12.5.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 125/33


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 13. Juli 2011

über die staatliche Beihilfe Finnlands C 6/08 (ex NN 69/07) zugunsten der Ålands Industrihus Ab

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(2011) 4905)

(Nur der finnische und der schwedische Text sind verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2012/252/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 erster Unterabsatz,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung nach den vorgenannten Artikeln (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   DAS VERFAHREN

(1)

Der Kommission wurden mit einer Beschwerde vom 5. September 2006 Maßnahmen der Regionalregierung der Åland-Inseln (im Folgenden „Regionalregierung“) zur Kenntnis gegeben, die zugunsten der Immobiliengesellschaft Ålands Industrihus Ab (im Folgenden „ÅI“) gewährt wurden. Die Kommission ersuchte Finnland mit Schreiben vom 25. Oktober 2006 und 14. Februar 2007 um Auskünfte, die mit Schreiben vom 11. Januar 2007 und 3. April 2007 übermittelt wurden. Weitere Mitteilungen ergingen seitens der finnischen Behörden am 31. Mai 2007 und am 12. April 2007. Der Beschwerdeführer übermittelte im November 2006 und Mai 2007 weitere Informationen.

(2)

Die Kommission teilte Finnland mit Schreiben vom 30. Januar 2008 ihre Entscheidung zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 (2) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) in Bezug auf die fragliche Beihilfe mit (im Folgenden „Eröffnungsentscheidung“).

(3)

Die Eröffnungsentscheidung der Kommission wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (3) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten zur Stellungnahme zu der Beihilfe auf.

(4)

Die Kommission hat keine Stellungnahmen von Beteiligten erhalten.

(5)

Nach der Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens übermittelte Finnland Auskünfte, die am 6. Mai 2008, am 21. Januar 2010, am 26. Februar 2010, am 21. Mai 2010, am 18. Juni 2010, am 18. April 2011, am 27. Juni 2011 und am 28. Juni 2011 als bei der Kommission eingegangen registriert wurden. Vertreter der Kommissionsdienststellen, der finnischen Behörden und von ÅI kamen am 4. April 2010 zu Gesprächen zusammen.

2.   BESCHREIBUNG DER BEIHILFE

2.1.   BEGÜNSTIGTES UNTERNEHMEN

(6)

Die ÅI ist in Mariehamn, der Hauptstadt von Åland, eingetragen. Åland ist eine Inselgruppe zwischen dem Festland von Finnland und Schweden, hat 28 000 Einwohner und ist eine Provinz Finnlands, die über eine weitreichende Selbstverwaltung verfügt. Die größten Anteilseigner der ÅI sind die Regionalregierung von Åland (84,43 %) und die Stadt Mariehamn (15,01 %). Die übrigen Anteile sind im Besitz anderer lokaler Behörden von Åland (4).

(7)

Der Geschäftsgegenstand der ÅI sind Bau, Erwerb und Vermietung von Gebäuden für industrielle und gewerbliche Zwecke. Nach Angaben der finnischen Behörden besteht das Ziel des Unternehmens darin, auf Åland tätigen Unternehmen im Interesse der Förderung einer vielseitigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft Gebäude bereitzustellen.

(8)

Bis 1999 hatte die Geschäftstätigkeit der ÅI einen moderaten Umfang (5). Ihre Bilanz verzeichnete nur ein langsames Wachstum, wenn überhaupt davon die Rede sein kann (6). In dieser Situation beschloss die ÅI, neue Geschäftsmöglichkeiten zur Erweiterung ihrer Tätigkeit zu erschließen. Zur gleichen Zeit äußerte eine örtliche Unternehmensgemeinschaft (die sich fast ausschließlich aus Kleinunternehmen zusammensetzte) den Wunsch nach Gründung eines „Technologieparks“. Dabei würde es sich um einen Bürokomplex handeln, in dem die örtlichen Unternehmen im gleichen Gebäude arbeiten könnten, was ihre Zusammenarbeit erleichtern würde und der Entstehung neuer Ideen und dem Unternehmertum ganz allgemein förderlich wäre. So entstand schrittweise das Büroquartier iTiden (kvarteret iTiden). Die Entstehung des Projekts wird unter 2.2 näher erläutert.

2.2.   DAS iTiden-PROJEKT  (7)

(9)

Zwischen den örtlichen Unternehmern und den Vertretern der Regionalregierung wurden bereits 1999 Gespräche über den möglichen Bau eines Technologieparks aufgenommen. Sie unternahmen gemeinsam Reisen zu ähnlich ausgerichteten Standorten in Schweden.

(10)

Das Projekt wurde im Jahr 2000 einer Arbeitsgruppe übergeben, die der Regionalregierung und der Stadt Mariehamn im Frühjahr einen entsprechenden Vorschlag unterbreitete. Das Vorhaben und die Pläne der Regionalregierung zum Bau und zur Finanzierung desselben sind im Haushalt 2000 (8) aufgeführt, in dem die Regionalregierung auch Mittel für eventuelle Kapitalzuführungen für Infrastrukturvorhaben, unter anderem für die ÅI anforderte (ein entsprechender Antrag ist im Haushaltsplan für 2000 enthalten) (9).

(11)

Mit Hilfe einer Kapitalzuführung erwarb die ÅI am 12. Juli 2001 ein Grundstück im Gebiet Västra Klinten in Mariehamn, wo der Bürokomplex „iTiden“ gebaut werden sollte. Im Zusammenhang damit kümmerte sich die ÅI auch um die erforderlichen Änderungen des Raumordnungsplans für das iTiden-Projekt.

(12)

Im Haushaltsplan 2002 führte die Regionalregierung an, dass die ÅI im Jahr 2002 mit der Realisierung des iTiden-Projekts beginnen würde und dass dazu möglicherweise einer Kapitalzuführung erforderlich sei (wofür die Regionalregierung die notwendigen Haushaltsmittel beantragte) (10).

(13)

Zu Beginn des Jahres 2002 wurde eine Arbeitsgruppe für den Bau des iTiden-Projekts eingesetzt und der Auftrag an einen Architekten vergeben. Gleichzeitig wurde das Interesse potenzieller Mieter an einer Anmietung von Räumen in dem Bürokomplex „iTiden“ erforscht. Die Baugrundvorbereitung erfolgte im Frühjahr 2003; mit der ersten Bauphase wurde im Sommer 2003 begonnen (das Projekt sollte in zwei aufeinander folgenden Bauphasen realisiert werden). Nach Abschluss der ersten Bauphase des iTiden-Projekts zogen die ersten Mieter am 1. Dezember 2004 ein.

(14)

Die Bauarbeiten der zweiten Phase wurden im Herbst 2006 begonnen und 2007 abgeschlossen.

2.3.   STAATLICHE BEIHILFEMASSNAHMEN

(15)

Im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens hat die Kommission mehrere Kapitalbeteiligungen (Kapitalzuführungen) und Darlehensgarantien gegenüber Banken untersucht (im Folgenden „Darlehensgarantien“), die die Regionalregierung der ÅI im Zeitraum 1997-2007 gewährt hatte. Die Maßnahmen sind in der nachstehenden Tabelle aufgelistet (die Kapitalbeteiligungen tragen die Bezeichnung C-I bis C-XI und die Darlehensgarantien G-I bis G-III).

Maßnahme

Datum der Maßnahme

Kapitalzuführung

in Euro

Darlehensgarantie

in Euro

C-I (11)

18.6.1997

84 094,39

 

C-II (11)

22.6.2000

340 582,27

 

C-III (11)

10.10.2000

114 368,37

 

C-IV

20.7.2001

353 199,00

 

C-V

15.8.2002

599 933,73

 

C-VI

13.3.2003

799 911,64

 

G-I

9.10.2003

 

2 600 000,00

C-VII

6.5.2004

515 165,97

 

C-VIII

30.9.2004

669 896,95

 

G-II

2.11.2004

 

1 160 000,00

C-IX

16.6.2005

199 977,91

 

C-X

16.6.2005

234 961,43

 

G-III

13.12.2005

 

2 600 000,00

C-XI

15.2.2007

1 379 998,95

 

 

GESAMT

5 292 090,61

6 360 000,00

(16)

Gegenüber der Tabelle in Erwägungsgrund 7 der Eröffnungsentscheidung wurde die für den 26. Oktober 2006 eingetragene Darlehensgarantie in Höhe von 2 587 500 EUR gestrichen, da sie zu keinem Zeitpunkt umgesetzt wurde (auf der Grundlage eines Urteils eines finnisches Gerichts). Zudem ist die Kapitalzufhührung C-XI, die in der Eröffnungsentscheidung auf den 12. Juni 2006 datiert war, nun mit dem Datum 15. Februar 2007 eingetragen, da sich während der Prüfung herausstellte, dass die Maßnahme erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft trat. Das Oberste Verwaltungsgericht Finnlands hat kürzlich (am 6. April 2011) die Entscheidung der Regionalregierung zur Gewährung der fraglichen Kapitalzuführung aufgehoben (siehe Erwägungsgrund 114). Da das Kapital der ÅI im Jahr 2007 zugeführt und nicht zurückgezahlt wurde, gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die Maßnahme trotz des Urteils des finnischen Gerichts weiterhin in den Bereich der Prüfung durch die Kommission fällt.

(17)

Nach Angaben Finnlands wurden sämtliche Kapitalzuführungen für die Finanzierung des iTiden-Projekts verwendet, mit Ausnahme der folgenden:

 

C-I — Kapitalbeteiligung, 18. Juni 1997 (84 094,39 EUR)

 

C-II — Kapitalbeteiligung, 22. Juni 2000 (340 582,27 EUR)

 

C-III — Kapitalbeteiligung, 10. Oktober 2000 (114 368,37 EUR)

 

C-VIII — Kapitalbeteiligung, 30. September 2004 (669 896,95 EUR)

 

C-IX — Kapitalbeteiligung, 16. Juni 2005 (199 977,91 EUR).

(18)

Nach Angaben Finnlands wurden sämtliche Darlehensgarantien für die Finanzierung des iTiden-Projekts gewährt. Nähere Informationen dazu werden in den Erwägungsgründen 66 bis 86 gegeben.

3.   GRÜNDE FÜR DIE ERÖFFNUNG DES VERFAHRENS NACH ARTIKEL 108 ABSATZ 2 AEUV

(19)

Die Kommission hat in der Eröffnungsentscheidung aus den nachstehenden Gründen die Vereinbarkeit der Kapitalzuführungen und Darlehensgarantien mit dem Binnenmarkt in Frage gestellt.

(20)

Bei der Prüfung, ob es sich um eine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV handelt, stellte die Kommission fest, dass bei den Maßnahmen staatliche (durch örtliche Behörden gewährte) Mittel zum Einsatz kommen und dass die Maßnahmen selektiv sind, da sie nur der ÅI gewährt wurden. Hinsichtlich der Grundlage für die Bewertung der Frage, ob sich aus den Maßnahmen ein Vorteil ergibt, den sich die ÅI unter den üblichen Marktbedingungen nicht hätte verschaffen können, da ein privater Anleger unter Zugrundelegung der Rentabilitätsaussichten langfristig keine vergleichbare Kapitalhilfe gewährt hätte, bestehen bei der Kommission Zweifel, dass ein privater Anleger in derselben Weise wie die Regionalregierung Kapital bereitgestellt hätte, wenn man die anhaltende Verlustsituation der ÅI, die auch heute nur in moderatem Maße Gewinn erwirtschaftet, berücksichtigt. In Bezug auf die Darlehensgarantien bezweifelt die Kommission, ob die ÅI am Markt eine vergleichbare Kapitalhilfe erhalten hätte; deshalb sieht sie in den Garantien einen Vorteil für die ÅI. Außerdem stellt die Kommission fest, dass derartige Vorteile den Wettbewerb verfälschen und den Binnenhandel beeinträchtigen.

(21)

Darüber hinaus zweifelt die Kommission daran, dass die Maßnahmen als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen sind, wenn sie als staatliche Beihilfen eingestuft würden.

(22)

Ferner stellt die Kommission die Behauptung Finnlands in Frage, dass die Maßnahmen, sofern sie tatsächlich als staatliche Beihilfen gelten, im Rahmen von Beihilferegelungen gewährt wurden, die bereits vor dem Beitritt Finnlands zur Europäischen Union aufgelegt wurden und damit rechtmäßig seien.

4.   STELLUNGNAHME FINNLANDS

4.1.   DIE MASSNAHMEN STELLEN KEINE STAATLICHEN BEIHILFEN DAR

(23)

Nach Auffassung Finnlands hat die Regionalregierung nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers gehandelt, d. h. sie hat die Maßnahmen in Erwartung eines Gewinns aus dieser Anlage gewährt. Finnland führt dazu aus, dass die Beteiligungsentscheidungen durch ein Programm mit neuen Anlagen des Unternehmens — vor allem durch das iTiden-Projekt — beeinflusst wurden. Ziel der Maßnahmen war somit nicht der Ausgleich früherer Verluste oder die Unterstützung einer verlustreichen Geschäftstätigkeit. Die Regionalregierung hat einen konkreten Mehrwert für ihre Beteiligung an den neuen Anteilen der ÅI erhalten, da der Wert des Unternehmens im Verhältnis zur Höhe ihrer Anteilszeichnungen damit gestiegen ist. Deshalb ist für die ÅI kein Vorteil entstanden, den sie nicht auch durch einen privaten Anleger hätte erhalten können.

