27.5.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 137/7


STELLUNGNAHME DES RATES

zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Österreichs für 2009-2013

2010/C 137/02

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 3,

auf Empfehlung der Kommission,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses —

GIBT FOLGENDE STELLUNGNAHME AB:

(1)

Am 26. April 2010 prüfte der Rat das aktualisierte Stabilitätsprogramm Österreichs für den Zeitraum 2009 bis 2013.

(2)

Die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise hat Österreich in die tiefste Rezession der Nachkriegszeit gestürzt. Der Abschwung erreichte Österreich vor allem über sinkende Exporte, die den Zusammenbruch des Welthandels widerspiegelten, und über schrumpfende Anlageinvestitionen aufgrund schwindender Nachfrage und restriktiverer Kreditmarktbedingungen. Nach der jüngsten amtlichen Schätzung ist das BIP 2009 um insgesamt 3,6 % (2) geschrumpft. Am stärksten in Mitleidenschaft gezogen wurde die in hohem Maße exportorientierte verarbeitende Industrie.

Trotz eines deutlichen Rückgangs gegenüber den letzten Jahren ist das Wachstum des privaten Verbrauchs zu einem stabilisierenden Faktor geworden. Die Verbraucherpreise stiegen 2009 um lediglich 0,4 %, was vor allem auf die kräftigen Basiseffekte der rückläufigen Kraftstoff- und Heizölpreise sowie darauf zurückzuführen ist, dass die schwache Nachfrage die Gewinnmargen drückte. Da sich die Rezession allmählich auch auf den Arbeitsmarkt niederschlug, schrumpfte die Beschäftigung 2009 um 1,4 %, und die Arbeitslosenquote erhöhte sich (von 3,8 % im Vorjahr) auf 5,0 %. Die österreichischen Behörden reagierten darauf mit einem umfangreichen diskretionären Konjunkturpaket, das mit dem europäischen Konjunkturprogramm in Einklang stand. Infolge der Konjunkturmaßnahmen und der Wirkung der automatischen Stabilisatoren verschlechterten sich die öffentlichen Finanzen 2009 erheblich; das gesamtstaatliche Defizit stieg (von 0,4 % des BIP 2008) auf 3,5 % des BIP und der öffentliche Schuldenstand auf 66,5 % des BIP an. Am 2. Dezember 2009 stellte der Rat fest, dass in Österreich ein übermäßiges Defizit bestand, und empfahl dessen Korrektur bis 2013. Auch wenn Österreich mit einem nahezu ausgeglichenen Haushalt in die Krise glitt, macht die erhebliche Verschlechterung der öffentlichen Finanzen doch umfangreiche Konsolidierungsmaßnahmen erforderlich.

(3)

Auch wenn der im Zuge der Krise verzeichnete Rückgang beim tatsächlichen BIP zum großen Teil konjunkturbedingt ist, wurde auch die Höhe des Produktionspotenzials negativ beeinflusst. Außerdem könnte die Krise das Potenzialwachstum mittelfristig aufgrund geringerer Investitionen, einer restriktiveren Kreditvergabe und steigender struktureller Arbeitslosigkeit beeinträchtigen. Zudem verschärfen die Auswirkungen der Wirtschaftskrise die negativen Folgen der Bevölkerungsalterung für das Produktionspotenzial und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Vor diesem Hintergrund ist es unverzichtbar, das Tempo der Strukturreformen zu beschleunigen, um das Potenzialwachstum zu stützen. Besonders wichtig sind für Österreich Reformen beim Angebot an Arbeitskräften (namentlich durch mehr Anreize für einen längeren Verbleib im Erwerbsleben) und bei der Bildung (durch bessere Bildungsabschlüsse für benachteiligte Jugendliche).

(4)

Nach dem makroökonomischen Ausgangsszenario des Stabilitätsprogramms vom Januar 2010 wird sich das reale BIP-Wachstum von – 3,4 % im Jahr 2009 auf 1,5 % 2010-11 und rund 2 % in den Folgejahren beschleunigen. Dieses Szenario ist bei einer Beurteilung anhand der derzeit verfügbaren Informationen (3) 2010 wohl leicht optimistisch und im Hinblick auf die Wachstumsannahmen 2011-2013 plausibel. Die Differenz bei den Wachstumsprojektionen für 2010 ergibt sich dadurch, dass das Programm einen höheren Außenbeitrag unterstellt als die Herbstprognose 2009 der Kommissionsdienststellen. Die Inflationsprojektionen des Programms erscheinen realistisch.

