25.9.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 300/48


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 19. Mai 2004

über die Genehmigung des Inverkehrbringens von Süßmais aus der genetisch veränderten Maissorte Bt11 als neuartiges Lebensmittel oder neuartige Lebensmittelzutat gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 1865)

(Nur der niederländische Text ist verbindlich)

(2004/657/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (1) (im Weiteren „die Verordnung“), insbesondere auf Artikel 7,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 22. April 1998 wurde eine Genehmigung zum Inverkehrbringen von Maiskörnern der genetisch veränderten Sorte Bt11 zur Verfütterung, Verarbeitung und Einfuhr (2) erteilt, in Übereinstimmung mit der Richtlinie 90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (3).

(2)

Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die aus dem ursprünglichen Transformanten Bt11 sowie aus hieraus abgeleiteten Inzucht- und Hybridlinien gewonnen werden und die eingeführten Gene enthalten, können nach einer Mitteilung (4) gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 in der Gemeinschaft in Verkehr gebracht werden.

(3)

Am 11. Februar 1999 stellte Novartis (mittlerweile Syngenta) bei den zuständigen Behörden der Niederlande einen Antrag auf Genehmigung des Inverkehrbringens von Süßmais aus der genetisch veränderten Sorte Bt11 als neuartiges Lebensmittel oder als neuartige Lebensmittelzutat.

(4)

In ihrem Bericht vom 12. Mai 2000 über die Erstprüfung kam die zuständige niederländische Stelle für Lebensmittelbewertung zu dem Schluss, dass Bt11-Süßmais so sicher wie konventioneller Süßmais sei.

(5)

Die Kommission leitete den Bericht über die Erstprüfung am 15. Juni an alle Mitgliedstaaten weiter. Innerhalb der in Artikel 6 Absatz 4 der Verordnung festgelegten Frist von 60 Tagen wurden begründete Einwände gemäß der genannten Bestimmung erhoben.

(6)

Am 13. Dezember 2000 ersuchte die Kommission den Wissenschaftlichen Lebensmittelausschuss in Übereinstimmung mit Artikel 11 der Verordnung um eine Stellungnahme. Am 17. April 2002 erklärte der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss in seiner Stellungnahme, dass Bt11-Süßmais so sicher für den menschlichen Verzehr sei wie die entsprechende konventionelle Sorte. Diese Stellungnahme konzentriert sich, wie von der Kommission verlangt wurde, auf die Angelegenheiten, die in den Kommentaren der Behörden der Mitgliedstaaten aufgeworfen wurden, einschließlich Studien zur molekularen Charakterisierung und Toxizität. Die Bedenken, die in der Stellungnahme der „Agence française de sécurité sanitaire des aliments“ (AFSSA) vom 26. November 2003 erhoben wurden, bringen keine zusätzlichen neuen wissenschaftlichen Elemente zu der Erstprüfung von Süßmais Bt11.

(7)

Die vom Antragsteller vorgelegten Daten und die durchgeführte Sicherheitsprüfung folgte den Kriterien und Anforderungen in der Empfehlung der Kommission 618/97/EG (5) zu den wissenschaftlichen Aspekten und zur Darbietung von Anträgen gemäß der Verordnung über neuartige Lebensmittel. Die Methodologie, die für die Sicherheitsprüfung von Bt11 angewendet wurde, stimmt auch mit den neuen Richtlinien überein, die vom Wissenschaftlichen Lenkungsausschuss bezüglich der Prüfung von GVO, GV-Lebens- und GV-Futtermitteln erstellt wurden, sowie den Codex-Prinzipien und Richtlinien zu Lebensmitteln aus der Biotechnologie.

(8)

Artikel 46 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel (6) sieht vor, dass Anträge, die gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 vor dem Geltungsbeginn der genannten Verordnung gestellt wurden, ungeachtet von Artikel 38 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 nach der Verordnung (EG) Nr. 258/97 bearbeitet werden, sofern der zusätzliche Bewertungsbericht gemäß Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 vor dem Geltungsbeginn der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 an die Kommission weitergeleitet wurde.

(9)

Die Gemeinsame Forschungsstelle (GFS) der Europäischen Kommission hat, in Zusammenarbeit mit dem European Network of GMO Laboratories (ENGL), eine umfassende Validierungsstudie (Ringversuch) nach international anerkannten Leitlinien durchgeführt, um die Leistungsfähigkeit einer quantitativen ereignisspezifischen Methode zur Feststellung und Quantifizierung des Bt11-Transformationsereignisses bei Süßmais zu testen. Die validierte Methode wurde vom norwegischen Nationalen Veterinärinstitut und vom französischen INRA entwickelt. Die für die Studie benötigten Materialien (GV- und Nicht-GV-DNA sowie methodenspezifische Reagenzien) wurden von Syngenta bereitgestellt. Die GFS ist der Ansicht, dass die Leistungsfähigkeit der Methode für den vorgesehenen Einsatzzweck unter Berücksichtigung der von ENGL vorgeschlagenen Leistungskriterien für Methoden zur Überprüfung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sowie des derzeitigen wissenschaftlichen Verständnisses hinsichtlich zufrieden stellender Leistungsfähigkeit von Methoden angemessen ist. Sowohl die Methode als auch die Ergebnisse der Validierung wurden öffentlich verfügbar gemacht.

(10)

Referenzmaterial für Süßmais aus der genetisch veränderten Maissorte Bt11 wurde von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission hergestellt.

