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13.7.2006 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 192/21 |
ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION
vom 3. September 2004
in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen gegen Boliden AB, Boliden Fabrication AB und Boliden Cuivre & Zinc S.A., Austria Buntmetall AG und Buntmetall Amstetten Ges.m.b.H., Halcor S.A., HME Nederland BV, IMI plc, IMI Kynoch Ltd. und IMI Yorkshire Copper Tube Ltd., KM Europa Metal AG, Tréfimétaux S.A. und Europa Metalli SpA; Mueller Industries, Inc., WTC Holding Company, Inc., Mueller Europe Ltd., DENO Holding Company, Inc. und DENO Acquisition EURL, Outokumpu Oyj und Outokumpu Copper Products OY und Wieland Werke AG
(Sache Nr. C.38.069 — Kupferinstallationsrohre)
(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 2826)
(Nur der deutsche, englische, finnische, französische, griechische, italienische, niederländische und schwedische Text sind verbindlich.)
(2006/485/EG)
Am 3. September 2004 erließ die Kommission eine Entscheidung in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen. Gemäß Artikel 30 der Verordnung Nr. 1/2003 des Rates (1) veröffentlicht die Kommission hiermit die Namen der Beteiligten und den wesentlichen Inhalt der Entscheidung, wobei sie den berechtigten Interessen der Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse Rechnung trägt. Eine nicht vertrauliche Fassung des vollständigen Wortlauts der Entscheidung ist in den verbindlichen Sprachen der Wettbewerbssache und den Arbeitssprachen der Kommission auf der Website der GD COMP unter folgender Adresse abrufbar: http://ec.europa.eu/comm/competition/index_de.html
I. ZUSAMMENFASSUNG DER ZUWIDERHANDLUNG
Adressaten der Entscheidung und Art der Zuwiderhandlung
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Die Entscheidung ist gerichtet an:
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Die Adressaten dieser Entscheidung nahmen an einer einzigen, komplexen und fortdauernden Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (nachstehend „EG-Vertrag“ oder „Vertrag“) und — ab 1. Januar 1994 — gegen Artikel 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (nachstehend „EWR-Abkommen“) teil, die sich auf das gesamte Gebiet des EWR erstreckte. Ihnen wird zur Last gelegt, von spätestens 3. Juni 1988 bis 22. März 2001 Preise festgelegt, Märkte zugeteilt und vertrauliche Informationen über den Markt für Kupferindustrierohre ausgetauscht zu haben. |
Haftungszuweisung
SMI und KME
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Societa Metallurgica Italiana SpA („SMI“) ist die italienische Holding-Gesellschaft der KME-Gruppe, zu der Europa Metalli SpA („EM“ oder „EM/LMI“ oder „Europa Metalli“) und Tréfimétaux S.A. („Tréfimétaux“ oder „TMX“) gehören. Nach Prüfung der Ansichten von SMI und KME zur Funktion von SMI in diesen Prozessabläufen gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass diese Entscheidung nicht an SMI zu richten sei. |
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(4) |
Aufgrund der von KME beigebrachten Beweismittel erschien es angemessen, zwei verschiedene Zeiträume für die Haftungszuordnung innerhalb der SMI-Gruppe zu unterscheiden. Im ersten Zeitabschnitt von 1988 bis 1995 ist KME ungeachtet der Tatsache, dass SMI 1990 eine Beteiligung an KME von 76,9 % erwarb, als ein von EM und TMX getrenntes Unternehmen anzusehen. Der Management Board von KME unterschied sich von demjenigen seiner Schwestergesellschaften, und das operative Management von KME wurde offensichtlich erst nach der Umstrukturierung der Gruppe im Jahr 1995, als KME 100 % der Anteile an EM und TMX erwarb, koordiniert. Daher kann gefolgert werden, dass KME während der Zeit von 1988 bis 1995 nur für sein eigenes Verhalten, nicht aber für das seiner Schwestergesellschaften verantwortlich ist. |
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(5) |
