14.6.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 162/11


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 20. Januar 2006

mit Durchführungsbestimmungen zur Entscheidung 2004/904/EG des Rates in Bezug auf die Verfahren für Finanzkorrekturen im Rahmen der aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds kofinanzierten Maßnahmen

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 51/2)

(Nur die deutsche, englische, estnische, finnische, französische, griechische, italienische, lettische, litauische, niederländische, polnische, portugiesische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische, tschechische und die ungarische Fassung sind verbindlich)

(2006/400/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Entscheidung 2004/904/EG des Rates vom 2. Dezember 2004 über die Errichtung des Europäischen Flüchtlingsfonds für den Zeitraum 2005-2010 (1), insbesondere auf Artikel 25 Absatz 3 und Artikel 26 Absatz 5,

nach Anhörung des Ausschusses nach Artikel 11 Absatz 1 der Entscheidung 2004/904/EG,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Um die zu Unrecht gezahlten Beträge gemäß Artikel 24 Absatz 1 der Entscheidung 2004/904/EG zurückzuerlangen, ist vorzusehen, dass die Mitgliedstaaten der Kommission die aufgedeckten Fälle von Unregelmäßigkeiten samt Angaben über die diesbezüglichen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren mitteilen.

(2)

Gemäß Artikel 25 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG nehmen die Mitgliedstaaten die in Bezug auf einzelne oder systematische Unregelmäßigkeiten erforderlichen Finanzkorrekturen vor, indem sie die Gemeinschaftsbeteiligung streichen oder kürzen. Zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung dieser Vorschrift in der gesamten Gemeinschaft müssen die Festsetzung solcher Korrekturen und die Berichterstattung an die Kommission geregelt werden.

(3)

Kommt ein Mitgliedstaat seinen Pflichten gemäß Artikel 25 der Entscheidung 2004/904/EG nicht nach, so kann die Kommission gemäß Artikel 26 der genannten Entscheidung selbst Finanzkorrekturen vornehmen. Um zu gewährleisten, dass die Kommission diese Vorschrift transparent anwendet, müssen Regeln zur Bestimmung der von der Kommission vorzunehmenden Korrekturen festgelegt werden; außerdem muss den Mitgliedstaaten das Recht zur Stellungnahme eingeräumt werden.

(4)

Diese Regeln müssen im Einklang stehen mit der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (2) (im Folgenden „Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung“).

(5)

Gemäß Artikel 3 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beteiligt sich das Vereinigte Königreich an der Entscheidung 2004/904/EG des Rates und somit auch an der vorliegenden Entscheidung.

(6)

Gemäß Artikel 3 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beteiligt sich Irland an der Entscheidung 2004/904/EG des Rates und somit auch an der vorliegenden Entscheidung.

(7)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des Protokolls über die Position Dänemarks im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beteiligt sich Dänemark nicht an der Entscheidung 2004/904/EG des Rates und ist daher weder an die genannte noch an die vorliegende Entscheidung gebunden —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Im Falle systematischer Unregelmäßigkeiten umfassen die Kontrollen gemäß Artikel 26 Absatz 1 der Entscheidung 2004/904/EG alle möglicherweise betroffenen Projekte.

(2)   Wird der Gemeinschaftsbeitrag gestrichen oder gekürzt, berücksichtigen die Mitgliedstaaten die Art und den Schweregrad der Unregelmäßigkeiten sowie den finanziellen Verlust zulasten des Fonds.

(3)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission als Anhang zu dem Bericht nach Artikel 28 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG eine Aufstellung der im vorangegangenen Jahr eingeleiteten Verfahren zur Streichung oder Kürzung der Beteiligung.

Artikel 2

(1)   Wenn im Anschluss an eine Streichung oder Kürzung der Gemeinschaftsbeteiligung Beträge gemäß Artikel 25 Absatz 1 der Entscheidung 2004/904/EG zurückgefordert werden müssen, leitet die zuständige Stelle oder Einrichtung das Einziehungsverfahren ein und unterrichtet die zuständige Behörde davon. Die einschlägigen Daten werden der Kommission mitgeteilt und im Einklang mit Artikel 3 dieser Entscheidung buchmäßig erfasst.

(2)   Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission in dem Bericht nach Artikel 28 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG über ihre Entscheidungen oder Vorschläge für die Wiederverwendung der gestrichenen Mittel.

Artikel 3

(1)   Jedes funktionelle Organ des Mitgliedstaats oder jede innerstaatliche öffentliche Einrichtung, die von einem Mitgliedstaat gemäß Artikel 13 Absatz 1 der Entscheidung 2004/904/EG benannt wird (im Folgenden „zuständige Behörde“), führt Buch über die Beträge, die von bereits ausgezahlten Gemeinschaftsbeteiligungen zurückzufordern sind, und trägt dafür Sorge, dass diese unverzüglich eingezogen werden. Nach der Einziehung kürzt die zuständige Behörde ihre nächste Ausgabenerklärung an die Kommission um die eingezogenen Beträge oder leistet, wenn diese Beträge nicht ausreichen, eine Rückzahlung an die Gemeinschaft. Auf die einzuziehenden Beträge werden ab dem Fälligkeitstermin Zinsen zu dem in Artikel 86 der Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung vorgesehenen Satz erhoben.

