2004/284/EG: Entscheidung der Kommission vom 29. September 1999 zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen (Sache Nr. IV/M.1383 — Exxon/Mobil) (Text von Bedeutung für den EWR) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(1999) 3093)
Amtsblatt Nr. L 103 vom 07/04/2004 S. 0001 - 0136
Entscheidung der Kommission
vom 29. September 1999
zur Erklärung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen
(Sache Nr. IV/M.1383 - Exxon/Mobil)
(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(1999) 3093)
(Nur der englische Text ist verbindlich)
(Text von Bedeutung für den EWR)
(2004/284/EG)
DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 57,
gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen(1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1310/97(2), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 2,
im Hinblick auf den Beschluss der Kommission vom 9. Juni 1999 über die Einleitung eines Verfahrens in dieser Sache,
nachdem den beteiligten Unternehmen die Möglichkeit einer Stellungnahme zu den Beschwerdepunkten der Kommission eingeräumt wurde,
gestützt auf die Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für Unternehmenszusammenschlüsse(3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Am 3. Mai 1999 wurde bei der Kommission ein Zusammenschlussvorhaben angemeldet, dem zufolge die US-amerikanischen Unternehmen Exxon Corporation und Mobil Corporation ihre Aktivitäten weltweit zusammenlegen wollen.
(2) Am 2. Juni 1999 teilte das Vereinigte Königreich der Kommission gemäß Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe b) der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 (nachstehend "Fusionskontrollverordnung") mit, dass der Zusammenschluss nach Ansicht der britischen Regierung den Wettbewerb im Kraftstoffeinzelhandel in Nordwestschottland beeinträchtigt. Am 26. Juli 1999 erging eine Mitteilung von Beschwerdepunkten, in der die Kommission u.a. Bedenken im Hinblick auf den Wettbewerb im Kraftstoffeinzelhandel im gesamten Königreich äußerte. Am 10. August 1999 ließ die Kommission das Vereinigte Königreich wissen, dass unter den gegebenen Umständen und gemäß Artikel 9 Absatz 4 Buchstabe c) der Fusionskontrollverordnung kein Anlass zur Verweisung des Falles an die britischen Wettbewerbsbehörden besteht.
(3) Mit Beschluss vom 9. Juni 1999 stellte die Kommission fest, dass der gemeldete Zusammenschluss ernsthafte Zweifel hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt aufwirft, und leitete ein Verfahren nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c) der Fusionskontrollverordnung in dieser Sache ein.
I. DIE PARTEIEN UND DER GEPLANTE ZUSAMMENSCHLUSS
(4) Exxon Corporation ("Exxon") ist ein Mischkonzern, der weltweit auf den folgenden Gebieten tätig ist: Exploration, Erschließung, Förderung und Vermarktung von Rohöl und Erdgas; Verarbeitung und Vermarktung von Erdölfertigprodukten, Entwicklung, Herstellung und Vertrieb verschiedener chemischer Erzeugnisse; Förderung und Vermarktung von Kohle und Mineralien sowie Energieerzeugung. Mobil Corporation ("Mobil") ist ein Mischkonzern, der weltweit auf den folgenden Gebieten tätig ist: Exploration, Erschließung, Förderung und Vermarktung von Rohöl und Erdgas; Verarbeitung und Vermarktung von Erdölfertigprodukten sowie Entwicklung, Herstellung und Vertrieb verschiedener chemischer Erzeugnisse; Mobil und British Petroleum ("BP") haben ihre gesamten Verarbeitungs- und Vertriebsaktivitäten in Europa in dem gemeinsam kontrollierten Gemeinschaftsunternehmen BP/Mobil zusammengelegt(4).
(5) Diese Anmeldung betrifft einen vollständigen Zusammenschluss im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Fusionskontrollverordnung. Exxon und Mobil haben am 1. Dezember 1998 ein "Agreement and Plan of Merger" (Vereinbarung und Plan eines Zusammenschlusses) unterzeichnet. Nach diesem Abkommen fusioniert Mobil mit einer 100%igen Tochtergesellschaft von Exxon, wobei Mobil die übernehmende Gesellschaft ist. Im Ergebnis dessen wird Exxon 100 % der ausgegebenen und umlaufenden stimmberechtigten Wertpapiere von Mobil halten. Inhaber von Mobil-Stammaktien erhalten 1,32015 Anteile der Exxon-Stammaktien, die sie zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses halten. Den Anteilseignern von Exxon werden ungefähr 70 % des fusionierten Exxon-Mobil-Unternehmens gehören, den Anteilseignern von Mobil ca. 30 %.
II. GEMEINSCHAFTSWEITE BEDEUTUNG
(6) Da der gemeinsame weltweite Gesamtumsatz(5) der Parteien 5 Mrd. Euro (Exxon: 121 Milliarden; Mobil: 47 Milliarden) übersteigt, der gemeinschaftsweite Umsatz sowohl von Exxon als auch von Mobil über 250 Mio. Euro (Exxon: [...]*(6) Milliarden; Mobil: [...]* Milliarden) liegt und weder Exxon noch Mobil mehr als zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat erzielen, hat dieser Zusammenschluss gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Fusionskontrollverordnung gemeinschaftsweite Bedeutung. Da der Umsatz von Exxon und Mobil im EFTA-Gebiet jeweils 250 Mio. Euro (Exxon: [...]* Milliarden; Mobil: [...]* Milliarden) überschreitet, handelt es sich für die EFTA um den Kooperationstatbestand.
III. WETTBEWERBSRECHTLICHE WÜRDIGUNG
(7) Im Allgemeinen wird die Mineralölindustrie in den vorgelagerten Öl- und Gassektor (d. h. Exploration und Erschließung von Erdöl- und Erdgaslagerstätten sowie Förderung von Rohöl und Erdgas), den nachgelagerten Sektor (d. h. Raffination und Vermarktung von Brennstoffen, Vertrieb von Erdgas, Herstellung von Schmierstoffen) und diverse petrochemische Aktivitäten unterteilt.
(8) Der Zusammenschluss gibt keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken in den Märkten Exploration, Erschließung und Förderung von Erdöl und Erdgas sowie bei diversen petrochemischen Aktivitäten, wo es zu Überlappungen in der Tätigkeit der Parteien kommt. Beide Parteien sind auf dem Gebiet der Exploration, Erschließung und Förderung von Erdöl und Erdgas tätig, und die Kommission hat in ihrer Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c ernsthafte Zweifel hinsichtlich dieser Märkte geäußert. In der gleichen Entscheidung hat die Kommission ferner ernsthafte Zweifel in bezug auf den Markt "Gasverfluessigung" zum Ausdruck gebracht. Dennoch gibt es aus den in den nachfolgenden Abschnitten A und B benannten Gründen keinen Anlas zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken in den genannten Märkten.
(9) Aus den nachfolgend genannten Gründen würde der Zusammenschluss zur Schaffung oder Festigung einer marktbeherrschenden Stellung auf den folgenden Märkten führen:
- Erdgasfernversorgung in den Niederlanden (Abschnitt C)
- Überregionale Erdgasfernversorgung in Deutschland (Abschnitt C)
- Untertagespeicheranlagen für Erdgas in Süddeutschland (Abschnitt C)
- Grundöle der Gruppe I im EWR (Abschnitt D)
- Kraftstoffeinzelhandel in Österreich, Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden und im Vereinigten Königreich (Abschnitt E)
- Kraftstoffeinzelhandel an den gebührenpflichtigen Autobahnen in Frankreich (Abschnitt E)
- Flugschmierstoffe weltweit (Abschnitt F)
- Flugkraftstoffe auf dem Flughafen Gatwick (Abschnitt G) A.
A. EXPLORATION, ERSCHLIESSUNG UND FÖRDERUNG
(10) Im vorgelagerten Bereich lassen sich drei Typen von Geschäftstätigkeiten unterscheiden: Suche nach neuen Vorkommen, Erschließung und kommerzielle Ausbeutung der Vorkommen. Die Suche nach neuen Lagerstätten wird im allgemeinen als "Exploration" bezeichnet. Die Erschließung betrifft die Errichtung einer angemessenen Infrastruktur für die künftige Produktion (Ölplattformen, Leitungen (Pipelines), Terminals usw.). Die Ausbeutung von Vorkommen wird "Förderung und Absatz" genannt. Bisher stellte die Kommission in ihren Entscheidungen über angemeldete Zusammenschlüsse(7) hauptsächlich auf deren Auswirkungen auf den Bereich Förderung und Absatz ab.
(11) Exploration und Erschließung von Lagerstätten sind zeit- und kapitalintensiv und umfassen verschiedene Stufen. Als erstes vergeben Länder, die annehmen, dass auf ihrem Staatsgebiet Kohlenwasserstoffvorkommen entdeckt werden könnten (im folgenden "Aufnahmeländer" genannt) Explorationslizenzen. Die Vergabe kann sehr unterschiedliche Formen annehmen - von öffentlichen Versteigerungen wie in den USA bis hin zu Fällen, in denen der Kreis der Bieter vom Aufnahmeland im voraus bestimmt wird. Diese Vorauswahl kann in unterschiedlichem Maße durch Faktoren wie technische Kapazität, Finanzkraft und andere (Lobbytätigkeit, kulturelle Affinitäten usw.) bedingt sein.
(12) Häufig geben Unternehmen gemeinsame Angebote ab, um das Risiko zu streuen oder komplementäre Fähigkeiten zusammenzubringen. Unter Umständen kann das Aufnahmeland verlangen, dass sich bestimmte Anbieter zusammenschließen, um das Explorationsrecht zu erhalten. Das Aufnahmeland kann auch verlangen, dass seine nationale(n) Ölgesellschaft(en) einen Anteil an jeder Entdeckung erhält (erhalten), die in dem Block, für den das Explorationsrecht vergeben wird (Konzessionsgebiet), gemacht wird. Bei gemeinschaftlicher Übertragung des Explorationsrechts auf mehrere Unternehmen wird ein Betreiber für das Konzessionsgebiet benannt. Dessen Aufgabe ist es, die technischen und finanziellen Aspekte der Explorationsarbeiten und möglichst auch der Erschließungs- und Förderstufen des Vorhabens abzuwickeln. Die meisten wichtigen Entscheidungen setzen Einstimmigkeit aller an dem Vorhaben beteiligten Unternehmen voraus.
(13) Zwischen der Vergabe eines Explorationsrechts und der tatsächlichen Förderung liegen in der Regel zwischen 5 und 15 Jahre. Bei Vorhaben in "Grenzfeldern" ("frontier areas") können die Explorations- und Erschließungskosten an die Größenordnung von 7 Mrd. EUR heranreichen. Die Gesamtkosten dieser Phase entfallen in der Regel zu etwa 15 % auf die Exploration und zu 85 % auf die Erschließung.
(14) Zu erwähnen ist auch, dass bei Beginn der Förderung in einem neuen Feld die Infrastruktur ausgebaut werden muss. Diese umfasst insbesondere Ölplattformen, Pipelines und Terminals. Kleinere Felder, deren Erschließung als solche allein nicht wirtschaftlich wäre, können danach durch Inanspruchnahme der für ein großes Feld geschaffenen Infrastruktur ausgebeutet werden. Derartige kleinere Felder werden zuweilen "Satellitenfelder" genannt. Die Exploration in der Nordsee ging in der Regel nach diesem Prinzip vor sich.
SACHLICH RELEVANTE MÄRKTE
(15) Häufig wird vorgebracht, Exploration, Erschließung, Förderung und Absatz seien zu eng miteinander verknüpft, als dass mehr als ein einziger Produktmarkt (sachlich relevanter Markt) abgegrenzt werden könnte. Jedoch finden sich Argumente dafür, dass die Exploration einen getrennten Produktmarkt darstellt. So kann darauf verwiesen werden, dass ein explorierendes Unternehmen zwei Arten von Kunden hat: das Aufnahmeland, demgegenüber es sich im allgemeinen verpflichtet hat, im Falle des Fündigwerdens eine zukünftige Einnahmenquelle zu liefern; und andere, Öl und Gas fördernde und absetzende Unternehmen, die das erste Unternehmen aufkaufen oder sich an der Erschließung und Förderung beteiligen können. Die Übertragung von Rechten an Konzessionsgebieten ist eine in der Branche weit verbreitete Praxis.
(16) Da zu Beginn der Exploration nicht bekannt ist, welche Vorkommen unter der Erde liegen, hält es die Kommission nicht für gerechtfertigt, zwischen Öl- und Erdgasexploration zu unterscheiden. Da Erdgas und Rohöl unterschiedlich genutzt werden und auch die Preisbestimmungen und Kostenzwänge unterschiedlich sind, hielt es die Kommission zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens für angemessen, einen relevanten Produktmarkt für Erschließung, Förderung und Absatz von Rohöl und einen entsprechenden Produktmarkt für Erdgas zu unterscheiden.
(17) Die Parteien bestreiten, dass es einen Explorationsmarkt gebe, da dieser hierfür viel zu eng mit den folgenden Stufen des Förderprozesses verknüpft sei. Wie im Abschnitt über die Wettbewerbsfolgen des Fusionsvorhabens noch ausgeführt wird, ist es zur Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen Folgen des angemeldeten Zusammenschlusses nicht erforderlich, die relevanten Produktmärkte gemäß den verschiedenen Stadien von Exploration, Erschließung, Förderung und Absatz sowohl von Rohöl als auch von Erdgas genau abzugrenzen.
RÄUMLICH RELEVANTE MÄRKTE
(18) Die Kommission gelangte zu der Schlussfolgerung, dass der Explorationsmarkt einen globalen Charakter hat. Ferner stimmt sie mit den Parteien dahingehend überein, dass aus europäischer Nachfragesicht der räumlich relevante Markt für die Erschließung, Förderung und den Absatz von Rohöl der Weltmarkt ist und bei Erdgas wahrscheinlich den EWR, Algerien und Russland umfasst.
(19) Die Kommission untersuchte, ob kleinere räumliche Gebiete relevante Märkte darstellen könnten. Einige Gasabnehmer differenzieren aus Gründen der Versorgungssicherheit bei ihrer Bezugspolitik entsprechend den zu erwartenden politischen Risiken und deren Einfluss auf eine zuverlässige Versorgung bei den russischen und algerischen Lieferungen nach der Herkunft des Gases (etwa 17 % des Erdgases, mit dem Westeuropa versorgt wird, stammte aus Russland, etwa 12 % aus Algerien). Anschaulichstes Beispiel hierfür ist die spanische Rechtsvorschrift, nach der höchstens 60 % der Erdgasnachfrage durch ein und dasselbe Land gedeckt werden dürfen. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass eine Preiserhöhung für im EWR gefördertes Erdgas nicht durch eine leichte Erhöhung des Anteils des aus Russland und Algerien bezogenen Gases vereitelt würde. Auf jeden Fall kann die genaue Abgrenzung des räumlich relevanten Marktes unterbleiben, da das Ergebnis der wettbewerbsrechtlichen Würdigung hiervon nicht abhängt.
MARKTAKTEURE
(20) Die Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit in Exploration, Erschließung, Förderung und Absatz von Erdöl und Erdgas besteht, werden traditionell in drei Kategorien eingeteilt, die sich nach Profil, strategischen Zielen und zukünftigen Explorations- und Erschließungsfähigkeiten unterscheiden: i) in Staatsbesitz befindliche Unternehmen (hauptsächlich OPEC-Unternehmen, daneben einige Unternehmen von OECD-Ländern wie Statoil); ii) die "Majors", also vertikale Ölkonzerne mit internationaler Geschäftstätigkeit; und iii) eine Vielzahl von erheblich kleineren Ölgesellschaften, bei denen es sich zumeist um auf der Explorations- oder Förderungsstufe tätige nicht integrierte Unternehmen handelt.
(21) Die von der Kommission erhobenen wettbewerbsrechtlichen Bedenken bezogen sich hauptsächlich darauf, dass der angemeldete Zusammenschluss wie auch die von BP Amoco und Arco bekannt gegebenen Absichten zum Entstehen einer von allen anderen Unternehmen der Branche abgehobenen (vierten) Kategorie von Akteuren in den Bereichen Exploration und Erschließung führen könnte. In dieser Gruppe der "Super-Majors" wären Exxon-Mobil, BP Amoco-Arco und Shell vertreten.
MARKTPOSITION DER PARTEIEN
Exploration
(22) Einen allgemein verfügbaren oder akzeptierten Indikator für Marktmacht auf der Explorationsstufe gibt es nicht. Marktmacht könnte sich anhand verschiedener Faktoren messen lassen, wie zum Beispiel der Anzahl der Blocks (Konzessionsgebiete), für die Explorationsrechte gewährt wurden, Anzahl von Blocks, deren Betreiber ein bestimmtes Unternehmen ist, anteilsmäßige Ausdehnung des Blocks, Gesamtausdehnung des Blocks, für die ein bestimmtes Unternehmen die Betreiberfunktion innehat, Investitionsausgaben für die Exploration usw. Näherungswerte, die auf der Anzahl der Blocks oder der Ausdehnung der Konzessionsgebiete basieren, werden allgemein nicht als zuverlässig angesehen, da sie stark unterschiedliche Situationen kennzeichnen können.
(23) Geht man von den Aufwendungen für Investitionen aus, so würden auf Exxon-Mobil, BP Amoco-Arco und Shell insgesamt - bei im großen und ganzen gleich großen Anteilen - zwischen 30 und 40 % der für 1999 veranschlagten Ausgaben für die Stufen Exploration, Erschließung und Förderung entfallen. Der nächstgrößere Akteur wäre nur ein Drittel so groß, wie es die drei Hauptakteure im Durchschnitt wären.
(24) Die Parteien bestreiten die Tauglichkeit dieser Meßmethode für die Marktmacht und verweisen auf folgendes: Erstens seien die Investitionsausgaben je nach explorierten Lagerstätten unterschiedlich hoch. Damit werde der Marktanteil nationaler Ölgesellschaften in OPEC-Gebieten mit niedrigen Kosten zu gering angesetzt. Zweitens entsprächen die Aufwendungen für Investitionen häufig nicht dem Besitzanteil an den Explorationsrechten oder an der Fördermenge. Dies liege daran, dass Staatsunternehmen häufig nur einen Anteil bezahlen, der gegenüber ihrer Beteiligung an den Rechten oder dem ihnen zukommenden Anteil am geförderten Rohöl unterproportional ist. Drittens umfassten die Investitionskosten häufig Ausgaben für Investitionen wie Gasverfluessigung und Infrastruktur und nicht nur Aufwendungen für Exploration.
(25) Eine andere Möglichkeit zur Messung von Marktmacht besteht darin, den Anteil dieser Unternehmen an der zu erwartenden Gesamtförderung zu berechnen (da das, was zur Zeit an Exploration und Erwerb von Rechten Dritter geschieht, sich in zukünftige Förderung umsetzen wird). Aufgrund entsprechender Marktuntersuchungen lässt sich der Gesamtmarktanteil der drei "Super-Majors" an der Ölförderung außerhalb der OPEC für die Zeit in etwa 10 Jahren wiederum auf etwa 30 bis 40 % veranschlagen.
Förderung und Absatz
(26) Auf Exxon und Mobil würden 1998 zusammen [0-10]* % der Weltrohölförderung und [10-20]* % der europäischen Erdgasförderung entfallen. Für das fusionierte Unternehmen BP Amoco - Arco wären dies 3,7 % bzw. 8,4 % und für Shell 3,3 % bzw. 13,9 %. Die entsprechenden Werte haben sich im Laufe der Jahre nicht substantiell geändert. Von den im EWR insgesamt geförderten Erdgas entfallen auf die drei "Super-Majors" [30-40]* %. Bei dem im EWR verbrauchten Erdgas liegt der Anteil der drei "Super-Majors" unter [20-30]* %.
(27) Die Branche verweist häufig auf nachgewiesene Vorkommen als Hilfsgröße zur Messung der Marktmacht. Auf die Parteien würden danach etwa [0-10]* % der weltweit nachgewiesenen Ölvorkommen und [10-20]* % der in Europa nachgewiesenen Erdgasvorkommen entfallen. Die Parteien bringen jedoch vor, nachgewiesene Vorkommen seien kein relevanter Indikator für die zukünftige Förderung. Die nachgewiesenen Vorkommen haben, so wie sie von den Ölgesellschaften beziffert werden, lediglich eine Vorratsfunktion, und private Ölgesellschaften trachten wie jedes andere Privatunternehmen danach, ihre Vorräte so niedrig wie möglich zu halten. Mit den nachgewiesenen Vorkommen zeigt ein Unternehmen an, dass es in der Lage ist (oder eben nicht in der Lage ist), die absehbare Erschöpfung vorhandener Ölfelder aufzufangen und sich auf dem Markt zu behaupten. Allerdings müssen die nationalen Gesellschaften weitere Ausgaben für Exploration und Erschließung gegenüber ihren Aktionären nicht rechtfertigen, da diese von den nationalen Vorkommen profitieren, die in der Regel bei weitem über ihren Bedarf hinausreichen. Dieser Indikator verzerrt somit das Bild nach oben zugunsten der nationalen Gesellschaften.
(28) Zur Zeit und für die absehbare Zukunft besitzen die OPEC-Unternehmen zusammen eine erhebliche Marktmacht bei der Rohölförderung. Sie kontrollieren einen beachtlichen Teil an der Förderung und der nachgewiesenen Vorkommen (ca. 40 % bzw. 75 %, wobei die saudischen Vorkommen mehr als ein Drittel der gesamten OPEC-Vorkommen ausmachen). Die OPEC ist in der Vergangenheit in verschiedenen Fällen in der Lage gewesen, den Rohölpreis bis zu einem bestimmten Grad zu beeinflussen(8).
