28.12.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 383/67


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 26. September 2006

Über die staatliche Beihilfe K 49/2005 (ex N 233/2005) zugunsten der Chemobudowy Kraków S.A.

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(2006) 4214)

(nur der polnische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2006/950/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß der genannten Artikel (1) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   DAS VERFAHREN

(1)

Die geplante Beihilfe zugunsten der staatseigenen Baugesellschaft Chemobudowa Kraków S.A. (nachstehend „Chemobudowa Kraków“ oder „begünstigtes Unternehmen“ genannt) wurde mit Schreiben vom 29. April 2005 (Eingangsvermerk 2. Mai 2005) bei der Kommission angemeldet. Am 20. Juni forderte die Kommission von Polen fehlende Unterlagen an. Diese wurden mit Schreiben vom 9. August 2005 (Eingangsvermerk 11. August 2005) übermittelt. Mit Schreiben vom 15. September 2005 forderte die Kommission zusätzliche Informationen an. Dieses Schreiben wurde von Polen mit Schreiben vom 26. Oktober 2005 (Eingangsvermerk 27. Oktober 2005) beantwortet.

(2)

Am 21. Dezember 2005 entschied die Kommission, in Bezug auf zwei angemeldete und zwei nicht angemeldete, nach dem Beitritt Polens zur EU gewährte Maßnahmen das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten, da sie Zweifel an deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt hatte. Diese Entscheidung wurde im Amtsblatt der Europäischen Union vom 28. Juni 2006 (2) veröffentlicht. Die Kommission forderte darin alle Beteiligten auf, zu den Beihilfemaßnahmen Stellung zu nehmen. Dieser Aufforderung kam keiner der Beteiligten nach.

(3)

Mit Schreiben vom 25. Januar 2006 (Eingangsvermerk 26. Januar 2006) teilte Polen der Kommission die Rücknahme seiner Anmeldung mit. Mit Schreiben vom 7. Februar 2006 forderte die Kommission Polen auf, zu den beiden vor dem EU-Beitritt Polens gewährten, nicht bei der Kommission angemeldeten Beihilfemaßnahmen Stellung zu nehmen. Dieser Aufforderung kam Polen mit Schreiben vom 7. März 2006 (Eingangsvermerk 9. März 2006) nach und bat um Korrektur einiger in der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag enthaltener Daten. Mit Schreiben vom 12. September 2006 (Eingangsvermerk 13. September 2006) erteilten die polnischen Behörden zu den beiden oben genannten Beihilfemaßnahmen zusätzliche Auskünfte.

II.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG

1.   Das begünstigte Unternehmen

(4)

Die Chemobudowa Kraków ist ein großes, 1949 gegründetes Unternehmen, das im Jahr 2004 919 Mitarbeiter beschäftigte, von denen 343 in Zweigniederlassungen im Ausland (Tschechische Republik und Deutschland) tätig waren.

(5)

Die Chemobudowa Kraków ist Muttergesellschaft der Towarzystwa Budownictwa Społecznego Krak-System S.A. („TBS“), an der sie 78 % der Anteile hält. Die Tätigkeit des Unternehmens besteht in Bau und Vermietung von Wohnimmobilien. Den polnischen Behörden zufolge ist der Umsatz des Unternehmens äußerst gering.

(6)

Der Anteil des begünstigten Unternehmens am polnischen Baumarkt beträgt 0,13 %. Es unterhält in Deutschland und der Tschechischen Republik Zweigniederlassungen, die 42 % seines Umsatzes erwirtschaften.

2.   Die Beihilfemassnahmen

(7)

Die polnischen Behörden kündigten ihre Absicht an, der Chemobudowa Kraków zwei Umstrukturierungsbeihilfen zu gewähren. Zum Ersten sollte das Unternehmen ein Darlehen in Höhe von 10 Mio. PLN (2,57 Mio. EUR) erhalten, das durch eine Hypothek auf Immobilien mit einem geschätzten Wert von 17,35 Mio. PLN (etwa 4,46 Mio. EUR) abgesichert werden sollte. Zum Zweiten sollte der Chemobudowa Kraków für ihre Einzahlung in den „Staatlichen Fonds für die Rehabilitation Behinderter“ (PFRON, „Państwowy Fundusz Rehabilitacji Osób Niepełnosprawnych“) Aufschub gewährt und diese Zahlung auf Raten verteilt werden. Ausgesetzt werden sollte ein Betrag von 693 000 PLN (etwa 178 000 EUR).