Demgegenüber sind EM und seine bis 1995 100 %ige Tochtergesellschaft TMX bis zur Umstrukturierung der Gruppe als wirtschaftliche Einheit und somit als ein einziges von KME getrenntes Unternehmen zu betrachten. Neben der 100 %igen Beteiligung von EM an TMX wurde die Vermutung, dass die Tochtergesellschaft keine autonome Geschäftspolitik verfolgte, durch eine Reihe anderer Faktoren untermauert (beispielsweise wurden Manager von EM in den Board von TMX aufgenommen, ihre Geschäftsstrategien wurden angepasst, und 1993 wurde eine gemeinsame Vertriebsorganisation geschaffen; Teilnahme am gleichen Kartell im gleichen Produktmarkt seit 1989). Dementsprechend haftet EM im Zeitraum 1989-1995 für sein eigenes Verhalten sowie gesamtschuldnerisch für das rechtswidrige Verhalten seiner Tochtergesellschaft TMX. |
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(6) |
Es ist davon auszugehen, dass die Unternehmen der KME-Gruppe im Zeitraum 1995—2001, in dem KME eine 100 %ige Beteiligung an EM und TMX hielt, als ein einziges Unternehmen am Markt tätig waren. Es wurden keine hinreichenden Beweise vorgelegt, um die Kontrollvermutung, die auf der 100 %igen Beteiligung von KME an EM und TMX basierte und durch umfassende Managementbeziehungen und die wirtschaftliche Realität untermauert wird, zu widerlegen. Für die Zeit von 1995 bis 2001 haften KME, EM und TMX demnach gesamtschuldnerisch für ihr rechtswidriges Verhalten. |
Outokumpu
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Zu Outokumpu (Finnland) ist Folgendes anzumerken: Die Kommission vertrat die Auffassung, dass die Muttergesellschaft Outokumpu Oyj gesamtschuldnerisch für das Verhalten ihrer 100 %igen Tochtergesellschaft Outokumpu Copper Products Oy („OCP“) haftbar sei. Outokumpu Oyj kontrollierte sämtliche Vermögenswerte von OCP während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung. Zudem war die Muttergesellschaft laut Outokumpu bereits vor Mai 1988 durch ihren Geschäftsbereich Copper Products (Kupferprodukte) in die Zuwiderhandlung verwickelt. Ihr war somit die Zuwiderhandlung zum Zeitpunkt der Gründung der Tochtergesellschaft und der Aufnahme ihres Betriebs zwischen Mai und Dezember 1988 bekannt. Allerdings wies die Muttergesellschaft ihre Tochtergesellschaft nicht an, die Zuwiderhandlung abzustellen. Es kann daher angenommen werden, dass Outokumpu Oyj die Geschäftspolitik ihrer Tochtergesellschaft umfassend kontrollierte, was von Outokumpu nicht widerlegt werden konnte. Die Kommission begrenzte ihre Würdigung in Bezug auf Outokumpu auf den Zeitraum nach September 1989, da für die Jahre 1987 und 1988 keine ausreichenden Beweise vorliegen. |
Sonstige Teilnehmer
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Von Mueller, IMI, Wieland und Boliden wurde die Haftung ihrer Holding bzw. Muttergesellschaften für das Verhalten ihrer Tochtergesellschaften im Markt für Kupferinstallationsrohre nicht bestritten. |
Dauer der Zuwiderhandlung
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Die nachstehenden Unternehmen nahmen an der Zuwiderhandlung zumindest in den folgenden Zeiträumen teil:
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Der Markt für Kupferinstallationsrohre
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Kupferrohre werden in der Regel in zwei Gruppen unterteilt: i) Industrierohre, die nach ihrer Verwendung in zwei Untergruppen (Kälte- und Klimatechnik sowie Fittinge — Anschlussteile für Kupferleitungen —, Wassererhitzer, Filtertrockner und Rohre für die Fernmeldeindustrie) eingeteilt werden, und ii) Installationsrohre (auch als Hausinstallations-, Wasser- oder Sanitärrohre bezeichnet). Installationsrohre werden in der Bauindustrie für Wasser-, Öl-, Gas- und Heizungsinstallationen verwendet (2). |
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Installationsrohre wurden traditionell vor allem aus Kupfer hergestellt, d. h. aus rezykliertem Kupfer, neu raffiniertem Kupfer (Kathodenkupfer) oder Kupferbarren, und in gewissem Umfang auch aus Stahl. Seit Anfang der 90er Jahre werden Installationsrohre zunehmend aus Kunststoff oder Verbundwerkstoffen (Kunststoff mit innen liegender Aluminiumschicht) gefertigt. Seit der Diskussion über die Trinkwasserqualität und die 1998 erlassene EU-Trinkwasserrichtlinie wird Kupfer mehr und mehr durch andere Werkstoffe abgelöst. |
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(12) |
