf ein Mindestmaß beschränkt werden.

50.

Werden radioaktiv markierte Prüfsubstanzen verwendet, so können Ausgangssubstanz und Metaboliten analysiert werden. Eine Quantifizierung der Ausgangsprüfsubstanz und der Metaboliten im steady state oder am Ende der Aufnahmephase liefert wichtige Informationen. Die Proben sollten dann ‚gereinigt‘ werden, damit die Ausgangsprüfsubstanz separat quantifiziert werden kann. Wenn einzelne Metaboliten mehr als 10 % der gesamten Radioaktivität in den analysierten Proben ausmachen, sollten diese Metaboliten identifiziert werden.

51.

Die Gesamtwiederfindungsrate und die Wiederfindung der Prüfsubstanz in Würmern, Boden und gegebenenfalls Abscheidern mit Adsorbersubstanzen, die eingesetzt wurden, um verdampfende Prüfsubstanz aufzufangen, müssen registriert und im Protokoll erfasst werden.

52.

Für Enchytraeen, die kleiner sind als Regenwürmer, ist es zulässig, die beprobten Individuen aus einem bestimmten Prüfgefäß zu poolen. Verringert sich durch das Pooling die Zahl der Replikate, so wird hierdurch die Zahl der statistischen Verfahren eingeschränkt, die auf die Daten anwendbar sind. Wird auf ein spezielles statistisches Verfahren bzw. eine bestimmte statistische Aussagekraft Wert gelegt, so muss der Test unter Berücksichtigung des Pooling, des Verfahrens und der gewünschten Aussagekraft eine angemessene Anzahl an Replikatgefäßen umfassen.

53.

Der BAF sollte sowohl im Verhältnis zum gesamten Trockengewicht als auch, falls erforderlich (bei hochlipophilen Substanzen) im Verhältnis zum Lipidgehalt ausgedrückt werden. Zur Bestimmung des Lipidgehalts sollten geeignete Methoden verwendet werden (zu diesem Zweck sollten einige bestehende Methoden — z. B. (31) (58) — angepasst werden). Bei diesen Methoden wird ein Chloroform/Methanol-Extraktionsverfahren eingesetzt. Um die Verwendung von gechlorten Lösungsmitteln zu vermeiden, sollte jedoch eine angepasste Version der Methode von Bligh and Dyer (9), wie in (17) beschrieben, verwendet werden. Da die verschiedenen Methoden möglicherweise zu unterschiedlichen Werten führen, ist es wichtig, Einzelheiten über die verwendete Methode anzugeben. Wenn möglich, d. h. wenn genügend Wurmgewebe verfügbar ist, sollte die Lipidanalyse idealerweise an derselben Probe oder demselben Extrakt vorgenommen werden, das für die Analyse der Prüfsubstanz verwendet wurde, da die Lipide häufig erst aus dem Extrakt entfernt werden müssen, bevor dieses chromatografisch analysiert werden kann (49). Als Alternative können die Kontrolltiere verwendet werden, um den Lipidgehalt zu bestimmen, der dann herangezogen werden kann, um die BAF-Werte zu normalisieren. Mit letztgenanntem Konzept lässt sich die Verunreinigung der Geräte durch die Prüfsubstanz reduzieren.

DATEN UND BERICHTERSTATTUNG

Auswertung der Ergebnisse

54.

Die Aufnahmekurve der Prüfsubstanz ergibt sich, indem ihre Konzentration in/auf den Würmern in der Aufnahmephase gegen die Zeit auf einer arithmetischen Skala aufgetragen wird. Wenn die Kurve ein Plateau oder den steady state (siehe Definitionen in Anlage 1) erreicht hat, wird der steady-state-Bioakkumulationsfaktor BAFss wie folgt errechnet:

Formula

Dabei sind:

Ca = die Konzentration der Prüfsubstanz im Testorganismus

Cs = die Konzentration der Prüfsubstanz im Boden

55.

Wird kein steady state erreicht, sollte der auf den Konstanten basierende BAFK anstelle des BAFss wie nachstehend beschrieben bestimmt werden:

Bestimmung des Akkumulationsfaktors (BAFK) als Quotient ks/ke.

Aufnahme- und Eliminationskonstante möglichst gleichzeitig berechnen (siehe Gleichung 11 in Anlage 2)

Die Eliminationskonstante (ke) wird in der Regel aus der Eliminationskurve abgeleitet (d. h. einer graphischen Darstellung der Prüfsubstanzkonzentration in den Würmern während der Eliminationsphase). Die Aufnahmekonstante ks wird dann anhand des gegebenen Wertes ke und einem Ca-Wert berechnet, der sich aus der Aufnahmekurve ableitet. Siehe Beschreibung dieser Methoden in Anlage 2. Die bevorzugte Methode zur Berechnung des BAFK und der Konstanten ks und ke ist eine computergestützte nichtlineare Parameterschätzung. Wenn die Ausscheidungskurve offensichtlich nicht erster Ordnung ist, sollten komplexere Modelle herangezogen werden.

Prüfbericht

56.

Der Prüfbericht sollte folgende Angaben enthalten:

 

Prüfsubstanz:

Etwaige verfügbare Angaben zur akuten oder chronischen Toxizität (z. B. ECx, LCx, NOEC) der Prüfsubstanz gegenüber bodenbewohnenden Oligochaeten;

Reinheit, physikalischer Zustand und gegebenenfalls physikalisch-chemische Eigenschaften, z. B. log Kow, Wasserlöslichkeit;

chemische Kenndaten; Herkunft der Prüfsubstanz, Bezeichnung und Konzentration der verwendeten Lösungsmittel;

bei radioaktiv markierten Prüfsubstanzen: die genaue Position des markierten Atoms (der Atome), die spezifische Radioaktivität und die radiochemische Reinheit.

 

Testspezies:

wissenschaftlicher Name, Stamm, Bezugsquelle, eventuelle Vorbehandlungen, Akklimatisation, Alter, Größenbereich usw.

 

Prüfbedingungen:

angewandtes Prüfverfahren;

Art und Eigenschaften der verwendeten Beleuchtung und Photoperiode(n);

Versuchsaufbau (z. B. Anzahl und Größe der Prüfgefäße, Bodenmasse und Füllhöhe der Bodenschicht, Anzahl der Replikate, Anzahl der Würmer pro Replikat, Anzahl der Prüfkonzentrationen, Dauer der Aufnahme- und Eliminationsphase, Häufigkeit der Probenahmen);

Begründung für die Wahl des Materials der Prüfgefäße;

Methode für die Vorbereitung des Prüfgegenstands und Applikationsmethode sowie Begründung der Wahl einer bestimmten Methode;

die nominellen Prüfkonzentrationen, der Durchschnitt der gemessenen Werte sowie deren Standardabweichungen in den Prüfgefäßen sowie das Verfahren, durch das diese Werte ermittelt wurden;

Quelle der Bestandteile des künstliches Bodens oder — wenn ein natürliches Medium verwendet wird — Herkunft des Bodens, Beschreibung etwaiger Vorbehandlungen, Ergebnisse der Kontrollen (Überlebensrate, Entwicklung der Biomasse, Reproduktion), Bodenmerkmale (pH-Wert, Gesamtgehalt an organischem Kohlenstoff, Korngrößenverteilung (Anteil an Sand, Schluff und Lehm), WHCmax, Wassergehalt zu Beginn und am Ende des Versuchs und sonstige vorgenommene Messungen);

Angaben zur Behandlung der Boden- und Wurmproben, einschließlich aller Einzelheiten über Vorbereitung, Lagerung, Dotierungsverfahren, Extraktion, und zu Analyseverfahren (und -genauigkeit) in Bezug auf die Prüfsubstanz in Würmern und Boden sowie zum Lipidgehalt (falls gemessen) und Wiederauffindungsraten des Prüfgegenstands.

