25.7.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 193/6


VERORDNUNG (EG) Nr. 875/2007 DER KOMMISSION

vom 24. Juli 2007

über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen im Fischereisektor und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1860/2004

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates vom 7. Mai 1998 über die Anwendung der Artikel 92 und 93 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen (1), insbesondere auf Artikel 2 Absatz 1,

nach Veröffentlichung des Entwurfs dieser Verordnung (2),

nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für staatliche Beihilfen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Durch die Verordnung (EG) Nr. 994/98 wird die Kommission ermächtigt, mittels Verordnung eine Höchstgrenze festzusetzen, bis zu der Beihilfen als Maßnahmen angesehen werden, die nicht alle Tatbestandsmerkmale von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag erfüllen und daher auch nicht dem Meldeverfahren nach Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag unterliegen.

(2)

Auf der Grundlage jener Verordnung erließ die Kommission die Verordnung (EG) Nr. 69/2001 vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf „De-minimis“-Beihilfen (3), in der ein Gesamtbetrag von 100 000 EUR je Empfänger, bezogen auf einen Zeitraum von drei Jahren, festgelegt wurde. Ursprünglich galt die letztgenannte Verordnung nicht für die Sektoren Landwirtschaft, Fischerei, Aquakultur und Verkehr, da in diesen besondere Vorschriften Anwendung finden.

(3)

Für den Agrar- und Fischereisektor wurde in der Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 der Kommission vom 6. Oktober 2004 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen im Agrar- und Fischereisektor (4) ein Höchstbetrag von 3 000 EUR je Empfänger bezogen auf einen Zeitraum von drei Jahren festgelegt, da im Lichte der von der Kommission gesammelten Erfahrungen bestätigt werden konnte, dass in diesen Sektoren gewährte Beihilfen mit sehr niedrigen Beträgen unter bestimmten Bedingungen nicht unter die Tatbestandsmerkmale von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fallen. Diese Bedingungen sind erfüllt, wenn der Beihilfebetrag je Erzeuger niedrig gehalten und die Gesamtzuwendungen an diese Sektoren auf einen geringen Prozentsatz des Produktionswerts begrenzt werden.

(4)

Aufgrund der geänderten wirtschaftlichen Gegebenheiten und in Anbetracht der mit der Anwendung der geltenden allgemeinen De-minimis-Vorschriften gewonnenen Erfahrungen wurden Änderungen dieser Vorschriften als erforderlich erachtet. Deshalb erließ die Kommission die Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen (5). Mit der letztgenannten Verordnung wurde die Verordnung (EG) Nr. 69/2001 ersetzt, die allgemeine De-minimis-Höchstgrenze von 100 000 EUR auf 200 000 EUR angehoben, die Anwendung auf den Sektor der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse ausgeweitet und eine neue De-minimis-Höchstgrenze von 100 000 EUR für staatliche Beihilfen an den Straßentransportsektor festgesetzt.

(5)

Die jüngsten Erfahrungen bei der Anwendung der Vorschriften über die staatlichen Beihilfen im Fischereisektor und insbesondere des De-minimis-Höchstbetrags nach der Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 sowie der Leitlinien für die Prüfung staatlicher Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor (6) haben gezeigt, dass die Gefahr der Wettbewerbsverfälschung im Falle von De-minimis-Beihilfen geringer ist als im Jahr 2004 prognostiziert wurde.

(6)

Die Erfahrung der Kommission hat gezeigt, dass Beihilfen für Unternehmen im Fischereisektor, die einen Höchstbetrag von 30 000 EUR je Empfänger innerhalb von drei Jahren nicht übersteigen, bei gleichzeitiger Begrenzung des Gesamtvolumens aller Beihilfen an Unternehmen im Fischereisektor auf etwa 2,5 % des jährlichen Produktionswerts der Fischwirtschaft den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen und/oder den Wettbewerb nicht verfälschen bzw. zu verfälschen drohen. Deshalb ist festzustellen, dass solche Beihilfen nicht unter Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fallen. Bei den hier zugrunde gelegten Jahren handelt es sich um Steuerjahre, die der betreffende Mitgliedstaat zu Steuerzwecken festlegt. Der relevante Zeitraum von drei Jahren sollte fortlaufend bemessen werden, d. h. bei jeder Neubewilligung einer De-minimis-Beihilfe ist die Gesamtsumme jener Beihilfen maßgeblich, die im betreffenden Steuerjahr sowie in den beiden vorhergehenden Steuerjahren gewährt wurden.