(24)

Ungeachtet eines möglichen Vorteils vertritt Finnland zudem die Ansicht, dass die Maßnahmen nicht als staatliche Beihilfen anzusehen sind, da keine konkrete spürbare Auswirkung auf den Wettbewerb im Immobilienmarkt von Åland nachgewiesen werden kann.

4.2.   LIEGT EINE STAATLICHE BEIHILFE VOR, SO IST SIE AUF DER GRUNDLAGE DER DERZEITIGEN BEIHILFEREGELUNGEN RECHTMÄSSIG

(25)

Wenn davon ausgegangen wird, dass die Maßnahmen dennoch staatliche Beihilfen umfassen, so sind diese Beihilfen nach finnischer Auffassung rechtmäßig. Finnland steht auf dem Standpunkt, dass die Kapitalbeteiligungen wie auch die Bürgschaften in den Geltungsbereich der weiterhin gültigen, vor Beitritt Finnlands zur Union eingeleiteten Beihilferegelungen fallen.

4.3.   LIEGT EINE NEUE STAATLICHE BEIHILFE VOR, SO IST SIE DENNOCH MIT DEM BINNENMARKT VEREINBAR

(26)

Selbst wenn die Maßnahmen als rechtswidrige Beihilfen anzusehen sind, können sie gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV dennoch als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden, da sie der Entwicklung eines Wirtschaftsgebiets und der Schaffung neuer Arbeitsplätze — vor allem im Sinne einer vielseitigeren Wirtschaftsstruktur, die hier zu stark auf die Seefahrt ausgerichtet ist —, dienen sollten.

4.4.   MÖGLICHE RÜCKFORDERUNG

(27)

Sofern die Kommission die Beihilfe für rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt und sie als Beihilfe einstuft, die zurückzufordern ist, gibt Finnland dazu die folgenden Stellungnahmen ab.

(28)

Durch Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 (12) vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags ist geregelt, dass die Kommission nicht die Rückforderung der Beihilfe verlangt, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde. Dies träfe auf den vorliegenden Fall zu, da für Finnland die begründete Annahme bestand, dass die vor dem Beitritt zur Union bestehenden und weiterhin anwendbaren Beihilferegelungen tatsächlich Gültigkeit besitzen und somit die gewährte Beihilfe gemäß den einschlägigen Bestimmungen rechtmäßig ist.

(29)

Sollte die Kommission dennoch der Ansicht sein, dass die Beihilfen zurückzufordern sind, so macht nach finnischer Auffassung der Beihilfeanteil an den Kapitalzuführungen nicht notwendigerweise den gesamten Nennwert der Geschäftsaktivitäten aus, für die staatliche Beihilfen gewährt wurden. Hinsichtlich der Garantien dürfe der zurückzufordernde Beihilfebetrag nicht höher sein als der infolge der Garantieleistung durch das Unternehmen erzielte Zinsvorteil (gegenüber nicht garantierten Darlehen). Entsprechend kann die Beihilfe bei den Kapitalbeteiligungen nicht mehr als die Kosten ausmachen, die der ÅI durch die Beschaffung des Kapitals auf dem Markt entstanden wären.

5.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE

5.1.   EINSTUFUNG DER MASSNAHMEN ALS STAATLICHE BEIHILFE

(30)

In Artikel 107 Absatz 1 AEUV heißt es, dass „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

(31)

Eine Einstufung der Maßnahme als staatliche Beihilfe setzt folgende Bedingungen voraus: a) die Maßnahme wird durch einen Mitgliedstaat oder aus staatlichen Mitteln finanziert; b) sie verschafft einen selektiven Vorteil, indem sie ein Unternehmen oder einen Produktionszweig begünstigt; und c) sie verfälscht oder droht den Wettbewerb zu verfälschen und kann den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Diese Voraussetzungen sind kumulativ und müssen alle erfüllt sein, bevor eine Maßnahme als staatliche Beihilfe eingestuft werden kann.

5.1.1.   STAATLICHE MITTEL UND SELEKTIVITÄT

(32)

Die Bedingungen für die Würdigung in Bezug auf staatliche Mittel und Selektivität aus den in der Eröffnungsentscheidung dargestellten Gründen (die Finnland nicht bestritten hat) sind erfüllt. Die Maßnahmen wurden durch Einzelentscheidungen der Regionalregierung über den Einsatz von Mitteln, die das Parlament von Åland in seinem Jahreshaushalt der Regierung zur Verfügung gestellt hat, gewährt. Die Maßnahmen waren somit eindeutig aus staatlichen Mitteln finanziert und zielten ausschließlich auf die ÅI ab.

5.1.2.   VORTEIL

(33)

Nach Auffassung Finnlands stellen die Maßnahmen keine staatliche Beihilfe dar, da sie der ÅI keinen Vorteil gewährt haben, den sie nicht auch durch einen privaten Anteilseigner oder einen privaten Darlehensgeber hätte erhalten können.

(34)

Ein festgeschriebener Grundsatz in den Rechtsvorschriften über die staatliche Beihilfe besagt, dass die Beteiligung von Behörden am Kapital von Unternehmen eine staatliche Beihilfe darstellt, sofern nicht ein privater Anleger unter den gleichen Bedingungen und vor allem unter Zugrundelegung der Gewinnerwartungen das entsprechende Kapital zur Verfügung gestellt hätte (dafür wird üblicherweise der Begriff Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers verwendet) (13). Nach Abschnitt 3.1 der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (14) (im Folgenden „Garantiemitteilung“) handelt es sich bei einer staatlichen Garantie nicht um eine staatliche Beihilfe, wenn eine Finanzierung zu Bedingungen zugänglich gemacht wird, die unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen für einen privaten Marktteilnehmer annehmbar wären.

(35)

Die Kommission äußerte in der Eröffnungsentscheidung Zweifel daran, dass der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers auf die Kapitalbeteiligungen und Garantien zutrifft, und begründete ihre Auffassung insbesondere mit zwei Feststellungen zur ÅI:

a)

Die langjährigen Verluste der ÅI bzw. die geringen Gewinne in den Jahren, als die Maßnahmen gewährt wurden. Im Zeitraum 2001-2005 verzeichnete die ÅI im Prinzip in jedem Jahr Verluste. Die in den Jahren 1998-2000 erzielten Gewinne waren gering und verringerten sich von Jahr zu Jahr (in den fraglichen Jahren 38 000 EUR, 28 000 EUR und 9 000 EUR). Nachdem die ÅI im Jahr 2006 schließlich wieder einen Gewinn erwirtschaften konnte, betrug dieser lediglich 557,43 EUR. Nach einer Schätzung von 2006 wurde für das Jahr 2007 ein Gewinn von nur 5 868,46 EUR erwartet (d. h. ein Gewinn, der nach Entscheidung über die letzten Maßnahmen zu erwarten war) (15).

b)

Außerdem hat es für die Kommission den Anschein, dass der Cashflow der ÅI zur Deckung der Kosten des Unternehmens zu gering war und diese Situation bereits seit dem Jahr 2000 bestand. Deshalb geht die Kommission davon aus, dass die Maßnahmen ausschließlich dafür geeignet waren, diesen negativen Cashflow auszugleichen (16).

(36)

Finnland hat dieser Auffassung widersprochen. Seine Stellungnahmen werden nachstehend getrennt für die Kapitalzuführungen und die Darlehensgarantien behandelt.

5.1.2.1.    Kapitalbeteiligungen

(37)

Vor allem widerspricht Finnland der Auffassung, dass die ÅI ein Liquiditätsproblem hatte. Trotz der begrenzten Geschäftstätigkeit des Unternehmens vor der Realisierung des iTiden-Projekts waren das operative Ergebnis und die Liquidität zufriedenstellend und blieben dies auch über den gesamten Zeitraum der Prüfung. Die Maßnahmen waren zur Deckung der Kosten seiner Tätigkeit nicht erforderlich. Sie erfüllten vielmehr den Zweck, eine Vergrößerung des Unternehmens zu finanzieren und sind daher als Investitionen anzusehen. Unter Berücksichtigung der Bedingungen für diese Beteiligungen waren sie nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers begründet und stellten keine staatliche Beihilfe dar.

(38)

Nach Aussage Finnlands wurde der größte Teil der Kapitalzuführungen zur Finanzierung des iTiden-Projekts eingesetzt, die restlichen für andere Vorhaben der ÅI (siehe Erwägungsgrund 17).

(39)

Im Folgenden wird die Würdigung durch die Kommission dargestellt.

(40)

Als Ausgangspunkt unterstreicht die Kommission, dass das von einem Anteilseigner in die Gesellschaft eingebrachte Kapital dem Grundsatz nach nicht für einen bestimmten Verwendungszweck vorgesehen ist, sondern zu einem untrennbaren Bestandteil des Eigenkapitals des Unternehmens wird. Daher ist es üblich, dass, wenn eine Anlage als Kapitalanlage angeboten wird, die Einhaltung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers im Verhältnis zu den allgemeinen Leistungsaussichten insgesamt bewertet wird. Dies schließt eine Bewertung der Gewinnerwartung für bestimmte geplante Anlagen nicht aus, wenn dafür entsprechende Nachweise zur Verfügung stehen — natürlich unter der Voraussetzung, dass diese Daten zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung vorliegen.

(41)

Im Hinblick auf das allgemeine wirtschaftliche Ergebnis der ÅI anerkennt die Kommission im Zusammenhang mit der Prüfung anhand der vorgelegten Nachweise, dass das operative Ergebnis des Unternehmens dessen Verluste stets gedeckt und seine Liquidität gesichert hat. Aufgrund der vorliegenden Belege kann nicht geschlussfolgert werden, dass die Kapitalzuführungen (bzw. garantierte Darlehen) zum Ausgleich der Verluste aus der Geschäftstätigkeit der ÅI verwendet worden wären.

(42)

Dennoch stellte die Regionalregierung der ÅI zusätzliches Kapital in erheblicher Höhe zur Verfügung, das zunächst fast keinen oder nur einen sehr geringen Gewinn in den Jahren 1997-2006 erbrachte. Deshalb besteht, wie Finnland selbst feststellt, eine wesentliche Frage im vorliegenden Fall darin, ob die Regionalregierung für ihr Kapital begründeterweise einen Gewinn erwarten konnte, der einem privaten Anleger ausgereicht hätte, um eine derartige Investition zu tätigen. Dies ist anhand des Kenntnisstands der Regionalregierung zum Zeitpunkt der Kapitalzuführungen zu bewerten.

(43)

Finnland gab an, dass der größte Teil der Kapitalzuführungen für die Finanzierung von Phase 1 und 2 des iTiden-Projekts eingesetzt wurde, während die restlichen Kapitalzuführungen für andere Ziele bestimmt waren. Aus Gründen der Klarheit werden nachstehend nur die Kapitalzuführungen behandelt, die zur Finanzierung des iTiden-Projekts dienten.

(44)

Nach Aussage Finnlands dienten sämtliche Kapitalzuführungen mit Ausnahme der Kapitalzuführungen C-I, C-II, C-III, C-VIII und C-IX fast ausschließlich der Finanzierung eines einzigen Projekts der ÅI, des „iTiden“-Projekts. Die erste Kapitalzuführung wurde somit im Jahr 2001 für die Finanzierung dieses Projekts eingesetzt (C-IV).

(45)

Zu den Umständen der Kapitalzuführungen durch die Regionalregierung und insbesondere zu dem zum Zeitpunkt der Entscheidungen erwarteten Gewinn hat Finnland folgende Angaben übermittelt.

(46)

Die Entscheidungen der Regionalregierung über die Kapitalzuführungen im Zusammenhang mit dem iTiden-Projekt basieren auf den Daten und Unterlagen, die in den inoffiziellen Beratungen zwischen Vertretern der Regionalregierung und der ÅI vorgelegt wurden. Nach Aussage Finnlands wurde bei diesen Beratungen nicht Protokoll geführt. Finnland hat der Kommission jedoch Material zu den vorliegenden Unterlagen bei den inoffiziellen Beratungen und bei Sitzungen des Vorstands der ÅI zur Verfügung gestellt, das kurze Darstellungen zum Hintergrund und zu den Grundzügen des iTiden-Projekts sowie zu Rentabilitätsrechnungen für Bauphase 1 und 2 enthält. Diese Belege geben der Kommission Aufschluss über die Gewinnerwartung der Regionalregierung zum Zeitpunkt der Kapitalzuführungen für das iTiden-Projekt.

