3.7.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 151/1


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juni 2009

zur Sicherheit der Patienten unter Einschluss der Prävention und Eindämmung von therapieassoziierten Infektionen

2009/C 151/01

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 152 Absatz 4 Unterabsatz 2,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 152 des Vertrags ergänzt die Tätigkeit der Gemeinschaft die Politik der Mitgliedstaaten und ist auf die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, die Verhütung von Humankrankheiten und die Beseitigung von Ursachen für die Gefährdung der menschlichen Gesundheit gerichtet.

(2)

Schätzungen zufolge kommt es in den EU-Mitgliedstaaten bei 8 bis 12 % der in Krankenhäuser eingelieferten Patienten während der Behandlung zu Zwischenfällen (4).

(3)

Nach einer Schätzung des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) kommt es im Durchschnitt bei einem von 20 stationären Patienten zu therapieassoziierten Infektionen, das heißt bei 4,1 Millionen Patienten pro Jahr in der EU; diese Infektionen führen jedes Jahr zu 37 000 Todesfällen.

(4)

Unzureichende Patientensicherheit stellt sowohl ein schwerwiegendes Problem der öffentlichen Gesundheit als auch eine hohe wirtschaftliche Belastung der ohnehin begrenzten Gesundheitsbudgets dar. Ein Großteil der Zwischenfälle in Krankenhäusern wie auch in der medizinischen Grundversorgung könnte verhindert werden; die meisten davon sind offenbar auf systemische Faktoren zurückzuführen.

(5)

Diese Empfehlung basiert auf den und ergänzt die Arbeiten auf dem Gebiet der Patientensicherheit, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durch ihre Weltallianz für Patientensicherheit (World Alliance for Patient Safey), vom Europarat und von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geleistet wurden.

(6)

Die Gemeinschaft fördert mit dem Siebten Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung (5) die Forschung auf dem Gebiet der Gesundheitssysteme, und zwar insbesondere die Erforschung der Qualität von Gesundheitsleistungen im Rahmen des Themas Gesundheit, wobei ein Schwerpunkt auch auf der Patientensicherheit liegt. Im Rahmen des Themas Informations- und Kommunikationstechnologie wird die Patientensicherheit ebenfalls eingehend behandelt.

(7)

Die Kommission nennt in ihrem Weißbuch „Gemeinsam für die Gesundheit: Ein strategischer Ansatz der EU für 2008-2013“ vom 23. Oktober 2007 die Patientensicherheit als einen Aktionsbereich.

(8)

Es liegen Hinweise darauf vor, dass die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Entwicklung und Durchführung wirksamer und umfassender Strategien zur Förderung der Patientensicherheit einen unterschiedlichen Entwicklungsstand aufweisen (6). Deshalb soll mit dieser Empfehlung ein Rahmen geschaffen werden, der die Politikentwicklung sowie künftige inner- und zwischenstaatliche Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Bewältigung der wichtigsten Probleme, denen die EU auf dem Gebiet der Patientensicherheit gegenübersteht, voranbringen kann.

(9)

Durch Einbindung in den Prozess der Patientensicherheit sollten die Patienten informiert und zum Handeln befähigt werden. Sie sollten über die Patientensicherheitsstandards, bewährte Praktiken und/oder getroffene Sicherheitsmaßnahmen informiert und darüber aufgeklärt werden, wo sie zugängliche und verständliche Informationen zu Beschwerde- und Rechtsbehelfsmöglichkeiten finden können.

(10)

Die Mitgliedstaaten sollten umfassende Berichterstattungs- und Lernsysteme einrichten, aufrecht erhalten oder verbessern, so dass Umfang und Ursachen von Zwischenfällen im Hinblick auf die Entwicklung effizienter Lösungen und Maßnahmen erfasst werden können. Die Patientensicherheit sollte einen festen Platz in der Aus- und Weiterbildung derjenigen haben, die im Gesundheitswesen arbeiten und entsprechende Leistungen erbringen.