(29) Auf Gazprom (17 %) und Sonatrach (11 %), die russische bzw. algerische nationale Ölgesellschaft, entfallen ca. 30 % des im EWR verkauften Erdgases, und ihre Vorkommen machen 88 % (Gazprom 81,5 %) der gesamten nachgewiesenen Vorkommen aus, die im EWR abgesetzt werden können.
AUSWIRKUNGEN DES GEPLANTEN ZUSAMMENSCHLUSSES AUF DEN WETTBEWERB
(30) In bezug auf die Auswirkungen auf den Wettbewerb auf den Märkten für Exploration, Erschließung, Förderung und Absatz von Rohöl und Erdgas erhob die Kommission folgende ernsthafte Bedenken: Zusammen mit der Fusion von BP Amoco und Arco könnte die angemeldete Unternehmensübernahme zum Entstehen einer vierten Kategorie von Wettbewerbern in der Branche führen, der Exxon-Mobil, BP Amoco-Arco und Shell angehören würden. Von welchem Parameter auch immer ausgegangen wird (Börsenwert, Öl- und Gasförderung, nachgewiesene Vorkommen usw.), zwischen diesen drei "Super-Majors" und den noch verbleibenden kleineren "Majors" bestuende dann ein beträchtlicher Abstand.
(31) Es wurden Überlegungen darüber angestellt, ob sich die drei "Super-Majors" in Zukunft möglicherweise gegenüber anderen Marktakteuren in einer privilegierten Lage befinden, um neue wichtige Vorkommen zu finden und zu erschließen. Dies könnte durch ihre größere Finanzkraft bewirkt werden, durch die sie größere Risiken eingehen können. Die anderen Konkurrenten dagegen hätten bei der Wahl der Gebiete, in denen sie tätig werden wollen, sehr vorsichtig vorzugehen. Da sie keinen genau so guten Zugang zu Finanzierungsquellen besitzen und Risiken nicht in demselben Maße streuen können, müssten kleinere Unternehmen, die weiter große Vorkommen erschließen möchten, zu kleineren Partnern der Super-Majors werden, um deren Ressourcen in Anspruch nehmen zu können. Die einzige Alternative bestuende darin, Nischenakteur zu werden, der sich auf die Exploration konzentriert. Dies kann dazu führen, dass die Super-Majors den Zugang anderer Explorationsunternehmen zu den neuen "Grenzfeldern" auf zweierlei Weise kontrollieren, einmal zum Zeitpunkt der Gewährung der ersten Explorationsrechte, ein anderes Mal im Hinblick auf weitere, in der Nähe gelegene Konzessionsgebiete, da die Super-Majors inzwischen die notwendige Infrastruktur errichtet haben.
(32) Da zwischen den ersten Explorationsstufen und dem Förderbeginn meist 5 bis 15 Jahre liegen, könnte dies im Rahmen des beschriebenen Szenarios bedeuten, dass in zehn Jahren neue Vorkommen und Förderstätten außerhalb des OPEC-Einflusses in erheblichem Maße von den "Super-Majors" beherrscht würden.
(33) Dies könnte die Förder- und Absatzmärkte auf folgende Weise beeinträchtigen. Der Wettbewerbsdruck, durch den die Fähigkeit der OPEC, als Kartell aufzutreten, eingeschränkt wird, würde nachlassen. Die drei Unternehmen hätten die gleiche Interessenlage wie die OPEC und würden ihre Entscheidungen wahrscheinlich nach den OPEC-Entscheidungen ausrichten, indem sie die Fördermenge auf ein bestimmtes Niveau begrenzen, ohne befürchten zu müssen, dass andere Unternehmen dies ausnutzen. Dadurch würde sich die beherrschende Stellung der OPEC auf dem Rohölmarkt weiter stärken, da eine Oligopolstruktur aus OPEC und den drei "Super-Majors" entstuende, die Anreize zur Ausrichtung an der kommerziellen Strategie der OPEC bietet. Die OPEC wäre dann in der Lage, die Preise bis zu der Schwelle, ab der neue Explorationsprojekte lohnend würden, zu erhöhen und auf diesem Niveau zu halten.
(34) Auf der Grundlage dieser Überlegungen gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit des geplanten Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und der Funktionsweise des EWR-Abkommens bestuenden und dass daher weitere, vertiefte Untersuchungen notwendig seien.
(35) Die Parteien bestritten, dass die ernsthaften Bedenken der Kommission gerechtfertigt seien und stützen sich dabei vorwiegend auf zwei Gründe. Erstens stuenden die "Super-Majors" nach wie vor im Wettbewerb mit kleineren Ölgesellschaften. Zweitens kontrollierten die Aufnahmeländer die Öl- und Gasförderung und seien keinesfalls an einer Begrenzung der Förderung durch die Ölgesellschaften interessiert.
(36) Wie Nachforschungen auf dem Markt ergaben, sind kleinere Explorationsunternehmen offenbar nicht der Ansicht, dass das Entstehen einer neuen Kategorie von Super-Majors ihre Position bedrohen würde. Wegen ihrer Unternehmensgröße würden sie nicht um dieselbe Art von Explorationsrechten konkurrieren und beim Absatz ihres Öles nicht von den größeren Explorationsunternehmen abhängen. Auch würden Majors wie Chevron, Texaco, Elf oder Total nichts von ihrer Fähigkeit einbüßen, weltweit Felder zu explorieren und zu erschließen. Die Parteien lieferten zahlreiche Beispiele dafür, dass diese Majors in den verschiedensten Teilen der Welt derzeit an Vorhaben beteiligt sind.
(37) Zweitens bestätigten die Untersuchungen, dass die Konzessionsverträge zwischen Staaten und Explorations- und Fördergesellschaften diesen eine Begrenzung ihrer Fördermengen in der Regel untersagen (und eine solche Entscheidung dem Ermessen der Regierung überlassen).
(38) Im Hinblick auf Erdgas ist es unwahrscheinlich, dass die Parteien zusammen mit den anderen Super-Majors die EWR-Förderung kontrollieren und damit den Wettbewerb beeinträchtigen könnten. Selbst wenn ein solcher Markt bestuende (in Anbetracht der politischen Risiken, die in bezug auf die Gasförderung in Russland und Algerien gesehen werden mögen), lässt sich keine kollektiv marktbeherrschende Stellung der "Super-Majors" behaupten, denn das norwegische Gas besitzt eine sehr starke Stellung. Hinzu kommt, dass die Erdgasproduzenten einer sehr konzentrierten Nachfrage gegenüberstehen, die von großen nationalen Ferngasgesellschaften wie SNAM (Italien) oder Transgas (Portugal) ausgeht.
(39) Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass der geplante Zusammenschluss nicht zum Entstehen oder zur Stärkung einer beherrschenden Stellung auf den Märkten für Exploration, Erschließung, Förderung und Absatz von Rohöl und Erdgas führen wird.
B. TECHNOLOGIE DER GASVERFLÜSSIGUNG
(40) In ihrer Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c) brachte die Kommission ihre ernsthaften Bedenken darüber zum Ausdruck, dass der angemeldete Firmenzusammenschluss zu einer beherrschenden Position auf dem Gebiet der Technologie der Gasverfluessigung führt.
(41) Die Technologie der Gasverfluessigung ("GTL") ist ein Verfahren zur Umwandlung von Erdgas in Kraftstoff-/Brennstoff-Fertigprodukte. Das GTL-Verfahren ermöglicht die Umwandlung von Erdgas in eine fluessige Form am Explorations- und Förderort und erleichtert somit die kommerzielle Erschließung von Gasvorkommen wie auch den Transport von Erdgas aus entfernteren Regionen, die mit Pipelines nicht erreichbar sind. Ferner entstehen bei dem Verfahren Produkte mit einem hohen Reinheitsgrad.
(42) Gegenwärtig lassen sich mit dem GTL-Verfahren keine wirtschaftlichen Substitutionsprodukte für herkömmliche Raffinationserzeugnisse herstellen. Aufgrund des hohen Reinheitsgrades und der Molekülanordnung der beim GTL-Verfahren erzeugten Stoffe ist mit einer Nachfrage vorrangig aus der Schmierstoff- und petrochemischen Industrie zu rechnen. Später könnten auch die Hersteller anderer Erdölprodukte Bedarf an den Produkten des Verfahrens anmelden.
(43) Gegenwärtig werden zwei GTL-Verfahren angewandt, das Fischer-Tropsch-Verfahren ("F-T") und das Methanol-Verfahren, auch unter der Bezeichnung "MTG-Prozess" bekannt, die von Exxon bzw. Mobil entwickelt wurden. Untersuchungen auf dem Markt haben ergeben, dass Exxon die Mehrheit der Patente für das F-T-Verfahren entwickelt hat und in Besitz ausländischer und US-amerikanischer Patente ist, die im wesentlichen alle entscheidenden Schritte des Verfahrens betreffen. Aus Branchenquellen geht hervor, dass [...]*.
(44) Andere Öl- und Gasgesellschaften besitzen in begrenztem Umfang Patente für eines der beiden Verfahren, manche auch für beide. Jedoch befindet sich keine dieser Gesellschaften in einer Position, dass sie Patente für alle wichtigen Schritte eines der beiden Verfahren besitzt.
(45) Die Position von Exxon und Mobil bei den Patenten hat gegenwärtig alternativen, jedoch keinen Substitutionscharakter. Nach dem erfolgten Zusammenschluss würde die starke patentrechtliche Position der Parteien potenzielle Neueinsteiger entmutigen. Schließlich würden die erheblichen finanziellen Ausgaben, die mit der Schaffung einer konkurrenzfähigen Position im Bereich des GTL-Verfahrens verbunden sind (gegenwärtig belaufen sich zum Beispiel die Kosten für die Errichtung einer F-T-Anlage auf [zwischen 1 und 3]* Mrd. USD), sowohl eine Expansion durch die etablierten Unternehmen als auch einen Zugang potentieller Konkurrenten verhindern.
(46) Auf die von der Kommission zum Ausdruck gebrachten ernsthaften Zweifel entgegneten die Parteien, dass das GTL-Verfahren keinen eigenständigen Markt darstellt und die Menge an Erdölprodukten, die mit Hilfe dieser Technologie in den nächsten zehn Jahren hergestellt werden könnte, im Vergleich zu den Mengen, die durch das herkömmliche Raffinationsverfahren entstehen, äußerst gering ist. Ferner betonten sie, dass andere Unternehmen in Besitz von Patenten sind, die ihnen eine Weiterentwicklung der Technologie ermöglichen.
(47) Die Kommission stimmt mit den Parteien überein, dass der angemeldete Zusammenschluss angesichts seiner unwesentlichen Auswirkungen auf die Märkte der Erdölprodukte nicht zur Schaffung einer beherrschenden Stellung führt, selbst unter der Annahme, dass die Parteien einen beträchtlichen Teil der GTL-Patente besitzen.
C. ERDGAS
EINLEITUNG
Beschreibung der "Gassäule"
(48) Das aus der Bohrung austretende Erdgas enthält Elemente, die entfernt werden müssen, bevor es Pipelinequalität erreicht. Dabei besteht es fast vollständig aus Methan und Ethan und kann in dieser Zusammensetzung in die Hochdruckpipelines eingepresst werden. Dieses Gas wird an die Ferngasgesellschaften verkauft, deren Abnehmer wiederum die Endverbraucher sind.
(49) Die Ferngasgesellschaften unterteilen sich in zwei Gruppen, die sogenannten überregionalen Ferngasgesellschaften und die sogenannten regionalen Ferngasgesellschaften. Die überregionalen Ferngasgesellschaften kaufen das Erdgas von den Gasproduzenten und transportieren es in Hochdruckpipelines über große Entfernungen. Sie verkaufen das Gas dann entweder an andere auf lokaler Ebene tätige Gasgesellschaften, d. h. die regionalen Ferngasgesellschaften, oder direkt an die Endverbraucher oder sie bieten in anderen Ländern ansässigen überregionalen Ferngasgesellschaften Transitleistungen für deren internationale Gasferntransporte an.
(50) Neben der Lieferung von Erdgas werden den Endverbrauchern auch die folgenden Leistungen angeboten:
- Der sogenannte "Swing": Von besonderer Bedeutung für die lokalen Verteilerunternehmen ist der Umstand, dass der Gasverbrauch nicht gleichmäßig über das Jahr verteilt ist, benötigen die von ihnen über Niederdruckleitungsnetze versorgten Haushalte für Heizzwecke im Winter doch sehr viel und im Sommer weit weniger Gas. Ein Schlüsselelement für die Ermöglichung des "Swing" ist der Zugang zu Lagermöglichkeiten, meist in Form von Untertagespeichern.
- Weitere Leistungen wie Qualitätskontrolle (Gewährleistung, dass das gelieferte Erdgas den vereinbarten Spezifikationen entspricht), Anpassung (Gewährleistung, dass das in die Pipelines eingespeiste Gas der benötigten Entnahme entspricht), Stützlieferungen (Abkommen mit anderen Großhändlern und/oder Produzenten, die mit dem eigenen Leitungsnetz verbunden sind, indem sie Lieferungen garantieren, falls eigene Lieferungen ausfallen) sowie Messleistungen.
(51) Die Endverbraucher können in drei Kategorien unterteilt werden: Energieerzeugungsunternehmen, (feste oder diskontinuierliche) Kunden aus der Industrie sowie lokale Verteilerunternehmen. Diese Kunden unterscheiden sich voneinander wie folgt:
(52) Die Preise, die von den verschiedenen Kategorien von Kunden gezahlt werden müssen, unterscheiden sich ganz erheblich voneinander, selbst dann, wenn sie den gleichen Gasbedarf haben. Dies ist so, weil die Preise traditionell auf dem Wert der Energiequelle beruhen, die für den Kunden als Alternative zur Verfügung steht ("Anlegbarkeitsprinzip"). Es handelt sich also um die alternative Energiequelle, auf die ein Kunde zurückgreifen könnte: Heizöl im Falle der Haushalte, Schweröl bei den industriellen Verbrauchern und bis zu einem gewissen Grade Atomenergie oder Kohle für Energieerzeugungsunternehmen.
(53) Bei der Versorgung der verschiedenen Kategorien von Kunden bestehen auch qualitative Unterschiede. So sei auf die Notwendigkeit des "Swing" im Falle von Lieferungen an lokale Verteilerunternehmen und den Unterschied zwischen Festabnehmern (ihre Gasversorgung kann nicht unterbrochen werden) und diskontinuierlichen industriellen Verbrauchern verwiesen. Diese Aspekte wirken sich auch auf den Preis aus.
(54) Den letzten Unterschied bildet der rechtliche Rahmen, der sich aus der Richtlinie 98/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt(9) (nachstehend: Erdgasbinnenmarktrichtlinie) und den nationalen Durchführungsbestimmungen (Liberalisierung) ergibt. Nach dieser Richtlinien müssen die Mitgliedstaaten ihre Märkte vor dem 10. August 2000 öffnen, so dass die Betreiber gasbefeuerter Stromerzeugungsanlagen unabhängig von ihrem Jahresverbrauch sowie Endverbraucher mit einem Jahresverbrauch von mehr als 25 Millionen Kubikmeter ("Mio. m3") je Verbrauchsstätte bis zu diesem Zeitpunkt in freier Entscheidung Verträge für die Lieferung von Erdgas abschließen können (sogenannte "zugelassene Kunden"). Die Gesamtöffnung des Marktes muss zunächst mindestens 20 % betragen, bis zum Jahre 2005 auf 28 % und bis 2010 auf 33 % ansteigen. Im Jahre 2005 wird der Schwellwert für zugelassene Kunden auf 15 Mio. m3 reduziert und im Jahre 2010 auf 5 Mio. m3.
(55) Im Hinblick auf die Organisation des Zugangs zu diesem System können die Mitgliedstaaten zwischen zwei Verfahren wählen, die nach objektiven, transparenten und nicht diskriminierenden Kriterien eingesetzt werden müssen. Das erste Verfahren betrifft den "Netzzugang auf Vertragsbasis", bei dem Erdgasgesellschaften und zugelassene Kunden freiwillige kommerzielle Vereinbarungen aushandeln. Im Rahmen dieses Verfahrens haben die entsprechenden Gasunternehmen die Nutzungsbedingungen ihres Systems vor dem 10.8.2001 zu veröffentlichen und nach diesem Termin einmal pro Jahr. Das zweite Verfahren betrifft den "geregelten Netzzugang". Hierbei müssen die Erdgasgesellschaften den Netzzugang auf der Grundlage veröffentlichter Tarife, die von einer zuständigen Behörde des Mitgliedstaates festgesetzt werden, gewähren.
(56) Die Richtlinie lässt eine wichtige bedingte Ausnahmeregelung zu: Die Kommission kann nämlich unter bestimmten Bedingungen akzeptieren, dass Erdgasunternehmen, denen wegen ihrer im Rahmen eines oder mehrerer Erdgaslieferverträge eingegangenen unbedingten Zahlungsverpflichtungen ernsthafte wirtschaftliche und finanzielle Schwierigkeiten entstehen, den Netzzugang verweigern können.
(57) In den Niederlanden geht der vor kurzem eingebrachte Vorschlag für ein neues Gasgesetz erheblich über die Mindestanforderungen der Erdgasbinnenmarktrichtlinie hinaus. Verbrauchern mit einem Jahresverbrauch von 10 Mio. m3 (entspricht 44 % des Jahresgesamtverbrauchs der Niederlande) steht schon heute frei, Erdgas zu kaufen. Ab dem 1. Januar 2002 wird Verbrauchern mit einem Jahresverbrauch zwischen 170000 m3 und 10 Mio. m3 dieses Recht eingeräumt. Des weiteren können alle Verbraucher (einschließlich Haushalte) ab Januar 2007 ihre Gasbezugsquelle frei wählen. Für Stromerzeugungsunternehmen ist keine spezielles Regime vorgeschrieben. Die Niederlande haben sich für den "Netzzugang auf Vertragsbasis" entschieden, und die Veröffentlichung der Tarife für den Netzzugang Dritter erfolgte durch Gasunie im August 1998.
(58) In Deutschland haben die Ferngasgesellschaften seit jeher in der jeweiligen Region eine Monopolstellung inne. Es wurden lediglich Vereinbarungen zur regionalen Abgrenzung abgeschlossen, d. h. Vereinbarungen darüber, im Gebiet des jeweils anderen Unternehmens nicht tätig zu werden. Seit dem 29. April 1998, dem Datum des Inkrafttretens des Energiewirtschaftsgesetzes, sind diese Praktiken verboten. Das Gesetz sieht vor, dass der deutsche Markt zu 100 % offen ist, d. h. alle Kunden sind "zugelassene Kunden". Des weiteren ist darin festgelegt, dass Gemeinden ihre öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen zur Verfügung zu stellen haben. Das neue Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen bestimmt zudem, dass die Netzbetreiber Dritten den Zugang zu ihren Netzen nicht ohne triftige, objektive Gründe verweigern dürfen. Im Falle der Verweigerung kann die Angelegenheit der Kartellbehörde vorgelegt oder direkt vor das Verwaltungsgericht gebracht werden. Seit Februar 1999 befinden sich die Industrieverbände in Verhandlungen über die sogenannte "Verbändevereinbarung Gas", in der die Kriterien, nach denen Dritte Zugang (auf Vertragsbasis) erhalten, festgelegt und indikative Preise angegeben werden sollen.
Vertraglicher Rahmen
(59) Die europäische Gasindustrie operiert auf der Grundlage von langfristigen vertraglichen Vereinbarungen zwischen Käufern und Verkäufern. Die Parteien haben darauf hingewiesen, dass die Gasproduzenten Langzeitverträge mit ihren Käufern abschließen mussten, um die finanziellen Mittel zu erwirtschaften, die für die Investitionen in die Förder- und Verteilungsinfrastruktur benötigt werden. In einem Erdgasfeld würde die Förderung erst aufgenommen, wenn ein Käufer (normalerweise eine oder mehrere nationale Ferngasgesellschaften) gefunden worden ist.
(60) Auf der Grundlage dieser Vereinbarungen würden auch Investitionen in die erforderliche Verteilungsinfrastruktur (Terminals und Pipelines) erfolgen. Die Verträge werden so rechtzeitig vor dem eigentlichen Förderbeginn abgeschlossen, dass die benötigte Infrastruktur gebaut werden kann. Im Gegenzug schließen die Ferngasgesellschaften Verträge mit ihren Kunden, wobei sie versuchen, über langfristige Verträge ein ausgeglichenes Gesamtkaufvolumen zu erreichen. In der Tat ist es den Ferngasgesellschaften in der Vergangenheit stets gelungen ist, Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen.
(61) Typische Merkmale dieser langfristigen Verträge sind die daran geknüpften unbedingten Zahlungsverpflichtungen für bestimmte Mengen. Charakteristisch ist, dass der Vertragspreis auf jeder Ebene als Nettopreis abzüglich einer vereinbarten Marge für den Kunden festgelegt wird. Ferner wird in einem solchen Vertrag auch eine Drei-Jahres-Preisöffnungsklausel vorgesehen, die eine Überprüfung des Preises ermöglicht, wenn auf dem Markt des Käufers eine wesentliche Änderung eingetreten ist (Wettbewerb zwischen lokalen Verteilerunternehmen, Änderung bei der Verfügbarkeit alternativ einsetzbarer Energien usw.). Darüber hinaus enthalten die Verträge eine Klausel zum Parallelverkauf, derzufolge der Käufer berechtigt ist, seine Übernahmeverpflichtungen um die Menge zu verringern, die der Verkäufer direkt im Territorium des Käufers verkauft. Die Gasunternehmen [d. h. die Käufer]* argumentieren, dass dies notwendig sei, um zu verhindern, dass die Produzenten ihr Gas zweimal verkaufen (einmal an die Ferngasgesellschaft und ein zweites Mal direkt an den Kunden der Ferngasgesellschaft). Andererseits stellen diese Vereinbarungen aber ein wichtiges Stabilitätselement in der Gasverteilungskette dar, da es eine gewisse Hierarchie zwischen Produzent - Ferngasgesellschaft - Endverbraucher aufrechterhält.