(2)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission in dem Bericht nach Artikel 28 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG eine Aufstellung der festgestellten Unregelmäßigkeiten, der eingezogenen oder zurückgeforderten Beträge und gegebenenfalls der eingeleiteten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zur Einziehung der zu Unrecht gezahlten Beträge.

Artikel 4

(1)   Die Höhe der von der Kommission gemäß Artikel 26 Absatz 3 Buchstabe b der Entscheidung 2004/904/EG für einzelne oder systematische Unregelmäßigkeiten vorgenommenen Finanzkorrekturen wird sofern möglich je nach Einzelfall unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf den Betrag festgesetzt, der dem Fonds zu Unrecht angelastet wurde.

(2)   Wenn es nicht möglich ist, die Höhe der Unregelmäßigkeit genau zu bestimmen, oder wenn es unverhältnismäßig wäre, die betreffenden Ausgaben vollständig zu streichen, nimmt die Kommission ihre Korrekturen auf folgender Grundlage vor:

a)

Extrapolation unter Berücksichtigung einer repräsentativen Stichprobe von Vorgängen mit ähnlichen Merkmalen,

oder

b)

Pauschalbetrag mit Bewertung der Schwere der Regelverletzung sowie der Tragweite und der finanziellen Folgen der aufgedeckten Unregelmäßigkeit.

(3)   Stützt die Kommission ihre Stellungnahme auf Feststellungen kommissionsexterner Kontrollorgane, so trifft sie ihre eigenen Schlussfolgerungen in Bezug auf die finanziellen Auswirkungen, nachdem sie die von dem betreffenden Mitgliedstaat nach Maßgabe von Artikel 25 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG getroffenen Maßnahmen geprüft hat.

(4)   Die Frist, innerhalb der der betreffende Mitgliedstaat einer Aufforderung gemäß Artikel 26 Absatz 3 der Entscheidung 2004/904/EG, Stellung zu nehmen und gegebenenfalls Berichtigungen vorzunehmen, nachkommen kann, beträgt zwei Monate. In ordnungsgemäß begründeten Fällen kann die Kommission eine längere Frist einräumen.

(5)   Wenn die Kommission eine extrapolierte oder pauschale Finanzkorrektur vorschlägt, erhält der Mitgliedstaat Gelegenheit, durch eine Prüfung der einschlägigen Dossiers nachzuweisen, dass der tatsächliche Umfang der Unregelmäßigkeit geringer war als von der Kommission angenommen. In Abstimmung mit der Kommission kann der Mitgliedstaat den Umfang dieser Prüfung auf einen angemessenen Anteil oder eine Stichprobe der betreffenden Dossiers begrenzen. Außer in ordnungsgemäß begründeten Fällen wird für diese Prüfung eine Frist von nicht mehr als zwei weiteren Monaten ab dem Ende der in Absatz 4 genannten Zweimonatsfrist eingeräumt. Die Kommission berücksichtigt jedes von dem Mitgliedstaat innerhalb der vorgegebenen Frist vorgelegte Beweismaterial.

(6)   Wenn die Kommission gemäß Artikel 26 Absatz 1 der Entscheidung 2004/904/EG Zahlungen ausgesetzt hat oder nach Ablauf der Frist gemäß Absatz 4 die Gründe für die Aussetzung fortbestehen oder der betreffende Mitgliedstaat der Kommission die Maßnahmen zur Behebung der Unregelmäßigkeiten nicht mitgeteilt hat, kommt Artikel 26 Absatz 3 zur Anwendung.

(7)   Die Leitlinien für die von den Kommissionsdienststellen bei der Festsetzung von Finanzkorrekturen anzuwendenden Grundsätze, Kriterien und indikativen Sätze finden sich im Anhang zu dieser Entscheidung.

Artikel 5

(1)   Jede Rückzahlung an die Kommission gemäß Artikel 26 Absatz 3 der Entscheidung 2004/904/EG hat vor dem Fälligkeitsdatum zu erfolgen, das in der gemäß Artikel 81 der Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung ausgestellten Einziehungsanordnung festgesetzt ist.

(2)   Wird die Rückzahlung verspätet geleistet, so werden für die Zeit ab dem Fälligkeitsdatum gemäß Absatz 1 bis zum Tag der tatsächlichen Rückzahlung Verzugszinsen fällig. Der anwendbare Zinssatz ist der Zinssatz, auf den Artikel 3 Absatz 1 dieser Entscheidung Bezug nimmt.