(11)

Süßmais aus der genetisch veränderten Maissorte Bt11 sowie Lebensmittel, die Süßmais aus der genetisch veränderten Maissorte Bt11 als Zutat enthalten, sind gemäß Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 zu kennzeichnen und unterliegen den Bestimmungen über die Rückverfolgbarkeit gemäß Verordnung (EG) Nr. 1830/2003 über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von genetisch veränderten Organismen und über die Rückverfolgbarkeit von aus genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln sowie zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG (7).

(12)

Informationen zur Identifizierung von Süßmais aus der genetisch veränderten Maissorte Bt11, einschließlich des validierten Nachweisverfahrens und des Referenzmaterials, die im Anhang zu dieser Entscheidung zu finden sind, werden im Register bereitgestellt werden, dass die Kommission gemäß Artikel 28 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 erstellen wird.

(13)

Die genetisch veränderte Maissorte Bt11 wurde gemäß Artikel 11 Absatz 1 und Artikel 20 Absatz 3 Buchstabe c) des Protokolls von Cartagena über die biologische Sicherheit zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt dem Biosafety Clearing-House mitgeteilt.

(14)

Der Ständige Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit hat keine befürwortende Stellungnahme abgegeben; die Kommission hat daher am 4. Februar 2004 dem Rat gemäß Artikel 13 Absatz 4 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 258/97 und gemäß Artikel 5 Absatz 4 des Beschlusses 1999/468/EG des Rates (8) einen Vorschlag vorgelegt; dem Rat stand danach eine Frist von drei Monaten zur Verfügung.

(15)

Der Rat hat innerhalb dieser Frist jedoch nicht gehandelt; dementsprechend sollte nunmehr die Kommission eine Entscheidung erlassen —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Süßmais aus der genetisch veränderten Maissorte Bt11 (nachstehend „das Produkt“) gemäß der Beschreibung und Spezifikation im Anhang darf in der Gemeinschaft als neuartiges Lebensmittel oder neuartige Lebensmittelzutat in Verkehr gebracht werden.

Artikel 2

Das Produkt ist gemäß den Kennzeichnungsvorschriften in Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 als „genetisch veränderter Süßmais“ zu kennzeichnen.

Artikel 3

Das Produkt und die im Anhang genannten Informationen werden in das Gemeinschaftsregister genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel eingetragen.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an Syngenta Seeds BV, Westeinde 62, 1600 AA Enkhuizen, Niederlande, stellvertretend für Syngenta Seeds AG, Schweiz, gerichtet. Sie gilt für einen Zeitraum von zehn Jahren.

Brüssel, 19. Mai 2004

Im Namen der Kommission

David BYRNE

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 43 vom 14.2.1997, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(2)  Entscheidung 98/292/EG der Kommission (ABl. L 131 vom 5.5.1998, S. 28).

(3)  ABl. L 117 vom 8.5.1990, S. 15. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/35/EG (ABl. L 169 vom 27.6.1997, S. 72).

(4)  ABl. C 181 vom 26.6.1999, S. 22.

(5)  ABl. L 253 vom 16.9.1997, S. 1.

(6)  ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 1.

(7)  ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 24.

(8)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.


ANHANG

Informationen, die in das Gemeinschaftsregister genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel aufzunehmen sind

a)   Zulassungsinhaber:

Name

:

Syngenta Seeds BV

Adresse

:

Westeinde 62, 1600 AA Enkhuizen, Niederlande

im Namen von

:

Syngenta Seeds AG, Schwarzwaldallee 215, CH-4058 Basel.

b)   Bezeichnung und Spezifikation des Produkts: Süßmais, frisch oder als Konserve, der durch traditionelle Kreuzung einer herkömmlichen Maissorte mit der genetisch modifizierten Maissorte Bt11 gewonnen wurde und Folgendes enthält:

eine Kopie des synthetischen Gens cryIA (b) des Bacillus thuringiensis, Unterart kurstaki, Stamm HD1, kontrolliert durch einen 35S-Promotor aus dem Blumenkohlmosaikvirus, einen IVS-6-Intron des Mais-alkoholdehydrogenasegens und der Nopalinsynthase-Terminatorsequenz von Agrobacterium tumefaciens, und

eine Kopie des aus Streptomyces viridochromogenes gewonnenen synthetischen pat-Gens, kontrolliert durch einen 35S-Promotor aus dem Blumenkohlmosaikvirus, einen IVS-2-Intron des Mais-alkoholdehydrogenasegens und der Nopalinsynthase-Terminatorsequenz von Agrobacterium tumefaciens.

c)   Kennzeichnung: „Genetisch veränderter Süßmais“.

d)   Nachweisverfahren:

Event specific real-time quantitative PCR based method for genetically modified Bt11 sweet maize, veröffentlicht in European Food Research and Techonolgy, Band 216/2003, S. 347-354.

Validiert von der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit dem European Network of GMO Laboratories (ENGL), veröffentlicht unter http://engl.jrc.it/crl/oj/bt11sm.pdf.

Referenzmaterial: IRMM-412R, hergestellt von der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der Europäischen Kommission.

e)   Spezifischer Marker: SYN-BT Ø11-1.

f)   Informationen gemäß Anhang II des Protokolls von Cartagena: Biosafety Clearing House, Record ID 1240

(siehe: http://bch.biodiv.org/Pilot/Record.aspx?RecordID=1240).

g)   Bedingungen oder Einschränkungen für das Inverkehrbringen des Produkts: Entfällt.

h)   Überwachung nach dem Inverkehrbringen:: Entfällt.