Hauptabnehmer von Installationsrohren sind Vertrieb, Großhandel und Einzelhandel, die Installationsrohre an Installateure und andere Endverbraucher verkaufen, während Industrierohre normalerweise direkt an Industriekunden sowie Hersteller von Originalausrüstungen oder Einzelteilen für deren Produktion verkauft werden. |
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Der EWR-Marktwert der blanken Kupferinstallationsrohre und der kunststoffummantelten Kupferinstallationsrohre wurde für das Jahr 2000 auf ca. 1 Mrd. EUR bzw. 200 Mio. EUR geschätzt (3). Die größten Hersteller von Kupferinstallationsrohren in Europa sind die Adressaten dieser Entscheidung. Im Jahr 2000, dem letzten abgeschlossenen Jahr, in dem die Kartellabsprachen umgesetzt wurden, erzielten die Parteien im EWR bei Rohren aus Reinkupfer — grob geschätzt — folgende Marktanteile: KME […] (*1) %, IMI […] %, Outokumpu […] %, Wieland Werke […] %, Mueller […] %, Boliden […] %, Buntmetall […] % (1998), HME […] %, Halcor […] %. Im Jahr 2000, dem letzten Jahr der Umsetzung der Kartellvereinbarung, verhielten sich die geschätzten aggregierten EWR-Marktanteile (blanke und kunststoffummantelte Kupferinstallationsrohre) in etwa wie folgt: KME […] % und Wieland […] %. Zusammen verfügen diese Unternehmen über 80 bis 90 % des gesamten EWR-Markts für Reinkupfer-Installationsrohre. Allerdings nahmen nicht alle Parteien über den gesamten Zeitraum hinweg am Kartell teil. |
Funktionsweise des Kartells
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Die Adressaten dieser Entscheidung haben sich an einer einzigen, andauernden, komplexen und — im Falle von Boliden, der KME-Gruppe und Wieland vielgestaltigen — Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen beteiligt, die sich auf den größten Teil des EWR-Gebiets erstreckt, wobei sie Umsätze und Marktanteile zuteilten, in einigen Fällen Preisziele, Preiserhöhungen und andere kommerzielle Bedingungen für blanke Kupferinstallationsrohre (und im Falle von KME und Wieland kunststoffummantelte Installationsrohre) vereinbarten sowie die Durchsetzung ihrer wettbewerbswidrigen Absprachen überwachten, indem sie Informationen über den Absatz, die Auftragslage, die Marktanteile und die Preise austauschten sowie eine Vereinbarung über die Marktführerschaft schlossen. Die Zuwiderhandlung begann im Juni 1988 und endete im März 2001. Die verschiedenen Unternehmen waren zu unterschiedlichen Zeiten an der Zuwiderhandlung beteiligt. |
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(15) |
Es lag eine einzige Zuwiderhandlung vor, weil es ein fortlaufendes Ziel und fortlaufende Aktionen und Maßnahmen zur Zuteilung der Mengen und Koordinierung der Preise gab. Die Zuwiderhandlung war komplex, weil sie sowohl aus Vereinbarungen als auch aus aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestand. |
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(16) |
Das wettbewerbswidrige Verhalten stellte zudem eine vielgestaltige Zuwiderhandlung dar, da es auf drei Ebenen verlief, mit dem Ziel, den Wettbewerb in der Kupferinstallationsrohrbranche zu verhindern. |
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Die Zusammenarbeit auf der ersten Ebene begann spätestens im Juni 1988 (und dauerte bis März 2001) und betraf die so genannten „SANCO®“-Hersteller („SANCO“-Club): KME, Tréfimétaux, Europa Metalli, Boliden und Wieland. Boliden verringerte seine Zusammenarbeit mit den anderen SANCO®-Herstellern im Juli 1995 und setzte seine Beteiligung an dem Informationsaustauschsystem bis März 2001 fort. Die SANCO®-Hersteller entschieden über die Marktanteile bei den SANCO®-Rohren, tauschten vertrauliche Informationen aus, vereinbarten und koordinierten Preise und Rabatte. Es handelte sich offensichtlich um eine sehr enge Zusammenarbeit, die zur Vorbereitung der Zusammenkünfte mit Nicht-SANCO®-Herstellern diente. KME und Wieland arbeiteten zudem spätestens ab Beginn 1991 bis März 2001 im Bereich kunststoffummantelte Kupferinstallationsrohre der Marken WICU®- und Cuprotherm zusammen. |
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(18) |