(3)   Eine Finanzkorrektur nach Artikel 26 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG lässt die Verpflichtung des Mitgliedstaats unberührt, Rückforderungen gemäß Artikel 25 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG und Artikel 2 Absatz 1 der vorliegenden Entscheidung durchzuführen und staatliche Beihilfen gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 zurückzufordern.

Artikel 6

Es bleibt den Mitgliedstaaten unbenommen, strengere Regeln für die Finanzkorrekturen anzuwenden.

Artikel 7

Diese Entscheidung ist an das Königreich Belgien, die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Estland, die Griechische Republik, das Königreich Spanien, die Französische Republik, Irland, die Italienische Republik, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, das Großherzogtum Luxemburg, die Republik Ungarn, die Republik Malta, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Republik Polen, die Portugiesische Republik, die Republik Slowenien, die Slowakische Republik, die Republik Finnland, das Königreich Schweden, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 20. Januar 2006.

Für die Kommission

Franco FRATTINI

Vizepräsident


(1)  ABl. L 381 vom 28.12.2004, S. 52.

(2)  ABl. L 357 vom 31.12.2002, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1261/2005 (ABl. L 201 vom 2.8.2005, S. 3).


ANHANG

LEITLINIEN FÜR DIE VON DEN KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN ANZUWENDENDEN GRUNDSÄTZE, KRITERIEN UND INDIKATIVEN SÄTZE BEI DER FESTSETZUNG VON FINANZKORREKTUREN GEMÄß DEN ARTIKELN 25 UND 26 DER ENTSCHEIDUNG 2004/904/EG DES RATES

1.   GRUNDSÄTZE

Durch Finanzkorrekturen soll eine Situation wiederhergestellt werden, bei der 100 % der für die Kofinanzierung aus dem Fonds angegebenen Ausgaben mit den einschlägigen nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften übereinstimmen. Daraus lässt sich eine Reihe von Grundsätzen herleiten, die bei der Festsetzung von Finanzkorrekturen durch die Kommissionsdienststellen anzuwenden sind:

a)

Unregelmäßigkeiten werden in Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2988/95 (1) definiert. Sie können einmalig oder systembedingt auftreten.

b)

Eine systembedingte Unregelmäßigkeit ist ein wiederkehrender Fehler aufgrund von schwerwiegenden Mängeln in den Verwaltungs- und Kontrollsystemen, die eine ordnungsgemäße Buchführung und die Einhaltung der geltenden Vorschriften gewährleisten sollen.

Wurden die einschlägigen Vorschriften eingehalten und alle zumutbaren Maßnahmen getroffen, um Betrug und Unregelmäßigkeiten zu verhindern, aufzudecken und zu berichtigen, so sind keine Finanzkorrekturen erforderlich.

Wurden die einschlägigen Vorschriften eingehalten, sind aber die Verwaltungs- und Kontrollsysteme verbesserungsbedürftig, so sollten entsprechende Empfehlungen ausgesprochen, aber keine Finanzkorrekturen auferlegt werden.

Wurden nur Fehler festgestellt, die Beträge von weniger als 4 000 EUR betreffen, so sollte der Mitgliedstaat aufgefordert werden, die Fehler zu berichtigen, ohne dass ein Finanzkorrekturverfahren gemäß Artikel 25 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG des Rates eingeleitet wird.

Liegen schwerwiegende Mängel bei den Verwaltungs- und Kontrollsystemen vor, die zu systematischen Unregelmäßigkeiten führen könnten, insbesondere Versäumnisse bei der Einhaltung der einschlägigen Vorschriften, so sollten stets Finanzkorrekturen erfolgen.

c)

Die Höhe der Finanzkorrektur wird nach Möglichkeit auf der Grundlage einzelner Dossiers auf den Betrag festgesetzt, der in den betreffenden Fällen dem Fonds zu Unrecht angelastet wurde. Genau quantifizierte Korrekturen bezüglich jedes der betroffenen Einzelprojekte sind jedoch nicht immer möglich, während es andererseits unverhältnismäßig sein kann, die betreffenden Ausgaben ganz zu streichen. In solchen Fällen muss die Kommission die Finanzkorrekturen auf Extrapolationen stützen oder sie pauschal festlegen.

d)

Wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass einzelne quantifizierbare Unregelmäßigkeiten der gleichen Art bei einer großen Anzahl von anderen Projekten oder durchgängig bei einer Maßnahme oder einem Programm aufgetreten sind, es aber nicht kosteneffizient wäre, die vorschriftswidrigen Ausgaben bei jedem Projekt einzeln zu ermitteln, so kann die Finanzkorrektur mittels Extrapolation festgesetzt werden.

