17.12.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 333/58


BESCHLUSS DES RATES

vom 14. Dezember 2010

zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands in Bezug auf die Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht

(2010/779/EU)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf Artikel 4 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls (Nr. 19) über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstand (im Folgenden „Schengen-Protokoll“),

in Anbetracht des von der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland mit Schreiben vom 5. Oktober 2010 an den Präsidenten des Rates formulierten Antrags auf Anwendung einzelner in diesem Schreiben näher bezeichneter Bestimmungen des Schengen-Besitzstands,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit dem Beschluss 2000/365/EG (1) hat der Rat das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland ermächtigt, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands unter den in diesem Beschluss festgelegten Bedingungen anzuwenden.

(2)

Am 24. Juni 2009 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht (im Folgenden „Verordnungsvorschlag“) vorgelegt.

(3)

Nach dem Verordnungsvorschlag wird die Europäische Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht (im Folgenden „Agentur“) mit dem Betriebsmanagement des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II), des Visa-Informationssystems (VIS) und von Eurodac betraut und kann auf der Grundlage entsprechender Gesetzgebungsakte, die sich auf den Dritten Teil Titel V des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union stützen, mit der Konzeption, der Entwicklung und dem Betriebsmanagement anderer IT-Großsysteme im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht betraut werden.

(4)

Das SIS II ist Teil des Schengen-Besitzstands. Die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) und der Beschluss 2007/533/JI (3) regeln die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS II. Das Vereinigte Königreich hat sich jedoch nur an der Annahme des Beschlusses 2007/533/JI des Rates beteiligt, in dem die in Artikel 1 Buchstabe a Ziffer ii des Beschlusses 2000/365/EG genannten Bestimmungen des Schengen-Besitzstands weiterentwickelt werden.

(5)

Das VIS ist ebenfalls Teil des Schengen-Besitzstands. Das Vereinigte Königreich hat sich nicht an der Annahme der Entscheidung 2004/512/EG (4), der Verordnung Nr. 767/2008 (5) und des Beschlusses 2008/633/JI (6) beteiligt, die Einrichtung, Betrieb oder Nutzung des VIS regeln, und diese sind für das Vereinigte Königreich nicht bindend.

(6)

Eurodac ist nicht Teil des Schengen-Besitzstands. Das Vereinigte Königreich hat sich an der Annahme des der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 (7), die Einrichtung, Betrieb und Nutzung des Eurodac regelt, beteiligt, und diese ist für das Vereinigte Königreich bindend.

(7)

In Anbetracht seiner Beteiligung an Eurodac und seiner partiellen Beteiligung am SIS II hat das Vereinigte Königreich das Recht, sich an den Tätigkeiten der Agentur insoweit, als die Agentur für das durch den Beschluss 2007/533/JI des Rates geregelte Betriebsmanagement des SIS II und Eurodac verantwortlich ist, zu beteiligen.

(8)

Die vorgeschlagene Agentur sollte eine einheitliche Rechtspersönlichkeit erhalten und durch die Einheitlichkeit ihrer organisatorischen und finanziellen Struktur gekennzeichnet sein. Hierzu sollte die Agentur durch einen einzigen Gesetzgebungsakt errichtet werden, über den der Rat insgesamt abstimmen muss. Außerdem sollte die Verordnung nach ihrer Annahme in allen ihren Teilen in den Mitgliedstaaten Anwendung finden, für die sie bindend ist. Somit ist die Möglichkeit einer partiellen Anwendbarkeit auf das Vereinigte Königreich ausgeschlossen.

(9)

Um die Einhaltung der Verträge und geltenden Protokolle zu gewährleisten und zugleich die Einheitlichkeit und Kohärenz der vorgeschlagenen Verordnung zu erhalten, hat das Vereinigte Königreich beantragt, sich gemäß Artikel 4 des Schengen-Protokolls insoweit an der vorgeschlagenen Verordnung über die Agentur zu beteiligen, als die Agentur für das Betriebsmanagement des SIS II gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 und des VIS zuständig ist.

(10)

Der Rat erkennt das Recht des Vereinigten Königreichs an, gemäß Artikel 4 des Schengen-Protokolls einen Antrag auf Anwendung der vorgeschlagenen Verordnung insoweit zu stellen, als sich das Vereinigte Königreich nicht aus anderen Gründen an diesem Verordnungsvorschlag beteiligt.

(11)

Die Beteiligung des Vereinigten Königreichs an der vorgeschlagenen Verordnung würde unbeschadet des Umstands erfolgen, dass das Vereinigte Königreich sich derzeit nicht an den Bestimmungen des Schengen-Besitzstands über die Freizügigkeit von Drittstaatsangehörigen, die Visumpolitik und das Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten durch Personen beteiligt und auch nicht beteiligen kann. Dies würde die Aufnahme spezieller Bestimmungen in die vorgeschlagene Verordnung über die Errichtung der Agentur rechtfertigen, die diese besondere Position des Vereinigten Königreichs widerspiegeln, insbesondere hinsichtlich eingeschränkter Stimmrechte im Verwaltungsrat der Agentur.

(12)

Der gemäß Artikel 3 des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (8) eingesetzte Gemischte Ausschuss wurde gemäß Artikel 5 dieses Übereinkommens über die Ausarbeitung des vorliegenden Beschlusses unterrichtet.

(13)

Der gemäß Artikel 3 des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (9) eingesetzte Gemischte Ausschuss wurde gemäß Artikel 5 dieses Übereinkommens über die Ausarbeitung des vorliegenden Beschlusses unterrichtet —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Infolge des Beschlusses 2000/365/EG des Rates beteiligt sich das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland insoweit an der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht, als sie sich auf das Betriebsmanagement des Visa-Informationssystems (VIS) und des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) bezieht, an denen sich das Vereinigte Königreich nicht beteiligt.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 14. Dezember 2010.

Im Namen des Rates

Der Präsident

S. VANACKERE


(1)  ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43.

(2)  ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 4

(3)  ABl. L 205 vom 7.8.2007, S. 63.

(4)  Entscheidung des Rates vom 8. Juni 2004 zur Einrichtung des Visa-Informationssystems (VIS) (ABl. L 213 vom 15.6.2004, S. 5).

(5)  Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung) (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 60).

(6)  Beschluss 2008/633/JI des Rates vom 23. Juni 2008 über den Zugang der benannten Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol zum Visa-Informationssystem (VIS) für Datenabfragen zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 129).

(7)  Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (ABl. L 316 vom 15.12.2000, S. 1).

(8)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.

(9)  ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 52.