23.4.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 104/33


BESCHLUSS DES RATES

vom 14. April 2005

über den Abschluss des Konsultationsverfahrens mit der Republik Guinea gemäß Artikel 96 des Abkommens von Cotonou

(2005/321/EG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf das am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichnete AKP-EG-Partnerschaftsabkommen (1), insbesondere auf Artikel 96,

gestützt auf das Interne Abkommen über die zur Durchführung des AKP-EG-Partnerschaftsabkommens zu treffenden Maßnahmen und die dabei anzuwendenden Verfahren (2), insbesondere auf Artikel 3,

auf Vorschlag der Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Es wurde gegen die wesentlichen Elemente gemäß Artikel 9 des Abkommens von Cotonou verstoßen.

(2)

Gemäß Artikel 96 des Abkommens von Cotonou wurden am 20. Juli 2004 mit den AKP-Staaten und der Republik Guinea Konsultationen aufgenommen. Dabei sind die guineischen Behörden bestimmte Verpflichtungen eingegangen, um die von der Europäischen Union aufgezeigten Probleme binnen drei Monaten, in denen ein intensiver Dialog geführt werden sollte, zu lösen.

(3)

Am Ende dieses Zeitraums ist festzustellen, dass bestimmte der vorgenannten Verpflichtungen zu konkreten Initiativen geführt haben bzw. erfüllt wurden. Mehrere wichtige Maßnahmen zu wesentlichen Elementen des Abkommens von Cotonou müssen jedoch noch umgesetzt werden —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Die mit der Republik Guinea geführten Konsultationen gemäß Artikel 96 des Abkommens von Cotonou sind abgeschlossen.

Artikel 2

Die in dem beigefügten Schreiben genannten Maßnahmen werden als „geeignete Maßnahmen“ gemäß Artikel 96 Absatz 2 Buchstabe c des Abkommens von Cotonou angenommen.

Artikel 3

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft. Er wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Er gilt bis zum 14. April 2008. Er wird regelmäßig, mindestens alle sechs Monate, überprüft.

Geschehen zu Luxemburg am 14. April 2005.

Im Namen des Rates

Der Präsident

L. FRIEDEN


(1)  ABl. L 317 vom 15.12.2000, S. 3.

(2)  ABl. L 317 vom 15.12.2000, S. 376.


ANHANG

Sehr geehrter Herr Minister,

die Europäische Union misst Artikel 9 des Abkommens von Cotonou große Bedeutung bei. Die Achtung der Menschenrechte, der demokratischen Grundsätze und des Rechtsstaatsprinzips, auf die sich die AKP-EU-Partnerschaft gründet, bilden wesentliche Elemente des genannten Abkommens und somit die Grundlage unserer Beziehungen.

Daher gab die Beeinträchtigung der demokratischen Grundsätze und des Rechtsstaatsprinzips, insbesondere seit dem Verfassungsreferendum von 2001 und bei den Parlamentswahlen (2002) und den Präsidentschaftswahlen (2003), der Europäischen Union Anlass zur Sorge. Die Europäische Union war ferner besorgt über die mangelnde Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie über die Misswirtschaft in den Bereichen Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Finanzen.

Sie ist zu der Auffassung gelangt, dass die politische Situation in Guinea einen Verstoß gegen die wesentlichen Elemente gemäß Artikel 9 des Abkommens darstellt. In Anbetracht dieses Artikels und der derzeitigen politischen Blockadesituation in Guinea beschloss die Europäische Union am 31. März 2004, Konsultationen nach Artikel 96 des Abkommens aufzunehmen, um die Lage genau zu prüfen und gegebenenfalls Abhilfe zu schaffen.

Diese Konsultationen wurden am 20. Juli 2004 in Brüssel eröffnet. Bei dieser Gelegenheit wurden verschiedene grundlegende Fragen erörtert, und Sie konnten Ihren Standpunkt darlegen und ihre Analyse der Lage in Ihrem Land abgeben. Sie haben auch ein Memorandum mit einem Aktionsplan vorgelegt, das auf die Konsolidierung von Demokratie, Achtung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und verantwortungsvoller Staatsführung abzielt.

