16.1.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 12/38


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 25. Juli 2012

über die staatliche Beihilfe SA.33114 (2012/C) (ex 2011/NN) — Polen Mutmaßliche Beihilfe zugunsten von Crist Shipyard

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2012) 5057)

(Nur der polnische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2013/9/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 erster Unterabsatz,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme nach den vorgenannten Artikeln (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   DAS VERFAHREN

(1)

Am 6. November 2008 erließ die Kommission zwei Rückforderungsbeschlüsse (2) in Bezug auf rechtswidrige staatliche Beihilfen zugunsten der Stocznia Gdynia (Werft Gdingen) und Stocznia Szczecińska (Stettiner Werft), im Folgenden „Werft Gdingen“ bzw. „Stettiner Werft“ genannt, die ein besonderes Verkaufsverfahren ermöglichten. Polen erhielt die Möglichkeit, die Vermögenswerte dieser Werften paketweise im Rahmen offener, transparenter, bedingungsfreier und diskriminierungsfreier Ausschreibungen zu verkaufen.

(2)

Die Kommission überwachte das Rückforderungsverfahren und bat um Erläuterungen zu den oben genannten Ausschreibungsverfahren. Nach Presseberichten, denen zufolge die staatliche Agentur für industrielle Entwicklung (Industrial Development Agency – IDA) Crist S.A. (im Folgenden „Crist“ oder „das Unternehmen“) im September 2010 angeblich ein Darlehen (im Folgenden „die Maßnahme“) für den Erwerb bestimmter Vermögenswerte der Werft Gdingen gewährt hat, forderte die Kommission die polnischen Behörden auf, den Sachverhalt bei einem Treffen am 22. Oktober 2010 zu erläutern. Die polnischen Behörden erläuterten ihren Standpunkt und sagten zu, alle erforderlichen Informationen und Nachweise zu der Transaktion zu übermitteln. Diese Informationen wurden am 25. November 2010 und am 5. Dezember 2011 vorgelegt.

(3)

Am 6. Dezember 2011 fand ein Treffen zwischen den polnischen Behörden und der Kommission statt.

(4)

Nach mehreren Gesprächen zwischen Joaquín Almunia, dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, und Aleksander Grad, dem polnischen Finanzminister, teilte Herr Grad der Kommission in einem Schreiben vom 25. Oktober 2011 mit, dass geplant sei, die Abwicklung der Werft Gdingen und der Stettiner Werft bis Ende 2011 abzuschließen.

(5)

Die Kommission unterrichtete Polen mit Schreiben vom 25. Januar 2012 über ihren Beschluss zur Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) in Bezug auf die fragliche Maßnahme (im Folgenden „Eröffnungsbeschluss“).

(6)

Der Eröffnungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (3) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten auf, sich zu der Maßnahme zu äußern.

(7)

Polen übermittelte seine Stellungnahme am 27. Februar 2012. Stellungnahmen von Dritten gingen nicht ein. Am 4. und 5. Juni 2012 übermittelte Polen weitere Informationen.

II.   HINTERGRUND

1.   Beschreibung des begünstigten

(8)

Nach Auskunft der polnischen Behörden handelt es sich bei Crist um ein privatwirtschaftliches Unternehmen mit Sitz in Danzig, das 1990 von den beiden heutigen Teilhabern gegründet wurde. Für Crist arbeiten rund 150 Beschäftigte und etwa 500 selbstständige Auftragnehmer, die Dienstleistungen für das Unternehmen erbringen. Die Kernbereiche der Geschäftstätigkeit von Crist sind der Schiffbau, die Schiffsreparatur und hydrotechnische Anlagen. Zwischen 2004 und 2008 arbeitete das Unternehmen jährlich an rund 20 Schiffen und sonstigen Anlagen. Die Kunden sind überwiegend Reedereien aus Europa (Deutschland, den Niederlanden, Skandinavien und Polen).

(9)

Nach Auskunft der polnischen Behörden ist das Unternehmen hauptsächlich in den folgenden drei Marktsegmenten tätig:

im Wasserbausektor: Stahlbauten für Schleusen, Staudämme, Senkkästen sowie andere Stahlbauten für die Errichtung von Schiffsanlegern und Hafendämmen,

im Markt für erneuerbare Energien: Vorrichtungen und/oder Bauteile, die bei der Errichtung von Hochsee-Windparks eingesetzt werden;

im Offshore-Markt: Erkundungs-, Förder- und Verarbeitungsanlagen, die offshore im Verbund mit Bohrplattformen eingesetzt werden, sowie Bauteile für Stahlbohrplattformen.

(10)

In Tabelle 1 wird die Umsatzstruktur von Crist gegliedert nach Marktsegmenten dargestellt. Die polnischen Behörden teilten der Kommission mit, dass sich diese Umsatzstruktur aus der Umsetzung des Geschäftsplans ergibt, der eine Verlagerung des Tätigkeitsschwerpunkts vom traditionellen Schiffbau auf den marinen Sektor der erneuerbaren Energien und den Wasserbau vorsieht.

Tabelle 1

Umsatzstruktur von Crist nach Marktsegmenten

Umsatzkategorie

2009

2010 (4)

2011

Wasserbau

[17-23] (5) %

[4-6] %

[3-5] %

Erneuerbare Energie

[23-28] %

[75-80] %

[67-74] %

Offshore

[21-26] %

[6-8] %

[6-8] %

Sonstige (Schiffbau)

[29-34] %

[9-12] %

[17-20] %

(11)

Nach Angaben der polnischen Behörden hat Crist seinen Umsatz im Zeitraum von 2002-2009 um das Zehnfache auf 383 Mio. PLN (95,75 Mio. EUR (6)) im Jahr 2009 gesteigert. 2010 ging der Umsatz auf 236 Mio. PLN (59 Mio. EUR) zurück, doch 2011 wurde ein Umsatz von 630 Mio. PLN (157,5 Mio. EUR) erreicht. In Tabelle 2 sind die wichtigsten finanziellen Ergebnisse von Crist für den Zeitraum 2007-2009, d. h. vor der Gewährung des Darlehens durch die IDA, und für den Zeitraum 2010-2011, d. h. nach der Gewährung des Darlehens, zusammengefasst.

Tabelle 2

Wichtigste finanzielle Ergebnisse von Crist 2007-2011 (in Mio. PLN)

 

2007

2008

2009

2010

2011

Umsatz

323,41

361,06

383,77

236,48

630,29

Bruttogewinn

19,10

20,80

27,10

5,5

53,1

Betriebs-gewinn

20,80

19,50

25,80

15,37

49,33

Nettogewinn

22,20

20,10

15,50

12,62

31,66

Abschreibung

2,40

3,30

4,20

5,58

10,75

Finanzieller Überschuss

24,60

23,40

19,70

18,20

42,41

(12)

Nach Angaben der polnischen Behörden belief sich die Höhe der Kredite und Verbindlichkeiten des Unternehmens 2011 auf rund […]* Mio. PLN ([…] Mio. EUR), einschließlich des Darlehens der IDA (siehe Abschnitt 3 „Beschreibung der Maßnahme“) und der finanziellen Unterstützung in unterschiedlichen Formen durch vier private Banken. Derzeit arbeitet Crist an der Erfüllung von 10 Verträgen mit einem Gesamtwert von rund […] Mio. PLN ([…] Mio. EUR) und führt Verhandlungen über weitere Verträge im Wert von insgesamt ca. […] Mio. PLN ([…] Mio. EUR).

2.   Beschreibung des programms

(13)

Am 27. Mai 2010 beantragte Crist ein Darlehen der IDA (siehe Abschnitt 3 „Beschreibung der Maßnahme“) im Rahmen des Programms der Agentur zur Unterstützung von Initiativen zur Ankurbelung der Wirtschaft Polens (im Folgenden „das Programm“) in der Teilkategorie für die Unterstützung von Unternehmen in den am meisten benachteiligten Regionen, die von der Wirtschaftskrise betroffen sind.

(14)

Durch das Programm können mittlere und große Unternehmen unterstützt werden, die Projekte zur Steigerung der Nachfrage innerhalb der Wirtschaft Polens durchführen und in den am stärksten benachteiligten Regionen aktiv sind, welche von der Wirtschaftskrise oder von schweren Überschwemmungen betroffen sind. Die in Frage kommenden Kreise sind im Programm im Einzelnen ausgewiesen. Die kreisfreie Stadt Danzig gehört nach der Definition des Programms zu den benachteiligten Regionen, die kreisfreie Stadt Gdingen dagegen nicht.

(15)

Das Programm sieht vor, dass sich die IDA an Projekten und Maßnahmen beteiligt, mit denen die wirtschaftliche Nachfrage und die Wirtschaftsentwicklung gefördert werden. Die IDA soll eine angemessene Rendite erzielen, d. h. die Beteiligung soll zu Marktbedingungen erfolgen. Die Beihilfeintensität der von der IDA geförderten Maßnahmen darf höchstens 80 % des Nettowertes der geplanten Investition betragen.