(7)

Sonstige von dem betreffenden Mitgliedstaat gewährte staatliche Beihilfen sind bei der Gewährung einer De-minimis-Beihilfe ebenfalls zu berücksichtigen.

(8)

Es sollte nicht möglich sein, über den zulässigen Höchstbetrag hinausgehende Beihilfebeträge in mehrere kleinere Tranchen aufzuteilen, um so in den Anwendungsbereich dieser Verordnung zu gelangen.

(9)

Im Einklang mit den Grundsätzen für die Gewährung von Beihilfen, die unter Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fallen, sollte für De-minimis-Beihilfen als Bewilligungszeitpunkt der Zeitpunkt gelten, zu dem der Empfänger den Rechtsanspruch auf die Beihilfe nach der geltenden einzelstaatlichen Regelung erwirbt.

(10)

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, sobald die Gemeinschaft eine Regelung über die Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für einen bestimmten Agrarsektor erlassen hat, sich aller Maßnahmen zu enthalten, die von dieser Regelung abweichen oder sie verletzen können (7). Dieser Grundsatz gilt auch im Fischereisektor. Deshalb sind Beihilfen, deren Höhe sich nach dem Preis oder der Menge vermarkteter Erzeugnisse richtet, vom Geltungsbereich dieser Verordnung auszunehmen.

(11)

Diese Verordnung sollte nicht für Ausfuhrbeihilfen oder De-minimis-Beihilfen gelten, die heimische Erzeugnisse gegenüber Importwaren begünstigen. Darüber hinaus sollte die Verordnung nicht auf Beihilfen zur Finanzierung der Errichtung und Betreibung eines Verteilernetzwerkes in anderen Ländern anwendbar sein. Beihilfen zu den Kosten für die Teilnahme an Messen oder von Studien oder Beratungsdiensten, die für die Einführung eines neuen oder bestehenden Produktes auf einem neuen Markt gewährt werden, stellen normalerweise keine Exportbeihilfen dar.

(12)

Aufgrund von Schwierigkeiten bei der Festlegung des Bruttosubventionsäquivalents von Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (8) sollte diese Verordnung für solche Unternehmen nicht anwendbar sein.

(13)

In Anbetracht der Ziele der gemeinsamen Fischereipolitik sollten Beihilfen zur Erhöhung der Fangkapazität und Beihilfen für den Bau oder Kauf von Fischereifahrzeugen nicht in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, ausgenommen Beihilfen zur Modernisierung auf dem Hauptdeck nach Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik (9).

(14)

Aus Gründen der Transparenz, Gleichbehandlung und korrekten Anwendung der De-minimis-Höchstbeträge sollten die Mitgliedstaaten identische Berechnungsmethoden anwenden. Um die Berechnung zu vereinfachen, sollten in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 Beihilfen, die nicht in Form einer Barzuwendung gewährt werden, in ihr Bruttosubventionsäquivalent umgerechnet werden. Die Berechnung des Subventionsäquivalents anderer transparenter Beihilfeformen als einer in mehreren Tranchen gewährten Beihilfe sollte auf der Grundlage der zum Bewilligungszeitpunkt geltenden marktüblichen Zinssätze erfolgen. Im Interesse einer einheitlichen, transparenten und unkomplizierten Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen sollten für die Zwecke dieser Verordnung die marktüblichen Zinssätze als Referenzzinssätze herangezogen werden, die von der Kommission in regelmäßigen Abständen anhand objektiver Kriterien ermittelt und im Amtsblatt der Europäischen Union sowie im Internet veröffentlicht werden. Es kann jedoch erforderlich sein, in Abhängigkeit von den gestellten Sicherheiten oder der Risikoposition des Beihilfeempfängers zusätzliche Basispunkte auf den Mindestsatz aufzuschlagen.