(5)

In dem Programm wird das gesamtstaatliche Defizit mit 3,5 % des BIP im Jahr 2009 veranschlagt. Die wesentliche Verschlechterung gegenüber dem Defizit von 0,4 % des BIP im Jahr 2008 ist weitgehend den Auswirkungen der Krise auf die öffentlichen Finanzen zuzuschreiben, aber sie ist auch die Folge von Anreizmaßnahmen im Umfang von 1 ½ % des BIP, die von der Regierung im Zuge des Europäischen Konjunkturprogramms verabschiedet wurden. Die 2009 eingeführten Anreizmaßnahmen waren mehrheitlich unbefristet (rund 1,3 % des BIP 2009, gegenüber 0,2 % des BIP an befristeten Maßnahmen). In Einklang mit der vom Rat befürworteten Ausstiegsstrategie und im Hinblick auf die Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2013 sowie die Rückkehr zu einer langfristig tragfähigen Lage der öffentlichen Finanzen wird die Finanzpolitik die Konjunktur 2010 weiterhin stützen und dann ab 2011 restriktiver werden.

(6)

Dem Programm zufolge wird das nominale gesamtstaatliche Defizit von 3,5 % des BIP 2009 auf 4,7 % des BIP 2010 anwachsen. Dabei soll die Ausgabenquote 2010 praktisch unverändert bleiben, da die Verschlechterung um über 1 % des BIP fast ausschließlich auf der Einnahmenseite entsteht. Das Programm enthält keine weiteren Maßnahmen als jene, die schon bei der letzten Prüfung im Rahmen des Defizitverfahrens gegen Österreich bekannt waren, was der Empfehlung des Rates entspricht, „die finanzpolitischen Maßnahmen 2010 wie geplant umzusetzen“.

Die projizierte Verschlechterung ist teils auf das freie Wirken der automatischen Stabilisatoren und teils auf diskretionäre Maßnahmen zurückzuführen. Insbesondere werden Teile der Steuerreform von 2009, namentlich die Entlastungen für Familien mit Kindern und die Steuersenkungen für Selbständige, erst 2010 in Kraft treten und den Haushalt voraussichtlich mit rund 0,25 % des BIP belasten. Die im Januar 2009 beschlossene beschleunigte Abschreibungsregelung wird mit weiteren ca. 0,1 % des BIP im Haushalt zu Buche schlagen. Der erwartete finanzpolitische Kurs ist expansiv, denn die Verschlechterung des nominalen Saldos spiegelt sich in einem Anstieg des (von den Kommissionsdienststellen nach der gemeinsamen Methodik anhand von Programmdaten berechneten) konjunkturbereinigten strukturellen Saldos um 1,25 % des BIP wider. Diese Veränderung entspricht nicht dem Wert, der sich aufgrund der Informationen über die 2010 wirksam werdenden diskretionären Maßnahmen ergeben hätte und von den Kommissionsdienststellen auf rund 0,5 % des BIP veranschlagt wird. Die Diskrepanz erklärt sich zum Teil durch negative Zusammensetzungseffekte, da der Außenbeitrag als Wachstumsfaktor an Bedeutung gewinnt und die Auswirkungen auf die Einnahmen aus Unternehmenssteuern erst mit Verzögerung eintreten.

(7)

Das Hauptziel der mittelfristigen Haushaltsstrategie ist es, das Defizit in Einklang mit der Ratsempfehlung nach Artikel 126 Absatz 7 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vom 2. Dezember 2009 bis Ende des Programmzeitraums unter den Referenzwert von 3 % des BIP zu senken. Das Programm sieht für die Jahre 2011-2013 eine signifikante gleichmäßige Konsolidierung vor. Der strukturelle Saldo soll von 3,9 % des BIP 2010 auf 2,2 % des BIP 2013 sinken, was einer jährlichen Konsolidierungsanstrengung von etwas weniger als 0,75 % des BIP im Durchschnitt der Jahre 2011-2013 entspricht. Der strukturelle Primärsaldo soll von einem Defizit von 1,25 % des BIP im Jahr 2010 in einen Überschuss von 0,75 % des BIP im Jahr 2013 verwandelt werden. Dem Programm zufolge wird die Einnahmenquote im Zeitraum 2010 bis 2013 weitgehend unverändert bleiben und die Konsolidierung vorrangig über die Ausgabenseite erfolgen.