(16)

Nach Auskunft der polnischen Behörden dürfen durch die IDA keine Projekte gefördert werden, für die bereits staatliche Beihilfen gewährt werden, mit Ausnahme von Projekten, die die Sicherheit und Verteidigung des Landes im Einklang mit Artikel 346 AEUV (7) betreffen.

(17)

Das Programm ist Teil der kommerziellen Tätigkeit der IDA, die auf die Erzielung eines Gewinns ausgerichtet ist, und wendet den polnischen Behörden zufolge die auf dem Markt für kommerzielle Finanzierungsdienstleistungen für Unternehmen geltenden Standards an. Wie Polen ausführte, handelt es sich dabei um einen separaten Tätigkeitsbereich, der nicht mit der Gewährung staatlicher Beihilfen durch die IDA für Großunternehmen in Schwierigkeiten in Verbindung steht.

3.   Beschreibung der massnahme

(18)

Gegenstand der Kommissionsuntersuchung ist ein Darlehen über 150 Mio. PLN (33,4 Mio. EUR), das Crist am 14. September 2010 von der IDA gewährt wurde (im Folgenden „das Darlehen der IDA“), um ein Paket an Vermögenswerten, einschließlich eines Trockendocks, bezeichnet als Crist-Werft 2, zu erwerben. Die polnischen Behörden wiesen darauf hin, dass das Darlehen zum Zeitpunkt der Gewährung weniger als […] % der Gesamtsumme der Kredite und Verbindlichkeiten des Unternehmens ausmachte.

(19)

Das Programm sieht vor, dass der Zinssatz für das Darlehen der IDA dem geltenden Basiszinssatz entsprechen sollte, zu dem eine Nettozinsmarge von 0,9 % - 4 % pro Jahr (im Folgenden „die Zinsmarge“) hinzugerechnet wird. Diese Zinsmarge richtet sich nach dem Risiko der Finanzierung und der Qualität der vom Begünstigten gebotenen Sicherheit (siehe Tabelle 3).

Tabelle 3

Nach dem Programm anwendbare Zinsmarge für die Maßnahme

Finanzielles Risiko

Hohe Besicherung

Moderate Besicherung

Geringe Besicherung

gering

0,9 %

1,0 - 1,4 %

1,5 - 1,8 %

moderat

1,0 - 1,4 %

1,5 - 1,8 %

1,9 % - 3,3 %

hoch

1,5 - 1,8 %

1,9 % - 3,3 %

3,4 % - 4,0 %

(20)

Für das Darlehen der IDA an Crist wurde eine Zinsmarge von 1,8 % festgelegt. Der Gesamtzinssatz für das Darlehen an Crist betrug 6,81 % (8). Der festgelegte Zinssatz errechnet sich aus dem Basiszinssatz, definiert als 3-Monats-WIBOR (9) (dies entspricht einem Wert von 3,81 % zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung) plus 1,2 %, und einer Zinsmarge in Höhe von 1,8 %. Die IDA legte als Zinsmarge einen Wert von 1,8 % fest, da sowohl das finanzielle Risiko dieser Transaktion als auch die Besicherung als moderat eingestuft wurden und sich daraus nach Tabelle 3 eine Zinsmarge zwischen 1,5 % und 1,8 % ergibt. Das Darlehen der IDA ist am 31. Dezember 2015 fällig, d. h. das am 14. September 2010 gewährte Darlehen hat eine Laufzeit von ca. 5 Jahren und 3 Monaten.

(21)

Die Sicherheiten für das Darlehen der IDA umfassen:

ein Registerpfand über 100 % der Unternehmensanteile von Crist,

eine Hypothek (auf einen Teil der Werft 2),

ein Registerpfand auf verschiedene bewegliche Vermögensgegenstände der Werft 2,

einen von Crist unterzeichneten Blankowechsel,

eine Erklärung von Crist in Bezug auf seine freiwillige Vollstreckungsunterwerfung und

Erklärungen aller Anteilseigner von Crist in Bezug auf ihre freiwillige Vollstreckungsunterwerfung.

(22)

Nach den Bestimmungen des Programms muss die Sicherheit einen Wert von mindestens 150 % des Darlehens der IDA aufweisen.

(23)

Die dritte Ausschreibungsrunde für den Verkauf von Vermögenswerten der Werft Gdingen wurde am 15. September 2010 durchgeführt. Presseberichten zufolge konnte Crist dank des Darlehens der IDA den Mitbewerber Patia (ein in Zypern eingetragenes und mit der ukrainischen Firma ISD, die Eigentümerin der Werft von Danzig ist, verbundenes Unternehmen) überbieten. Crist bot 175 Mio. PLN (43,75 Mio. EUR) für das zum Verkauf stehende Paket an Vermögenswerten (im Folgenden das „Trockendock“). Als Mindestpreis für das Trockendock war eine Summe von 96,7 Mio. PLN (24,17 Mio. EUR) angesetzt worden.

III.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

(24)

Im Eröffnungsbeschluss äußerte die Kommission Zweifel, ob Crist auf der Grundlage der Informationen, die der IDA zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Darlehensgewährung vorlagen, die benötigten Mittel auf dem Markt zu vergleichbaren Konditionen erhalten hätte.

(25)

Nach der vorläufigen Analyse der Maßnahme, die die Kommission anhand der ihr vorliegenden Informationen durchgeführt hat, könnte das Darlehen der IDA Crist einen Vorteil zulasten staatlicher Mittel verschafft haben. Die Kommission äußerte Bedenken in Bezug auf: i) den Zinssatz, zu dem der Kredit gewährt wurde, ii) die Sicherheit, die von der IDA akzeptiert wurde, iii) den von der IDA zugrunde gelegten Referenzwert, iv) den von Crist vorgelegten Geschäftsplan und v) eine mögliche Vorzugsbehandlung von Crist durch die IDA.

(26)

Was den Zinssatz anbelangt, konnte die Kommission nicht feststellen, ob der Zinssatz für das Darlehen der IDA (der zum Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses mutmaßlich bei 7,02 % lag) im Einklang mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers steht, da von den polnischen Behörden keine Nachweise über das Rating des Unternehmens und den Umfang der Sicherheiten vorgelegt wurden.

(27)

Was die Sicherheiten betrifft, wurden der Kommission weder der zwischen der IDA und Crist geschlossene Darlehensvertrag noch die Sachverständigengutachten in Bezug auf die Unternehmensanteile von Crist und die Besicherung des Darlehens mit dem Trockendock übermittelt. Daher vertritt die Kommission die Auffassung, dass Polen nicht glaubhaft nachgewiesen hat, dass die Sachverständigengutachten anhand konservativer Kriterien erstellt wurden und ein privater Kapitalgeber eine solche Besicherung akzeptiert hätte.

(28)

Hinsichtlich des Referenzwerts bezweifelte die Kommission, dass das Darlehen der […] Bank als Richtwert bei der Beurteilung der Frage herangezogen werden kann, ob das Darlehen der IDA im Einklang mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers steht. Die Kommission vertrat die Ansicht, dass sich das Darlehen der […] Bank vom Darlehen der IDA insofern unterscheidet als: i) damit die Transaktion refinanziert wurde, die Crist zunächst mit Eigenmitteln finanziert hatte, (ii) die Summe des Darlehens der […] Bank deutlich geringer war, und (iii) beim Darlehen der IDA ein höheres Risiko bestand als beim Darlehen der […] Bank, da die Darlehenssumme die Eigenmittel von Crist überstieg und das Darlehen eine erheblich längere Laufzeit hatte (fünf Jahre und drei Monate gegenüber drei Jahren und acht Monaten).

(29)

In Bezug auf den Geschäftsplan stellte die Kommission fest, dass Crist zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung trotz der insgesamt stabilen Finanzlage des Unternehmens seit drei Jahren rückläufige Nettoergebnisse verzeichnete. Angesichts der vorhandenen Marktrisiken, der möglichen Marktüberkapazitäten und der Tatsache, dass die Finanzkrise keineswegs überwunden war, als das Darlehen gewährt wurde, bezweifelte die Kommission, dass ein privater Kapitalgeber die fraglichen Mittel zur Verfügung gestellt hätte.

(30)

Schließlich äußerte die Kommission, unbeschadet der Frage, ob das Programm als solches eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt, Zweifel, ob Crist nach den Bestimmungen des Programms für eine IDA-Förderung in Frage kam, da das Darlehen für eine Investition in Gdingen gewährt wurde, das nicht zu den benachteiligten Regionen zählt und somit nicht durch das Programm unterstützt werden kann. Die Kommission bezweifelte außerdem, dass die Intensität der IDA-Förderung zugunsten von Crist unterhalb der im Programm genannten Obergrenze lag (siehe Erwägungsgrund 15). Das Darlehen der IDA beläuft sich auf 150 Mio. PLN (37,5 Mio. EUR). Crist erwarb das Trockendock zum Preis von 175 Mio. PLN (43,75 Mio. EUR). Anhand dieser Zahlen ergibt sich für das Darlehen der IDA eine Beihilfeintensität von 86 %, die damit über der im Programm genannten Obergrenze liegt. Die Kommission vertrat daher die Ansicht, dass Crist durch das im Rahmen des Programms gewährte Darlehen der IDA eine Vorzugsbehandlung erfahren haben könnte.