(15)

Im Interesse der Transparenz, der Gleichbehandlung und einer wirksamen Überwachung sollte diese Verordnung nur für transparente De-minimis-Beihilfen gelten. Eine Beihilfe ist dann transparent, wenn sich ihr Bruttosubventionsäquivalent im Voraus genau berechnen lässt, ohne dass eine Risikobewertung erforderlich ist. Eine solche präzise Berechnung ist beispielsweise bei Zuschüssen, Zinszuschüssen und begrenzten Steuerbefreiungen möglich. Beihilfen in Form von Kapitalzuführungen der öffentlichen Hand sollten nur dann als transparente De-minimis-Beihilfen gelten, wenn der Gesamtbetrag des zugeführten Kapitals unter dem zulässigen De-minimis-Höchstbetrag liegt. Risikokapitalbeihilfen im Sinne der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikokapitalinvestitionen in kleine und mittlere Unternehmen (10) sollten nur dann als transparente De-minimis-Beihilfen angesehen werden, wenn die betreffende Risikokapitalregelung für jedes Zielunternehmen Kapitalzuführungen nur bis zum De-minimis-Höchstbetrag vorsieht. Beihilfen in Form von Darlehen sollten als transparente De-minimis-Beihilfen behandelt werden, wenn das Bruttosubventionsäquivalent auf der Grundlage der zum Bewilligungszeitpunkt geltenden marktüblichen Zinssätze berechnet worden ist.

(16)

Die vorliegende Verordnung schließt die Möglichkeit nicht aus, dass eine Maßnahme, die von den Mitgliedstaaten beschlossen wird, aus anderen als den in der Verordnung dargelegten Gründen nicht als Beihilfe im Sinne des Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag gilt, so z. B. wenn Kapitalzuführungen im Einklang mit dem Prinzip des Privatinvestors beschlossen werden.

(17)

Es ist erforderlich, Rechtssicherheit zu schaffen für Bürgschaftsregelungen, die keine Beeinträchtigung des Handels oder Verzerrung des Wettbewerbs bewirken können und hinsichtlich derer ausreichend Daten verfügbar sind, um jegliche möglichen Wirkungen verlässlich festzustellen. Diese Verordnung sollte deshalb die allgemeine De-minimis-Obergrenze von 30 000 EUR je Empfänger in eine bürgschaftsspezifische Obergrenze auf der Grundlage des verbürgten Betrages des durch die Bürgschaft besicherten Einzeldarlehens übertragen. Diese Obergrenze wird nach einer Methode zur Berechnung des Beihilfebetrags in Bürgschaftsregelungen für Darlehen zugunsten leistungsfähiger Unternehmen ermittelt. Diese Methode und die Daten, die zur Berechnung der bürgschaftsspezifischen Obergrenze genutzt werden, sollten Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Gemeinschaftsrichtlinien über Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten oder in der Umstrukturierung ausschließen. Diese spezifische Obergrenze sollte daher nicht anwendbar sein auf individuelle Einzelbeihilfen außerhalb einer Bürgschaftsregelung, auf Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten oder auf Bürgschaften für Transaktionen, die nicht auf einem Darlehensverhältnis beruhen, wie zum Beispiel Bürgschaften hinsichtlich Eigenkapitalmaßnahmen. Die spezifische Obergrenze sollte bestimmt werden auf der Grundlage der Feststellung, dass unter Berücksichtigung eines Faktors von 13 % (Nettoausfallquote), der das Szenario des ungünstigsten anzunehmenden Falles für Bürgschaftsregelungen in der Gemeinschaft darstellt, das Bruttosubventionsäquivalent einer Bürgschaft in Höhe von 225 000 EUR als identisch mit dem mit dieser Verordnung festgesetzten De-minimis-Höchstbetrag angesehen werden kann. Diese spezielle Obergrenze soll lediglich auf Bürgschaften anwendbar sein, deren Verbürgungsanteil bis zu 80 % des zugrunde liegenden Darlehens beträgt.

