17.9.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 228/1


STELLUNGNAHME DES RATES

vom 12. Juli 2005

zum aktualisierten Stabilitätsprogramm Portugals für 2005-2009

(2005/C 228/01)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 3,

auf Empfehlung der Kommission,

nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses —

GIBT FOLGENDE STELLUNGNAHME AB:

(1)

Am 12. Juli 2005 hat der Rat das aktualisierte Stabilitätsprogramm Portugals für den Zeitraum 2005-2009 geprüft. Das Programm entspricht den Datenanforderungen des „Verhaltenskodexes betreffend Inhalt und Form der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme“ (2). Allerdings liefert das Programm keine Projektionen zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Deshalb wird Portugal aufgefordert, den Datenanforderungen des Verhaltenskodexes in vollem Umfang zu entsprechen.

(2)

Die Fortschreibung des Stabilitätsprogramms beruht auf der notwendigen Korrektur des öffentlichen Defizits, das mit 6,2 % des BIP im Jahr 2005 den Projektionen zufolge erheblich über dem Referenzwert von 3 % des BIP liegen wird. Diese Zahl folgt auf ein Defizit von 2,9 % des BIP in den Jahren 2002 bis 2004 (3), das kürzlich von den portugiesischen Behörden unter Berücksichtigung der Anmerkungen von Eurostat gemeldet wurde, und ist beträchtlich schlechter als der in der vorigen Programmfortschreibung für 2005 enthaltene Zielwert von 2,2 % des BIP. Die Verschlechterung erklärt sich aus dem hinter den Erwartungen zurückbleibenden Wachstum, einer Neubewertung des Ausgabenwachstums, dem Überschreiten des Budgets und der Nichteinführung der im vorherigen Programm geplanten einmaligen Maßnahmen sowie aus einem von der neuen Regierung im Juni 2005 gebilligten Korrekturpaket im Umfang von rund 0,6 % des BIP. Zur Reduzierung des Defizits stellt die Aktualisierung eine Strategie vor, die der Durchführung struktureller Maßnahmen den Vorzug vor dem umfassenden Einsatz einmaliger und befristeter Maßnahmen gibt, was auf eine Änderung gegenüber der in den früheren Fortschreibungen skizzierten Haushaltsstrategie hindeutet. Das öffentliche Defizit wird sich in den kommenden Jahren voraussichtlich stetig verbessern, doch bis 2007 über dem Referenzwert von 3 % des BIP liegen.

(3)

Das dem Programm zugrunde liegende makroökonomische Szenario sieht vor, dass sich das reale BIP-Wachstum allmählich von 0,8 % im Jahr 2005 über Wachstumsraten von 1,4 %, 2,2 % und 2,6 % in den Folgejahren auf 3 % im Jahr 2009 beschleunigen wird. Nach aktuellem Kenntnisstand sind die Wachstumsprojektionen für den ersten Teil des Programmzeitraums plausibel, während für die späteren Programmjahre mehr Risiken bestehen. Strukturelle Maßnahmen zur Förderung der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit und Wiederherstellung des Vertrauens sind unbedingt erforderlich, um den projizierten Wachstumspfad zu verwirklichen.

(4)