(47)

Die ÅI berief für den 31. Januar 2002 ein inoffizielles Treffen mit der Regionalregierung ein, um deren Zustimmung zur Einleitung der Baumaßnahmen für das iTiden-Projekt im Jahr 2002 einzuholen (nach dem Grundstückserwerb im Jahr 2001). Bei dieser Beratung legte die ÅI eine Rentabilitätsberechnung vor, der zufolge das Vorhaben der ÅI eine jährliche Eigenkapitalrendite von 3 % einbringen würde.

(48)

Am 4. März 2003 fand eine weitere Beratung von ÅI und Regionalregierung zur Vorbereitung der für den 5. März 2003 einberufenen Gesellschafterversammlung statt, auf der der Beginn der Bauarbeiten der Phase 1 des iTiden-Projekts, die im Jahr 2002 nicht mehr realisiert worden war, beschlossen werden sollte. Dort wurde eine aktualisierte Rentabilitätsberechnung präsentiert, die die Einschätzung enthielt, dass mit Phase 1 nur ein Überschuss von 700 EUR, jedoch keine Eigenkapitalrendite für die ÅI erwirtschaftet würde.

(49)

Der Vorstand der ÅI kam am 2. Januar 2006 zusammen, um über den Beginn von Phase 2 des iTiden-Projekts und über einen Antrag auf Kapitalzuführung zur Finanzierung des Projekts zu beraten. Nach der hier vorgelegten Rentabilitätsberechnung würden die Kosten des Projekts durch eine Kapitalrendite von 3 % gedeckt. Diese Berechnung musste jedoch korrigiert werden, da die Gebäude den Bedürfnissen der Mieter angepasst werden mussten, was weitere Kosten verursachte. Aus diesem Grund wurde am 10. Januar 2006 eine korrigierte Berechnung als Grundlage für die Kapitalzuführung erstellt, die auf der Gesellschafterversammlung am 12. Juni 2006 beschlossen wurde (obwohl die Kapitalzuführung — C-XI — aus technischen Gründen erst am 15. Februar 2007 erfolgte). In der Berechnung wurde eine jährliche Kapitalrendite von 1 % für Phase 2 des iTiden-Projekts angenommen.

(50)

Finnland hat diese Unterlagen vorgelegt und dazu ausgeführt, dass diese exakt die gleichen Renditeerwartungen ausweisen, wie sie auch der Entscheidung der Provinzverwaltung über die Kapitalzuführungen für das iTiden-Projekt, also die Maßnahmen C-IV, C-V, C-VI, C-VII und C-X für Phase 1 und die Maßnahme C-XI für Phase 2, zugrunde lagen. Diese Rentabilitätsberechnungen basieren auf den erwarteten Gewinnen aus dem iTiden-Projekt (Mieten). Finnland gibt an, dass zusammen mit dem Gewinn aus den Anlagen der Regionalregierung auch eine mögliche Kapitalrendite zu berücksichtigen sei, die sich aus dem Wertzuwachs der Immobilie im Laufe der Zeit ergibt. Dazu hat Finnland jedoch keine konkreten Nachweise erbracht. Im Gegenteil — die fraglichen Aspekte wurden nicht in den Rentabilitätsberechnungen berücksichtigt, was darauf hindeutet, dass sie auch bei den Anlageentscheidungen keine Rolle spielten. Auf der Grundlage der vorliegenden Nachweise gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass ein privater Anleger angesichts der zu erwartenden Rendite eine solche Investition nicht getätigt hätte.

(51)

Ein Anleger, der in ein mit bestimmten Risiken behaftetes Vorhaben investiert (wie es der Bau von gewerblichen Immobilien darstellt), setzt eine Rendite voraus, die dem mit der Anlage verbundenen Risiko angemessen ist. Somit erwartet der Anleger eine „Risikoprämie“ über die bekannte, für einen alternativen risikofreien Eigentumsanteil zu erzielende „risikofreie Rendite“ hinaus. Einen gemeinsamen Vergleichswert für risikofreie Renditen stellen die kurzfristigen AAA-Schuldverschreibungen eines Staates dar. Für diese Bewertung wird die Rendite einer zweijährigen Schuldverschreibung des finnischen Staates herangezogen, da Finnland keine kurzfristigeren Anleihen ausgegeben hat. Sie erzielte im Jahr 2002 eine risikofreie Rendite in Höhe von 2,2-2,7 % und im Jahr 2006 in Höhe von 2,8-3,8 %.

(52)

Mit Blick auf die Kapitalrendite, die die Regionalregierung bei der Entscheidung über die Kapitalzuführungen im Zusammenhang mit dem iTiden-Projekt erwartete, stellt die Kommission fest, dass die Regionalregierung die gleiche oder sogar eine höhere Rendite hätte erzielen können, ohne auch nur ein einziges der mit derartigen Immobilienvorhaben verbundenen Risiken zu übernehmen. Auch bei der optimistischsten Interpretation hätte die sog. Risikoprämie (ein Gewinn über die risikofreie Rendite hinaus) bei den Kapitalzuführungen C-IV und C-V von 2001 bzw. 2002 höchstens 0,3 % ausgemacht. Bei den Kapitalzuführungen C-VI, C-VII und C-X, die später erfolgten, nachdem im Jahr 2003 Bauphase 1 des iTiden-Projekts beschlossen worden war (also am 4. März 2003 bei der inoffiziellen Beratung auf der Grundlage der dort vorgelegten Renditeerwartungen, siehe Erwägungsgrund 48), war die erwartete Rendite gleich Null. Das bedeutet, dass eine wesentlich bessere Rendite ohne Übernahme eines Risikos hätte erzielt werden können. Entsprechend betrug die Renditeerwartung bei der Kapitalzuführung C-XI für Phase 2 ein Prozent und war damit wesentlich schlechter als eine zu diesem Zeitpunkt zu erzielende risikofreie Rendite.

(53)

Ganz offensichtlich hätte sich kein privater Anleger mit einer negativen oder nur marginalen Risikoprämie zufriedengegeben, wie sie die Regionalregierung für die Kapitalzuführungen im Sinne der Erwägungsgründe 47-49 zu akzeptieren bereit war. Das ließe sich gegebenenfalls mit empirischen Daten zu den auf dem Immobilienmarkt von Åland zu erwartenden Renditen belegen.

(54)

Auf der Grundlage eines von den finnischen Behörden bei KPMG in Auftrag gegebenen Berichts vom 10. Juli 2007 (17), der der Kommission am 17. Juli 2007 übermittelt wurde, fordern private Anleger in Åland für Büroimmobilien eine Rendite in Höhe von 7 % (für Industrieimmobilien 8 %). Auch wenn dieser Bericht später erstellt wurde, als die Regionalregierung ihre Anlageentscheidungen, die Gegenstand dieser Beschlusses sind, bereits getroffen hatte, ist er für die Sache dennoch von Bedeutung, da er auf Erkenntnissen zu früheren Anlagen basiert und kein Grund zu der Annahme besteht, dass die Renditeforderung in den vorangegangenen Jahren wesentlich geringer war. Somit wären die Renditeerwartungen der ÅI für einen privaten Anleger in jedem Fall ausreichend gewesen.

(55)

Nach der Darstellung Finnlands seien die Anlagen trotz geringer bzw. nicht vorhandener Renditeerwartungen aus folgenden Gründen nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers erfolgt. Zum einen hatte die ÅI vor Beginn der Bauarbeiten potenzielle Mieter kontaktiert und war sich sicher, dass sie einen Vermietungsgrad von mindestens 80 % erreichen würde, und zum anderen erwiesen sich die Anlagen angesichts der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungen der ÅI (insbesondere das iTiden-Projekt) in den Jahren nach 2004 und der dabei möglicherweise zu erzielenden Kapitalrenditen als rentabel.

(56)

Ohne den wirtschaftlichen Erfolg der ÅI in den späteren Jahren weiter zu erörtern, sei nochmals festgestellt, dass hier nicht untersucht wird, ob die Ergebnisse des Unternehmens derzeit angemessen sind, sondern ob ein marktwirtschaftlich handelnder privater Anleger einem Unternehmen unter Berücksichtigung dessen, was damals bekannt war oder angenommen werden konnte, als die Regionalregierung beschloss, öffentliche Mittel zugunsten der ÅI einzusetzen (dies schließt bereits den angenommenen 80 %igen Vermietungsgrad ein), das gleiche Kapital zur Verfügung gestellt hätte. Aus den vorstehend dargelegten Gründen gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass ein privater Kapitalgeber nicht so gehandelt hätte.

(57)

Deshalb steht die Kommission auf dem Standpunkt, dass die Kapitalzuführungen C-IV, C-V, C-VI, C-VII, C-X und C-XI der ÅI einen Vorteil verschafft haben, den sie unter Marktbedingungen nicht erreicht hätte (18).

(58)

Im Folgenden erörtert die Kommission die übrigen Kapitalzuführungen, die von der Eröffnungsentscheidung betroffen sind und die nach Angaben Finnlands nicht mit dem iTiden-Projekt begründet werden.

(59)

Gemäß der zum Zeitpunkt dieser Kapitalbeteiligung geltenden Mitteilung der Kommission über „De-minimis“-Beihilfen (19) stellten die Beihilfen unter 100 000 ECU, die dem Unternehmen im Verlauf von drei Jahren gewährt wurden, keine staatlichen Beihilfen dar. Die fragliche Kapitalzuführung belief sich auf 84 094,39 EUR und lag damit deutlich unter dem Höchstbetrag für De-minimis-Beihilfen in Höhe von 100 000 ECU. Im Verlauf der drei Jahre wurden keine weiteren Maßnahmen zugunsten der ÅI durchgeführt (20). Demnach wäre die Kapitalbeteiligung von 1997 — ungeachtet der Umstände ihrer Realisierung — keinesfalls eine staatliche Beihilfe.

(60)

Finnland hat mitgeteilt, dass diese Maßnahmen für den Bau einer Industrieimmobilie in Norrböl und die Renovierung einer Immobilie in Mariehamn (C-II) sowie für den Erwerb einer Industrieimmobilie im Osten von Åland (C-III) gewährt wurden. Deshalb weisen sie keine eindeutige Verbindung zum iTiden-Projekt auf, das zu diesem Zeitpunkt noch keine klaren Formen angenommen hatte (was erst mit dem Kauf des Grundstücks im Jahr 2001 der Fall war).

(61)

Auch wenn der Gesamtgewinn der ÅI bescheiden war und im Zeitraum 1998-2007 sogar negativ ausfiel, konnte das Unternehmen im Jahr 2000 und in den beiden Jahren davor einen geringen Gewinn ausweisen. Die Verluste begannen mit dem Jahr 2001. Die Prüfung hat ergeben, dass das Unternehmen in der Lage war, seine Kosten zu decken, und dass es über eine angemessene Liquidität verfügte. Die Anlagen im Zusammenhang mit den beiden Kapitalzuführungen scheinen im richtigen Verhältnis zur Größe und dem „traditionellen“ Geschäftsmodell zu stehen, das die ÅI vor der Expansion im Zusammenhang mit dem iTiden-Projekt verfolgte. Deshalb besteht kein zwingender Grund zu der Annahme, dass ein privater Anleger nicht die gleichen Kapitalzuführungen getätigt hätte. Somit lässt sich die Gewährung eines Vorteils für die ÅI nicht eindeutig belegen.

(62)

Bis zum Jahr 2000 hatte die Geschäftstätigkeit der ÅI dem Betriebsergebnis nach einen geringen Umfang, verzeichnete jedoch schwarze Zahlen (zwischen 1997 und 2000 lag es zwischen 9 000 und 38 000 EUR). Die ÅI arbeitete seinerzeit nach einem Geschäftsplan. Das Unternehmen war als Eigentümer und Vermieter von Lager- und Bürogebäuden in verschiedenen Teilen von Åland tätig. Die Anzahl der Immobilien im Besitz der ÅI ist bis zum Jahr 2000 gleich geblieben, was auch das stabile Ergebnis des Unternehmens erklärt. Der Umsatz der ÅI lag in den Jahren 1997-2000 zwischen 95 000 und 101 000 EUR. Somit führte die ÅI trotz des relativ geringen Umsatzes eine rentable Geschäftstätigkeit.

(63)

Nach Aussage Finnlands wurden diese Kapitalzuführungen für den Erwerb einer Industrieimmobilie (C-VIII) und den Bau eines Flugzeughangars auf dem Flughafen Jomala außerhalb von Mariehamn (C-IX) aufgewendet.

(64)

Obwohl diese Maßnahmen nicht direkt durch das iTiden-Projekt begründet waren, wurden sie unter Umständen realisiert, die sich stark von den zuvor behandelten Maßnahmen C-II und C-III unterschieden. Die Kapitalzuführung C-VIII erfolgte im Jahr 2004 und C-IX im Jahr 2005. Zu dieser Zeit verzeichnete die ÅI seit dem Jahr 2001 Verluste. Entscheidend ist dabei auch, dass die Investitionen zu einem Zeitpunkt getätigt wurden, als die Regionalregierung seit 2001 bereits 2,25 Mio. EUR in die ÅI investiert hatte, obgleich bekannt war, dass die Investition aus der Sicht eines marktwirtschaftlich handelnden Investors keine annehmbare Rendite bringen würde.

