19.3.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 64/1


STELLUNGNAHME DES RATES

vom 10. März 2009

zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Frankreichs für 2008-2012

(2009/C 64/01)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 3,

auf Empfehlung der Kommission,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses —

GIBT FOLGENDE STELLUNGNAHME AB:

(1)

Am 10. März 2009 prüfte der Rat das aktualisierte Stabilitätsprogramm Frankreichs für den Zeitraum 2008 bis 2012.

(2)

Die weltweite Finanzkrise führte im Jahr 2008 zu einer Schwächung des Vertrauens der Verbraucher und des Handels und zu restriktiveren Kreditbedingungen, wodurch die Verlangsamung des Wachstums noch verstärkt wurde. Nach dem Einbruch der Industrieproduktion im vierten Quartal 2008 dürfte das BIP im Jahr 2009 deutlich schwächer ausfallen. Die größten Herausforderungen in diesem Abschwung sind die Stabilisierung des Finanzsektors, die Wiederherstellung des Vertrauens der Verbraucher und des Handels und die Förderung von Investitionen. Der Abschwung wird signifikante Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen haben. Wie die französische Ministerin für Wirtschaft, Industrie und Beschäftigung in ihrem Schreiben vom 6. Februar 2009 an den für Wirtschaft und Finanzen zuständigen Kommissar mitteilte, überschritt das Defizit im Jahr 2008 3 % des BIP und wird im Jahr 2009 laut Zwischenprognose der Kommissionsdienststellen vom Januar 2009 voraussichtlich über 5 % des BIP steigen. In dieser Zwischenprognose wurde auch den auf 0,8 % des BIP veranschlagten Auswirkungen des im Dezember angenommenen Konjunkturprogramms auf den Haushaltssaldo Rechnung getragen, wobei die wichtigsten Maßnahmen des Programms im Vorziehen öffentlicher Investitionen und in der finanziellen Unterstützung von Unternehmen bestehen. Die Regierung hat mehrere Strukturreformen durchgeführt, von denen positive Auswirkungen auf das Potenzialwachstum der Wirtschaft erwartet werden.

(3)

Das makroökonomische Ausgangsszenario des Programms sieht für den gesamten Programmzeitraum ein positives BIP-Wachstum vor. Nach der Verlangsamung auf etwa 1 % im Jahr 2008 dürfte im Jahr 2009 eine weitere Abschwächung auf 0,2-0,5 % eintreten, ehe für 2010 ein Anstieg auf ungefähr 2 % und für den Rest des Programmzeitraums auf 2,5 % erwartet wird. Angesichts der aktuell verfügbaren Informationen (2) scheint dieses Szenario auf ausgesprochen optimistischen Wachstumsannahmen zu beruhen. Diese Einschätzung gründet sich auf den deutlichen Rückgang des BIP im vierten Quartal 2008 und auf die Tatsache, dass die Aussichten für die Wirtschaft angesichts des niedrigen Stands der Vertrauensindikatoren und des prognostizierten Einbruchs bei Investitionen und Handel eher düster sind. Berücksichtigt wurden auch die wachstumsrelevanten Auswirkungen des Konjunkturprogramms und des Gesetzes zur Modernisierung der Wirtschaft (3). Angesichts der jüngsten Entwicklungen bei den Ölpreisen und der Intensität des weltweiten Wirtschaftsabschwungs erscheinen die im Programm zugrunde gelegten Inflationswerte für 2009 etwas hoch, können für die Zeit danach aber als realistisch betrachtet werden. Am 6. Februar hat die französische Regierung der Kommission mitgeteilt, dass sie ihre makroökonomischen Prognosen und ihre Prognosen für die öffentlichen Finanzen überarbeiten wird.

(4)

Das gesamtstaatliche Defizit 2008 wird in der Zwischenprognose der Kommissionsdienststellen auf 3,2 % des BIP geschätzt und liegt damit um 0,3 % über der im Programm genannten Zahl, was jedoch in dem oben erwähnten Schreiben vom 6. Februar bestätigt wurde (4). Die Abweichung um 0,9 % des BIP gegenüber dem Ziel der letzten Aktualisierung (2,3 % des BIP) erklärt sich großenteils durch i) das unerwartet schlechte Ergebnis 2007 (0,3 % des BIP), ii) ein entgegen der Erwartungen der letzten Aktualisierung deutlich schwächeres reales BIP-Wachstum 2008, wodurch sich das Steueraufkommen im Vergleich zur Planung verringerte, (0,3 % des BIP) und iii) höhere Zinszahlungen infolge der Auswirkungen der höheren Inflation 2008 auf die Schuldendienstkosten für inflationsgebundene Anleihen (0,2 % des BIP).

