9.12.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 362/28


BESCHLUSS 2004/843/GASP DES RATES

vom 26. Juli 2004

über den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Norwegen über die Sicherheitsverfahren für den Austausch von Verschlusssachen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf die Artikel 24 und 38,

auf Empfehlung des Vorsitzes,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Rat hat auf seiner Tagung vom 27. und 28. November 2003 beschlossen, den Vorsitz zu ermächtigen, mit Unterstützung des Generalsekretärs/Hohen Vertreters gemäß den Artikeln 24 und 38 des Vertrags über die Europäische Union Verhandlungen mit bestimmten Drittländern aufzunehmen, damit die Europäische Union mit jedem dieser Länder ein Abkommen über die Sicherheitsverfahren für den Austausch von Verschlusssachen schließen kann.

(2)

Der Vorsitz hat nach der Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen mit Unterstützung des Generalsekretärs/Hohen Vertreters ein Abkommen mit dem Königreich Norwegen über die Sicherheitsverfahren für den Austausch von Verschlusssachen ausgehandelt.

(3)

Das Abkommen sollte genehmigt werden —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Das Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Norwegen über die Sicherheitsverfahren für den Austausch von Verschlusssachen wird im Namen der Europäischen Union genehmigt.

Der Wortlaut des Abkommens ist diesem Beschluss beigefügt.

Artikel 2

Der Präsident des Rates wird ermächtigt, die Person zu bestellen, die befugt ist, das Abkommen rechtsverbindlich für die Europäische Union zu unterzeichnen.

Artikel 3

Dieser Beschluss wird am Tag seiner Annahme wirksam.

Artikel 4

Dieser Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Geschehen zu Brüssel am 26. Juli 2004.

Im Namen des Rates

Der Präsident

B. R. BOT


ABKOMMEN

zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Norwegen über die Sicherheitsverfahren für den Austausch von Verschlusssachen

DAS KÖNIGREICH NORWEGEN

einerseits und

DIE EUROPÄISCHE UNION,

nachstehend „EU“ genannt, vertreten durch den Vorsitz des Rates der Europäischen Union,

andererseits,

nachstehend „die Vertragsparteien“ genannt,

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

Artikel 1

Im Hinblick auf das Ziel der Vertragsparteien, ihre Sicherheit in allen ihren Formen zu stärken, findet dieses Abkommen Anwendung auf als Verschlusssachen eingestufte Informationen bzw. als Verschlusssache eingestuftes Material jedweder Form, die (das) von den Vertragsparteien bereitgestellt oder zwischen den Vertragsparteien ausgetauscht werden (wird).

Artikel 2

Im Sinne dieses Abkommens bezeichnet der Ausdruck „Verschlusssachen“ Informationen (d. h. Kenntnisse, die in irgendeiner Form übermittelt werden können) bzw. Material, in Bezug auf die (das) bestimmt wurde, dass sie (es) vor einer unbefugten Weitergabe geschützt werden müssen (muss) und die (das) durch eine VS-Einstufung als solche (solches) gekennzeichnet wurden (wurde) (nachstehend „Verschlusssachen“ genannt).

Artikel 3

Im Sinne dieses Abkommens bezeichnet der Ausdruck „EU“ den Rat der Europäischen Union (nachstehend „Rat“ genannt), den Generalsekretär/Hohen Vertreter und das Generalsekretariat des Rates sowie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften (nachstehend „Europäische Kommission“ genannt).

Artikel 4

Jede Vertragspartei verfährt wie folgt:

a)

Sie schützt und sichert Verschlusssachen im Sinne dieses Abkommens, die von der jeweils anderen Vertragspartei bereitgestellt oder im Rahmen eines Austausches zur Verfügung gestellt werden.

b)

Sie stellt sicher, dass Verschlusssachen im Sinne dieses Abkommens, die bereitgestellt oder ausgetauscht werden, den von der bereitstellenden Vertragspartei zugewiesenen Geheimhaltungsgrad beibehalten. Die empfangende Vertragspartei schützt und sichert die Verschlusssachen gemäß den Vorschriften, die in ihren eigenen Geheimschutzvorschriften für Informationen und Material mit einem entsprechenden Geheimhaltungsgrad vorgesehen sind, wie in den nach den Artikeln 11 und 12 zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen ausgeführt.

c)

Sie verwendet solche Verschlusssachen im Sinne dieses Abkommens nur für die vom Urheber bestimmten Zwecke und nur zu den Zwecken, zu denen die Informationen bereitgestellt oder ausgetauscht werden.

d)

Sie gibt solche Verschlusssachen im Sinne dieses Abkommens nicht ohne vorherige Zustimmung des Urhebers an Dritte oder an nicht in Artikel 3 genannte EU-Organe und -Einrichtungen weiter.