(62) Die Methode der Preisbildung mittels alternativer Energien, auf die die Kunden des Käufers zurückgreifen könnten, der sogenannte Marktwertgrundsatz, ist nach Ansicht der europäischen Gasunternehmen das Schlüsselelement, mit dem Aufbau und Erweiterung einer europäischen Gasinfrastruktur erklärt werden können, und gestattet den Verbrauchern zugleich, in den Vorzug wettbewerbsfähiger Preise zu gelangen. Die Erträge aus den Erdgasverkäufen auf diese Weise zu maximieren und die Akzeptanz des genannten Grundsatzes bei allen Akteuren des Erdgassektors zu wahren, ist folglich ein Schlüsselanliegen für die am Markt tätigen Gasbetreibergesellschaften.
(63) [...]*
Kurzer Überblick über die Gassäule in den Niederlanden und Deutschland
(64) Die Niederlande sind eines der größten Erdgasförderländer im EWR. Am Markt treten sie als Nettoexporteur von Erdgas auf. Die größten Förderunternehmen in den Niederlanden sind NAM, ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen Exxon und Shell, und EBN, das Öl- und Gasunternehmen des niederländischen Staates. Exxon und Shell sowie dem niederländischen Staat (über EBN und direkt) gehört Gasunie, eine Ferngasgesellschaft, an die fast das gesamte niederländische Erdgas verkauft wird. Ca. [80-90]* % des in den Niederlanden verbrauchten Erdgases stammt von diesem Unternehmen, dem auch die gesamte niederländische Infrastruktur für die Erdgasversorgung (mit Ausnahme einer Pipeline) gehört. Gasunie hat mit allen regionalen Verteilergesellschaften für Kunden mit einem Jahresbedarf (unter einer bestimmten Menge) langfristige Exklusivverträge für die Gaslieferung abgeschlossen.
(65) Auch in Deutschland wird Erdgas gefördert, mit dem ungefähr 20 % des deutschen Bedarfs gedeckt werden. Die Haupterzeuger sind BEB, das Gemeinschaftsunternehmen zwischen Exxon und Shell für die Förderung und die Verteilung von Erdgas in Deutschland, sowie Mobil. Ca. 80 % des Gasverbrauchs werden durch Importe aus Norwegen, Russland und den Niederlanden gedeckt. Die bedeutendste Import- und Ferngasgesellschaft in Deutschland ist Ruhrgas. Exxon, Shell, Mobil und BP sind zusammen mit den deutschen Kohle- und Stahlerzeugern die Inhaber von Ruhrgas. Weitere Importeure sind BEB, Thyssengas (Exxon und Shell halten je 25 % der Anteile und RWE-DEA 50 %, und gemeinsam kontrollieren diese Unternehmen Thyssengas) und VNG (die ostdeutsche Ferngasgesellschaft, deren Anteilseigner BEB und Ruhrgas sind). Mobil und EWE, ein Unternehmen, an dem die Parteien nicht beteiligt sind, importieren ebenfalls Erdgas nach Deutschland. Bei diesen Unternehmen handelt es sich ausnahmslos um seit längerem bestehende überregionale Ferngasgesellschaften, deren Stellung nun durch Wingas, ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen BASF und Gazprom (dem russischen Erdgasunternehmen), angegriffen wird.
(66) Wingas hatte hierzu ein neues Erdgasleitungsnetz gebaut. Das Erdgas wird von den deutschen Erdgasproduzenten und den im Importbereich tätigen (und als "überregionale Ferngasgesellschaften" bezeichneten) Großhandelsgesellschaften an eine Reihe regionaler Großhandelsgesellschaften (die als "regionale Ferngasgesellschaften" bezeichnet werden) verkauft. Die etwa 19 überregionalen und regionalen Ferngasgesellschaften verkaufen das Erdgas weiter an etwa 700 lokale Verteilerunternehmen, die dann die Haushalte beliefern.
FERNGASTRANSPORTMÄRKTE
Sachlich relevanter Mark
(67) Die Parteien vertreten die Auffassung, dass Marketing und Vertrieb von Erdgas in die Segmente Ferngastransport und lokale Verteilung unterteilt werden können. Die Ferngasgesellschaften beziehen Gas von den Produzenten und verkaufen es dann an auf einer zweiten Ebene an verschiedene Großhandelsunternehmen (im konkreten Fall an die regionalen Ferngasgesellschaften in Deutschland), an lokale Verteiler sowie große Endverbraucher. Zum Transport des Erdgases an die entsprechenden Orte in den von den Kunden benötigten Mengen nutzen die Ferngasgesellschaften Hochdruckpipelinenetze und Speicheranlagen. Die lokalen Verteilerunternehmen verkaufen das Gas dann an die Endverbraucher (z. B. Haushalte) weiter.
(68) Die Parteien sind der Meinung, dass auf der Großhandels- und der lokalen Verteilungsebene nicht dieselben Lieferanten agieren. Die Parteien sind im lokalen Verteilungssegment nicht direkt präsent.
(69) Neben Verteilung und Vermarktung von Erdgas geben die Parteien in der Anmeldung an, dass "der Transport von Erdgas - Pipelines und Transport von verfluessigtem Erdgas" und die "Speicherung von Erdgas" separate Märkte bilden. Die Kommission stimmt mit den Parteien überein, dass der Transport von Erdgas und die Speicherung von Erdgas gesonderte sachlich relevante Märkte darstellen.
a) Ferngastransportmarkt und lokaler Verteilungsmarkt im Vergleich
(70) Überregionale und regionale Ferngasgesellschaften transportieren Erdgas über Hochdruckpipelines und verkaufen es an Abnehmer in der Industrie, an Stromerzeugungsunternehmen und lokale Verteilerunternehmen. Die lokalen Verteilerunternehmen verkaufen das Erdgas dann weiter an die Endverbraucher, wie z. B. Haushalte und Kleinverbraucher. Diese Versorgung erfolgt (straßenweise) über das ausgedehnte Niederdruckrohrleitungsnetz dieser Unternehmen. Die lokalen Verteilerunternehmen kaufen von den Großhandelsunternehmen den Swing und andere damit in Verbindung stehende Leistungen. Aus diesem Grunde stimmt die Kommission den Parteien dahingehend zu, dass die lokale Verteilung einen gesonderten sachlich relevanten Markt bildet. Da die Parteien auf diesem Markt nicht direkt tätig sind, wird dieser Produktmarkt im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht weiter bewertet.
b) Markt für überregionalen Gasferntransport und Markt für regionalen Gasferntransport im Vergleich: Der überregionale Gasferntransport bildet einen gesonderten sachlich relevanten Markt, bei dem der Markteintritt vom Wohlwollen der etablierten Unternehmen abhängt oder mit sehr hohen Investitionskosten in der Vergangenheit verbunden ist
(71) Wie bereits dargelegt, ist in Deutschland der Großhandel im Erdgasbereich durch eine zweistufige Struktur gekennzeichnet: Überregionale Ferngasgesellschaften verkaufen das Erdgas, das sie direkt von ausländischen Produzenten importiert haben und über Ferngaspipelines weiterleiten, an die auf regionaler Ebene tätigen Unternehmen. An dieser Stelle muss beurteilt werden, ob diese Leistung von den regional tätigen Unternehmen problemlos übernommen werden könnte, wenn sie im Falle einer hypothetischen Preissteigerung höhere Preise zu zahlen hätten. Wie sich zeigt, könnten die regionalen Unternehmen einer Preissteigerung nur durch Direktbezug von Erdgas von den Produzenten begegnen, d. h. durch Aufwärtsintegration in der vertikalen Verteilungskette. Um dazu in der Lage zu sein, müssten die regionalen Unternehmen (oder möglicherweise die Endverbraucher) von den Erdgasproduzenten ähnliche Preisbedingungen eingeräumt bekommen wie die überregionalen Ferngasgesellschaften. Ferner müssten sie auch über Möglichkeiten verfügen, das Erdgas über große Entfernungen zu transportieren. Auf der Grundlage ihrer Marktuntersuchung gelangt die Kommission zu der Schlussfolgerung, dass die regionalen Ferngasgesellschaften selbst im Falle einer Preisanhebung keine Anreize hätten, die überregionalen Ferngasgesellschaften auszuschalten.
(72) [...]*
i) Meinung der Parteien: Jeder kann Erdgas importieren
(73) Die Parteien vertreten die Auffassung, dass der relevante Markt aus dem Verkauf von deutschem Erdgas und Importerdgas durch die etwa 19 überregionalen und regionalen Ferngasgesellschaften an Kunden aus der Industrie, an Stromerzeugungsunternehmen und lokale Verteilungsgesellschaften besteht. Die Parteien meinen, dass die konkreten Aktivitäten der überregionalen Ferngasgesellschaften nichts als eine technische Komplikation darstellen, da jeder in der Lage ist, Erdgas bis an die deutsche Grenze zu transportieren.
(74) Erstens, die Parteien weisen darauf hin, dass Importe kleiner Mengen möglich sind. Sie verweisen auf mehrere Importverträgen über kleine Mengen, wie z. B. Verträge von [...]*.
(75) Zweitens, die Parteien vertreten die Meinung, dass es für eine langfristig kapitalintensive Branche nur natürlich ist, dass der Einstieg mit investiven Ausgaben für den Bau von Sammeleinrichtungen, Pipelines und Speicheranlagen verbunden ist, und dass dies keine Markteintrittsschranke darstellt. Insbesondere wird auf die von Wingas vorgenommenen Investitionen verwiesen, um zu verdeutlichen, dass sich in Deutschland Investitionen im Bereich Erdgasinfrastruktur weiterhin lohnen. Die beteiligten Unternehmen weisen ferner darauf hin, dass zur Einfuhr von Erdgas [...]* keinerlei Investitionen erforderlich sind.
(76) Drittens verweisen die Parteien auf die Bestimmungen des neuen deutschen Energiewirtschaftsgesetzes und die rechtliche Verpflichtung der Betreiber von Erdgasleitungen, Dritten freie Kapazität anzubieten. Aus den genannten Gründen seien Verkäufe an Endverbraucher in Deutschland durchaus realistisch. Darüber hinaus wird auf die Entscheidung mehrerer lokaler Verteilerunternehmen hingewiesen, direkt von den Produzenten zu kaufen, sowie auf die Tatsache, dass der Kauf bei Industriekonzernen zentral erfolgt.
ii) Keine Bestätigung durch die Marktuntersuchung der Kommission
(77) Die Nachforschungen auf dem Markt haben die Auffassung der Parteien, dass der Import von Erdgas lediglich eine "technische Komplikation" darstellt, nicht bestätigt. Die folgenden Erklärungen wurden von einigen der 11 deutschen regionalen Ferngasgesellschaften abgegeben:
- "Um mittels eines Importvertrages interessante Preise zu erzielen, muss man zur Zeit sehr große Mengen beziehen und gleichzeitig Kaufverpflichtungen eingehen. Daneben muss man u. a. selbst Investitionen tätigen oder sich finanziell an Projekten oder Unternehmen beteiligen. Eine derartige Aktivität ist folglich typisch für Unternehmen, die einen großen Bedarf bündeln und die über beträchtliche finanzielle Mittel verfügen, um das mit dem Import verbundene Kostenrisiko tragen zu können. Wenn man importiert, spielt die Versorgungssicherheit über eine Diversifikation der Lieferquellen eine wichtige Rolle."
- "Um zu importieren, wäre ein paralleles Pipelinenetz zu den Produzenten (oder zu den Übergabepunkten an der Grenze) oder Zugang Dritter erforderlich. Der regionalen Ferngasgesellschaft wäre es nicht möglich, die anfallenden Kosten und den erforderlichen Zeitaufwand abzuschätzen."
- "Es ist schwierig, zusätzlich importierte Mengen an Kunden in Deutschland zu verkaufen, da diese Mengen nur an regionale Verteilerunternehmen gehen können. Der Verkauf von Erdgas direkt an die Endverbraucher ist nur mit erheblichen Mühen möglich und erweist sich zur Zeit als unrealistisch."
(78) In ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ("die Antwort") haben die Parteien erneut unterstrichen, dass der Kauf kleiner Mengen möglich ist, die Importkosten bekannt sind (auf dem Wege eigener Nachforschungen oder durch Zusammenarbeit mit Beraterfirmen), die Kosten für die Importinfrastruktur im allgemeinen unter [0-5]* % liegen und Zugang zu Lieferungen und Kunden besteht (die Nachfrage wächst und die bestehenden Verträge laufen aus). Der Kommission ist bekannt, dass die Importkosten berechnet werden können. Auf die anderen Punkte wird an anderer Stelle eingegangen.
(79) Es kann festgestellt werden, dass das Bundeskartellamt in einem kürzlich durchgeführten Verfahren(10) entschieden hat, dass der Markt für den überregionalen Ferngastransport einen gesonderten sachlich relevanten Markt darstellt.
iii) Das deutsche Gas kann keine Preissteigerung für Importgas bewirken
(80) Das in Deutschland geförderte Gas wird vollständig in Deutschland verkauft, wo es mit dem Importgas konkurriert. Die Förderung von Erdgas in Deutschland deckt gegenwärtig etwa 20 % des Gesamtverbrauchs ab und dürfte bis zum Jahre 2010 auf [weniger als 15]* % zurückgehen. Somit gewinnt der Zugang zu importiertem Erdgas für die Ferngasgesellschaften, die ihren Bedarf decken müssen, verstärkt an Bedeutung, d. h. sie müssen zunehmend die Leistungen der überregionalen Ferngasgesellschaften in Anspruch nehmen.
(81) Ferner wird das in Deutschland geförderte Gas zu einem großen Teil auf vertraglicher Basis an die überregionalen Ferngasgesellschaften geliefert, so dass anderen Unternehmen zu wenig Gas zur Verfügung steht, als dass dieses eine Preissteigerung für Importgas bewirken könnte. An der deutschen Erdgasförderung und den Erdgasreserven haben die überregionalen Ferngasgesellschaften einen Anteil von etwa [70-80]* %: BEB ([40-50]* %) und Mobil ([20-30]* %). Die restlichen [20-30]* % des deutschen Gases (bei Berücksichtigung einer Schwankung im Bedarf Deutschlands von [0-10]* %) werden von RWE-DEA (ca. 7,5 %), Wintershall und Preussag (jeweils ca. 5,5 %) und Erdöl-Erdgas Gommern (ca. 4,5 %) gefördert. RWE-DEA ist verpflichtet, 60 % seiner Jahresproduktion an die Ruhrgas zu verkaufen, und Preussag hat 45 % seiner Jahresproduktion an die Ruhrgas zu verkaufen. Der größte Teil der von Erdöl-Erdgas Gommern geförderten Gasmenge wird über VNG, eine weitere überregionale Ferngasgesellschaft, vertrieben.
iv) Es gibt keinen Zugang zu Erdgas aus dem Ausland zu Wettbewerbsbedingungen, und auch nach erfolgtem Zusammenschluss wird es einen solchen nicht geben: Potenzielle neue Teilnehmer am überregionalen Ferngastransportmarkt hängen von den Leistungen der etablierten Unternehmen ab
(82) Alle regionalen Ferngasgesellschaften hängen in der operativen Tätigkeit wesentlich davon ab, welche Leistungen ihnen in bezug auf das Leitungsnetz, die Speicheranlagen und sonstige Einrichtungen von den überregionalen Ferngasgesellschaften geboten werden. Eine Verstimmung dieser wichtigen Lieferanten dadurch heraufzubeschwören, dass ein Teil ihrer Leistungen durch eigenen Kapazitäten abgefangen wird, wäre angesichts möglicher Vergeltungsmaßnahmen seitens der überregionalen Ferngasliefergesellschaften eine riskante Entscheidung.
(83) Es gibt jedoch eine regionale Ferngasgesellschaft, die nicht von den Transportleistungen der überregionalen Ferngasgesellschaften abhängig ist. Dies ist die Erdgas Münster (EGM), ein Unternehmen, das das von seinen Aktionären geförderte deutsche Gas vertreibt. Bei den Aktionären handelt es sich um die wichtigsten deutschen Gasproduzenten: BEB ([20-30]* %), Mobil ([20-30]* %), Wintershall ([20-30]* %), Preussag ([10-20]* %) und RWE DEA ([0-10]* %). Sie sind verpflichtet, ihre gesamte Gasförderung über EGM in einer festgelegten Region in Nordwestdeutschland zu verkaufen ([weniger als 10 %] des gesamten Gasverbrauchs Deutschlands). Auf diese Art und Weise sind die Gaslieferungen für das Unternehmen [...]* gesichert.
(84) [...]*, würden BEB und Mobil nach dem Zusammenschluss die strategischen Entscheidungen der EGM bestimmen. Zu diesen Beschlüssen gehört auch die Position der EGM auf einem künftigen liberalisierten Markt (siehe Ausführungen im folgenden). Die Parteien behaupten jedoch, dass sie keine Kontrolle über die EGM ausüben würden, da [...]*. Diese Begründung kann nicht akzeptiert werden. Exxon übt eine gemeinsame Kontrolle im Sinne der Fusionskontrollverordnung über die BEB aus, und ferner wäre es für Shell wirtschaftlich sinnvoll, einer [...]* zuzustimmen, da Shell dann auch von den Vorteilen der Ausübung einer Kontrolle über die EGM profitieren würde.
(85) Obgleich sowohl Mobil als auch BEB überregionale Ferngasgesellschaften sind, verfügt Mobil auf dem Markt über eine deutlich weniger bedeutsame Position als BEB. Somit wäre Mobil vor dem Zusammenschluss an der Sicherung der Möglichkeit, die EGM auf einem künftigen liberalisierten Markt als Instrument einzusetzen, interessiert. Somit kann nicht zwangsläufig von übereinstimmenden Interessen zwischen BEB und Mobil ausgegangen werden. Diese Fähigkeit, als potentieller Konkurrent aufzutreten, würde nach dem Zusammenschluss durch die Einführung der formellen Kontrolle über EGM unterdrückt.
(86) Die Parteien haben auch auf direkte Ausschreibungen verwiesen, in denen einige relativ unbedeutende lokale Verteilerunternehmen Lieferanten im Ausland um Angebote ersucht haben. In der Ausschreibung geht es um Lieferungen bis zur deutschen Grenze, wobei die Verteilerunternehmen - allesamt Abnehmer von Wingas - darauf hinweisen, dass sie den Transport innerhalb Deutschlands selbst organisieren würden. Ein weiteres von den Parteien angeführtes Beispiel sind die Entscheidungen der Stadtwerke ("SW") Viernheim zum direkten Erwerb. Allerdings hat sich in der Untersuchung ergeben, dass diese Ausschreibungen erfolglos verliefen.
(87) Die Tatsache, dass sporadisch Ausschreibungen erfolgen, bedeutet also nicht, dass die lokalen Verteilerunternehmen der Meinung sind, das Erdgas innerhalb Deutschlands selbst transportieren zu können. Es bedeutet folglich auch nicht, dass sie glauben, im Wettbewerb mit den etablierten Unternehmen zu handeln.
(88) Produzenten, die den Zugang zum Markt wünschen, gehen nicht nur davon aus, dass ihr Erdgas von deutschen Unternehmen in Deutschland verkauft wird, sondern nehmen auch an, dass sie im Hinblick auf die Durchleitung von Erdgas auf dem Weg zu anderen Exportmärkten in unterschiedlichem Maße mit den etablierten Unternehmen zusammenarbeiten. Beispielsweise wird Erdgas aus den Niederlanden durch Erdgasleitungen der etablierten deutschen Unternehmen in die Schweiz und nach Italien (und möglicherweise sogar nach Polen) geleitet, norwegisches Erdgas wird durch Deutschland in die Schweiz transportiert, und russisches Erdgas gelangt auf dem Transitweg durch Deutschland nach Frankreich.
Es ist unwahrscheinlich, dass kleinere Unternehmen interessante Preise oder Mengen erzielen können oder dass die traditionellen Lieferanten die etablierten Unternehmen umgehen
(89) Bestehende Langzeit-Lieferverträge (10, 20 oder 30 Jahre) mit unbedingter Zahlungsverpflichtung, im Rahmen derer die Abnahmeverpflichtung der Ferngasgesellschaft um die Menge reduziert wird, die der Produzent direkt (oder über andere Unternehmen) im Gebiet der Ferngastransportgesellschaft verkauft (auch als "Vereinbarungen über Parallelabsatz" bezeichnet), machen es für andere Unternehmen schwieriger, Lieferungen zu beziehen.
(90) Darüber hinaus haben die bisherigen Lieferanten kein Interesse daran, ihre traditionellen Kunden nicht mehr zu beliefern, wenn dies zu einem Wettbewerb zwischen den lokalen Verteilerunternehmen ("GTGC") und damit zu einer Senkung der am Markt realisierbaren Preise führen würde. Ist der Lieferant nicht bereit, niedrigere Preise anzubieten, hat der Kunde keinen Grund, den Lieferanten zu wechseln. Somit ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Wettbewerb zwischen lokalen Verteilerunternehmen und zu Preissenkungen kommt, sehr hoch. Da der Produzent Nettopreise erhält, würde sich eine derartige Preissenkung auf den gesamten Gasumsatz auswirken. Der Verkauf an Neueinsteiger setzt somit die Produzenten dem Risiko eines möglicherweise schädlichen Preiswettbewerbs aus. [...]*
(91) Gemäß Angaben von [...]* führen Vereinbarungen über Parallelabsatz dazu, dass sich das Ferngasunternehmen und der Lieferant um den gleichen Endabnehmer bemühen, so dass sie eine wettbewerbsfördernde Wirkung haben. Zu diesem Wettbewerb kommt es jedoch nur dann, wenn der vom Lieferanten beim Direktverkauf erzielte Gewinn die kurzfristigen Verluste beim Nettopreis für die Gesamtheit des verbleibenden vertraglich gebundenen Liefervolumens an die Ferngasgesellschaft und die langfristigen Verluste durch das Risiko des Verlusts von Absatzmengen an die Ferngasgesellschaft bei Auslauf der vorhandenen Verträge mehr als ausgleicht. Dies ist jedoch unwahrscheinlich, so dass die Klauseln zum Parallelverkauf auch den Marktzutritt behindern.