(11)

Zwecks Einführung effizienter und transparenter Programme, Strukturen und Strategien auf dem Gebiet der Patientensicherheit sollten auf Gemeinschaftsebene vergleichbare und aggregierte Daten erhoben und bewährte Verfahrensweisen unter den Mitgliedstaaten verbreitet werden. Zur Erleichterung des Lernens voneinander ist es erforderlich, durch eine Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission eine einheitliche Terminologie der Patientensicherheit sowie gemeinsame Indikatoren zu entwickeln, wobei die Arbeiten der einschlägigen internationalen Organisationen berücksichtigt werden sollten.

(12)

Instrumente der Informations- und Kommunikationstechnologie wie elektronische Patientenakten oder Verschreibungen können zur Verbesserung der Patientensicherheit beitragen, zum Beispiel durch systematisches Screening nach möglichen Medikamenteninteraktionen oder -allergien. Instrumente der Informations- und Kommunikationstechnologie sollten auch darauf ausgerichtet sein, die Kenntnisse der Anwender von Arzneimitteln zu verbessern.

(13)

Zur Ergänzung von Strategien, die auf den vorsichtigen Einsatz von Antibiotika abzielen (7), sollten nationale Strategien ausgearbeitet werden, welche die Prävention und Eindämmung therapieassoziierter Infektionen in die nationalen Ziele für die öffentliche Gesundheit einbeziehen und die Verringerung des Risikos, in den Gesundheitseinrichtungen an therapieassoziierten Infektionen zu erkranken, bezwecken. Wichtig ist, dass die Ressourcen, die für die Umsetzung der Bestandteile der nationalen Strategie erforderlich sind, im Rahmen der Kernfinanzierung der Gesundheitsversorgung bereitgestellt werden.

(14)

Prävention und Eindämmung von therapieassoziierten Infektionen sollten für Gesundheitseinrichtungen eine langfristige strategische Priorität darstellen. Alle Hierarchieebenen und Funktionen sollten zusammenarbeiten, um ergebnisorientierte Veränderungen in Bezug auf Verhaltensmuster und Organisation zu erreichen, indem auf allen Ebenen die Zuständigkeiten definiert, die unterstützenden Strukturen und lokalen technischen Ressourcen organisiert und Evaluierungsverfahren eingeführt werden.

(15)

Es liegen nicht immer ausreichende Daten zu therapieassoziierten Infektionen vor, um Überwachungsnetzen aussagekräftige Vergleiche zwischen einzelnen Einrichtungen zu ermöglichen, um die Epidemiologie therapieassoziierter Pathogene zu beobachten und um Strategien zur Prävention und Eindämmung von therapieassoziierten Infektionen zu evaluieren und Leitlinien hierfür zu entwickeln. Aus diesem Grund sollten Überwachungssysteme auf Ebene der Gesundheitseinrichtungen sowie auf regionaler und nationaler Ebene geschaffen oder ausgebaut werden.

(16)

Die Mitgliedstaaten sollten eine Verringerung der Zahl der an therapieassoziierten Infektionen erkrankten Personen anstreben. Um eine Verringerung der therapieassoziierten Infektionen zu erreichen, sollte die Einstellung von Gesundheitspersonal, das sich auf Infektionskontrolle spezialisiert, gefördert werden. Ferner sollten die Mitgliedstaaten und die Gesundheitseinrichtungen in ihrem Land den Einsatz von Verbindungspersonal zur Unterstützung des mit der Infektionskontrolle befassten Personals im klinischen Bereich in Erwägung ziehen.

(17)

Die Mitgliedstaaten sollten eng mit der Wirtschaft im Bereich Gesundheitstechnologie zusammenarbeiten, um bei der Konzipierung stärker die Patientensicherheit zu berücksichtigen und damit die Zahl der Zwischenfälle in der Gesundheitsversorgung zu verringern.