Als Maßnahme zur Sicherung der geplanten Konsolidierung wird im Programm allerdings einzig und allein die Senkung der Gesundheitsausgaben um rund 1,7 Mrd. EUR im Zeitraum 2010 bis 2013 genannt, auf die sich die Bundesregierung mit den gesetzlichen Krankenkassen verständigt hat. Die vereinbarten Einsparungen machen rund 0,6 % des BIP aus, so dass durch diese Maßnahmen nicht einmal ein Drittel der im Zeitraum 2010 bis 2013 geplanten Konsolidierung erreicht wird. Als mittelfristiges Ziel strebt Österreich einen ausgeglichenen Haushalt an. Angesichts der jüngsten Projektionen und Schuldenstandsdaten gibt das mittelfristige Ziel die Zielsetzungen des Pakts mehr als ausreichend wieder. Allerdings sieht das Programm nicht vor, dass das mittelfristige Ziel innerhalb des Programmzeitraums erreicht werden soll.

(8)

Die Haushaltsergebnisse könnten ab 2011 schlechter ausfallen als im Programm projiziert. Die Einnahmenprojektionen der Programmaktualisierung bleiben zwar realistisch, doch werden nur zum Teil Maßnahmen für die geplante Konsolidierung auf der Ausgabenseite genannt. Spezifische zusätzliche Risiken ergeben sich aus den Bankgarantien der Regierung zur Unterstützung des Finanzsektors, die — falls sie in Anspruch genommen würden — zu Erhöhungen des Defizits und des Schuldenstands führen würden. Ein Teil der Kosten der staatlichen Unterstützung für den Finanzsektor könnte jedoch künftig auch wieder hereingeholt werden. Ein geringes Aufwärtsrisiko birgt die mögliche Einführung einer Sonderabgabe für Banken ab 2011, die dem Staat Einnahmen von rund 0,2 % des BIP bescheren könnte.

(9)

Der öffentliche Bruttoschuldenstand wird für 2009 mit 66,5 % des BIP gegenüber 62,5 % im Vorjahr veranschlagt. Neben dem höheren Defizit und dem niedrigeren BIP-Wachstum trugen auch umfangreiche Bestandsanpassungen, die vor allem die Rettungsmaßnahmen für Banken widerspiegeln, zum Anstieg der Schuldenquote bei. Die öffentliche Bruttoschuldenquote lag damit im Jahr 2009 über dem im Vertrag vorgesehenen Referenzwert und soll im gesamten Programmzeitraum tendenziell weiter ansteigen. Vor allem durch die weiterhin hohen öffentlichen Defizite soll die Schuldenquote im Programmzeitraum um 7,8 Prozentpunkte steigen. Abgesehen davon, dass die Defizite ab 2011 höher ausfallen könnten als geplant, ist die Schuldenquotenentwicklung mit weiteren Risiken behaftet, die insbesondere aus der Unsicherheit über die künftigen Kosten im Zusammenhang mit der weiteren Entwicklung der fünftgrößten Bank des Landes, der (im Dezember 2009 verstaatlichten) Hypo Group Alpe Adria, und den staatlichen Garantien für die Anleihen der österreichischen Autobahngesellschaft (ASFINAG) und der österreichischen Bahn (ÖBB) erwachsen.

(10)

Mittelfristige Schuldenprojektionen, die davon ausgehen, dass das BIP-Wachstum nur langsam wieder die vor der Krise projizierten Raten erreicht und die Steuerquoten wieder auf Vorkrisenniveau zurückkehren, und die den projizierten Anstieg der alterungsbedingten Ausgaben sowie den projizierten Anstieg der realen Zinssätze beinhalten, zeigen, dass die im Programm anvisierte Haushaltsstrategie in ihrer jetzigen Form und bei unveränderter Politik fast ausreichen würde, um die Schuldenquote bis 2020 zu stabilisieren.

(11)

Die langfristigen Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf die öffentlichen Haushalte liegen in Österreich etwas unter dem EU-Durchschnitt, da die Rentenausgaben auf lange Sicht im Verhältnis zum BIP nur leicht ansteigen sollen. Die im Programm veranschlagte Haushaltslage für 2009 verstärkt die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf die öffentlichen Haushalte. Die mittelfristige Sicherung von Primärüberschüssen würde dazu beitragen, die Risiken für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, die im Tragfähigkeitsbericht (4) der Kommission von 2009 als mittlere Risiken eingestuft wurden, zu verringern.