 

Ergebnisse:

Mortalität der Kontrollwürmer und der Würmer in den einzelnen Prüfgefäßen sowie jegliches beobachtetes anormales Verhalten (z. B. Vermeidung des Bodens, fehlende Reproduktion bei einem Bioakkumulationstest mit Enchytraeen);

Verhältnis zwischen Trockengewicht und Frischgewicht im Boden und in den Testorganismen (nützlich für die Normalisierung);

das Feuchtgewicht der Würmer bei jeder Probenahme; für Regenwürmer das Feuchtgewicht zu Beginn des Versuchs und bei jeder Probenahme vor und nach der Darmentleerung;

der Lipidgehalt der Testorganismen (falls in der Prüfung ermittelt);

Kurven der Aufnahme- und Eliminationskinetiken der Prüfsubstanz in den Würmern und die Zeit bis zur Einstellung des steady state;

Ca und Cs (gegebenenfalls mit Standardabweichung und Abweichungsbereich) für alle Probenahmen (wobei Ca in g kg–1 Feucht- und Trockengewicht des Ganzkörpers und Cs in g kg–1 Feucht- und Trockengewicht des Bodens ausgedrückt wird). Wird der Biota-Boden-Akkumulationsfaktor (BSAF) benötigt (z. B. für den Vergleich der Ergebnisse von zwei oder mehreren Tests, die mit Tieren mit unterschiedlichem Lipidgehalt durchgeführt wurden), so können Ca zusätzlich als g kg–1 Lipidgehalt des Organismus und Cs als g kg–1 organischer Kohlenstoff (OC) des Bodens ausgedrückt werden;

BAF (ausgedrückt in kg Boden·kg–1 Wurm), Boden-Aufnahmekonstante ks (ausgedrückt in g Boden kg–1 Wurm d–1) und Eliminationskonstante ke (ausgedrückt in d–1); BSAF (ausgedrückt in kg Boden organischer Kohlenstoff kg–1 Lipidgehalt des Wurms) kann zusätzlich angegeben werden;

falls gemessen: Gehalt an Ausgangssubstanz, Metaboliten und gebundenen Rückständen (d. h. Gehalt an Prüfsubstanz, die sich nicht mit gewöhnlichen Extraktionsmethoden extrahieren lässt) im Boden und in den Testtieren;

Methoden zur statistischen Datenanalyse.

 

Auswertung der Ergebnisse:

Übereinstimmung der Ergebnisse mit den Validitätskriterien gemäß in Nummer 17;

unerwartete oder ungewöhnliche Ergebnisse, z. B. unvollständige Elimination der Prüfsubstanz durch die Testtiere.

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48.

Kapitel C.8 dieses Anhangs; Toxizität für Regenwürmer.

49.

Kapitel C.13 dieses Anhangs; Biokonzentration: Durchfluss-Fischtest.

50.

Kapitel C.21 dieses Anhangs; Bodenmikroorganismen: Stickstofftransformationstest.

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Anlage 1

DEFINITIONEN

 

Bioakkumulation ist die Konzentrationszunahme (Anreicherung) der Prüfsubstanz in oder an einem Organismus gegenüber der Prüfsubstanzkonzentration im umgebenden Medium. Bioakkumulation setzt sich aus Biokonzentrations- und Biomagnifikationsvorgängen (siehe unten) zusammen.

 

Biokonzentration ist die Konzentrationszunahme (Anreicherung) der Prüfsubstanz in oder an einem Organismus gegenüber der Prüfsubstanzkonzentration im umgebenden Medium, die ausschließlich aus der Aufnahme der Substanz aus dem umgebenden Medium (z. B. über die Körperoberfläche und durch die ingestive Aufnahme des Bodens) resultiert.

 

Biomagnifikation ist die Konzentrationszunahme (Anreicherung) der Prüfsubstanz in oder an einem Organismus, die hauptsächlich aus der Aufnahme der Prüfsubstanz über kontaminiertes Futter oder kontaminierte Beute resultiert, bezogen auf die Prüfsubstanzkonzentration im Futter bzw. in der Beute. Biomagnifikation kann zum Transfer oder zur Bioakkumulation der Prüfsubstanz in Nahrungsketten oder -netzen führen.

 

Die Elimination einer Prüfsubstanz ist die Ausscheidung der angereicherten Prüfsubstanz aus dem Prüforganismus durch aktive oder passive Prozesse, die unabhängig von An- oder Abwesenheit der Prüfsubstanz im umgebenden Medium erfolgt.

 

Der Bioakkumulationsfaktor (BAF) zu jedem beliebigen Zeitpunkt während der Aufnahmephase dieses Bioakkumulationstests ist der Quotient aus der Konzentration der Prüfsubstanz in/an dem Prüforganismus (Ca in g kg-1 Trockengewicht Wurm) und der Konzentration der Prüfsubstanz im umgebenden Medium (Cs in g kg-1 Trockengewicht Boden); der BAF wird in kg Boden·kg-1 Wurm ausgedrückt.

 

Der steady-state-Bioakkumulationsfaktor (BAFss), der den BAF im steady state bezeichnet, ändert sich über einen längeren Zeitraum nicht wesentlich; die Konzentration der Prüfsubstanz im umgebenden Medium (Cs ausgedrückt als g kg-1 Trockengewicht des Bodens) ist während dieser Zeit konstant.

 

Bioakkumulationsfaktoren, die sich direkt anhand des Verhältnisses der Substrat-Aufnahmekonstanten zur Eliminationskonstanten (ks und ke, siehe unten) berechnen lassen, werden als kinetischer Bioakkumulationsfaktor (BAFK) bezeichnet.

 

Der Biota-Boden-Akkumulationsfaktor (BSAF) ist der Quotient aus der auf den Lipidgehalt normierten Prüfsubstanzkonzentration in/an dem Testorganismus (Ca in g kg-1 Lipidgehalt des Organismus) und der auf den organischen Kohlenstoffgehalt normierten Prüfsubstanzkonzentration im Boden im steady state (Cs in g kg-1 organischen Kohlenstoff des Bodens); der BSAF wird in kg organischer Kohlenstoff·kg-1 Lipid ausgedrückt.

 

Ein Plateau oder steady state ist definiert als das Gleichgewicht zwischen den während der Aufnahmephase simultan auftretenden Aufnahme- und Eliminationsvorgängen. Der steady state in der grafischen Darstellung des gegen die Zeit aufgetragenen BAF ist erreicht, wenn die Kurve parallel zur Zeitachse verläuft und wenn drei aufeinander folgende BAF-Analysen, die an Proben durchgeführt werden, die im Abstand von mindestens zwei Tagen genommen wurden, um nicht mehr als ± 20 % voneinander abweichen, bzw. wenn es keine statistisch bedeutenden Unterschiede zwischen den drei Probenahmephasen gibt. Für Prüfsubstanzen, die nur langsam aufgenommen werden, ist ein zeitlicher Abstand zwischen den Probenahmen von sieben Tagen geeigneter (49).