(92) Des weiteren stellt die Kommission fest, dass drei der wichtigsten deutschen überregionalen Ferngasgesellschaften einen wesentlichen Teil ihres aus dem Ausland bezogenen heizwertreichen Erdgases gemeinsam bei norwegischen, dänischen und russischen Produzenten erwerben (Ruhrgas [...]* %, BEB [...]* % und Thyssengas [...]* %). Durch Bündelung ihres Bedarfs dürften es den Konsortien gelingen, im Rahmen langfristiger Verträge bessere Preise zu erzielen als jedes andere Unternehmen, das einen Vertrag für sich allein aushandelt. Die Parteien teilen diese Ansicht nicht. Sie sind der Meinung, dass der Einkaufspreis nicht vom Volumen abhängt, sondern vielmehr von den Preisen für alternative Energiequellen bestimmt wird. Die Kommission kann sich dieser Meinung nicht anschließen. Würde man diesen Standpunkt rein logisch bis zur letzten Konsequenz verfolgen, würde dies bedeuten, dass innerhalb der europäischen Gasindustrie kein Wettbewerb möglich ist, da alle Unternehmen mit dem gleichen Preis arbeiten, nämlich dem Preis alternativ zur Verfügung stehender Energiequellen. Das ist zweifelsohne nicht richtig, da die Parteien bei der Bestimmung der Parameter des Gaspreises über einen weiten Spielraum verfügen, sich auch an die Indizes für alternative Energiequellen anlehnen können.
(93) Ferner wird festgestellt, dass sich durch den gemeinsamen Ankauf der Anreiz für den Produzenten verringert, die Ferngasgesellschaften zu umgehen und direkt oder indirekt an andere Unternehmen in deren Gebiet zu verkaufen, denn im Falle des gemeinsamen Kaufs von Erdgas durch mehrere Unternehmen geht der Produzent natürlich das Risiko ein, alle seine Kunden zu verlieren, selbst wenn er nur einen von ihnen umgeht.
(94) Auch wenn die Parteien anführen, dass andere etablierte Unternehmen wie VNG und Mobil Erdgas direkt und einzeln zu ähnlichen Preisen kaufen, so bedeutet das nicht notwendigerweise, dass gleiches auch für Neueinsteiger möglich ist. Die etablierten Unternehmen werden sich bemühen, ihre Stellung und ihren Einfluss gegenüber den Produzenten geltend zu machen, damit diese keine Lieferung an Konkurrenten aufnehmen. So gab Wingas an, dass es vor mehreren Jahren einen Liefervertrag für norwegisches Erdgas abgeschlossen hat, die GFU (die norwegische Erdgasverteilungsorganisation) sich jedoch der Lieferung widersetzte. Darüber hinaus hat [...]* zum Ausdruck gebracht, dass "[...]* weiterhin versuchen wird, [...]* am Kauf [...]* Erdgases zu hindern."
(95) Selbst wenn Verträge über neue Liefermengen abgeschlossen würden, so bestehen zwischen den überregionalen Ferngasgesellschaften und ihren wichtigsten Abnehmern (regionale Ferngasgesellschaften, lokale Verteilerunternehmen und so weiter) doch langfristige Lieferverträge (mit unbedingter Zahlungsverpflichtung), so dass es schwierig sein dürfte, diese Mengen abzusetzen. Diese langfristigen Lieferverträge erweisen sich also als eine weitere Schranke für den Eintritt in den Ferngasmarkt. Die Kommission ist sich der Tatsache bewusst, dass alle diese Verträge einmal auslaufen und der Gasbedarf jährlich um 2 bis 3 % wächst. Folglich stellen diese Verträge zwar keine unüberwindbare Markteintrittsschranke dar, zweifelsohne ist der Eintritt unter diesen Bedingungen jedoch schwieriger als in einem Umfeld, in dem es keine langfristigen Absprachen zwischen Käufer und Verkäufer gibt.
(96) Und schließlich haben die überregionalen Ferngasgesellschaften in Deutschland in den zurückliegenden Jahren durch die Kapitalbeteiligung an regionalen Ferngasgesellschaften und lokalen Verteilerunternehmen einen hohen finanziellen Aufwand für die vertikale Integration im nachgelagerten Sektor getrieben und werden dies wahrscheinlich auch weiterhin tun. [Die Kommission ist der Auffassung]*, dass das Ziel darin besteht, die derzeitige Lieferstruktur zu wahren. Damit werden die Schranken für den Eintritt in diesen Markt weiter verstärkt.
v) Zugang zur Infrastruktur oder Dopplung kommen nicht in Frage
Dopplung der Infrastruktur würde ein Übermaß an Istkosten der Vergangenheit bedeuten
(97) Die erheblichen Investitionsaufwendungen der etablierten Unternehmen im Zusammenhang mit Sammeleinrichtungen, Fernleitungen, Speicheranlagen sowie zur Qualitätsanpassung können nicht für andere Zwecke genutzt werden, wenngleich einige Erdgasleitungen bei Aufwendung erheblicher Kosten zu Ölleitungen umgerüstet werden könnten. Aus diesem Grunde kann davon ausgegangen werden, dass diese Investitionen zu einem sehr erheblichen Teil Istkosten der Vergangenheit bedeuten.
(98) Die Parteien führen an, dass die Kosten für den Eintritt in den Gasmarkt vernünftigerweise nicht als Markteintrittsschranke gewertet werden können, da die Kosten für die Importinfrastruktur normalerweise weniger als [...]* des Wertes des gekauften Gases betragen. Jedoch ist zu betonen, dass nicht nur die Importinfrastruktur erforderlich ist (die wichtigste Anlage dürfte wohl das überregionale Pipeline-Netz sein), so dass der Schluss zu ziehen ist, dass es sich bei den wesentlichen Investitionen zu einem sehr erheblichen Teil um Istkosten der Vergangenheit handelt.
(99) Des weiteren können die etablierten Unternehmen ihre Pipelinetransportkapazität durch zusätzliche Verdichter immer kostengünstiger und schneller erweitern, als Neueinsteiger eine neue Pipeline bauen können.
(100) Aus den genannten Gründen ist nicht zu erwarten, dass ein Neuling am Markt den Bau eines neuen, großen Hochdruckleitungsnetzes in Deutschland in Angriff nimmt. Anders gesagt, es ist nicht wahrscheinlich, dass sich der "Wingas-Fall" wiederholt. Wingas ist eine Art "glückliches Zusammentreffen" zwischen einem sehr großen (wahrscheinlich sogar dem größten) deutschen Erdgasverbraucher aus der Industrie, der mit den geltenden Preisen nicht zufrieden war, und einem sehr großen russischen Produzenten, der in einem Interessenkonflikt mit den etablierten Unternehmen stand. Dieser Interessenkonflikt wird in dem Teil, der sich mit der Einschätzung der Wettbewerbssituation beschäftigt, erläutert.
(101) Des weiteres ist der Nettopreis, den der Lieferant als Ergebnis der Vertragsverlängerung mit der ursprünglichen Ferngasgesellschaft erwarten kann, höher als der zu erwartende Nettopreis bei einem Neueinsteiger, der neue Investitionen tätigen muss (und folglich eine größere Marge erzielen muss). Ferner müsste ein solcher Neueinsteiger um den Absatz seiner Liefermengen "kämpfen", was wiederum für alle Marktakteure zu Preissenkungen führen würde, die sich auch in einem geringen Nettopreis für den Produzenten widerspiegeln.
Der von der Industrie angebotene Netzzugang für Dritte wird sich nur begrenzt auf die Möglichkeit der Kunden, Erdgas im Wettbewerb mit den überregionalen Ferngasgesellschaften direkt zu importieren, auswirken
(102) Für den Zweck der Entscheidung ist die Kommission nicht davon überzeugt, dass der mögliche Abschluss der Verbändevereinbarung Gas (VV Gas) zu einem Markteintritt über den Netzzugang führen wird. Diese Schlussfolgerung basiert auf dem momentanen Stand der Dinge, nämlich dem Vorschlag der deutschen Erdgasbranche im Rahmen der VV-Gas-Verhandlungen.
(103) Die Verbändevereinbarung Gas ist eine Initiative von vier Handelsverbänden: a) BGW (Bundesverband der deutsche Erdgas- und Wasserindustrie e. V.); b) VKU (Verband kommunaler Unternehmen e. V.); c) BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie, d. h. Verbraucher aus der Industrie) und VIK (Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e. V.) Im Rahmen der Erdgasbinnenmarktrichtlinie hat Deutschland sich für einen "Netzzugang auf Vertragsbasis" entschieden, und mittels der VV Gas sollen nun die Leitlinien für solch einen Netzzugang festgelegt werden. Das Bundeskartellamt und/oder die Kommission werden die VV Gas bewerten müssen, sobald sie beschlossen ist. Wie aus einem gemeinsamen Schreiben der vier Verbände an den Bundeswirtschaftsminister hervorgeht, ist es Ziel der VV Gas, "ein Signal für das politische Umfeld zu setzen, dass keine weitere Regulierung für Erdgas notwendig ist. Die VV Gas muss die Kriterien marktorientiert, wettbewerbsfähig, fair, transparent und einfach erfuellen und auf diesem Wege zur Entwicklung einer Erdgasbörse beitragen. In der VV Gas sind die Grundprinzipien und Regeln für den Netzzugang sowie eine einfache Berechnung der Tarife zu verankern. Sie ist noch vor Ende 1999 abzuschließen."
(104) Trotz dieser gemeinsamen Erklärung scheint es auf der Grundlage des von der Erdgasindustrie entwickelten "Referenzfalls" unmöglich zu schlussfolgern, dass diese Art von Netzzugang den Import von Erdgas im Wettbewerb mit den etablierten Unternehmen zulassen wird.
(105) Das erste Element besteht darin, dass der Referenzfall davon ausgeht, dass ein Netzzugang nur möglich ist, wenn Pipelinekapazität vorhanden ist und langfristige Lieferverträge mit unbedingter Zahlungsverpflichtung in Betracht gezogen werden. Die Nachforschungen auf dem Markt haben gezeigt, dass die Feststellung, ob freie Kapazität vorhanden ist und die etablierten Unternehmen bis zu 100 % ihres Bedarf in langfristigen Verträgen mit unbedingter Zahlungsverpflichtung gesichert haben, schwierig ist. Aus diesem Grunde wird die VV Gas die Situation der etablierten Unternehmen nicht grundlegend gefährden.
(106) Das zweite Element besteht darin, dass der Referenzfall davon ausgeht, dass das Erdgas Dritter mit der Erdgasspezifikation im relevanten Leitungsnetz des Betreibers von Erdgasleitungen kompatibel sein muss. Die Definition hierfür lautet, dass "die Spezifikation des Erdgases so sein muss, dass es ohne Anpassung seitens der Transportgesellschaft in die Pipeline eingespeist werden kann; der Druck muss so beschaffen sein, dass es möglich ist, das Erdgas ohne Anpassung seitens der Transportgesellschaft zu übernehmen, und die Spezifikation muss es gestatten, dieses Erdgas zusammen mit anderem Erdgas im Netz zu verwenden." Angesichts der unterschiedlichen Spezifikationen des derzeit in Deutschland gehandelten Erdgases (siehe nachstehend aufgeführte Diskussion über heizwertarmes/heizwertreiches Erdgas und die Tatsache, dass sowohl heizwertarmes als auch heizwertreiches Erdgas zur Zeit in Deutschland im Rahmen mehrerer unterschiedlicher Spezifikationen verkauft wird) sind das sicherlich keine leicht zu erfuellenden Kriterien. Folglich ist Erdgas kein absolut homogenes Produkt, und Wesen und praktische Aspekte des Netzzugangs im Elektrizitäts- und Telekommunikationsbereich sind deutlich anders als der Netzzugang beim Erdgas. Anders gesagt, und so geht es aus einem von den Parteien vorgelegten Dokument hervor, "ein Hauptunterschied zur VV Elektrizität besteht darin, dass für Erdgas ein gesonderter Vertrag mit jedem Betreiber einer Erdgasleitung erforderlich ist und dass die unterschiedlichen Erdgasspezifikationen und die Druckunterschiede am Ausgangs- und Endpunkt die konkrete Organisation komplizieren."
(107) Ein drittes Element besteht darin, dass die Laufzeit eines Transportvertrags mindestens ein Jahr betragen muss, wobei für jedes Jahr zwei Anfangstermine festgelegt sind (1. Oktober und 1. April). Dabei fällt auf, dass die Verträge über den Netzzugang stets die Spitzenauslastung im Winter enthalten, so dass die Wahrscheinlichkeit noch größer ist, dass die Fernleitungen mit voller Kapazität betrieben werden. Darüber hinaus ist es ausdrückliches Ziel dieser Bedingung, die Entstehung eines Spot-Marktes zu verhindern, da dieser das traditionelle System aus dem Gleichgewicht brächte. Insbesondere die Rolle der Ferngasgesellschaften wäre gefährdet, da es auf dem Spot-Markt zum direkten Kontakt zwischen Endverbrauchern und Produzenten kommt, was für den Erdgasgroßhandel geringere Margen zur Folge hätte. [...]* Nichts davon ist in der VV Gas vorgesehen.
(108) Ein viertes Element besteht darin, dass [...]*.
(109) Schließlich sieht die VV Gas keinen Zugang zu Speichermöglichkeiten, keinen Zugang zu Qualitätsanpassungsleistungen (Umwandlung heizwertarmes/heizwertreiches Erdgas) und keinerlei Vorratshaltung vor.
(110) In ihrer Antwort verweisen die Parteien darauf, dass für die letztendliche Verabschiedung der VV Gas die Unterstützung der Endabnehmer, des Bundeskartellamts und der Bundesregierung erforderlich ist. Bei der Vielzahl der an diesem Prozess Beteiligten ist den Parteien die Vermutung der Kommission entgangen, dass das letztendliche Ergebnis weder den Netzzugang noch den Wettbewerb fördern wird. Die Kommission nimmt ihre Würdigung ausgehend von den ihr zur Verfügung stehenden Informationen vor. Diese Informationen stellen den Referenzfall der Gasindustrie dar. Folglich wäre ein Würdigung ausgehend von einer anderen Voraussetzung reine Spekulation.
Ergebnis
(111) Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass der deutsche überregionale Ferngastransportmarkt einen gesonderten sachlich relevanten Markt darstellt.
Heizwertarmes und heizwertreiches Erdgas
(112) Im Verlaufe der Untersuchung haben mehrere Dritte die Auffassung vertreten, dass bei der Bewertung der Auswirkungen des Vorgangs auf die europäischen Erdgasmärkte eine Unterscheidung zwischen dem sogenannten heizwertarmen und dem heizwertreichen Erdgas getroffen werden sollte. Die Kommission stimmt mit den Parteien dahingehend überein, dass heizwertarmes und heizwertreiches Erdgas Teil eines Gesamtmarktes für Erdgas sind. Die Kommission ist zu dieser Schlussfolgerung auf der Grundlage der Möglichkeit gekommen, dass auf der Nachfrageseite ein Produkt durch das andere ersetzt werden kann. Mit anderen Worten, ein relativer Preisanstieg für heizwertarmes Erdgas von 5-10 % würde sich angesichts der Tatsache, dass die Verbraucher in dem entsprechenden Gebiet in Deutschland(11) auf heizwertreiches Erdgas ausweichen könnten, nicht lohnen.
(113) Die Unterscheidung zwischen heizwertarmem und heizwertreichem Erdgas hat ihren Ursprung in der Entdeckung (1959) und dem Aufschluss (1963) des massiven Gasfeldes mit heizwertarmem Erdgas bei Groningen in den Niederlanden, dem größten Erdgasfeld in Europa und einem der größten überhaupt. Dieses Feld markierte den Beginn der Erdgasindustrie in Europa. Seither dienen die Spezifikationen des Erdgases aus dem Groninger Feld als Orientierung für die Bestimmung der Qualität von Erdgas. Jedoch umfasst die Klassifikation von heizwertarmem Erdgas ein breiteres Spektrum als den Heizwert unter dem oder bis zum Heizwert des Erdgases von Groningen. Auf der Grundlage der Definition für heizwertarmes Erdgas, wie sie in Deutschland zur Anwendung kommt (DVGW-Ausführungsbestimmungen G 260/I - Erdgasqualität), gilt für heizwertarmes Erdgas eine Wobbe-Zahl von bis zu 13 kWh/m3.
(114) Die Spezifikationen des Erdgases (von Groningen oder von heizwertarmem Erdgas) haben Einfluss auf die gesamte nachgelagerte "Gassäule". Hochdruckleitungen (für den Erdgastransport über große Entfernungen), Untertagespeicheranlagen, Niederdruckleitungen (für die Bereitstellung des Erdgases mit dem entsprechenden niedrigen Druck für die in Haushalten eingesetzten Brenner) und die Anlagen, in denen das Erdgas beim Endverbraucher verbrannt wird, sind so ausgelegt worden, dass sie entweder mit heizwertarmem oder heizwertreichem Erdgas betrieben werden können.
(115) Später entdecktes Erdgas wies aufgrund des geringen Gehalts an inertem Stickstoff eine andere Qualität und einen höheren Heizwert auf. Weiteres heizwertarmes Erdgas wurde nur in anderen Onshore-Feldern in den Niederlanden und Nordwestdeutschland gefunden. Spezifische heizwertarme Erdgassäulen bestehen weiterhin in den Niederlanden, in Nordwestdeutschland, einem Teil Belgiens (in den Provinzen Antwerpen und Limburg) sowie in einem Teil Frankreichs (Nord - Pas de Calais).
Substituierbarkeit auf der Nachfrageseite: Umstellung der Erdgassäule von heizwertarmem auf heizwertreiches Erdgas
a) Ein relativ permanenter Preisanstieg für heizwertarmes Gas wird den Umstellungsprozess beschleunigen
(116) Von den Parteien wurden Übersichten vorgelegt, aus denen auf der Grundlage von Branchenstatistiken zum absoluten und relativen Verbrauchsvolumen der verschiedenen Gassorten (heizwertreiches Gas, heizwertarmes Gas, Kokereigas, sonstiges Gas) die fortgesetzte Substitution von heizwertarmen Erdgas durch heizwertreiches Erdgas in Deutschland seit 1975 hervorgeht
(117) Ausgehend von diesem Hintergrund soll untersucht werden, wie eine Ferngasgesellschaft auf eine Preissteigerung seitens der Produzenten von heizwertarmem Erdgas reagieren würde. Die Reaktion hängt von der Möglichkeit der Ferngasgesellschaft ab, auf einen Produzenten von heizwertreichem Erdgas umzusteigen, sowie von den Anreizen, die sich aus der Möglichkeit für ihre Kunden ergeben, die Lieferungen von einer anderen Ferngasgesellschaft, die preiswerteres heizwertreiches Erdgas anbieten, zu beziehen.
(118) Unter technischen Gesichtspunkten ist es einfach, ein ganzes Leitungsnetz von heizwertarmem auf heizwertreiches Erdgas umzustellen, jedoch ergeben sich für eine Ferngasgesellschaft im Rahmen der Infrastrukturveränderungen die größten Schwierigkeit bei der Untertagespeicherung. Hier besteht das Problem darin, dass das heizwertarme Erdgas im Speicher durch heizwertreiches Erdgas ersetzt werden muss. Nach Auffassung der Parteien ist diese Umstellung einfach und unproblematisch, nach Meinung von Wingas allerdings zeitaufwendig (normalerweise drei Speicherzyklen und somit zwei Jahre für die erforderlichen Anlagen) und kostspielig (aufgrund des veränderlichen Heizwertes des entnommenen Gases, wenn heizwertreiches Gas in eine Anlage für heizwertarmes Gas eingespeist wird).
(119) Bereits vor Beendigung des dritten Speicherzyklus kann das entnommene Erdgas jedoch die Qualität von heizwertreichem Erdgas aufweisen. Im übrigen beherrschen alle Ferngasgesellschaften das Know-how des "Gasmischens", mit dem die gewünschte Spezifikation erzielt werden kann (heizwertarmem Erdgas wird heizwertreiches Erdgas zugegeben, um ein heizwertreiches Erdgas zu gewinnen, das zwar einen niedrigeren Heizwert hat als das Ausgangsgas, der aber dennoch innerhalb des Bereichs für heizwertreiches Erdgas liegt oder umgekehrt). Aus diesem Grunde dürfte es für die Ferngasgesellschaften relativ einfach sein, das aus ihren Speicheranlagen entnommene Erdgas während der Umstellungsperiode anzupassen, indem sie es einfach vermischen. Die Spezifikation für heizwertarmes bzw. heizwertreiches Erdgas ließe sich auf diese Weise problemlos einhalten. Es ist vorstellbar, dass die Gesellschaften anfänglich heizwertarmes Erdgas zusetzen, damit das entnommene Erdgas der Spezifikation für dieses Erdgas entspricht. Danach würde allmählich heizwertreicheres Erdgas zugesetzt, so dass das Gas der Spezifikation für heizwertreiches Erdgas entspricht. Damit ließe sich wahrscheinlich eine erhebliche Absenkung der Umstellungskosten bewirken.
