16.1.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 11/7


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 17. Juni 2009

bezüglich der in der Region Latium (Italien) gemäß Regionalgesetz Nr. 52/1994 angewandten und durch Artikel 257 des Regionalgesetzes Nr. 10 vom 10. Mai 2001 refinanzierten Beihilferegelung zugunsten landwirtschaftlicher Genossenschaften und Betriebe zur Konsolidierung hoher Schulden.

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 4525)

(Nur der italienische Text ist verbindlich)

(2010/27/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß dem genannten Artikel,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union hat der Kommission mit Schreiben vom 11. September 2001, eingegangen am 13. September 2001, gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag den Wortlaut von Artikel 257 des Regionalgesetzes Nr. 10 vom 10. Mai 2001 mitgeteilt, mit dem Artikel 2 des Regionalgesetzes Nr. 52 vom 31. Oktober 1994 geändert wird.

(2)

Mit Schreiben vom 19. April 2002, eingegangen am 22. April 2002, hat die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union der Kommission die im Zusammenhang mit den genannten Bestimmungen stehenden zusätzlichen Informationen übermittelt, um die die italienischen Behörden mit Schreiben vom 9. November 2001 gebeten worden waren.

(3)

Nach Prüfung dieser Informationen haben die Dienststellen der Kommission die italienischen Behörden mit Schreiben vom 17. Juni 2002 um die Übermittlung weiterer Informationen innerhalb von vier Wochen ersucht.

(4)

Da die Dienststellen der Kommission innerhalb der im Schreiben vom 17. Juni 2002 gesetzten Frist keine Antwort erhielten, haben sie mit Schreiben vom 19. August 2003 erneut um die Übermittlung der bereits angeforderten Informationen ersucht.

(5)

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2003, eingegangen am 29. Oktober 2003, hat die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union der Kommission die mit Schreiben vom 17. Juni 2002 bei den italienischen Behörden angeforderten ergänzenden Informationen übermittelt.

(6)

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2003 hat die Kommission Italien von ihrem Beschluss in Kenntnis gesetzt, in Bezug auf die Bestimmungen des Artikels 257 des Regionalgesetzes Nr. 10 vom 10. Mai 2001 (im Folgenden „Gesetz Nr. 10/01“) sowie in Bezug auf die im Zeitraum 1. Januar 1998 — 20. Mai 2001 (Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 10/01) im Rahmen der Regelung gewährten und aus den im vorgenannten Artikel vorgesehenen Haushaltsmitteln zu refinanzierenden Beihilfen das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten (1).

(7)

Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (2). Die Beteiligten wurden darin von der Kommission zur Äußerung aufgefordert.

(8)

Die Kommission erhielt keine Stellungnahme seitens der Beteiligten. Die italienischen Behörden haben jedoch bei einem Treffen mit den Dienststellen der Kommission die nach Einleitung des in Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag vorgesehenen Verfahrens vorgebrachten Anmerkungen präzisiert.

(9)

Die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union hat der Kommission am 3. April 2009 per E-Mail ein Schreiben der italienischen Behörden übermittelt, in dem die während des o.g. Treffens geführte Diskussion zusammen gefasst wurde.

II.   BESCHREIBUNG

(10)

Artikel 257 des Regionalgesetzes Nr. 10 vom 10. Mai 2001 sieht die Bereitstellung eines zusätzlichen Betrags von 400 Mio. ITL (206 583 EUR) vor, um Zinszuschüsse für Darlehen mit 15-jähriger Laufzeit zu finanzieren, die gemäß Regionalgesetz Nr. 52 vom 31. Oktober 1994 (im Folgenden „Gesetz Nr. 52/96“), geändert durch das Gesetz Nr. 13 vom 29. April 1996 (im Folgenden „Gesetz Nr. 13/96“) landwirtschaftlichen Genossenschaften und ihren Zusammenschlüssen sowie landwirtschaftlichen Betrieben zur Konsolidierung hoher Schulden gewährt wurden. Außerdem sieht er eine Änderung von Artikel 2 des Gesetzes Nr. 52/94 vor, um zum 31. Dezember 2000 noch offene Schulden in die Regelung einzubeziehen. Zudem enthält der Artikel eine Klausel, derzufolge die vorgesehenen Beihilfen erst ab dem Tag gewährt werden dürfen, an dem nach Prüfung gemäß Artikel 87 und 88 EG-Vertrag durch die Kommission deren zustimmende Entscheidung im Amtsblatt der Region Latium veröffentlicht wird.