Die Kooperation auf der zweiten Ebene begann spätestens im September 1989 und schloss die größten europäischen Hersteller ein („Fünfergruppe“), zu der sowohl SANCO®- als auch Nicht-SANCO®-Produzenten zählten: KME (einschließlich Tréfimétaux und Europa Metalli), Wieland, Outokumpu, IMI und ab Oktober 1997 Mueller. Hauptanliegen war die Konsolidierung und Zuteilung der Marktanteile sowie die Koordinierung der Preise und Rabatte. Zusammenkünfte fanden entweder am Rand von Verbandstagungen (z. B. des International Wrought Copper Council („IWCC“)) oder davon unabhängig in Zürich statt. Im Rahmen der Zusammenarbeit fanden Treffen auf Spitzenebene sowie Treffen auf operativer Ebene statt. Diese Kontakte entwickelten sich in drei Stufen: von September 1989 bis Juni/Juli 1994 (Einführung des Informationsaustausches und der Koordinierung); von Juli 1994 bis Juni 1997 (weniger intensive Kontakte); von Juni 1997 bis März 2001 (tatsächliche und wirksame Wiederherstellung der Koordinierung). |
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(19) |
Die Zusammenarbeit auf der dritten Ebene begann im August 1998 und dauerte von August 1999 bis März 2001. Teilnehmer waren die vorgenannte Fünfergruppe und vier kleinere Hersteller (zusammen die „Neunergruppe“): Halcor bis August 1999, HME Nederland BV, Boliden (das nicht regelmäßig teilnahm) und Buntmetall bis März 2001. Die Neunergruppe diskutierte Marktanteile und Preis- oder Margenziele. |
II. GELDBUSSEN
Grundbetrag
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(20) |
Die Zuwiderhandlung besteht im vorliegenden Fall hauptsächlich in der Festsetzung von Preisen und der Aufteilung von Märkten, bei denen es sich ihrer Art nach um besonders schwere Verstöße gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen handelt. Die Kartellvereinbarungen wurden nachweislich in die Praxis umgesetzt und führten zumindest zeitweise zu einem Preisanstieg am Markt. Das Kartell erstreckte sich über den gesamten Gemeinsamen Markt und nach seiner Gründung auch auf den größten Teil des EWR. |
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(21) |
Angesichts der Art des hier in Rede stehenden Verhaltens, seiner konkreten Auswirkungen auf den Kupferinstallationsrohrmarkt und des Umstands, dass ein räumlicher Markt von erheblichem Umfang (der größte Teil des EWR) von der Kooperation betroffen war, ist den Adressaten dieser Entscheidung eine besonders schwerwiegende Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag und gegen Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen anzulasten. |
Differenzierte Behandlung
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(22) |
Im vorliegenden Fall, in dem mehrere Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt waren, wurde bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbußen das Gewicht jedes einzelnen Unternehmens am Markt berücksichtigt, um der tatsächlichen Auswirkung des individuellen rechtswidrigen Verhaltens auf den Wettbewerb Rechnung zu tragen. |
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(23) |
Für die Berechnung der Geldbuße wurden die Unternehmen auf der Grundlage ihres im letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung (2000) gehaltenen EWR-weiten Marktanteils bei dem in Frage stehenden Produkt in vier Kategorien unterteilt. Zur ersten Kategorie gehörte KME, die zweite Kategorie bestand aus Outokumpu, IMI, Mueller und der Wieland-Gruppe, einschließlich BMA (ungefähr die Hälfte des Marktanteils von KME), während die dritte Gruppe aus Boliden (ungefähr zwei Drittel des Marktanteils der zweiten Gruppe) und die vierte Gruppe aus HME und Halcor (ungefähr die Hälfte des Marktanteils der zweiten Gruppe) bestand. |
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(24) |
Da EM und TMX in der Zeit von 1988 bis 1995 ein Unternehmen bildeten, haften sie gesamtschuldnerisch für diese Phase der Zuwiderhandlung. Gleichermaßen bildeten KME, EM und TMX in der Zeit von 1995 bis 2001 ein Unternehmen (die „KME-Gruppe“) und haften entsprechend gesamtschuldnerisch für jene Phase der Zuwiderhandlung. Daher wurde der Grundbetrag der Geldbuße in zwei Teile — einen für den Zeitraum 1988—1995 und einen für den Zeitraum 1995—2001 — aufgesplittet. Im Ergebnis wurde KME allein mit einer Geldbuße von 17,96 Mio. EUR belegt, haften EM und TMX gesamtschuldnerisch für die Zahlung einer Geldbuße von 16,37 Mio. EUR und haften KME, EM und TMX (oder die „KME-Gruppe“) gesamtschuldnerisch für die Zahlung einer Geldbuße von 32,75 Mio. EUR. |