Nach der Vorlage dieses Berichts begab sich eine gemeinsame Monitoring-Mission der Präsidentschaft der Europäischen Union und der Kommission nach Conakry und nahm in Zusammenarbeit mit den vor Ort tätigen Vertretern der Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Bewertung der Umsetzung der Verpflichtungen vor.

Die Europäische Union stellt fest, dass die guineischen Behörden eine große Bereitschaft an den Tag legten, die Gespräche fortzusetzen und zu vertiefen und zudem der Monitoring-Mission der Europäischen Union die Arbeit zu erleichtern. Sie stellt außerdem fest, dass bestimmte Verpflichtungen zu ermutigenden Initiativen Ihrerseits geführt haben. Hervorzuheben ist insbesondere Folgendes:

 

Ihre Regierung zeigte sich bereit, den politischen Dialog mit den politischen Akteuren wieder aufzunehmen, um neue Rahmenbedingungen für Wahlen zu schaffen. Die offizielle Zeremonie zur Wiederaufnahme des Dialogs fand am 31. August 2004 statt, und zur Erleichterung des Dialogs wurde ein Büro für die Konzertierung zwischen den Parteien eingerichtet.

 

Die Regierung bestätigte den Beschluss, im Juni 2005 Kommunalwahlen abzuhalten, sowie ihre Absicht, den Dezentralisierungsprozess zu stärken. Derzeit werden verschiedene Gesetzentwürfe ausgearbeitet.

 

Die Regierung bestätigte den Beschluss, innerhalb der von der Verfassung vorgesehenen Frist, d. h. im Juni 2007, Parlamentswahlen abzuhalten. Jedoch ist die Regierung bereit, die Möglichkeit vorgezogener Wahlen zu prüfen.

 

Die Regierung legte einen im Übrigen bestätigten Zeitplan für die Freigabe der Rundfunkfrequenzen vor, die im Juni 2005 erfolgen wird.

 

Sie bestätigte schließlich Sektorreformen im Bereich der makroökonomischen Politik und den Zeitplan für deren Umsetzung.

Es steht außer Zweifel, dass diese Initiativen zu einer stärkeren Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten in Ihrem Land beitragen werden. Allerdings wird die Umsetzung der meisten dieser Verpflichtungen einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, so dass die Einhaltung bestimmter Verpflichtungen langfristig zu verfolgen ist, insbesondere um die Stärkung der Demokratie sicherzustellen. In diesem Zusammenhang interessiert sich die Europäische Union vor allem für die in Ihrem Fortschrittsbericht aufgeführten konkreten Maßnahmen zur Umsetzung des Memorandums vom 30. September 2004, dessen wichtigste Elemente nachstehend aufgeführt sind:

1.

Fortsetzung des nationalen Dialogs, um den Rahmen für Wahlen und die operationellen Bedingungen nach den Bestimmungen der Erklärung der Afrikanischen Union in Durban im Jahr 2002 zu den Grundsätzen für demokratische Wahlen in Afrika (1) so neu zu gestalten, dass transparente und demokratische Wahlen gewährleistet sind;

2.

weitere Umsetzung und Stärkung der Verpflichtung zur Einhaltung der Gesetze im Zusammenhang mit der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, so dass es insbesondere den politischen Parteien ermöglicht wird, ihre Rechte und Vorrechte (Versammlungsfreiheit, Demonstrationsrecht und Zugang zu den staatlichen Hörfunk- und Fernsehsendern) wahrzunehmen;

3.

Liberalisierung der elektronischen Medien gemäß dem der Monitoring-Mission der Europäischen Union im Oktober 2004 vorgelegten Zeitplan, so dass noch vor den Kommunalwahlen private elektronische Medien entstehen können;

4.

Abhaltung der Kommunal- und Parlamentswahlen nach den neuen Rahmenbedingungen für Wahlen;

5.

Fortsetzung der Dezentralisierung;

6.

Fortsetzung der Maßnahmen zur Verbesserung der makroökonomischen Politik wie auch der Sektorreformen.

Nach Abhaltung dieser Konsultationen wurden unter Berücksichtigung der bislang erzielten Fortschritte und des noch bestehenden Handlungsbedarfs die folgenden geeigneten Maßnahmen im Sinne des Artikels 96 Absatz 2 Buchstabe c des Abkommens von Cotonou festgelegt:

1.