Dem Programm zufolge soll bis 2008 ein gesamtstaatliches Defizit erreicht werden, das unter dem Referenzwert des Vertrags von 3 % des BIP liegt. Die öffentliche Defizitquote soll von 6,2 % des BIP im Jahr 2005 auf 4,8 % im Jahr 2006, 3,9 % im Jahr 2007, 2,8 % im Jahr 2008 und 1,6 % im Jahr 2009 sinken. Nach den Berechnungen, die die Kommissionsdienststellen unter Anwendung der vereinbarten Methodik auf die in dem Programm enthaltenen Angaben angestellt haben, weitet sich das konjunkturbereinigte Defizit auf 5,3 % des BIP im Jahr 2005 aus, bevor es allmählich auf 1,4 % des BIP im Jahr 2009 zurückgeht. Die Konsolidierungsanstrengungen werden sich über den gesamten Programmzeitraum erstrecken, wobei der Schwerpunkt auf den frühen Programmjahren liegt, da im Jahr 2006 eine substanzielle Konsolidierung erfolgen wird. Während des ersten Teils des Programmzeitraums stützt sich die Konsolidierung in erster Linie auf Einnahmensteigerungen durch höhere Steuersätze (insbesondere eine Anhebung des MwSt.-Regelsatzes von 19 % auf 21 %), geringere Steuergutschriften und eine verbesserte Steuererhebung, die die entgangenen einmaligen Einnahmen zum Teil ausgleichen. In den späteren Jahren wird der höhere Beitrag von Seiten der Ausgabenzurückhaltung voraussichtlich aus dauerhaften Maßnahmen — wie die Reform der öffentlichen Verwaltung, Eindämmung der Lohnkosten und Veränderungen in den Altersrentensystemen — resultieren, deren Haushaltswirkungen vor allem mittelfristig signifikant sein werden. Der Anteil der Investitionen an den gesamtstaatlichen Ausgaben soll sich während des Programmzeitraums nur leicht rückläufig entwickeln.

(5)

Das Haushaltsergebnis, wie es im Programm projiziert ist, unterliegt verschiedenen Risiken. Erstens kann sich die Beschleunigung der Wirtschaftstätigkeit, abhängig von den tatsächlichen Auswirkungen der finanzpolitischen Konsolidierungsmaßnahmen und angesichts der erwarteten Zunahme des internationalen Wettbewerbs auf den portugiesischen Exportmärkten langsamer vollziehen als erwartet. Zweitens können die einnahmensteigernden und ausgabensenkenden Maßnahmen weniger wirksam sein, oder es kann länger dauern, bis sie die gewünschten Ergebnisse zeitigen. Durch die höheren Steuersätze steigt die Gefahr der Steuerhinterziehung, trotz der umfangreichen Maßnahmen, die zur Verbesserung der Steuermoral ergriffen werden, einschließlich einer engeren Verwaltungszusammenarbeit zur Bekämpfung des grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs. Darüber hinaus muss die angekündigte Ausgabenzurückhaltung zum überwiegenden Teil noch gesetzlich verankert werden. In Anbetracht dieser Bewertung könnte die Regierung aufgefordert werden, ihrer Verpflichtung nachzukommen, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, um zu vermeiden, dass das Defizit länger als geplant den Referenzwert von 3 % des BIP überschreitet. Außerdem bietet der im Programm vorgezeichnete haushaltspolitische Kurs, selbst wenn an dem projizierten Pfad festgehalten wird, bis mindestens 2009 keine ausreichende Sicherheitsmarge, damit die Defizitobergrenze bei normalen Konjunkturschwankungen nicht überschritten wird. Sie ist auch unzureichend, um zu gewährleisten, dass das im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehene mittelfristige Ziel eines in etwa ausgeglichenen Haushalts während des Programmzeitraums erreicht wird, trotz einer Verringerung des zugrunde liegenden Defizits um rund 4 Prozentpunkte von 2005 bis 2009. Eine Sensitivitätsanalyse macht deutlich, dass das Defizit im Falle ungünstiger makroökonomischer Entwicklungen im Jahr 2009 immer noch bei 3 % oder sehr nah daran liegen würde.

(6)

Die Schuldenquote überschritt im Jahr 2003 den im Vertrag vorgesehenen Referenzwert von 60 % des BIP und stieg auf 61,9 % im Jahr 2004. Gemäß der Programmfortschreibung wird sie, nach 66,5 % des BIP im Jahr 2005, im Jahr 2007 mit 67,8 % des BIP ihren Höchststand erreichen und anschließend auf 64,5 % im Jahr 2009 sinken. In Anbetracht der Risiken für die Wirtschaftstätigkeit, der Haushaltsziele und der Möglichkeit — wie in der Vergangenheit — von schuldenerhöhenden Bestandsanpassungen, insbesondere der Bildung von Finanzvermögen, könnte sich die Bruttoschuldenquote zudem ungünstiger entwickeln als projiziert.