(18)

Um die zuvor genannten Ziele im Hinblick auf die Patientensicherheit unter Einschluss der Prävention und Eindämmung therapieassoziierter Infektionen zu erreichen, sollten die Mitgliedstaaten zum einen die Vollständigkeit ihres Konzeptes gewährleisten, zum anderen aber auch berücksichtigen, welche Elemente einen echten Einfluss auf die Prävalenz und die Belastung durch Zwischenfälle haben.

(19)

Bei der Tätigkeit der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit der Bevölkerung sollte die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung in vollem Umfang gewahrt werden —

EMPFIEHLT

unter Anwendung folgender Begriffsbestimmungen für die Zwecke dieser Empfehlung:

 

„Zwischenfall“ bezeichnet ein Ereignis, durch das ein Patient geschädigt wird;

 

„Schädigung“ impliziert eine Beeinträchtigung der Struktur oder Funktion des Körpers und/oder jede sonstige, sich daraus ergebende schädliche Auswirkung;

 

„therapieassoziierte Infektionen“ bezeichnet Krankheiten oder Pathologien, die mit der Präsenz eines Krankheitserregers oder eines seiner Produkte infolge der Exposition gegenüber Behandlungseinrichtungen oder Behandlungsverfahren oder Behandlungen zusammenhängen;

 

„Patientensicherheit“ bezeichnet die Bewahrung des Patienten vor unnötigen Schädigungen oder potenziellen Schädigungen im Zusammenhang mit der Gesundheitsversorgung;

 

„Prozessindikator“ bezeichnet einen Indikator, der sich auf die Einhaltung vorgegebener Verhaltensregeln, z.B. in Bezug auf Handhygiene, Überwachung, Standardarbeitsweisen, bezieht;

 

„Strukturindikator“ bezeichnet einen Indikator, der sich auf alle Arten von Ressourcen wie etwa Personal, eine Infrastruktur oder einen Ausschuss, bezieht;

DEN MITGLIEDSTAATEN FOLGENDES:

I.   EMPFEHLUNGEN ZUR ALLGEMEINEN PATIENTENSICHERHEIT

1.

Unterstützung für die Einführung und Weiterentwicklung nationaler Strategien und Programme in Bezug auf die Patientensicherheit durch

a)

Benennung der auf ihrem Hoheitsgebiet für die Patientensicherheit zuständigen Behörde(n) oder sonstigen Stelle(n);

b)

Einbeziehung der Patientensicherheit als vorrangiges Thema in ihre gesundheitspolitischen Strategien und Programme auf nationaler sowie auf regionaler und lokaler Ebene;

c)

Förderung der Entwicklung sichererer und benutzerfreundlicher Systeme, Prozesse und Instrumente unter Einschluss von Informations- und Kommunikationstechnologien;

d)

regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der Sicherheitsstandards und/oder bewährten Praktiken, die für in ihrem Hoheitsgebiet erbrachte Gesundheitsdienstleistungen gelten;

e)

Aufforderung an die Berufsverbände des Gesundheitswesens, eine aktive Rolle bei der Gewährleistung der Patientensicherheit zu übernehmen;

f)

Einbeziehung eines spezifischen Konzepts zur Förderung sicherer Praktiken zur Vermeidung der häufigsten Zwischenfälle wie durch die Verabreichung von Arzneimitteln bedingte Zwischenfälle, therapieassoziierte Infektionen und Komplikationen während oder nach chirurgischen Eingriffen.

2.