(8)

Die polnischen Behörden teilten der Kommission ferner mit, dass die Chemobudowy Kraków neben den oben genannten Maßnahmen zwischen Dezember 2001 und Mai 2004 achtzehn weitere Beihilfemaßnahmen erhalten hat. Deren Nominalwert beträgt nach Angaben der polnischen Behörden 8,511 Mio. PLN (2,19 Mio. EUR). Polen beantragte, diese Maßnahmen nicht als staatliche Beihilfen zu behandeln, da ein Teil dieser Maßnahmen eine de minimis-Beihilfe darstelle und der Rest dem „Privatgläubigertest“ standhalten würde. Bei zwei dieser achtzehn Maßnahmen gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass sie aufgrund der Tatsache, dass sie nach dem EU-Beitritt Polens ohne Genehmigung der Kommission gewährt wurden, als potenzielle neue, unrechtmäßig gewährte Beihilfe anzusehen sind.

(9)

Im Rahmen der ersten nach dem EU-Beitritt, nämlich am 12. Mai 2004 gewährten Maßnahme wurde dem Unternehmen gestattet, die ausstehenden Beiträge in die Sozialversicherung („Zakład Ubezpieczeń Społecznych“, nachstehend „ZUS“ genannt), die sich auf 3,164 Mio. PLN (0,81 Mio. EUR) beliefen, in Raten zu zahlen. Den polnischen Behörden zufolge beträgt die Beihilfe in diesem Fall 147 322 PLN (37 874 EUR). Doch teilten die polnischen Behörden der Kommission noch vor deren Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag mit, dass diese Vereinbarung aufgehoben worden war, da die Chemobudowa Kraków die erforderlichen Bedingungen nicht erfüllte. Die Kommission meldete Zweifel an, ob das begünstigte Unternehmen den oben genannten Verbindlichkeiten nachgekommen ist und das etwaige Versäumnis der Eintreibung der ausstehenden Beträge nicht doch als zusätzliche staatliche Beihilfe angesehen werden kann.

(10)

Die zweite Beihilfemaßnahme nach dem EU-Beitritt Polens wurde am 20. Mai 2004 vom Leiter der Finanzverwaltung Małopolska (Kleinpolen) gewährt und gestattete dem Unternehmen, ausstehende Forderungen in Höhe von 280 000 PLN (71 979 EUR) in Raten zu zahlen.

3.   Gründe für die Einleitung des Verfahrens

(11)

Da die Kommission zur Bewertung der Vereinbarkeit der nach dem EU-Beitritt getroffenen Maßnahmen alle im Zusammenhang mit der Umstrukturierung gewährten Beihilfemaßnahmen berücksichtigen musste, um insbesondere die Frage zu klären, ob die jeweilige Beihilfe auf das absolute Minimum beschränkt war, wollte sie klären, ob die achtzehn oben genannten Maßnahmen staatliche Beihilfen darstellen. Zudem wurden zwei der achtzehn Maßnahmen nach dem EU-Beitritt Polens gewährt. Die Kommission hat die genannten Beihilfen anhand der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten aus dem Jahr 2004 analysiert.

(12)

Die Kommission entschied, das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 einzuleiten, da sie Zweifel daran hatte, ob alle für die Bewilligung von Umstrukturierungsbeihilfen erforderlichen Voraussetzungen erfüllt waren, insbesondere ob

der Umstrukturierungsplan das begünstigte Unternehmen langfristig zur Rentabilität zurückführen würde, sah er doch vor allem eine finanzielle Umstrukturierung vor;

sich das begünstigte Unternehmen in bedeutendem Maße an den Umstrukturierungskosten beteiligt hatte, denn die Kommission verfügte nicht über ausreichende Informationen über deren Herkunft;

das Unternehmen für Umstrukturierungsbeihilfen in Frage kam, konnte es 2004 doch einen operativen Gewinn von 5,4 Mio. PLN (1,388 Mio. EUR) verzeichnen.

III.   BEMERKUNGEN DER POLNISCHEN BEHÖRDEN

(13)

Die polnischen Behörden unterrichteten die Kommission mit Schreiben vom 25. Januar 2006 über die Rücknahme der Anmeldung der unter Punkt 7 genannten Beihilfemaßnahmen.