(31)

Vor diesem Hintergrund hatte die Kommission Zweifel, ob Crist die fraglichen Mittel von einem privaten Kapitalgeber erhalten hätte, und beschloss die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens.

IV.   STELLUNGNAHME POLENS

(32)

Die polnischen Behörden teilten mit, dass vor der Entscheidung über die Gewährung des Darlehens an Crist eine umfassende Bewertung der wirtschaftlichen und finanziellen Situation des Unternehmens, seines Geschäftsplans und möglicher Marktreferenzen vorgenommen worden sei und diese Analyse eindeutig ergeben habe, dass das fragliche Darlehen zu marktüblichen Bedingungen gewährt wurde. Darunter sind die Bedingungen zu verstehen, unter denen ein privater Marktteilnehmer bereit wäre, eine bestimmte Investition zu finanzieren. Polen vertrat daher die Auffassung, dass das Darlehen der IDA keine staatliche Beihilfe darstellt.

1.   Der zinssatz

(33)

Polen führte aus, dass vor der Gewährung des Darlehens der IDA eine dreistufige Bewertung der wirtschaftlichen und finanziellen Situation des Unternehmens nach den Standards durchgeführt wurde, die auf dem Markt für kommerzielle Finanzdienstleitungen für Unternehmen gelten. Diese Bewertung umfasste in der ersten Stufe zunächst eine Kreditwürdigkeitsprüfung durch einen externen Berater, bei der das Unternehmen eine bestimmte Punktzahl erreichen musste, um sich für die nächste Stufe, d. h. eine ausführlichere Bewertung, zu qualifizieren. In der zweiten Stufe wurden die letzten drei Geschäftsjahre geprüft, einschließlich Ergebnisprognosen, Verhältnisanalyse, quantitativer Maßnahmen wie Liquiditätsgrad, Kapitalumschlag, Kapitalstruktur, Rentabilität und Entwicklung sowie qualitativer Maßnahmen, wie beispielsweise die Qualität des Managements, der Grad der Marktabhängigkeit und die Qualität der gebotenen Sicherheiten. In der letzten Stufe wurde die Zinsmarge anhand einer Matrix festgelegt, bei der die in der Sachverständigenanalyse ermittelten Risiken und der Umfang der Besicherung berücksichtigt wurden.

(34)

Polen wies in Bezug auf die Entwicklung der Ergebnisse von Crist zwischen 2006 und 2009 (siehe Tabelle 4) darauf hin, dass der Sachverständigenanalyse zufolge die wirtschaftliche und finanzielle Situation des Unternehmens zum Zeitpunkt des Darlehensantrags gut war.

Tabelle 4

Entwicklung der Ergebnisse von Crist im Zeitraum 2006-2009 (in Mio. PLN)

 

2006

2007

Ent-wicklung

2008

Ent-wicklung

2009

Ent-wicklung

Brutto-gewinn

21,20

19,10

90,09 %

20,8

108,90 %

27,10

130,29 %

Betriebs-gewinn

20,90

20,80

99,52 %

19,50

93,75 %

25,80

132,31 %

Netto-gewinn

16,50

22,20

134,55 %

20,10

90,54 %

15,50

77,11 %

Ab-schreibung

1,97

2,40

121,83 %

3,30

137,50 %

4,20

127,27 %

Finanzieller Überschuss

18,47

24,60

133,19 %

23,40

95,12 %

19,70

84,19 %

Umsatz

228,75

323,41

141,38 %

361,06

111,64 %

383,77

106,29 %

(35)

Der Rückgang des Nettoergebnisses in den Jahren 2008 und 2009 sei nach Auskunft Polens durch die Änderung des Geschäftsmodells bedingt gewesen, die es ermöglicht habe, Verträge mit höherem Auftragswert und höherer Rentabilität, allerdings meist mit einer langen Fertigstellungszeit von bis zu 12-15 Monaten, abzuschließen. Dies bedeute, dass die höchsten Einnahmen zum Zeitpunkt der Fertigstellung und Auslieferung des Produkts an den Auftraggeber erzielt werden.

(36)

Die Bewertung des von Crist vorgelegten Geschäftsplans sei von der IDA auf mehreren Ebenen durchgeführt worden. Polen teilte mit, dass der Geschäftsplan in Zusammenarbeit mit […] erstellt und die Analyse des Geschäftsplans von […] („[…]“) vorgenommen worden sei. Zudem hätten Sachverständige der IDA eine ausführliche Überprüfung des Dokuments durchgeführt, einschließlich der Annahmen und erwarteten Entwicklungen. Die polnischen Behörden erklärten, dass die Beurteilung des Dokuments in jeder Stufe positiv ausgefallen sei, und machten geltend, dass die Richtigkeit des Geschäftsplans durch die von Crist erzielten realen Ergebnisse bestätigt worden sei, die mit den Prognosen übereinstimmten oder sogar darüber gelegen hätten. Weiter führte Polen aus, dass die günstigen Finanzprognosen von Crist glaubwürdig gewesen und durch die abgeschlossenen Verträge untermauert worden seien.

(37)

Zur Rentabilität der Investition übermittelte Polen eine detaillierte Erläuterung der errechneten Kennzahlen, basierend auf dem Cashflow, dem Kapitalwert und dem internen Zinsfuß, die alle hohe Werte aufwiesen. Der Kapitalwert des Projekts für den Erwerb des Trockendocks zum Preis von 150 Mio. PLN beliefe sich auf […] Mio. PLN und der interne Zinsfuß betrug […] %. Polen machte außerdem geltend, dass die Finanzkennzahlen für diese Transaktion trotz des Umstands, dass für den Erwerb des Trockendocks schließlich 175 Mio. PLN hätten aufgewendet werden müssen, nach wie vor sehr hoch seien (mit einem Kapitalwert von […] Mio. PLN und einem internen Zinsfuß von […] %).

(38)

Basierend auf der oben erläuterten Analyse legte die IDA das Rating für das Unternehmen nach ihrem internen dreistufigen Bewertungssystem fest. Crist wurde als Kreditnehmer mit durchschnittlichem Kreditrisiko, guter finanzieller Zuverlässigkeit und ausreichender Kapazität zur Rückzahlung längerfristiger Verbindlichkeiten eingestuft, der zudem in der Lage ist, längere Phasen einer ungünstigen Wirtschaftsentwicklung zu überstehen. Polen führte aus, dass die Ergebnisse der von IDA angewandten Methode im Einklang mit der Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (10) (im Folgenden „Mitteilung über Referenzzinssätze“) stünden. Die Bewertung der Daten, die der IDA vorlagen, ergab nach den Kategorien der Ratingagentur EuroRating eine Einstufung in die Ratingkategorie BBB (gut). Nach Überprüfung des Ergebnisses bei Anwendung der Mitteilung über Referenzzinssätze legte Polen jedoch sicherheitshalber ein BB-Rating fest.

(39)

Nach Auskunft der polnischen Behörden seien von Crist folgende Sicherheiten geboten worden: ein Registerpfand über 100 % der Unternehmensanteile von Crist, eine Hypothek (auf einen Teil der Werft 2), ein Registerpfand auf verschiedene bewegliche Vermögensgegenstände der Werft 2, ein von Crist unterzeichneter Blankowechsel, eine Erklärung von Crist in Bezug auf seine freiwillige Vollstreckungsunterwerfung sowie Erklärungen aller Anteilseigner von Crist in Bezug auf ihre freiwillige Vollstreckungsunterwerfung.

(40)

Polen legte Sachverständigengutachten über die Unternehmensanteile von Crist vor, die von […] nach zwei Methoden durchgeführt wurden: am 29. Juli 2010 nach der auf den Vermögenswerten basierenden Methode (Methode des bereinigten Nettovermögens) und am 1. August 2010 nach der Ertragswertmethode (die den abgezinsten Cashflow mit einem bereinigten Kapitalwert zugrunde legt). Die Ergebnisse dieser beiden Gutachten wiesen erhebliche Abweichungen auf. Während bei Anwendung der ersten Methode ein Wert von […] Mio. PLN ermittelt wurde, lag der Wert bei der zweiten Methode bei fast […] Mio. PLN. Gleichzeitig habe […] in einem von den polnischen Behörden übermittelten separaten Dokument mit Datum vom 3. August 2010 aufgezeigt, dass der mit der Methode des bereinigten Nettovermögens ermittelte Wert näher am Liquidationswert des Unternehmens gelegen habe und nicht den realen Wert von Crist (insbesondere des Eigenkapitals) widerspiegele. […] kam zu dem Ergebnis, dass von einem realen Wert von […] Mio. PLN ausgegangen werden sollte.