(5)

In der Aktualisierung wird für das Jahr 2009 ein Defizitziel von 3,9 % des BIP genannt, während die Kommissionsdienststellen in ihrer Zwischenprognose von 5,4 % ausgehen. Die Verschlechterung des Defizits 2009 reflektiert die Wirkung der automatischen Stabilisatoren in Abschwungphasen, darüber hinaus aber auch die Folgen des Konjunkturhilfepakets vom Dezember 2008 in Höhe von 0,8 % des BIP. Die Regierung kündigte unlängst ein höheres Defizitziel von 4,4 % des BIP an (5). Der strukturelle Haushaltssaldo (d.h. der konjunkturbereinigte Saldo ohne Anrechnung einmaliger und sonstiger befristeter Maßnahmen) dürfte sich laut den Angaben des aktualisierten Stabilitätsprogramms und gemäß der Neuberechnung der Kommissionsdienststellen im Jahr 2009 auf 3 % des BIP im Vergleich zu 2,5 % im Jahr 2008 belaufen. Dieser finanzpolitische Kurs kann als expansionistisch betrachtet werden und erklärt sich vollständig aus den Anreizen des Konjunkturpakets.

(6)

Das Ziel der französischen Haushaltspolitik besteht dem Programm zufolge auf mittlere Sicht darin, im Jahr 2012 das mittelfristige Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts zu erreichen. Gemäß den Programmprojektionen, die durch das oben genannte Schreiben vom 6. Februar korrigiert wurden, soll das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2009 einen Höchstwert von 4,4 % des BIP (vorher 3,9 % des BIP) erreichen und 2010 dann auf 3,1 % des BIP (vorher 2,7 % des BIP) fallen, da die Auswirkungen des Konjunkturpakets auf den Haushalt sich dann weniger stark bemerkbar machen werden. Laut Zwischenprognose der Kommissionsdienststellen wird das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2009 auf 5,4 % des BIP ansteigen und 2010 bei 5,0 % des BIP liegen. Gemäß den durch das oben genannte Schreiben korrigierten Projektionen soll sich das Defizit nach 2010 weiter verbessern und 2012 1,5 % des BIP erreichen. Der Primärsaldo folgt einem ähnlichen Pfad. Das strukturelle Defizit soll 2009 einen Tiefpunkt von 3 % des BIP erreichen und sich im Jahr 2010 um etwa 1 % des BIP und in den späteren Programmjahren um jährlich 0,5 % des BIP verbessern. Neben dem Auslaufen des Konjunkturprogramms soll dies durch gezielte Ausgabenbeschränkungen erreicht werden. Das aktualisierte Programm erwartet ein Ansteigen der Schuldenquote auf 69,1 % im Jahr 2009 und eine weitgehende Stabilisierung bei 69,4 % im Jahr 2010, ehe in den beiden folgenden Jahren ein leichter Rückgang einsetzt. Neben dem haushaltspolitischen Kurs werden hier auch die Auswirkungen der Rekapitalisierung von Banken und der Beteiligung am Strategischen Investmentfonds (6) in Höhe von etwa 0,75 % des BIP berücksichtigt, Eventualverbindlichkeiten aufgrund der Garantieregelung dagegen nicht. Gemäß der Zwischenprognose der Kommissionsdienststellen wird die Schuldenquote im Jahr 2009 72,4 % des BIP und im Jahr 2010 76 % des BIP betragen; der Unterschied zum aktualisierten Stabilitätsprogramm ergibt sich aus den abweichenden Zahlen für gesamtstaatliches Defizit und Wachstum.