Stärkung der Handlungskompetenzen der Bürger und Patienten und Information der Bürger und Patienten durch

a)

Einbeziehung der Organisationen und Vertreter der Patienten in die Ausarbeitung von Strategien und Programmen zur Förderung der Patientensicherheit auf allen geeigneten Ebenen;

b)

umfassende Information der Patienten über

i)

geltende Patientensicherheitsstandards;

ii)

Risiken, getroffene Sicherheitsmaßnahmen zur Verringerung oder Vermeidung von Fehlern und Schädigungen, einschließlich bewährter Praktiken, und das Recht auf Aufklärung vor der Einwilligung in Behandlungen, damit die Wahlmöglichkeiten und die Entschlussfreiheit der Patienten gewahrt bleiben;

iii)

Beschwerdeverfahren und mögliche Rechtsbehelfe sowie über die hierfür geltenden Bedingungen;

c)

Erwägung der Möglichkeiten einer Entwicklung von Kernkompetenzen im Bereich der Patientensicherheit, nämlich der wesentlichen Kenntnisse, Verhaltensweisen und Fähigkeiten, die für die Gewährleistung von mehr Sicherheit bei der Behandlung notwendig sind, für Patienten.

3.

Unterstützung für die Einführung bzw. den Ausbau von sanktionsfreien Systemen der Berichterstattung über Zwischenfälle und entsprechender Lernsysteme, die

a)

Informationen über Umfang, Art und Ursachen von Fehlern, Zwischenfällen und Beinaheunfällen liefern;

b)

durch Schaffung eines offenen, fairen und sanktionsfreien Umfelds für die Berichterstattung die Arbeitskräfte im Gesundheitswesen dazu anregen, aktiv zu berichten. Diese Berichterstattung sollte sich von den Disziplinarsystemen und -verfahren der Mitgliedstaaten für die Arbeitskräfte des Gesundheitswesens unterscheiden und die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Haftung dieser Personen sollten gegebenenfalls klar geregelt sein;

c)

Patienten, ihren Angehörigen und sonstigen informellen Betreuern gegebenenfalls die Gelegenheit geben, über ihre Erfahrungen zu berichten;

d)

andere Systeme der Sicherheitsberichterstattung wie etwa die Systeme der Pharmakovigilanz und der Medizinprodukte ergänzen, wobei es jedoch möglichst nicht zu einer Mehrfachberichterstattung kommen sollte.

4.

Förderung der Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften des Gesundheitswesens auf dem Gebiet der Patientensicherheit auf der geeigneten Ebene durch

a)

Ermutigung zur multidisziplinären Aus- und Weiterbildung aller Angehörigen der Gesundheitsberufe, aller sonstigen Arbeitskräfte im Gesundheitswesen sowie des entsprechenden Management- und Verwaltungspersonals im Gesundheitswesen auf dem Gebiet der Patientensicherheit;

b)

Einbeziehung der Patientensicherheit in den akademischen und postakademischen Unterricht, in die Ausbildung am Arbeitsplatz sowie in die kontinuierliche Fortbildung in den Gesundheitsberufen;

c)

Erwägung der Entwicklung von Kernkompetenzen auf dem Gebiet der Patientensicherheit, nämlich welche wesentlichen Kenntnisse, Verhaltensweisen und Fähigkeiten für die Verbesserung der Sicherheit von Behandlungen erforderlich sind, damit alle Arbeitskräfte im Gesundheitswesen sowie das Management- und Verwaltungspersonal diese Kernkompetenzen erwerben können;

d)

Information aller Arbeitskräfte im Gesundheitswesen über Patientensicherheitsstandards, bestehende Risiken, getroffene Sicherheitsmaßnahmen zur Verringerung oder Vermeidung von Fehlern und Schädigungen, einschließlich bewährter Praktiken, und Verbreitung dieser Informationen, sowie Förderung der Einbindung aller Arbeitskräfte im Gesundheitswesen;

e)

Zusammenarbeit mit Organisationen, die an der Ausbildung von Fachkräften des Gesundheitswesens beteiligt sind, damit gewährleistet ist, dass die Patientensicherheit in den Studienplänen und in der Fort- und Weiterbildung der Angehörigen von Gesundheitsberufen angemessene Berücksichtigung findet, einschließlich Entwicklung der Fähigkeiten, die erforderlich sind, um die Verhaltensänderungen zu steuern und herbeizuführen, die zur Verbesserung der Patientensicherheit im Wege einer Systemänderung erforderlich sind.