(41)

Betreffend den Wert der zweiten Sicherheit, d. h. der Hypothek auf die Immobilien, legte Polen ein unabhängiges Sachverständigengutachten vom 4. März 2009 vor, in dem der Marktwert des Pakets an Vermögenswerten auf 169,5 Mio. PLN (bzw. 84,7 Mio. PLN bei einer Zwangsvollstreckung) geschätzt wurde. Zusätzlich verlangte die IDA nach der Transaktion im Januar 2011 ein unabhängiges Sachverständigengutachten, das der Kommission übermittelt wurde und in dem der Wert der verpfändeten Immobilien mit […] Mio. PLN angegeben wurde.

(42)

Nachdem die Kommission Zweifel daran geäußert hatte, dass der von Crist in der dritten Ausschreibungsrunde für das Trockendock gebotene Preis (175 Mio. PLN) als Richtwert für den Wert dieser Sicherheit herangezogen werden könne, schlug Polen vor, die Summe von 166 Mio. PLN als Marktwert zugrunde zu legen, die damals vom anderen Bieterunternehmen, Patia, geboten worden war.

(43)

Außerdem machte Polen geltend, dass der Wert der Sicherheit dadurch weiter erhöht werde, dass die Besicherungselemente von unterschiedlicher Art sind (Immobilien, bewegliche Vermögensgegenstände und Finanzaktiva) und alle Elemente der Besicherung vor der Gewährung des Darlehens nicht belastet waren.

(44)

Zusammenfassend stellten die polnischen Behörden fest, dass den verschiedenen Bewertungen zufolge der Gesamtwert der Sicherheiten für das Darlehen in einer Größenordnung zwischen […] Mio. PLN und […] Mio. PLN lag (siehe Tabelle 5). Nach dem internen Rating der IDA sei die von Crist angebotene Besicherung als moderat eingestuft worden (siehe Tabelle 3). Unter Berufung auf die Bestimmungen der Mitteilung über Referenzzinssätze (siehe Tabelle 6) teilten die polnischen Behörden mit, dass der Gesamtwert der Sicherheiten entsprechend dem Marktwert […] Mio. PLN (11) betrage und […] % des gewährten Darlehens ausmache. Dieser Umfang der Besicherung übersteige die Höhe des Darlehensbetrags deutlich und entspreche der in der Mitteilung über Referenzzinssätze definierten Kategorie „hohe Besicherung“, da die erwartete Höhe des Verlusts bei einem Ausfall der Darlehensrückzahlung, also die Verlustquote bei Ausfall (Loss Given Default – LGD), bei null liege.

Tabelle 5

Wert der Sicherheiten, abhängig von der angewandten Bewertungsmethode

 

 

Sicherheiten und Bewertungsmethode

Unternehmens-anteile von Crist

Vermögenswert-methode

(Methode des bereinigten Nettovermögens)

Unternehmens-anteile von Crist

Ertragswertmethode

(Bereinigter Kapitalwert)

Wert (PLN)

[…]

[…]

Sicher-heiten und Bewer-tungs-methode

Werft 2

169 471 000

GESAMT:

GESAMT:

Marktwertmethode (auf der Basis des Ertragswerts)

[…]

[…]

Werft 2

84 735 500

GESAMT:

GESAMT:

Wert bei Zwangs-vollstreckung

[…]

[…]

Werft 2

180 439 000

GESAMT:

GESAMT:

Marktwertmethode (auf der Basis des Ertragswerts)

[…]

[…]

Werft 2

166 000 000

GESAMT:

GESAMT:

Wert des letzten Gegenangebots

[…]

[…]

(45)

Die polnischen Behörden übermittelten außerdem einen Bericht von […], der im Mai 2012, also nach Durchführung der Transaktion, erstellt wurde. Darin werden unter anderem die […] Bewertungen geprüft, die der IDA zum Zeitpunkt der Transaktion vorlagen. Polen verweist auf die Kritik, die an der Bewertung des Nettovermögens geäußert wurde: […] hat keine Bewertung der immateriellen Vermögenswerte vorgenommen, wie z. B. des Auftragsbestands, der Kundenbeziehungen und der Belegschaft, die von beträchtlichem Wert sein können und die sich positiv auf die Bewertungsergebnisse ausgewirkt hätten. […] vertritt die Auffassung, dass der Wert des Eigenkapitals von Crist deutlich zu gering eingeschätzt wird. In Bezug auf die Ertragswertmethode stellt Polen fest, dass […] ähnliche Werte ermittelt hat wie […] (nämlich ca. […] Mio. PLN).

(46)

Im Zuge der Kreditvergabe bewertete die IDA sowohl das Kreditrisiko des Unternehmens als auch den Umfang der angebotenen Besicherung als moderat. Folglich wurde das Darlehen von der IDA zu einem Zinssatz von 6,81 % gewährt, errechnet aus der Summe des Basiszinssatzes (3-Monats-WIBOR von 3,81 % plus 1,2 %) und der Zinsmarge, die nach der in Tabelle 3 dargestellten Matrix bei 1,8 % liegt.

(47)

Neben den Berechnungen, die von der IDA nach ihren internen Regelungen vorgenommen wurden, übermittelte Polen weitere Erläuterungen zur angewandten Methode für die Ermittlung eines Richtwerts, die in der Mitteilung über Referenzzinssätze beschrieben wird (siehe Tabelle 6).

Tabelle 6

Darlehensmargen in Basispunkten nach der Mitteilung über Referenzzinssätze

 

Besicherung

Ratingkategorie

Hoch

Normal

Gering

Sehr gut (AAA-A)

60

75

100

Gut (BBB)

75

100

220

Zufriedenstellend (BB)

100

220

400

Schwach (B)

220

400

650

Schlecht/Finanzielle Schwierigkeiten (CCC und darunter)

400

650

1 000

(48)

Polen führte aus, dass der Zinssatz für das Darlehen unter Berücksichtigung des von der Kommission angegebenen Referenzsatzes für Polen (4,49 %), der Ratingkategorie von Crist (BB) und des hohen Umfangs der Besicherung (siehe Erwägungsgrund 44) bei mindestens 5,49 % liegen sollte. Vor diesem Hintergrund unterstrich Polen, dass der von der IDA festgelegte Zinssatz von 6,81 % um 132 Basispunkte höher sei als der in der Mitteilung über Referenzzinssätze definierte Referenzzinssatz von 5,49 %.

(49)

Im Bericht von […], der von Polen übermittelt wurde, wird das Kreditrating von Crist zum Zeitpunkt der Transaktion, basierend auf zwei unterschiedlichen Ansätzen der Sachverständigen, ausführlich erläutert. Die Ratingmodelle seien von […] anhand von Punkte-/Ratingmodellen entwickelt worden, wie sie von Geschäftsbanken verwendet werden. Im Bericht wird davon ausgegangen, dass das Rating von Crist im Bereich BB-B liegen werde. […] betrachtete den Zinssatz angesichts des hohen Werts der Sicherheiten, die zusammengenommen eine hohe Besicherung ergaben, dennoch als ausreichend.

2.   Der referenzwert

(50)

Die polnischen Behörden teilen der Kommission mit, dass die endgültige Festlegung des Zinssatzes für Crist nicht allein auf der Grundlage des Darlehens der […] Bank erfolgt sei, sondern für die Entscheidung vor allem das interne Bewertungssystem maßgeblich gewesen sei. Unabhängig von der Unterschiedlichkeit der Darlehen seien beide Einrichtungen, die IDA und die […] Bank, im Hinblick auf die Zinssätze zu ähnlichen Ergebnissen gelangt, so die polnischen Behörden.

(51)

Polen erklärte zudem, dass wegen der Höhe der betreffenden Darlehenssumme (150 Mio. PLN) auf dem polnischen Markt praktisch kein geeigneter Referenzwert für das Darlehen an Crist vorhanden sei. Unter Hinweis auf das Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache T-296/97, Kommission/Alitalia, machte Polen geltend, dass ein möglicher Vorteil für Crist anhand eines ähnlichen, nicht eines identischen Darlehens zu messen sei.

(52)

Polen legte einen Vergleich der beiden Kredite vor (siehe Tabelle 7 unten) und erinnerte daran, dass beide Darlehen 2010 gewährt worden, der Zinssatz der […] Bank sogar geringer gewesen (6,68 % im Vergleich zum Zinssatz der IDA von 6,81 %) und die Kreditentscheidung der […] Bank mit einem höheren Risiko verbunden gewesen seien. Folglich seien diese Transaktion von den polnischen Behörden als wertvolle Orientierungshilfe betrachtet worden.