(12)

Der derzeitige österreichische Haushaltsrahmen, der auf dem Finanzausgleichsgesetz und dem Österreichischen Stabilitätspakt beruht, ist recht komplex und wenig transparent. Nicht nur fließen die Einnahmen aus den meisten Einzelsteuern nach festen Quoten an Bund, Länder und Gemeinden, sondern in vielen Bereichen verteilen sich auch die Entscheidungsbefugnisse auf die verschiedenen Ebenen des Staates. Bei vielen Tätigkeiten liegt die Zuständigkeit für die Einnahmenerhebung auf einer anderen Regierungsebene als die entsprechende Ausgabenbefugnis. Allein schon von seiner Konzeption her fördert das System nicht die effizienteste Ressourcennutzung. Allerdings hat Österreich vor Kurzem eine weitreichende Reform des Budgetrahmengesetzes auf Bundesebene angestoßen.

Mit dem ersten Teil der Reform, der am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, wurde ein neuer mehrjähriger Ausgabenrahmen mit festen Obergrenzen (für rund 80 % der Gesamtausgaben) fortlaufend für vier aufeinanderfolgende Jahre eingeführt. Dadurch sollen prozyklische Ausgaben verhindert und die Wirksamkeit der automatischen Stabilisatoren verbessert werden. Der zweite Teil, dessen Inkrafttreten im Jahr 2013 bereits rechtlich abgesichert ist, beinhaltet die Einführung ergebnisgestützter Budgetplanung und die Modernisierung des Rechnungswesens und der langfristigen Projektionen der öffentlichen Verwaltung.

(13)

Die öffentlichen Ausgaben Österreichs könnten in verschiedenen Bereichen noch effizienter werden, insbesondere im Gesundheits- und Bildungswesen, wo Österreich im EU-Vergleich durchschnittlich oder leicht unterdurchschnittlich abschneidet, oftmals aber zu höheren Kosten. Ein Grund dafür ist die erwähnte Überlappung der Finanzierungs- und Verwaltungsaufgaben der drei Regierungsebenen. In dem Programm 2010 werden die geplanten Einsparungen im Gesundheitswesen erläutert, die im Zeitraum 2010 bis 2013 rund 0,6 % des BIP ausmachen sollen. Außerdem ist dem Programm zufolge eine Sachverständigen-Arbeitsgruppe eingesetzt worden, die prüfen soll, wie öffentliche Gelder in zahlreichen Bereichen effizienter eingesetzt werden können. Hinweise auf bevorstehende konkrete Gesetzesvorlagen enthält das Programm aber nicht.

(14)

Insgesamt entspricht die im Programm dargelegte Haushaltsstrategie 2010 der Ratsempfehlung nach Artikel 126 Absatz 7. Ab 2011 könnte die Haushaltsstrategie unter Berücksichtigung der Risiken allerdings nicht mehr mit der Ratsempfehlung nach Artikel 126 Absatz 7 in Einklang stehen. So sieht die Strategie zwar insbesondere die Verringerung des Defizits bis 2013 auf 2,7 % des BIP — und somit die Korrektur des übermäßigen Defizits — und eine jährliche Konsolidierungsanstrengung von etwas weniger als 0,75 % des BIP im Zeitraum 2011-2013 vor, doch wird diese Anstrengung angesichts der Risiken möglicherweise nicht ausreichen. Der im Programm skizzierte, 2011 einsetzende Konsolidierungspfad wird nicht durch geeignete Maßnahmen abgesichert. Außerdem reicht die Haushaltsstrategie nicht aus, um die Schuldenquote wieder auf Abwärtskurs zu bringen.

(15)

Was die im Verhaltenskodex für die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme vorgesehenen Daten angeht, so weist das Programm alle vorgeschriebenen und die meisten fakultativen Angaben auf (5). In seinen Empfehlungen nach Artikel 126 Absatz 7 vom 2. Dezember 2009 zur Beendigung des übermäßigen öffentlichen Defizits, forderte der Rat Österreich auch auf, in einem gesonderten Kapitel der Stabilitätsprogrammfortschreibungen über die Fortschritte bei der Umsetzung seiner Empfehlungen zu berichten. Der entsprechende Abschnitt der Programmaktualisierung enthält nur sehr begrenzte Angaben dazu, wie die österreichische Regierung bei der Umsetzung der Ratsempfehlung vorankommen will.