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(25) |
Auf ähnliche Weise wurden zwei verschiedene Zeiträume für die Haftungszuweisung innerhalb der Wieland-Gruppe unterschieden. Die Wieland Werke AG erwarb 1999 die alleinige Kontrolle über die Buntmetall-Gruppe. Dementsprechend wurden die Wieland Werke AG und die Buntmetall-Gruppe erst ab 1999 als ein einziges Unternehmen betrachtet, das gesamtschuldnerisch für die Zuwiderhandlung haftet. |
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(26) |
Um sicherzustellen, dass mit der verhängten Geldbuße eine ausreichende abschreckende Wirkung erzielt wurde, wurde auf den Grundbetrag der für Outokumpu festgesetzten Geldbuße ein Multiplikator von 1,5 angewandt. Es ist angemessen, bei der Festlegung der Geldbuße den weltweiten Gesamtumsatz der Gruppe (ca. 5 Mrd. EUR) zu berücksichtigen, da die Muttergesellschaft (Outokumpu Oyj) im Jahr 1988 durch ihren Geschäftsbereich Copper Products (Kupferprodukte) in die Zuwiderhandlung verwickelt war und ihre 100 %ige Tochtergesellschaft OCP danach nicht anwies, sie zu beenden. Outokumpus Weltumsatz ist doppelt so groß wie der Weltumsatz der anderen beteiligten Unternehmen. |
Dauer
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(27) |
Die verschiedenen Unternehmen waren zu unterschiedlichen Zeiten an der Zuwiderhandlung beteiligt. Die Zuwiderhandlung begann spätestens am 3. Juni 1988 und dauerte mindestens bis zum 22. März 2001. Folgende Unternehmen begingen eine fortdauernde Zuwiderhandlung der nachstehend angegebenen Dauer:
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(28) |
Es gab Zeiten, in denen die Kartelldisziplin weniger sorgfältig beachtet wurde. Outokumpu bezeichnete die Phase von Mitte 1994 bis Mitte 1997 als „ruhig“. KME und Wieland setzten ihre Zusammenarbeit bei den Marken WICU, Cuprotherm und SANCO fort. IMI, Wieland, Outokumpu und KME trafen sich mehrmals 1996. Obwohl das Kartell eindeutig ineffizienter arbeitete, wurde der Austausch vertraulicher Informationen zumindest gelegentlich fortgesetzt. Outokumpu bestätigt, dass es Zeiten mit weniger intensiven Kontakten gegeben habe. Diese Phase wird daher nicht als vollständige Unterbrechung der Kartellaktivitäten gewertet, sondern als Phase eingeschränkter Kartellaktivität. Die Dauer der Zuwiderhandlung als solche (12 Jahre und 9 Monate) ist nicht betroffen; es gab lediglich Zeiten, in denen das Kartell weniger aktiv war. |
Erschwerende Umstände
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(29) |
Im Falle Outokumpus wiegt die Zuwiderhandlung umso schwerer, als das Unternehmen bereits wegen einer gleichartigen Zuwiderhandlung, und zwar der Teilnahme an einem Kartell im Bereich der kaltgewalzten, nichtrostenden, flachen Stahlerzeugnisse Adressat einer Kommissionsentscheidung war (Entscheidung 90/417/EGKS (4). Jedoch wurde Outokumpu in dieser Entscheidung keine Geldbuße auferlegt. |
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(30) |
Outokumpu bestreitet die Feststellung der Kommission, da sich die Situation in jenem Fall völlig anders darstelle, da Outokumpu i) unter Einfluss der Regierung und in der Annahme tätig geworden sei, die Vereinbarungen seien von öffentlicher Seite gestützt gewesen; ii) habe die Kommission selbst eingesehen, dass hier keine direkte Zuwiderhandlung vorlag, und habe deshalb keine Geldbuße verhängt; es seien iii) verschiedene Unternehmen mit verschiedenen Unternehmenseinheiten und Beschäftigten an unterschiedlichen Standorten betroffen gewesen und iv) habe es sich um eine andere Vertragsbestimmung (Artikel 65 EGKS-Vertrag) gehandelt. |
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(31) |