(7)

Für die Haushaltsergebnisse bestehen während des gesamten Programmzeitraums Abwärtsrisiken. Erstens ist das (um 0,3 % des BIP) schlechtere Ergebnis des Jahres 2008, das unlängst durch das oben genannte Schreiben bestätigt wurde, noch nicht berücksichtigt. Dieses Ergebnis reflektiert die mangelhafte Konsolidierung der öffentlichen Finanzen unter günstigen/neutralen Konjunkturbedingungen (7) und erklärt zum Teil die Aufwärtskorrektur des Defizitziels 2009 auf 4,4 % des BIP (unter Berücksichtigung einer Abwärtskorrektur der Körperschaftssteuern). Schwerer fällt jedoch ins Gewicht, dass die makroökonomischen Aussichten des Programms nicht der jetzt für 2009 erwarteten Rezession Rechnung tragen, was — selbst im Hinblick auf das von der Regierung angekündigte, aktualisierte Defizitziel — auf erhebliche Haushaltsrisiken schließen lässt. Überdies kommt zu den Effekten der automatischen Stabilisatoren noch die Gefahr von gewissen Ausgabenüberschreitungen im Gesundheitswesen (8) hinzu. Schließlich besteht angesichts der bisherigen Haushaltsergebnisse der Kommunalbehörden das Risiko, dass die geplanten Ausgabenziele nicht erreicht werden. Für das Schuldenszenario bestehen aufgrund der Haushaltsrisiken sowie der möglichen Effekte von Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsektors ebenfalls Aufwärtsrisiken.

(8)

Die langfristige Auswirkung der Bevölkerungsalterung auf die öffentlichen Haushalte liegt leicht unter dem EU-Durchschnitt, wobei die Rentenausgaben dank der bereits in Kraft gesetzten Rentenreformen (darunter auch die Reform der Sonderregelungen in Form der so genannten „régimes spéciaux“), mit der eine Angleichung an die anderen Systeme erreicht werden soll, etwas weniger stark steigen. Die im Programm veranschlagte Haushaltsposition 2008 hat sich gegenüber der Ausgangsposition des vorhergehenden Programms verschlechtert, was erschwerend zu den budgetären Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf die Tragfähigkeitslücke hinzukommt. Würde die in der Zwischenprognose der Kommissionsdienststellen ermittelte Haushaltsposition 2009 zugrunde gelegt, so würde sich die Tragfähigkeitslücke vergrößern. Der Bruttoschuldenstand liegt schon heute über dem Referenzwert des EG-Vertrags. Die genannten Maßnahmen Frankreichs zur Stabilisierung des Finanzsektors könnten die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beeinträchtigen, falls die Kosten der staatlichen Unterstützung später nicht wieder vollständig hereingeholt werden sollten. Höhere mittelfristige Primärüberschüsse, die im Programm bereits vorgesehen sind, würden dazu beitragen, die Risiken für die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu verringern.

(9)

Frankreichs bisherige Ergebnisse zeigen, dass Überschreitungen bei den gesamtstaatlichen Ausgaben im vergangenen Jahrzehnt keine Ausnahme waren, was auf Mängel bei den Haushaltsvorschriften schließen lässt. Die am 23. Juli 2008 verabschiedete Verfassungsreform führte das allgemeine Ziel eines ausgeglichenen Haushalts für den Gesamtstaat ein (9). Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts wurde jedoch nicht verbindlich vorgeschrieben, so dass sich die Frage stellt, ob es wirksam kontrolliert werden kann. Mit der Reform wurde auch ein mehrjähriger Haushalt eingeführt, der vom Parlament angenommen wird; dieser gilt ab 2009 für den Zeitraum 2009-2012, d. h. für den gleichen Zeitraum wie das Stabilitätsprogramm. Diese Reform dürfte zu einer besseren Verwaltung der öffentlichen Finanzen beitragen und die Haushaltsdisziplin unterstützen.

Ferner wurden im Anschluss an die „Generelle Überprüfung der staatlichen Politik“ Mitte 2007 mehrere Maßnahmen ergriffen, um die Effizienz der öffentlichen Ausgaben zu steigern; in diesem Zusammenhang soll auch die Zahl der Beamten verringert werden. Im Jahr 2008 ist eine neue Schuldenregel für den Untersektor Sozialversicherung in Kraft getreten (10).

