21.6.2008 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 162/39 |
EMPFEHLUNG DER KOMMISSION
vom 5. Juni 2008
zur Beschränkung der zivilrechtlichen Haftung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften
(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 2274)
(Text von Bedeutung für den EWR)
(2008/473/EG)
DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 211 zweiter Gedankenstrich,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Durch die Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates (1) wird eine Mindestharmonisierung der Anforderungen an die Abschlussprüfung geschaffen. Gemäß Artikel 31 dieser Richtlinie muss die Kommission einen Bericht über die Auswirkungen der derzeitigen nationalen Haftungsregelungen für Abschlussprüfungen auf die Europäischen Kapitalmärkte und auf die Versicherungsbedingungen für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften und, wenn sie es für angemessen hält, Empfehlungen vorlegen. |
(2) |
Das reibungslose Funktionieren der Kapitalmärkte erfordert eine nachhaltige Prüfungskapazität und einen Wettbewerbsmarkt für Prüfungsleistungen, der eine ausreichende Auswahl an Prüfungsgesellschaften bietet, die in der Lage und bereit sind, Abschlussprüfungen von Unternehmen, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats zugelassen sind, durchzuführen. Die zunehmende Volatilität der Börsenkapitalisierung von Unternehmen hat jedoch zu viel höheren Haftungsrisiken geführt, während der Zugang zu Versicherungsschutz für die mit diesen Prüfungen verbundenen Risiken immer mehr beschränkt wurde. |
(3) |
Da eine unbeschränkte und gesamtschuldnerische Haftung Prüfungsgesellschaften und -netze vom Eintritt in den internationalen Wirtschaftsprüfungsmarkt für in der Gemeinschaft börsennotierte Unternehmen abhalten könnte, besteht wenig Aussicht darauf, dass neue Prüfungsnetze entstehen, die in der Lage sind, Abschlussprüfungen bei solchen Unternehmen durchzuführen. |
(4) |
Aus diesem Grund sollte die Haftung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften einschließlich Konzernabschlussprüfern, die Abschlussprüfungen bei börsennotierten Unternehmen durchführen, beschränkt werden. Bei vorsätzlichen Verstößen des Abschlussprüfers gegen Berufspflichten ist eine Haftungsbeschränkung jedoch nicht gerechtfertigt und sollte in diesem Fall nicht gelten. Auch sollte diese Beschränkung das Recht eines Geschädigten auf gerechte Entschädigung unberührt lassen. |
(5) |
Da sich die zivilrechtlichen Haftungsvorschriften der Mitgliedstaaten erheblich unterscheiden, sollte jeder Mitgliedstaat vorerst die Methode zur Haftungsbeschränkung wählen können, die für sein zivilrechtliches Haftungssystem am besten geeignet ist. |
(6) |
Die Mitgliedstaaten sollten also die Möglichkeit haben, in ihrem nationalen Recht eine Obergrenze für die Haftung des Abschlussprüfers festzulegen. Alternativ könnten die Mitgliedstaaten in ihrem nationalen Recht eine Proportionalhaftungsregelung vorsehen, wonach die Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften nicht unbeschränkt und gesamtschuldnerisch, sondern lediglich in dem Umfang haften, in dem sie zum entstandenen Schaden beigetragen haben. In den Mitgliedstaaten, in denen Ansprüche gegenüber Abschlussprüfern nur von dem geprüften Unternehmen und nicht von einzelnen Aktionären oder Dritten geltend gemacht werden können, sollten die Mitgliedstaaten ferner die Möglichkeit haben, einem Unternehmen, seinen Aktionären und dem Abschlussprüfer die Regelung der Haftungsbeschränkung zu gestatten, sofern bei dem geprüften Unternehmen geeignete Schutzmaßnahmen für Anleger vorgesehen sind — |
EMPFIEHLT:
Gegenstand
1. |
Diese Empfehlung betrifft die zivilrechtliche Haftung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, die konsolidierte Abschlüsse oder Jahresabschlüsse eines in einem Mitgliedstaat registrierten Unternehmens, dessen Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats zugelassen sind, durchführen. |
Haftungsbeschränkung
2. |
Außer bei vorsätzlich pflichtwidrigem Handeln des Abschlussprüfers oder der Prüfungsgesellschaft sollte die zivilrechtliche Haftung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften bei einem Verstoß gegen Berufspflichten beschränkt sein. |
3. |
Die Haftungsbeschränkung sollte gegenüber dem geprüften Unternehmen und gegenüber Dritten gelten, die nach den nationalen Rechtsvorschriften Entschädigungsansprüche geltend machen können. |
4. |
Eine Haftungsbeschränkung sollte das Recht der Geschädigten auf gerechte Entschädigung unberührt lassen. |
Methoden der Haftungsbeschränkung
5. |
Die Mitgliedstaaten sollten Maßnahmen zur Haftungsbeschränkung ergreifen. Zu diesem Zweck wird empfohlen, insbesondere eine oder mehrere der folgenden Methoden anzuwenden:
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6. |
Wird eine Haftungsbeschränkung gemäß Ziffer 5 Buchstabe c vereinbart, so sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
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7. |
Vor dem Erlass von Maßnahmen zur Umsetzung einer der unter Ziffer 5 Buchstaben a, b oder c genannten Methoden oder einer anderen mit den Ziffern 2, 3 und 4 in Einklang stehenden Methode zur Haftungsbeschränkung sollte ein Mitgliedstaat die Auswirkungen auf die Finanzmärkte und Anleger, auf die Bedingungen für den Zugang zum Markt für die Abschlussprüfung börsennotierter Unternehmen sowie auf die Prüfungsqualität, die Versicherbarkeit von Risiken und die zu prüfenden Unternehmen berücksichtigen. |
Follow-up
8. |
Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die Kommission bis zum 5. Juni 2010 über die aufgrund dieser Empfehlung getroffenen Maßnahmen zu unterrichten. |
Adressaten
9. |
Diese Empfehlung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. |
Brüssel, den 5. Juni 2008
Für die Kommission
Charlie McCREEVY
Mitglied der Kommission
(1) ABl. L 157 vom 9.6.2006, S. 87. Richtlinie geändert durch die Richtlinie 2008/30/EG (ABl. L 81 vom 20.3.2008, S. 53).
(2) ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 224 vom 16.8.2006, S. 1).
(3) ABl. L 193 vom 18.7.1983, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/99/EG (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 137).