Tabelle 7

Vergleich der Darlehen der […] Bank und der IDA an Crist

 

Darlehen der […] Bank

Darlehen der IDA

Betrag

[…] PLN

150 000 000 PLN

Datum der Gewährung

18.2.2010

14.9.2010

Kreditlaufzeit

3 Jahre 10 Monate

5 Jahre 3 Monate

Zinssatz

6,62 %

6,81 %

Wert der Sicherheiten

[…] PLN

[…] PLN

Entwicklungsperspektiven  (12)

[…] PLN

[…] PLN

Zusätzliche Risiken

Unsicherheit, ob der Erwerb des Trockendocks (Werft 2) durchgeführt und die Produktionslinie ergänzt wird.

Darlehen für den Erwerb des Trockendocks (Werft 2), durch das die Produktionslinie ergänzt wird.

(53)

Hinsichtlich des Kreditrisikos verwies Polen darauf, dass die […] Bank und die IDA ihre Entscheidungen auf der Grundlage desselben Geschäftsplans getroffen hätten, der den Erwerb der Werften 1 und 2 vorsah. Daher sei das Risiko in Bezug auf die Ergänzung der Betriebsanlage vor der ersten Transaktion, die Crist ursprünglich durch Eigenmittel finanziert hatte höher gewesen (auch wenn die […] Bank lediglich die Transaktion refinanziert habe. Die Kreditentscheidung der IDA habe den Erwerb der Werft 2 ermöglicht und so die vollständige Umsetzung der neuen Unternehmensstrategie von Crist sichergestellt, die auf eine Verlagerung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens vom traditionellen Schiffbau auf den Offshore-Sektor der erneuerbaren Energien abzielte. Weiter machte Polen darauf aufmerksam, dass der Kredit der […] Bank an Crist vor dem Abschluss eines äußerst lukrativen Vertrag zwischen Crist und Beluga Hochtief gewährt worden sei, der dem Unternehmen den höchsten Auftragswert in seiner Geschichte ([…] Mio. EUR) beschert und die Kreditwürdigkeit von Crist zum Zeitpunkt der Kreditentscheidung der IDA weiter erhöht habe.

(54)

Die polnischen Behörden hoben ferner hervor, dass zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung zusätzliche Informationen vorgelegen hätten, die von der IDA sehr sorgfältig geprüft worden seien. Polen verwies zum Beispiel darauf, dass Crist neben der IDA und der […] Bank mit mehreren anderen Finanzinstituten gute und langjährige Beziehungen unterhalten habe, die Finanzmittel für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens bereitstellten (13). Dies macht deutlich, dass Crist in der Lage gewesen sei, zum Zeitpunkt der Kreditentscheidung Finanzmittel auf dem Kapitalmarkt zu beschaffen. Zu diesem Zweck habe Polen eine Liste der Höchstgrenzen für Kredite und Bürgschaften übermittelt, die für Crist zum Zeitpunkt der Transaktion bei einzelnen Finanzinstituten bestanden.

(55)

Abschließend verwiesen die polnischen Behörden die Kommission auf die Zinssatztabelle der polnischen Nationalbank vom September 2010, die eine regelmäßig veröffentlichte Liste der durchschnittlichen Zinssätze für neue Unternehmensdarlehen in der Landeswährung beinhaltete. Aus dieser Tabelle gehe hervor, dass für Kredite über 4 Mio. PLN mit einem variablen Zinssatz für höchstens 3 Monate (wie im Falle von Crist) der durchschnittliche Zinssatz bei 5,4 % und damit unter dem Zinssatz lag, den die IDA für Crist festgelegt hatte.

3.   Der geschäftsplan

(56)

Die polnischen Behörden legten der Kommission den Geschäftsplan von Crist vor (im Folgenden „der Geschäftsplan“). Polen unterrichtete die Kommission darüber, dass die IDA vor der Gewährung des Darlehens an Crist Auskünfte bei den Geschäftspartnern des Unternehmens ([…] und […]) sowie von privaten Banken eingeholt habe und die übermittelten Informationen die finanzielle Stabilität von Crist bestätigt hätten. Diese Bestätigungsschreiben von privaten Banken seien der Kommission von den polnischen Behörden vorgelegt worden, ebenso wie eine Analyse von […] über die Umsetzung der Unternehmensstrategie von Crist im Zeitraum vor der Entscheidung der IDA über die Darlehensgewährung.

(57)

Im Geschäftsplan wird von einem voraussichtlichen Kapitalwert des Investitionsprojekts von […] Mio. PLN ([…] Mio. EUR) und einem internen Zinsfuß von […] % ausgegangen. Diese Schätzungen basierten auf der Annahme, dass das Unternehmen 150 Mio. PLN für den Erwerb des Trockendocks aufwenden muss. Als Antwort auf die Anmerkung der Kommission im Eröffnungsbeschluss, dass der tatsächliche Kaufpreis 175 Mio. PLN betragen hat, übermittelte Polen eine Analyse von […]. Diese Analyse habe auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Transaktion vorliegenden Informationen einen Kapitalwert und einen internen Zinsfuß der Investition von […] Mio. PLN bzw. […] % ergeben. […] fügt hinzu, dass sich der Kapitalwert und der interne Zinsfuß nach dem derzeitigen Erkenntnisstand auf […] Mio. PLN bzw. […] % beliefen.

(58)

Der erwähnte Bericht gibt einen Überblick über die Marktsituation und die Entwicklungsperspektiven von Crist. Es wird erläutert, dass Crist sein Produktionsprofil vom traditionellen Schiffbau auf die kundenspezifische Produktion von Schiffen, Plattformen und Bauelementen für Anlagen auf See verlagert habe. Diese Unternehmensstrategie verschaffe Crist eine Nischenposition, von der aus sich das Unternehmen an geplanten Offshore-Projekten in der Nordsee beteiligen könne, und die vielfältige Möglichkeiten für ein dynamisches Wachstum biete. […] kommt zu dem Ergebnis, dass das Unternehmen in einem Sektor mit erheblichem Wachstumspotenzial tätig sei.

(59)

Polen führte aus, dass die IDA nach der Sachverständigenanalyse des Geschäftsplans zu dem Schluss gelangt sei, dass das Unternehmen trotz der seit 2008 andauernden Wirtschaftskrise in den zurückliegenden drei Jahren positive Finanzergebnisse habe vorweisen können, der Wert der unterzeichneten und ausgehandelten Verträge eine rasche Unternehmensentwicklung erwarten lasse, die finanziellen Prognosen positiv bewertet worden seien und zeigten, dass das Unternehmen zur Rückzahlung des Darlehens in der Lage sei.

(60)

Abschließend stellten die polnischen Behörden fest, dass das Unternehmen mit einem Nettogewinn von 12,6 Mio. PLN (2,8 Mio. EUR) im Jahr 2010 und 31,6 Mio. PLN (7,03 Mio. EUR) im Jahr 2011 ein Nettoergebnis erwirtschaftet habe, das die im Geschäftsplan vorgesehenen Zahlen um das […]-fache übersteige. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass die Bilanzsumme des Unternehmens zum Ende des Jahres 2011 rund […] % höher gewesen sei als erwartet.

4.   Bevorzugte behandlung des unternehmens

(61)

Zur angeblichen Vorzugsbehandlung von Crist durch die IDA stellten die polnischen Behörden zunächst klar, dass das Unternehmen die Voraussetzungen für eine Förderung durch das Programm erfülle, da sich der Hauptsitz von Crist sowie zwei seiner wichtigsten Betriebsstätten in Danzig befänden. Die Investition in Gdingen, die ansonsten die Kriterien für eine solche Förderung nicht erfüllt, habe keine Verlagerung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens, sondern eine geografische Ausweitung der Aktivitäten von Crist zur Folge gehabt.

(62)

Hinsichtlich des Umfangs der bereitgestellten Mittel bestätigte Polen, dass die Höhe der Finanzierung, die von der IDA für die Investition von Crist gewährt wurde, nicht über der im Programm vorgesehenen Obergrenze von 80 % liege. Polen teilte mit, dass sich die Gesamtausgaben für das geplante Investitionsprogramm des Unternehmens auf 188,2 Mio. PLN beliefen und nicht nur den Erwerb des Trockendocks (Werft 2), sondern auch des Geländes für die Montage der Schiffsrümpfe (Werft 1) einschlossen. Nach Auskunft Polens gehörten beide Investitionen zur selben Produktionslinie, die Crist den gezielten Vorstoß in die Märkte für erneuerbare Energien und den Bau von Offshore-Anlagen ermöglichte. Nur mit dem gesamten Investitionsprogramm habe Crist die Verlagerung seines Geschäftsmodells vom traditionellen Schiffbau hin zur kundenspezifischen Produktion von Schiffen, Plattformen und Bauelementen für Offshore-Windparks verwirklichen können.