(10)

Die französische Regierung ergriff im Zuge der Finanzkrise mehrere Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsektors. Um die Folgen für die Kreditvergabefähigkeit französischer Banken abzuschwächen, beschloss die Regierung (11), nachrangige Bankschulden bis zu einer Höhe von 40 Mrd. EUR ohne Erwerb von Stimmrechten zu kaufen. Im Austausch haben sich die Banken zu einer intensiveren Darlehensvergabe verpflichtet, um dem Finanzierungsbedarf der Wirtschaftsteilnehmer gerecht zu werden. Überdies wurde per Gesetz ein 320 Mrd. EUR schwerer Fonds (12) für die Garantie von Bankschulden genehmigt. Angesichts des seit Beginn der Finanzkrise starken Drucks auf dem Interbankenmarkt soll diese Garantieregelung den Banken den Zugang zu Finanzmitteln erleichtern. Die Banken werden für die Darlehensgarantie der Regierung eine Prämie zahlen und Sicherheiten stellen.

(11)

Am 4. Dezember gab die französische Regierung ein Konjunkturprogramm zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise bekannt, das einen ausgewogenen Mix zwischen Einnahmen- und Ausgabeninstrumenten bietet und mit dem Europäischen Konjunkturprogramm vereinbar ist. Das Programm umfasst öffentliche Investitionen (hauptsächlich in öffentliche Unternehmen, Infrastruktur, Forschung und Verteidigung), Maßnahmen für den Arbeitsmarkt (z. B. Befreiung kleiner Unternehmen von Arbeitgeber-Sozialversicherungsbeiträgen bei Neueinstellungen), Unternehmensförderung (z. B. sektorale Beihilfen für Baugewerbe und Automobilindustrie, schnellere Auszahlung staatlicher Gelder an Unternehmen, insbesondere KMU) sowie Förderung der Kaufkraft der Haushalte (hauptsächlich 200 EUR-Zuschüsse für Haushalte mit niedrigem Einkommen im April 2009). Das Paket kann als zielgerichtet und rechtzeitig betrachtet werden. Die angekündigten Maßnahmen sind vorübergehend und damit umkehrbar; ab 2010 entstehen keine Kosten für die öffentlichen Finanzen. Die Regierung führt mehrere Strukturreformen durch, von denen positive Auswirkungen auf das Potenzialwachstum der Wirtschaft — und langfristig somit auch auf die öffentlichen Finanzen — erwartet werden. Im Hinblick auf die Waren- und Dienstleistungsmärkte zielt das oben genannte Gesetz zur Modernisierung der Wirtschaft darauf ab, das Potenzialwachstum zu steigern, indem insbesondere die unternehmerische Initiative gefördert und bestehende Wettbewerbshindernisse, auch im Einzelhandelssektor, abgebaut werden. Auch für den Arbeitsmarkt wurden neue Gesetze verabschiedet, insbesondere im Hinblick auf Flexicurity. Das Gesetz zur Modernisierung des Arbeitsmarkts vom Juni 2008 dient der Umsetzung der ersten Branchenvereinbarung der Sozialpartner und soll sicherere und flexiblere Verträge möglich machen. Die Verfahren des sozialen Dialogs wurden gründlich reformiert, um Mehrheitsvereinbarungen zu erleichtern. Diese Maßnahmen stehen im Zusammenhang mit dem mittelfristigen Reformprogramm und den länderspezifischen Empfehlungen, die die Kommission am 28. Januar 2009 im Rahmen der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung vorgeschlagen hat.

(12)

Nach einer Verschlechterung der öffentlichen Finanzen während der günstigeren Konjunktur der Jahre 2007 und 2008 schlägt die französische Regierung (unter Einfluss des Europäischen Konjunkturprogramms) im Jahr 2009, d. h. unter weniger günstigen Wirtschaftsbedingungen, einen expansiven haushaltspolitischen Kurs ein. In der Zeit danach sollen die öffentlichen Finanzen laut Programm konsolidiert werden; angesichts der signifikanten Risiken für die Haushaltsziele, die für die Jahre 2009 und 2010 auf ein Defizit von deutlich über 3 % schließen lassen, wird das mittelfristige Ziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts bis 2012 allerdings nicht erreicht werden.

Frankreich kann die Gefahr von Ausgabenüberschreitungen durch die Umsetzung und weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen für die öffentlichen Finanzen verringern, wobei Ausgabenvorschriften eine besondere Rolle zufällt. Die Schuldenquote wird angesichts der oben beschriebenen Risiken hinsichtlich der Schuldprojektionen und unter Berücksichtigung des expansionistischen Haushaltskurses für das Jahr 2009 hoch sein, so dass in den kommenden Jahren entschiedene Maßnahmen benötigt werden, um diesen Trend umzukehren.