5.

Klassifizierung und Messung der Patientensicherheit auf Gemeinschaftsebene durch Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten untereinander und mit der Kommission wie folgt:

a)

Entwicklung gemeinsamer Definitionen und einer einheitlichen Terminologie unter Berücksichtigung internationaler Standardisierungsarbeiten, etwa der Internationalen Klassifizierung für die Patientensicherheit, die gerade von der WHO entwickelt wird, sowie der Arbeiten des Europarats auf diesem Gebiet;

b)

Entwicklung einer Reihe zuverlässiger und vergleichbarer Indikatoren zur Ermittlung von Sicherheitsproblemen, zur Evaluierung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und zur Erleichterung des Voneinanderlernens unter den Mitgliedstaaten zu entwickeln. Dabei sollten die auf nationaler und internationaler Ebene durchgeführten Arbeiten berücksichtigt werden, wie beispielsweise das OECD-Projekt für Qualitätsindikatoren der gesundheitlichen Versorgung und das Gesundheitsindikatorenprojekt der Gemeinschaft;

c)

Erhebung und Austausch vergleichbarer Daten und Informationen zu Art und Anzahl der Ergebnisse in Bezug auf die Patientensicherheit, um so das Voneinanderlernen zu erleichtern und eine Informationsgrundlage für die Prioritätensetzung zu schaffen mit dem Ziel, die Mitgliedstaaten darin zu unterstützen, einschlägige Indikatoren in Zukunft der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

6.

Austausch von Wissen, Erfahrungen und bewährten Praktiken durch Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission und einschlägigen europäischen und internationalen Gremien in folgenden Bereichen:

a)

Einführung effizienter und transparenter Programme, Strukturen und Strategien auf dem Gebiet der Patientensicherheit unter Einschluss von Berichterstattungs- und Lernsystemen zur Bekämpfung von Zwischenfällen bei der Behandlung;

b)

Wirksamkeit von Maßnahmen und Lösungen auf dem Gebiet der Patientensicherheit auf Ebene der Gesundheitsversorgung und Bewertung der Übertragbarkeit derselben;

c)

rechtzeitige wichtige Warnmeldungen in Bezug auf die Patientensicherheit.

7.

Ausbau und Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Patientensicherheit.

II.   ZUSÄTZLICHE EMPFEHLUNGEN ZUR PRÄVENTION UND EINDÄMMUNG VON THERAPIEASSOZIIERTEN INFEKTIONEN

8.

Annahme und Durchführung einer Strategie auf geeigneter Ebene zur Prävention und Eindämmung therapieassoziierter Infektionen, die folgende Ziele verfolgt:

a)

Durchführung von Präventions- und Eindämmungsmaßnahmen auf nationaler oder regionaler Ebene, damit therapieassoziierte Infektionen eingedämmt werden können; insbesondere

i)

Durchführung von standardisierten und risikobasierten Präventions- und Eindämmungsmaßnahmen soweit erforderlich in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung;

ii)

Förderung der Kohärenz der Präventions- und Eindämmungsmaßnahmen und der Informationen zwischen Gesundheitsdienstleistern, die einen bestimmten Patienten behandeln oder pflegen;

iii)

Sicherung der Verfügbarkeit von Leitlinien und Empfehlungen auf nationaler Ebene;

iv)

Förderung der Einhaltung von Präventions- und Eindämmungsmaßnahmen durch Verwendung von Struktur- und Prozessindikatoren sowie der Ergebnisse der bestehenden Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren.

b)

