30.9.2005 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 255/146 |
RICHTLINIE 2005/40/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 7. September 2005
zur Änderung der Richtlinie 77/541/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Sicherheitsgurte und Haltesysteme für Kraftfahrzeuge
(Text von Bedeutung für den EWR)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,
auf Vorschlag der Kommission,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (2),
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Forschungsergebnisse zeigen, dass Sicherheitsgurte und Haltesysteme bei Unfällen, selbst mit Überschlag, die Schwere der Verletzungen und die Zahl der Getöteten deutlich vermindern können. Die Ausstattung aller Fahrzeugklassen mit Sicherheitsgurten und Haltesystemen wird mit Sicherheit eine deutliche Verbesserung der Verkehrssicherheit mit sich bringen und Menschenleben retten. |
(2) |
Die Ausstattung aller Fahrzeuge mit Sicherheitsgurten ist von erheblichem gesellschaftlichem Nutzen. |
(3) |
Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung vom 18. Februar 1986 zu gemeinschaftlichen Maßnahmen zur Verringerung der Zahl der Straßenverkehrsunfälle im Rahmen des Programms für das Jahr der Straßenverkehrssicherheit (3) auf die Notwendigkeit hingewiesen, das Anlegen von Sicherheitsgurten für alle Fahrzeuginsassen, auch für Kinder, zur Pflicht zu machen, außer in öffentlichen Verkehrsmitteln. Für den Einbau von Sicherheitsgurten und/oder Haltesystemen muss deshalb zwischen Omnibussen des öffentlichen Verkehrs und anderen Fahrzeugen unterschieden werden. |
(4) |
Nach der Richtlinie 70/156/EWG des Rates vom 6. Februar 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (4) ist das EG-Typgenehmigungsverfahren seit dem 1. Januar 1998 lediglich auf alle Neufahrzeuge der Klasse M1 anwendbar. Demnach müssen nur diese Fahrzeuge mit Sicherheitsgurten und/oder Haltesystemen ausgerüstet werden, die die Anforderungen der Richtlinie 77/541/EWG (5) erfüllen. |
(5) |
Bis das EG-Typgenehmigungsverfahren für alle Fahrzeugklassen verbindlich wird, sollte im Interesse der Verkehrssicherheit auch für andere Fahrzeugklassen als M1 der Einbau von Sicherheitsgurten und/oder Haltesystemen vorgeschrieben werden. |
(6) |
Die Richtlinie 77/541/EWG enthält bereits alle technischen und administrativen Vorschriften für die Typgenehmigung von Fahrzeugen anderer Klassen als M1. Die Mitgliedstaaten brauchen deshalb keine weiteren Vorschriften zu erlassen. |
(7) |
Seit Inkrafttreten der Richtlinie 96/36/EG der Kommission vom 17. Juni 1996 zur Anpassung der Richtlinie 77/541/EWG des Rates über Sicherheitsgurte und Haltesysteme von Kraftfahrzeugen (6) haben einige Mitgliedstaaten die darin enthaltenen Vorschriften für einige andere Fahrzeugklassen als M1 bereits verbindlich gemacht. Die Hersteller und ihre Zulieferer haben daraufhin entsprechende technische Lösungen entwickelt. |
(8) |
Die Richtlinie 2001/85/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2001 über besondere Vorschriften für Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz (7) enthält Bestimmungen, die in ihrer Mobilität eingeschränkten Personen wie etwa behinderten Personen den Zugang zu Fahrzeugen zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzen erleichtern. Den Mitgliedstaaten muss ermöglicht werden, den Einbau von Sicherheitsgurten und/oder Haltesystemen zu genehmigen, die nicht den technischen Spezifikationen der Richtlinie 77/541/EWG entsprechen, jedoch speziell entworfen sind, um die Sicherheit dieser Menschen zu gewährleisten. |
(9) |
Die Richtlinie 77/541/EWG sollte entsprechend geändert werden. |
(10) |
Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr durch die Vorschrift, Fahrzeuge bestimmter Klassen mit Sicherheitsgurten auszustatten, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher wegen des Umfangs der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus — |
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Artikel 1
Änderung der Richtlinie 77/541/EWG
Die Richtlinie 77/541/EWG wird wie folgt geändert:
1. |