 

Der Koeffizient für die Verteilung organischer Kohlenstoff/Wasser (Koc) bezeichnet das Verhältnis der Gleichgewichtskonzentration Substanz im/am organischen Kohlenstoffanteil im Boden zu derjenigen im Wasser.

 

Der Oktanol-Wasser-Verteilungskoeffizient (Kow) bezeichnet das Verhältnis zwischen der Konzentration einer Substanz in n-Oktanol und ihrer Konzentration in Wasser im Gleichgewicht, auch als Pow-Wert ausgedrückt. Der Logarithmus von Kow (log Kow) gilt als Maß für das Potenzial einer Substanz, von aquatischen Organismen angereichert zu werden.

 

Die Aufnahme- oder Expositionsphase ist der Zeitraum, in dem die Prüforganismen der Prüfsubstanz ausgesetzt sind.

 

Die Substrat-Aufnahmekonstante (ks) ist der numerische Wert, der die Geschwindigkeitsrate der Zunahme der Prüfsubstanzkonzentration im/am Testorganismus bei Anreicherung der Substanz aus dem Boden definiert. ks wird in g Boden kg-1 Wurm d-1 ausgedrückt.

 

Die Eliminationsphase ist der Zeitraum, in dem nach Umsetzung der Testorganismen von kontaminiertem Medium in prüfsubstanzfreies Medium die Ausscheidung (oder der Nettoverlust) der Prüfsubstanz durch die Testorganismen beobachtet wird.

 

Die Eliminationskonstante (ke) ist der numerische Wert, der die Geschwindigkeit der Konzentrationsabnahme der Prüfsubstanz in/an dem Testorganismus nach Umsetzung der Testorganismen aus einem mit Prüfsubstanz belasteten Medium in prüfsubstanzfreies Medium definiert; ke wird in Tag-1 (d-1) angegeben.

 

Prüfsubstanz: jede Substanz oder jedes Gemisch, die/das mit dieser Prüfmethode getestet wird.

Anlage 2

Berechnung der Aufnahme- und Eliminationsparameter

Hauptendpunkt eines Bioakkumulationstests ist der Bioakkumulationsfaktor (BAF). Zur Berechnung des gemessenen BAF bildet man den Quotienten aus der Konzentration der Prüfsubstanz im Testorganismus (Ca) und der Konzentration im Substrat (Cs) im steady state. Wurde der steady state während der Aufnahmephase nicht erreicht, so wird anhand der Konstanten der kinetische Bioakkumulationsfaktor (BAFK) anstelle des steady-state-Bioakkumulationsfaktors BAFss berechnet.

Für die Berechnung des kinetischen Bioakkumulationsfaktors (BAFK), der Substrat-Aufnahmekonstanten (ks) und der Eliminationskonstanten (ke) werden in der Regel computergestützte, nichtlineare Verfahren zur Parameterschätzung eingesetzt, z. B. basierend auf den in (68) beschriebenen Modellen. Diese Programme bestimmen die Werte BAFK, ks und ke basierend auf einem gegebenen Satz von über die Zeit ermittelten Konzentrationsdaten und den Modellgleichungen:

Formula

0 < t < tc

[Gleichung 1]

oder

Formula

t > tc

[Gleichung 2]

Dabei sind:

Ca

=

Konzentration der chemischen Substanz in den Würmern [g kg-1 Feucht- oder Trockengewicht]

ks

=

Aufnahmekonstante im Gewebe [g Boden kg-1 Wurm d-1]

Cs

=

Konzentration der chemischen Substanz im Boden [g kg-1 Feucht- oder Trockengewicht]

ke

=

Eliminationskonstante [d-1]

tc

=

Zeit am Ende der Aufnahmephase.

Wenn die Hintergrundkonzentration in den nichtexponierten Würmern z. B. am Tag 0 deutlich von Null abweicht (was z. B. bei Metallen der Fall sein kann), so wird diese Hintergrundkonzentration (Ca,0) in den Gleichungen wie folgt berücksichtigt:

Formula

0 < t < tc

[Gleichung 3]

und

Formula

t > tc

[Gleichung 4]

Wird im Verlauf der Aufnahmephase eine deutliche Abnahme der Prüfsubstanzkonzentration im Boden beobachtet, so können folgende Modellgleichungen verwendet werden (z. B. (67) (79)):

Formula

[Gleichung 5]

Dabei sind:

Cs

=

Konzentration der Substanz im Boden [g kg-1 Feucht- oder Trockengewicht]

k0

=

Boden-Abbaukonstante [d-1]

C0

=

anfängliche Konzentration der chemischen Substanz im Boden [gkg-1 Feucht- oder Trockengewicht]

Formula

0 < t < tc

[Gleichung 6]

Formula

t > tc

[Gleichung 7]

Dabei sind:

Ca

=

Konzentration der chemischen Substanz in Würmern [g kg-1 Feucht- oder Trockengewicht]

ks

=

Aufnahmekonstante im Gewebe [g soil kg-1 of worm d-1]

k0

=

Boden-Abbaukonstante [d-1]

ke

=

Eliminationskonstante [d-1]

tc

=

Zeit am Ende der Aufnahmephase.

Wird ein steady state während der Aufnahmephase erreicht (d. h. t = ∞), kann Gleichung 1

Formula

0 < t < tc

[Gleichung 1]

umgeformt werden zu

Formula

oder

Formula

[Gleichung 8]

Damit stellt ks/ke x Cs eine Annäherung an die Konzentration der Prüfsubstanz im Wurmgewebe im steady state (Ca,ss) dar.

Der Biota-Boden-Akkumulationsfaktor (BSAF) lässt sich wie folgt berechnen:

Formula

[Gleichung 9]

wobei foc die Fraktion des organischen Kohlenstoffs im Boden und flip die Fraktion des Lipidgehalts der Würmer ist, beide vorzugsweise an Proben, die aus dem Versuch stammen, und jeweils nach Trocken- oder Feuchtgewicht bestimmt.

Zur Modellierung der Eliminationskinetik/Eliminationsverläufe können die Daten aus der Eliminationsphase herangezogen und die folgende Modellgleichung und ein computergestütztes, nichtlineares Verfahren zur Parameterschätzung angewendet werden. Weisen die gegen die Zeit aufgetragenen Messwerte auf eine konstante exponentielle Abnahme der Prüfsubstanzkonzentration in den Tieren hin, so lässt sich der Eliminationsverlauf mit einem Ein-Kompartiment-Modell (Gleichung 9) beschreiben.

Formula

[Gleichung 10]

Die Elimination kann zuweilen biphasisch verlaufen, mit einer raschen Abnahme von Ca in den Anfangsphasen und einem langsameren Verlust an Prüfsubstanz in den letzten Phasen der Elimination, z. B. (27) (68). Erklären lassen sich die beiden Phasen mit der Annahme, dass es im Organismus zwei verschiedene Kompartimente gibt, aus denen die Prüfsubstanz mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten eliminiert wird. Für diese Fälle wird auf die einschlägige Literatur verwiesen, z. B. (38) (39) (40) (78).