(18)

Die Kommission hat dafür zu sorgen, dass die Vorschriften über staatliche Beihilfen und insbesondere auch die Bedingungen, unter denen eine De-minimis-Beihilfe gewährt wird, eingehalten werden. Nach Artikel 10 EG-Vertrag sind die Mitgliedstaaten gehalten, der Kommission diese Aufgabe zu erleichtern, indem sie durch geeignete Mechanismen sicherstellen, dass der im Rahmen der De-minimis-Regelung gewährte Gesamtbeihilfebetrag die Schwelle von 30 000 EUR je Empfänger sowie das von der Kommission auf Basis des Produktionswerts der Fischwirtschaft festgesetzte Gesamtvolumen innerhalb eines Zeitraumes von drei Steuerjahren nicht überschreitet. Hierzu sollten die Mitgliedstaaten bei Gewährung einer De-minimis-Beihilfe dem betreffenden Unternehmen unter Bezugnahme auf diese Verordnung den Beihilfebetrag mitteilen und darauf hinweisen, dass es sich um eine De-minimis-Beihilfe handelt. Der betreffende Mitgliedstaat sollte die Beihilfe erst gewähren, nachdem er eine Erklärung des Unternehmens erhalten hat, in der alle anderen in dem betreffenden Steuerjahr sowie in den vorangegangenen zwei Steuerjahren erhaltenen De-minimis-Beihilfen angegeben sind, und nachdem er sorgfältig geprüft hat, dass die De-minimis-Höchstbeträge durch die neue Beihilfe nicht überschritten werden. Stattdessen kann zu diesem Zweck auch ein Zentralregister eingerichtet werden.

(19)

Aus Gründen der Klarheit und da der Höchstbetrag der De-minimis-Beihilfen für den Fischereisektor somit von dem Höchstbetrag der De-minimis-Beihilfen für den Agrarsektor abweicht, ist eine spezifische, ausschließlich für den Fischereisektor geltende Verordnung zu erlassen und die Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 entsprechend zu ändern.

(20)

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen der Kommission und der Tatsache, dass die Politik im Bereich der staatlichen Beihilfen generell in regelmäßigen Abständen neu überdacht werden muss, sowie insbesondere aufgrund der Geltungsdauer der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 und der Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 ist die Geltungsdauer dieser Verordnung bis zum 31. Dezember 2013 zu begrenzen. Für den Fall, dass diese Verordnung nach Ablauf dieses Zeitraumes nicht verlängert wird, ist für die unter diese Verordnung fallenden De-minimis-Beihilferegelungen eine sechsmonatige Anpassungsfrist vorzusehen. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Anwendbarkeit dieser Verordnung auf vor ihrem Inkrafttreten gewährte Beihilfen zu regeln —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Geltungsbereich

Diese Verordnung gilt für Beihilfen an Unternehmen im Fischereisektor mit folgenden Ausnahmen:

a)

Beihilfen, deren Höhe sich nach dem Preis oder der Menge vermarkteter Erzeugnisse richtet;

b)

Beihilfen für exportbezogene Tätigkeiten, d. h. Beihilfen, die unmittelbar mit den ausgeführten Mengen, dem Aufbau und dem Betrieb eines Vertriebsnetzes oder anderen laufenden Ausgaben einer Exporttätigkeit in Zusammenhang stehen;

c)

Beihilfen, die von der Verwendung heimischer Erzeugnisse zu Lasten von Importwaren abhängig gemacht werden;

d)

Beihilfen zur Erhöhung der Fangkapazität, ausgedrückt in Tonnage oder Maschinenleistung, nach Artikel 3 Buchstaben der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002, sofern es sich nicht um Beihilfen zur Modernisierung auf dem Hauptdeck nach Artikel 11 Absatz 5 jener Verordnung handelt;

e)

Beihilfen für den Kauf oder Bau von Fischereifahrzeugen;

f)

Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)

„Unternehmen im Fischereisektor“ sind Unternehmen, die in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Fischereierzeugnissen tätig sind;

b)

„Fischereierzeugnisse“ sind Erzeugnisse nach Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates (11);

c)

„Verarbeitung und Vermarktung“ sind sämtliche Schritte der Behandlung, Bearbeitung, Herstellung und des Vertriebs von der Anlandung oder Ernte bis zum Stadium des Endproduktes.

Artikel 3

De-minimis-Beihilfen

(1)   Beihilfen, die die Voraussetzungen dieses Artikels sowie der Artikel 4 und 5 der vorliegenden Verordnung erfüllen, gelten als Maßnahmen, die nicht alle Tatbestandsmerkmale von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag erfüllen, und unterliegen daher nicht der Anmeldepflicht nach Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag.