(13)

Das Programm enthält alle im Verhaltenskodex für die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme verlangten Daten und die meisten der darin vorgesehenen fakultativen Angaben (13).

Insgesamt kann der Schluss gezogen werden, dass die unzureichenden Fortschritte unter wirtschaftlich günstigeren Rahmenbedingungen in Verbindung mit der — im letzten Quartal 2008 besonders drastischen — Verschlechterung der Wirtschaftslage zu einem Defizit geführt haben, das im Jahr 2008 leicht über 3 % des BIP liegt. Um die starke Abschwungbewegung aufzufangen, hat die Regierung in Einklang mit dem Konjunkturprogramm der EU ein eigenes Konjunkturprogramm aufgelegt, das zielgerichtet, befristet und rechtzeitig ist. Die vorübergehende finanzpolitische Expansion wird zusammen mit dem starken Wirtschaftsabschwung 2009 zu einem höheren gesamtstaatlichen Defizit führen. Danach sieht das Programm eine Konsolidierung der öffentlichen Finanzen durch eine insbesondere im Jahr 2010 restriktive Politik vor. Risiken ergeben sich vor allem aus den ausgesprochen optimistischen makroökonomischen Annahmen des Programms und aus dem derzeit unsicheren Umfeld, sind allerdings auch in dem unverbindlichen Charakter der Ausgabenvorschriften begründet. Deshalb könnten in den späteren Programmjahren, wenn die Wirtschaftstätigkeit wieder anzieht, weitere Konsolidierungsanstrengungen erforderlich werden. Die bereits verabschiedeten Strukturreformen sollen zur Steigerung des Potenzialwachstums, zu mehr Wettbewerbsfähigkeit und zum Konsolidierungsprozess beitragen.

In Anbetracht dieser Bewertung wird Frankreich aufgefordert:

i)

2009 die finanzpolitischen Maßnahmen, einschließlich der fiskalischen Impulse, im Einklang mit dem EU-Konjunkturprogramm und im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts wie geplant durchzuführen und eine weitere Verschlechterung der öffentlichen Finanzen zu vermeiden;

ii)

in Anbetracht des prognostizierten Wirtschaftsaufschwungs im Jahr 2010 Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung zu unternehmen und die Anpassung danach zu beschleunigen, um das Defizit schnell unter den Referenzwert zurückzuführen und die Schuldenquote wieder auf einen rückläufigen Pfad zu bringen;

iii)

die vorhandenen Ausgabenvorschriften tatsächlich durchzusetzen und weitere Schritte zu unternehmen, damit gewährleistet ist, dass die mehrjährigen Zielvorgaben der Staatsregierung für die Rückführung der Ausgaben von allen Teilsektoren beachtet werden, sowie weiterhin Maßnahmen im Rahmen der „Generellen Überprüfung der staatlichen Politik“ durchzuführen. Ferner muss das Strukturreformprogramm insbesondere im Hinblick auf die Tragfähigkeit des Rentensystems umgesetzt werden.

Gegenüberstellung zentraler makroökonomischer und budgetärer Projektionen

 

 

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Reales BIP

(Veränderung in %)

SP Dez. 2008

2,2

1,0

0,2– 0,5

2,0

2,5

2,5

KOM Jan. 2009

2,2

0,7

– 1,8

0,4

k. A.

k. A.

SP Nov. 2007

2– 2,5

2– 2,5

2,5

2,5

2,5

2,5

HVPI-Inflation

(%)

SP Dez. 2008

1,6

3,3

1,5

1

Formula

1

Formula

1

Formula

KOM Jan. 2009

1,6

3,2

0,8

1,5

k. A.

k. A.

SP Nov. 2007

1,4

1,7

1,6

1,6

1,6

1,6

Produktionslücke (14)

(% des BIP-Potenzials)

SP Dez. 2008

0,4

– 0,6

– 1,8

– 1,6

– 1.1

– 0.4

KOM Jan. 2009 (15)

1,8

1,0

– 1,7

– 2,3

k. A.

k. A.