(11)

In Gesetz Nr. 52/94, der Rechtsgrundlage für die Konsolidierung, war Folgendes vorgesehen:

a)

eine Beihilfe in Form von Zinszuschüssen für Darlehen mit 15-jähriger Laufzeit für Genossenschaften und ihre Zusammenschlüsse zur Konsolidierung hoher Schulden, die durch Finanzierungen entstanden sind, für die keine öffentlichen Mittel in Anspruch genommen wurden (Artikel 1, Absatz 1);

b)

eine Beihilfe in Form von Zinszuschüssen für Darlehen mit 15-jähriger Laufzeit für landwirtschaftliche Betriebe zur Konsolidierung hoher Schulden, die durch bereits getätigte Investitionen entstanden sind (Artikel 1, Absatz 2);

c)

eine Beihilfe zur Begleichung der in Rede stehenden Schulden in Form von Finanzhilfen für Genossenschaften und ihre Zusammenschlüsse im Fall einer Fusion bzw. Eingliederung in eine andere Genossenschaft bis zu 50 % der in der Bilanz der Genossenschaften bzw. Zusammenschlüsse eingestellten Verbindlichkeiten (Artikel 4);

d)

unter „hohe Schulden“ wurden Schulden in Form von Bankdarlehen mit kurzer, mittlerer und langer Laufzeit verstanden, die nicht mit öffentlichen Zuschüssen verbunden waren und die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits bestanden.

(12)

Die Kommission hatte in Bezug auf die in dem in Rede stehenden Gesetz vorgesehenen Beihilfen ein Prüfverfahren gemäß Artikel 88 (vormals Artikel 93), Absatz 2 EG-Vertrag eingeleitet (3), da sie an deren Vereinbarkeit mit den Kriterien zweifelte, auf die sie seinerzeit ihre Analyse gegründet hatte.

(13)

Nach diesen Kriterien betrachtete die Kommission diese Art von Finanzhilfe als Betriebsbeihilfen, die grundsätzlich nur bei Vorliegen der folgenden Voraussetzungen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden konnten:

a)

Die Beihilfen mussten zur Tilgung hoher Schulden aus Darlehen zur Finanzierung bereits getätigter Investitionen dienen.

b)

Die bei Aufnahme der Darlehen gewährten Beihilfen und die in Rede stehenden Beihilfen durften zusammen genommen die von der Kommission generell zugelassenen Prozentsätze nicht überschreiten:

für Investitionen im Sektor landwirtschaftliche Primärerzeugung: 35 % bzw. 75 % in benachteiligten Gebieten im Sinne der Richtlinie 75/268/EWG des Rates (4);

für Investitionen im Sektor Verarbeitung und Vermarktung von Agrarerzeugnissen: 55 % (bzw. 75 % in den Ziel-1-Gebieten) bei Vorhaben, die den Sektorplänen oder einem der Ziele in Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 866/90 des Rates (5) entsprechen, und 35 % (bzw. 50 % in den Ziel-1-Gebieten) bei anderen Vorhaben, sofern sie nicht aufgrund der unter Ziffer 2 des Anhangs der Entscheidung 90/342/EWG der Kommission (6) (beziehungsweise der Entscheidung 94/173/EWG der Kommission (7) genannten Auswahlkriterien ausgeschlossen sind.

c)

Die betreffenden Beihilfen konnten nur im Zusammenhang mit einer Anpassung der Zinssätze für neue, aufgrund der Veränderung der Geldmarktsätze aufgenommene Darlehen gewährt werden (wobei der Beihilfebetrag höchstens den durch die Anpassung entstandenen Kosten entsprechen durfte), oder sie mussten landwirtschaftliche Betriebe betreffen, deren Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zwar gewährleistet war, die jedoch so hoch verschuldet waren, dass ihre Existenz gefährdet war und Konkursgefahr bestand.