Eine Extrapolation ist nur dann zulässig, wenn eine homogene Gruppe oder Untergruppe von Projekten mit ähnlichen Merkmalen ermittelt und nachgewiesen werden kann, dass diese Projekte den gleichen Mangel aufweisen. In diesem Fall werden die Ergebnisse einer eingehenden Prüfung einer repräsentativen Stichprobe der einzelnen betroffenen Dossiers unter Anwendung gängiger Prüfungsstandards auf alle Dossiers der Gruppe extrapoliert.

e)

Bei einzelnen Regelverletzungen oder systematischen Unregelmäßigkeiten, deren finanzielle Auswirkungen deswegen nicht genau zu quantifizieren sind, weil sie von zu vielen Variablen abhängen oder vielfältige Effekte haben, z. B. ungenügende Kontrollen zur Verhinderung oder Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten oder mangelnde Beachtung einer Förderbedingung oder einer Gemeinschaftsvorschrift, bei denen es aber dennoch unverhältnismäßig wäre, die gesamte Beteiligung abzulehnen, sollten Korrekturen nach Pauschalsätzen festgesetzt werden.

Pauschale Korrekturen werden aufgrund des Schweregrads der Mängel im Verwaltungs- und Kontrollsystem oder der einzelnen Regelverletzung und der finanziellen Auswirkungen der Unregelmäßigkeit festgesetzt. Eine Liste von Systemelementen, die die Kommission zwecks Bewertung des Schweregrads von Mängeln in Schlüssel- und Hilfselemente einteilt, findet sich in Abschnitt 2.2; Abschnitt 2.3 enthält indikative Sätze für Pauschalkorrekturen. Pauschalkorrekturen werden auf alle im Rahmen der betreffenden Maßnahme(n) getätigten Ausgaben angewandt, es sei denn, die Mängel beschränken sich auf bestimmte Ausgabenbereiche (einzelne Projekte oder Projektarten). In solchen Fällen werden sie nur auf diese Ausgabenbereiche angewandt. Dieselben Ausgaben werden normalerweise nur ein Mal korrigiert.

f)

In Bereichen, in denen es bei der Bewertung des Schweregrads der Regelverletzung einen Ermessensspielraum gibt, beispielsweise bei der Missachtung von Umweltauflagen, werden bei Vorliegen folgender Bedingungen Finanzkorrekturen vorgenommen: gravierender Verstoß gegen die Vorschriften und klar erkennbarer Bezug zu der von der EU kofinanzierten Maßnahme.

g)

Ungeachtet der Art der von der Kommission vorgeschlagenen Korrekturen wird dem betreffenden Mitgliedstaat in allen Fällen Gelegenheit gegeben nachzuweisen, dass der tatsächliche Verlust oder das Risiko für den Fonds und das Ausmaß oder der Schweregrad der Unregelmäßigkeit geringer waren als von den Kommissionsdienststellen angenommen. Das Verfahren und die Fristen sind in Artikel 13 Absätze 4 bis 6 der vorliegenden Entscheidung geregelt.

h)

Im Gegensatz zu Finanzkorrekturen, die die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 25 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG vornehmen, ziehen Finanzkorrekturen, die die Kommission gemäß Artikel 26 Absatz 3 festsetzt, immer eine Nettoreduzierung der Gemeinschaftsmittel für das betreffende Programm nach sich.

i)

Werden durch das Kontrollsystem des betreffenden Mitgliedstaats — Rechnungshof, Innenrevision oder externe Prüfung — Unregelmäßigkeiten festgestellt und vom Mitgliedstaat innerhalb einer vertretbaren Frist angemessene Abhilfemaßnahmen gemäß Artikel 25 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG ergriffen, so kann die Kommission keine Finanzkorrekturen gemäß Artikel 26 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG auferlegen und der Mitgliedstaat kann die Mittel wieder verwenden. Ansonsten kann die Kommission sowohl aufgrund der Feststellungen nationaler Kontrollorgane als auch bei Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten durch ein Kontrollorgan der EU Korrekturen vornehmen. Wenn die Kommission ihre Stellungnahme auf gut dokumentierte Feststellungen anderer Kontrollorgane der EU stützt, trifft sie ihre eigenen Schlussfolgerungen in Bezug auf die finanziellen Auswirkungen, nachdem sie die Antworten des betroffenen Mitgliedstaats geprüft hat.

2.   KRITERIEN UND SÄTZE FÜR PAUSCHALKORREKTUREN

2.1   Kriterien

Wie in Abschnitt 1 Buchstabe c ausgeführt, kommen pauschale Korrekturen in Betracht, wenn es anhand der aus der Untersuchung resultierenden Informationen nicht möglich ist, die finanziellen Auswirkungen in einem Einzelfall oder mehreren Fällen von Unregelmäßigkeiten durch statistische Instrumente oder durch Bezugnahme auf andere überprüfbare Daten genau zu bewerten, die Informationen aber trotzdem darauf schließen lassen, dass der Mitgliedstaat die Förderfähigkeit der bereits ausgezahlten beantragten Beträge nicht angemessen überprüft hat.