(2)   Die Gesamtsumme der einem Unternehmen gewährten De-minimis-Beihilfen darf bezogen auf einen Zeitraum von drei Steuerjahren 30 000 EUR nicht übersteigen. Dieser Höchstwert gilt für Beihilfen gleich welcher Art und Zielsetzung. Der Zeitraum bestimmt sich nach den in dem betreffenden Mitgliedstaat geltenden Steuerjahren.

(3)   Übersteigt der Beihilfegesamtbetrag diesen Höchstbetrag, kann der Rechtsvorteil dieser Verordnung auch nicht für einen Bruchteil der Beihilfe in Anspruch genommen werden, der diesen Höchstbetrag nicht überschreitet. Der Rechtsvorteil dieser Verordnung kann in diesem Fall für eine solche Beihilfemaßnahme weder zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung noch zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch genommen werden.

(4)   Die Gesamtsumme der an Unternehmen im Fischereisektor gewährten Beihilfen darf die im Anhang festgesetzten Werte für die einzelnen Mitgliedstaaten bezogen auf einen Zeitraum von drei Steuerjahren nicht übersteigen.

(5)   Die Höchstwerte nach den Absätzen 2 und 4 beziehen sich auf Barzuwendungen. Bei den eingesetzten Beträgen sind Bruttobeträge, d. h. die Beträge vor Abzug von Steuern oder anderen Belastungen, zugrunde zu legen. Wird die Beihilfe nicht als Zuschuss, sondern in anderer Form gewährt, bestimmt sich die Höhe der Beihilfe nach ihrem Bruttosubventionsäquivalent.

(6)   In mehreren Tranchen gezahlte Beihilfen werden zum Zeitpunkt ihrer Gewährung abgezinst. Der Zinssatz, der für die Abzinsung und die Berechnung des Bruttosubventionsäquivalents anzusetzen ist, ist der zum Zeitpunkt der Gewährung geltende Referenzzinssatz.

(7)   Diese Verordnung gilt nur für Beihilfen, die in einer Form gewährt werden, für die das Bruttosubventionsäquivalent im Voraus genau berechnet werden kann, ohne dass eine Risikobewertung erforderlich ist („transparente Beihilfen“). Insbesondere gilt Folgendes:

a)

Beihilfen in Form von Darlehen werden als transparente De-minimis-Beihilfen behandelt, wenn das Bruttosubventionsäquivalent auf der Grundlage der zum Bewilligungszeitpunkt geltenden marktüblichen Zinssätze berechnet worden ist.

b)

Beihilfen in Form von Kapitalzuführungen gelten nicht als transparente De-minimis-Beihilfen, es sei denn, der Gesamtbetrag der zugeführten öffentlichen Mittel liegt unter dem De-minimis-Höchstbetrag.

c)

Beihilfen in Form von Risikokapitalmaßnahmen gelten nicht als transparente De-minimis-Beihilfen, es sei denn, die betreffende Risikokapitalregelung sieht vor, dass jedem Zielunternehmen nur Kapital bis in Höhe des De-minimis-Höchstbetrags zur Verfügung gestellt wird.

d)

Beihilfen in Form rückzahlbarer Vorschüsse gelten nicht als transparente Beihilfen, wenn der Gesamtbetrag des rückzahlbaren Vorschusses den entsprechenden Schwellenwert nach Maßgabe dieser Verordnung übersteigt.

e)

Auf der Grundlage einer Bürgschaftsregelung gewährte Einzelbeihilfen an Unternehmen, die nicht in Schwierigkeiten sind, werden dann als De-minimis-Beihilfen behandelt, wenn der verbürgte Teil des Darlehens, für das im Rahmen dieser Regelung eine Einzelbürgschaft gewährt wird, insgesamt 225 000 EUR je Unternehmen nicht übersteigt. Stellt der verbürgte Teil des zugrunde liegenden Darlehens lediglich einen gegebenen Anteil dieses Höchstbetrages dar, so ergibt sich das Bruttosubventionsäquivalent der Bürgschaft, indem man diesen gegebenen Anteil auf den jeweils anzuwendenden und in Absatz 2 festgelegten Höchstbetrag bezieht. Der Verbürgungsanteil des zugrunde liegenden Darlehens darf 80 % nicht übersteigen.