Anhand der obigen Modellgleichungen können die Kinetikparameter (ks und ke) auch in einem Durchlauf berechnet werden, indem die Kinetikmodellgleichung 1. Ordnung auf alle Daten aus der Aufnahme- und der Eliminationsphase gleichzeitig angewendet wird. Für die Beschreibung einer Methode, die eine solche kombinierte Berechnung der Aufnahme- und Eliminationskonstanten ermöglicht, wird auf (41), (73) und (70) verwiesen.

Formula

[Gleichung 11]

Anmerkung:

Bei gleichzeitiger Schätzung der Aufnahme- und Eliminationsparameter anhand der kombinierten Aufnahme- und Eliminationsdaten ist‚m‘ in Gleichung 11 ein Deskriptor, mit dem das Computerprogramm die Teilterme der Gleichung den Datensätzen der jeweiligen Phase zuordnen und die Schätzung korrekt durchführen kann (m = 1 für die Aufnahmephase; m = 2 für die Eliminationsphase).

Diese Modellgleichungen sind jedoch mit Vorsicht anzuwenden, insbesondere wenn sich während des Versuchs die Bioverfügbarkeit der Prüfsubstanz ändert oder (biologischer) Abbau stattfindet (siehe z. B. (79)).

Anlage 3

PROBENAHMEPLAN FÜR DIE TESTUNG DER BIOAKKUMULATION IM BODEN —BEISPIELE

Regenwurmtest

a)

Aufnahmephase mit 8 Messpunkten für die Kinetikberechnung

Tag

Arbeitsschritte

– 6

Konditionieren des zubereiteten Bodens für 48 Std.;

– 4

Dotieren der Bodenfraktion mit der Lösung der Prüfsubstanz, Abdampfen von Lösungsmitteln; Mischen der Bodenbestandteile; Befüllen der Prüfgefäße mit dem Boden; Equilibrieren bei Prüfbedingungen für 4 Tage (3 Wochen bei metalldotierten Böden);

– 3 bis – 1

Entnahme der Testorganismen aus der Anzuchtkultur zwecks Akklimatisierung; Zubereitung und Befeuchtung der Bodenbestandteile;

0

Bestimmung von Temperatur und pH-Wert des Bodens; Entnahme von Bodenproben aus den behandelten Prüfgefäßen und den Kontrollgefäßen mit Lösungsmittel zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration; Zugabe der Futterration; Wiegen und Verteilen der Würmer auf die Prüfgefäße nach dem Zufallsprinzip; Reservieren einer ausreichenden Anzahl von Teilproben von Würmern zur Bestimmung von analytischen Hintergrundwerten, Feucht- und Trockengewicht sowie Lipidgehalt; Wiegen sämtlicher Prüfgefäße zur Kontrolle der Bodenfeuchte; Kontrolle der Luftzufuhr bei Verwendung eines geschlossenen Prüfsystems;

1

Kontrolle der Luftzufuhr, Aufzeichnung von Wurmverhalten und Temperatur; Entnahme von Boden- und Wurmproben zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration;

2

wie Tag 1;

3

Kontrolle von Luftzufuhr, Wurmverhalten und Temperatur;

4

wie Tag 1;

5-6

wie Tag 3;

7

wie Tag 1; Zugabe der Futterration; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße und Ausgleichen der Verdunstungsverluste;

8-9

wie Tag 3;

10

wie Tag 1;

11-13

wie Tag 3;

14

wie Tag 1; Zugabe der Futterration; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße und Ausgleichen der Verdunstungsverluste;

15-16

wie Tag 3;

17

wie Tag 1;

18-20

wie Tag 3;

21

wie Tag 1; Bestimmung von Temperatur und pH-Wert des Bodens; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße; Ende der Aufnahmephase; Umsetzen der Würmer aus den verbleibenden exponierten Replikaten in Gefäße mit sauberem Boden für die Eliminationsphase (ohne Entleerung des Darminhalts); Entnahme von Boden- und Wurmproben aus den Kontrollgefäßen mit Lösungsmittel.

 

Die Arbeitsschritte vor der Exponierung (Equilibrierungsphase) sind unter Berücksichtigung der Eigenschaften der Prüfsubstanz zu programmieren.

 

Die für Tag 3 beschriebenen Arbeitsschritte sind täglich durchzuführen (mindestens an den Arbeitstagen).

b)

Eliminationsphase

Tag

Arbeitsschritte

– 6

Zubereitung und Befeuchtung der Bodenbestandteile; Konditionieren des zubereiteten Bodens für 48 Std.;

– 4

Mischen der Bodenbestandteile; Befüllen der Prüfgefäße mit dem Boden; Inkubation bei Prüfbedingungen für 4 Tage;

0 (Ende der Aufnahmephase)

Bestimmung von Temperatur und pH-Wert des Bodens; Wiegen und Verteilen der Würmer auf die Prüfgefäße nach dem Zufallsprinzip; Zugabe der Futterration; Umsetzen der Würmer aus den verbleibenden exponierten Replikaten in Gefäße mit sauberem Boden; Entnahme von Boden- und Wurmproben nach 4 bis 6 Std. zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration;

1

Kontrolle der Luftzufuhr, Aufzeichnung von Wurmverhalten und Temperatur; Entnahme von Boden- und Wurmproben zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration;

2

wie Tag 1;

3

Kontrolle von Luftzufuhr, Wurmverhalten und Temperatur;

4

wie Tag 1;

5-6

wie Tag 3;

7

wie Tag 1; Zugabe der Futterration; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße und Ausgleichen der Verdunstungsverluste;

8-9

wie Tag 3;

10

wie Tag 1;

11-13

wie Tag 3;

14

wie Tag 1; Zugabe der Futterration; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße und Ausgleichen der Verdunstungsverluste;

15-16

wie Tag 3;

17

wie Tag 1;

18-20

wie Tag 3;

21

wie Tag 1; Bestimmung von Temperatur und pH-Wert des Bodens; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße; Entnahme von Boden- und Wurmproben aus den Kontrollgefäßen mit Lösungsmittel.

 

Der Boden wird vor Beginn der Eliminationsphase auf dieselbe Weise zubereitet wie vor der Aufnahmephase.

 

Die für Tag 3 beschriebenen Arbeitsschritte sind täglich durchzuführen (mindestens an den Arbeitstagen).