Pauschale Korrekturen sollten in Betracht gezogen werden, wenn die Kommission feststellt, dass eine Kontrolle, die in einer Verordnung ausdrücklich gefordert wird oder implizit erforderlich ist, um eine explizite Vorschrift einzuhalten (z. B. die Beschränkung einer Förderung auf eine bestimmte Projektart), nicht angemessen durchgeführt wurde, wodurch es zu systembedingten Unregelmäßigkeiten kommen könnte. Sie sollten auch in Betracht gezogen werden, wenn die Kommission beim Verwaltungs- und Kontrollsystem schwerwiegende Mängel feststellt, die zu groben Verletzungen der einschlägigen Bestimmungen führen, oder wenn sie einzelne Regelverletzungen aufdeckt. Pauschale Korrekturen können auch dann angebracht sein, wenn die Kontrolldienste der Mitgliedstaaten derartige Unregelmäßigkeiten entdecken, der Mitgliedstaat innerhalb eines angemessenen Zeitraums jedoch keine geeigneten Abhilfemaßnahmen ergreift.

Die Entscheidung, ob eine pauschale Finanzkorrektur vorzunehmen ist, und, wenn ja, zu welchem Satz, muss sich generell auf die Beurteilung des Verlustrisikos für Gemeinschaftsmittel als Folge der fehlenden Kontrolle stützen. Bei der Korrektur müssen also der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet und folgende Faktoren berücksichtigt werden:

1)

Bezieht sich die Unregelmäßigkeit auf einen Einzelfall, mehrere Fälle oder alle Fälle;

2)

beeinträchtigt der Mangel die Wirksamkeit des Verwaltungs- und Kontrollsystems generell oder die Wirksamkeit eines einzelnen Elements dieses Systems, d. h. die Durchführung von bestimmten Funktionen, die notwendig sind, um die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Förderfähigkeit der Ausgaben, die nach Maßgabe der einschlägigen nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften für die Kofinanzierung angegeben wurden, zu gewährleisten (siehe Abschnitt 2.2);

3)

wie sehr fällt der Mangel im Rahmen aller vorgesehenen administrativen, materiellen und sonstigen Kontrollen ins Gewicht;

4)

wie betrugsanfällig sind die Maßnahmen, speziell unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Anreize.

2.2   Klassifizierung der Elemente von Verwaltungs- und Kontrollsystemen im Hinblick auf die Anwendung von Pauschalen bei Finanzkorrekturen für systembedingte Mängel und einzelne Regelverletzungen

Die Verwaltungs- und Kontrollsysteme, die für den Fonds angewandt werden, bestehen aus unterschiedlichen Elementen oder Funktionen, die von größerer oder geringerer Bedeutung für die Gewährleistung der Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Förderfähigkeit der für die Kofinanzierung angegebenen Ausgaben sind. Bei der Festsetzung von Pauschalkorrekturen wegen Systemmängeln oder einzelnen Regelverletzungen ist es hilfreich, die Funktionen der Verwaltungs- und Kontrollsysteme in Schlüssel- und Hilfselemente einzuteilen.

Schlüsselelemente sind diejenigen unentbehrlichen Funktionen, die die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Substanz der aus dem Fonds unterstützten Projekte sicherstellen sollen, während Hilfselemente diejenigen Funktionen sind, die zur Qualität eines Verwaltungs- und Kontrollsystems beitragen und ermöglichen, dass das System in seinen Schlüsselfunktionen ordnungsgemäß funktioniert.

Die nachstehend aufgeführte Liste enthält die meisten Elemente wirksamer Verwaltungs- und Kontrollsysteme und einer bewährten Kontrollpraxis. Der Schweregrad von Mängeln und einzelnen Regelverletzungen ist sehr unterschiedlich. Daher werden die Fälle von der Kommission unter besonderer Berücksichtigung von Abschnitt 2.4 bewertet.

2.2.1   Schlüsselelemente zur Gewährleistung der Förderfähigkeit im Rahmen der Kofinanzierung

1)

Festlegung und Anwendung von Verfahren zur Beantragung von Finanzhilfen, Prüfung von Anträgen, Auswahl der zu fördernden Projekte und Auswahl von Auftragnehmern/Lieferanten, angemessene Veröffentlichung der Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen entsprechend den für das betreffende Programm festgelegten Verfahren:

a)

gegebenenfalls Beachtung der Vorschriften betreffend Bekanntmachung, Chancengleichheit und öffentliches Auftragswesen sowie der Regeln und Grundsätze des Vertrags bezüglich der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung, wenn die EG-Richtlinien über das öffentliche Auftragswesen nicht anwendbar sind;

b)

Prüfung von Finanzhilfeanträgen gemäß den für das betreffende Programm festgelegten Kriterien und Verfahren, einschließlich Beachtung der Vorschriften über Umweltverträglichkeitsprüfungen sowie der Politik der Chancengleichheit und der diesbezüglichen Rechtsvorschriften;

c)

Auswahl der zu fördernden Projekte:

die ausgewählten Vorschläge entsprechen den Zielen und den veröffentlichten Kriterien für das betreffende Programm;

die Annahme oder Ablehnung von Anträgen wird klar begründet;

die Regeln über staatliche Beihilfen werden beachtet;

die Förderregeln werden beachtet;

die Förderbedingungen werden in die Genehmigungsentscheidung aufgenommen.