Alles in allem lässt sich der Schluss ziehen, dass sich die Lage der öffentlichen Finanzen Österreichs im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise erheblich verschlechtert hat, was auf das Wirken der automatischen Stabilisatoren und ein umfangreiches Konjunkturpaket der Regierung zurückzuführen ist. Da die Maßnahmen gegen den Abschwung überwiegend unbefristet sind, müssen schon ab 2011 Konsolidierungsmaßnahmen ergriffen werden. Die im Programm dargelegte Haushaltsstrategie für 2010 entspricht der Ratsempfehlung vom 2. Dezember 2009. Die Haushaltsstrategie für die Jahre 2011-2013 wird jedoch möglicherweise nicht mehr mit der Empfehlung übereinstimmen. Zwar wird im Programm ein 2011 einsetzender ausgabenseitiger Konsolidierungspfad vorgezeichnet, doch muss er noch durch konkrete Maßnahmen abgesichert werden. Österreich hat in letzter Zeit bei den öffentlichen Ausgaben viele bedeutende Reformen durchgeführt. In Bereichen wie Gesundheit und Bildung bestehen aber noch Verbesserungsmöglichkeiten. Durch eine Reform der Finanzbeziehungen zwischen den verschiedenen Ebenen des Staates könnten hier noch erhebliche Effizienzgewinne erzielt werden.

In Anbetracht der vorstehenden Bewertung und der Empfehlung nach Artikel 126 AEUV vom 2. Dezember 2009 wird Österreich aufgefordert,

i)

die Maßnahmen zu konkretisieren, die für notwendig erachtet werden, um die geplante Konsolidierung ab 2011 abzusichern und so bis 2013 die empfohlene jährliche strukturelle Haushaltsanpassung von durchschnittlich 0,75 % des BIP zu erreichen und das gesamtstaatliche Defizit unter den Referenzwert von 3 % des BIP zurückzuführen; und — wie in der Empfehlung im Rahmen des Defizitverfahrens vorgeschrieben — alle über die Konsolidierungsanstrengungen hinausgehenden Möglichkeiten, einschließlich der sich durch bessere wirtschaftliche Bedingungen ergebenden Möglichkeiten, zu nutzen, um die Bruttoschuldenquote schneller auf den Referenzwert von 60 % des BIP zurückzuführen;

ii)

den Haushaltsrahmen weiter zu verbessern, um die Haushaltsdisziplin auf allen Ebenen des Staates durch mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht zu stärken, namentlich indem die Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und Finanzierungsaufgaben der verschiedenen Regierungsebenen justiert und die Durchsetzungsmechanismen des österreichischen Stabilitätspakts ausgebaut werden.

Österreich wird außerdem aufgefordert, rechtzeitig für die Bewertung der Wirksamkeit der Maßnahmen im Rahmen des Defizitverfahrens einen Programmzusatz zu übermitteln, in dem es über die Fortschritte bei der Umsetzung der Ratsempfehlung nach Artikel 126 Absatz 7 vom 2. Dezember 2009 berichtet und die Konsolidierungsstrategie, die notwendig sein wird, um bei der Korrektur des übermäßigen Defizits voranzukommen, mit gewisser Ausführlichkeit darlegt.

Gegenüberstellung zentraler makroökonomischer und budgetärer Projektionen

 

2008

2009

2010

2011

2012

2013

Reales BIP

(Veränderung in %)

SP Jan. 2010

2,0

–3,4

1,5

1,5

1,9

2,0

KOM Nov. 2009

2,0

–3,7

1,1

1,5

k.A.

k.A.

SP Apr. 2009

1,8

–2,2

0,5

1,5

2,0

2,3

HVPI-Inflation

(%)

SP Jan. 2010

3,2

0,4

1,3

1,5

1,8

1,9

KOM Nov. 2009

3,2

0,5

1,3

1,6

k.A.

k.A.

SP Apr. 2009

3,2

0,6

1,1

1,3

1,5

1,9

Produktionslücke (6)

(% des BIP-Potenzials)

SP Jan. 2010

2,8

–1,8

–1,6

–1,5

–1,3

–1,0

KOM Nov. 2009 (7)

2,8

–2,2

–2,6

–2,7

k.A.

k.A.

SP Apr. 2009

2,6

–0,9

–1,7

–1,6

–1,2

–0,5

Finanzierungsüberschuss/-defizit gegenüber dem Rest der Welt

(% des BIP)

SP Jan. 2010

3,2

2,3

2,4

2,7

2,8

2,9

KOM Nov. 2009

3,6

1,4

1,3

1,7

k.A.

k.A.

SP Apr. 2009

2,9

1,6

0,6

1,0

1,3

1,4

Gesamtstaatliche Einnahmen

(% des BIP)

SP Jan. 2010

48,4

48,0

46,9

46,8

46,9

46,9

KOM Nov. 2009

48,4

47,9

47,1

47,1

k.A.

k.A.