(65)

Das ungenügende Ergebnis des iTiden-Projekts würde sich zwangsläufig negativ auf das Gesamtergebnis der ÅI auswirken. Das Eigenkapital des Unternehmens sollte anscheinend für keinen bestimmten Zweck eingesetzt werden, sondern wurde als ungeteiltes Ganzes behandelt und auf das Gesamtergebnis des Unternehmens angerechnet. Deshalb muss der Regionalregierung zum Zeitpunkt der Realisierung der Maßnahmen C-VIII und C-IX klar gewesen sein, dass eine weitere Erhöhung des Kapitals der ÅI in nächster Zukunft nicht zu einer ausreichenden Rendite führen würde. Ein marktwirtschaftlich handelnder Investor wäre zu diesen Kapitalbeteiligungen bereit, wenn die Anlagen eine marktübliche Rendite aus dem Gesamtergebnis des Unternehmens erbringen würden (eine Rendite, die die niedrigen Renditen der anderen Kapitalzuführungen ausgleichen würde), aber es deutete nichts darauf hin, dass dies zu erwarten gewesen wäre. Finnland hat insbesondere zu diesen Maßnahmen keine Auskünfte erteilt, die diese Einschätzung anders hätten ausfallen lassen. Die Kommission gelangt daher zu dem Schluss, dass ein privater Anleger unter diesen Umständen der ÅI kein weiteres Kapital gewährt hätte. Damit wurde der ÅI durch die Kapitalzuführungen C-VIII und C-IX ein Vorteil gewährt, den sie auf dem Markt nicht erhalten hätte.

5.1.2.2.    Darlehensgarantien

(66)

Bei der Bewertung der Frage, ob die Garantien möglicherweise eine staatliche Beihilfe beinhalten, stützt sich die Kommission auf die Festlegungen in ihrer Garantiemitteilung. In Abschnitt 3.2 der Garantiemitteilung sind die Voraussetzungen dargelegt, die für den Nachweis ausreichen, dass eine von einer Behörde geleistete Garantie keine staatliche Beihilfe darstellt. Diese Voraussetzungen sind jedoch bei den Garantien G-I, G-II und G-III nicht erfüllt (es reicht nicht festzustellen, dass diese Garantien 100 % des ausstehenden Kreditbetrags decken, siehe Abschnitt 3.2 Buchstabe c der Garantiemitteilung).

(67)

Die Kommission stellt fest, dass die wirtschaftliche Situation der ÅI zum Zeitpunkt der Garantieleistung so stabil war, dass nicht ausgeschlossen werden konnte, dass das Unternehmen auf dem Markt Darlehen ohne Garantien erhalten hätte. Hier handelte es sich nicht um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (21). Die zur Verfügung stehenden Unterlagen lassen nicht darauf schließen, dass die ÅI staatliche Hilfe benötigt hätte. In den Jahren vor den Kapitalbeteiligungen, d. h. vor dem iTiden-Projekt, war die wirtschaftliche Effizienz der ÅI stabil und ihre Geschäftstätigkeit moderat erfolgreich. Die umfangreichen Kapitalzuführungen seitens der Behörden im Jahr 2001 dienten nicht die Rettung des Unternehmens, sondern der Finanzierung seiner Expansion. Wäre die Hilfe in Form der Kapitalzuführungen nicht erfolgt, hätte das nicht den Konkurs der ÅI bedeutet. Sie hätte als kleineres Unternehmen fortbestanden, das dennoch in der Lage gewesen wäre, sich Kapital auf dem Markt zu beschaffen. Deshalb kann die Kommission nicht davon ausgehen, dass die ÅI keine Darlehen ohne Garantien auf dem Markt erhalten hätte. Vielmehr geht es darum, ob die Garantien der ÅI einen Vorteil in Form von niedrigeren Darlehenskosten verschafft haben, verglichen mit den Kosten, die sie unter Marktbedingungen ohne Garantien hätte bezahlen müssen.

(68)

Als nächstes ist die Frage zu erörtern, ob die Garantien durch eine angemessene Prämie vergütet wurden, die dem Entgelt vergleichbar wäre, das ein privater Garantiegeber erhoben hätte. Die Kommission hat in dem zu prüfenden Fall keine privaten Garantien festgestellt, die einen einfachen Vergleich ermöglichen würden. Deshalb vergleicht sie die Gesamtkosten des gewährten Darlehens einschließlich der Darlehenszinsen und der Garantieprämie mit dem marktüblichen Entgelt für ein vergleichbares nicht garantiertes Darlehen (22).

(69)

Die Geschäftsbank […] (23) gewährte der ÅI am 9. Oktober 2003 ein Darlehen in Höhe von […] EUR mit […] als Sicherheit. Dafür wurde ein jährlicher Zinssatz von […] % bis zum 15. Januar 2007 (24) festgesetzt.

(70)

Auch wenn dieses Darlehen in die gleiche Zeit wie die Garantie G-I fällt, hält die Kommission es nicht als Vergleichsmaßstab in Bezug auf die Kosten der fraglichen Maßnahme für geeignet. Die ÅI erhielt zwischen Juni 2000 und März 2003 fünf Kapitalzuführungen mit einem Gesamtumfang von 2 208 595,01 EUR. Eine staatliche Beihilfe in dieser Höhe musste sich zwangsläufig auf die Risikobewertung durch […] vor der Gewährung des Darlehens auswirken, wobei günstigere Darlehensbedingungen einschließlich der Kosten festgelegt wurden als für das Unternehmen auf dem Markt gegolten hätten, wenn die Kapitalzuführungen nicht staatlich gestützt worden wären. Somit kann die Kommission nicht davon ausgehen, dass der Zinssatz für den 2003 gewährten, nicht garantierten Kredit (bzw. auch für spätere Darlehen) exakt die Kreditbedingungen für die ÅI widerspiegelt, als das Unternehmen noch keine staatlichen Beihilfen erhielt, und als glaubwürdiger und zuverlässiger Vergleichsmaßstab für die Darlehenskosten im Falle einer von der Regionalregierung geleisteten Garantie dienen kann.

(71)

Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass angesichts des Fehlens eines zuverlässigen Nachweises für vergleichbare Darlehen unter Marktbedingungen ihre Mitteilung über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (25) (im Folgenden „Referenzzinsmitteilung“) Vergleichsparameter für die Bewertung der Frage bietet, ob die Maßnahmen G-I, G-II und G-III unter Marktbedingungen durchgeführt wurden. Die Referenzzinsmitteilung gibt eine Größe für den Marktzins und zur Berechnung der Beihilfeelemente von Beihilfemaßnahmen vor. Der Referenzzinssatz basiert dieser Mitteilung zufolge auf zwei Faktoren: auf dem Basissatz (in diesem Fall der 12-Monats-EURIBOR-Satz) und der diesem hinzugerechneten Marge. Der angewendete Zuschlag hängt von zwei Faktoren ab: von der Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers und den für das Darlehen geleisteten Sicherheiten. In der Mitteilung werden fünf Kategorien der Kreditwürdigkeit — sehr gut (AAA-A), gut (BBB), zufriedenstellend (BB), schwach (B) und schlecht/finanzielle Schwierigkeiten (CCC und darunter)) — und drei Ratings der Besicherung (hoch, normal und gering) für jede Kategorie der Kreditwürdigkeit unterschieden.

(72)

Finnland übermittelte der Kommission am 18. Juni 2010 einen Bericht des Consultingbüros […], in dem für die ÅI eine im Dezember jedes Jahres festgelegte Ratingkategorie angegeben ist. Die Ratingkategorie wurde rückwirkend auf der Grundlage der verfügbaren Zahlen zum Ende des Geschäftsjahrs vergeben (d. h., die im Dezember 2002 vergebene Ratingkategorie wird rückwirkend auf die Situation des Unternehmens im gesamten Jahr 2002 angewendet). […] stellte in ihrem Bericht die gesamtwirtschaftliche Lage der ÅI und ihre Entwicklung unter Einbeziehung folgender Bewertungsbereiche dar: Wachstum, Rentabilität, Cashflow, Liquidität, Solvabilität und Verschuldung. Der Ratingmaßstab umfasst fünf Ratingkategorien sehr gut (A+ und A), gut (A– und B+), zufriedenstellend (B und B–), genügend (adequate) (C+ und C) und schwach (C– und D), was einen direkten Vergleich mit den Ratingkategorien in der Referenzzinsmitteilung ermöglicht.

(73)

[…] stufte die ÅI im Dezember 2002, 2003 und 2004 mit C+, C+ und C ein, was dem Unternehmen ein Genügend attestiert. Dies entspricht in der Referenzzinsmitteilung der Ratingkategorie „Schwach“. Bei einem nach der Referenzzinsmitteilung in der Ratingkategorie „Schwach“ eingestuften Unternehmen muss dem Basissatz in Abhängigkeit von den vorhandenen Sicherheiten eine Marge von 220 Basispunkten (hohe Besicherung) bis 650 Basispunkten (geringe Besicherung) zugerechnet werden. Im Dezember 2005 vergab […] für die ÅI die Kategorie B– (Zufriedenstellend), was in der Referenzzinsmitteilung der Ratingkategorie „Zufriedenstellend“ entspricht.

(74)

Finnland übermittelte am 27. Juni 2011 weitere Informationen zu den Ratingkategorien und Kreditsicherheiten. Die Ratings hatte […] vergeben, die der ÅI einen nicht garantierten Kredit und zwei Darlehen gewährt hatte, für die die Regionalregierung bürgte. […] verwendet in ihrem Rating ein Buchstabensystem für die Jahre 2000-2003, ergänzt durch eine verbale Einschätzung. Dieser Maßstab lässt sich problemlos mit den Ratingkategorien in der Referenzzinsmitteilung vergleichen. Ab 2005 erfolgte das Rating durch […], ein Consulting-Unternehmen, das […] vergleichbar ist. In den Jahren 2003 und 2004 stufte […] die ÅI mit B– (zufriedenstellend) und A (zufriedenstellend) ein, was wiederum der Kategorie „Zufriedenstellend“ in der Referenzzinsmitteilung entspricht. Damit hat […] die ÅI 2003 und 2004 eine Kategorie höher eingestuft als […]. Im Jahr 2005 vergab […] an die ÅI die Kategorie A (zufriedenstellend), was der Referenzzinsmitteilung zufolge einem zufriedenstellenden Rating entspricht. Damit wurde die ÅI in der gleichen Kategorie platziert wie von […].

(75)

Die Kommission ist der Ansicht, dass bei der Bewertung der Frage, ob die Garantien G-I, G-II und G-III unter Marktbedingungen geleistet wurden, die Ratingkategorien der […] herangezogen werden sollten. Die ÅI hatte bereits fünf Kapitalzuführungen in Höhe von insgesamt 2 208 595,01 EUR erhalten, bevor die erste Garantie G-I im Oktober 2003 geleistet wurde, und die Einstufung des Unternehmens wurde ganz offensichtlich durch diese erhebliche staatliche Beihilfe beeinflusst. Deshalb hält es die Kommission für angemessen, das konservativere Rating der […] anzuwenden. Das betrifft die Jahre 2003 und 2004, denn für diese beiden Jahre hatte […] die ÅI eine Kategorie niedriger eingestuft als […]. Dabei sollte auch bedacht werden, dass […] der ÅI die durch die Regionalregierung garantierten Darlehen zu einem Zeitpunkt gewährte, als sie auch die Ratingkategorien für die ÅI festlegte, was die Bewertung beeinflussen konnte. Da […] nicht an den Finanzaktionen beteiligt war, hat sie sich bei ihrer Einschätzung vermutlich weitaus weniger von den Aspekten im Zusammenhang mit der staatlichen Beihilfe leiten lassen.

(76)

Somit geht die Kommission bei Anwendung der Referenzzinsmitteilung von den folgenden Ratingkategorien für die ÅI aus: Schwach (B) in den Jahren 2003 und 2004 sowie Zufriedenstellend (BB) im Jahr 2005.

(77)

Als Sicherheit hat die ÅI eine Hypothek in Höhe des Nennwerts der Garantie auf die Immobilie für das iTiden-Projekt aufgenommen. Finnland hat keine Informationen zu Verlusten bei Konkurs im Sinne der Referenzzinsmitteilung bereitgestellt, die für die Bewertung der Besicherung und der Darlehensmargen hilfreich wären. Deshalb erbat die Kommission Angaben zur Rangfolge der Hypotheken und zum Wert der mit Hypotheken belasteten Immobilie zum Zeitpunkt der Garantieleistung. Finnland verfügt nicht über Schätzungen zum Wert der Immobilie zum Zeitpunkt der Garantieleistung, teilte jedoch mit, dass die Immobilie nach Fertigstellung des iTiden-Projekts eine Wertsteigerung erfahren habe. Nach Angaben Finnlands hatte die Immobilie im Jahr 2010 einen Wert von […] EUR.