(120) Auf der Grundlage dieser Informationen gelangt die Kommission zu der Schlussfolgerung, dass angesichts eines permanenten relativen Preisanstiegs für heizwertarmes Erdgas im Vergleich zu heizwertreichem Erdgas die technischen Einschränkungen, mit denen sich die deutschen Betreiber von Untertagespeichern für heizwertarmes Erdgas konfrontiert sehen, nicht derart sind, dass sie dadurch von einer Umstellung abgehalten würden. Aus diesem Grunde trägt die relative Preissteigerung zu einer Beschleunigung der Umstellung bei, die früher oder später ohnehin erfolgen muss.
b) Die Kunden von heizwertarmes Erdgas liefernden Ferngasgesellschaften haben Alternativen im relevanten Gebiet Deutschlands, auf Lieferungen von heizwertreichem Erdgas durch Wingas umzustellen
Umstellung der Industriekunden und der Stromerzeugungsunternehmen
(121) Die Nachforschungen auf dem Markt haben bestätigt, dass der Anteil der Kosten, den die meisten Industrieabnehmer und die Stromerzeugungsunternehmen für die Anpassung der Brenner aufbringen müssten, auf die jeweilige Jahresgasrechnung bezogen gering sind. Für einen größeren Verbraucher aus der Industrie oder ein Stromerzeugungsunternehmen könnte es daher wirtschaftlich durchaus sinnvoll sein, eine neue zweckgebundene Gasleitung bauen zu lassen, durch die dieser Verbraucher an eine nahegelegene (bis zu maximal 50 km entfernte) Hochdruckleitung für heizwertreiches Erdgas angeschlossen wird. Die Frage lautet folglich, ob es in der Nähe Fernleitungen für heizwertreiches Erdgas gibt, die anderen Gesellschaften gehören als denjenigen, die ein Interesse an der Verteilung von heizwertarmem Erdgas haben. Sollte dies der Fall sein, wird das Risiko, solche Kunden an eine andere Ferngasgesellschaft zu verlieren, die "derzeitige", heizwertarmes Erdgas liefernde Ferngasgesellschaft eher dazu bringen, die Umstellung selbst vorzunehmen (falls der Preis durch den Produzenten erhöht wird). Eine Erhöhung des Preises würde sich für die Ferngasgesellschaft damit nicht lohnen.
(122) Im Hinblick auf den Erdgasbedarf der Industrie muss eine Unterscheidung zwischen Nordrhein-Westfalen (NRW) und Niedersachsen gemacht werden. In NRW liegen die Erdgasverkäufe pro km2 ungefähr dreimal höher als in Niedersachsen und die Zahl der Industrieabnehmer pro km2 übertrifft die Anzahl in Niedersachsen um den Faktor 2,5. In NRW dürften die Fernleitungen "Wedal" und "Midal" von Wingas daher in der Reichweite einer ausreichend großen Zahl von Verbrauchern liegen, so dass eine Umstellung möglich wäre. Darüber hinaus befindet sich ein Untertagespeicher von Wingas in Rehden an der Grenze zwischen NRW und Niedersachsen, wodurch das Unternehmen in der Lage wäre, die erforderliche Umstellung für seine Kunden in diesen beiden Bundesländern vorzunehmen. In Niedersachsen verfügt Wingas ebenfalls über ein Hochdruckleitungsnetz für heizwertreiches Erdgas. Daraus resultiert, dass das einzige wichtige Gebiet, das außerhalb der Reichweite dieses Netzes liegt, der Raum von Hannover ist. Jedoch reicht der verfügbare Umfang wahrscheinlich aus, um eine Preissteigerung als nicht lohnenswert erscheinen zu lassen.
(123) Es müsste jedoch eine spezielle Pipeline von der Wingas gehörenden Hochdruckleitung für heizwertreiches Erdgas zu dem entsprechenden Verbraucher in der Industrie gebaut werden, was Zeit und finanzielle Aufwendungen erfordert. In der Praxis ist diese Verfahrensweise nur gewinnbringend, wenn der Kunde einem Exklusivliefervertrag mit einer Laufzeit von 5-10 Jahren zustimmt. Der derzeitige Lieferant von heizwertarmem Erdgas kann daher seinen Preis über den vorherrschenden Preis für heizwertreiches Erdgas hinaus erhöhen und zwar mit einer Marge bis zu den Grenzkosten der neuen Infrastruktur. Vereinbarungen dieser Art sind in der Branche jedoch nicht ungewöhnlich, so dass die Kosten der zusätzlichen Gasleitung gewinnbringend verrechnet werden können, wie die Erfahrung von Wingas in anderen Regionen bewiesen hat.
(124) Wingas führt an, dass sich in Niedersachsen nur wenige Kunden mit einem größeren Bedarf in einer angemessenen Entfernung zur von diesem Unternehmen betriebenen Hochdruck-Pipeline für heizwertreiches Gas befinden, so dass die Erfahrungen des Unternehmens in anderen Regionen nicht auf den von Wingas als gesonderten räumlich relevant betrachteten Markt, nämlich das norddeutsche Gebiet für heizwertarmes Gas, zutreffen.
(125) Die Kommission erkennt an, dass die Umstellungskosten für die Kunden aus der Industrie nicht immer gering sind. [Ein Unternehmen]* hat angegeben, dass Kunden aus der Industrie, die Erdgas als Einsatzmaterial für einen chemischen Prozess verwenden, mit Kosten von mehr als 20 Mio. Euro konfrontiert werden können. Jedoch sind der Kommission derartige Kunden in dem einschlägigen deutschen Gebiet nicht bekannt.
(126) Aus diesem Grunde gelangt die Kommission insgesamt zu dem Schluss, dass eine ausreichende Zahl deutscher Industrieabnehmer von heizwertarmem Erdgas und Stromerzeugungsunternehmen die Möglichkeit haben, ihren Bedarf auf Wingas zu verlagern, wenn sie mit einer permanenten Preiserhöhung für heizwertarmes Erdgas konfrontiert werden, und somit dazu beitragen, dass eine solche Preissteigerung sich wirtschaftlich nicht auszahlt.
Umstellung der lokalen Verteilerunternehmen
(127) Die lokalen Verteilerunternehmen versorgen die Haushalte und sonstige Kleinverbraucher. Aus diesem Grunde sind sie auf Lieferanten angewiesen, die ihnen einen hohen Swing anbieten. Eine Umstellung würden sie nur in Erwägung ziehen, wenn der neue Lieferant in der Lage ist, ihnen heizwertreiches Erdgas mit einem hohen Swing anzubieten. Wingas betreibt einen Untertagespeicher in dem Gebiet (in Rehden) und ist daher in der Lage, den Swing bereitzustellen.
(128) Schließlich kommen auf Energieversorger und/oder Lieferant noch die Kosten für die Umstellung der Haushalte zu. Nach Schätzungen auf der Grundlage einer detaillierten, über die Parteien übermitteln Kostenabschätzung eines "in der Umstellung von Haushalten" erfahrenen Unternehmens liegen diese Kosten bei ungefähr 60 EUR pro Haushalt. Bei einem typischen Verbrauch eines Haushaltes von 80 Mio. BTU, einem Preis des lokalen Verteilerunternehmens von 3,4 EUR/Mio. BTU und einem typischen Erdgaspreis für Haushalte von 8 EUR/Mio. BTU verringert ein um 5 % erhöhter Preis für heizwertarmes Erdgas, das von der Ferngasgesellschaft für heizwertarmes Erdgas geliefert wird, die Gewinnspanne des lokalen Verteilerunternehmens um 13,5 EUR, ein um 10 % erhöhter Preis um 27 EUR. Demzufolge wären die Kosten, die dem lokalen Verteilerunternehmen durch die Umstellung entstehen, innerhalb von zwei bis vier Jahren amortisiert. Da die typische Laufzeit eines Liefervertrages zwischen einer Ferngasgesellschaft und einem lokalen Verteilerunternehmen zwischen 10 und 20 Jahren liegt, würde eine Erhöhung des Preises um 5-10 % den Wechsel des lokalen Verteilerunternehmens zu einem alternativen Lieferanten von heizwertreichem Erdgas nicht als gewinnbringend erscheinen lassen. Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass nach Umstellung eines Haushaltes auf heizwertreiches Erdgas die Heizungsanlagen auch weiterhin sicher mit heizwertarmem Erdgas betrieben werden können, bis heizwertreiches Erdgas im lokalen Verteilungsnetz anliegt. Einzige Folge ist ein zeitweiliger marginaler Effektivitätsverlust. Erfolgt die Umstellung in den Sommermonaten, wird dieser Effektivitätsverlust sogar noch vermindert.
(129) Es wurde geltend gemacht, dass selbst dann, wenn eine Umstellung von heizwertarmem auf heizwertreiches Erdgas möglich wäre, ein lokales Verteilerunternehmen diese Umstellung nicht vornehmen würde, wenn es dadurch zu einer "Insel mit heizwertreichem Erdgas" in einem Gebiet mit heizwertarmem Erdgas würde. Das hätte erhebliche Konsequenzen für die Versorgungssicherheit, und es könnte sein, dass der Kunde nicht bereit ist, ein solches Risiko einzugehen. Nach Meinung von Wingas ist das der Hauptgrund, warum trotz Rabattangeboten von 5 - 8 % (Information von den Parteien) im Vergleich zum derzeitigen Preisniveau weniger als fünf lokale Verteilerunternehmen (Stadtwerke) in Deutschland von der Umstellung von heizwertarmem auf heizwertreiches Erdgas überzeugt werden konnten.
(130) Dieses Argument kann in der gegenwärtigen Situation eines permanenten relativen Preisanstiegs nicht akzeptiert werden. In einer solchen Situation wäre der Anreiz zur Umstellung für alle Kunden gleich, so dass letzten Endes keine Inselsituation mehr bestuende.
c) Die Alternativen, die sich den Kunden der etablierten Ferngasgesellschaften bieten, werden zunehmend zum Ansporn für diese Unternehmen, die Umstellung vorzunehmen.
(131) Es ist nur normal und verständlich, wenn eine Ferngasgesellschaft, die angesichts einer Steigerung des Preises für heizwertarmes Erdgas im Vergleich zu heizwertreichem Erdgas zu der Schlussfolgerung gelangt, dass ein wesentlicher Teil ihrer Kunden die Möglichkeit hat, zu einem Konkurrenzunternehmen zu wechseln, ihre Stellung verteidigt. Die Gesellschaft wird daher darauf achten, dass sie selbst gleichfalls in der Lage ist, das billigere heizwertreiche Erdgas anzubieten. Folglich wird die "etablierte" Ferngasgesellschaft die Umstellung selbst vorantreiben.
Schlussfolgerung im Hinblick auf die Substituierbarkeit auf der Nachfrageseite
(132) In diesem Verfahren gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass eine permanente relative Preissteigerung von heizwertarmem Erdgas sich aus den folgenden Gründen nicht lohnen würde, a) Die Erdgaskette für heizwertarmes Erdgas muss früher oder später ohnehin auf heizwertreiches Erdgas umgestellt werden, b) eine Erhöhung dieses Preises wird die Umstellung beschleunigen, c) in dem relevanten deutschen Gebiet sind Alternativen in Form von Lieferungen von heizwertreichem Erdgas durch Wingas gegeben, d) die Einsicht in diese Gegebenheiten wird die heizwertarmes Erdgas liefernden Ferngasgesellschaften verstärkt zur Umstellung im eigenen Versorgungsgebiet veranlassen.
(133) Richtig ist jedoch, dass die Umstellungskosten einen Wettbewerbsvorteil für die Transportgesellschaft bedeuten, die in der Lage ist, die gültige Spezifikation anzubieten, da damit die Schwelle zum Wechsel zu einem anderen Lieferanten höher gesetzt wird.
Räumlich relevanter Markt
(134) Die Parteien sind der Meinung, dass es sich bei den Ferngasmärkten generell um nationale Märkte handelt. Hierzu verweisen sie darauf, dass die Verteilung seit jeher überwiegend auf nationaler Basis durch nationale oder regionale Betreiber organisiert wird. Jedoch vertreten die Parteien die Auffassung, dass der Trend zu grenzüberschreitenden Käufen nach Annahme der Erdgasbinnenmarktrichtlinie nicht ignoriert werden kann. Ferner sind die Parteien der Meinung, dass Versuche zur Erhöhung der Preise in den einzelnen Mitgliedstaaten nach dem Zusammenschluss nicht nur durch den Wettbewerb auf nationaler Ebene vereitelt würden, sondern auch durch zunehmende grenzüberschreitende Käufe seitens der Ferngasgesellschaften, lokalen Verteilerunternehmen, Stromerzeugungsunternehmen und industriellen Großverbraucher.
(135) Da die Besitzverhältnisse an der Infrastruktur nach wie vor weitgehend auf nationaler Ebene organisiert sind und die Bedingungen für den Netzzugang im wesentlichen auf nationaler Basis bestehen bleiben, vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Märkte auf absehbare Zeit zum größten Teil nationale Märkte bleiben.
a) Niederlande
(136) Aus den im vorstehenden Punkt genannten Gründen stimmt die Kommission den Parteien zu, dass der niederländische Ferngastransportmarkt ein nationaler Markt ist.
b) Überregionale(r) Ferngastransportmarkt(-märkte) in Deutschland
(137) Was Deutschland betrifft, gibt es Anzeichen, dass die Märkte zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch regionale Märkte sind. Die Regionen werden definiert durch a) vormals bestehende (nunmehr jedoch gesetzwidrige) Abgrenzungsvereinbarungen, wie sie beispielsweise Ruhrgas mit BEB und Thyssengas abgeschlossen hat und b) durch die Besitzverhältnisse an den überregionalen Ferngashochdruckleitungen. Ungeachtet der Tatsache, dass die Abgrenzungsvereinbarungen seit April 1998 rechtswidrig sind, wurden nur zwei Vereinbarungen mit einem deutschen Kunden außerhalb des eigenen regionalen Territoriums der Ferngasversorgungsgesellschaft abgeschlossen, beide von Ruhrgas über Jahreslieferungen von je [...]* Mio. m3 sowie über den Bau einer neuen Leitung. [...]*
Die alten Gebietsabgrenzungen gelten angesichts der Angst vor Vergeltungsmaßnahmen weiter
(138) Interne Dokumente von [...]*, [...]* und [...]* bestätigen, dass angesichts der Angst vor Vergeltungsmaßnahmen die alten Gebietsabgrenzungen nach wie vor relevant sind.
(139) [...]*
(140) [...]*(12)
(141) [...]*
(142) [...]*
(143) [...]*
(144) [...]*(13)
(145) [...]*
(146) [...]*
Definition der Regionen
(147) Folglich würden sich die Regionen wie folgt zusammensetzen: 'Thyssengas'-Region (westlicher Teil von Nordrhein-Westfalen entlang der belgisch-niederländischen Grenze), 'BEB'-Region (Hamburg, Schleswig-Holstein sowie Teile von Bremen und Niedersachsen), 'VNG'-Region (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Teile von Sachsen und Sachsen-Anhalt - eine Region, in der Ruhrgas kein eigenes Leitungsnetz unterhält) und das 'Ruhrgas'-Territorium (die übrigen alten Bundesländer sowie die Teile von Sachsen und Sachsen-Anhalt, die von einer regionalen Ferngasgesellschaft versorgt werden, die Ruhrgas und VNG gemeinsam gehört).
Stellung einiger anderer überregionaler Ferngasgesellschaften
(148) Mobil hatte nie eine "eigene Region" und verfügte auch zu keiner Zeit über Hochdruckleitungen. Dennoch konnte das Unternehmen seine Kunden über Netzzugangs- Vereinbarungen mit [...]* beliefern.
(149) Wingas verfügt über ein eigenes Leitungsnetz und tritt in jedem dieser Gebiete als Wettbewerber auf. Die meisten regionalen Ferngasgesellschaften befinden sich in Reichweite des Leitungsnetzes von Wingas (Korridor von maximal 50 km). Daraus kann jedoch nicht geschlussfolgert werden, dass die Wettbewerbsbedingungen im ganzen Land identisch sind. [...]* geht hervor, dass die jeweiligen überregionalen und regionalen Ferngasgesellschaften ihre Preise in Abhängigkeit davon, ob der Kunde eine Alternative in Form von Lieferungen durch Wingas hat oder nicht, unterschiedlich gestalten.
Die von der Branche in Deutschland vorgeschlagene Regelung des Netzzugangs (Referenzfall VV Gas) wird den räumlichen Rahmen der Wettbewerbsbedingungen nicht beeinflussen
(150) Aufgrund der Darlegungen zur VV Gas im Abschnitt "Sachlich relevanter Markt" ist die Kommission nicht der Meinung, dass es die VV Gas möglich machen wird, Erdgas im Wettbewerb mit den etablierten Unternehmen zu importieren.
(151) Die Kommission ist der Meinung, dass die VV Gas aus vorausschauend-analytischer Sicht nicht ausreicht, um den Markt als landesweit bezeichnen zu können. Hierfür sei auf die Begründung im oben genannten Abschnitt zu den im VV-Gas-Konzept enthaltenen Einschränkungen sowie den Referenzfall der Gasbranche im Hinblick auf die folgenden Umstände verwiesen: a) die Einschätzung, ob freie Kapazität vorhanden ist, erweist sich allgemein als schwierig, b) bei einer Mindestlaufzeit von einem Jahr dient für die Bestimmung freier Leitungskapazität stets die Spitzenauslastung im Winter als Bezugspunkt, c) Schwierigkeiten, die sich aus den Erdgasspezifikationen ergeben (Heizwert, Druck usw.) und d) der begrenzte Umfang der angebotenen Leistungen. Darüber hinaus berücksichtigt die Kommission, dass im Streitfalle zwischen einer Partei, die den Netzzugang wünscht, und einer anderen Partei, die den Netzzugang verweigert, die entsprechenden Verfahren vor den Wettbewerbsbehörden bzw. den Gerichten mehrere Jahre dauern könnten, bevor ein "Präzedenzfall" geschaffen wird.
Ergebnis
(152) Auf der Grundlage der bislang gemachten Ausführungen ist die Kommission der Meinung, dass die Ferngastransportmärkte in Deutschland noch regional unterteilt sein könnten, d. h. weiterhin den vormaligen Gebietsabgrenzungen folgen. In dieser Entscheidung ist es möglicherweise nicht erforderlich, den überregionalen Ferngastransportmarkt innerhalb von Deutschland geographisch zu bestimmen, da der Zusammenschluss auch zur Stärkung einer (kollektiven) marktbeherrschenden Stellung auf dem überregionalen Ferngastransportmarkt Deutschlands führt.
(153) In ihrer Antwort haben die Parteien angeführt, dass der Markt nationalen und nicht regionalen Charakter trägt. Ihren Angaben zufolge werden die Gaspreise durch den konkurrierenden Brennstoff bestimmt, und nicht von der geographischen Lage. Dies ist jedoch ein Widerspruch zu der Erkenntnis, zu der die Kommission bei den Nachforschungen auf dem Markt gelangt ist, dass die Preise nämlich auch davon abhängig sind, ob der Abnehmer einen alternativen Lieferanten hat (Wettbewerb zwischen den lokalen Verteilerunternehmen) oder nicht. Ferner führen die Parteien an, dass eine vorausschauende Analyse auch die erst kürzlich erfolgte Abschaffung der Gebietsabgrenzungen und die unmittelbar bevorstehende Branchenvereinbarung über den ausgehandelten Netzzugang berücksichtigen muss. Dennoch verbleiben noch zu viele Unsicherheitsfaktoren, als dass geschlussfolgert werden könnte, dass die letztendliche Vereinbarung zum Entstehen eines nationalen Marktes führt, der von den gleichen Wettbewerbsbedingungen geprägt ist.
Position der Marktakteure
a) Der Ferngasmarkt der Niederlande
1. Beziehung zwischen den niederländischen Gasproduzenten und Gasunie
(154) 1947 gründeten Exxon und Shell mit einer Beteiligung von jeweils 50 % ein Gemeinschaftsunternehmen, das Nederlandse Aardolie Maatschappij ("NAM"). Aufgabe dieses Unternehmens sind die Exploration von Kohlenwasserstofflagerstätten in den Niederlanden und die Rohstoffförderung. Nach der Entdeckung des großen Groninger Gasfeldes durch NAM im Jahre 1959 nahm die niederländische Regierung eine Strukturierung der Gasindustrie der Niederlande entsprechend der strategischen Bedeutung des Groninger Gasfeldes für die niederländische Wirtschaft vor. Zu diesem Zweck schloss die niederländische Regierung 1963 mit Exxon, Shell und NAM eine Vereinbarung ab, die NAM die Verantwortung für die Erarbeitung und Beantragung der Groninger Konzession im Auftrag der Groninger Gesellschaft übertrug, an der NAM einen Anteil von 60 % und die Regierung der Niederlande über EBN einen Anteil von 40 % hatte. Ferner gründeten Exxon, Shell und die niederländische Regierung ein Unternehmen namens Gasunie, dem die Vermarktung des im Gebiet von Groningen geförderten Gases übertragen wurde. Während die niederländische Regierung 50 % der Aktien (10 % direkt und 40 % über EBN) besitzt, haben Exxon und Shell einen Anteil von jeweils 25 %. Schließlich hat die Regierung der Niederlande eine zivilrechtliche Vereinbarung mit Gasunie abgeschlossen, wonach bestimmte kommerzielle Entscheidungen von Gasunie der Zustimmung der Regierung bedürfen.
(155) Seit 1959 hat NAM die Förderlizenzen für weitere On- und Offshore-Gasfelder der Niederlande erworben, und gegenwärtig stammen etwa 50 % der Fördermenge aus diesen (verglichen mit dem Groninger Gasfeld) sogenannten kleinen Feldern. Angaben der Beteiligten zufolge kommt die Mehrzahl dieser Konzessionen auch den Gesellschaften zugute, an denen EBN im allgemeinen einen Anteil von 40 bis 50 % hat. Das aus diesen Feldern geförderte Gas wird an Gasunie verkauft. Wegen [...(14)]* müssen außerdem künftig alle neu erschlossenen Vorkommen an Gasunie verkauft werden. Insgesamt produziert NAM 75-80 % des in den Niederlanden geförderten Gases (bei Berücksichtigung der Beteiligung von EBN an der Produktion von NAM entfallen auf NAM ca. 45 % der Produktion auf Nettokapitalbasis). Ferner hat EBN seine Kapitalbeteiligung kontinuierlich über Gasunie vermarktet. [...]*.
