18.12.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 323/1


ENTSCHLIEßUNG DES RATES

vom 2. Dezember 2008

zur Koordinierung im Bereich der Wegzugsbesteuerung

(2008/C 323/01)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

UNTER VERWEIS AUF die beiden Mitteilungen der Kommission vom 19. Dezember 2006 an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Koordinierung der Regelungen der Mitgliedstaaten zu den direkten Steuern im Binnenmarkt und über die Wegzugsbesteuerung;

UNTER HINWEIS DARAUF, dass das Bestehen von verschiedenen Steuergebieten in der EU zur Folge hat, dass eine der Steuerregelung eines einzigen Steuergebiets unterliegende Verlegung einer wirtschaftlichen Tätigkeit anders behandelt wird als eine dem Recht von zwei oder mehr Steuergebieten unterliegende Verlegung einer wirtschaftlichen Tätigkeit;

IN DEM BEWUSSTSEIN, dass infolgedessen eine Koordinierung zweckmäßig wäre, um unter Wahrung des Subsidiaritätsgrundsatzes Doppelbesteuerungen zu vermeiden, die bei einer dem Recht von zwei oder mehr Steuergebieten unterliegenden Verlegung wirtschaftlicher Tätigkeiten auftreten könnten;

HERVORHEBEND, dass jede zur Verwirklichung dieser Ziele vorgeschlagene Lösung realistisch sein, nach Möglichkeit auf den vorhandenen Instrumenten, einschließlich der bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen, aufbauen, den administrativen Aufwand der Steuerpflichtigen und der Verwaltungen in Grenzen halten und die berechtigten finanziellen Interessen der Mitgliedstaaten schützen muss;

weiter HERVORHEBEND, dass die Leitprinzipien eine politische Verpflichtung darstellen, über deren Umsetzung die Mitgliedstaaten entscheiden, und somit die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten sowie die jeweiligen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft, wie sie sich aus dem Vertrag ergeben, unberührt lassen —

ERSUCHT die Mitgliedstaaten, folgende Leitprinzipien anzunehmen:

A.

Als Verlegung wirtschaftlicher Tätigkeiten gilt jeder Vorgang, bei dem ein der Körperschaftsteuer unterliegender Steuerpflichtiger oder eine natürliche Person, die eine geschäftliche Tätigkeit ausübt:

1.

in einem Mitgliedstaat (dem Wegzugsstaat) nicht mehr der Körperschaft- oder Einkommensteuer unterliegt und gleichzeitig in einem anderen Mitgliedstaat (dem Aufnahmestaat) der Körperschaft- oder Einkommensteuer unterworfen wird; oder

2.

eine Kombination von Wirtschaftsgütern und Verbindlichkeiten vom Hauptsitz oder einer Betriebsstätte im Wegzugsstaat zu einer Betriebsstätte oder einem Hauptsitz im Aufnahmestaat verlegt.

B.

Behält sich der Wegzugsstaat bei einer Verlegung wirtschaftlicher Tätigkeiten das Recht vor, Rücklagen (realisierte, jedoch steuerlich noch nicht berücksichtigte Gewinne) zu besteuern und Rückstellungen (noch nicht angefallene, jedoch steuerlich bereits berücksichtige Ausgaben) ganz oder teilweise aufzulösen, so kann der Aufnahmestaat die Bildung von Rücklagen oder Rückstellungen in gleicher oder unterschiedlicher Höhe gemäß den in diesem Staat geltenden Bemessungsvorschriften vorsehen und ihren Abzug vom steuerbaren Gewinn für das Jahr ihrer Bildung gestatten.

C.

Behält sich der Wegzugsstaat bei einer Verlegung wirtschaftlicher Tätigkeiten das Recht vor, den nichtrealisierten Wertzuwachs der Wirtschaftsgüter des Steuerpflichtigen, berechnet als Differenz zwischen dem Marktwert dieser Güter zum Zeitpunkt der Verlegung und ihrem Buchwert, zu besteuern, so erkennt der Aufnahmestaat diesen Marktwert bei der Berechnung des späteren Wertzuwachses im Falle der Veräußerung an.

D.

Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Aufnahmestaat und dem Wegzugsstaat über den Marktwert der Wirtschaftsgüter zum Zeitpunkt der Verlegung legen die beiden Staaten den Streit nach einem geeigneten Verfahren bei.

E.

Der Aufnahmestaat kann den seine wirtschaftlichen Tätigkeiten verlegenden Steuerpflichtigen dazu auffordern, Nachweise vorzulegen, dass der Wegzugsstaat seine Rechte unter den vorstehend genannten Bedingungen wahrgenommen hat oder wahrnehmen wird, und Nachweise über den von der Verwaltung des Wegzugsstaats ermittelten Marktwert vorzulegen.

F.

Die auf Gemeinschaftsebene festgelegten Bestimmungen in Bezug auf den gegenseitigen Beistand sehen den Rahmen für die Unterstützung des Wegzugsstaats durch den Aufnahmestaat, insbesondere bei der Feststellung des Zeitpunkts der Veräußerung, vor.