Outokumpus Vorbringen konnte nicht gefolgt werden, da mit einer Entscheidung der Kommission das betreffende Unternehmen u. a. gewarnt und davon abgehalten werden soll, in Zukunft ähnliche Zuwiderhandlungen zu begehen, selbst wenn aus irgendeinem Grund keine Geldbuße auferlegt wurde. Dass Outokumpu an der Zuwiderhandlung in der Kupferinstallationsrohrbranche festhielt, nachdem es durch Entscheidung der Kommission aufgefordert worden war, seine Zuwiderhandlung in der Branche nichtrostender Stahl abzustellen, zeigt ganz klar, dass — was das Marktverhalten von Outokumpu anbelangt — mit jener Entscheidung keine hinreichend abschreckende Wirkung erzielt worden ist. Daher musste der Geldbußenbetrag in diesem Fall erhöht werden, damit die beabsichtigte Abschreckung in Zukunft tatsächlich greift. Zuwiderhandlung derselben Art bedeutete in diesem Zusammenhang Zuwiderhandlung gegen denselben Vertragsartikel. Artikel 65 EGKS-Vertrag ist in dieser Hinsicht Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag gleichwertig. Diesen Standpunkt hat die Kommission bereits in ihrer Entscheidung Industrierohre vom 16. Dezember 2003 vertreten. |
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(32) |
Die Behauptung Halcors, es sei von KME, Outokumpu, Wieland und Mueller genötigt worden, konnte nicht nachgewiesen werden. Auch die Behauptung Bolidens, von KME zur Karteilteilnahme genötigt worden zu sein, wurde nicht bewiesen. |
Mildernde Umstände
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(33) |
Von den Parteien wurden u. a. als zu berücksichtigende mildernde Umstände angeführt, dass die Vereinbarungen in der Praxis nicht durchgeführt worden sind, dass aus der Zuwiderhandlung nur begrenzte Vorteile entstanden und dass sich der Markt für Kupferinstallationsrohre in einer wirtschaftlich schwierigen Lage befand. |
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(34) |
Die Kommission hat jedes dieser Argumente in der Entscheidung zurückgewiesen und den Nachweis erbracht, dass sich die Vereinbarungen sehr wohl auf die Preise ausgewirkt haben. In diesem Fall können daher keinem der Unternehmen mildernde Umstände zugebilligt werden. |
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(35) |
Die Kronzeugenregelung von 1996 sieht keine spezielle Belohnung für ein die Anwendung der Kronzeugenregelung beantragendes Unternehmen vor, das der Kommission bis dahin unbekannte Fakten mitteilt, die für die Schwere oder Dauer des Kartellverstoßes von Belang sind. In der Sache Industrierohre wurde eine solche Zusammenarbeit bereits als mildernder Umstand gewertet. |
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(36) |
Daher ist Outokumpus Zusammenarbeit nach Ansicht der Kommission auch hier als mildernder Umstand zu werten. Outokumpu hat als erstes Unternehmen die gesamte Dauer des europäischen Kartells in der Kupferinstallationsrohrbranche offen gelegt und war insbesondere das erste Unternehmen, das entscheidende Beweise und Erklärungen lieferte, um die Kontinuität der Zuwiderhandlung in der Zeit von Juli 1994 bis Juli 1997 (und in der Zeit von 1990 bis Ende 1992) zu beweisen. Auf der Grundlage der Belege, die von dem den Erlass der Geldbuße beantragenden Unternehmen beigebracht wurden, sowie der Beweise, die aus den Untersuchungen hervorgingen, die dem Antrag Outokumpus auf Anwendung der Kronzeugenregelung vorausgingen, wäre es der Kommission nicht möglich gewesen, die Dauer und Kontinuität der Zuwiderhandlung ab September 1989 nachzuweisen. Nach Auffassung der Kommission sollte Outokumpu für seine Kooperation nicht durch die Auferlegung einer höheren als der Geldbuße bestraft werden, die das Unternehmen hätte zahlen müssen, wenn es nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hätte. In Anbetracht der obigen Ausführungen wurde der Grundbetrag der gegen Outokumpu verhängten Geldbuße wegen effektiver Zusammenarbeit außerhalb des Anwendungsbereichs der Kronzeugenregelung von 1996 um einen Pauschalbetrag von 40,17 Mio. EUR verringert. |
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(37) |