(8)   De-minimis-Beihilfen dürfen nicht mit anderen Beihilfen für dieselben förderbaren Aufwendungen kumuliert werden, wenn die aus der Kumulierung resultierende Förderintensität diejenige Förderintensität übersteigen würde, die in einer Gruppenfreistellungsverordnung oder in einer von der Kommission verabschiedeten Entscheidung hinsichtlich der besonderen Merkmale eines jeden Falles festgelegt wurde.

Artikel 4

Überwachung

(1)   Gewährt ein Mitgliedstaat einem Unternehmen eine De-minimis-Beihilfe, teilt er diesem Unternehmen schriftlich die Höhe der Beihilfe (ausgedrückt in Bruttosubventionsäquivalent) mit und setzt es unter ausdrücklichem Verweis auf diese Verordnung mit Angabe ihres Titels und der Fundstelle im Amtsblatt der Europäischen Union davon in Kenntnis, dass es sich um eine De-minimis-Beihilfe handelt. Wird die De-minimis-Beihilfe auf der Grundlage einer Regelung verschiedenen Unternehmen gewährt, die Einzelbeihilfen in unterschiedlicher Höhe erhalten, kann der betreffende Mitgliedstaat seiner Informationspflicht dadurch nachkommen, dass er den Unternehmen einen Festbetrag mitteilt, der dem auf der Grundlage der Regelung gewährten Beihilfehöchstbetrag entspricht. In diesem Fall ist für die Feststellung, ob die Beihilfehöchstbeträge in Artikel 3 Absatz 2 bzw. Artikel 3 Absatz 4 eingehalten worden sind, dieser Festbetrag maßgebend. Vor Gewährung der Beihilfe hat das betreffende Unternehmen seinerseits schriftlich in Papierform oder in elektronischer Form jede De-minimis-Beihilfe anzugeben, die es in den vorangegangenen zwei Steuerjahren sowie im laufenden Steuerjahr erhalten hat.

(2)   Der betreffende Mitgliedstaat gewährt eine neue De-minimis-Beihilfe erst, nachdem er sich vergewissert hat, dass der Gesamtbetrag der De-minimis-Beihilfen, den das Unternehmen in dem Mitgliedstaat in dem betreffenden Steuerjahr sowie in den zwei vorangegangenen Steuerjahren erhalten hat, den in Artikel 3 Absatz 2 genannten Höchstbetrag bzw. den in Artikel 3 Absatz 4 genannten Höchstbetrag nicht überschreitet.

(3)   Verfügt ein Mitgliedstaat über ein Zentralregister der De-minimis-Beihilfen im Fischereisektor mit vollständigen Informationen über sämtliche von staatlicher Seite gewährte De-minimis-Beihilfen in diesem Mitgliedstaat, wird Absatz 1 für jenen Mitgliedstaat von dem Zeitpunkt an, zu dem das Register einen Zeitraum von drei Steuerjahren erfasst, nicht mehr angewandt.

(4)   Die Mitgliedstaaten registrieren und sammeln sämtliche mit der Anwendung dieser Verordnung zusammenhängenden Informationen. Das gesammelte Material muss Aufschluss darüber geben, ob die Bedingungen für die Anwendung der Verordnung erfüllt sind. Die Aufzeichnungen über De-minimis-Einzelbeihilfen sind vom Zeitpunkt der Beihilfegewährung an zehn Steuerjahre lang aufzubewahren. Bei Regelungen für De-minimis-Beihilfen beträgt die Aufbewahrungsfrist zehn Jahre ab dem Zeitpunkt, zu dem letztmals eine Einzelbeihilfe nach der betreffenden Regelung gewährt wurde. Der betreffende Mitgliedstaat übermittelt der Kommission auf deren schriftliches Ersuchen innerhalb von zwanzig Arbeitstagen oder einer in dem Ersuchen festgesetzten längeren Frist alle Informationen, die diese benötigt, um zu beurteilen, ob die Bedingungen dieser Verordnung eingehalten wurden; hierzu gehört insbesondere der Gesamtbeihilfebetrag, den die Unternehmen und die Fischwirtschaft des betreffenden Mitgliedstaats im Rahmen der De-minimis-Regelung erhalten haben.