(14)

In Bezug auf die beiden nach dem EU-Beitritt ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährten Beihilfemaßnahmen äußerte sich Polen wie folgt:

(15)

Zu der ersten nach dem Beitritt (d. h. am 12. Mai 2004) gewährten, unter Punkt 9 beschriebenen Beihilfemaßnahme teilte Polen mit, dass die Vereinbarung annulliert wurde, weil Chemobudowa Kraków die erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllte. Darüber hinaus hatte das Unternehmen all seine Verbindlichkeiten einschließlich Zinsen beglichen.

(16)

Die zweite nach dem Beitritt (d. h. am 20. Mai 2004) gewährte, unter Punkt 10 beschriebene Beihilfemaßnahme würde nach Angaben Polens dem Test eines nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen handelnden privaten Gläubigers standhalten. Darüber hinaus stelle sie für den Fall, dass die Kommission diese Einschätzung nicht teilt, eine de minimis-Beihilfe dar. Die polnischen Behörden hoben hervor, dass die Beihilfen, die das Unternehmen im Laufe des entsprechenden Dreijahreszeitraums erhalten hat, einschließlich der unter Punkt 10 beschriebenen Beihilfemaßnahmen nicht über den Höchstbetrag von 100 000 EUR hinausgehen und somit de minimis-Beihilfen darstellen.

IV.   WÜRDIGUNG DER MASSNAHMEN

(17)

Polen hat die Anmeldung der beiden unter Punkt 7 beschriebenen Beihilfemaßnahmen zurückgenommen. Um das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einstellen zu können, muss die Kommission jedoch die beiden unter Punkt 9 und 10 beschriebenen unangemeldeten Maßnahmen bewerten.

(18)

In Bezug auf die unter Punkt 9 beschriebene Maßnahme bestätigte Polen, ZUS habe nach dem EU-Beitritt keine staatliche Beihilfe gewährt. Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass diese Maßnahme aufgrund ihrer Annullierung und der Tatsache, dass sie niemals in Kraft getreten ist, sowie aufgrund der Tatsache, dass alle Verbindlichkeiten gegenüber ZUS einschließlich Zinsen beglichen wurden, keine staatliche Beihilfe darstellt.

(19)

Bei der unter Punkt 10 beschriebenen Maßnahme gelangte die Kommission aufgrund der ihr vorliegenden Informationen und der Versicherung der polnischen Behörden, die de minimis-Schwelle sei nicht überschritten worden, zu dem Schluss, dass diese Maßnahme keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellt.

V.   SCHLUSSFOLGERUNG

(20)

Nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates (3) kann ein Mitgliedstaat eine Anmeldung innerhalb einer angemessenen Frist zurücknehmen, wenn die Kommission noch keine diesbezügliche Entscheidung erlassen hat. In Fällen, in denen die Kommission bereits das förmliche Prüfverfahren eingeleitet hat, wird dieses eingestellt.

(21)

Die Kommission hat deshalb mit Blick auf die Rücknahme der Anmeldung durch Polen entschieden, in Bezug auf die angemeldeten Beihilfen das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzustellen.

(22)

Bei den beiden nicht angemeldeten Beihilfen ist die Kommission zu der Auffassung gelangt, dass sie keine staatlichen Beihilfen darstellen –

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beihilfemaßnahmen in Höhe von 10 693 000 PLN, die Polen der Chemobudowy Kraków gewähren wollte, wurden nach Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens durch die Kommission zurückgenommen. Damit wurde das förmliche Prüfverfahren in Bezug auf diese Maßnahmen gegenstandslos.

Artikel 2

Die am 12. Mai 2004 gewährte Maßnahme wurde später von der Vergabebehörde aufgehoben. Damit war das förmliche Prüfverfahren auch in Bezug auf diese Maßnahmen gegenstandslos. Die am 20. Mai 2004 gewährte Maßnahme stellt nach Auffassung der Kommission keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an Polen gerichtet.

Brüssel, den 26. September 2006.

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 150 vom 28.6.2006, S. 51.

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  EFT L 83 af 27.3.1999, s. 1. Senest ændret ved tiltrædelsesakten af 2003.