Die Zusammenarbeit auf der Grundlage der Restmittel des 6., 7. und 8. Europäischen Entwicklungsfonds wird fortgesetzt, damit Guineas Verpflichtungen im Rahmen der Konsultationen, insbesondere die Dezentralisierung, die Liberalisierung der Medien und eine verantwortungsvolle Wirtschaftspolitik, umgesetzt werden können.

2.

Die Zusammenarbeit auf der Grundlage des Finanzrahmens B des 9. Europäischen Entwicklungsfonds wird fortgesetzt, damit diejenigen Programme durchgeführt werden können, mit denen die Lebensbedingungen der ärmsten Bevölkerungsgruppen bzw. der Opfer der subregionalen politischen Krise direkt verbessert werden können.

3.

Des Weiteren können Programme unterstützt werden, die auf die Stärkung der Zivilgesellschaft (auch der nicht organisierten), die Achtung und Konsolidierung der Demokratie, der Menschenrechte und der verantwortungsvollen Staatsführung sowie auf die Entstehung bzw. Stärkung freier Medien abzielen.

4.

Über die Finanzbeiträge zu Regionalprojekten wird fallweise entschieden.

5.

Die humanitären Maßnahmen, die Handelszusammenarbeit und die Handelspräferenzregelungen werden beibehalten.

6.

Die Vorbereitung der Wahlen kann entweder aus den Restmitteln des 6., 7. oder 8. Europäischen Entwicklungsfonds oder aus dem Finanzrahmen B des 9. Europäischen Entwicklungsfonds unterstützt werden, wenn neue Rahmenbedingungen für Wahlen, die transparente und demokratische Wahlen gemäß der Erklärung zu den Prinzipien für demokratische Wahlen in Afrika gewährleisten, eingeführt sein werden.

7.

Die Mittel des Finanzrahmens A des 9. EEF sind gemäß dem Beschluss der Europäischen Kommission im Rahmen der Halbzeitüberprüfungen um 65 Mio. EUR gekürzt worden. Die Ausarbeitung der Strategie für die Zusammenarbeit und des Nationalen Richtprogramms wird abgeschlossen; dabei werden die Lage im Land sowie die neuen Finanzperspektiven berücksichtigt. Diese Dokumente werden unterzeichnet und umgesetzt, sobald ausreichende Anstrengungen bei der Anwendung der von Guinea eingegangenen Verpflichtungen festgestellt werden, insbesondere bei der Verwirklichung eines Auszählverfahrens bei freien und transparenten Lokal- und Parlamentswahlen. Die Europäische Union wird insbesondere folgende Kriterien anwenden:

a)

dass freie und transparente Lokalwahlen stattfinden und dass die ordnungsgemäß gewählte vollziehende Gewalt in den Gemeinden ihr Amt angetreten hat;

b)

dass im Rahmen des Dialogs mit der Opposition die Rahmenbedingungen und operative Bedingungen für Parlamentswahlen (einschließlich eines Datums für die Wahlen) hergestellt werden, die auf der Erklärung zu den Grundsätzen für demokratische Wahlen in Afrika beruhen.

Unter Beteiligung der Präsidentschaft der Europäischen Union und der Europäischen Kommission sind regelmäßige Überprüfungen vorzusehen; die erste davon erfolgt innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten.

Die Europäische Union wird die Lage in Guinea über einen Zeitraum von 36 Monaten hinweg genau weiterverfolgen. Mit der Regierung Ihres Landes wird ein verstärkter politischer Dialog im Rahmen des Artikels 8 des Abkommens von Cotonou geführt, damit die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit insbesondere durch die Abhaltung von Parlamentswahlen und die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten gestärkt werden.

Bei einer Beschleunigung — oder im Gegenteil — einem Abbruch der Umsetzung der Verpflichtungen der guineischen Behörden behält sich die Europäische Union das Recht vor, die geeigneten Maßnahmen zu ändern.

Seien Sie, Herr Minister, unserer vorzüglichen Hochachtung versichert.

Im Namen des Rates

Im Namen der Kommission


(1)  Erklärung der OUA/UA zu den Prinzipien für demokratische Wahlen in Afrika, AHG/Decl.1 (XXXVIII).