Enchyträentest

a)

AUfnahmephase mit 8 Messpunkten für die Kinetikberechnung

Tag

Arbeitsschritte

– 6

Konditionieren des zubereiteten Bodens für 48 h;

– 4

Dotieren der Bodenfraktion mit der Lösung der Prüfsubstanz, Abdampfen von Lösungsmitteln; Mischen der Bodenbestandteile; Befüllen der Prüfgefäße mit dem Boden; Equiliben bei Prüfbedingungen für 4 Tage (3 Wochen bei metalldotierten Böden);

– 3 bis – 1

Entnahme der Testorganismen aus der Anzuchtkultur zwecks Akklimatisierung; Zubereitung und Befeuchtung der Bodenbestandteile;

0

Bestimmung von Temperatur und pH-Wert des Bodens; Entnahme von Bodenproben aus den behandelten Prüfgefäßen und den Kontrollgefäßen mit Lösungsmittel zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration; Zugabe der Futterration in den Boden; Wiegen und Verteilen der Würmer auf die Prüfgefäße nach dem Zufallsprinzip; Reservieren einer ausreichenden Anzahl von Teilproben von Würmern zur Bestimmung von analytischen Hintergrundwerten, Feucht- und Trockengewicht sowie Lipidgehalt; Wiegen sämtlicher Prüfgefäße zur Kontrolle der Bodenfeuchte; Kontrolle der Luftzufuhr bei Verwendung eines geschlossenen Prüfsystems;

1

Kontrolle von Luftzufuhr, Wurmverhalten und Temperatur; Entnahme von Boden- und Wurmproben zur Bestimmung der Prüfsubstanzkonzentration;

2

wie Tag 1;

3

Kontrolle von Luftzufuhr, Wurmverhalten und Temperatur;

4

wie Tag 1;

5-6

wie Tag 3;

7

wie Tag 1; Zugabe der Futterration in den Boden; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße und Ausgleichen der Verdunstungsverluste;

9

wie Tag 1;

10

wie Tag 3;

11

wie Tag 1;

12-13

wie Tag 3;

14

wie Tag 1; Zugabe der Futterration in den Boden; Bestimmung von Temperatur und pH-Wert des Bodens; Kontrolle der Bodenfeuchte durch Rückwägung der Prüfgefäße; Ende der Aufnahmephase; Umsetzen der Würmer aus den verbleibenden exponierten Replikaten in Gefäße mit sauberem Boden für die Eliminationsphase (ohne Entleerung des Darminhalts); Entnahme von Boden- und Wurmproben aus den Kontrollgefäßen mit Lösungsmittel.

 

Die Arbeitsschritte vor der Exponierung (Equilibrierungsphase) sind unter Berücksichtigung der Eigenschaften der Prüfsubstanz zu programmieren.

 

Die für Tag 3 beschriebenen Arbeitsschritte sind täglich durchzuführen (mindestens an den Arbeitstagen).

Anlage 4

Kunsterde — Empfehlungen für die Zubereitung und Lagerung

Da natürlicher Boden aus einer bestimmten Quelle möglicherweise nicht das ganze Jahr über verfügbar ist und vorhandene Bodenorganismen sowie Mikroschadstoffe den Test beeinflussen können, wird für diesen Test künstliches Substrat, die Kunsterde gemäß Kapitel C.8 dieses Anhangs (Toxizität für Regenwürmer) (48), empfohlen. In dieser Kunsterde können mehrere Testspezies überleben, heranwachsen und sich vermehren, und eine maximale Standardisierung sowie Vergleichbarkeit der Test- und Kulturbedingungen sowohl laborintern als auch zwischen verschiedenen Labors sind gewährleistet.

Bodenbestanteile

Torf:

10 %

Sphagnum-Torf, gemäß OECD-Richtlinie Nr. 207 (48);

Quarzsand:

70 %

Industriequarzsand (luftgetrocknet); Korngröße: > 50 % der Partikel sollten Größen zwischen 50 und 200 μm aufweisen, aber alle Partikel sollten nicht größer als 2 mm sein;

Kaolin-Ton:

20 %

Kaolinitgehalt: ≥ 30 %;

Calciumcarbonat:

≤ 1 %

CaCO3, pulverisiert, chemisch rein.

Es ist ebenfalls möglich, den Gehalt der Kunsterde an organischem Kohlenstoff zu reduzieren, z. B. indem der Torfgehalt auf 4 bis 5 % bezogen auf das Trockengewicht des Bodens verringert und der Sandanteil entsprechend erhöht wird. Durch eine solche Reduzierung des Gehalts an organischem Kohlenstoff kann die Bindung der Prüfsubstanz an den Boden (organischen Kohlenstoff) verringert werden und die Bioverfügbarkeit der Prüfsubstanz für die Würmer zunehmen (74). Es wurde nachgewiesen, dass Enchytraeus albidus und Eisenia fetida den Validitätskriterien hinsichtlich der Vermehrung bei Versuchen mit Feldböden mit geringerem Gehalt an organischem Kohlenstoff (z. B. 2,7 % (33), (61)) genügen, und es ist auch erwiesen, dass diese Ergebnisse auch mit Kunsterde mit 5 %igem Torfgehalt erzielt werden können.

Zubereitung

Die trockenen Bodenbestandteile werden ca. eine Woche vor Prüfbeginn gründlich durchmischt (z. B. in einem großen Labormischer). Diese Mischung sollte mindestens 48 Std. vor Auftragen der Prüfsubstanz zur Einstellung/Stabilisierung des Säuregehalts mit entionisiertem Wasser befeuchtet werden. Der pH-Wert wird bestimmt, indem man den Boden im Verhältnis 1:5 mit 1 M KCl-Lösung mischt. Den pH-Wert des Bodens gegebenenfalls durch Zugabe einer ausreichenden Menge von CaCO3 auf 6,0 ± 0,5 einstellen oder eine neue Bodenpartie zubereiten.

Die maximale Wasserhaltekapazität (WHC) der Kunsterde wird nach der ISO-Norm 11268-2 bestimmt (35). Mindesten zwei Tage vor Testbeginn die trockene Kunsterde mit genug entionisiertem oder rekonsituiertem Wasser befeuchten, bis ungefähr 50 % des endgültigen Wassergehalts, der 40 bis 60 % der maximalen Wasserhaltekapazität (WHC) betragen sollte, erreicht sind. Zu Testbeginn wird der angefeuchtete Boden in so viele Portionen, wie Prüfkonzentrationen und Kontrollen für den Test benötigt werden, aufgeteilt und der Feuchtegehalt wird mit der Lösung der Prüfsubstanz und/oder entionisiertem oder rekonstituiertem Wasser auf 40 bis 60 % des WHCmax eingestellt. Der Feuchtegehalt wird zu Beginn und am Ende des Tests (bei 105 °C) bestimmt. Er sollte optimal auf die Bedürfnisse der Spezies abgestimmt sein. (Der Feuchtegehalt kann auch überprüft werden, indem der Boden vorsichtig zusammengedrückt wird, bis kleine Wassertropfen zwischen den Finger auftauchen).

Lagerung

Die trockenen Bestandteile der Kunsterde können bis zu ihrem Gebrauch bei Raumtemperatur gelagert werden. Der vorbereitete, angefeuchtete Boden kann bis zu drei Tage vor dem Dotieren an einem kühlen Ort gelagert werden. Verdunstungsverluste sind möglichst gering zu halten. Der Boden ist unmittelbar nach dem Auftragen der Prüfsubstanz zu gebrauchen, außer es liegen Informationen darüber vor, dass der betreffende Boden gelagert werden kann, ohne dass hierdurch die Toxizität und Bioverfügbarkeit der Prüfsubstanz beeinflusst werden. In diesem Fall können Proben des dotierten Bodens bis zur Analyse unter den für die betreffende Prüfsubstanz empfohlenen Bedingungen gelagert werden.