Artikel 5

Übergangsbestimmungen

(1)   Diese Verordnung gilt auch für Beihilfen, die vor ihrem Inkrafttreten gewährt wurden, sofern diese Beihilfen alle Voraussetzungen der Artikel 1 bis 3 sowie gegebenenfalls des Artikels 4 erfüllen. Beihilfen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, werden von der Kommission nach den geltenden Rahmenvorschriften, Leitlinien, Mitteilungen und Bekanntmachungen beurteilt.

(2)   Vor dem 1. Januar 2005 gewährte de-minimis-Beihilfen, die die Voraussetzungen der Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 anwendbar auf den Fischereisektor erfüllen bis sechs Monate nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung, werden als Maßnahmen angesehen, die nicht alle Tatbestandsmerkmale von Artikel 87 Absatz 1 EG Vertrag erfüllen und daher auch nicht der Anmeldepflicht nach Artikel 88 Absatz 3 EG Vertrag unterliegen.

(3)   Nach Ablauf der Geltungsdauer dieser Verordnung können De-minimis-Beihilfen, die die Bedingungen dieser Verordnung erfüllen, noch weitere sechs Monate angewandt werden.

Artikel 6

Änderung

Die Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 wird wie folgt geändert:

a)

Im Titel wird der Wortlaut „Agrar- und Fischereisektor“ durch „Agrarsektor“ ersetzt.

b)

In Artikel 1 wird der Wortlaut „Agrar- und Fischereisektor“ durch „Agrarsektor“ ersetzt.

c)

In Artikel 2:

i)

wird in Nummer 2 der Wortlaut „ausgenommen Fischereierzeugnisse im Sinne von Nummer 5 dieses Artikels“ durch „ausgenommen Fischereierzeugnisse im Sinne von Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000“ ersetzt;

ii)

werden Nummer 4, 5 und 6 gestrichen.

d)

In Artikel 3 Absatz 2 wird Unterabsatz 3 gestrichen.

e)

In Artikel 4 Absatz 2 wird der Wortlaut „im Agrar- und Fischereisektor“ ersetzt durch „im Agrarsektor“.

f)

In Artikel 4 Absatz 3 Unterabsatz 2 wird der Wortlaut „die Agrar- bzw. Fischwirtschaft“ ersetzt durch „die Agrarwirtschaft“.

g)

Anhang II wird gestrichen.

Artikel 7

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am siebten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt bis zum 31. Dezember 2013.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. Juli 2007

Für die Kommission

Joe BORG

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 142 vom 14.5.1998, S. 1.

(2)  ABl. C 276 vom 14.11.2006, S. 7.

(3)  ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 30.

(4)  ABl. L 325 vom 28.10.2004, S. 4.

(5)  ABl. L 379 vom 28.12.2006, S. 5.

(6)  ABl. C 229 vom 14.9.2004, S. 5.

(7)  Rs. C-113/2000, Spanien/Kommission, Slg. 2002, S. I-7601, Rn. 73.

(8)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

(9)  ABl. L 358 vom 31.12.2002, S. 59.

(10)  ABl. C 194 vom 18.8.2006, S. 2.

(11)  ABl. L 17 vom 21.1.2000, S. 22.


ANHANG

Gesamtsumme der Beihilfen im Fischereisektor nach Mitgliedstaaten (Artikel 3 Absatz 4)

(EUR)

BE

11 800 000

BG

433 000

CZ

1 008 000

DK

57 650 000

DE

48 950 000

EE

3 718 000

IE

8 508 000

EL

18 015 000

ES

127 880 000

FR

138 550 000

IT

94 325 000

CY

1 562 000

LV

3 923 000

LT

5 233 000

LU

0

HU

740 000

MT

255 000

NL

35 875 000

AT

620 000

PL

21 125 000

PT

15 688 000

RO

524 000

SL

338 000

SK

1 133 000

FI

7 075 000

SE

11 153 000

UK

102 725 000