(63)

Daher weise die gesamte Investition von Crist (213,2 Mio. PLN (14)) im Verhältnis zum Darlehen der IDA (150 Mio. PLN) eine Intensität von 70 % auf, die deutlich unter der im Programm festgelegten Höchstgrenze von 80 % liege.

(64)

Zuletzt machte Polen geltend, dass es sich bei dem Programm, aus dem das Darlehen für Crist finanziert wurde, um ein kommerzielles Programm und nicht um ein Beihilfeprogramm handele. Polen wies darauf hin, dass Entscheidungen der IDA zur Finanzierung bestimmter Projekte unter kommerziellen Gesichtspunkten von Sachverständigen bewertet werden, die Erfahrungen in den größten Finanzinstituten Polens gesammelt hätten.

V.   WÜRDIGUNG

1.   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV

(65)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(66)

Eine nationale Maßnahme gilt als staatliche Beihilfe, wenn kumulativ die folgenden Bedingungen erfüllt werden: 1) die Maßnahme gewährt einen Vorteil zulasten staatlicher Mittel, 2) der Vorteil ist selektiv, und 3) die Maßnahme verfälscht den Wettbewerb oder droht ihn zu verfälschen und ist geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

1.1.   Vorliegen eines Vorteils

(67)

Um festzustellen, ob es sich bei der untersuchten Maßnahme um eine staatliche Beihilfe handelt, muss ermittelt werden, ob Crist einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat, den das Unternehmen unter marktüblichen Bedingungen, also unter Bedingungen, unter denen ein privater Kapitalgeber Finanzmittel für Crist bereitgestellt hätte, nicht erlangt hätte,

(68)

Um die Übereinstimmung der untersuchten Maßnahme mit dem Grundsatz des privaten Kapitalgebers festzustellen, prüfte die Kommission, ob ein privater Kreditgeber auf der Grundlage der Informationen, die der IDA zum Zeitpunkt der Entscheidung vorlagen, Crist einen ähnlichen Kredit gewährt hätte.

(69)

Wie in Erwägungsgrund 33 ff. ausgeführt, unterrichtete Polen die Kommission darüber, dass die IDA vor der Gewährung des Darlehens gemeinsam mit externen Sachverständigen eine ausführliche Bewertung der wirtschaftlichen und finanziellen Situation von Crist durchgeführt hat, nach der das Rating für Crist festgelegt wurde. Basierend auf ihrem internen System vergab die IDA für Crist das Rating „moderat“, das Polen zufolge bei Anwendung der Mitteilung über die Referenzzinssätze mindestens der Ratingkategorie BB (zufriedenstellend) entsprach.

(70)

In Bezug auf die Besicherung übermittelte Polen alle Sachverständigengutachten sowie ausführliche Erläuterungen zu den einzelnen Elementen der Besicherung für das Darlehen (siehe Erwägungsgründe 39-45). Anhand dieser Gutachten, nach denen sich der Wert der als Pfand hinterlegten Unternehmensanteile auf […] Mio. PLN und der Wert der Hypothek für das Trockendock auf […] Mio. PLN belief, und unter Berücksichtigung der Vorgabe des Programms, wonach die Besicherung mindestens 150 % des Darlehens abdecken sollte, stufte die IDA den Wert der Sicherheiten von Crist als moderat ein und bewertete die Absicherung des Kreditrisikos als gut. Polen vertrat die Auffassung, dass dies ein vorsichtiger Ansatz gewesen sei, und verwies darauf, dass die Bewertung der Besicherung durch unabhängige Sachverständige den hohen Wert der Sicherheiten belege.

(71)

Angesichts des moderaten Risikos und der moderaten Besicherung gewährte die IDA das Darlehen schließlich zu einem Zinssatz von 6,81 %, errechnet aus der Summe des Basiszinssatzes (3-Monats-WIBOR plus 1,2 %) und einer Zinsmarge von 1,8 % (siehe Tabelle 3). Polen argumentierte, dass dieser Zinssatz über dem Mindestzinssatz liege, den die Berechnung auf der Basis der Mitteilung über Referenzzinssätze ergeben würde (siehe Tabelle 6 und Erwägungsgründe 46-49). Die Kommission stellt fest, dass diese Aussage nicht nur dann gilt, wenn wie von Polen eine „hohe Besicherung“ als Berechnungsgrundlage verwendet wird, sondern auch, wenn die von der IDA zugrunde gelegte „moderate“ (oder normale) Besicherung als Basis verwendet wird: Basiszinssatz plus 220 Basispunkte oder 6,69 %.

(72)

Die Kommission weist darauf hin, dass ihre ursprünglichen Zweifel hinsichtlich der Höhe des Zinssatzes, die sie im Eröffnungsbeschluss geäußert hatte, vor allem auf die unzureichenden Angaben über das Rating des Unternehmens und den Umfang der Besicherung zurückzuführen waren. In diesem Zusammenhang teilt die Kommission mit, dass Polen in seiner Antwort auf den Eröffnungsbeschluss die maßgeblichen Informationen übermittelte, die der IDA vor der Darlehensgewährung vorlagen. Darüber hinaus legte Polen eine Ex-post-Bewertung der verpfändeten Immobilien und einen Bericht von […] vor, der nach der Transaktion erstellt wurde, jedoch auf den Informationen basierte, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Darlehensgewährung verfügbar waren.

(73)

Die Kommission konzentrierte sich bei der Bewertung der Besicherung auf die Frage, ob die Sachverständigengutachten anhand konservativer Kriterien erstellt wurden, so dass ein privater Kapitalgeber die angebotenen Sicherheiten akzeptiert hätte. In diesem Zusammenhang führt die Kommission aus, dass die Bewertung der Unternehmensanteile von Crist abhängig von der angewandten Methode sehr unterschiedlich ausfällt (siehe Erwägungsgrund 40). Die Kommission verweist außerdem auf die Kritik von […] an der Bewertung des Nettovermögens mit […] Mio. PLN, bei der mehrere wichtige Faktoren (siehe Erwägungsgrund 45) außer Acht gelassen wurden und die daher zu einer Unterbewertung des Eigenkapitalwerts von Crist führte. Die Kommission stellt fest, dass die Bewertungen von […] und wie von […], bei denen das Verfahren des bereinigten Kapitalwerts angewandt wurde, dasselbe Ergebnis erbrachten (nämlich einen Wert von […] Mio. PLN) und dass die beiden unabhängigen Sachverständigen die Auffassung vertreten, dass dieses Verfahren als repräsentativer anzusehen ist. Polen übermittelte diese Bewertungen der Kommission und schlug vor, das in der dritten Ausschreibungsrunde von Patia vorgelegte Gegenangebot in Höhe von 166 Mio. PLN als Richtwert für den Wert der Sicherheit für das Trockendock heranzuziehen. Die Kommission merkt an, dass sich ein solcher Richtwert in der Größenordnung des Wertes bewegen dürfte, den ein Konkurrent von Crist für den Erwerb des Trockendocks bei einer Zwangsvollstreckung dieses Vermögenswertes zu bezahlen bereit wäre.

(74)

Ohne sich auf einen der Berichte festzulegen, führt die Kommission aus, dass der IDA mehrere Bewertungen zur Qualität der angebotenen Sicherheiten vorlagen, von denen nur die pessimistischste einen Wert von weniger als 150 % des geplanten Darlehens ergeben hatte, und die Sachverständigenempfehlungen besagten, dass die Sicherheiten zur Deckung des Kreditrisikos ausreichten.

(75)

Was das Rating des Unternehmens anbelangt, nahm die Kommission eine kritische Prüfung der von Polen übermittelten Nachweise vor, die der IDA vor der Entscheidung über die Darlehensgewährung vorlagen. Die Kommission stellt fest, dass die IDA im Rahmen ihrer internen Sachverständigenprüfung für das Rating eine vollständige Analyse der Kennzahlen von Crist durchgeführt hat, die den Liquiditätsgrad, den Umsatz, die Eigenkapitalstruktur sowie die Rentabilität umfasste. Darüber hinaus berücksichtigte die IDA in ihrer Bewertung folgende Elemente: Cashflow-Analyse, Finanzprognosen, Kostenwirksamkeit der Investition, Gewinnschwelle und Abhängigkeit des Projekts von externen Faktoren, wie dem Zinssatz oder dem Wechselkurs.

(76)

Die Kommission nimmt außerdem den Bericht von […] zur Kenntnis. Der Bericht wurde zwar erst nach der Transaktion erstellt, doch er enthält eine ausführliche Bewertung des Kreditratings von Crist sowie der angebotenen Sicherheiten auf der Basis derselben Informationen, die der IDA zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung vorlagen. Im Bericht wird das Rating von Crist etwas schlechter eingeschätzt (im Bereich BB-B) als das von der IDA festgelegte Rating. Im Hinblick auf die Besicherung kommt der Bericht zu dem Ergebnis, dass der Wert des Eigenkapitals von Crist in der auf den Vermögenswerten basierende Bewertung von […] erheblich unterschätzt wird. […] hält das Verfahren des bereinigten Kapitalwerts für konsistenter und gebräuchlicher. […] kommt anhand seiner Analyse des Ratings von Crist und des Werts der angebotenen Sicherheiten zu dem Schluss, dass der Zinssatz für das Darlehen der IDA nicht unter dem marktüblichen Zinssatz lag.