Anlage 5

Als Testspezies für die Bestimmung der Bioakkumulation aus dem Boden empfohlene Arten terrestrischer Oligochaeten

Regenwürmer

Die empfohlene Testspezies Eisenia fetida (Savigny 1826) gehört zur Familie der Regenwürmer (Lumbricidae). Seit 1972 wird sie in zwei Unterarten (Eisenia fetida und Eisenia andrei aufgeteilt (10)). Laut Jaenike (36) handelt es sich jedoch um zwei gesonderte Arten. Eisenia fetida ist leicht an den glänzenden gelben Streifen zwischen den Segmenten erkennbar, während Eisenia andrei eine einheitlich dunkelrote Färbung aufweist. Die ursprüngliche Heimat dieser Arten liegt wahrscheinlich in der Gegend des Schwarzen Meers; inzwischen sind sie weltweit verbreitet und kommen vor allem in anthropogen beeinflussten Habitaten wie Komposthaufen vor. Beide lassen sich sowohl für Ökotoxikologietests als auch für Bioakkumulationstests verwenden.

Eisenia fetida und Eisenia andrei sind im Handel erhältlich, z. B. als Fischköder. Ihr Reproduktionszyklus ist im Vergleich zu anderen Lumbriciden relativ kurz. Bei Raumtemperatur erreichen sie nach ca. 2-3 Monaten Geschlechtsreife. Ihr Temperaturoptimum liegt bei ca. 20-24 °C. Sie bevorzugen ein relativ feuchtes Substrat mit neutralem pH und hohem Gehalt an organischem Material. Da diese Arten seit ca. 25 Jahren weitgehend in standardisierten Ökotoxikologietests verwendet werden, ist das Verfahren für ihre Anzucht wohlbekannt (48) (77).

Beide Arten können in vielfältigen tierischen Exkrementen angezogen werden. In der ISO-Norm (35) wird als Anzuchtsmedium eine 50:50-Mischung von Pferde- oder Rinderdung und Torf empfohlen. Das Medium sollte einen pH-Wert von etwa 6 bis 7 (eingestellt mit Calciumcarbonat) sowie eine niedrige Ionenleitfähigkeit (weniger als 6 mS/cm oder weniger als 0,5 % Salzkonzentration) haben und sollte nicht übermäßig mit Ammonium oder tierischem Urin verunreinigt sein. Es kann auch handelsübliche zusatzfreie Gartenerde, OECD-Kunsterde (48) oder eine Mischung aus beiden zu gleichen Teilen verwendet werden. Das Substrat sollte feucht, jedoch nicht zu nass sein. Zur Anzucht eignen sich Kästen mit einem Fassungsvermögen von 10 Liter bis 50 Liter.

Zur Gewinnung von Würmern gleichen Alters und gleicher Größe (Masse) ist es am besten, die Kultur mit Kokons zu beginnen. Hierzu werden adulte Würmer zur Kokonablage in einen Anzuchtkasten mit frischem Substrat gesetzt. Die praktische Erfahrung hat gezeigt, dass eine Besatzdichte von ca. 100 adulten Würmern pro kg Substrat (Feuchtgewicht) gute Reproduktionsraten ergibt. Nach 28 Tagen werden die adulten Tiere entfernt. Die aus diesen Kokons geschlüpften Würmer werden nach Erreichen der Geschlechtsreife nach mindestens zwei Monaten, spätestens jedoch nach 12 Monaten für Tests verwendet.

Die Würmer der oben beschriebenen Arten können als gesund betrachtet werden, wenn sie sich durch das Substrat bewegen, nicht versuchen, das Substrat zu verlassen und sich regelmäßig reproduzieren. Substratmangel wird durch eine sehr langsame Bewegung der Würmer angezeigt und dadurch, dass sie ein gelbes hinteres Ende (im Fall von Eisenia fetida) aufweisen. In diesem Fall ist/sind die Bereitstellung von frischem Substrat und/oder die Reduzierung der Besatzdichte je Kasten zu empfehlen.

Zusätzlich ausgewähltes Referenzmaterial

Gerard B.M. (1964): Synopsis of the British fauna. No. 6 Lumbricidae. Linnean Soc. London, 6: 1-58.

Graff O. (1953): Die Regenwürmer Deutschlands. Schr. Forsch. Anst. Landwirtsch. 7: 1-81.

Römbke J., Egeler P., Füll C. (1997): Literaturstudie über Bioakkumulationstests mit Oligochaeten im terrestrischen Medium. Bericht für das UBA F + E 206 03 909, 86 S.

Rundgren S. (1977): Seasonality of emergence in lumbricids in southern Sweden. Oikos 28: 49-55.

Satchell J.E. (1955): Some aspects of earthworm ecology. Soil Zoology (Kevan): 180-201.

Sims R.W. and Gerard B.M. (1985): A synopsis of the earthworms. Linnean Soc. London 31: 1-171.

Tomlin A.D. (1984): The earthworm bait market in North America. In: Earthworm Ecology — from Darwin to vermiculture. Satchell, J.E. (ed.), Chapman & Hall, London. 331-338 pp.

Enchytraeen

Als Testspezies wird Enchytraeus albidus Henle 1837 (Weißer Topfwurm) empfohlen. Mit einer Länge von bis zu 15 mm ist Enchytraeus albidus einer der größten Vertreter der zu den Ringelwürmern gehörenden Oligochaetenfamilie Enchytraeidae und ist ubiquitär (8) verbreitet. Enchytraeus albidus ist in marinen, limnischen und terrestrischen Habitaten zu finden, hauptsächlich in faulendem organischem Material (Seetang, Kompost), aber, wenn auch seltener, ebenso in Wiesen (42). Diese breite ökologische Toleranz und einige morphologische Variationen weisen darauf hin, dass es möglicherweise mehrere Unterarten dieser Art gibt.

Enchytraeus albidus ist im Handel erhältlich, z. B. als Fischfutter. Es ist zu prüfen, ob andere, für gewöhnlich kleinere Arten in der Kultur präsent sind (60). Ist dies der Fall, sind alle Würmer in einer Petrischale mit Wasser zu waschen. Große adulte Exemplare von Enchytraeus albidus werden dann (mittels Stereomikroskop) für eine neue Kultur aussortiert. Alle anderen Würmer werden verworfen. Der Reproduktionszyklus ist kurz, da die Tiere ihre Geschlechtsreife zwischen 33 Tagen (bei 18 °C) und 74 Tagen (bei 12 °C) erreichen. Für die Versuche sollten ausschließlich Wurmkulturen verwendet werden, die mindestens fünf Wochen lang (eine Generation) problemlos im Labor gehalten wurden.

Andere Arten der Gattung Enchytraeus sind ebenfalls geeignet, insbesondere Enchytraeus luxuriosus. Diese in (65) neu beschriebene Art ist ein echter Bodenbewohner. Werden andere Enchytraeus-Arten verwendet, so sind diese eindeutig zu identifizieren und die Gründe für die Wahl der Art zu protokollieren.

Die Art Enchytraeus crypticus (Westheide & Graefe 1992) gehört zur selben Gruppe wie Enchytraeus luxuriosus. Ihr Vorkommen im Freiland konnte nicht sicher nachgewiesen werden, da die Art bisher nur im Zusammenhang mit Wurmzuchten und Komposthaufen beschrieben wurde (Römbke 2003). Ihre ursprünglichen ökologischen Ansprüche sind daher nicht bekannt. Jüngste Laborstudien mit Freilandböden haben jedoch bestätigt, dass sich diese Art durch eine breite Toleranz gegenüber Bodeneigenschaften wie pH-Wert ud Bodentextur auszeichnet (Jänsch et al. 2005). In jüngster Zeit wird die Art wegen der Einfachheit ihrer Zucht und Testung häufig für ökotoxikologische Studien verwendet (z. B. Kuperman et al. 2003). Die Tiere sind jedoch klein (3-12 mm; im Durchschnitt 7 mm) (Westheide & Müller 1996) und daher nicht so leicht handhabbar wie Enchytraeus albidus. Bei Verwendung dieser Art anstelle von Enchytraeus albidus können, müssen aber nicht unbedingt kleinere Prüfgefäße eingesetzt werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich diese Art mit einer Generationszeit von weniger als 20 Tagen bei 20 ± 2 °C (Achazi et al. 1999) sehr schnell und bei höheren Temperaturen sogar noch schneller vermehrt.