SP Nov. 2007

– 0,8

– 0,8

– 0,6

– 0,5

– 0,3

0,0

Finanzierungsdefizit/-überschuss gegenüber dem Rest der Welt

(% des BIP)

SP Dez. 2008

– 2,8

– 3,4

– 2,6

– 2,5

– 2,4

– 2,4

KOM Jan. 2009

– 2,8

– 3,8

– 4,0

– 3,9

k. A.

k. A.

SP Nov. 2007

– 2,3

– 2,5

– 2,3

– 2,2

– 2,1

– 2,0

Gesamtstaatliche Einnahmen

(% des BIP)

SP Dez. 2008

49,7

49,8

49,6

50,0

50,0

50,2

KOM Jan. 2009

49,7

49,6

49,4

49,9

k. A.

k. A.

SP Nov. 2007

50,7

50,4

50,1

50,0

50,0

50,0

Gesamtstaatliche Ausgaben

(% des BIP)

SP Dez. 2008

52,4

52,7

53,5

52,7

52,0

51,3

KOM Jan. 2009

52,4

52,7

54,9

54,9

k. A.

k. A.

SP Nov. 2007

53,2

52,6

51,9

51,2

50,6

49,9

Gesamtstaatlicher Finanzierungssaldo

(% des BIP)

SP Dez. 2008

– 2,7

– 2,9

– 3,9

– 2,7

– 1,9

– 1,1

p.m. FM

– 2,7

– 3,2

– 4,4

– 3,1

– 2,3

– 1,5

KOM Jan. 2009

– 2,7

– 3,2

– 5,4

– 5,0

k. A.

k. A.

SP Nov. 2007

– 2,4

– 2,3

– 1,7

– 1,2

– 0,6

0,0

Primärsaldo

(% des BIP)

SP Dez. 2008

0,1

0,0

– 1,1

0,1

0,9

1,7

KOM Jan. 2009

0,1

– 0,3

– 2,6

– 2,1

k. A.

k. A.

SP Nov. 2007

0,2

0,5

0,9

1,4

2,0

2,5

Konjunkturbereinigter Saldo (14)

(% des BIP)

SP Dez. 2008

– 2,9

– 2,6

– 3,0

– 1,9

– 1,4

– 0,9

KOM Jan. 2009

– 3,5

– 3,7

– 4,6

– 3,8

k. A.

k. A.

SP Nov. 2007

– 2,0

– 1,9

– 1,4

– 1,0

– 0,4

0,0

Struktureller Haushaltssaldo (16)

(% des BIP)

SP Dez. 2008

– 2,9

– 2,6

– 3,0

– 1,9

– 1,4

– 0,9

KOM Jan. 2009

– 3,6

– 3,8

– 4,6

– 3,8

k. A.

k. A.

SP Nov. 2007

– 2,0

– 1,9

– 1,4

– 1,0

– 0,4

0,0

Öffentlicher Bruttoschuldenstand

(% des BIP)

SP Dez. 2008

63,9

66,7

69,1

69,4

68,5

66,8

KOM Jan. 2009

63,9

67,1

72,4

76,0

k. A.

k. A.

SP Nov. 2007

64,2

64,0

63,2

61,9

60,2

57,9

Stabilitätsprogramm (SP), Zwischenprognosen der Kommissionsdienststellen von Januar 2009 (KOM), Berechnungen der Kommissionsdienststellen.


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1. Die Dokumente, auf die in diesem Text verwiesen wird, finden sich auf folgender Website:

http://ec.europa.eu/economy_finance/sg_pact_fiscal_policy/fiscal_policy528_de.htm

(2)  Die Bewertung stützt sich insbesondere auf die Prognose der Kommissionsdienststellen vom Januar 2009, berücksichtigt aber auch andere Informationen, die seitdem verfügbar wurden.

(3)  Auf dieser Grundlage kommen die Kommissionsdienststellen in ihrer Zwischenprognose zu dem Schluss, dass das BIP im Jahr 2009 um 1,8 % sinken wird. 2010 soll das BIP-Wachstum dann wieder auf 0,4 % ansteigen, da der Finanzsektor sich erholen, das Vertrauen zurückkehren und die Gesamtnachfrage sich verbessern wird.

(4)  Angesichts der im Schreiben der französischen Ministerin für Wirtschaft, Industrie und Beschäftigung mitgeteilten Überschreitung des im EG-Vertrag festgelegten Defizit-Referenzwerts erstellte die Kommission am 18. Februar 2009 einen Bericht gemäß Artikel 104 Absatz 3 des EG-Vertrags.