(2)

Angemessene Prüfung der Bereitstellung von kofinanzierten Erzeugnissen und Dienstleistungen und der Förderfähigkeit der Ausgaben, die dem Programm angelastet werden, durch die zuständige Behörde nach Artikel 13 der Entscheidung 2004/904/EG und die zwischen dem Begünstigten und der zuständigen Behörde angesiedelten zwischengeschalteten Stellen:

a)

Prüfung — gegebenenfalls vor Ort — der tatsächlich erbrachten Leistungen (z. B. Dienstleistungen, Arbeiten, Lieferungen) im Vergleich zu Plänen, Rechnungen, Annahmebestätigungen, Sachverständigenberichten usw.;

b)

Prüfung der Einhaltung der Bedingungen für die Genehmigung der Finanzhilfe;

c)

Prüfung der Förderfähigkeit der beantragten Ausgabenbeträge;

d)

angemessene Behandlung aller offenen Fragen vor Genehmigung des Antrags;

e)

angemessenes und verlässliches Buchführungssystems;

f)

Prüfpfad für alle Systemebenen (beginnend beim Begünstigten);

g)

angemessene Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die der Kommission von der zuständigen Behörde übermittelten Ausgabenerklärungen korrekt sind, d. h.:

dass die Ausgaben im Förderzeitraum für Projekte getätigt wurden, die unter Beachtung der üblichen Verfahren und aller einschlägigen Bedingungen zur Kofinanzierung ausgewählt wurden;

dass die kofinanzierten Projekte tatsächlich durchgeführt wurden.

3)

Quantitativ und qualitativ ausreichende Stichprobenkontrollen bei Projekten und angemessenes Follow-up:

a)

Stichprobenkontrollen bei mindestens 10 % der gesamten förderfähigen Ausgaben gemäß Artikel 4 dieser Entscheidung, bestätigt durch einen Bericht über die Arbeit des Prüfers;

b)

Repräsentativität der Stichprobe und angemessene Risikoanalyse;

c)

angemessene Trennung von Kontroll- und Verwaltungsaufgaben, um Unabhängigkeit zu gewährleisten;

d)

Follow-up der Kontrollen zur Gewährleistung:

einer angemessenen Bewertung der Ergebnisse und gegebenenfalls der Finanzkorrekturen,

von allgemeinen Maßnahmen, um systembedingte Unregelmäßigkeiten zu berichtigen.

2.2.2   Hilfselemente

a)

Zufrieden stellende Verwaltungskontrollen in Form von Standard-Kontrolllisten oder ähnlichen Mitteln und ordnungsgemäße Dokumentation der Ergebnisse, um u. a. sicherzustellen:

dass die beantragten Beträge nicht bereits ausgezahlt wurden und einzelne Vorgänge (Verträge, Quittungen, Rechnungen, Zahlungen) getrennt nachweisbar sind;

dass die Ausgabenerklärungen und die erfassten Ausgaben im Buchführungssystem übereinstimmen;

b)

ordnungsgemäße Überwachung der Verfahren für die Antragsbearbeitung und -genehmigung;

c)

zufrieden stellende Verfahren zur Verbreitung von Informationen über Gemeinschaftsvorschriften;

d)

fristgerechte Auszahlung der Gemeinschaftsmittel an Begünstigte.

2.3   Indikative Sätze für Pauschalkorrekturen

Korrektur von 100 %

Der Satz kann auf 100 % festgelegt werden, wenn die Mängel im Verwaltungs- und Kontrollsystem des Mitgliedstaats so schwerwiegend sind, dass sie einen vollständigen Verstoß gegen Gemeinschaftsvorschriften darstellen und somit alle Zahlungen rechtswidrig machen. Das Gleiche gilt bei einer ähnlich schwerwiegenden Regelverletzung in einem Einzelfall.