Nach Auffassung der Kommission war die Zusammenarbeit von KME mit der Kommission in dieser Hinsicht ebenfalls als mildernder Umstand zu werten. Auch wenn der Kommission vereinzelte Hinweise vorlagen, dass sich das rechtswidrige Verhalten auch auf kunststoffummantelte Rohre bezog, und sie im Rahmen der Mitteilung der Beschwerdepunkte über handfestere Beweise für einen diesbezüglichen Informationsaustausch verfügte, war es ihr nur dank der Mitwirkung von KME möglich, die Existenz einer bis mindestens Anfang 1991 zurückreichenden einzigen, komplexen und andauernden Zuwiderhandlung im Bereich WICU-/Cuprotherm-Rohre nachzuweisen. Die Kommission ist der Ansicht, dass die KME-Gruppe für ihre Zusammenarbeit nicht bestraft werden sollte. Als angemessener Bezugspunkt für die Ermäßigung der gegen KME verhängten Geldbuße ist die relative Bedeutung des Sektors der kunststoffummantelten Rohre im Verhältnis zu dem der blanken Kupferinstallationsrohre heranzuziehen. Anhand dieses Kriteriums wurde der Grundbetrag der Geldbuße um einen Pauschalbetrag von 7,93 Mio. EUR verringert. |
Anwendung der Kronzeugenregelung aus dem Jahr 1996
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(38) |
Die Adressaten dieser Entscheidung haben in verschiedenen Phasen der Untersuchung mit der Kommission zusammengearbeitet, um in den Genuss der in der Kronzeugenregelung von 1996 vorgesehenen vorteilhaften Behandlung zu gelangen. Die Kronzeugenregelung von 1996 wurde wie folgt angewandt: |
Abschnitt B der Kronzeugenregelung: Ermäßigung zwischen 75 % und 100 %
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(39) |
Mueller Industries, Inc. („Mueller“) war das erste Unternehmen, dass die Kommission (im Januar 2001) vom Bestehen eines Kartells in der europäischen Kupferinstallationsrohrbranche in den 90er Jahren informierte. Die Belege, die Mueller vor Beginn der Untersuchung der Kommission beibrachte, versetzten die Kommission in die Lage, das Vorhandensein, den Inhalt und die Teilnehmer einer Reihe von Kartelltreffen, die in den Jahren 1989, 1994 und von 1997 bis 2001 stattgefunden hatten, nachzuweisen und ab 22. März 2001 Nachprüfungen anzustellen. Mueller beendete seine Teilnahme am Kartell unverzüglich und arbeitete während der gesamten Untersuchung mit zahlreichen Beiträgen und Unterlagen, in denen die Vereinbarungen weiter beschrieben wurden, in vollem Umfang mit der Kommission zusammen. Deshalb wurde bei Mueller gänzlich von der Verhängung einer Geldbuße abgesehen. |
Abschnitt C: Ermäßigung zwischen 50 % und 75 %
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(40) |
Mueller brachte Belege für die Existenz des Kartells zwischen 1997 und 2001 bei; für die Zeit vor 1997 waren die Belege lückenhaft. Zusammen mit den Unterlagen, die die Kommission bei den Nachprüfungen entdeckte, verfügte die Kommission über ausreichende Beweismittel, um das Verfahren gegen alle beteiligten Unternehmen einzuleiten. Kein anderes beteiligtes Unternehmen kam somit für eine Geldbußenermäßigung gemäß Abschnitt C der Kronzeugenregelung von 1996 in Frage. |
Abschnitt D: Ermäßigung zwischen 10 % und 50 %
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(41) |
Vor Übermittlung der Beschwerdepunkte legten Outokumpu (April 2001), KME (Oktober 2002), Wieland (Januar 2003) und Halcor (April 2003) der Kommission Informationen und Unterlagen vor, die zum Nachweis der Zuwiderhandlungen beitrugen. Keiner von ihnen bestritt im Wesentlichen — abgesehen von den in der Entscheidung nicht berücksichtigten Umständen — den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Mitteilung der Beschwerdepunkte gestützt hatte. Diese Unternehmen kamen daher für eine Ermäßigung der Geldbuße zwischen 10 % und 50 % gemäß Abschnitt D der Kronzeugenregelung in Betracht. |
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(42) |
Outokumpu war das erste Unternehmen, das entscheidende Beweise für die Zeit von 1989 bis Mitte 1997 beibrachte. Die Zeit von Mitte 1997 bis März 2001 war bereits durch Belege von Mueller und bei den Ermittlungen aufgefundenes Material abgedeckt. Outokumpus Beitrag war insbesondere für den Nachweis der Kontinuität der Zuwiderhandlung entscheidend. Outokumpu wurde daher die höchstmögliche Ermäßigung — eine Reduzierung um 50 % der Geldbuße, die gegen das Unternehmen verhängt worden wäre, wenn es nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hätte — gewährt. |