(77)

Die Kommission untersuchte außerdem, ob der Zinssatz der IDA mit der Methodik für die Festlegung von Referenzsätzen übereinstimmt, die die Kommission nach der Mitteilung über Referenzzinssätze anstelle des Marktzinses verwenden kann. Nach der Mitteilung über Referenzzinssätze ergibt sich der Referenzsatz aus dem Aufschlag einer Marge auf den Basissatz, der dem IBOR für ein Jahr (den Geldmarktzinsen für ein Jahr im jeweiligen Mitgliedstaat) entspricht. Welche Marge zur Anwendung kommt, hängt vom Rating des betreffenden Unternehmens sowie von der Besicherung ab (siehe Tabelle 6).

(78)

Da der Basissatz im September 2010 in Polen 4,49 % (15) betrug, liegt der Zinssatz für das Darlehen der IDA (6,81 %) über dem anwendbaren Referenzsatz, sofern zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung:

das Rating von Crist „schwach“ (B) und die Besicherung „hoch“ war,

das Rating von Crist „zufriedenstellend“ (BB) und die Besicherung mindestens „normal“ war oder

die Besicherung „gering“ und das Rating von Crist mindestens „gut“ (BBB) war.

Bei allen drei Szenarien würde der Referenzsatz 6,69 % (4,49 % und 2,20 %) betragen und damit unter dem Zinssatz für das Darlehen der IDA (6,81 %) liegen.

(79)

Ausgehend von der oben beschriebenen Analyse vertritt die Kommission die Auffassung, dass das Rating von Crist zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung im schlechtesten Fall „schwach“ (B) war. Was die Besicherung betrifft, deckt diese selbst beim ungünstigsten Szenario, das von einem Wert der Sicherheiten von […] Mio. PLN ausgeht, mehr als 100 % des Darlehenswertes ab. Daher ist die Kommission der Meinung, dass die erwartete Höhe des Verlusts bei einem Ausfall der Darlehensrückzahlung (LGD) in einer Größenordnung von unter 30 % liegt, was nach der Mitteilung über die Referenzzinssätze einer hohen Besicherung entspricht. Angesichts der hohen Besicherung des Darlehens sollte der Zinssatz für das Darlehen im ungünstigsten Fall zum Zeitpunkt der Transaktion mindestens 6,69 % (d. h. den Referenzsatz für Polen von 4,49 % plus 2,20 %, siehe Tabelle 6) betragen haben. Das Darlehen der IDA wurde zu einem höheren Zinssatz (6,81 %) gewährt.

(80)

Zusammenfassend kann die Kommission unter Berücksichtigung aller vorliegenden Fakten feststellen, dass die IDA bei der Entscheidung über die Gewährung des Darlehens an Crist auf der Basis der verfügbaren Informationen wie ein privater Kreditgeber gehandelt und einen Zinssatz festgelegt hat, der dem marktüblichen Zinssatz entsprach.

(81)

Im Eröffnungsbeschluss äußerte die Kommission Zweifel, ob das Darlehen der […] Bank im vorliegenden Fall als Referenzwert herangezogen werden kann. Die Kommission wies unter anderem darauf hin, dass sich das Darlehen der […] Bank wegen der erheblich geringeren Darlehenssumme vom Darlehen der IDA unterscheidet und dass von der […] Bank lediglich die Transaktion finanziert wurde, die Crist ursprünglich aus Eigenmitteln finanziert hatte. Darüber hinaus vertrat die Kommission nach einer ersten Prüfung die Auffassung, dass mit dem Darlehen der IDA wegen der im Vergleich zum Darlehen der […] Bank erheblich längeren Laufzeit ein höheres Risiko verbunden ist.

(82)

Wie in den Erwägungsgründen 50-55 ausgeführt, bekräftigten die polnischen Behörden ihre Position, dass es angemessen gewesen sei, das Darlehen der […] Bank als Referenzwert für das Darlehen der IDA heranzuziehen. Polen betonte jedoch, dass vor der Entscheidung über die Darlehensgewährung auch andere Elemente berücksichtigt worden seien.

(83)

Nach Auffassung der Kommission basierte die Entscheidung der IDA zur Gewährung des Darlehens an Crist auf der komplexen Sachverständigenanalyse der finanziellen und wirtschaftlichen Situation des Unternehmens, die die Rentabilität der geplanten Investition belegte. Für eine Darlehensgewährung sprach aus der Sicht der IDA außerdem, dass zuvor ein unabhängiges Finanzinstitut, die […] Bank, deren Darlehen als Referenzwert herangezogen wurde, Crist ein Darlehen gewährt habe.

(84)

Die Kommission berücksichtigt ferner, dass der Erwerb des Trockendocks durch Crist eine Ergänzung seiner Produktionslinie darstellte und somit als Schritt zur Umsetzung der Unternehmensstrategie betrachtet werden kann, der mit einem geringeren Risiko verbunden ist als die Maßnahme, für die das Darlehen der […] Bank gewährt wurde. Zum Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens der […] Bank war nicht sicher, dass Crist den letzten Teil der geplanten Investition, nämlich den Erwerb des Trockendocks, tatsächlich realisieren kann. Ferner hebt die Kommission hervor, dass durch die Unterzeichnung des Vertrags mit dem höchsten Auftragswert in der Geschichte von Crist (mit einem Volumen von […] Mio. EUR), die im Zeitraum zwischen den beiden Darlehen erfolgte, die Position des Unternehmens gestärkt wurde und günstiger war als bei der Darlehensgewährung durch die […] Bank.

(85)

Abschließend stellt die Kommission fest, dass die zahlreichen externen Quellen, aus denen das Unternehmen zum Zeitpunkt der Gewährung des IDA-Darlehens Finanzmittel erhielt, belegen, dass das finanzielle Potenzial von Crist und seine Kapazität zur Einkommensgenerierung von Seiten des Finanzsektors als positiv eingeschätzt wurden.

(86)

Nach ihrer Stellungnahme zu den im Eröffnungsbeschluss geäußerten Zweifeln vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Bedingungen des Darlehens der […] Bank sowie die Tatsache, dass Crist Zugang zu anderen externen Finanzierungsquellen besaß, die Schlussfolgerung zulassen, dass ein privater Kreditgeber Crist zu ähnlichen Bedingungen wie die IDA ein Darlehen gewährt hätte.

(87)

Im Eröffnungsbeschluss wurde darauf hingewiesen, dass Crist trotz der insgesamt stabilen Finanzlage zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung durch die IDA seit drei Jahren rückläufige Nettoergebnisse verzeichnete und der Markt durch Überkapazitäten gekennzeichnet war. Die Kommission hatte nach einer ersten Prüfung bezweifelt, ob ein privater Kapitalgeber angesichts der vorhandenen Marktrisiken sowie der Tatsache, dass die Finanzkrise zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung keineswegs überwunden war, Finanzmittel bereitgestellt hätte.

(88)

Wie in den Erwägungsgründen 56-60 beschrieben, übermittelte Polen weitere Erläuterungen zu den Elementen, auf die sich die IDA bei der Kreditentscheidung stützte. Dazu gehörten unter anderem eine dreistufige Analyse der Finanzlage des Unternehmens, die eine gute Kreditwürdigkeit belegte, sowie eine unabhängige Analyse durch […]. Polen hob hervor, dass sich auf der Basis des Kapitalwerts und des internen Zinsfußes eine hohe Investitionsrendite ergibt.

(89)

Die Kommission hat die von Polen vorgelegte Rentabilitätsbewertung der Investition von Crist geprüft, aus der hervorgeht, dass die relevanten Finanzwerte (der Kapitalwert und der interne Zinsfuß der Investition wurden basierend auf den zum Zeitpunkt der Transaktion vorliegenden Informationen mit […] Mio. PLN bzw. […] % angegeben) weiterhin hoch sind, obgleich der Kaufpreis, den Crist für den Erwerb des Trockendocks aufwenden musste (nämlich 175 Mio. PLN), letztendlich höher war als ursprünglich angenommen. Für einen privaten Kapitalgeber zeigen diese Ergebnisse, dass Crist über einen soliden Geschäftsplan verfügt und das Unternehmen mit der Investition die Voraussetzungen für die Übernahme neuer Aufträge im Wasserbausektor schafft. Am Wert des Auftragsbestands lässt sich ablesen, dass sich das Unternehmen rasch entwickelt.