Korrektur von 25 %

Wenn die Anwendung des Verwaltungs- und Kontrollsystems in einem Mitgliedstaat erhebliche Mängel aufweist und es Beweise für weit verbreitete Unregelmäßigkeiten und Nachlässigkeit bei der Bekämpfung rechtswidriger oder betrügerischer Praktiken gibt, ist eine Korrektur in Höhe von 25 % gerechtfertigt, da in solchen Fällen berechtigterweise angenommen werden kann, dass dem Fonds außergewöhnlich hohe Verluste entstehen werden, wenn regelwidrige Anträge ungestraft eingereicht werden können. Eine Korrektur in dieser Höhe ist auch bei Einzelfällen von Unregelmäßigkeiten angebracht, die zwar schwerwiegend sind, durch die aber das Projekt als solches nicht an Gültigkeit verliert.

Korrektur von 10 %

Wenn eines oder mehrere Schlüsselelemente des Systems nicht funktionieren oder so schlecht oder so selten funktionieren, dass sie im Hinblick auf die Bestimmung der Förderfähigkeit eines Antrags oder zur Vorbeugung einer Unregelmäßigkeit völlig wirkungslos sind, ist eine Korrektur in Höhe von 10 % gerechtfertigt, da in diesen Fällen von einer großen Gefahr breiter Verluste für den Fonds auszugehen ist. Dieser Korrektursatz ist auch bei einzelnen mittelschweren Unregelmäßigkeiten in Bezug auf Schlüsselelemente des Systems angemessen.

Korrektur von 5 %

Funktionieren alle Schlüsselelemente des Systems, allerdings nicht mit der in den Vorschriften geforderten Konsequenz, Häufigkeit oder Intensität, ist eine Korrektur in Höhe von 5 % gerechtfertigt, da davon ausgegangen werden kann, dass sie nicht in ausreichendem Maß die Rechtmäßigkeit der Anträge gewährleisten und sich ein erhebliches Risiko für den Fonds ergibt. Eine Korrektur von 5 % kann auch bei weniger schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten bei Einzelprojekten in Bezug auf Schlüsselfunktionen des Systems angebracht sein.

Dass die Funktionsweise eines Systems verbesserungsbedürftig ist, rechtfertigt an sich noch keine Finanzkorrektur. Die Beachtung ausdrücklicher Gemeinschaftsregeln oder Normen für bewährte Verfahren muss sehr mangelhaft sein, und der Mangel muss für den Fonds ein echtes Verlustrisiko bewirken bzw. die Gefahr mit sich bringen, dass es zu Unregelmäßigkeiten kommt.

Korrektur von 2 %

Ist das System in Bezug auf die Schlüsselelemente ausreichend funktionsfähig, versagt aber vollständig bei der Umsetzung von einem oder mehreren Hilfselementen, so ist wegen des geringeren Verlustrisikos für den Fonds und des geringeren Schweregrads der Unregelmäßigkeit eine Korrektur in Höhe von 2 % angemessen.

Der Korrektursatz erhöht sich auf 5 %, wenn dieser Mangel bei Ausgaben, die nach Auferlegen der ersten Korrektur getätigt wurden, erneut festgestellt wird und der Mitgliedstaat nach der ersten Korrektur bezüglich des Mängel aufweisenden Teils des Systems keine angemessenen Abhilfemaßnahmen getroffen hat.

Eine Korrektur in Höhe von 2 % ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Kommission dem Mitgliedstaat, ohne eine Korrektur aufzuerlegen, mitgeteilt hat, dass bestimmte Hilfselemente des Systems, die zwar vorhanden sind, aber nicht zufrieden stellend funktionieren, verbessert werden müssen, der Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen aber nicht getroffen hat.

Korrekturen für Mängel bei Hilfselementen von Verwaltungs- und Kontrollsystemen werden nur dann vorgenommen, wenn keine Mängel bei Schlüsselfunktionen festgestellt wurden. Bestehen sowohl in Bezug auf Hilfselemente als auch auf Schlüsselelemente Mängel, so gilt der für Mängel bei den Schlüsselelementen anwendbare Korrektursatz.

2.4   Grenzfälle

In Fällen, in denen eine strikte Anwendung dieser Leitlinien eindeutig unverhältnismäßig wäre, kann ein niedrigerer Korrektursatz vorgeschlagen werden.

Haben beispielsweise Schwierigkeiten bei der Auslegung von Gemeinschaftsvorschriften die Mängel verursacht (dies gilt nicht für die Fälle, in denen berechtigterweise erwartet werden kann, dass der Mitgliedstaat die Schwierigkeiten mit der Kommission klärt) und haben die nationalen Behörden wirksame Schritte unternommen, um die Mängel unverzüglich nach deren Aufdeckung abzustellen, kann dieser mildernde Umstand berücksichtigt und ein niedrigerer Korrektursatz vorgeschlagen oder ganz auf die Korrektur verzichtet werden. Ähnlich sollte der Anspruch auf Rechtssicherheit gebührend gewürdigt werden, wenn nach früheren Prüfungen durch die Kommissionsdienststellen nicht auf Mängel hingewiesen wurde.

