30.4.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 111/19


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 27. April 2011

über die Nichtaufnahme von Propisochlor in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates und zur Änderung der Entscheidung 2008/941/EG der Kommission

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2011) 2726)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2011/262/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (1), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit den Verordnungen (EG) Nr. 1112/2002 (2) und (EG) Nr. 2229/2004 (3) der Kommission mit Durchführungsbestimmungen für die vierte Stufe des Arbeitsprogramms gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414/EWG wurde die Liste der Wirkstoffe festgelegt, die im Hinblick auf ihre mögliche Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG bewertet werden sollen. In dieser Liste ist auch Propisochlor aufgeführt.

(2)

Der Antragsteller nahm seinen Antrag auf Aufnahme des Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG in Einklang mit Artikel 24e der Verordnung (EG) Nr. 2229/2004 innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt des Entwurfs des Bewertungsberichts zurück. Danach wurde die Entscheidung 2008/941/EG der Kommission vom 8. Dezember 2008 über die Nichtaufnahme bestimmter Wirkstoffe in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates und die Rücknahme der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesen Wirkstoffen (4) angenommen, mit der bestimmt wird, dass Propisochlor nicht aufgenommen wird.

(3)

Gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 91/414/EWG stellte der ursprüngliche Antragsteller (im Folgenden „der Antragsteller“) einen neuen Antrag, in dem er die Anwendung des beschleunigten Verfahrens gemäß den Artikeln 14 bis 19 der Verordnung (EG) Nr. 33/2008 der Kommission vom 17. Januar 2008 mit Durchführungsbestimmungen zur Richtlinie 91/414/EWG des Rates in Bezug auf ein reguläres und ein beschleunigtes Verfahren für die Bewertung von Wirkstoffen im Rahmen des in Artikel 8 Absatz 2 dieser Richtlinie genannten Arbeitsprogramms, die nicht in Anhang I dieser Richtlinie aufgenommen wurden (5), beantragt.

(4)

Der Antrag wurde Ungarn vorgelegt, das mit der Verordnung (EG) Nr. 2229/2004 als berichterstattender Mitgliedstaat benannt worden war. Die Frist für das beschleunigte Verfahren wurde eingehalten. Die Spezifikation des Wirkstoffs und die vorgesehenen Anwendungen sind identisch mit denjenigen, die Gegenstand der Entscheidung 2008/941/EG waren. Der Antrag genügt ferner den übrigen inhaltlichen und verfahrenstechnischen Anforderungen gemäß Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 33/2008.

(5)

Ungarn hat die vom Antragsteller vorgelegten zusätzlichen Daten bewertet und einen Zusatzbericht erstellt. Es übermittelte diesen Bericht am 30. November 2009 der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden „die Behörde“) und der Kommission. Die Behörde leitete den Zusatzbericht zur Stellungnahme an die übrigen Mitgliedstaaten und den Antragsteller weiter und übermittelte der Kommission die bei ihr eingegangenen Stellungnahmen. Nach Artikel 20 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 33/2008 und auf Ersuchen der Kommission legte die Behörde der Kommission am 9. September 2010 ihre Schlussfolgerung zu Propisochlor (6) vor, die sich auf gemäß der Verordnung (EG) Nr. 33/2008 vorgelegte Daten stützt. Der Entwurf des Bewertungsberichts, der Zusatzbericht und die Schlussfolgerung der Behörde wurden von den Mitgliedstaaten und der Kommission im Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit geprüft und am 24. März 2011 in Form des Beurteilungsberichts der Kommission für Propisochlor abgeschlossen.

(6)

Die Bewertung dieses Wirkstoffs führte zu einer Reihe von Bedenken. Insbesondere war es nicht möglich, eine zuverlässige Bewertung des Risikos für die Verbraucher durchzuführen und Schlüsse über eine Rückstandsdefinition für Propisochlor und seine Metaboliten zu ziehen, weil Daten über die toxikologische Relevanz mehrerer Metaboliten fehlten (M2 (7), M7 (8), M12 (9), M14 (10), M17 (11), M20 (12), M22 (13) und M35 (14). Außerdem können schädliche Auswirkungen auf das Grundwasser bei mehreren Metaboliten (M1 (15), M2, M5 (16), M7 und M9 (17) mit unbekannter toxikologischer und ökotoxikologischer Relevanz, deren Gehalt die zulässige Höchstkonzentration von 0,1 μg/l gemäß der Richtlinie 98/83/EG des Rates vom 3. November 1998 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (18) in mehreren Modellszenarien für die Versickerung ins Grundwasser überstieg, nicht ausgeschlossen werden. Schließlich reichten die vorliegenden Daten nicht aus, um Schlüsse über die Exposition des Bodens, der Sedimente und des Grundwassers gegenüber dem wichtigsten Bodenmetaboliten M9 zu ziehen und die Bewertung des Risikos für Wasserorganismen abzuschließen.