(14)

In Reaktion auf die Einleitung des Verfahrens haben die italienischen Behörden das Gesetz Nr. 52/94 durch Einführung des Gesetzes Nr. 13/96 geändert. Auf der Grundlage dieses Regionalgesetzes konnte die Kommission die entsprechend geänderten Beihilfen für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklären und das Verfahren einstellen (8).

(15)

Mit dem Gesetz Nr. 13/96 wurden folgende Änderungen eingeführt:

a)

Der Zuschuss bis zu 50 % der in der Bilanz der Genossenschaften eingestellten Verbindlichkeiten wurde im Fall einer Fusion bzw. Eingliederung in eine andere Genossenschaft gestrichen.

b)

Die Zuschüsse für die Konsolidierung hoher Schulden der Genossenschaften und ihrer Zusammenschlüsse (Artikel 1 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 52/94) sowie die Beihilfen zugunsten der Betriebe (Artikel 1 Absatz 2) können nur zur Konsolidierung von Schulden gewährt werden, die bei der Durchführung von Investitionen entstanden sind.

c)

Die vorgenannten Beihilfen dürfen nur einen Teil der Investition abdecken: 80 % bei Genossenschaften und 65 % bei landwirtschaftlichen Betrieben.

d)

Die bei Aufnahme der Darlehen gewährten Beihilfen und die in Rede stehenden Beihilfen dürfen zusammen genommen die folgenden von der Kommission generell zugelassenen Prozentsätze nicht übersteigen: 35 % (75 % in benachteiligten Gebieten im Sinne der Richtlinie 75/268/EWG) für Investitionen im Sektor landwirtschaftliche Primärerzeugung und 55 % für Investitionen im Sektor Verarbeitung und Vermarktung von Agrarerzeugnissen.

e)

Die fraglichen Beihilfen dürfen nur landwirtschaftlichen Betrieben oder Genossenschaften gewährt werden, deren Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zwar gewährleistet ist, die jedoch so hoch verschuldet sind, dass ihre Existenz gefährdet ist und Konkursgefahr besteht.

(16)

Die unter Berücksichtigung der Änderungen genehmigte Beihilferegelung blieb unverändert, bis die Kommission beschlossen hat, wegen der Bestimmungen in Artikel 257 des Gesetzes Nr. 10/01 das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

III.   EINLEITUNG DES VERFAHRENS NACH ARTIKEL 88 ABSATZ 2 EG-VERTRAG

(17)

Die Kommission hat in Bezug auf die Bestimmungen in Artikel 257 des Gesetzes Nr. 10/01 und in Bezug auf die im Zeitraum 1. Januar 1998 — 20. Mai 2001 (Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 10/01) im Rahmen der Regelung gewährten und aus den im vorgenannten Artikel vorgesehenen Haushaltsmitteln zu refinanzierenden Beihilfen das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleitet, weil sie Zweifel an der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt hatte. Die Zweifel betrafen insbesondere die folgenden Aspekte:

a)

Mit dem in Artikel 257 des Gesetzes Nr. 10/01 vorgesehenen Betrag sollte eine 1996 von der Kommission genehmigte Beihilferegelung zur Konsolidierung hoher Schulden von landwirtschaftlichen Betrieben und Genossenschaften finanziert werden. Die damalige Genehmigung war auf der Grundlage besonderer Vorschriften für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen erfolgt, die für den Landwirtschaftsbereich alternativ zu den Leitlinien zur Beurteilung von Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (9) (im Folgenden: „Leitlinien von 1994“) angewendet werden konnten, wie in den Leitlinien selbst ausdrücklich vorgesehen ist.

b)

Die Leitlinien von 1994 wurden 1997 durch neue Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (im Folgenden „Leitlinien von 1997“) (10) ersetzt, in denen neue Bedingungen für den Landwirtschaftssektor festgelegt wurden. Die Beihilferegelung hätte ab 1. Januar 1998 an diese neuen Bedingungen angepasst werden müssen. Die vorliegenden Informationen enthielten jedoch keine Hinweise dafür, dass entsprechende Anpassungen vorgenommen worden wären.

c)