SP Apr. 2009

48,2

47,5

46,5

46,4

46,1

46,1

Gesamtstaatliche Ausgaben

(% des BIP)

SP Jan. 2010

48,9

51,5

51,6

50,9

50,2

49,7

KOM Nov. 2009

48,9

52,3

52,6

52,4

k.A.

k.A.

SP Apr. 2009

48,7

51,1

51,3

51,1

50,9

50,1

Gesamtstaatlicher Haushaltssaldo

(% des BIP)

SP Jan. 2010

–0,4

–3,5

–4,7

–4,0

–3,3

–2,7

KOM Nov. 2009

–0,4

–4,3

–5,5

–5,3

k.A.

k.A.

SP Apr. 2009

–0,4

–3,5

–4,7

–4,7

–4,7

–3,9

Primärsaldo

(% des BIP)

SP Jan. 2010

2,2

–0,7

–1,8

–1,2

–0,4

–0,2

KOM Nov. 2009

2,1

–1,4

–2,5

–2,1

k.A.

k.A.

SP Apr. 2009

2,2

–0,6

–1,7

–1,4

–1,3

–0,4

Konjunkturbereinigter Saldo (6)

(% des BIP)

SP Jan. 2010

–1,7

–2,7

–3,9

–3,3

–2,7

–2,2

KOM Nov. 2009

–1,8

–3,3

–4,3

–4,0

k.A.

k.A.

SP Apr. 2009

–1,6

–3,1

–3,9

–4,0

–4,1

–3,7

Struktureller Saldo (8)

(% des BIP)

SP Jan. 2010

–1,7

–2,7

–3,9

–3,3

–2,7

–2,2

KOM Nov. 2009

–1,8

–3,3

–4,3

–4,0

k.A.

k.A.

SP Apr. 2009

–1,6

–3,1

–3,9

–4

–4,1

–3,7

Öffentlicher Bruttoschuldenstand

(% des BIP)

SP Jan. 2010

62,6

66,5

70,2

72,6

73,8

74,3

KOM Nov. 2009

62,6

69,1

73,9

77,0

k.A.

k.A.

SP Apr. 2009

62,5

68,5

73,0

75,7

77,7

78,5

Stabilitätsprogramm (SP), Herbstprognose 2009 der Kommissionsdienststellen (KOM), Berechnungen der Kommissionsdienststellen.


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1. Die Dokumente, auf die in diesem Text verwiesen wird, sind im Internet abrufbar unter: http://ec.europa.eu/economy_finance/sgp/index_de.htm

(2)  Die Schätzung wurde nach Übermittlung des Programms angestellt.

(3)  In der vorliegenden Bewertung werden namentlich die Prognose der Kommissionsdienststellen vom Herbst 2009, aber auch andere, neuere Daten berücksichtigt.

(4)  Der Rat ruft in seinen Schlussfolgerungen vom 10. November 2009 zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen „die Mitgliedstaaten … auf, bei ihren kommenden Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen einen Schwerpunkt auf Strategien zu legen, die auf Tragfähigkeit ausgerichtet sind“, und „ersucht die Kommission, zusammen mit dem Ausschuss für Wirtschaftspolitik und dem Wirtschafts- und Finanzausschuss, die Methoden zur Bewertung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen rechtzeitig für den nächsten Tragfähigkeitsbericht weiterzuentwickeln“, der 2012 vorgesehen ist.

(5)  Insbesondere fehlen die Einzelkomponenten des Netto-Finanzierungsüberschusses gegenüber dem Rest der Welt, die Einzelkomponenten der Bestandsanpassungen und einige Einzelangaben zur langfristigen Tragfähigkeit.

(6)  Produktionslücken und konjunkturbereinigte Salden nach Neuberechnungen der Kommissionsdienststellen anhand von Programmdaten.

(7)  Ausgehend von einem geschätzten Potenzialwachstum von 1,7 %, 1,2 %, 1,4 % bzw. 1,6 % im Zeitraum 2008-2011.

(8)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und sonstige befristete Maßnahmen. Weder die jüngste Programmfortschreibung noch die Prognose der Kommissionsdienststellen vom November 2009 sehen einmalige oder befristete Maßnahmen vor.

Quelle:

Stabilitätsprogramm (SP), Herbstprognose 2009 der Kommissionsdienststellen (KOM), Berechnungen der Kommissionsdienststellen.