(90)

Nach Ansicht der Kommission lassen sowohl der Umsatz als auch die operativen Aktivitäten eine ausgesprochen positive Dynamik erkennen. Von den polnischen Behörden wurde zudem darauf hingewiesen, dass der Rückgang der Nettoergebnisse, der lediglich zwei Jahre (2008 und 2009, siehe Tabelle 4) betraf, im Zusammenhang mit der neuen Unternehmensstrategie von Crist zu sehen ist. Die Zweifel an der insgesamt positiven Bewertung der Finanzergebnisse von Crist sind damit ausgeräumt.

(91)

Was die Zweifel hinsichtlich der Marktüberkapazitäten anbelangt, räumt die Kommission mögliche Überkapazitäten in der traditionellen Schiffbauindustrie ein, verweist aber darauf, dass Crist im Einklang mit seiner im Geschäftsplan festgelegten neuen Strategie zwischen […] % und […] % seiner Einnahmen in den Jahren 2009 bzw. 2011 in Märkten außerhalb des traditionellen Schiffbaus erwirtschaftete (siehe Tabelle 1). Dieser Geschäftsplan wurde der IDA im Vorfeld der Darlehensgewährung vorgelegt. Die Struktur der Einnahmen von Crist und die Angaben zu den Entwicklungsperspektiven im Bereich der Hochsee-Windkraftanlagen, in dem das Unternehmen vorwiegend tätig ist, verdeutlichen das Entwicklungspotenzial und das relativ geringe Risiko für private Kapitalgeber.

(92)

Vor diesem Hintergrund kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die zum Zeitpunkt der Transaktion vorliegenden Informationen über das Unternehmen ausreichende Anhaltspunkte lieferten, die einen privaten Kapitalgeber zur selben Entscheidung veranlasst hätten wie die IDA.

(93)

Diese Bewertung wird durch die Finanzergebnisse von Crist für 2010-2011 untermauert, die als wesentlicher Bestandteil des Geschäftsplans nun in einer Ex-post-Bewertung überprüft werden können. Obwohl das Unternehmen 2010 nur […] % der Umsatzprognosen erfüllte, wurden die vorgesehenen Margen bei der Umsatzrendite und beim Nettogewinn übertroffen. Crist erreichte einen Nettogewinn von 12,6 Mio. PLN, der den geplanten Nettogewinn für das betreffende Jahr um das […]-fache überstieg. 2011 verbesserten sich die Ergebnisse des Unternehmens weiter und der erreichte Umsatz war um […] % höher als geplant, während der erzielte Nettogewinn den prognostizierten Wert um […] % übertraf. Die Bilanzsumme des Unternehmens zum Ende der Jahre 2010 und 2011 übertraf die Erwartungen um […] % bzw. […] %.

(94)

Im Eröffnungsbeschluss äußerte die Kommission Zweifel, ob bestimmte Vorgaben des Programms eingehalten worden seien. Dabei ging es vor allem darum, ob Crist die Voraussetzungen für eine Förderung durch das Programm erfüllte und ob bei dem Darlehen die im Programm festgelegte Beihilfehöchstintensität eingehalten wurde (siehe Erwägungsgrund 15).

(95)

Die Kommission nimmt die Erklärung der polnischen Behörden zur Kenntnis, dass das Unternehmen für eine Förderung durch das Programm in Frage kam und die Höhe der Finanzierung, die von der IDA für die Investition von Crist gewährt wurde, nicht über der im Programm vorgesehenen Obergrenze von 80 % lag. In Bezug auf den zweiten Punkt hat die Kommission geprüft, ob die von den polnischen Behörden erwähnte Beihilfehöchstintensität auch dann gewahrt wurde, wenn die der IDA zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Darlehensgewährung vorliegenden Informationen zugrunde gelegt werden: Aus der Finanzierung von 150 Mio. PLN der Gesamtinvestitionssumme von 188,2 Mio. PLN (16) ergibt sich eine Beihilfeintensität von 79,7 %.

(96)

Auf der Basis dieser Erläuterungen betrachtet die Kommission die Zweifel, ob ein privater Kapitalgeber das Darlehen gewährt hätte, als ausgeräumt.

1.2.   Schlussfolgerung in Bezug auf den Vorteil

(97)

Auf der Grundlage der vorstehenden Ergebnisse kommt die Kommission zu dem Schluss, dass das Unternehmen durch die Bedingungen, unter denen das Darlehen der IDA gewährt wurde, keinen unrechtmäßigen Vorteil erlangt hat. Die Kommission vertritt insbesondere die Auffassung, dass i) ein privater Kapitalgeber anhand der Informationen, die der IDA vorlagen, dieselbe Entscheidung getroffen hätte und dass ii) der Zinssatz des IDA-Darlehens für Crist dem marktüblichen Zinssatz entspricht.

(98)

Da die Elemente, die auf das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 (AEUV) hinweisen, kumulativ sind, kann ein Beschluss erlassen werden, wenn ein Element nicht vorliegt. Die Analyse der in Erwägungsgrund 66 aufgeführten übrigen Elemente ist daher nicht erforderlich —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Bei der Maßnahme, die von der Republik Polen zugunsten von Crist S.A. in Form eines Darlehens über 150 Mio. PLN zu einem Zinssatz von 6,81 % durchgeführt wurde, handelt es sich nicht um eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Republik Polen gerichtet.

Brüssel, den 25. Juli 2012

Für die Kommission

Joaquín ALMUNIA

Vizepräsident


(1)  ABl. C 129 vom 4.5.2012, S. 9.

(2)  Entscheidung der Kommission vom 6. November 2008 über die staatliche Beihilfe C 19/05 (ex N 203/05), die Polen zugunsten der Stettiner Werft gewährt hat, ABl. L 5 vom 8.1.2010, S. 1, und Entscheidung der Kommission vom 6. November 2008 über die staatliche Beihilfe C 17/05 (ex N 194/05 und PL 34/04) Polens für die Gdingener Werft, ABl. L 33 vom 4.2.2010, S. 1.

(3)  Siehe Fußnote 1.

(4)  Die Kommission stellt fest, dass die Summe der von Polen angegebenen Beträge in der Spalte für 2010 keine 100 % ergibt. Die Kommission geht davon aus, dass diese geringfügige Abweichung durch die Aufrundung der Beträge auf zwei Dezimalstellen begründet ist.

(5)  Geschäftsgeheimnis

(6)  Die in diesem Beschluss angegebenen Beträge in EUR sind Durchschnittswerte, die lediglich als Richtwerte dienen sollen. Eine Ausnahme bildet der Betrag von […] Mio. EUR, der den Wert des Vertrags zwischen Beluga Hochtief Offshore und Crist in Euro angibt. Alle in PLN angegebenen Beträge wurden zu einem Wechselkurs von 1 EUR =4 PLN in Euro umgerechnet.

(7)  Dieser Artikel besagt: „Die Vorschriften der Verträge stehen folgenden Bestimmungen nicht entgegen […] b) jeder Mitgliedstaat kann die Maßnahmen ergreifen, die seines Erachtens für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind …“.

(8)  Im Schreiben vom 25. November 2010 teilte Polen der Kommission fälschlicherweise mit, dass als Zinssatz der Basiszinssatz in Höhe des 6-Monats-WIBOR (statt des 3-Monats-WIBOR) festgelegt wurde und der Gesamtzinssatz für das Darlehen an Crist 7,02 % (statt 6,81 %) betrug. Polen korrigierte diese Angaben in seinem Schreiben vom 27. Februar 2012.

(9)  Interbank-Zinssatz Warschau.

(10)  ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6.

(11)  Der Wert der Unternehmensanteile von Crist beläuft sich nach der Ertragswertmethode (empfohlen durch einen Sachverständigen) auf […] Mio. PLN und der Wert der Hypothek auf die Immobilien (Teil der Werft 2) wurde von einem Sachverständigen auf 169,5 Mio. PLN geschätzt.

(12)  Wert des Auftragsbestands bei Unterzeichnung des Darlehensvertrags.

(13)  Crist konnte auf mehrere andere externe Finanzierungsquellen aus dem privaten Sektor zurückgreifen. Dazu gehörten Kredite und Bürgschaften von […], […], […], […], […], […] und […] über mehr als […] Mio. PLN im Jahr 2010 und über mehr als […] PLN im Jahr 2011.

(14)  Diese Summe ergibt sich aus dem Betrag von 38,2 Mio. PLN für Werft 1 und dem Betrag von 175 Mio. PLN für Werft 2.

(15)  Der nach der Mitteilung über Referenzzinssätze errechnete Basissatz für Polen im September 2010 kann auf der Website der Kommission unter folgender Adresse abgerufen werden: http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/reference_rates.html

(16)  Der IDA konnte zum fraglichen Zeitpunkt nicht bekannt sein, dass die Gesamtinvestitionssumme um 25 Mio. PLN höher sein würde als geplant (213,2 Mio. PLN statt 188,2 Mio. PLN wegen der höheren Kosten für den Erwerb des Trockendocks).