Die Leitlinien von 1997 wurden ihrerseits zwei Jahre später erneut ersetzt (im Folgenden: „Leitlinien von 1999“); auch hier hätte eine Anpassung der Beihilferegelung vorgenommen werden müssen.

d)

Die vorliegenden Informationen enthielten jedoch keine Hinweise dafür, dass die in Rede stehende Beihilferegelung an die Bedingungen der Leitlinien von 1999 angepasst worden wäre.

e)

Vor diesem Hintergrund bestanden Zweifel, ob die im Zeitraum 1. Januar 1998 — 20. Mai 2001 (Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 10/01) gewährten Beihilfen und die Bedingungen, die für die Verwendung der Mittel gemäß Artikel 257 des Gesetzes Nr. 10/01 gelten, mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind.

IV.   STELLUNGNAHMEN DER ITALIENISCHEN BEHÖRDEN

(18)

Mit Schreiben vom 2. Juli 2004, eingegangen am 7. Juli 2004, übermittelte die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union der Kommission die Stellungnahmen der italienischen Behörden nach der Einleitung des Verfahrens gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag in Bezug auf die Bestimmungen in Artikel 257 des Gesetzes Nr. 10/01 sowie in Bezug auf die im Zeitraum 1. Januar 1998 — 20. Mai 2001 (Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 10/01) im Rahmen der Regelung gewährten und aus den im vorgenannten Artikel vorgesehenen Haushaltsmitteln zu refinanzierenden Beihilfen.

(19)

In diesem Schreiben teilen die italienischen Behörden vor allem die Rücknahme der Notifizierung von Artikel 257 des Gesetzes Nr. 10/01 sowie die Einleitung des Verfahrens zur Aufhebung des Gesetzes mit und verweisen darauf, dass im Hinblick auf diesen Artikel weder Maßnahmen zur Durchführung ergriffen noch Beihilfen gewährt worden seien.

(20)

Des Weiteren betonen die italienischen Behörden, die Kommission habe im Schreiben zur Genehmigung des Gesetzes Nr. 52/94 erklärt, die betreffenden Beihilfen genügten den auf sie anwendbaren Kriterien und fielen daher unter die Ausnahme gemäß Artikel 87 (vormals Artikel 92) Absatz 3 Buchstabe c des Vertrags, da es sich um Maßnahmen handele, die die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete fördern, ohne den Handel in einer Weise zu beeinträchtigen, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Dabei habe die Kommission nicht auf die gemeinschaftlichen Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten Bezug genommen.

(21)

Nach Ansicht der italienischen Behörden geht aus der von 1994 bis 1996 mit der Kommission geführten Korrespondenz das Ziel des Gesetzes Nr. 52/94 klar hervor: Es sollte verhindert werden, dass die landwirtschaftlichen Betriebe aufgrund der schwankenden Kreditkosten bei der Durchführung von Investitionen mit Zinsen konfrontiert werden, die über den marktüblichen Sätzen liegen, und dadurch in Schwierigkeiten geraten. Die Region Latium habe zudem stets dafür Sorge getragen, die Rentabilität der begünstigten Unternehmen zu überprüfen, und sich dabei vor allem auf die Sanierungspläne gestützt, die die Betriebe gemäß Gesetz Nr. 52/96 mit Änderungen vorzulegen hatten.

(22)

Die italienischen Behörden vertreten in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass die in Gesetz Nr. 52/94 vorgesehenen Beihilfen unter die Ausnahme gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag fallen.

(23)

In ihrem Schreiben vom 2. Juli 2004 fragten die italienischen Behörden darüber hinaus, ob im Fall einer Überprüfung der im Zeitraum 1998-2000 (11) gewährten Beihilfen für am 5. Dezember 1994 bestehende Darlehen unter dem Aspekt der Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten nicht Ziffer 2.5 der Leitlinien von 1997 angewandt werden könnte, wo es heißt: „Ebenso wenig wirken sich die vorliegenden Leitlinien auf die Anwendung der für andere Zwecke als für Rettungs- oder Umstrukturierungsmaßnahmen genehmigten Regelungen aus, wie Beihilferegelungen für die Regionalentwicklung [oder] die Förderung von KMU …“, da die in Gesetz Nr. 52/94 vorgesehenen Maßnahmen genehmigt worden seien, weil sie die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete fördern, ohne den Handel in einer Weise zu beeinträchtigen, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