(156) Bis 1994 waren die niederländischen Produzenten gezwungen, das gesamte für den Binnenmarkt bestimmte Gas an Gasunie zu verkaufen. Sie durften selbst auf dem Exportmarkt verkaufen, obgleich die Preise staatlich festgelegt wurden und noch werden. Ferner ist Gasunie verpflichtet, Gas von den kleinen Feldern zu finanziellen Bedingungen zu kaufen, die anfangs noch vor Beginn der Förderung festgelegt wurden, als der Produzent sich entschieden hat, das Gas der Gasunie anzubieten. [...]*
(157) So würde die niederländische Regierung sicherlich einem im Rahmen einer Exportvereinbarung für niederländisches Gas vereinbarten Preis nicht zustimmen, wenn dieser unter dem Nettopreis von Gasunie, der als "Norm Inkoop Prijs" (NIP oder Normativer Kaufpreis) bezeichnet wird, liegt. Auf diese Weise sichert sich die Regierung ihren Anteil am "Erdgaskuchen".
(158) [...]*(15)
(159) NAM besitzt zwei der drei niederländischen Untertagespeicheranlagen (erschöpfte Gasfelder), die es zu 100 % an Gasunie verpachtet hat. Auch die dritte, von BP Amoco betriebene Anlage ist vollständig an Gasunie verpachtet, so dass in den Niederlanden ausschließlich Gasunie Untertagespeicheranlagen anbieten kann. Zwar gibt es im Lande mehrere erschöpfte Gasfelder, die durchaus zu Untertagespeichern für den Binnenmarkt ausgebaut werden können, jedoch ist angesichts der damit verbundenen Risiken nicht anzunehmen, dass diese von anderen Unternehmen ausgebaut werden. Die Risiken beziehen sich auf die erforderlichen Investitionsaufwendungen, die sich als unrentabel erweisen können, sobald Gasunie seine Tarife senkt. Ferner wird festgehalten, dass [...]*.
2. Unternehmensführungsstruktur von Gasunie
(160) Gasunie befindet sich zu 50 % in Besitz des niederländischen Staates, der Anteil von Exxon und Shell beläuft sich auf je 25 %. Entscheidungen werden durch Mehrheitsbeschluss [...]* gefällt. Spezielle Aktionärsvereinbarungen wurden nicht abgeschlossen, so dass Exxon de jure keine Kontrolle über Gasunie im Sinne der Fusionskontrollverordnung ausüben kann.
(161) Was die De-facto-Kontrolle anbetrifft, so vertreten die Parteien den Standpunkt, dass es zwischen Exxon und Shell keine gemeinsamen Interessen gibt. [...]*. Aus den nachfolgend genannten Gründen erübrigt sich jedoch die Entscheidung, ob Exxon nun eine De-facto-Kontrolle über Gasunie im Sinne der Fusionskontrollverordnung ausübt oder nicht.
3. Die Position von Gasunie auf dem niederländischen Gasmarkt
(162) Mit einem Anteil von etwa [...]* % ist Gasunie das marktbeherrschende Ferngasunternehmen in den Niederlanden. Mit der Einführung seines neues Tarifsystems bestätigte Gasunie seine führende Position ausdrücklich. [...]*(16). Entsprechend seinem "Gasumsatzplan für 1999" wird Gasunie [...]* bereitstellen.
(163) Gasunie ist im Besitz des gesamten a) niederländischen Hochdruckleitungsnetzes (mit Ausnahme einer Pipeline im Süden der Niederlande, über die Gas aus dem Vereinigten Königreich importiert wird), b) aller Aufbereitungs- und Mischanlagen, c) aller (Untertage- und Flüssigerdgas-) Speicheranlagen oder besitzt die Exklusivrechte für diese Anlagen.
(164) Aus mehreren [Unterlagen]* ist ferner ersichtlich, dass Gasunie kaum Konkurrenz hat und auch weiterhin kaum haben wird. Diese in den folgenden Punkten zitierten Dokumente bekräftigen die interne Einschätzung von Gasunie, dass das Unternehmen eine dominierende Marktposition innehat.
(165) [...]*
(166) [...]*
(167) [...]*
(168) [...]*
(169) [...]*
4. Die Position von Mobil auf dem niederländischen Markt
(170) Mobil ist einer der drei echten Konkurrenten. Angaben der Parteien zufolge hat das Unternehmen einen Anteil von [weniger als 5 %] am Gesamtmarkt. Statoil (oder der norwegische gemeinsame Verhandlungsausschuss, der das gesamte Gasfördervolumen Norwegens vertreibt) verfügt dank eines Liefervertrages mit einem großen Energieerzeuger über einen geschätzten Marktanteil von 4 %. EnTrade, eine Handelsgesellschaft der niederländischen RDC Pnem/Mega, ist der dritte Konkurrent mit einem Marktanteil von 4 %, der hauptsächlich britisches Gas an industrielle Verbraucher und einen Stromerzeuger verkauft, deren Standorte in Reichweite der sich teilweise in Besitz des Unternehmens befindlichen Zebra-Leitung für heizwertreiches Erdgas im Süden der Niederlande gelegen sind. Zwecks Belieferung eines Kunden hat EnTrade mit Gasunie eine Netzzugangsvereinbarung abgeschlossen.
(171) Die Stellung von Mobil in den Niederlanden beruht auf der europäischen Erdgasvertriebsstrategie von Mobil [...]*. Diese europäische Strategie wird in den folgenden Abschnitten eingehend beschrieben. Auch für die Bestimmung der Position von Mobil auf dem deutschen Markt ist die nachfolgende Beschreibung von Bedeutung.
Die europäische Erdgasvertriebsstrategie von Mobil
(172) [...]*
(173) [...]*
(174) [...]*
(175) [...]*
(176) [...]*
Mobil in den Niederlanden
(177) [...]*(17)
(178) [...]*
(179) [...]*
(180) [...]*
b) Ferngasmarkt/-märkte in Deutschland
Marktakteure
(181) In dem Abschnitt, der den sachlich relevanten Markt beschreibt, ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass der Ferngasmarkt einen gesonderten sachlich relevanten Markt darstellt und der Zugang zu diesem dem Wohlwollen der etablierten Unternehmen unterliegt. Ferner wurde festgestellt, dass mit dem Markteintritt eines Neueinsteigers über eigene Neuinvestitionen im Bereich der Infrastruktur nicht zu rechnen ist.
(182) Bei den etablierten Firmen handelt es sich um die Unternehmen, die a) Erdgas von ausländischen Produzenten kaufen, b) über die erforderlichen Voraussetzungen für den Transport des Erdgases über ein Hochdruckleitungsnetz zu ihren Kunden verfügen, c) einen Swing einräumen und d) verbundene Leistungen erbringen können. Ihre Leistungen beruhen entweder auf eigenen Anlageinvestitionen oder dem ihnen von anderen gewährten Netzzugang.
(183) Die wichtigsten Marktakteure sind Ruhrgas, BEB, VNG, Thyssengas und Wingas. Sie erbringen ihre Leistungen ausnahmslos auf der Grundlage eigener Investitionen.
(184) Die aktive Position von Exxon auf dem deutschen Markt ist auf das seit vielen Jahren bestehende Gemeinschaftsunternehmen des Unternehmens mit Shell (Beteiligung jeweils 50 %), der BEB, zurückzuführen. Exxon erkennt an, dass es gemeinsam mit Shell die Kontrolle über BEB im Sinne der Fusionskontrollverordnung ausübt. Auch über ihren Anteil von 25 % an Thyssengas spielt Exxon eine aktive Rolle auf dem Markt. Die restlichen Anteile besitzen Shell (25 %) und RWE (50 %). Exxon erkennt an, dass das Unternehmen gemeinsam mit RWE und Shell die Kontrolle über Thyssengas im Sinne der Fusionskontrollverordnung ausübt.
(185) Ruhrgas ist die größte deutsche überregionale Ferngasgesellschaft. Anteilseigner sind sowohl Exxon (über BEB) als auch Mobil. BEB besitzt 29,5 % der Anteile. Der größte Teil der mit diesem Beteiligungsverhältnis verbundenen Stimmrechte (25 %) wird direkt ausgeübt, der restliche Anteil (4,5 %) geht in den sogenannten Schubert-Pool von Ruhrgas ein, der 15 % der Stimmen von Ruhrgas besitzt. Dem Pool gehören Mobil (Anteil von 7,4 %), BEB (4,5 %), BPAmoco (0,5 %) und Preussag (2,6 %) an. Die Stimmen müssen als einheitlicher Block abgegeben werden, und entsprechend den Regeln des Schubert-Pools darf kein Mitglied mehr als [...] % der Stimmrechte des Pools innehaben. Die Parteien behaupten, dass nach diesen Regeln die gegenwärtigen Stimmrechte der BEB im Schubert-Pool nach erfolgtem Zusammenschluss auf die BPAmoco und Preussag zu übertragen sind. Dabei ist festzustellen, dass sich die Anteilseigner des Schubert-Pools zur Lieferung von [...]* % ihrer nachgewiesenen inländischen Vorräte an Ruhrgas verpflichtet haben. Transportiert werden diese Lieferungen über Erdgasleitungen von [...]*.
(186) Ruhrgas wird formell vom sogenannten Bergemann-Pool kontrolliert, einem Aktionärspool, der 59,76 % der Stimmen repräsentiert. Im Pool wird der Anteil der BPAmoco von 25 % mit den Stimmen einer Gruppe deutscher Kohle- und Stahlerzeuger (die auch sehr häufig im Bereich der Stromerzeugung und -verteilung tätig sind) zusammengeführt. Diese komplizierten Strukturen sollen verhindern, dass Ruhrgas von multinationalen Mineralöl- und Erdgaskonzernen kontrolliert wird.
(187) [...]*(18)
(188) Angesichts der Anteilseignervereinbarung zwischen BEB und Ruhrgas sind ferner [...]* % der Stimmen erforderlich, wenn eine Frage "für BEB von entscheidender Bedeutung ist". Dadurch wird BEB bei allen für den Konzern wichtigen Entscheidungen ein Vetorecht eingeräumt. Angaben der Parteien zufolge wurde von dieser Bestimmung bislang kein Gebrauch gemacht. [...]*
(189) [...]*. Trotz fehlender De-jure-Kontrolle scheinen die Ölgesellschaften eine De-facto-Kontrolle über Ruhrgas auszuüben.
(190) Verbundnetz Erdgas (VNG) ist eine in den neuen Bundesländern agierende überregionale Ferngasgesellschaft. Sie wurde in den 60er Jahren gegründet und nach der Vereinigung privatisiert. Die derzeitigen Gesellschafter sind Ruhrgas (36,8 %), Wintershall (15,8 %), Kommunen (15,8 %) und BEB (10,5 %). Ferner haben Statoil, Erdöl-Erdgas Gommern, PreussenElektra und Gazprom einen Anteil von jeweils 5,2 %. Aus dieser Aufstellung ist ersichtlich, dass mit Ausnahme der Kommunen alle Gesellschafter der VNG Erdgasproduzenten und/oder überregionale Ferngasgesellschaften sind.
(191) Wingas ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Wintershall (Tochtergesellschaft der BASF) (65 %) und Gazprom (35 %).
(192) [...]*
(193) EWE ist de facto eine regionale Ferngasgesellschaft, da das Unternehmen kein importiertes oder eigenes gefördertes Gas an andere Unternehmen weiterverkauft, die ein Hochdrucknetz betreiben (regionale und überregionale Ferngasgesellschaften). Jedoch bezieht das Unternehmen über eine eigene Hochdruck-Pipeline (heizwertarmes Gas) einen wesentlichen Teil des von ihm vertriebenen Gases von Gasunie. Folglich ist EWE in die Gruppe der überregionalen Ferngasgesellschaften einzuordnen.
Marktstellung
a) Gemeinden
(194) Laut Angaben von BEB verfügt das Unternehmen in Norddeutschland (Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen) über einen Marktanteil von [40-50]* %. Die Region "Norddeutschland" ist jedoch größer als das Abgrenzungsgebiet von BEB, zu dem lediglich Teile Bremens und Niedersachsens gehören. Das restliche Gebiet gehört zum "Ruhrgas-Territorium", wobei Ruhrgas wiederum eine Abgrenzungsvereinbarung mit Erdgas Münster abgeschlossen hat. Dies bedeutet, dass BEB in ihrem Abgrenzungsgebiet über einen Marktanteil von mehr als [40-50]* % verfügt.
(195) [...]*
(196) [...]*
(197) Aus dem Strategiepapier von RG vom Oktober 1998 geht hervor, dass das Unternehmen infolge des Wettbewerbs zwischen den lokalen Verteilerunternehmen seinen Anteil von 100 % in seinem Gebiet nicht halten kann. Obgleich keine genauen Daten zur Verfügung stehen, kann doch die Tatsache, dass RG etwa [+ 50]* % des Gasbedarfs der in seinem Gebiet operierenden regionalen Ferngasgesellschaften liefert, als bester verfügbarer Näherungswert für den Marktanteil des Unternehmens gewertet werden.
(198) Selbst laut Angaben der Parteien in ihrem Antwortschreiben auf ein Ersuchen nach Artikel 11 hat VNG 1997 einen Marktanteil von [90-100]* % und TG von [70-80]* %. [...]*
b) Deutschland
(199) Alle im vorliegenden Abschnitt aufgeführten Umsatzdaten beziehen sich auf das Jahr 1997. Die Gesamtgasimporte Deutschlands belaufen sich auf 75,6 Mrd. m3.
(200) Mit [...]* Mrd. m3 hat BEB einen Anteil von 50 % an der gesamten Gasförderung Deutschlands. Zudem kauft das Unternehmen weitere [...]* Mrd. m3 von Gasunie, Gazprom, DONG (dänische Mineralöl- und Gasgesellschaft), von GFU (norwegisches Gasvertriebsunternehmen) und geringere Mengen von anderen deutschen Produzenten. Thyssengas importiert [...]* Mrd. m3. Mobil importiert [...]* Mrd. m3 von der eigenen Produktion in den Niederlanden und aus Norwegen. Ferner gehört Mobil zu den deutschen Gasproduzenten (mit [...]* Mrd. m3 etwa [...]* % der deutschen Produktion). Ruhrgas bezieht [...]* Mrd. m3 aus den Niederlanden, Norwegen, Dänemark und Russland. Das Unternehmen kauft [...]* Mrd. m3 deutsches Gas. VNG importiert [...]* Mrd. m3. Wingas importiert 6,9 Mrd. m3. Wie bereits festgestellt, bezieht EWE [...]* Mrd. m3 Gas von Gasunie.
(201) Aus den vorstehenden Importdaten ergeben sich die folgenden Marktanteile der überregionalen Ferngasgesellschaften: RG [50-60]* %, BEB [10-20]* %, VNG [10-20]* %, Wingas [0-10]* %, TG [0-10]* %, Mobil [0-10]* % und EWE [0-10]* %.
Die Strategie von Mobil in Deutschland
(202) In seinem europäischen Strategiepapier beschreibt Mobil seine Unternehmensposition in Deutschland wie folgt:
[...]*
(203) [...]*
(204) [...]*
Wettbewerbsrechtliche Würdigung
a) Ferngasmarkt der Niederlande
In ihren internen Dokumenten bestätigen die Parteien und Gasunie, dass Gasunie eine marktbeherrschende Stellung innehat und dies auch künftig der Fall sein wird.
(205) Ausgehend von den im Abschnitt zur Stellung der Parteien auf dem Markt erörterten Dokumenten kann geschlussfolgert werden, dass Gasunie über eine marktbeherrschende Stellung verfügt und dies auch künftig so sein wird (derzeitiger Marktanteil [80-90]* %, woran sich in den kommenden [...]* Jahren kaum etwas ändern dürfte).
Der von den echten Konkurrenten ausgehende Konkurrenzdruck bleibt begrenzt.
(206) Neben Mobil gibt es zwei weitere echte Konkurrenten, Statoil und EnTrade. Angaben von Statoil zufolge lässt sich "ihre Politik auf den niederländischen (und deutschen) Ferngasmärkten kurz als 'Abwartehaltung' charakterisieren". [...]*.
(207) Der "Direktverkauf" durch Statoil an das Werk in Eems ist die bislang einzige von Statoil direkt abgeschlossene Vertriebsvereinbarung, so dass die Kommission ausgehend von den obigen Feststellungen insgesamt der Meinung ist, dass Statoil nicht als Konkurrent betrachtet werden kann, der weiterhin auf dem Markt agieren wird. [...]*.
(208) Ein weiterer echter Konkurrent ist EnTrade. Entrade hat einen Vertrag abgeschlossen über [...]*. Die Lieferkapazität der EnTrade über die eigene Pipeline scheint mehr oder weniger erschöpft zu sein, und die Möglichkeiten für eine weitere Umsatzsteigerung durch eine Vereinbarung mit Gasunie über den Netzzugang offensichtlich begrenzt [...]*.
(209) Mobil hat einen Jahresgasumsatz in Höhe von [...]* unter Vertrag. Ca. [...]* dieses Gesamtvolumens stammen aus dem Vereinigten Königreich, der Rest aus der Konzession von Mobil in Nordfriesland (Anjum). Einer dieser Verträge ist ein [...]*. Mobil hat wissen lassen, dass das Unternehmen für Lieferungen mit einem hohen Swing über keine freie Kapazitäten aus eigener Förderung mehr verfügt.
Potenzieller Wettbewerb
(210) [...]*
(211) Die Parteien verweisen auf das nahegelegene, über freie Kapazität verfügende LNG-Terminal in Seebrügge und die Anschlussleitungen, die eine sofortige Belieferung der Niederlande mit verfluessigtem Erdgas ermöglichen. Ferner stellen sie in ihrer Antwort fest, dass Sonatrach, die algerische Gasgesellschaft, auf diese Weise Zugang zum niederländischen Markt erhalten könnte. Die Parteien machten keine Angaben zur vorhandenen freien Kapazität des Terminals in Zeebrugge und der Anschlusspipelines. Jedoch sind neue LNG-Lieferungen deutlich teurer (Kosten in Höhe von 16-19 Cent (HFL)/m3) als Lieferungen aus der Pipeline. Zudem es gibt keine Anzeichen für eine vertikale Integration von Sonatrach auf einem anderen europäischen Gasmarkt. Somit ist ein potentieller Eintritt von Sonatrach in den niederländischen Markt nicht sehr wahrscheinlich.
(212) Angaben der Parteien zufolge befördert ferner die jüngst unterzeichnete Vereinbarung zwischen Gazprom und Ruhrgas über den Netzzugang Gazprom den möglichen Eintritt in den niederländischen Markt. Wenn diese Vereinbarung den Eintritt auch erleichtern mag, macht sie ihn doch nicht wahrscheinlicher. [...]*. In ihrer Antwort führen die Parteien an, dass die mögliche mit einer Vereinbarung zum Parallelabsatz verbundene Erleichterung nur für den Direktvertrieb von Gazprom an einen vorhandenen Gasunie-Kunden gilt. Jedoch gehören mit Ausnahme der Abnehmer von Statoil, EnTrade und Mobil (d. h. ein Marktanteil von [80-90]* %) alle anderen zum vorhandenen Kundenkreis von Gasunie, so dass der Schutz doch einen recht beträchtlichen Umfang hat.
(213) Die Parteien verweisen in ihrer Antwort ferner darauf, dass die großen Ferngasgesellschaften auf dem europäischen Kontinent über Gasvorräte an mehreren Orten entlang der niederländischen Grenze verfügen. Distrigas, Thyssengas, Wingas, SNAM, Gaz de France, BEB und Ruhrgas verfügen alle über Gasbestände, die sie auf dem niederländischen Markt verkaufen könnten, und es gibt keine Vereinbarungen über den Parallelabsatz zwischen Gasunie und den genannten Gesellschaften hinsichtlich eines solchen Verkaufs. Richtig ist, dass die genannten Unternehmen alle über Gasvorräte an verschiedenen Stellen entlang der niederländischen Grenze verfügen, da mit Ausnahme von Wingas alle Gas von Gasunie beziehen. Selbst wenn der Vertrag diesen Unternehmen den Wiederverkauf des Gasunie-Gases in den Niederlanden gestatten würde oder wenn sie Zugang zu nahegelegenen anderen Gasquellen zwecks Verkauf in den Niederlanden hätten, ist es unwahrscheinlich, dass diese Unternehmen angesichts der Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen seitens Gasunie ihren Lieferanten "angreifen" [...]*.
(214) Selbst wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass eines oder mehrere der obigen Gesellschaften oder auch andere Unternehmen auf den niederländischen Markt vordringen, ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass nur ein minimaler Raum für eine mögliche Erweiterung des Wettbewerbs gegeben ist, da Gasunie selbst davon ausgeht, dass es [...]* kaum an Marktanteilen verlieren wird. Diese Einschätzung des Unternehmens wurde in voller Kenntnis der eigenen Tarifstruktur für den Netzzugang und der Liberalisierungspläne der niederländischen Regierung vorgenommen.
(215) Hinsichtlich des Gastarifs von Gasunie ist der Kommission bekannt, dass alle in Frage kommenden, für den Betrieb eines Erdgasunternehmens in den Niederlanden erforderlichen Leistungen im Tarif berücksichtigt sind. Somit steht der Tarifumfang im Widerspruch zu der eher eingeschränkten Betrachtungsweise der deutschen Erdgasindustrie in der derzeitigen VV Gas, die "nur den Leitungstransport" vorsieht. Diese Tarife lassen jedoch einen solchen Eintritt nicht wahrscheinlicher werden. Der Tarif beruht auf der Alternative des Kunden, die Leistungen selbst zu erbringen, und wird somit anhand der Wiederbeschaffungskosten der Infrastruktur berechnet. Während die Kommission anerkennt, dass über den Tarif die Größenvorteile von Gasunie auf den Kunden übertragen werden, [...]*.