Artikel 5

(1)   Verschlusssachen können gemäß dem Grundsatz der Kontrolle durch den Urheber von einer Vertragspartei, „der bereitstellenden Vertragspartei“, gegenüber der anderen Vertragspartei, „der empfangenden Vertragspartei“, weiter- bzw. freigegeben werden.

(2)   Für die Freigabe gegenüber anderen Empfängern als den Vertragsparteien dieses Abkommens wird von der empfangenden Vertragspartei nach Zustimmung der bereitstellenden Vertragspartei gemäß dem Grundsatz der Kontrolle durch den Urheber — wie er in den Geheimschutzvorschriften der bereitstellenden Vertragspartei festgelegt ist — ein Beschluss über die Weiter- bzw. Freigabe von Verschlusssachen gefasst.

(3)   In Anwendung der Bestimmungen der Absätze 1 und 2 ist eine grundsätzliche Freigabe nicht zulässig, es sei denn, zwischen den Vertragsparteien wurden für bestimmte Kategorien von Informationen, die für ihre operativen Erfordernisse relevant sind, Verfahren festgelegt und vereinbart.

Artikel 6

Jede der Vertragsparteien und jede ihrer in Artikel 3 bestimmten Einrichtungen muss über eine Sicherheitsorganisation und Sicherheitsprogramme verfügen, die auf Sicherheitsgrundsätzen und -mindeststandards basieren, welche im Rahmen der nach den Artikeln 11 und 12 einzurichtenden Geheimschutzsysteme der Vertragsparteien umgesetzt werden, um die Anwendung eines gleichwertigen Geheimschutzstandards auf Verschlusssachen im Sinne dieses Abkommens sicherzustellen.

Artikel 7

(1)   Die Vertragsparteien stellen sicher, dass alle Personen, die in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit Zugang zu Verschlusssachen haben müssen, die im Rahmen dieses Abkommens bereitgestellt bzw. ausgetauscht werden, oder deren Tätigkeit oder Aufgaben Zugang zu solchen Verschlusssachen bieten kann, in angemessener Weise einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden, bevor ihnen Zugang zu solchen Informationen gewährt wird.

(2)   Die Verfahren der Sicherheitsüberprüfung dienen der Feststellung, ob einer Person in Anbetracht ihrer Loyalität, ihrer Vertrauenswürdigkeit und Verlässlichkeit Zugang zu Verschlusssachen gewährt werden kann.

Artikel 8

Die Vertragsparteien leisten sich gegenseitig Hilfe in Fragen des Schutzes von Verschlusssachen im Sinne dieses Abkommens sowie bei Fragen von gemeinsamem Sicherheitsinteresse. Die in Artikel 11 bestimmten Stellen führen gegenseitige Sicherheitskonsultationen und Besichtigungen durch, um die Wirksamkeit der gemäß den Artikeln 11 und 12 im Rahmen ihrer Zuständigkeit zu treffenden Geheimschutzvorkehrungen zu beurteilen.

Artikel 9

(1)   Im Sinne dieses Abkommens gilt Folgendes:

a)

für die EU:

Die gesamte Korrespondenz ist an den Rat zu richten, und zwar an folgende Adresse:

Rat der Europäischen Union

Chief Registry Officer

Rue de la Loi/Wetstraat 175

B-1048 Brüssel.

Der Chief Registry Officer des Rates leitet die gesamte Korrespondenz vorbehaltlich des Absatzes 2 an die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission weiter;

b)

für das Königreich Norwegen:

Die gesamte Korrespondenz ist an den Chief Registry Officer des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten Norwegens zu richten, und zwar über die Mission Norwegens bei der Europäischen Union an folgende Adresse:

Mission Norwegens bei der Europäischen Union

Registry Officer

Rue Archimède/Archimedesstraat 17

B-1000 Brüssel.

(2)   In Ausnahmefällen kann die Korrespondenz einer Vertragspartei, die lediglich speziell zuständigen Beamten, Einrichtungen oder Dienststellen dieser Vertragspartei zugänglich ist, aus operativen Gründen an einzelne zuständige Beamte, Einrichtungen oder Dienststellen der anderen Vertragspartei gerichtet werden, die speziell als Empfänger benannt sind, und lediglich diesen zugänglich sein, wobei deren Zuständigkeiten Rechnung zu tragen und nach dem Grundsatz „Kenntnis nur, wenn nötig“ zu verfahren ist. Für die EU wird diese Korrespondenz über den Chief Registry Officer des Rates übermittelt.