(78)

Zur Rangfolge der Sicherheiten stellt die Kommission fest, dass in Bezug auf die Garantien G-I und G-II die Regionalregierung bei den auf die Immobilie aufgenommenen Hypotheken an erster Stelle steht. Die Kommission führt dazu aus, dass die Geschäftsbanken der ÅI nicht garantierte Kredite gewährt und als Sicherheiten Hypotheken auf die dieselbe Immobilie mit einem geringeren Vorrecht (und damit einer geringeren Sicherheit) als im Falle der von der Regionalregierung geleisteten Sicherheiten akzeptiert haben. Deshalb und weil andere Nachweise fehlen, geht die Kommission von einer normalen Besicherung der Garantien im Sinne der Garantiemitteilung aus.

(79)

Aufgrund der vorstehenden Aussagen wird der Referenzsatz gesondert für jede Garantieleistung der Provinzverwaltung erörtert.

(80)

Die Kommission stellt fest, dass sich die Prämien bei den der ÅI gewährten Garantien aus zwei Teilen zusammensetzen: i) eine wiederholte Prämie, die jährlich zu zahlen ist und als prozentualer Anteil an dem ausstehenden Darlehensbetrag ausgedrückt wird, sowie ii) eine einmalige Prämie, die ebenfalls einen prozentualen Anteil des Darlehensbetrags ausmacht, aber nur einmal bei der Stellung der Sicherheit zu leisten ist. In die nachstehenden Bewertungen zu den Kosten der garantierten Darlehen ist mindestens die wiederholte jährliche Prämie eingegangen. Nach Abschnitt 4.2 der Garantiemitteilung ist das Beihilfeelement als Differenz zwischen dem marktüblichen Zinssatz (in diesem Fall der Referenzsatz) und dem tatsächlich gezahlten Entgelt zu berechnen. Das von der ÅI tatsächlich gezahlte Entgelt schließt die jährlich zu leistende Zahlung und die einmalige Zahlung ein. Aus praktischen Gründen wird die einmalige Prämie unter Nummer 8.2 zum Thema Rückforderung behandelt, da es einfacher ist, den Betrag einer Einmalzahlung vom Betrag der zurückzufordernden Beihilfen abzuziehen. In jedem Fall bleibt die Schlussfolgerung über das Vorliegen von Beihilfen bestehen, auch wenn die Einmalzahlungen den Gesamtkosten für die garantierten Darlehen hinzugerechnet werden. Die einmalige Zahlung wirkt sich nur auf die Höhe der der ÅI gewährten Beihilfen aus.

(81)

Die Regionalregierung gewährte am 9. Oktober 2003 die Garantie G-I zur Deckung des Darlehens der […] für die ÅI in Höhe von […] EUR (Darlehensnummer […]). Für die Forderungen als Grundlage der Garantien stellte eine Hypothek auf die Immobilie der ÅI die entsprechende Sicherheit dar. Es wurde ein Zinssatz von […] % bis zum 15. Januar 2007 festgesetzt (26). Die Garantieprämie betrug […] % der Darlehenssumme pro Jahr (27). Damit beliefen sich die Gesamtkosten für das garantierte Darlehen zum Zeitpunkt seiner Gewährung auf […] % jährlich, was mit dem für die Garantie berechneten Referenzsatz verglichen werden müsste, der auf dem Basissatz und der Einstufung der ÅI sowie der Marge aufgrund der Besicherung basiert. Der Basissatz (12-Monats-EURIBOR-Zinssatz) lag am 9. Oktober 2003 bei 2,235 %. Zu diesem Zeitpunkt war die ÅI entsprechend der Referenzzinsmitteilung mit „Schwach“ eingestuft. Wie bereits erwähnt, geht die Kommission von einer normalen Besicherung des Darlehens aus, was bedeutet, dass zum Basissatz eine Marge von 400 Basispunkten hinzuzurechnen ist. Somit liegt der Referenzsatz für dieses Darlehen bei 6,235 % und ist damit höher als die Gesamtkosten für die Garantie G-I in Höhe von jährlich […] %.

(82)

Darüber hinaus senkte die Regionalregierung am 6. September 2004 die Garantieprämie für die Garantie G-I auf […] %. Damit beliefen sich die Gesamtkosten für das garantierte Darlehen auf […] %, das heißt, auf […] Basispunkte weniger als der Referenzsatz, was für die ÅI einen entsprechenden Vorteil bedeuten würde.

(83)

Am 2. November 2004 nahm die ÅI bei […] ein Darlehen in Höhe von […] EUR auf (Darlehensnummer […]). Die Regionalregierung gewährte für dieses Darlehen eine Garantie, die mit einer Hypothek auf die Immobilie besichert wurde. Als Zinssatz wurde […], erhöht um […] Basispunkte, festgelegt, und die jährliche Garantieprämie wurde mit […] % der Darlehenssumme festgesetzt, wodurch sich die Gesamtkosten für dieses garantierte Darlehen auf […] % jährlich (28) belaufen.

(84)

Der Referenzsatz für die Garantie G-II ist auf der Grundlage des 12-Monats-EURIBOR-Zinssatzes zu berechnen, der am 2. November 2004 2,314 % betrug. Zu diesem Zeitpunkt war die Kreditwürdigkeit der ÅI nach der Referenzzinsmitteilung mit „Schwach“ eingestuft. Eine normale Besicherung vorausgesetzt, ergibt sich für dieses Darlehen ein Referenzsatz von 6,314 % pro Jahr, der damit über den Gesamtkosten der Garantie G-II in Höhe von […] % jährlich liegt. Ein Vergleich der Kosten für dieses neue Darlehen mit dem Referenzsatz zeigt, dass die Gesamtkosten für das durch die Garantie G-II gedeckte Darlehen mindestens um […] Basispunkte unter dem Referenzsatz liegen, was einen wirtschaftlichen Vorteil für die ÅI bedeutet. Nach Kenntnis der Kommission wurde der Zinssatz für dieses garantierte Darlehen nach Gewährung des Darlehens nicht geändert.

(85)

Die Regionalregierung gewährte der ÅI am 13. Dezember 2005 eine weitere Garantie. Mit dieser Garantie sollte ein „Referenzdarlehen“ gedeckt werden, d. h. ein Darlehen, das ursprünglich am 9. Oktober 2003 ohne Garantien gewährt worden war und dessen Bedingungen damit geändert wurden. Zu dieser Zeit betrug der jährliche Zinssatz […] %. Die Garantieprämie wurde auf […] % der Darlehenssumme festgesetzt, wodurch sich die Gesamtkosten auf […] % jährlich belaufen (29). (Die ab diesem Datum geltenden Bedingungen entsprechen den vorstehend beschriebenen, wie sie für das durch die Garantie G-I gedeckte Darlehen galten, einschließlich des inzwischen geänderten Zinssatzes.)

(86)

Der Referenzsatz für die Garantie G-III ist auf der Grundlage des 12-Monats-EURIBOR-Zinssatzes zu berechnen, der am 13. Dezember 2005 2,769 % betrug. Zu dieser Zeit war die Kreditwürdigkeit der ÅI nach der Referenzzinsmitteilung mit „Befriedigend“ eingestuft. Eine normale Besicherung vorausgesetzt, ergibt sich für dieses Darlehen ein Referenzsatz von jährlich 4,969 %. Er liegt damit über den Gesamtkosten der Garantie G-III in Höhe von […] % jährlich. Damit verschaffte die Regionalregierung der ÅI einen wirtschaftlichen Vorteil von mindestens […] % jährlich.

5.2.   VERFÄLSCHUNG DES WETTBEWERBS UND BEEINTRÄCHTIGUNG DES HANDELS

(87)

Den Ausführungen Finnlands zufolge beeinträchtigen die fraglichen Maßnahmen nicht den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und stellen deshalb keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar. Zur Untermauerung dieses Standpunkts führt Finnland an, dass die ÅI nur eines von vielen auf dem Immobilienmarkt tätigen Unternehmen und zudem nicht das größte seiner Art ist. Deshalb gebe es keinen Beleg dafür, dass die Maßnahmen, sofern sie als staatliche Beihilfen angesehen werden, die Stellung der ÅI zum Nachteil ihrer Wettbewerber stärken würden.

(88)

Die Kommission kann diese Behauptung nicht akzeptieren. Der ÅI wurde ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt, den ihre Wettbewerber nicht erzielt haben (nach Aussage Finnlands gibt es auf dem Immobilienmarkt von Åland zahlreiche andere Wettbewerber), das heißt, die ÅI konnte umfassende Investitionen tätigen und ihre Geschäftstätigkeit zu wirtschaftlichen Bedingungen erweitern, die günstiger als die ihrer Wettbewerber waren. Die Wettbewerber hätten sich ohne die der ÅI gewährten Vorteile entscheiden können, entsprechende Investitionen zu tätigen. Es bedarf keines Nachweises, dass diese Maßnahmen es der ÅI ermöglicht hätten, Marktanteile von bestimmten Wettbewerbern zu übernehmen.

(89)

Gleichermaßen kann der der ÅI gewährte Vorteil den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Åland ist ein kleiner, in den Schären gelegener Markt und nur auf dem See- oder Luftweg erreichbar. Nach dem Vertrag über den Beitritt Finnlands zur Europäischen Union gelten hier besondere Beschränkungen hinsichtlich des Niederlassungsrechts. Dennoch ist ausländischen Unternehmen eine Geschäftstätigkeit auf Åland nicht untersagt, und sie werden mit Sicherheit nicht daran gehindert, Investitionen auf dem örtlichen Immobilienmarkt zu tätigen. Ferner verweist die Kommission darauf, dass Finnland der Feststellung in der Eröffnungsentscheidung, dass in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Unternehmen früher Immobilien in Åland erworben haben, nicht widersprochen hat. Somit könnten die der ÅI durch diese Maßnahmen gewährten Vorteile zumindest den Handel zwischen den Mitgliedstaaten durch die unangemessene Stärkung der Stellung der ÅI gegenüber potenziellen ausländischen Wettbewerbern und Investoren beeinträchtigen.

5.3.   SCHLUSSFOLGERUNG ZUR EINSTUFUNG DER STREITIGEN MASSNAHME

(90)

Aus den vorstehend genannten Gründen gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass sämtliche Kapitalzuführungen (ausgenommen die Kapitalzuführungen C-I, C-II und C-III) und die Darlehensgarantien G-I, G-II und G-III staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 AEUV darstellen.

6.   RECHTMÄßIGKEIT DER BEIHILFEN

(91)

Nach Auffassung Finnlands sind, sollte es sich bei den Kapitalbeteiligungen und Garantien um staatliche Beihilfen handeln, beide Maßnahmen rechtmäßig, da sie Bestandteil von Beihilferegelungen sind, die bereits vor dem Beitritt Finnlands zur Europäischen Union eingeleitet und vor dem Beitritt ordnungsgemäß gegenüber der EFTA-Überwachungsbehörde mit den Aktenzeichen 93-074 (Kapitalzuführungen) und 93-079 (Garantien) notifiziert wurden.

(92)

Dies ist anhand der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 zu überprüfen. Nach Artikel 1 Buchstabe d bezeichnet „Beihilferegelung“ eine Regelung oder einen Beschluss, wonach Unternehmen, die in der Regelung in einer allgemeinen und abstrakten Weise definiert werden, ohne nähere Durchführungsmaßnahmen Einzelbeihilfen gewährt werden können, beziehungsweise eine Regelung, wonach einem oder mehreren Unternehmen nicht an ein bestimmtes Vorhaben gebundene Beihilfen für unbestimmte Zeit und/oder in unbestimmter Höhe gewährt werden können. Gemäß Artikel 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 bezeichnet der Ausdruck „bestehende Beihilfen“„i) unbeschadet der Artikel 144 und 172 der Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens … Beihilfen, die vor Inkrafttreten des Vertrags in dem entsprechenden Mitgliedstaat bestanden, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die vor Inkrafttreten des Vertrags eingeführt worden sind und auch nach dessen Inkrafttreten noch anwendbar sind“.

(93)

Finnland ist der Europäischen Gemeinschaft am 1. Januar 1995 beigetreten. Darüber hinaus werden gemäß Artikel 172 Absatz 5 des Vertrags über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens „… von den neuen Mitgliedstaaten 1994 gewährte staatliche Beihilfen, die entgegen dem EWR-Abkommen oder auf dessen Grundlage getroffener Vereinbarungen entweder bei der EFTA-Überwachungsbehörde nicht notifiziert wurden oder zwar notifiziert, aber vor einer Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde gewährt wurden, folglich nicht als bestehende staatliche Beihilfen gemäß Artikel 93 Absatz 1 des EG-Vertrags angesehen …“.

(94)

Auch gemäß Artikel 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 bezeichnen „neue Beihilfen“ alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen (30).

(95)

Nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (31) bezeichnet „die Änderung einer bestehenden Beihilfe“ jede Änderung, außer einer Änderung rein formaler oder verwaltungstechnischer Art, die keinen Einfluss auf die Würdigung der Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahme mit dem Gemeinsamen Markt haben kann. Eine Erhöhung der Ausgangsmittel für eine bestehende Beihilfe bis zu 20 % wird jedoch nicht als Änderung einer bestehenden Beihilfe angesehen.