(5)  Die französische Ministerin für Wirtschaft, Industrie und Beschäftigung veranschlagte das gesamtstaatliche Defizit 2010 in ihrem Schreiben vom 6. Februar auf 3,1 % des BIP.

(6)  Strategische Investmentfonds dienen dazu, sich am Kapital von Unternehmen zu beteiligen.

(7)  Die Einschätzung, ob die Konjunkturbedingungen günstig oder schlecht sind, stützt sich auf die Analyse der Produktionslücke, die in den Jahren 2007 und 2008 positiv war (und auf eine günstige Konjunkturlage schließen lassen könnte). Hinzu kommt jedoch eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage (z. B. Beschäftigungssituation, privater Verbrauch, Investitionen oder Zahlungsbilanzungleichgewichte), die zu einer Änderung der ursprünglichen Schlussfolgerungen führen kann. Auf dieser Grundlage herrschte in Frankreich im Jahr 2007 eine günstige und im Jahr 2008 eine neutrale Konjunktur. Dennoch verschlechterte sich das strukturelle Gleichgewicht gemäß der Zwischenprognose der Kommissionsdienststellen (siehe technische Bewertung) in den Jahren 2007 und 2008 um 0,3 bzw. 0,2 Prozentpunkte des BIP.

(8)  Sobald der Ausgabenanstieg im Gesundheitswesen nominal das im Gesetz über die Finanzierung der Sozialversicherung für 2009 festgelegte Ziel (ONDAM) um mehr als 0,75 Prozentpunkte überschreitet, wird ein Alarmverfahren ausgelöst.

(9)  Artikel 34 Absatz 4 der neuen Verfassung lautet: „Des lois de programmation déterminent les objectifs de l'action de l'État. Les orientations pluriannuelles des finances publiques sont définies par des lois de programmation. Elles s'inscrivent dans l'objectif d'équilibre des comptes des administrations publiques.“ (Die Ziele staatlichen Handels werden in Richtprogrammen formuliert. Richtungweisende Mehrjahresplanungen für die öffentlichen Finanzen werden in Richtprogrammen festgelegt. Ziel ist ein ausgeglichener Haushalt der öffentlichen Verwaltungen).

(10)  Die Tilgung der Sozialschuld erfolgt über einen Sonderfonds („Caisse d'Amortissement de la Dette Sociale“ — CADES). Nach einem neuen (im Jahr 2005 verabschiedeten) Gesetz, das erst 2008 in Kraft trat, muss jede neue Schuldenübertragung auf den Fonds durch entsprechende neue Einnahmen ausgeglichen werden, damit der CADES nicht länger als vorgesehen bestehen muss.

(11)  Davon hat die Regierung bislang 21 Mrd. EUR bei der Kommission beantragt, die genehmigt wurden; 10,5 Mrd. EUR wurden bereits übernommen.

(12)  Davon hat die Regierung bislang 265 Mrd. EUR bei der Kommission beantragt, die genehmigt wurden.

(13)  Es fehlen Annahmen zu den kurz- und langfristigen Zinssätzen.

(14)  Produktionslücken und konjunkturbereinigte Salden nach Neuberechnungen der Kommissionsdienststellen anhand der Programmdaten.

(15)  Ausgehend von einem geschätzten Potenzialwachstum von 1,6 %, 1,4 %, 0,9 % bzw. 1,0 % im Zeitraum 2007-2010.

(16)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne Anrechnung einmaliger und sonstiger befristeter Maßnahmen. Nach dem jüngsten Programm belaufen sich die einmaligen und sonstigen befristeten Maßnahmen während des Zeitraums 2007-2012 auf 0 % des BIP; die Kommissionsdienststellen veranschlagen die einmaligen und sonstigen befristeten Maßnahmen in ihrer Zwischenprognose vom Januar 2009 auf 0,1 % des BIP 2007, auf 0,1 % des BIP 2008 (beide Defizit senkend) sowie auf 0 % des BIP 2009 und 2010.

Quelle:

Stabilitätsprogramm (SP), Zwischenprognosen der Kommissionsdienststellen von Januar 2009 (KOM), Berechnungen der Kommissionsdienststellen.