30.12.2006 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 397/28 |
ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION
vom 18. Dezember 2006
über die Nichtaufnahme von Alachlor in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates und den Widerruf der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff
(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 6567)
(Text von Bedeutung für den EWR)
(2006/966/EG)
DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
gestützt auf die Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (1), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 2 Unterabsatz 4,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414/EWG führt die Kommission ein Arbeitsprogramm zur Prüfung von Wirkstoffen in Pflanzenschutzmitteln durch, die vor dem 25. Juli 1993 bereits auf dem Markt waren. Bestimmungen zur Durchführung dieses Programms wurden mit der Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 der Kommission vom 11. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen für die erste Stufe des Arbeitsprogramms gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414/EWG des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (2) festgelegt. |
(2) |
Mit der Verordnung (EG) Nr. 933/94 der Kommission vom 27. April 1994 über die Festsetzung der Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln und die Bestimmung der Bericht erstattenden Mitgliedstaaten zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 (3) wurden die Wirkstoffe festgelegt, die im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 zu prüfen sind, ein Mitgliedstaat als Berichterstatter für die einzelnen Wirkstoffe bestimmt und die Hersteller der einzelnen Wirkstoffe genannt, die rechtzeitig einen Antrag eingereicht haben. |
(3) |
Alachlor ist einer der 89 in der Verordnung (EG) Nr. 933/94 aufgeführten Wirkstoffe. |
(4) |
Gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 hat Spanien als Bericht erstattender Mitgliedstaat der Kommission am 20. Juli 1999 einen Bericht über seine Bewertung der Informationen zugeleitet, die von den Antragstellern gemäß Artikel 6 Absatz 1 der genannten Verordnung übermittelt worden waren. |
(5) |
Nach Erhalt des Berichts des Bericht erstattenden Mitgliedstaats hat die Kommission gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 Sachverständige der Mitgliedstaaten sowie die Hauptantragsteller angehört. Es wurde festgestellt, dass weitere Daten erforderlich waren. Mit der Entscheidung 2001/810/EG der Kommission (4) wurde eine Frist bis zum 25. Mai 2002 für die Vorlage der Daten durch den Antragsteller festgelegt. Mit derselben Entscheidung wurde eine weitere Frist bis zum 31. Dezember 2002 für bestimmte langfristige Studien festgelegt. |
(6) |
Die Kommission berief für den 19. Dezember 2003 eine Sitzung mit den Hauptantragstellern und dem Bericht erstattenden Mitgliedstaat für diesen Wirkstoff ein. |
(7) |
Der von Spanien erstellte Bewertungsbericht wurde von den Mitgliedstaaten und der Kommission im Rahmen des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit geprüft. Diese Prüfung wurde am 4. April 2006 mit dem Beurteilungsbericht der Kommission für Alachlor abgeschlossen. |
(8) |
Bei der Prüfung von Alachlor ergab sich eine Reihe von Fragen, mit denen sich das Wissenschaftliche Gremium für Pflanzengesundheit, Pflanzenschutzmittel und deren Rückstände (PPR) befasste. Das Wissenschaftliche Gremium wurde ersucht, zu folgenden zwei Fragen Stellung zu nehmen: Ist das in der Studie zur Karzinogenität bei Ratten beobachtete Auftreten von Nasenmuscheltumoren für den Menschen von Bedeutung und wenn ja, liegt ein genotoxischer Mechanismus zugrunde? Die zweite Frage war, ob die vorgelegten Informationen über die Metaboliten 65, 85, 54, 25, 76 und 51, bei denen der Wert von 0,1 µg/l überschritten wird, ausreichen, um nachzuweisen, dass sie nicht relevant sind? In seinem Gutachten (5) zur ersten Frage kommt das Wissenschaftliche Gremium zu dem Schluss, dass die verfügbaren Daten allen Anlass zu der Annahme geben, dass ein anderer Wirkmechanismus als die Genotoxizität den in Studien zur Kanzerogenität bei Ratten aufgetretenen Nasenmuscheltumoren zugrunde liegen muss. Wenngleich der Wirkmechanismus für den Menschen relevant sein könnte, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass Konzentrationen des aktiven Metaboliten erreicht werden, durch die die Kette von Ereignissen in Gang gesetzt wird, die schließlich zu Krebs führt. Das PPR-Gremium gelangt hinsichtlich der zweiten Frage zu dem Schluss, dass die Metaboliten 65, 54 und 25 bezüglich ihrer Toxizität hinlänglich untersucht worden sind, dass jedoch die Datenlage zur Toxizität im Fall der Bodenmetaboliten 85, 76 und 51 unzulänglich ist. Die Datenlage zur Genotoxizität ist für die Bodenmetaboliten 85, 76 und 51 ebenfalls unzureichend. Im Falle des Metaboliten 25 konnte das PPR-Gremium nicht feststellen, dass dieser Metabolit aus genotoxischer Sicht unbedenklich ist. Es wird abschließend festgestellt, dass die für die Metaboliten 65 und 54 vorgelegten Informationen ausreichen, um zu belegen, dass diese nicht relevant sind; eine ähnliche Schlussfolgerung kann für die Metaboliten 85, 76, 51 und 25 nicht gezogen werden. |