(24)

Schließlich haben die italienischen Behörden die Ausführungen in Ziffer 29 des Schreibens der Kommission vom 11. Dezember 2003 (vgl. Fußnote 1), in dem diese um Übermittlung einer Reihe von Regionalbeschlüssen sowie von Auszügen aller seit dem 1. Januar 1998 verabschiedeten Haushaltsgesetze ersucht hatte, um den exakten Betrag der jährlich zur Finanzierung der in Rede stehenden Beihilferegelung bereit gestellten Mittel ermitteln zu können, wie folgt beantwortet:

a)

die einzigen gemäß Gesetz Nr. 52/94 vorgesehenen Mittel seien die im Gesetz selbst vorgesehenen und im Regionalhaushalt 1995 erfassten (12);

b)

die Mittelbindung sei erst nach der Genehmigung des Gesetzes durch die Kommission im Jahr 1996 erfolgt;

c)

im Anschluss daran seien die Maßnahmen zugunsten der Unternehmen, die die in Gesetz Nr. 52/94 angeführten Bedingungen erfüllten, aus Mitteln finanziert worden, die durch Einsparungen infolge von Zinssenkungen sowie strikter Anwendung des Gesetzes frei geworden seien, so dass kein Nachtragshaushalt verabschiedet werden musste;

d)

die Maßnahme der Region Latium zugunsten der landwirtschaftlichen Betriebe habe allein die am 5. Dezember 1994 bestehenden Bankdarlehen zur Durchführung von Investitionen betroffen, wobei zu beachten sei, dass im Jahr 1994, wie in den Jahren zuvor, die Zinssätze in Italien zu den höchsten in der gesamten Union gehörten.

(25)

In ihrem Schreiben an die Kommission vom 3. April 2009 wiesen die italienischen Behörden darauf hin, dass alle im Rahmen dieser Regelung gestellten Beihilfeanträge vor dem 1. Januar 1998 eingereicht worden seien.

V.   BEWERTUNG

(26)

Nach Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(27)

Die in Rede stehende Maßnahme entspricht dieser Definition, weil sie bestimmte Unternehmen (landwirtschaftliche Betriebe mit hohen Schulden) begünstigt und angesichts der Position Italiens im Agrarsektor den Handel beeinträchtigen kann (Italien war z.B. im Jahr 2006 der drittgrößte Produzent von Rindfleisch und der größte Tomatenerzeuger in der Union).

(28)

In den in Artikel 87 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag vorgesehenen Fällen können jedoch bestimmte Maßnahmen ausnahmsweise als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden.

(29)

In Anbetracht der Art der Beihilferegelung käme im vorliegenden Fall nur die in Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag vorgesehene Ausnahmeregelung in Frage, derzufolge Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

(30)

Vor der Prüfung der Anwendbarkeit dieser Ausnahmebestimmung stellt die Kommission fest, dass die italienischen Behörden in dem nach Beginn des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag verfassten Schreiben vom 2. Juli 2004 darauf hingewiesen haben, dass das Verfahren zur Aufhebung von Artikel 257 des Gesetzes Nr. 10/01 eingeleitet und keine Beihilfe gemäß den darin enthaltenen Bestimmungen gewährt worden sei. Mit Telex vom 20. September 2005 ersuchten die Dienststellen der Kommission die italienischen Behörden um Belege für die Aufhebung von Artikel 257 des Gesetzes Nr. 10/01.

(31)

Mit Schreiben vom 16. Juli 2008 erhielten die Dienststellen der Kommission eine Antwort auf das vorgenannte Telex. Darin wurde bestätigt, dass die umstrittenen Bestimmungen in Artikel 257 des Gesetzes Nr. 10/01 durch Artikel 27 Absatz 2 des Regionalgesetzes Nr. 4 vom 28. April 2006 aufgehoben wurden und das Gesetz seit der Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag nicht mehr angewandt wurde. Außerdem haben die italienischen Behörden in ihrem Schreiben vom 2. Juli 2004 die Rücknahme der Notifizierung des vorgenannten Artikels 257 mitgeteilt.