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(43) |
Es wurde als angemessen angesehen, KME und Wieland (einschließlich Buntmetall) eine im Vergleich zu Outokumpu niedrigere, aber im Verhältnis zueinander ähnliche Ermäßigung zu gewähren. Wieland hat als erstes Unternehmen eine detaillierte Aufstellung der Zusammenkünfte in der Zeit zwischen 1993 und 2001 vorgelegt und Erläuterungen gegeben, die es der Kommission ermöglichten, eine Vielzahl von Unterlagen aus jener Zeit als Beweismittel heranzuziehen. KME war demgegenüber das erste Unternehmen, das alle Aspekte der Zuwiderhandlung (SANCO-Treffen, Zusammenkünfte auf europäischer Ebene) umfassend schilderte. Dementsprechend wurde die gegen KME verhängte Geldbuße gegenüber dem Betrag, der gegen das Unternehmen verhängt worden wäre, wenn es nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hätte, um 35 % ermäßigt. Die Kommission gewährte Wieland (einschließlich Buntmetall) eine Ermäßigung der Geldbuße, die ohne seine Mitarbeit festgesetzt worden wäre, um 35 %. |
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(44) |
Halcor legte eine Reihe von Unterlagen aus der Zeit seiner Kartellteilnahme vor (August 1998 bis August 1999). Dieser Zeitabschnitt war allerdings bereits sehr gut dokumentiert. Außerdem gab Halcor keinerlei Erklärung dazu ab, welche Rolle es bei den Kartellvereinbarungen vor August 1998 spielte. Halcor kommt daher nur für eine deutlich niedrigere Geldbußenermäßigung als Outokumpu, KME oder Wieland in Betracht. Die Kommission musste dabei jedoch berücksichtigen, dass Halcor seine Zusammenarbeit sofort nach Erhalt des Auskunftsverlangens angeboten hat und dass in seinen Räumlichkeiten keine Nachprüfungen vorgenommen wurden. Daher wird Halcor eine Ermäßigung der Geldbuße, die ohne seine Mitarbeit festgesetzt worden wäre, um 50 % gewährt. |
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(45) |
Nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte beantragte die Boliden-Gruppe die Anwendung der Kronzeugenregelung. Boliden räumte die Zuwiderhandlung ein und hat den Sachverhalt nicht bestritten. Außerdem hat Boliden einige Einzelheiten klargestellt. Aufgrund der früheren Kooperation von Mueller, Outokumpu, der KME-Gruppe, Wieland und Halcor sowie der Nachprüfungen war die Zuwiderhandlung jedoch bereits in ihrer Gesamtheit festgestellt. Folglich ermäßigte die Kommission die gegen Boliden verhängte Geldbuße gegenüber dem Betrag, der gegen das Unternehmen verhängt worden wäre, wenn es nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hätte, um 10 %. |
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(46) |
Nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte beantragte IMI die Anwendung der Kronzeugenregelung. IMI räumte die Zuwiderhandlung ein und hat den Sachverhalt nicht bestritten. Aufgrund der Kooperation von Mueller, Outokumpu, der KME-Gruppe, Wieland und Halcor sowie der Nachprüfungen war die Zuwiderhandlung bereits in ihrer Gesamtheit festgestellt. Im Ergebnis ermäßigte die Kommission die Geldbuße, die andernfalls gegen die IMI-Gruppe verhängt worden wäre, um 10 %. |
Entscheidung
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(1) |
Es wurden folgende Geldbußen festgesetzt:
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(2) |
Die vorgenannten Unternehmen stellen die Zuwiderhandlungen unverzüglich ab, soweit dies nicht bereits geschehen ist. Sie sehen künftig von der Wiederholung der ihnen in diesem Fall zur Last gelegten Handlungen oder Verhaltensweisen sowie von allen Maßnahmen mit gleichem Zweck oder gleicher Wirkung ab. |
(1) ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1. Verordnung geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 411/2004 (ABl. L 68 vom 6.3.2004, S. 1).
(2) Siehe 32123. Nach einer Studie von Boliden werden 45 % für Wasserrohre/Rohrinstallationen, 52 % für Heizungssysteme und 3 % für Gasrohre verwendet.
(3) Diese Zahlen werden zurzeit überprüft.
(*1) Teile dieses Textes wurden ausgelassen, um zu gewährleisten, dass keine vertraulichen Informationen bekannt gegeben werden; diese Teile sind durch eckige Klammern gekennzeichnet.