Enchytraeen der Art Enchytraeus albidus (sowie andere Enchytraeus-Arten können in großen Kunststoffschalen (z. B. 30 × 60 ×10 cm bzw. 20 × 12 × 8 cm für Kulturen kleinerer Wurmarten) gezüchtet werden, die mit einer Mischung aus Kunsterde und im Handel erhältlicher zusatzfreier Gartenerde gefüllt sind. Kompostmaterial ist zu vermeiden, da dieses toxische Substanzen wie Schwermetalle enthalten kann. Vor Gebrauch sollte das Zuchtsubstrat durch dreimaliges Tiefgefrieren defauniert werden. Reine Kunsterde kann ebenfalls verwendet werden, doch könnte die Reproduktionsgeschwindigkeit geringer sein als bei der Verwendung von Mischsubstraten. Der pH-Wert des Substrats sollte bei 6,0 ± 0,5 liegen. Die Zucht erfolgt in einem Inkubator bei 15 ± 2 °C im Dauerdunkel. In jedem Fall sind Temperaturen von über 23 °C zu vermeiden. Der künstliche/natürliche Boden sollte feucht, jedoch nicht nass sein. Bei leichtem Zusammendrücken des Bodens (Faustprobe) sollten nur kleine Wassertropfen austreten. Auf jeden Fall ist die Sauerstoffversorgung sicherzustellen (z. B. muss bei Verwendung eines Deckels dieser so perforiert sein, dass ein ausreichender Luftaustausch gewährleistet ist). Die Anzuchterde sollte einmal wöchentlich durch vorsichtiges Mischen belüftet werden.

Die Würmer sollten mindestens einmal wöchentlich ad libitum mit Haferflocken gefüttert werden, die in eine Vertiefung auf der Bodenoberfläche gegeben und mit Erde abgedeckt werden. Bleiben von der letzten Fütterung Futterreste im Behälter, so ist die Futterzugabe entsprechend anzupassen. Bei Pilzbesatz auf den Futterresten sind diese durch eine neue Menge Haferflocken zu ersetzen. Zur Stimulierung der Reproduktion kann den Haferflocken alle zwei Wochen mit Vitaminen angereichertes Proteinpulver zugesetzt werden. Nach drei Monaten werden die Tiere in eine frisch angesetzte Kultur oder Zuchtsubstrat umgesetzt. Die Haferflocken sind in geschlossenen Gefäßen zu lagern und sollten vor Gebrauch autoklaviert oder erhitzt werden, um den Befall mit Mehlmotten (z. B. Glyzyphagus sp., Astigmata, Acarina) oder Raubmilben (z. B. Hypoaspis (Cosmolaelaps) miles, Gamasida, Acarina) zu vermeiden. Das desinfizierte Futter wird gemahlen, so dass es sich leicht auf die Bodenoberfläche streuen lässt. Als weitere Futterquellen kommen Bäckerhefe oder TetraMin®-Fischfutter in Betracht.

In der Regel sind die Anzuchtbedingungen ausreichend, wenn die Würmer nicht versuchen, das Substrat zu verlassen, sich schnell durch den Boden bewegen, eine glänzende Hautoberfläche ohne anhaftende Bodenpartikel aufweisen und weißlich gefärbt sind und wenn Würmer verschiedener Altersgruppen vorhanden sind. Die Würmer können als gesund betrachtet werden, wenn sie sich regelmäßig reproduzieren.

Zusätzlich ausgewähltes Referenzmaterial

Achazi R.K., Fröhlich E., Henneken M., Pilz C. (1999): The effect of soil from former irrigation fields and of sewage sludge on dispersal activity and colonizing success of the annelid Enchytraeus crypticus (Enchytraeidae, Oligochaeta). Newsletter on Enchytraeidae 6: 117-126.

Jänsch S., Amorim M.J.B., Römbke J. (2005): Identification of the ecological requirements of important terrestrial ecotoxicological test species. Environ. Reviews 13: 51-83.

Kuperman R.G., Checkai R.T., Simini M., Phillips C.T., Kolakowski J.E., Kurnas C.W., Sunahara G.I. (2003): Survival and reproduction of Enchytraeus crypticus (Oligochaeta, Enchytraeidae) in a natural sandy loam soil amended with the nitro-heterocyclic explosives RDX and HMX. Pedobiologia 47: 651-656.

Römbke J. (2003): Ecotoxicological laboratory tests with enchytraeids: A review. Pedobiologia 47: 607-616.

Westheide W. and Graefe U. (1992): Two new terrestrial Enchytraeus species (Oligochaeta, Annelida). J. Nat. Hist. 26: 479 – 488.

Westheide W. and Müller M.C. (1996). Cinematographic documentation of enchytraeid morphology and reproductive biology. Hydrobiologia 334: 263-267.


(1)  Die Angaben dienen nur zur Information. Wenn mit anderen Programmen nachweislich dieselben Ergebnisse ermittelt werden, können auch diese Programme verwendet werden.

(2)  Liegen keine Informationen über geschlechtsspezifische Empfindlichkeit vor, sind Ratten beider Geschlechter zu verwenden, d. h. 1 Tier/Geschlecht je Konzentration. Auf der Grundlage der vorhandenen Informationen, oder falls sich im Laufe der Exposition zeigt, dass ein Geschlecht empfindlicher ist, werden während der weiteren Prüfung auf jeder Konzentrationsstufe 10 Tiere des empfindlichen Geschlechts (2 Tiere je Konzentration/Zeitpunkt) verwendet.

(3)  Wird die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 zugrunde gelegt, so betragen die Grenzkonzentrationen für Gase, Dämpfe und Aerosole 20 000 ppm, 20 mg/l bzw. 5 mg/l. Wenn mit Toxizität gerechnet wird oder die Ergebnisse der Vorstudie darauf hindeuten, sollten niedrigere Ausgangskonzentrationen gewählt werden. Bei regulatorischer oder wissenschaftlicher Notwendigkeit können höhere Konzentrationen verwendet werden.

(4)  Im Idealfall sollten die Tiere erst dann der nächsten Konzentrationsstufe ausgesetzt werden, wenn mit angemessener Gewissheit vom Überleben der zuvor getesteten Tiere ausgegangen werden kann. Dies gibt dem Studienleiter die Möglichkeit, Zielkonzentration und Dauer für die nächste Exposition anzupassen.