(7)

Die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen scheint in Portugal wegen der projizierten Haushaltskosten der Bevölkerungsalterung mit gewissen Risiken behaftet. Die bisher durchgeführte Strukturreform, insbesondere im Bereich der Renten und des Gesundheitswesens, dürften die budgetären Auswirkungen der Bevölkerungsalterung abmildern. Diese Reformen scheinen jedoch nicht ausreichend zu sein, um die Tragfähigkeit zu gewährleisten. Die in der Fortschreibung vorgestellten Reformen, insbesondere im Bereich der öffentlichen Renten, könnten, sofern sie umfassend umgesetzt werden, zu diesem Ziel beitragen. Die Regierung hat einen Bericht in Auftrag gegeben, um die langfristige Tragfähigkeit des Systems der sozialen Sicherheit zu bewerten.

(8)

Insgesamt entspricht die in der Fortschreibung skizzierte Wirtschaftspolitik zum Teil den länderspezifischen Grundzügen der Wirtschaftspolitik im Bereich der öffentlichen Finanzen. Wie empfohlen, wird die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen nach den Projektionen des Programms weitgehend von der Ausgabenseite her erfolgen und stützt sich nicht auf einmalige oder befristete Maßnahmen. Die Programmprojektionen, sofern daran festgehalten wird, unterstellen auch eine Verbesserung des konjunkturbereinigten Primärsaldos (ohne einmalige und befristete Maßnahmen) um jährlich mehr als 0,5 % des BIP. Doch ist darin nicht vorgesehen, das Defizit vor 2008 auf unter 3 % des BIP zu senken, und die geplante Ausgabenzurückhaltung wird unzureichend sein, um das im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehene mittelfristige Ziel eines in etwa ausgeglichenen Haushalts bis zum Ende des Programmzeitraums zu erreichen.

(9)

In Anbetracht der in dem aktualisierten Stabilitätsprogramm enthaltenen Defizit- und Schuldenstandsdaten für 2005 leitete die Kommission am 22. Juni das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit gegen Portugal ein. Der Rat wird im Rahmen seiner Entscheidung, dass in Portugal ein übermäßiges Defizit besteht, auch eine Empfehlung zur Korrektur des übermäßigen Defizits abgeben; diese Empfehlung wird u. a. eine Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits enthalten.

In Anbetracht der vorstehenden Bewertung vertritt der Rat die Auffassung, dass Portugal

i)

die Verschlechterung der Finanzlage im Jahr 2005 durch Gewährleistung einer rigorosen Umsetzung der angekündigten Korrekturmaßnahmen begrenzen sollte,

ii)

eine nachhaltige Korrektur des übermäßigen Defizits durch einen wesentlichen Schritt im Jahr 2006 und eine erhebliche Senkung in jedem Folgejahr sobald wie möglich erreichen und die geplanten Maßnahmen zur Senkung der öffentlichen Ausgaben entschlossen umsetzen sollte, jede Möglichkeit nutzen sollte, um die Rückführung des Haushaltsdefizits zu beschleunigen, und insbesondere Spielräume schaffen sollte, um die Haushaltswirkung eines möglicherweise hinter den Projektionen zurückbleibenden Wachstums zu verkraften,

iii)

die Bruttoschuldenquote eindeutig auf Abwärtskurs bringen sollte, indem sichergestellt wird, dass die Entwicklung des öffentlichen Schuldenstands die Fortschritte bei der Defizitsenkung widerspiegeln und schuldenerhöhende Finanztransaktionen vermieden werden,

iv)

im Rahmen eines umfassenden Reformprogramms zur Verbesserung der Qualität und Sicherstellung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen die Entwicklung der Ausgaben unter Umständen durch die Ankündigung verbindlicher Ausgabenplafonds für spezifische Ausgabenkategorien kontrollieren sollte,

v)

die Verarbeitung der Daten zum Gesamtstaat weiter verbessern sollte.