(96)

Demzufolge ist eine Maßnahme, die eine staatliche Beihilferegelung darstellt, eine bestehende Beihilfe, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: Die Beihilferegelung wurde vor dem Inkrafttreten des EG-Vertrags eingeleitet, und ihr Inhalt wurde zu keinem späteren Zeitpunkt wesentlich geändert.

(97)

Die Kommission behandelt den Standpunkt Finnlands zur Rechtmäßigkeit der Beihilfe getrennt für beide Beihilferegelungen.

6.1.   GARANTIESYSTEM (93-079)

(98)

Zunächst prüft die Kommission, ob die fraglichen Maßnahmen Beihilfereglungen im Sinne von Artikel 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 sind.

(99)

Die nationale Grundlage der Garantieregelungen bildet das im Jahr 1966 erlassene Regionalgesetz von Åland (ÅFS) 1966:14 über Landesgarantien für die Industrie und andere Wirtschaftsbereiche (32). Dieses Gesetz wurde durch die Regionalgesetze 1979:84, 1982:37, 1988:53, 1992:9, 1994:29, 1996:56 und 2002:23 geändert. Als Finnland der Union beitrat, war im Regionalgesetz von 1966 zu den Haushalten und zum Finanzrahmen festgelegt, dass die Summe der nicht abgezahlten Garantien und Darlehen (33) zu keinem Zeitpunkt 20 000 000 FIM überschreiten darf. Andererseits gab es für die Anwendung einer Maßnahme keine zeitliche Begrenzung.

(100)

Aufgrund der vorstehenden Aussagen und des nationalen Gesetzes kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Maßnahmen der Definition für eine Beihilferegelung entsprechen, da ein Gesetz vorzuliegen scheint, nach dem Beihilfen, die nicht an ein bestimmtes Vorhaben gebunden sind, auf unbestimmte Zeit an ein oder mehrere Unternehmen vergeben werden können. Die angenommene Beihilferegelung wurde am 1. September 1982 eingeleitet, also lange vor dem 1. Januar 1994, und die EFTA-Überwachungsbehörde wurde davon in Kenntnis gesetzt. Damit scheint die erste Voraussetzung für die bestehende Beihilfe erfüllt, denn die ursprüngliche Beihilferegelung wurde eingeleitet, bevor der EG-Vertrag in Finnland in Kraft trat, sogar vor dem 1. Januar 1994, weshalb Absatz 5 von Artikel 172 des Vertrags über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens in dieser Frage nicht angewendet werden kann.

(101)

Die Kommission hat jedoch auch zu bewerten, ob der Inhalt der Maßnahmen nach dem 1. Januar 1994 geändert wurde.

(102)

Die regionalen Behörden haben die Garantieregelung vor Gewährung der ersten Garantie am 14. August 2003 nach dem 1. Januar 1994 mindestens dreimal geändert (durch die Landesgesetze 1994:29, 1996:56 und 2002:23). Damit hat sich das Budget dieser Regelung deutlich erhöht (d. h. das Gesamtvolumen künftiger Garantien ist gestiegen). Da es um die Gewährung von Darlehensgarantien geht, ist zu bewerten, ob die vor den hier zu behandelnden Maßnahmen vorgenommenen Änderungen im Budget der Beihilferegelung als wesentlich anzusehen sind und ob diese Änderungen von der geltenden Regelung getrennt werden können.

(103)

Wie vorstehend dargestellt, gilt nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 eine über 20 %ige Erhöhung der Ausgangsmittel für eine Beihilferegelung als Änderung einer bestehenden Beihilfe. Bei zwei der vorgenannten Änderungen (34) wurden die ursprünglichen Ausgangsmittel der Regelung um 50 % bzw. 150 % erhöht. Durch diese Aufstockung wurde der Inhalt der Beihilferegelung wesentlich geändert, wovon die Kommission nicht in Kenntnis gesetzt wurde.

(104)

Die Auswirkungen dieser wesentlichen Änderungen sind von der mutmaßlichen Beihilferegelung nicht zu trennen, weshalb die gesamte Beihilferegelung als neue Beihilfe anzusehen ist. Die ursprüngliche Beihilferegelung war zumindest in Bezug auf den Gesamtumfang der zu einem bestimmten Zeitpunkt erhältlichen Garantien begrenzt. Die in dieser Form vorgenommene erhebliche Aufstockung der Ausgangsmittel der Beihilferegelung ist, auch wenn die Regelung ansonsten nicht geändert wurde, ein zentraler Aspekt der geltenden Bestimmungen.

(105)

Die Kommission merkt ferner an, dass aus den von Finnland übermittelten Unterlagen zu den Garantien nicht eindeutig hervorgeht, dass die mutmaßliche Garantieregelung die Rechtsgrundlage für die Garantien darstellt.

(106)

Somit sind die Garantien im Geltungsbereich dieses Beschlusses als neue Beihilfen anzusehen. Da die Beihilfe gewährt wurde, ohne dass die Kommission vorher die Genehmigung erteilt hätte, wie es Artikel 108 AEUV vorsieht, ist sie rechtswidrig.

6.2.   SYSTEM DER ANTEILSZEICHNUNGEN (93-074)

(107)

Die nationalen Rechtsvorschriften hinsichtlich dieser mutmaßlichen Beihilferegelung wurden bei der EFTA-Überwachungsbehörde als Beihilfen zu Anteilszeichnungen notifiziert. In den damals übermittelten Unterlagen wurde als nationale Rechtsgrundlage der Jahreshaushalt von Åland ausgewiesen. Finnland gab die maximale Beihilfeintensität für ein einzelnes Projekt in der betreffenden Rubrik mit 30 % an. Außerdem hat Finnland in der Rubrik Haushalt und Ausgaben die Haushalte für die Jahre 1992-1994 vorgelegt, die Rubrik zum geschätzten Gesamtbudget für den gesamten Planungszeitraum der Beihilferegelung aber nicht ausgefüllt.

(108)

Im Verlauf der Prüfung hat Finnland mitgeteilt, dass das im Jahr 1991 erlassene Gesetz über die Selbstverwaltung von Åland 1144/1991 die formelle Rechtsgrundlage für die mutmaßliche Beihilferegelung bildet. Die Behörden Ålands sind gemäß § 18 und § 22 dieses Gesetzes befugt, diverse Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftslebens Ålands zu genehmigen. Solche Maßnahmen wie etwa Darlehen, Kapitalbeteiligungen, Garantien sind im allgemeinen Jahreshaushalt der Regionalregierung als Haushaltslinien enthalten.

(109)

Die Kommission trifft folgende Feststellungen:

(110)

Ungeachtet dessen, dass nach Auffassung Finnlands die Regionalbehörden kraft der ihnen durch das Selbstverwaltungsgesetz verliehenen allgemeinen Autorität befugt sind, derartige Kapitalbeteiligungen in „Beihilferegelungen“ umzuwandeln, muss die Kommission prüfen, ob die Bestimmungen des einschlägigen nationalen Gesetzes mit der Definition von „Beihilferegelung“ in Artikel 1 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 übereinstimmen. Hier scheint die Rechtsgrundlage (§§ 18 und 22 des Gesetzes 1144/1991) aus Bestimmungen zu bestehen, die die Aufteilung der Zuständigkeiten und Befugnisse innerhalb des finnischen Rechtssystems betreffen und die die Voraussetzungen für das Auflegen einer Beihilferegelung (der Begriffsbestimmung zufolge „eine Regelung …, wonach ohne nähere Durchführungsmaßnahmen Einzelbeihilfen gewährt werden können“) nicht erfüllen. Die Überlassung von Kapital an einen einzelnen Beihilfeempfänger würde zunächst eine Mittelzuweisung im Jahreshaushalt der Regionalregierung (über den das Parlament von Åland nach seinem Ermessen beschließt) und anschließend die Umsetzung der Beschlüsse der Regionalregierung voraussetzen. Allem Anschein nach handelt es sich bei den Kapitalbeteiligungen im Rahmen dieser Zuständigkeit eher um eine Reihe von Einzelentscheidungen als um eine Beihilferegelung.

(111)

Die Kommission verweist nachdrücklich darauf, dass die mutmaßliche Beihilferegelung nur die Jahre 1992-1994 betrifft, da in der Rubrik Haushalt und Ausgaben keine anderen Angaben aufgeführt sind, obgleich als Rechtsgrundlage der Jahreshaushalt von Åland angegeben ist.

(112)

Abschließend bezieht sich die Kommission auf die von Finnland angegebene maximale Beihilfeintensität für ein einzelnes Vorhaben in Höhe von 30 %. Dies sei nur so zu verstehen, dass die Kapitalbeteiligungen im Rahmen der mutmaßlichen Beihilferegelung zusammen mit umfangreichen privaten Anteilen (mindestens 70 %) für Vorhaben verwendet werden sollten, deren Zweck darin bestand, die Ziele der mutmaßlichen Beihilferegelung zu fördern. Als solche Ziele wurden die Bereiche Tourismus, Industrie, FuE genannt. Die in diesem Beschluss behandelten Kapitalzuführungen erfüllen nicht diese formelle Voraussetzung und fallen deshalb nicht unter die bei der EFTA-Überwachungsbehörde notifizierten nationalen Rechtsvorschriften, unabhängig davon, ob diese Maßnahmen die eigentliche Beihilferegelung darstellen und — selbst wenn dies der Fall wäre —, ob sie nach 1994 durchgeführt wurden.

(113)

Demzufolge stellt die der ÅI in Form von Kapitalzuführungen gewährte staatliche Beihilfe eine neue Beihilfe dar. Da die Beihilfe gewährt wurde, ohne dass die Kommission vorher die Genehmigung erteilt hätte, wie es Artikel 108 AEUV vorsieht, ist sie rechtswidrig.

6.3.   ANMERKUNG ZU DEN JÜNGSTEN ENTSCHEIDUNGEN DES OBERSTEN VERWALTUNGSGERICHTS FINNLANDS

(114)

Es ist zu berücksichtigen, dass zwei der ÅI von der Regionalregierung gewährte Beihilfemaßnahmen vor kurzem von einem finnischen Gericht aufgehoben wurden. Die fraglichen Maßnahmen sind i) die Kapitalerhöhung C-XI von 2007 (siehe Erwägungsgrund 16) und ii) die im Jahr 2006 gewährte Darlehensgarantie, die niemals umgesetzt wurde. Das Oberste Verwaltungsgericht urteilte am 6. April 2011 über die Frage, ob die Beschlüsse der Regionalregierung mit den Verwaltungsvorschriften im Einklang stehen. Gleichzeitig prüfte das Oberste Verwaltungsgericht, ob hinreichend nachgewiesen ist, dass es sich bei den Maßnahmen um staatliche Beihilfen handelt. In diesem Fall hätten die Regionalbehörden die Kommission vor Umsetzung der Maßnahmen unterrichten müssen. Das Oberste Verwaltungsgericht war der Auffassung, dass grundsätzlich alle Kriterien für staatliche Beihilfen erfüllt waren. Das Gericht analysierte den Standpunkt Finnlands, wonach diese Maßnahmen — sofern sie Beihilfen darstellen — den vor dem Beitritt Finnlands geltenden Rechtsvorschriften unterliegen und damit bestehende Beihilfen sind. Das Oberste Verwaltungsgericht nahm im Rahmen dieser Analyse eine umfassende Bewertung der nationalen Rechtsvorschriften vor und stellte fest, dass vor allem aus den vorstehend von der Kommission dargelegten Gründen bei den Entscheidungen der Regionalbehörden nationale Rechtsvorschriften missachtet wurden, ungeachtet dessen, ob es sich dabei um tatsächliche staatliche Beihilferegelungen handelte. Somit stehen die Schlussfolgerungen des Obersten Verwaltungsgerichts im Einklang mit der Auffassung der Kommission, dass die geprüfte Kapitalbeteiligung C-XI neue staatliche Beihilfen einschließt. Das Oberste Verwaltungsgericht kommt im Hinblick auf die Darlehensgarantie von 2006 zu dem gleichen Ergebnis. Da diese Garantieleistung jedoch niemals realisiert wurde, wird sie im Rahmen dieses Beschlusses nicht bewertet.

7.   VEREINBARKEIT MIT DEM BINNENMARKT

(115)

Nach den allgemeinen Ausführungen Finnlands sind die Maßnahmen, auch wenn sie als neue staatliche Beihilfen anzusehen sind, dennoch mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, da das Ziel der mit den Beihilfen finanzierten Tätigkeit der ÅI in der Förderung der regionalen Entwicklung und der Schaffung neuer Arbeitsplätze bestand.

(116)

Auch wenn staatliche Beihilfen dem Grundsatz nach untersagt sind, gelten sie unter den in Artikel 107 Absatz 2 AEUV genannten Bedingungen als mit dem Binnenmarkt vereinbar und können als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden, wenn sie den in Artikel 107 Absatz 3 festgelegten Zielen dienen. Als einzig mögliche Begründung kann hier Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV herangezogen werden, wonach Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht, oder Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV, wonach Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete gewährt werden können.