Verbesserung der Prävention und Eindämmung von Infektionen auf Ebene der Gesundheitseinrichtungen, insbesondere durch Ermutigung der Gesundheitseinrichtungen, Folgendes vorzusehen:

i)

ein Programm zur Prävention und Eindämmung von Infektionen, das z.B. folgende Aspekte behandelt: organisatorische und strukturelle Vorkehrungen, diagnostische und therapeutische Verfahren (beispielsweise zur Vermeidung von Antibiotikaresistenzen), Ressourcenbedarf, Überwachungsziele, Aus- und Weiterbildung sowie Information der Patienten;

ii)

geeignete organisatorische Führungsstrukturen für die Ausarbeitung und die Überwachung des Programms zur Prävention und Eindämmung von Infektionen;

iii)

geeignete organisatorische Führungsstrukturen und qualifiziertes Personal für die Durchführung des Programms zur Prävention und Eindämmung von Infektionen.

c)

Einführung oder Ausbau von Systemen der aktiven Überwachung wie folgt:

i)

Auf nationaler oder auf regionaler Ebene:

gegebenenfalls Organisation von Prävalenzstudien in regelmäßigen Abständen;

Berücksichtigung der Bedeutung der Überwachung bestimmter Infektionsarten zwecks Erhebung nationaler Referenzdaten, ergänzt durch ein koordiniertes Follow-up von Prozess- und Strukturindikatoren, damit die Durchführung der Strategie evaluiert werden kann;

Organisation einer frühzeitigen Erkennung von therapieassoziierten Risikoorganismen oder eines gehäuften Auftretens therapieassoziierter Infektionen und der Meldung an die zuständige Stelle gemäß den nationalen Vorschriften;

Berichterstattung über Cluster und Infektionsarten, die für die Gemeinschaft oder auf internationaler Ebene von Bedeutung sind, gemäß den geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft (8) oder den geltenden internationalen Regeln;

ii)

auf Ebene der Gesundheitseinrichtungen:

Förderung der hohen Qualität der mikrobiologischen Dokumentation und der Patientenakten;

Durchführung der Überwachung der Inzidenz bestimmter Infektionsarten, ergänzt durch Prozess- und Strukturindikatoren zur Evaluierung der Durchführung von Maßnahmen der Infektionskontrolle;

Erwägung der Überwachung bestimmter Infektionsarten und/oder bestimmter Stämme therapieassoziierter Pathogene zur frühzeitigen Erkennung von therapieassoziierten Risikoorganismen oder eines gehäuften Auftretens therapieassoziierter Infektionen;

iii)

Verwendung — soweit möglich — der vom ECDC empfohlenen Überwachungsmethoden und -indikatoren sowie der auf Gemeinschaftsebene gemäß der Entscheidung Nr. 2119/98/EG vereinbarten Falldefinitionen.

d)

Förderung der Aus- und Weiterbildung in den Gesundheitsberufen wie folgt:

i)

Auf nationaler oder auf regionaler Ebene Festlegung und Durchführung spezieller Schulungen und/oder Ausbildungsprogramme für das mit der Infektionskontrolle befasste Personal und stärkere Schulung anderer Arbeitskräfte im Gesundheitswesen auf dem Gebiet der Prävention und Eindämmung von therapieassoziierten Infektionen;

ii)

auf Ebene der Gesundheitseinrichtungen:

Durchführung regelmäßiger Schulungen zu den Grundprinzipien der Hygiene und der Infektionsprävention und -kontrolle für das gesamte Personal im Gesundheitswesen einschließlich des Managements;

Durchführung regelmäßiger Aufbauschulungen für Personen, die besondere Aufgaben im Bereich der Prävention und Eindämmung therapieassoziierter Infektionen wahrnehmen.

e)

Verbesserung der Patienteninformation seitens der Gesundheitseinrichtungen durch

i)

objektive und verständliche Informationen über das Risiko therapieassoziierter Infektionen, über die zur Vermeidung dieses Risikos von der Gesundheitseinrichtung getroffenen Maßnahmen sowie darüber, wie die Patienten selbst zur Verhinderung solcher Infektionen beitragen können;

ii)

spezielle Informationen, beispielsweise über die Präventions- und Kontrollmaßnahmen, für Patienten, die an therapieassoziierten Pathogenen erkrankt sind;

f)

Förderung der Forschung in Bereichen wie Epidemiologie, Anwendung von Nanotechnologien und Nanomaterialien, neue Technologien und Maßnahmen der Prävention und Therapie sowie Kostenwirksamkeit von Maßnahmen zur Prävention und Eindämmung von Infektionen.