Dass ein Mitgliedstaat die Verwaltungs- und Kontrollsysteme unverzüglich verbessert, nachdem ihm die Mängel mitgeteilt wurden, wird bei der Bewertung der finanziellen Auswirkungen der zuvor bestehenden systembedingten Unregelmäßigkeiten im Allgemeinen nicht als mildernder Umstand betrachtet.

2.5   Bewertungsgrundlage

Wenn die Situation in anderen Mitgliedstaaten bekannt ist, sollte die Kommission einen Vergleich anstellen, um bei der Bestimmung der Korrektursätze Gleichbehandlung zu gewährleisten.

Der Korrektursatz sollte auf den Teil der Ausgaben angewendet werden, für den ein Verlustrisiko bestand. Beruht der Mangel darauf, dass der Mitgliedstaat es versäumt hat, ein adäquates Kontrollsystem aufzubauen, so sollte die Korrektur auf die gesamten Ausgaben angewendet werden, für die dieses Kontrollsystem erforderlich war. Besteht Grund zu der Annahme, dass der Mangel auf die unzulängliche Anwendung eines von dem Mitgliedstaat angenommenen Kontrollsystems durch eine bestimmte Behörde oder eine bestimmte Region beschränkt ist, so sollte die Korrektur auf die von dieser Behörde bzw. Region verwalteten Ausgaben beschränkt werden. Besteht der Mangel beispielsweise in der unzulänglichen Überprüfung der Einhaltung der Kriterien für die Anwendung eines höheren Finanzhilfesatzes, so sollte für die Korrektur die Differenz zwischen dem höheren und dem niedrigeren Finanzhilfesatz zugrunde gelegt werden.

Die Korrektur sollte sich im Normalfall auf die Ausgaben für die betreffende Maßnahme im geprüften Zeitraum, z. B. ein Wirtschaftsjahr, beziehen. Ergibt sich die Unregelmäßigkeit hingegen aus einem Systemmangel, der offensichtlich seit langem besteht und die Ausgaben mehrerer Jahre betrifft, so sollte sich die Korrektur auf alle Ausgaben beziehen, die während des Zeitraums, in dem der Systemmangel bestand, bis zu dem Monat, in dem er behoben wurde, vom Mitgliedstaat angegeben wurden.

Weist ein System mehrere Mängel auf, so werden die pauschalen Korrekturen nicht kumuliert, sondern der gravierendste Mangel wird als Indikator für das durch das Kontrollsystem insgesamt gegebene Risiko herangezogen (2). Die pauschalen Korrekturen werden auf die Ausgaben angewandt, die nach Abzug der für einzelne Dossiers abgelehnten Beträge verbleiben. Unterlässt es ein Mitgliedstaat, die nach dem Gemeinschaftsrecht vorgeschriebenen Sanktionen anzuwenden, so sollte die Finanzkorrektur dem Betrag der nicht verhängten Sanktionen entsprechen, zuzüglich 2 % für die übrigen Anträge, da die Nichtanwendung von Sanktionen das Risiko erhöht, dass regelwidrige Anträge gestellt werden.

3.   ANWENDUNG UND WIRKUNG VON NETTOFINANZKORREKTUREN

Hat der Mitgliedstaat die im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 26 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG vorgeschlagene Finanzkorrektur vorgenommen, braucht die Kommission keine Nettoreduzierung der Finanzhilfe vorzunehmen, sondern kann dem Mitgliedstaat die Neuzuweisung der frei gewordenen Mittel gestatten. Jedoch ziehen die von der Kommission gemäß Artikel 26 Absatz 2 der Entscheidung 2004/904/EG im Anschluss an das Verfahren gemäß Artikel 26 Absätze 3 und 4 dieser Entscheidung auferlegten Finanzkorrekturen in jedem Fall eine Nettoreduzierung der indikativen Mittelzuweisung aus dem Fonds nach sich.

Eine Nettokorrektur wird immer dann vorgenommen, wenn die Kommission der Auffassung ist, dass der Mitgliedstaat es versäumt hat, die von den Gemeinschaftsorganen oder nationalen Behörden festgestellten Unregelmäßigkeiten angemessen zu verfolgen, und/oder wenn sich die Unregelmäßigkeit auf einen gravierenden Mangel der Verwaltungs- oder Kontrollsysteme des Mitgliedstaats oder der Verwaltungsbehörde oder der Zahlstelle bezieht.

Auf die Beträge, die aufgrund einer Nettokorrektur an die Kommission zurückzuzahlen sind, werden gemäß Artikel 26 Absatz 4 der Entscheidung 2004/904/EG in Übereinstimmung mit Artikel 3 Absatz 1 dieser Entscheidung Zinsen erhoben.


(1)  ABl. L 312 vom 23.12.1995, S. 1.

(2)  Siehe auch Abschnitt 2.3 (Korrektur von 2 %).