Artikel 10

Das norwegische Ministerium der Verteidigung und die Generalsekretäre des Rates und der Europäischen Kommission überwachen die Anwendung dieses Abkommens.

Artikel 11

Für die Anwendung dieses Abkommens gilt Folgendes:

1.

Die norwegische Nationale Sicherheitsbehörde, die im Namen der Regierung Norwegens und unter deren Aufsicht handelt, ist für die Schaffung von Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz und zur Sicherung von Verschlusssachen, die dem Königreich Norwegen im Rahmen dieses Abkommens bereitgestellt werden, verantwortlich.

2.

Das Sicherheitsbüro des Generalsekretariats des Rates, unter der Leitung und im Auftrag des Generalsekretärs des Rates, das im Namen des Rates und unter dessen Aufsicht handelt, ist für die Schaffung von Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz und zur Sicherung von Verschlusssachen, die im Rahmen dieses Abkommens der EU bereitgestellt werden, verantwortlich.

3.

Die Direktion Sicherheit der Europäischen Kommission, die im Namen der Europäischen Kommission und unter deren Aufsicht handelt, ist für die Schaffung von Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz von Verschlusssachen, die im Rahmen dieses Abkommens innerhalb der Europäischen Kommission und ihrer Räumlichkeiten bereitgestellt oder ausgetauscht werden, verantwortlich.

Artikel 12

Mit den Sicherheitsvorkehrungen, die nach Artikel 11 einvernehmlich zwischen den drei betreffenden Büros zu treffen sind, werden die Standards für die gegenseitige Gewährleistung des Geheimschutzes für Verschlusssachen im Sinne dieses Abkommens und die Verbindungsarbeit festgelegt. Der Sicherheitsausschuss des Rates billigt diese Standards im Namen der EU.

Artikel 13

Die in Artikel 11 bestimmten Stellen legen Verfahren fest, nach denen im Fall einer erwiesenen oder mutmaßlichen Kompromittierung von Verschlusssachen im Sinne dieses Abkommens vorzugehen ist.

Artikel 14

Vor der Bereitstellung von Verschlusssachen im Sinne dieses Abkommens zwischen den Vertragsparteien müssen die in Artikel 11 bestimmten für Sicherheit zuständigen Stellen übereinstimmend feststellen, dass die empfangende Vertragspartei in der Lage ist, Verschlusssachen im Sinne dieses Abkommens so zu schützen und zu sichern, dass damit den nach den Artikeln 11 und 12 zu treffenden Sicherheitsvorkehrungen entsprochen wird.

Artikel 15

Dieses Abkommen hindert die Vertragsparteien nicht, andere Übereinkünfte im Zusammenhang mit der Bereitstellung oder dem Austausch von Verschlusssachen im Sinne dieses Abkommens zu schließen, sofern diese nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen dieses Abkommens stehen.

Artikel 16

Alle Streitfragen zwischen der EU und dem Königreich Norwegen, die sich aus der Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens ergeben, werden durch Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien geregelt.

Artikel 17

(1)   Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des ersten Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die Vertragsparteien einander den Abschluss der hierfür erforderlichen innerstaatlichen Verfahren notifiziert haben.

(2)   Dieses Abkommen kann auf Antrag einer der beiden Vertragsparteien im Hinblick auf etwaige Änderungen überprüft werden.

(3)   Änderungen dieses Abkommens bedürfen stets der Schriftform und sind im Einvernehmen zwischen den Vertragsparteien vorzunehmen. Sie treten nach der gegenseitigen Notifizierung gemäß Absatz 1 in Kraft.

Artikel 18

Dieses Abkommen kann von einer Vertragspartei durch eine an die andere Vertragspartei gerichtete schriftliche Kündigung gekündigt werden. Die Kündigung wird sechs Monate nach ihrem Eingang bei der anderen Vertragspartei wirksam, berührt jedoch nicht die aufgrund des Abkommens bereits eingegangenen Verpflichtungen. Vor allem sind sämtliche nach Maßgabe dieses Abkommens bereitgestellten oder ausgetauschten Verschlusssachen auch weiterhin nach den Bestimmungen dieses Abkommens zu schützen.

ZU URKUND DESSEN haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Abkommen unterschrieben.

Geschehen zu Brüssel am 22. November 2004 in zwei Urschriften, jede in englischer Sprache.

Für das Königreich Norwegen

Image

Für die Europäische Union

Image