Gegenüberstellung zentraler makroökonomischer und budgetärer Projektionen

 

2004

2005

2006

2007

2008

2009

Reales BIP

(Veränderung in %)

SP Jun. 2005

1,0

0,8

1,4

2,2

2,6

3,0

KOM April 2005

1,0

1,1

1,7

SP Jan. 2004

1,0

2,5

2,8

3,0

HVPI-Inflation

(%)

SP Jun. 2005

2,5

2,5

2,9

2,5

2,5

2,4

KOM April 2005

2,5

2,3

2,1

SP Jan. 2004

2,0

2,0

2,0

2,0

Gesamtstaatlicher Haushaltssaldo

(in % des BIP)

SP Jun. 2005

– 2,9

– 6,2

– 4,8

– 3,9

– 2,8

– 1,6

KOM April 2005

– 2,9

– 4,9

– 4,7

SP Jan. 2004 (5)

– 2,8

– 2,2

– 1,6

– 1,1

Primärsaldo

(in % des BIP)

SP Jun. 2005

– 0,1

– 3,3

– 1,6

– 0,5

0,7

1,8

KOM April 2005

– 0,1

– 2,0

– 1,6

SP Jan. 2004

0,1

0,9

1,5

2,0

Konjunkturbereinigter Saldo

(in % des BIP)

SP Jun. 2005 (4)

– 2,2

– 5,3

– 3,8

– 3,1

– 2,3

– 1,4

KOM April 2005

– 2,0

– 3,9

– 3,7

SP Jan. 2004 (4)

– 1,7

– 1,3

– 0,9

– 0,7

Einmalige Maßnahmen

(in % des BIP)

SP Jun. 2005

2,3

0,2

0

0

0

0

KOM April 2005

2,3

0,3

0

Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige Maßnahmen

(in % des BIP)

SP Jun. 2005 (4)

– 4,5

– 5,5

– 3,8

– 3,1

– 2,3

– 1,4

KOM April 2005

– 4,3

– 4,2

– 3,7

Öffentlicher Bruttoschuldenstand

(in % des BIP)

SP Jun. 2005

61,9

66,5

67,5

67,8

66,8

64,5

KOM April 2005

61,9

66,2

68,5

SP Jan. 2004 (5)

60,0

59,7

58,6

57,0

Quellen:

Stabilitätsprogramm (SP); Frühjahrsprognose 2005 der Kommissionsdienststellen (KOM); Berechnungen der Kommissionsdienststellen.


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Die portugiesische Regierung hatte im Dezember 2004 eine Programmfortschreibung vorgelegt, womit sie der formell vorgeschriebenen Vorlagefrist entsprach. Mit Blick auf die in Portugal bevorstehenden Parlamentswahlen wurde zum damaligen Zeitpunkt jedoch beschlossen, das Programm nicht zu bewerten, sondern auf die von der neuen Regierung vorzulegende Aktualisierung zu warten.

(3)  Ohne umfangreichere einmalige und befristete Maßnahmen betrug das Defizit in den Jahren 2002, 2003 und 2004 4,1 %, 5,4 % bzw. 5,2 % des BIP.

(4)  Berechnungen der Kommissionsdienststellen aufgrund der im Programm enthaltenen Informationen.

(5)  Einschließlich einmaliger und befristeter Maßnahmen.

Quellen:

Stabilitätsprogramm (SP); Frühjahrsprognose 2005 der Kommissionsdienststellen (KOM); Berechnungen der Kommissionsdienststellen.