(216) [...]*
(217) [...]*
Mobil befindet sich in einer einzigartigen Lage
(218) [...]*
(219) Die Parteien führen an, dass Mobil nicht über die erforderliche Stärke verfügt, um im Wettbewerb auf dem niederländischen Markt zu bestehen, und ein beliebiger Neueinsteiger die Position von Mobil auf dem niederländischen Markt erreichen und sogar noch überbieten kann. Sie weisen darauf hin, dass alle niederländischen Produzenten, die über freie Reserven verfügen, mehrere Vertriebsoptionen haben: Export, Verkauf an einen Händler, an einen Endverbraucher in den Niederlanden, ein regionales Verteilerunternehmen oder an Gasunie. Obgleich dies einerseits stimmt, ist andererseits festzustellen, dass alle derzeit vorhandenen Reserven mit Ausnahme von Teilen der von Mobil bereits für Gasunie vorgesehen sind. In den Niederlanden verfügt Mobil über [...]* Mrd. m3 an nachgewiesenen Reserven, von denen [...]* Mrd. m3 noch nicht gebunden sind. Zudem stehen Mobil weitere [...]* Mrd. m3 an wahrscheinlich ausbeutbaren Reserven zur Verfügung. [...]*. Auch diese Tatsache trägt zur "einzigartigen" Position von Mobil bei.
(220) Außerdem wird auf die Strategie von Mobil verwiesen, die [...]*.
Durch den Zusammenschluss wird Mobil als Konkurrent ausgeschaltet.
(221) Der Zusammenschluss von Mobil und Exxon würde unter normalen Umständen den Anreiz für Mobil, als Konkurrent von Gasunie aufzutreten, deutlich verringern. Exxon verfügt über eine bedeutende und lukrative Beteiligung an Gasunie, und geringere Erträge, die auf den Preiswettbewerb zwischen zwei seiner Unternehmungen zurückzuführen sind, würden sich auf Exxon negativ auswirken. Angesichts der vertraglichen Vereinbarungen, auf denen die Gründung von Gasunie beruht, wird nicht zugelassen, dass Mobil weiterhin als Konkurrent von Gasunie auftritt.
(222) Entsprechend der Vereinbarung von Exxon mit Shell und der niederländischen Regierung von 1963 hat Exxon das gesamte in den Niederlanden geförderte Erdgas an Gasunie zu verkaufen. Aus diesem Grunde müsste Exxon erst die Zustimmung von sowohl Shell als auch der niederländischen Regierung einholen, bevor das Unternehmen direkt in Konkurrenz zu Gasunie treten kann. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die niederländische Regierung angesichts ihrer Befürwortung der Liberalisierung des Erdgasmarktes Mobil ihre Zustimmung dazu gibt, dass das Unternehmen als Wettbewerber von Gasunie auftritt, wäre eine solche Zustimmung nicht im wirtschaftlichen Interesse von Shell, da der preisliche Wettbewerb einen enormen Gewinnverlust für Gasunie mit sich brächte. [...]*
(223) Der Zusammenschluss führt dazu, dass einer von nur zwei tatsächlich "aktiven" Wettbewerbern von Gasunie vom Markt vertrieben wird. Somit ist die Kommission der Meinung, dass durch den Zusammenschluss die bereits bestehende marktbeherrschende Stellung von Gasunie weiter ausgebaut wird, so dass der funktionsfähige Wettbewerb auf dem niederländischen Ferngasmarkt spürbar behindert würde.
(224) In ihrer Antwort weisen die Parteien darauf hin, dass sich das Marktverhalten von Gasunie durch das Auftreten von Mobil als Konkurrent nicht verändert hat und sich auch durch den Zusammenschluss von Mobil und Exxon nicht ändern werde, da sich die Preisgestaltung bei Gas nach den alternativ zur Verfügung stehenden Brennstoffen richte und für Leistungen Preise in Anrechnung gebracht würden, die den in Europa von anderen Unternehmen erhobenen Sätzen entsprächen. Diese Begründung würde darauf hinauslaufen, dass der Wettbewerb in der Gasindustrie irrelevant ist. Und das ist ganz eindeutig nicht der Fall, selbst wenn man von den internen Dokumenten von Gasunie ausgeht.
Die Fusionskontrollverordnung gilt für die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung von Parteien, die am Zusammenschluss nicht beteiligt sind.
(225) Laut Artikel 2 Absatz 3 der Fusionskontrollverordnung sind Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken, für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären. Somit beschränkt sich Artikel 2 Absatz 3 nicht auf das Verbot von Maßnahmen, die zur Schaffung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung einer oder mehrerer Parteien des Konzentrationsprozesses führen - siehe auch Erwägungsgrund 1, 5 und 7 der Präambel der Verordnung.
(226) Die Urteilsbegründung in der Sache Kali und Salz(19) durch den Gerichtshof und des Gerichts erster Instanz in Gencor(20) bestätigen die obige Schlussfolgerung indirekt. Dabei erkennt die Kommission an, dass es sich um eine indirekte Bestätigung handelt, da sich beide Fälle mit oligopolistischen marktbeherrschenden Stellungen befassen.
(227) In Punkt 171 des Urteils in der Sache Kali und Salz bestätigt das Gericht allgemein, dass es sich bei der geschaffenen oder gefestigten marktbeherrschenden Stellung nicht unbedingt um die der Parteien handeln muss, die am Zusammenschluss beteiligt sind:"Ein Zusammenschluss, der eine beherrschende Stellung der Beteiligten gemeinsam mit einer am Zusammenschluss unbeteiligten Einheit begründet oder verstärkt, kann sich als unvereinbar mit dem vom Vertrag geforderten System des unverfälschten Wettbewerbs erweisen. Wenn also davon ausgegangen würde, dass nur solche Zusammenschlüsse, die eine beherrschende Stellung der an ihnen Beteiligten begründen oder verstärken, von der Verordnung erfasst würden, so wäre deren Zielsetzung so, wie sie sich insbesondere aus den erwähnten Begründungserwägungen ergibt, teilweise gefährdet. Der Verordnung würde auf diese Weise ein nicht unerheblicher Teil ihrer praktischen Wirksamkeit genommen, ohne dass dies in Anbetracht der allgemeinen Systematik der gemeinschaftlichen Fusionskontrollregelung geboten wäre."
(228) Die Kommission ist der Meinung, dass die Schaffung oder Festigung einer marktbeherrschenden Stellung eines Dritten ebenfalls in den Anwendungsbereich von Artikel 2 Absatz 3 der Fusionskontrollverordnung fällt. Ferner ist dabei zu berücksichtigen, dass es sich bei Gasunie um ein Gemeinschaftsunternehmen handelt, an dem eine der Parteien des Zusammenschlusses eine nicht unwesentliche Beteiligung besitzt.
(229) Die Parteien weisen in ihrer Antwort darauf hin, dass es für die obige Anwendung von Artikel 2 Absatz 3 keinen Präzedenzfall gibt. Das mag zwar richtig sein, ist jedoch nicht von Bedeutung. Weiterhin vertreten die Parteien die Ansicht, dass sich eine Anwendung der Fusionskontrollverordnung auf derartige Fälle erübrige, da die europäischen und nationalen Kartellämter über andere Möglichkeiten verfügten, einen Missbrauch der marktbeherrschenden Position eines Dritten zu verhindern. In der Fusionskontrollvereinbarung ist jedoch kein System zur Kontrolle von Missbrauch vorgesehen, sondern eine strukturelle Kontrolle, um die Begründung oder Stärkung einer beherrschenden Stellung zu verhindern.
b) Ferngasmarkt/-märkte in Deutschland
Der wettbewerbslose deutsche Erdgasmarkt
(230) Wie bereits im Abschnitt, der sich mit dem räumlich relevanten Markt befasst, festgestellt, bieten sich für die Betrachtung des deutschen Ferngasmarktes zwei Ansätze an. So kann durchaus der Schluss gezogen werden, dass die Märkte noch regionalen Charakter haben, wobei als Regionen die "alten Gebietsabgrenzungen" gelten. Er kann jedoch auch als nationaler Markt gesehen werden. Die Kommission hat beide Betrachtungsweisen des Ferngasmarktes geprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der angemeldete Zusammenschluss zu einer Stärkung der vorhandenen marktbeherrschenden Stellungen auf dem einheitlichen (regionalen Markt) und/oder gemeinsamen (nationalen Markt) führt.
Hohe Markteintrittsschranken auf dem deutschen Ferngasmarkt
(231) Wie im Abschnitt bezüglich des sachlich relevant Marktes festgestellt wurde, bestehen die Schranken aufgrund der in der Vergangenheit angefallen Istkosten im Zusammenhang mit den hohen Investitionsaufwendungen für die Errichtung einer eigenen überregionalen Ferngasinfrastruktur, aufgrund der langfristigen Lieferverträge mit unbedingter Zahlungsverpflichtung zwischen den Produzenten und den überregionalen Ferngasgesellschaften, den Vertriebsabsprachen in diesen Verträgen und den langfristigen Vereinbarungen zwischen den überregionalen Ferngasgesellschaften und ihren Abnehmern. Dadurch wirkt die Branche sehr stabil. In Deutschland war die Stabilität bis Mai 1998 durch private Vereinbarungen (Abgrenzungsvereinbarungen) geregelt. In dem genannten Abschnitt wurde ferner festgestellt, dass ausgehend von der Netzzugangsregelung, wie sie von der deutschen Erdgasindustrie vorgesehen ist (Referenzfall VV Gas) ein Infragestellen der Position der überregionalen Ferngasgesellschaften nicht wahrscheinlich ist.
Angebotskonzentration
(232) RG, BEB, TG und VNG haben insgesamt einen Anteil von [80-90]* % an den Erdgasimporten Deutschlands. Dies führt zu einer starken Angebotskonzentration, und aus den in der Beschreibung des räumlich relevanten Marktes (regionale Märkte) genannten Dokumenten ist ersichtlich, dass die stabile Beziehung zwischen den vier Unternehmen aufgrund der von ihnen geteilten Furcht vor Vergeltungsmaßnahmen weiterbestehen wird.
Zwischen den Marktakteuren bestehende Verbindungen mindern die Anreize für ein Wettbewerbsverhalten zwischen Ruhrgas, BEB und Thyssengas.
(233) Bereits vor dem Zusammenschluss waren die sechs überregionalen Ferngasgesellschaften über Beteiligungen in irgendeiner Form miteinander verbunden. BEB und Thyssengas werden gemeinsam von Exxon und Shell kontrolliert. BEB und Mobil sind Anteilseigner bei Ruhrgas. Ruhrgas, BEB und die beiden Anteilseigner von Wingas (Gazprom und Wintershall) besitzen Anteile an VNG. Anhand dieser Verflechtungen zeigt sich, dass die Verbindungen zwischen Wingas und den anderen Unternehmen weniger eng sind als die zwischen BEB, Thyssengas und Ruhrgas.
(234) Ruhrgas, BEB und Thyssengas kaufen einen großen Teil ihres nicht aus Deutschland stammenden Erdgases (RG [...]* %, BEB [...]* % und TG [...]* %) gemeinsam ein. Daraus ergibt sich eine Kostensymmetrie auf "Grenzhöhe". Zudem transportieren diese Unternehmen einen großen Teil ihres Erdgases mit Hilfe von Erdgasleitungen, deren gemeinsame Eigentümer sie sind(21). Folglich sind sie über diesen Teil der Kosten auch informiert.
Markttransparenz
(235) Schließlich ist der Markt auch insofern transparent, als dass alle Ferntransport-Unternehmen sofort informiert sind, wenn ein Kunde das Erdgas von einem anderen Lieferanten bezieht und um welchen Lieferanten es sich dabei handelt.
Keine Wettbewerbsanreize für andere überregionale Ferngasgesellschaften
(236) Abgesehen von Wingas dürfte keiner der Marktakteure daran interessiert sein, in das Gebiet eines anderen Marktakteurs vorzudringen. Von VNG ist ein solches Bestreben nicht zu erwarten. Grund hierfür ist die Minderheitsbeteiligung von Ruhrgas und BEB an VNG (regionales Ferngas-Joint-Venture von RG und VNG in einigen neuen Bundesländern) und die Tatsache, dass das Unternehmen VNG außerhalb seines Kerngebiets in den neuen Bundesländern weder über eigene Hochdruckleitungen noch Speicheranlagen verfügt. Ferner haben die anderen Anteilseigner kein Interesse daran, dass das Unternehmen als Konkurrent von RG und BEB in deren Gebiet auftritt (das Gebiet der TG ist zu weit entfernt) und somit Vergeltungsmaßnahmen riskiert. Das Interesse der Anteilseigner richtete sich eher auf das Bestreben, dass das Unternehmen sobald als möglich Dividenden aus dem Kerngeschäft in den neuen Bundesländern zur Auszahlung bringt.
(237) Das Unternehmen EWE hat unter Umständen ein bestimmtes Interesse an der Erhöhung seines Importanteils zwecks Weiterverkauf im Ems-Weser-Teil seines Verkaufsgebiets und könnte hierzu seine Erdgaszukäufe von Gasunie durch Lieferungen von BEB ersetzen. Erdgasverkäufe der EWE außerhalb des eigenen Vertriebsgebiets Ems-Weser setzen das Unternehmen jedoch möglichen Vergeltungsmaßnahmen seitens BEB und RG aus. Und da das Unternehmen viel empfindlicher gegenüber Vergeltungsmaßnahmen von BEB und RG ist, als BEB und RG es gegenüber solchen Maßnahmen seitens EWE wären, ist die Wahrscheinlichkeit recht gering, dass EWE seine Position auf dem überregionalen Ferngasmarkt durch Erdgaszukäufe von Gasunie zwecks Verkauf außerhalb des Ems-Weser-Gebiets ausbaut.
Wingas kaum zur Erweiterung des Marktanteils fähig
(238) Aufgrund seiner historischen Position gehört Wingas als ausgesprochener Herausforderer eindeutig nicht zum Oligopol. Wingas war das erste und einzige Unternehmen, das den Wettbewerb in Deutschland durch die Errichtung eines eigenen Hochdruckleitungsnetzes für heizwertreiches Erdgas auf die Verbraucherebene gehoben hat und ihn heute durch die Erweiterung seines Netzes belebt. Das Unternehmen hat keinerlei Abgrenzungsvereinbarungen mit Ruhrgas, BEB oder Thyssengas abgeschlossen. Die Ergebnisse der von der Kommission durchgeführten Untersuchungen unterstützen jedoch die Schlussfolgerung, dass Wingas nicht in der Lage sein wird, das Oligopol noch stärker herauszufordern.
(239) Das Unternehmen hat angekündigt, dass es ausgehend von seinen laufenden Investitionen in der Lage sein wird, einen Marktanteil von 15 % zu erreichen. Angaben der Parteien zufolge hat Wingas einen Marktanteil von ca. 12 % unter Vertrag. Dies bedeutet, dass das Unternehmen nicht weit von der Zielsetzung entfernt ist. Aus internen Dokumenten der Parteien ist ersichtlich, dass sich der Markt stabilisiert hat und Wingas bereits dabei war, sich eine gefestigte Position aufzubauen. Zum Beispiel [...]*.
(240) [...]*
(241) [...]*
(242) Im Rahmen dieser neuen Zusammenarbeit mit RG hat RG einen Anteil von 4 % an Gazprom erworben, und es wurde ein neuer langfristiger Liefervertrag mit unbedingter Zahlungsverpflichtung unterzeichnet. In diesem Vertrag hat sich RG zum Bezug von wenigstens [...]* ihres deutschen Erdgasbedarfs von Gazprom und Gazprom zur Lieferung von bis zu [...]* des Erdgasbedarfs verpflichtet. Bestandteil dieser Vereinbarung ist auch, dass RG insofern von seiner Abnahmeverpflichtung befreit wird, als dass Gazprom/Gazexport in Deutschland Erdgas in Konkurrenz zur Ruhrgas vertreibt, [...]*(22). Einer der Anteilseigner von Wingas und sein wichtigster Erdgaslieferant (Gazprom) hat demnach mit dem größten Konkurrenten (Ruhrgas) eine Begrenzung des weiteren Wachstums von Wingas vereinbart. Somit gelangt die Kommission zu der Auffassung, dass Wingas künftig kaum in der Lage sein wird, die Position der etablierten Unternehmen zu gefährden.
Anzeichen für das Fehlen von Wettbewerbsbedingungen
(243) Verwiesen wird auf den wichtigen Faktor der Rendite des durchschnittlichen Stammaktienkapitals (ROCE) der deutschen Ferngasgesellschaften. [...]*. Nur bei VNG sind die Gewinne bislang eher gering, was wahrscheinlich auf die nach der deutschen Vereinigung erforderlichen enorm hohen Investitionssummen zurückzuführen ist. Jedoch scheinen die gegenwärtigen Anteilseigner auch daran interessiert zu sein, einen möglichst geringen Wert für das Unternehmen anzugeben, da dies die Gefahr mindert, dass die BvS (die frühere Treuhandanstalt) rückwirkend gerichtlich einen beträchtlichen Betrag einfordert.
(244) Im Jahre 1996 lagen die Preise für den Endabnehmer in Deutschland (gewogener Mittelwert) über denen im Vereinigten Königreich, den Niederlanden und Belgien und leicht unter den Preisen Italiens. Den teuersten Markt hat Frankreich aufzuweisen(23). Im Zeitraum 1997-Mai 1999 waren die Preise für Firmenkunden, kontinuierliche und diskontinuierliche industrielle Abnehmer in Deutschland stets unter den höchsten der sechs oben genannten Länder zu finden, und zwar sowohl vor als auch nach Steuern.
Vormachtstellung der Unternehmen in ihren alten Abgrenzungsgebieten
(245) In dem Abschnitt, der sich mit den Marktakteuren befasst, werden die Markanteile von Ruhrgas, BEB, Thyssengas und VNG in ihren jeweiligen Gebieten auf über 50 % geschätzt. Obwohl die alten Abgrenzungsvereinbarungen keine Gültigkeit mehr haben, kann dennoch von einem durchaus wirksamen Schutz des eigenen Territoriums unter den auf dem Markt agierenden "traditionellen" Ferngasgesellschaften ausgegangen werden. Dies ist zunächst auf den gemeinsamen Einkauf von importiertem Erdgas zurückzuführen. Da es eindeutige Vereinbarungen zwischen den Gesellschaften darüber gibt, welcher Teil des gemeinsam importierten Erdgases an welches Unternehmen geht, setzen sie ihren Erdgasimportanteil auch nicht dafür ein, sich gegenseitig auf dem Territorium des jeweils anderen "anzugreifen". Zweitens gibt es die sogenannten Verkaufsabsprachen. Mittels dieser Absprachen können die Umsätze einer Partei auf dem Territorium einer anderen Partei von der Abnahmeverpflichtung der "angegriffenen" Partei gegenüber der angreifenden Partei abgesetzt werden. [...]*. Drittens besteht die Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen. Ausgehend von den obigen Feststellungen kann der Schluss gezogen werden, dass Ruhrgas, BEB, Thyssengas und VNG in ihren eigenen Regionen über eine marktbeherrschende Stellung verfügen.
Oligopolistische Position
(246) Es wird ein kontinuierliches Marktwachstum von maximal 2-3 % pro Jahr erwartet. Nach Meinung der Parteien kann ein solches Wachstum, das sich bestenfalls als moderat beschreiben lässt, ab dem Jahre [...]* zu einer Angebotslücke führen.
(247) Bei der Nachfrage nach Erdgas ist die Preiselastizität begrenzt, d. h. die Preisgestaltung ist relativ unelastisch. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass ein "Preiskrieg" die Gewinnspanne für alle Beteiligten beeinträchtigen würde und dass sowohl die Produzenten als auch die Ferngasgesellschaften (siehe Abschnitt, wo es heißt: "Die alten Gebietsabgrenzungen gelten angesichts der Angst vor Vergeltungsmaßnahmen weiter") sich dieser Tatsache bewusst sind und dementsprechend handeln.
(248) Angesichts des Fehlens von Wettbewerb am Markt, des beschränkten Marktwachstums und der begrenzten Anfälligkeit der Nachfrageentwicklung gegenüber preislichen Veränderungen gelangt die Kommission zu der Auffassung, dass sich auf dem deutschen Ferngasmarkt bereits ein Oligopol herausgebildet hat, das zumindest Ruhrgas, BEB und Thyssengas umfasst.
(249) Als Beweis für die vorhandene kollektiv marktbeherrschende Stellung ist die Tatsache zu werten, dass BASF, wahrscheinlich der größte Verbraucher von Erdgas in Deutschland, den Bau eines eigenen Leitungsnetzes als notwendig erachtete, um Zugang zu billigerem Erdgas zu erhalten. Mit der Größe seines Bedarfs hat das Unternehmen zur Entstehung von Wingas beigetragen.
Ergebnis des Zusammenschlusses
Mobil - Außergewöhnliche Position als Protagonist auf dem liberalisierten deutschen Erdgasmarkt
(250) Mobil besitzt momentan einen Marktanteil von [0-10]* %. Dieser Prozentsatz wird jedoch dem Wettbewerbspotential des Unternehmens auf dem deutschen Markt bei weitem nicht gerecht. [...]*.