Folgender Artikel wird eingefügt: „Artikel 2a (1) Die Mitgliedstaaten können nach nationalem Recht den Einbau von Sicherheitsgurten oder Haltesystemen gestatten, die dieser Richtlinie nicht entsprechen, sofern sie dem Schutz behinderter Menschen dienen. (2) Die Mitgliedstaaten können ferner Haltesysteme von den Bestimmungen der vorliegenden Richtlinie ausnehmen, die so konstruiert sind, dass sie Anhang VII der Richtlinie 2001/85/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2001 über besondere Vorschriften für Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz (8) entsprechen. (3) Die Anforderungen von Anhang I Nummer 3.2.1 der vorliegenden Richtlinie gelten nicht für Sicherheitsgurte und Haltesysteme, die unter die Absätze 1 und 2 fallen. |
2. |
Dem Artikel 9 wird folgender Absatz angefügt: „Fahrzeuge der Klassen M2 und M3 werden gemäß Anhang I Abschnitt 2 der Richtlinie 2001/85/EG in Unterklassen unterteilt.“ |
3. |
Anhang I wird wie folgt geändert:
|
Artikel 2
Maßnahmen für behinderte Personen
Die Kommission prüft bis spätestens 20. April 2008 auf der Grundlage geltender internationaler Normen und nationaler Rechtsvorschriften spezifische Verfahren zur Harmonisierung der Anforderungen an Sicherheitsgurte für behinderte Menschen, um für ein der vorliegenden Richtlinie entsprechendes Sicherheitsniveau zu sorgen. Gegebenenfalls schlägt die Kommission Maßnahmen vor. Änderungen der vorliegenden Richtlinie werden nach dem in Artikel 13 der Richtlinie 70/156/EWG genannten Verfahren vorgenommen.
Artikel 3
Anwendung
(1) Ab dem 20. April 2006 dürfen die Mitgliedstaaten in Bezug auf den Einbau von Sicherheitsgurten und/oder Haltesystemen, die den Vorschriften der Richtlinie 77/541/EWG in der Fassung der vorliegenden Richtlinie entsprechen, für neue Fahrzeugtypen
a) |
weder für einen Fahrzeugtyp die Erteilung der EG-Typgenehmigung oder der Betriebserlaubnis mit nationaler Geltung verweigern, |
b) |
noch die Zulassung, den Verkauf oder die Inbetriebnahme neuer Fahrzeuge verbieten. |
(2) Ab dem 20. Oktober 2006 dürfen die Mitgliedstaaten in Bezug auf den Einbau von Sicherheitsgurten und/oder Haltesystemen, die den Vorschriften der Richtlinie 77/541/EWG in der Fassung der vorliegenden Richtlinie nicht entsprechen,
a) |
die EG-Typgenehmigung nicht mehr erteilen, |
b) |
die Betriebserlaubnis mit nationaler Geltung nicht mehr erteilen. |
(3) Ab dem 20. Oktober 2007 müssen die Mitgliedstaaten in Bezug auf den Einbau von Sicherheitsgurten und/oder Haltesystemen, die den Vorschriften der Richtlinie 77/541/EWG in der Fassung der vorliegenden Richtlinie nicht entsprechen.
a) |
Übereinstimmungsbescheinigungen für Neufahrzeuge als für die Zwecke des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie 70/156/EWG nicht mehr gültig ansehen, |
b) |
die Zulassung, den Verkauf oder die Inbetriebnahme von Neufahrzeugen verweigern, soweit nicht Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 70/156/EWG geltend gemacht wird. |
Artikel 4
Umsetzung
(1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 20. April 2006 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.
(2) Sie wenden diese Vorschriften ab dem 21. April 2006 an.
(3) Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
(4) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.
Artikel 5
Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 6
Adressaten
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Straßburg am 7. September 2005.
Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
J. BORRELL FONTELLES
Im Namen des Rates
Der Präsident
C. CLARKE
(1) ABl. C 80 vom 30.3.2004, S. 10.
(2) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 17. Dezember 2003 (ABl. C 91 E vom 15.4.2004, S. 491), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 24. Januar 2005 (ABl. C 111 E vom 11.5.2005, S. 28), Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 26. Mai 2005 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(3) ABl. C 68 vom 24.3.1986, S. 35.
(4) ABl. L 42 vom 23.2.1970, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/78/EG der Kommission (ABl. L 153 vom 30.4.2004, S. 103).
(5) ABl. L 220 vom 29.8.1977, S. 95. Zuletzt geändert durch die Beitrittsakte von 2003.
(6) ABl. L 178 vom 17.7.1996, S. 15.
(7) ABl. L 42 vom 13.2.2002, S. 1.
(8) ABl. L 42 vom 13.2.2002, S. 1.“