(9) |
Bei der Evaluierung dieses Wirkstoffs wurden weitere Besorgnis erregende Aspekte ermittelt. Es wurde festgestellt, dass die erwarteten Konzentrationen einiger der oben genannten Metaboliten im Grundwasser den Höchstwert von 0,1 µg/l überschritten. Außerdem konnte nicht ausgeschlossen werden, dass Alachlor karzinogenes Potenzial besitzt. In diesem Zusammenhang ist Alachlor durch die Richtlinie 2004/73/EG der Kommission vom 29. April 2004 (6) zur 29. Anpassung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates (7) zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe an den technischen Fortschritt als Karzinogen der Kategorie 3 eingestuft worden. In diesem Fall wurde es als zweckmäßig erachtet, die bei der Festlegung einer annehmbaren Anwenderexposition (AOEL) verwendeten Sicherheitsfaktoren zu erhöhen. Die Exposition, die sich bei der Handhabung des Stoffes und seiner Anwendung in den vom Antragsteller vorgeschlagenen Mengen, d. h. den geplanten Dosen je Hektar, ergibt, würde diesen Wert überschreiten und somit zu einem nicht annehmbaren Risiko für die Anwender führen. |
(10) |
Da diese Bedenken nicht ausgeräumt wurden, konnte auf der Grundlage der Bewertungen der übermittelten Informationen nicht nachgewiesen werden, dass Alachlor enthaltende Pflanzenschutzmittel unter den vorgeschlagenen Anwendungsbedingungen voraussichtlich allgemein die Anforderungen gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a und b der Richtlinie 91/414/EWG erfüllen. |
(11) |
Alachlor sollte daher nicht in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgenommen werden. |
(12) |
Es sollten Maßnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass bestehende Zulassungen für Alachlor enthaltende Pflanzenschutzmittel innerhalb eines vorgeschriebenen Zeitraums widerrufen und nicht verlängert werden und keine neuen Zulassungen für derartige Mittel erteilt werden. |
(13) |
Wurde von den Mitgliedstaaten eine Frist für Beseitigung, Lagerung, Absatz und Verwendung bestehender Lagervorräte von Alachlor enthaltenden Pflanzenschutzmitteln eingeräumt, so darf sie nicht länger als zwölf Monate sein, damit die Verwendung der Lagervorräte auf nur eine weitere Vegetationsperiode begrenzt wird. |
(14) |
Diese Entscheidung steht nicht etwaigen Maßnahmen entgegen, welche die Kommission in Bezug auf diesen Wirkstoff im Rahmen der Richtlinie 79/117/EWG des Rates vom 21. Dezember 1978 über das Verbot des Inverkehrbringens und der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die bestimmte Wirkstoffe enthalten (8), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 850/2004 (9), zu einem späteren Zeitpunkt treffen könnte. |
(15) |
Diese Entscheidung steht der Einreichung eines Antrags für Alachlor gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie 91/414/EWG mit Blick auf eine Aufnahme in deren Anhang I nicht entgegen. |
(16) |
Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit — |
HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:
Artikel 1
Alachlor wird nicht als Wirkstoff in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgenommen.
Artikel 2
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass
a) |
die Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln, die Alachlor enthalten, bis 18. Juni 2007 widerrufen werden; |
b) |
ab 19. Dezember 2006 Zulassungen für Alachlor enthaltende Pflanzenschutzmittel im Rahmen der Ausnahmeregelung gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414/EWG weder erteilt noch erneuert werden. |
Artikel 3
Jede von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 4 Absatz 6 der Richtlinie 91/414/EWG eingeräumte Frist muss so kurz wie möglich sein und spätestens am 18. Juni 2008 ablaufen.
Artikel 4
Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Brüssel, den 18. Dezember 2006
Für die Kommission
Markos KYPRIANOU
Mitglied der Kommission
(1) ABl. L 230 vom 19.8.1991, S. 1 Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/75/EG (ABl. L 248 vom 12.9.2006, S. 3).
(2) ABl. L 366 vom 15.12.1992, S. 10. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2266/2000 (ABl. L 259 vom 13.10.2000, S. 27).
(3) ABl. L 107 vom 28.4.1994, S. 8. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2230/95 (ABl. L 225 vom 22.9.1995, S. 1).
(4) ABl. L 305 vom 22.11.2001, S. 32.
(5) Gutachten des Wissenschaftlichen Gremiums für Pflanzengesundheit, Pflanzenschutzmittel und deren Rückstände auf Ersuchen der Kommission über die Beurteilung von Alachlor im Rahmen der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (Frage Nr. EFSA-Q-2004-48), angenommen am 28. Oktober 2004.
(6) ABl. L 152 vom 30.4.2004, S. 1.
(7) ABl. 196 vom 16.8. 1967, S. 1.
(8) ABl. L 33 vom 8.2.1979, S. 36.
(9) ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 7.