(7)

Die Kommission forderte den Antragsteller auf, zu den Ergebnissen des gezielten Peer-Reviews Stellung zu nehmen. Gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 33/2008 forderte die Kommission den Antragsteller ferner auf, zum Entwurf des Beurteilungsberichts Stellung zu nehmen. Die daraufhin vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme wurde eingehend geprüft.

(8)

Die genannten Bedenken konnten jedoch trotz der vom Antragsteller vorgebrachten Argumente nicht ausgeräumt werden, und die Bewertungen, die auf der Grundlage der gemäß der Verordnung (EG) Nr. 33/2008 eingereichten und auf den Sitzungen der Behörde evaluierten Informationen vorgenommen wurden, konnten nicht aufzeigen, dass davon auszugehen ist, dass Propisochlor enthaltende Pflanzenschutzmittel unter den vorgeschlagenen Verwendungsbedingungen die Anforderungen gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a und b der Richtlinie 91/414/EWG generell erfüllen.

(9)

Propisochlor sollte daher nicht in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgenommen werden.

(10)

Dieser Beschluss steht der Einreichung eines weiteren Antrags für Propisochlor gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 91/414/EWG und Kapitel II der Verordnung (EG) Nr. 33/2008 nicht entgegen.

(11)

Im Interesse der Klarheit sollte der Eintrag für Propisochlor im Anhang der Entscheidung 2008/941/EG gestrichen werden.

(12)

Es ist daher angebracht, die Entscheidung 2008/941/EG entsprechend zu ändern.

(13)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Propisochlor wird nicht als Wirkstoff in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgenommen.

Artikel 2

Die Mitgliedstaaten stellen Folgendes sicher:

a)

Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Propisochlor werden bis zum 27. Oktober 2011 widerrufen;

b)

ab dem Tag der Veröffentlichung des vorliegenden Beschlusses werden keine Zulassungen für Propisochlor enthaltende Pflanzenschutzmittel erteilt oder erneuert.

Artikel 3

Jede von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 4 Absatz 6 der Richtlinie 91/414/EWG gewährte Frist muss so kurz wie möglich sein und endet spätestens am 27. Oktober 2012.

Artikel 4

Im Anhang der Entscheidung 2008/941/EG wird der Eintrag für „Propisochlor“ gestrichen.

Artikel 5

Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 27. April 2011

Für die Kommission

John DALLI

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 230 vom 19. 8.1991, S. 1.

(2)  ABl. L 168 vom 27.6.2002, S. 14.

(3)  ABl. L 379 vom 24.12.2004, S. 13.

(4)  ABl. L 335 vom 13.12.2008, S. 91.

(5)  ABl. L 15 vom 18.1.2008, S. 5.

(6)  Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, Conclusion on the peer review of the pesticide risk assessment of the active substance propisochlor. EFSA Journal 2010; 8(9):1769. [60pp].doi:10.2903/j.efsa.2010.1769. Online abrufbar unter: www.efsa.europa.eu.

(7)  2-[(2-Ethyl-6-methylphenyl) (isopropoxymethyl)amino]-2-oxoethan-Sulfonsäure.

(8)  ({2-[(2-Ethyl-6-methylphenyl) (isopropoxymethyl)amino]-2-oxoethyl}sulfinyl)-Essigsäure.

(9)  Nicht identifizierte Verbindung in Maisfutter und Sonnenblumenkernen.

(10)  3-({2-[(2-Ethyl-6-methylphenyl)amino]-2-oxoethyl}sulfinyl)-2-hydroxypropionsäure.

(11)  N-(2-Ethyl-6-methylphenyl)-2-(hexopyranosyloxy)-N-[(propan-2-yloxy)methyl]acetamid.

(12)  Methyl3-[(2-{(2-ethyl-6-methylphenyl)[(propan-2-yloxy)methyl]amino}-2-oxoethyl)sulfinyl]-2-hydroxypropanoat.

(13)  Nicht identifizierte Verbindung in Maiskörnern, Zuckerrüben und Sonnenblumenkernen.

(14)  Nicht identifizierte Verbindung in Sonnenblumenkernen.

(15)  2-[(2-Ethyl-6-methylphenyl) amino]-2-oxoethan-Sulfonsäure.

(16)  N-(2-Ethyl-6-methylphenyl)-2-hydroxy-N-(isopropoxymethyl)acetamid.

(17)  Dimer von N-(2-Ethyl-6-methyl phenyl)-N-(isopropoxymethyl)-2-(mercapto) acetamid.

(18)  ABl. L 330 vom 5.12.1998, S. 32.