9.

Erwägung — im Hinblick auf die koordinierte Durchführung der Strategie gemäß Nummer 8 sowie für die Zwecke des Informationsaustauschs und der Koordinierung mit der Kommission, dem ECDC, der Europäischen Arzneimittel-Agentur und den anderen Mitgliedstaaten — der Einführung, möglichst bis 9. Juni 2011 eines geeigneten bereichsübergreifenden Mechanismus oder gleichwertiger Systeme, je nach Infrastruktur in den Mitgliedstaaten, der/die mit dem bestehenden bereichsübergreifenden Mechanismus, der gemäß der Empfehlung des Rates vom 15. November 2001 zur umsichtigen Verwendung antimikrobieller Mittel in der Humanmedizin (2002/77/EG) (9) eingerichtet wurde, zusammenarbeitet/zusammenarbeiten oder in diesen integriert wird/werden.

III.   ABSCHLIEßENDE EMPFEHLUNGEN

10.

Unterrichtung der Gesundheitsorganisationen, Berufsverbände und Bildungseinrichtungen über den Inhalt dieser Empfehlung und Motivierung zur Übernahme der darin vorgeschlagenen Konzepte, damit ihre grundlegenden Elemente in die alltägliche Praxis umgesetzt werden können.

11.

Berichterstattung an die Kommission über die Fortschritte bei der Durchführung dieser Empfehlung bis 9. Juni 2011 sowie danach auf Aufforderung der Kommission, damit ein Beitrag zum Follow-up dieser Empfehlung auf Gemeinschaftsebene geleistet werden kann.

ERSUCHT DIE KOMMISSION,

bis 9. Juni 2012 dem Rat einen Durchführungsbericht vorzulegen, in dem sie auf der Grundlage der Informationen der Mitgliedstaaten die Auswirkungen dieser Empfehlung beurteilt und prüft, in welchem Maße die vorgeschlagenen Maßnahmen effektiv funktionieren und ob Bedarf für weitere Maßnahmen besteht.

Geschehen zu Luxemburg am 8. Juni 2009.

Im Namen des Rates

Der Präsident

Petr ŠIMERKA


(1)  Stellungnahme vom 23. April 2009 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  Stellungnahme vom 25. März 2009 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)  Stellungnahme vom 22. April 2009 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(4)  Technischer Bericht „Improving Patient Safety in the EU“, ausgearbeitet für die Europäische Kommission, veröffentlicht 2008 von der RAND Cooperation.

(5)  Beschluss Nr. 1982/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 über das Siebten Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (2007 bis 2013) (ABl. L 412 vom 30.12.2006, S.1).

(6)  Safety improvement for Patients in Europe (SIMPATIE), von der Gemeinschaft aus ihrem Programm im Bereich der öffentlichen Gesundheit 2003-2008 finanziertes Projekt, (http://www.simpatie.org).

(7)  Z.B. Schlussfolgerungen des Rates zur Antibiotikaresistenz vom 10. Juni 2008.

(8)  Zum Beispiel Entscheidung Nr. 2119/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 1998 über die Schaffung eines Netzes für die epidemiologische Überwachung und die Kontrolle übertragbarer Krankheiten in der Gemeinschaft (ABl. L 268 vom 3.10.1998, S. 1) und Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1).

(9)  ABl. L 34 vom 5.2.2002, S. 13.