(5)  Die kleinste Dosis (Konzentration × Zeit), die während der Prüfung bei der Ausgangskonzentration (Exposition I) zu einem Todesfall geführt hat, dient als Anhaltspunkt für die Festlegung der nächsten Kombination von Konzentration und Expositionsdauer. Normalerweise wird die Konzentration halbiert (1/2L), und die Tiere werden für eine neue, feiner unterteilte Zeitspanne exponiert, wobei die Expositionszeiten eine geometrische Folge mit dem Faktor 1,4 (√2, siehe Literaturangabe 11) bilden, in deren Mitte diejenige Zeitdauer liegt, die der kleinsten letalen Dosisstufe (Zeit × Konzentration) entspricht, die bei der ersten Exposition beobachtet wurde. In dieser Abbildung 1 wurde bei der Exposition I nach 15 Minuten der erste Todesfall beobachtet. Die Zeiträume der Exposition II liegen daher um 30 Minuten und betragen 15, 21, 30, 42 und 60 Minuten. Es wird dringend empfohlen, die Daten nach den ersten beiden Expositionen wie in der obigen Abbildung grafisch darzustellen und zu prüfen, ob die Beziehung zwischen Konzentration und Zeit einen Winkel von 45° (n = 1) aufweist oder ob die Konzentrations-Zeit-Wirkungsbeziehung weniger steil (z. B. n = 2) oder steiler (z. B. n = 0,8) ist. In den letztgenannten Fällen wird dringend empfohlen, die nächsten Konzentrationen und Expositionszeiträume entsprechend anzupassen.

(6)  In bestimmten Fällen muss möglicherweise die Konzentration erhöht (2L) und eine neue, noch feiner unterteilte Zeitspanne festgelegt werden, wobei die Expositionszeiten eine geometrische Folge mit dem Faktor 1,4 (√2) bilden, in deren Mitte diejenige Zeitdauer liegt, die der kleinsten letalen Dosis entspricht, die bei der ersten Exposition beobachtet wurde. Die Mindestexpositionsdauer sollte möglichst mehr als 5 Minuten betragen; die Höchstexpositionsdauer sollte 8 Stunden nicht überschreiten.

(7)  Für eine Reihe von Serum- und Plasmabestimmungen, insbesondere der Glucose, ist eine Futterkarenz der Tiere über Nacht zu empfehlen. Der Hauptgrund dafür ist, dass die bei fehlender Futterkarenz unweigerlich zunehmende Variabilität zu einer Maskierung subtilerer Wirkungen führen und die Interpretation erschweren könnte. Andererseits jedoch kann die nächtliche Futterkarenz den allgemeinen Stoffwechsel der Tiere beeinflussen und, insbesondere in Futterstudien, die tägliche Exposition gegen die Prüfsubstanz beeinträchtigen. Wenn man sich für die nächtliche Futterkarenz entscheidet, sollten die klinisch-biochemischen Parameter nach Durchführung der funktionellen Beobachtungen in Woche 4 der Studie bestimmt werden.

(8)  Da ein längerer Futterentzug die Glucosemessungen bei den behandelten gegenüber den Kontrolltieren verzerren kann, sollte der Studienleiter entscheiden, ob eine Futterkarenz angezeigt ist. Die Dauer des Futterentzugs muss auf die verwendete Art abgestimmt sein; bei der Ratte kann sie 16 Stunden betragen (nächtliche Futterkarenz). Der Nüchternglucosewert kann nach nächtlicher Futterkarenz in der letzten Expositionswoche oder nach nächtlicher Futterkarenz vor der Nekropsie (in letzterem Fall zusammen mit allen anderen klinischen Pathologieparametern) bestimmt werden.

(9)  Da ein längerer Futterentzug die Glucosemessungen bei den behandelten gegenüber den Kontrolltieren verzerren kann, sollte der Studienleiter entscheiden, ob eine Futterkarenz angezeigt ist. Die Dauer des Futterentzugs muss auf die verwendete Art abgestimmt sein; bei der Ratte kann sie 16 Stunden betragen (nächtliche Futterkarenz). Der Nüchternglucosewert kann nach nächtlicher Futterkarenz in der letzten Expositionswoche oder nach nächtlicher Futterkarenz vor der Nekropsie (in letzterem Fall zusammen mit allen anderen klinischen Pathologieparametern) bestimmt werden.

(10)  Für eine Reihe von Serum- und Plasmabestimmungen, insbesondere der Glucose, ist eine Futterkarenz der Tiere über Nacht zu empfehlen. Der Hauptgrund dafür ist, dass die bei fehlender Futterkarenz unweigerlich zunehmende Variabilität zu einer Maskierung subtilerer Wirkungen führen und die Interpretation erschweren könnte. Andererseits jedoch kann die nächtliche Futterkarenz den allgemeinen Metabolismus der Tiere beeinflussen und, insbesondere in Futterstudien, die tägliche Exposition gegen die Prüfsubstanz beeinträchtigen. Alle Tiere sind in demselben physiologischen Zustand zu bewerten; daher sollten ausführliche oder neurologische Untersuchungen für einen anderen Tag geplant werden als die Probenahmen für klinisch-biochemische Untersuchungen.

(11)  Die Bewertung der Ätzwirkung könnte auf dem Urteil von Experten beispielsweise anhand folgender Belege beruhen: Erfahrungswerte bei Mensch und Tier, vorliegende (In-vitro-)Daten, z. B. Kapitel B.40 (10), B.40.bis (11) dieses Anhangs oder OECD TG 435 (12), pH-Werte sowie Informationen über ähnliche Substanzen und andere sachdienliche Daten.

(12)  In den folgenden Tabellen wird auf das GHS (Global Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien verwiesen. Die entsprechende Rechtsvorschrift in der EU ist die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008. Im Fall der akuten Inhalationstoxizität wird die Kategorie 5 in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (9) nicht umgesetzt.

(13)  In den folgenden Tabellen wird auf das GHS (Global Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien verwiesen. Die entsprechende Rechtsvorschrift in der EU ist die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008. Im Fall der akuten Inhalationstoxizität wird die Kategorie 5 in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (9) nicht umgesetzt.

(14)  In den folgenden Tabellen wird auf das GHS (Global Harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien verwiesen. Die entsprechende Rechtsvorschrift in der EU ist die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008. Im Fall der akuten Inhalationstoxizität wird die Kategorie 5 in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (9) nicht umgesetzt.

(15)  Diese Stoffe sind in M4 und M7 unterschiedlich dosiert (siehe oben).

(16)  Diese Lösungen werden einzeln hergestellt, zusammengegossen und sofort autoklaviert.

(17)  Wird jedoch ein Ionenaustausch zwischen den Härteionen und der Prüfsubstanz vermutet, ist Wasser geringerer Härte zu verwenden (und somit ist in diesem Fall das Elendt-Medium M4 zu vermeiden).

(18)  Diese Stoffe sind in M4 und M7 unterschiedlich dosiert (siehe oben).

(19)  Diese Lösungen werden einzeln hergestellt, zusammengegossen und sofort autoklaviert.

(20)  Wird jedoch ein Ionenaustausch zwischen den Härteionen und der Prüfsubstanz vermutet, ist Wasser geringerer Härte zu verwenden (und somit ist in diesem Fall das Elendt-Medium M4 zu vermeiden).

(21)  SiO2 wurde zur Neutralisierung der Toxizität hinzugefügt.

(22)  Der prozentuale Abbau in den Gefäßen FC mit der Referenzsubstanz.

(23)  Der prozentuale Abbau in den Gefäßen FI.