(117)

Nach den zur fraglichen Zeit in Finnland geltenden Rechtsvorschriften für regionale Beihilfen (Fördergebietskarten 2000-2006 und 2007-2013) war die Stadt Mariehamn als Standort des iTiden-Projekts nicht beihilfefähig im Sinne der in Rede stehenden Beihilfe. Aus diesem Grund ist die Beihilfe als mit dem Binnenmarkt unvereinbar anzusehen, auch wenn festzustellen ist, dass sie dem fraglichen Projekt zugeordnet werden kann. Die Kommission stellt außerdem fest, dass Finnland für keines der Kriterien gemäß den Rechtsvorschriften für regionale Beihilfen (Beihilfeform, beihilfefähige Kosten oder Beihilfehöchstintensität) die Vereinbarkeit nachgewiesen hat.

(118)

Aufgrund der Leitlinien und Mitteilungen der Kommission über die Anwendung von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV und gemäß dem genannten Artikel selbst ist die Beihilfe als mit dem Binnenmarkt unvereinbar anzusehen. Finnland hat keine glaubwürdige Begründung vorgelegt und keinen Nachweis erbracht, die es der Kommission ermöglichen würden, die in Rede stehenden Maßnahmen als mit einer konkreten Vorschrift des AEUV vereinbar anzuerkennen.

8.   RÜCKFORDERUNG DER BEIHILFEN

8.1.   BEGRÜNDUNGEN FINNLANDS

(119)

Gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 „entscheidet die Kommission in Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern …. Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde.“ Deshalb sind die Finanzmittel der Maßnahmen im Rahmen der der ÅI rechtswidrig gewährten Beihilfen in logischer Konsequenz zurückzufordern.

(120)

Nach Auffassung Finnlands sollte die Kommission in diesem Fall jedoch keine Rückforderung verlangen, da in Finnland ein berechtigtes Vertrauen darauf besteht, dass die Beihilfen nach den vor dem Beitritt geltenden Regelungen rechtmäßig waren, und eine Rückforderung gegen den Rechtsgrundsatz der Gemeinschaft verstoßen würde. Die Kommission stellt dazu fest, dass Finnland offiziell einen Vertrauensschutz nur für die Regionalregierung geltend gemacht hat. Für den Beihilfeempfänger ist ein solcher Vertrauensschutz in keiner Weise vorgebracht worden.

(121)

Die Kommission kann sich dieser Sichtweise nicht anschließen.

(122)

Die Kommission hat vorstehend zu den Kapitalzuführungen nachgewiesen, dass ungeachtet dessen, was die ÅI oder andere Beteiligte hinsichtlich des rechtlichen Status der mutmaßlichen Regelung zur Anteilszeichnung in Bezug auf die Rechtsvorschriften über staatliche Beihilfen annehmen konnten, nicht einmal die gegenüber der EFTA-Überwachungsbehörde notifizierten formellen Voraussetzungen für die mutmaßliche Beihilferegelung erfüllt wurden. Deshalb kann hier nicht angenommen werden, dass die ÅI einen Vertrauensschutz in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Kapitalzuführungen begründen kann, da diese Kapitalzuführungen nicht den nationalen Rechtsvorschriften unterliegen, für die Finnland einen Vertrauensschutz geltend macht.

(123)

Zu den Darlehensgarantien hat die Kommission nachgewiesen, dass der Inhalt der Garantieregelungen bereits geändert wurde, bevor die in diesem Beschluss behandelten Garantien gewährt wurden. Von diesen durch die Behörden von Åland vorgenommenen Änderungen ist die Kommission nicht in Kenntnis gesetzt worden. Die Garantien, die auf der Grundlage der für die ursprüngliche Regelung geltenden nationalen Rechtsvorschriften gewährt wurden, sind daher als neue Beihilfen zu behandeln. Der Beihilfeempfänger kann nach gängiger Praxis kein berechtigtes Vertrauen darauf haben, dass eine Beihilfe, über die die Kommission unter Verletzung von Artikel 108 AEUV nicht unterrichtet wurde, als rechtmäßig gilt (35).

(124)

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sowohl die Garantien als auch die Kapitalzuführungen neue Beihilfen darstellen, die vor ihrer Gewährung bei der Kommission hätten angemeldet werden müssen.

(125)

Nach gängiger Rechtspraxis (36) kann ein Mitgliedstaat, dessen Behörden unter Verletzung des Verfahrens in Artikel 108 AEUV Beihilfen gewährt haben, sich nicht auf einen Vertrauensschutz des Begünstigten berufen, um sein Versäumnis der Pflicht zu den erforderlichen Maßnahmen und zur Umsetzung der Kommissionsentscheidung auf Rückforderung zu begründen. Hätten die nationalen Behörden sich auf eine eigene rechtswidrige Interpretation berufen können, würden sie damit die Artikel 107 und 108 AEUV unwirksam machen und der Kommission somit die Grundlage für die Entscheidungen entsprechend diesen Rechtsvorschriften entziehen.

(126)

Der gleiche Grundsatz ist notwendigerweise anzuwenden, wenn die nationalen Behörden der Auffassung sind, dass sie selbst einen Vertrauensschutz in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen genießen, diese aber nicht bei der Kommission angemeldet haben, obgleich es sich um neue Beihilfen handelte (37).

(127)

Entsprechend stellt die Kommission im Hinblick auf den Vertrauensschutz der ÅI fest, dass nach gängiger Rechtspraxis in Bezug auf die obligatorische Überprüfung der Beihilferegelungen gemäß Artikel 108 AEUV durch die Kommission Unternehmen, die Beihilfen erhalten haben, sich grundsätzlich nicht auf ein berechtigtes Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Beihilfen berufen können, wenn diese nicht entsprechend den Regelungen des genannten Artikels gewährt wurden. Ein seriöser Wirtschaftsbeteiligter sollte normalerweise in der Lage sein einzuschätzen, ob die einschlägigen Bestimmungen eingehalten wurden (38).

(128)

Die Kommission verweist darauf, dass in Bezug auf die Maßnahmen der Regionalregierung im Rahmen der mutmaßlichen Beihilferegelung kein Unternehmen in einer besseren Situation war als die ÅI, da die Regionalregierung deren größter Anteilseigner ist und außerdem Mitglieder der Regionalregierung dem Vorstand der ÅI angehören. Dieses Argument wird durch die Tatsache gestützt, dass die Vertreter der ÅI und der Regionalregierung regelmäßig Informationen ausgetauscht haben, wie vorstehend im Zusammenhang mit den Kapitalzuführungen dargestellt wurde. Die Kommission steht daher auf dem Standpunkt, dass die ÅI sich in diesem Fall nicht auf einen Vertrauensschutz berufen kann, auch wenn Finnland diesen Vertrauensschutz für den Beihilfeempfänger nicht ausdrücklich geltend gemacht hat.

(129)

Abschließend ist festzustellen, dass die Kommission Finnland und dem Beihilfeempfänger gegenüber zu keinem Zeitpunkt eindeutig bestätigt hat, dass es sich bei den streitigen Maßnahmen nicht um staatliche Beihilfen oder anwendbare Beihilfen handelt, was ein berechtigtes Vertrauen diesbezüglich begründen könnte (39).

(130)

Wie Finnland weiter ausführte, seien im Falle einer Rückforderung der in Form von Kapitalzuführungen gewährten Beihilfe als Beihilfeanteil nicht notwendigerweise die gesamte Kapitalsumme, sondern (wie auch bei der Berechnung des Beihilfeanteils an den Garantien) vielmehr die Kosten anzusehen, die der ÅI entstehen würden, wenn sie sich alternativ Finanzmittel auf dem Markt beschaffen müsste. Finnland verweist darauf, dass als Grundlage für die Festsetzung der Kosten einer solchen alternativen Finanzierung die im Bericht der KPMG ausgewiesene Rendite für Büroimmobilien in Höhe von 7 % dienen könnte.

(131)

Die Kommission kann sich dieser Sichtweise nicht anschließen.

(132)

Grundsätzlich ist richtig, dass eine staatliche Beihilfe in bestimmter Hinsicht den Unterschied zwischen dem Vorteil, den ein Unternehmen tatsächlich durch die Bereitstellung staatlicher Mittel (in Form einer Finanzierung) erhält, und dem Vorteil ausmacht, den es auf dem Kapitalmarkt hätte erzielen können. Daher gilt die Lage vor der Gewährung der Beihilfe als wiederhergestellt, wenn der Beihilfeempfänger eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe zurückgezahlt hat und er infolge dieser Rückzahlung den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Wettbewerbern besaß, verliert, sowie die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wiederhergestellt wird (40).

(133)

Jeder Investor will für seine Investitionen einen Gegenwert, der im Verhältnis zum Risiko steht, ganz gleich, ob es dabei um Kreditvergabe oder Kapitalbeteiligung geht.

(134)

Wenn jedoch eine Beihilfe als Darlehen zu geringeren als den marktüblichen Kosten (wie bei garantierten Darlehen, wo die Finanzierungskosten insgesamt geringer sind als bei Krediten zu Marktbedingungen) einem Unternehmen gewährt wird, das nicht außerhalb des Kreditmarkts agiert und das alternativ zur Beihilfe ein Darlehen zu Marktpreisen hätte aufnehmen können, wird die Auswirkung der Rückzahlung dadurch ausgeglichen, dass das Unternehmen die Differenz einschließlich Zinsen bezahlt, wodurch seine Situation wieder der der anderen Wettbewerber entspricht.

(135)

Anders verhält es sich mit den Kapitalbeteiligungen. Die Rendite hängt hier nicht von der Zahlungswilligkeit des Unternehmens wie etwa bei Darlehen ab, sondern ist Bestandteil der Rentabilität des Geschäftsmodells des Unternehmens. Wenn ein privater Anleger der Ansicht ist, dass die Geschäftstätigkeit keinen Gegenwert erbringt, der dem damit verbundenen Risiko angemessen ist, wird er dort nicht investieren, sondern sein Geld anderweitig anlegen. Die Kommission kann sich deshalb nicht der Auffassung anschließen, dass die ÅI auf dem Kapitalmarkt die gleichen Mittel zur Erhöhung ihres Kapitals erhalten hätte, indem sie eine höhere Rendite bietet, da das Unternehmen aufgrund der erwarteten Effizienz einem Kapitalgeber eine solche höhere Rendite nicht hätte bieten können. Eine andere Situation liegt vor, wenn die Beihilfe, für die eine Rückforderung besteht und die zurückzuzahlen ist, nicht gewährt, d. h. wenn überhaupt kein Kapital investiert worden wäre. Deshalb ist die gesamte Summe der Kapitalzuführungen zurückzufordern.

(136)

Die Kommission kann sich daher der Sichtweise Finnlands in Bezug auf einen Beihilfeanteil an den Kapitalzuführungen nicht anschließen.

8.2.   ZURÜCKZUZAHLENDE BEIHILFEN

(137)

Aus diesem Grund hat die Kommission folgende Maßnahmen als rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfen bewertet, die Finnland von der ÅI zurückfordern muss:

(138)

Kapitalzuführungen:

a)

Kapitalzuführung C-IV: 353 199,00 EUR. Die Beihilfe wurde der ÅI am 20. Juli 2001 gewährt.

b)

Kapitalzuführung C-V: 599 933,78 EUR. Die Beihilfe wurde der ÅI am 15. August 2002 gewährt.

c)

Kapitalzuführung C-VI: 799 911,64 EUR. Die Beihilfe wurde der ÅI am 13. März 2003 gewährt.

d)

Kapitalzuführung C-VII: 515 165,97 EUR. Die Beihilfe wurde der ÅI am 6. Mai 2004 gewährt.

e)

Kapitalzuführung C-VIII: 669 896,95 EUR. Die Beihilfe wurde der ÅI am 30. September 2004 gewährt.

f)

Kapitalzuführung C-IX: 199 977,91 EUR. Die Beihilfe wurde der ÅI am 16. Juni 2005 gewährt.

g)

Kapitalzuführung C-X: 234 961,43 EUR. Die Beihilfe wurde der ÅI am 16. Juni 2005 gewährt.

h)

Kapitalzuführung C-XI: 1 379 998,95 EUR. Die Beihilfe wurde der ÅI am 15. Februar 2007 gewährt.