(32)

Vor diesen Hintergrund besteht für die Kommission kein Anlass, ihre Untersuchungen zu den Bestimmungen des Artikels 257 von Gesetz Nr. 10/01 fortzusetzen, und kann das Prüfungsverfahren eingestellt werden.

(33)

Zur Frage der Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag auf die im Zeitraum 1. Januar 1998 — 31. Dezember 2000 (vgl. Fußnote 11) gewährten Beihilfen stellen die Dienststellen der Kommission fest, dass die italienischen Behörden in ihrer nach Einleitung des Verfahrens gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag vorgelegten Stellungnahme und während des nachfolgenden Treffens erklärt haben, die in Rede stehenden Maßnahmen seien ausschließlich aus den Mitteln der von der Kommission genehmigten Beihilferegelung C 43/95 (vgl. Erwägungsgrund 24) finanziert worden. Dem am 3. April 2009 übermittelten Schreiben der italienischen Behörden ist des Weiteren zu entnehmen, dass sämtliche Beihilfeanträge vor dem 1. Januar 1998 eingereicht wurden (vgl. Erwägungsgrund 25).

(34)

Aus den vorgenannten Angaben geht hervor, dass die im Zeitraum 1998-2000 verwendeten Mittel bereits Gegenstand einer Entscheidung der Kommission gewesen sind und nach dem Tag, ab dem alle neuen Anträge an die neuen Bestimmungen für Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (vgl. Erwägungsgrund 17) anzupassen waren, kein solcher Antrag mehr eingereicht wurde. Vor diesem Hintergrund besteht für die Kommission kein Anlass, sich im Lichte der genannten Bestimmungen erneut zur Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag auf die im Zeitraum 1998-2000 gewährten Beihilfen zu äußern, die faktisch die Weiterfinanzierung der vor dem 1. Januar 1998 eingereichten Beihilfeanträge darstellen und die unter Erwägungsgrund 15 angeführten, von der Kommission bereits gebilligten Bedingungen erfüllen (vgl. Erwägungsgrund 14). Auch das Verfahren in Bezug auf die im Zeitraum 1998-2000 gewährten Beihilfen kann daher eingestellt werden —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag, eingeleitet mit Schreiben vom 11. Dezember 2003 (13), wird als gegenstandslos eingestellt, da Italien die Anmeldung vom 2. Juli 2004 zurückgezogen und das Beihilfevorhaben nicht weiter verfolgt hat.

Artikel 2

Das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag in Bezug auf die von Italien (Region Latium) im Zeitraum 1998-2000 im Rahmen der Maßnahme auf der Grundlage der Bestimmungen des Gesetzes Nr. 52/94, geändert durch Gesetz Nr. 13/96, gewährten Beihilfen ist gegenstandslos geworden und wird daher eingestellt.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Italienische Republik gerichtet.

Brüssel, den 17. Juni 2009

Für die Kommission

Mariann FISCHER BOEL

Mitglied der Kommission


(1)  Schreiben SG (2003) D/233340.

(2)  ABl. C 15 vom 21.1.2004, S. 28.

(3)  Beihilfe C 43/95 (ex NN 73/94) (ABl. C 327 vom 7.12.1995, S. 9).

(4)  ABl. L 128 vom 19.5.1975, S. 1.

(5)  ABl. L 91 vom 6.4.1990, S. 1.

(6)  ABl. L 163 vom 29.6.1990, S. 71.

(7)  ABl. L 222 vom 20.9.1995, S. 19.

(8)  Schreiben SG(96) D/3465 vom 29. März 1996.

(9)  ABl. C 368 vom 23.12.1994, S. 12.

(10)  ABl. C 283 vom 19.9.1997, S. 2.

(11)  Die italienischen Behörden beziehen sich auf das Jahr 2000 und nicht auf 2001, weil nach dem Jahr 2000 keine Beihilfe mehr gewährt wurde.

(12)  D. h. 4 Mrd. ITL (2 061 856 EUR). Der Gesamtbetrag der im Zeitraum 1998-2000 gewährten Beihilfen belief sich auf 1,4 Mrd. ITL (721 650 EUR).

(13)  Vgl. Fußnote 2.