(139)

Darlehensgarantien: Der Beihilfeanteil sämtlicher Garantien wird nach Abschnitt 4.2 der Garantiemitteilung berechnet (wie in den Erwägungsgründen 66-80 ausgeführt), und zwar als Differenz zwischen dem Zinssatz, der als Referenzzins für die Darlehenskosten angewendet wird, den ein mit der ÅI wirtschaftlich vergleichbares Unternehmen hätte zahlen müssen, und dem Zinssatz, der mit Hilfe der staatlichen Garantien nach Abzug etwaiger Garantieprämien angewandt wurde.

a)

Bei der Garantie G-I bildet der Beihilfeanteil die Differenz zwischen dem Referenzsatz, wie er auf ein mit „schwach“ (B) eingestuftes Unternehmen und bei normaler Besicherung angewendet wird, sowie den Gesamtkosten für das garantierte Darlehen (Garantieprämien und Darlehenszinsen). Diese Beihilfe wurde der ÅI am 9. Oktober 2003 gewährt (siehe Erwägungsgründe 81 und 82). Von diesem Betrag wird die einmalige Garantieprämie in Höhe von 19 500 EUR abgezogen (41).

b)

Bei der Garantie G-II bildet der Beihilfeanteil die Differenz zwischen dem Referenzsatz, wie er auf ein mit „schwach“ (B) eingestuftes Unternehmen bei normaler Besicherung angewendet wird, sowie den Gesamtkosten für das garantierte Darlehen (Garantieprämien und Darlehenszinsen). Diese Beihilfe wurde der ÅI am 2. November 2004 gewährt. Von diesem Betrag wird die einmalige Garantieprämie in Höhe von 2 900 EUR abgezogen (42).

c)

Bei der Garantie G-III bildet der Beihilfeanteil die Differenz zwischen dem Referenzsatz, wie er auf ein mit „zufriedenstellend“ (BB) eingestuftes Unternehmen und bei normaler Besicherung angewendet wird, sowie den Gesamtkosten für das garantierte Darlehen (Garantieprämien und Darlehenszinsen). Diese Beihilfe wurde der ÅI am 13. Dezember 2005 gewährt. Von diesem Betrag wird die einmalige Garantieprämie in Höhe von 6 500 EUR abgezogen (43).

(140)

Die finnischen Behörden legen zusammen mit der Kommission den exakten Betrag der zurückzuzahlenden Beihilfen in dem Rahmen und nach dem Verfahren fest, wie sie in den Erwägungsgründen 138-139 zum Verfahren der Rückforderung beschrieben sind. Dem Beihilfeanteil sind Zinsen zuzurechnen, und zwar ab dem Tag, an dem die Beihilfen dem Empfänger zur Verfügung standen, bis zu dem Tag der Rückzahlung. Die Kommission ersucht die finnischen Behörden, entsprechend der ihnen obliegenden Verpflichtung zu redlicher Zusammenarbeit, die Kommission bei der Festlegung des Rückforderungsbetrags zu unterstützen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Kapitalzuführung in Höhe von 84 094,39 EUR, die Finnland am 18. Juni 1997 zugunsten der Ålands Industrihus Ab gewährt hat, stellt keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar.

Artikel 2

Die unter Abschnitt 8.2 aufgeführten, von die Finnland unter Verletzung des Artikels 108 Absatz 3 AEUV rechtwidrig gewährten Beihilfen zugunsten der Ålands Industrihus Ab sind nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar.

Artikel 3

(1)   Finnland fordert die in Artikel 2 genannte staatliche Beihilfe vom Begünstigten zurück.

(2)   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die ab dem Zeitpunkt, an dem die Beihilfe dem Begünstigten zur Verfügung gestellt wurden, bis zu deren tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden.

(3)   Die Zinsen werden nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 berechnet.

(4)   Finnland stellt mit dem Tag des Erlasses dieses Beschlusses alle ausstehenden Zahlungen für die in Artikel 2 genannte Beilhilfe ein.

Artikel 4

(1)   Die in Artikel 2 genannten Beihilfen werden sofort und tatsächlich zurückgefordert.

(2)   Finnland stellt sicher, dass dieser Beschluss binnen vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 5

(1)   Finnland übermittelt der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:

a)

Gesamtbetrag, der von dem Begünstigten zurückzufordern ist (Beihilfe und Zinsen);

b)

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen;

c)

Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass an den Begünstigten eine Rückzahlungsanordnung ergangen ist.

(2)   Finnland unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 2 genannten Beihilfen abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Finnland unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt Finnland ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die von den Begünstigten zurückgezahlt wurden.

Artikel 6

Dieser Beschluss ist an die Republik Finnland gerichtet.

Brüssel, den 13. Juli 2011

Für die Kommission

Joaquín ALMUNIA

Vizepräsident


(1)  ABl. C 76 vom 27.3.2008, S. 15.

(2)  Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag die Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) getreten. Die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag und die Artikel 107 und 108 AEUV sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen dieses Beschlusses sind etwaige Bezugnahmen auf die Artikel 107 und 108 AEUV als Bezugnahmen auf die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag zu verstehen. Im AEUV wurden zudem einige Begriffe geändert. Gemeinschaft wurde durch Union und Gemeinsamer Markt durch Binnenmarkt ersetzt. In diesem Beschluss wird die Terminologie des AEUV angewendet.

(3)  Siehe Fußnote 1.

(4)  Mit Ausnahme eines geringen Anteils, der im Eigentum des Unternehmerverbandes Ålands företagareförening rf (drei Anteile von insgesamt 30 392 Anteilen) steht

(5)  Die Bilanzsumme im Jahr 1999 betrug insgesamt 733 341 EUR, der Umsatz 101 486 EUR und das Gesamtergebnis 27 719 EUR.

(6)  Die Bilanzsumme verzeichnete eine rückläufige Entwicklung von 834 645 EUR (1997) auf 733 341 EUR (1999).

(7)  Die Angaben in diesem Abschnitt stammen zum größten Teil von den Internetseiten von iTiden (Technologiepark) (www.itiden.ax). Sie wurden durch Daten der finnischen Behörden (entsprechen öffentlichen Daten) ergänzt.

(8)  „Die Regionalregierung ist bemüht, über öffentlich-rechtliche Immobiliengesellschaften das Angebot an Industrieimmobilien und Bürogebäuden für den IT- und Dienstleistungsbereich zu erweitern. Dafür kann weiteres Kapital erforderlich sein.“ Budget för landskapet Åland 2000, S. 304.

(9)  „Die Regionalregierung […] fördert intensiv die Entwicklung neuer Unternehmen und Geschäftsvorhaben. Die Regionalregierung setzt sich weiterhin für die Realisierung eines ‚IT-Dorfes‘ ein […]“. Budget för landskapet Åland 2001, S. 319 und 321.

(10)  Budget för landskapet Åland 2002, S. 291.

(11)  Diese Maßnahmen wurden vor der Einführung des Euro gewährt und sind daher in Finnmark (FIM) ausgewiesen. C-I belief sich auf 500 003 FIM, C-II auf 2 025 010 FIM und C-III auf 680 003 FIM. Zum Zeitpunkt des Übergangs zum Euro wurde der Wechselkurs mit 1 EUR = 5,94573 FIM festgelegt.

(12)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(13)  Siehe u. a. die Urteile in den folgenden Rechtssachen: Rechtssache 234/84, Belgien/Kommission, Slg. 1986, 2263, Randnr. 14; Rechtssache C-305/89, Slg. 1991, I-1603, Randnrn. 18 und 19; verbundene Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Hytasa, Slg. 1994, I-4103, Randnrn. 20 und 21; Rechtssache C 303/88, Eni-Lanerossi, Slg. 1991, I-1433, Randnr. 20 ff.; Rechtssache T-11/95, BP Chemicals, Slg. 1995, II-599, Randnr. 161.

(14)  ABl. C 155 vom 20.6.2008, S. 10.

(15)  Siehe Erwägungsgrund 25 der Eröffnungsentscheidung.

(16)  Siehe Erwägungsgrund 26 der Eröffnungsentscheidung.

(17)  KPMG „Projekt Tower“, 10.7.2007.

(18)  Es trifft zu, dass die Kapitalzuführung C-IV im Jahr 2001 erfolgte, d. h. vor der 2002 vorgelegten Rentabilitätsberechnung. Die wirtschaftlichen Annahmen im Zusammenhang mit der Kapitalzuführung C IV wurden nicht gesondert erläutert. Da die fragliche Kapitalzuführung jedoch für den Erwerb des Grundstücks verwendet wurde, auf dem das iTiden-Projekt realisiert werden sollte (was von Anfang an beabsichtigt war), vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Regionalregierung, sofern sie überhaupt die Renditeaussichten geprüft hat, keine bessere Rendite als die für 2002 angenommenen 3 % erwarten konnte.

(19)  ABl. C 68 vom 6.3.1996, S. 9.

(20)  Auch wenn das förmliche Prüfverfahren erst 2008 eingeleitet wurde, ersuchte die Kommission Finnland bereits mit Schreiben vom 25. Oktober 2006 um Auskünfte, so dass die Kapitalbeteiligung von 1997 nicht in die 10-Jahres-Frist für die Verjährung der Rückforderung fällt.

(21)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

(22)  Garantiemitteilung, Abschnitt 3.2 Buchstabe d.

(23)  Vertrauliche Informationen

(24)  Nach dem 15. Januar 2007 sollte der Zinssatz in […] plus […] Basispunkte geändert werden.

(25)  ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6.

(26)  Nach Angaben Finnlands sollte dieser Zinssatz bis zum 15. Januar 2007 gelten, um danach in […] plus […] Basispunkte umgewandelt zu werden. Die Bedingungen für dieses garantierte Darlehen wurden jedoch neu verhandelt, und der Zinssatz wurde mit Wirkung vom 13. Dezember 2005 bis 15. Januar 2007 auf […] % festgesetzt, um anschließend in […] plus […] Basispunkte umgewandelt zu werden. Am 14. Januar 2009 wurde der Zinssatz erneut in […] plus […] Basispunkte und am 12. Februar 2011 in […] plus […] Basispunkte geändert.

(27)  Die einmalige Prämie in Höhe von […] % der Darlehenssumme bzw. 19 500 EUR ist nicht enthalten. Siehe dazu Abschnitt 8.2 zur Rückforderung der Beihilfen.

(28)  Die einmalige Prämie in Höhe von […] % der Darlehenssumme bzw. 2 900 EUR ist nicht enthalten. Siehe dazu Abschnitt 8.2 zur Rückforderung der Beihilfen.

(29)  Die einmalige Prämie in Höhe von […] % der Darlehenssumme bzw. 6 500 EUR ist nicht enthalten. Siehe dazu Abschnitt 8.2 zur Rückforderung der Beihilfen.

(30)  In seinem Urteil vom 30.4.2002 stellte das EuG in den verbundenen Rechtssachen T-195/01 und T-207/01, Government of Gibraltar/Kommission (Slg. 2002 S. II-2309, Randnrn. 109-111) fest, dass nach Artikel 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 „Änderungen bestehender Beihilfen“ als neue Beihilfe anzusehen sind. Folglich ist nur die Änderung als neue Beihilfe zu betrachten. Wenn allerdings die Änderung die ursprüngliche Regelung in ihrem Kern betrifft, wird die ursprüngliche Regelung durch die Änderung in eine neue Beihilferegelung umgewandelt (EuG, Urteil vom 28.11.200, Hotel Cipriani/Kommission, verbundene Rechtssachen T-254/00, T-270/00 und T-277/00, 8, Slg. 2008, II-3269, Randnrn. 358-359).

(31)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.

(32)  Landskapslag om landskapsgaranti för industrier och vissa andra näringsgrenar, ÅFS 1966:14.

(33)  Das Gesetz gilt auch für einige Darlehen (Anmerkung der Kommission).

(34)  Mit der Änderung vom 3. März 1994 wurde das Budget von 20 Mio. FIM auf 30 Mio. FIM und mit der Änderung vom 16. Februar 1996 von 30 Mio. FIM auf 50 Mio. FIM aufgestockt.

(35)  EuGH, Urteil vom 20.3.1997, Land Rheinland-Pfalz/Alcan Deutschland GmbH, Rechtssache C-24/95, I-1591, Randnr. 49.

(36)  Ibid., Randnr. 17; siehe auch EuGH, Urteil vom 9.6.2011, Diputación Foral de Vizcaya/Kommission und Territorio Historico de Vizcaya ja muut/komissio, verbundene Rechtssachen C 465/09P und C 470/09 P, Randnr. 151, noch nicht veröffentlicht.

(37)  Siehe Fußnote 34.

(38)  EuGH, Urteil vom 20.9.1990, Deutschland/Kommission, Rechtssache C-5/89, Slg. 1990, I-3437, Randnr. 14.

(39)  EuG, Urteil vom 30.9.309, Frankreich und France Télécom/Kommission, verbundene Rechtssachen T-427/04 und T-15/05, Slg. 2009, II- 4315, Randnr. 261.

(40)  EuGH, Urteil vom 4.4.1995, Kommission/Italien, Rechtssache C-348/93, Slg. 1995, I-673, Randnr. 27.

(41)  Siehe Erwägungsgrund 81 und Fußnote 25.

(42)  Siehe Erwägungsgrund 83 und Fußnote 26.

(43)  Siehe Erwägungsgrund 85 und Fußnote 27.


ANHANG

Angaben zu den gewährten, zurückzufordernden bzw. bereits zurückgezahlten Beihilfebeträgen

Begünstigter

Gesamtbetrag der aufgrund dieser Regelung gewährten Beihilfen (1)

Gesamtbetrag der Rückforderung (1)

(Hauptforderung)

Gesamtbetrag der Rückzahlungen (1)

Hauptforderung

Zinsen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


(1)  in Mio. Landeswährung