(251) Mobil befindet sich in Deutschland in einer etwas atypischen Situation. Das Unternehmen hat einen nicht unwesentlichen Anteil am in Deutschland geförderten Erdgas ([...]* %) und trägt damit [...]* % zum Erdgasverbrauch in Deutschland bei. Ferner verfügt Mobil auch über Kapitalbeteiligungen an Erdgas Münster und Ruhrgas (Aufsichtsratsmitglied). Somit gehört das Unternehmen zu den etablierten Unternehmen auf dem deutschen Erdgasmarkt. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass Mobil Erdgas importieren konnte, ohne über ein eigenes Hochdruckleitungsnetz zu verfügen, sich also des Netzzugangs insbesondere bei BEB (enger Partner des Unternehmens in Deutschland) bediente. [...]*.
(252) [...]*
(253) Das Potential von Mobil, im Zuge der Liberalisierung mehr Wettbewerb auf den deutschen Markt zu bringen, wird vollständig verschwinden. Anders als bei dem Einzelkonzern Mobil hat das fusionierte Unternehmen in der Tat durch die Liberalisierung mehr zu verlieren als zu gewinnen.
Verstärkung der Eigenkapitalverflechtung von Exxon/Shell und Ruhrgas
(254) Durch den Zusammenschluss wird die Eigenkapitalverflechtung von Exxon/Mobil und Shell und Ruhrgas weiter verstärkt. Die Parteien vertreten die Auffassung, dass infolge der Unternehmensleitungsstruktur von Ruhrgas ([...]*) der Einfluss des fusionierten Firmengebildes auf Ruhrgas nicht zunehmen, sondern sich eher verringern wird.
(255) [...]*. Die Anteile von Exxon und Shell an der europäischen Erdgasförderung und der Ferngasversorgung in den Niederlanden und in Deutschland befinden sich in gemeinsamem Besitz. Folglich sind ihre wirtschaftlichen Interessen auch gleichgelagert. Trotz der eigenen Philosophie von Exxon und Shell in bezug auf bestimmte Elemente des Ferngasmarktes, die ihren Ausdruck zum Beispiel in den Diskussionen zur künftigen Rolle von Gasunie findet, dürften diese Fakten eine stabile Ausgangsbasis für gemeinsame Interessen liefern. Dies bedeutet, dass nach erfolgtem Zusammenschluss nur BP überzeugt zu werden braucht, sich an die gemeinsamen Interessen von Exxon/Shell anzupassen, während das vorher noch BP und Mobil waren. Dadurch wird der Handlungsbereich der fusionierten Unternehmensstruktur hinsichtlich ihres De-facto-Einflusses auf Ruhrgas spürbar erweitert.
(256) Selbst dann, wenn eine mögliche Erweiterung des Einflusses auf Ruhrgas durch den Zusammenschluss außer acht gelassen wird, verbessern sich durch die verstärkte Kapitalverflechtung zwischen den Unternehmen auf dem gleichen Markt die Möglichkeiten für die Nutzung der Marktmacht. Für die Bewertung des Konzentrationsniveaus des Marktes vor dem Zusammenschluss und der Auswirkungen dieser Transaktion hat die Kommission die HH-Indizes (HHI) abgeschätzt, mit denen den zwischen den meisten Marktakteuren beteiligungsmäßig bereits bestehenden Querverbindungen Rechnung getragen wird. Diese Berechnung beruht auf einer Abhandlung von Bresnahan und Salop(24). Dabei wurde angenommen, dass BEB sich mit seinen Eigentümern Exxon und Shell identifiziert. In diesem Fall würde der HHI ausgehend von 4243 Punkten um 139 Punkte ansteigen und 4382 erreichen. Bei dem gegebenen Konzentrationsniveau weist ein solcher Anstieg darauf hin, dass eine substantielle Erweiterung der Marktmacht möglich ist.
Kontrolle von Erdgas Münster, eines potentiellen Konkurrenten
(257) Als Folge des Zusammenschlusses würden BEB und Mobil die Unternehmensführungsstruktur von EGM kontrollieren. Vor der Fusion wäre Mobil daran interessiert, die Möglichkeit des Ausbaus der einzigen regionalen Ferngasgesellschaft, die nicht von den Transportleistungen der überregionalen Ferngasgesellschaften abhängt, zum potentiellen Konkurrenten auf einem liberalisierten künftigen Markt zu sichern. Diese Möglichkeit des Auftretens als potentieller Konkurrent würde nach dem Zusammenschluss durch die Errichtung einer formellen Kontrolle über EGM ausgeschaltet, da im Gegensatz zu Mobil als Einzelkonzern das fusionierte Unternehmen durch die Liberalisierung mehr zu verlieren als zu gewinnen hat.
Ergebnis
(258) Somit kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Zusammenschluss a) die marktbeherrschende Stellung von Ruhrgas, BEB und Thyssengas in ihren jeweiligen Regionen und/oder b) die kollektiv marktbeherrschende Stellung von Ruhrgas, BEB und Thyssengas auf dem deutschen überregionalen Ferngasmarkt festigt, wodurch der wirksame Wettbewerb auf diesen Märkten erheblich behindert würde.
(259) In ihrer Antwort führen die Parteien an, dass der angemeldete Zusammenschluss ausgehend von dem Anteil von Mobil von lediglich [0-10 %]* am sachlich relevanten Markt, [...]*, und der Tatsache, dass BEB und Thyssengas als weitere von den Parteien kontrollierte Unternehmen nur über einen Marktanteil von [10-20]* % verfügen, das Konkurrenzgeschehen auf dem Markt unabhängig von dessen Definition nicht behindern kann und schon gar nicht im beträchtlichen Maße. Die Parteien vertreten die Auffassung, dass die Fusionskontrollverordnung eine zweigleisige Überprüfung vorsieht und dieses Prinzip von der Kommission angenommen und von den Gerichten der Gemeinschaft bestätigt wurde.
(260) Wie jedoch bereits festgestellt, ergeben sich die durch den Zusammenschluss hervorgerufenen Änderungen auf dem sachlich relevanten Markt nicht ausschließlich aus der momentanen Position von Mobil auf dem Ferngasmarkt, sondern auch aus der potentiellen Entwicklung des Marktanteils [...]* und der zunehmenden Kapitalverflechtung zwischen den etablierten Unternehmen, Faktoren, die bei der HHI-Berechnung berücksichtigt wurden.
UNTERTAGESPEICHERUNG
Relevanter Produktmarkt
(261) Das Vorhandensein von Untertagespeichern ist für die Bereitstellung des "Swing" von wesentlicher Bedeutung. Dies gilt insbesondere für den Erdgasbedarf der lokalen Verteilerunternehmen. Aus diesem Grund teilt die Kommission die Ansicht der Parteien, dass die Untertagespeicher einen gesonderten sachlich relevanten Markt darstellen.
Räumlich relevanter Markt
(262) Es gibt zwei Arten von Speicheranlagen: Poren- und Kavernenspeicher (siehe Erläuterungen zu heizwertarmem/heizwertreichem Erdgas). Während der wirtschaftliche Radius bei der Porenspeicherung unter 200 km liegt, ist die wirtschaftliche Entfernung vom Endverbraucher bei der Kavernenspeicherung auf 50 km begrenzt.
(263) Somit kann für die Porenspeicheranlagen in Süddeutschland ein gesonderter räumlich relevanter Markt konstatiert werden, der einen Umkreis von etwa 200 km um München beschreibt.
Untertagespeicheranlagen für den süddeutschen Raum
(264) In der Nähe Münchens befinden sich derzeit fünf Untergrundporenspeicher. Bei Berücksichtigung des Radius von 200 km für Porenspeicher umfasst die gesamte Region um München noch eine weitere Anlage (Eschenfelden). Diese Anlagen bedienen den süddeutschen Raum, der einen beträchtlichen Teil des Gemeinsamen Marktes ausmacht.
(265) Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über diese Anlagen, das jeweilige Speichervolumen, die maximale Entnahmerate und die Eigentumsverhältnisse.
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(266) Von diesen Kapazitäten [...]*.
(267) RG hat einen materiellen Eigentumsanspruch (Eigentum + Pacht) auf [...]* % des Speichervolumens und der täglichen Entnahmeleistung. [...]*
(268) Die Parteien besitzen Anteile an [...]* der 16 erschöpften Erdgasfelder, die durchaus für den Ausbau zu Untertagespeichern für die Region um München geeignet sind. Laut Angaben der Parteien können die vier erschöpften Felder, an denen sie keine Anteile haben, zu Speichern mit einem Arbeitsgasvolumen von etwa [...]* Mio. m3 ausgebaut werden. Jedoch sind die Konzessionsinhaber und weitere interessierte Dritte der Ansicht, dass diese Felder nur eine Kapazität von etwa [...]* Mio. m3 aufweisen, und es wurden auch Zweifel hinsichtlich der Eignung einiger dieser Felder geäußert.
(269) Andererseits haben die [...]* erschöpften Erdgasfelder, an denen die Parteien beteiligt sind, laut Angaben dieser ein potentielles Arbeitsgasvolumen von ca. [...]* Mio. m3. Ferner besitzen die Parteien Anteile an den Feldern, die das höchste potentielle Arbeitsgasvolumen aufweisen.
(270) [...]*
(271) Als eine Folge des Zusammenschlusses sind diese Entwicklungsmöglichkeiten im Gebiet von München jedoch unter Berücksichtigung einer Kapitalbeteiligung von 36 % von BEB und Mobil an Ruhrgas zu bewerten. Dadurch wird es noch unwahrscheinlicher, dass a) Exxon/Mobil damit beginnen, im eigenen Gebiet als Konkurrenten aufzutreten, und b) den Konkurrenten von Ruhrgas die Möglichkeit eingeräumt wird, zusätzliche Speichermöglichkeiten zu schaffen.
(272) So kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Zusammenschluss die Schranken für den Eintritt potentieller Konkurrenten in den Markt für Swing-Leistungen im Süden Deutschlands höher setzt. Somit verstärkt der Zusammenschluss die marktbeherrschende Stellung von Ruhrgas auf dem Markt für Swing-Leistungen im Süden Deutschlands (Münchener Raum).
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ERDGAS
BEB Gemeinschaftsunternehmen von Exxon und Shell zur Erdgasproduktion und Bedienung des Ferngasmarktes in Deutschland
Mrd. m3 Milliarden Kubikmeter
DVGW Deutscher Verein des Erdgas- und Wasserfaches
EBN Energie Beheer Nederland, niederländische staatliche Mineralöl- und Erdgasgesellschaft
EGM Erdgas Münster
GTGC Wettbewerb zwischen den Verteilerunternehmen
HCV heizwertreiches Erdgas
kWh Kilowattstunden
LCV heizwertarmes Erdgas
LDC kommunales Verteilerunternehmen
LNG Flüssigerdgas
MBTU Million British Term Units
Mio. m3 Millionen Kubikmeter
NAM Nederlandse Aardolie Maatschappij, das niederländische Gemeinschaftsunternehmen von Exxon/Shell auf dem Gebiet der Erdgasförderung
NRW Nordrhein-Westfalen,
RG Ruhrgas
SW Stadtwerke (deutsche lokale Verteilerunternehmen)
TG Thyssengas
TPA Zugang Dritter Unternehmen
VNG Überregionale Ferngasgesellschaft in Ostdeutschland
VV Gas Verbändevereinbarung Gas
D. GRUNDÖLE, ADDITIVE UND SCHMIERSTOFFE
EINLEITUNG
(273) Die Schmierstoffindustrie umfasst drei verschiedene Produkte, die in vertikaler Linie miteinander verbunden sind: Grundöle, chemische Additive und Schmierstoffe. Grundöle werden mit chemischen Additiven vermischt, so dass Schmierstoffe entstehen.
(274) Ausgehend von der Marktuntersuchung ist die Kommission der Meinung, dass der Zusammenschluss Exxon und BP/Mobil auf dem EWR-Markt für Grundöle zu einer marktbeherrschenden Stellung verhilft.
BESCHREIBUNG UND FUNKTIONSWEISE DES MARKTES
Grundöle sind das Endprodukt der Erdölraffination
(275) Für die Herstellung der Schmierstoffe werden im allgemeinen Mineralöle als Grundöle verwendet, die in Raffinerien aus Erdölrückständen hergestellt werden, welche nach der Abscheidung anderer wichtiger Ölprodukte verbleiben. Die Ester oder PAO (Polyalphaolefine) stellen einen kleinen Teil des Grundölmarktes dar und entstehen bei chemischen Prozessen.
(276) Die unterschiedlichen chemischen/physikalischen Eigenschaften der Grundöle, die ihre Ursache in verschiedenen Ausgangsrohmaterialien und Raffinationsverfahren haben, führen zu unterschiedlichen Eigenschaften der Öle. Grundöle werden nach ihren Eigenschaften klassifiziert. Unabhängige Gremien (API/ACEA/ATIEL) verfügen über festgelegte Standards zur Überwachung der Qualität der Grundöle(25).
Eigenschaften
(277) Ein Grundöl wird von seiner Viskosität, dem Viskositätsindex (VI), der Flüchtigkeit und weiteren Parametern bestimmt.
(278) Die Viskosität ist ein Maß für den Fließwiderstand eines fluessigen oder gasförmigen Mediums: bei hoher Geschwindigkeit/niedriger Temperatur/niedrigem Druck ist ein Öl mit einer geringen Viskosität erforderlich und bei geringer Geschwindigkeit/hoher Temperatur/hohem Druck ein Öl mit hoher Viskosität. Ausgedrückt wird die Viskosität in Viskositätsgraden, zur Erleichterung des Verständnisses wird in diesem Dokument jedoch von niedrigviskosen Grundölen (den sogenannten "Leichtneutral-" oder LN-Ölen) und hochviskosen Grundölen (den sogenannten "Schwerneutral-" oder HN-Ölen und "Solvent-Brightstock", SBS) gesprochen.
(279) Der Viskositätsindex ist eines der wichtigsten Charakteristika nahezu aller Schmierstoffprodukte. Er ist ein Maß für die Fließbarkeit des Stoffs bei bestimmten Temperaturen. Bei allen Schmierstoffen verändert sich die Viskosität mit der Temperatur (mit steigender Temperatur werden die Schmierstoffe dünnfluessiger). Das Maß der Viskositätsänderung hängt vom jeweiligen Grundöl ab und wird als "Viskositätsindex" (VI) ausgedrückt. Jedes Grundöl hat einen bestimmten "VI". Je höher der VI eines Öls ist, desto geringer ist seine Tendenz zur temperaturabhängigen Änderung der Viskosität. Diese Eigenschaft sichert insbesondere bei Motorenölen eine wirksame Schmierung. Entsprechend ihrem Viskositätsindex können Grundöle wie folgt klassifiziert werden: LVI, MVI, HVI, VHVI und XHVI. Obgleich dies lediglich Begriffe sind, unter denen die Produkte vertrieben und von Exxon und Mobil nicht anerkannt werden, sind sie in der Branche dennoch weit verbreitet. In der nachfolgenden Tabelle sind die im Dokument verwendeten Begriffe definiert:
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(280) Die Flüchtigkeit ist ein wichtiger Faktor für die Motorenöle und den Schmierstoffverbrauch. Je höher die Flüchtigkeit eines aus Erdöl hergestellten fluessigen Schmierstoffs, desto höher ist der Verbrauch. Die Flüchtigkeit ist abhängig von der Form der Destillationskurve und wird in Noack gemessen.
(281) Der Pourpoint ist die Temperatur, bei der Öl eben noch wahrnehmbar fließt. Diese Eigenschaft ist natürlich für Motorenöle und andere Schmierstoffe, die bei niedrigen Temperaturen eingesetzt werden, sehr wichtig. Der Pourpoint ist direkt von dem eingesetzten Rohöl und den angewandten Aufbereitungsverfahren abhängig.
Klassifizierung
(282) Je nach Eigenschaften werden die Grundöle in fünf Kategorien untergliedert, die vom handelsüblichen Grundöl mit einem Viskositätsindex von 80-120 und einem akzeptablen Verunreinigungsgrad (Gruppe I) über Grundöle mit einem Viskositätsindex von mindestens 120 (Gruppe III)(26) bis zu den PAO (Gruppe IV) reichen, die bei synthetischen Schmierstoffen mit hohem Viskositätsindex eingesetzt werden. In der Gruppe V werden alle anderen Grundöle wie naphthenische Grundöle und äußerst hochwertige Grundöle auf Esterbasis zusammengefasst.
Ausgangsstoffe
(283) Grundöle können nach dem eingesetzten Rohöltyp kategorisiert werden: paraffinisches Rohöl; naphthenisches Rohöl und gemischtes Rohöl. Zumeist wird paraffinisches Rohöl für die Herstellung von Grundölen verwendet, obgleich naphthenisches Rohöl bei einigen Einsatzzwecken bestimmte Eigenschaften aufweist, die der anderen Rohölart überlegen sind. Da die Parteien angegeben haben, dass sie weltweit kein naphthenisches Grundöl herstellen, beschränkt sich die Bewertung auf paraffinisches Grundöl.
(284) Die Auswahl des Ölschiefers ist ausschlaggebend für die Produktionsleistung einer Grundölraffinerie. Rohöle, die für die Herstellung von Grundölen geeignet sind, unterscheiden sich von den für diesen Zweck nicht geeigneten Rohölsorten durch die Konzentration der Grundölmoleküle sowie auch dadurch, wie leicht sie aus dem Rohöl extrahiert werden können. Arab Light gilt als ein für die Herstellung von Grundölen sehr gut geeignetes Rohöl, während die westafrikanischen Rohöle weniger geeignet sind.
(285) Da die Grundölraffinerien im allgemeinen in Brenn-/Kraftstoffraffinerien integriert sind, und viele der Anlagen gemeinsam genutzt werden, wird die Auswahl des Ölschiefers auch mittels einer Wirtschaftlichkeitsanalyse der gesamten Ölschieferproduktion der Raffinerie, in der sich die Grundölanlage befindet, bestimmt. Vom für Brenn-/Kraftstoffraffinerien erforderlichen Rohöl kann die Grundölproduktion bis zu einem gewissen Grade bestimmt werden (und umgekehrt).
Additive
(286) Additive sind Chemikalien, die mit Grundölen vermischt werden, um dem Öl spezielle Schmierstoffeigenschaften zu verleihen. In Abhängigkeit vom jeweiligen Einsatzzweck und dem Grundöl finden bei Schmierstoffen verschiedene Additive Anwendung. Additive lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: Detergent-Inhibitor-Pakete (oder "DI-Pakete") und Viskositätsindex-Verbesserer (oder "VI-Verbesserer"). Für die Mehrzahl der Kraftfahrzeugschmierstoffe sind VI-Verbesserer in Verbindung mit DI-Paketen einzusetzen. Dabei ist festzustellen, dass bei allen Additiven Grundöle als Trägersubstanz verwendet werden.
(287) Die DI-Pakete haben die Aufgabe, die Ölverunreinigungen und Nebenprodukte des Verbrennungsprozesses in Suspension zu halten und eine Oxidation des Öls mit der damit einhergehenden Bildung von Lack- und Schlammablagerungen zu verhindern. Ein DI-Paket beinhaltet zumeist etwa sechs einzelne Additivkomponenten; die wichtigsten darunter sind Detergenzien, Dispergiermittel, Korrosionshemmstoffe und Antioxidationsmittel. Die konkrete Kombination dieser Komponenten und ihr jeweiliger Gehalt hängen vom letztendlichen Einsatz des Schmierstoffs und der Spezifikation des Fertigprodukts ab.
(288) VI-Verbesserer verändern die viskosimetrischen Eigenschaften der Schmierstoffe, indem sie bei steigenden Temperaturen die Verdünnungsgeschwindigkeit und bei niedrigen Temperaturen die Verdickungsgeschwindigkeit herabsetzen. Damit tragen die VI-Verbesserer zum besseren Leistungsverhalten bei niedrigen und hohen Temperaturen bei. Sie können als synthetische Ölverdicker betrachtet werden, die bei geringen Temperaturen relativ inaktiv sind, jedoch bei höheren Temperaturen mit der Wärme reagieren und somit der natürlichen Tendenz der Grundöle zur Verdünnung entgegenwirken. Alle Mehrbereichsmotorenöle enthalten VI-Verbesserer.
(289) Der Additiv-Markt weist einen hohen Konzentrationsgrad auf. So haben die fünf führenden Hersteller einen Anteil von 90 % am Weltmarkt. Lubrizol ist mit einem Anteil von [30-40]* % Marktführer, gefolgt vom Infineum-Joint-Venture (Zusammenlegung der Additivbereiche von Exxon und Shell) mit einem Anteil von [30-40]* %. Ethyl und Oronite (im Besitz von Chevron befindlich) haben jeweils einen Anteil von etwa [10-20]* %.
Schmierstoffe
(290) Schmierstoffe werden für verschiedene Aufgaben, zumeist jedoch zur Verringerung von Reibung und Verschleiss beweglicher Teile eingesetzt. Es kann zwischen vier großen Einsatzgebieten unterschieden werden: Kraftfahrzeugtechnik ("Kraftfahrzeugschmierstoffe"), Industrie ("Industrieschmierstoffe"), Schiffstechnik ("Schiffsschmierstoffe"), Flugzeugindustrie ("Flugschmierstoffe"). Die Endprodukte entstehen bei den Herstellern von Schmierstoffen durch Zumischen chemischer Additive zu den Grundölen, wodurch die geforderten Eigenschaften erzielt werden.
(291) Etwa 50 % aller Schmierstoffe werden in der Kraftfahrzeugindustrie verbraucht, 48 % bei industriellen Anwendungen (einschließlich eines beträchtlichen Anteils als "Weichmacheröle" - d. h. - 36 %). Der verbleibende Anteil entfällt auf die Schiffs- und Flugzeugtechnik. Die Flugschmierstoffe werden in Abschnitt F behandelt.
Kraftfahrzeug- und Industrieschmierstoffe
(292) Zu den Motorenölen gehören Kraftfahrzeugschmierstoffe (PKW und LKW), Hydrauliköle, Bremsfluessigkeiten, Getriebeöle usw.
(293) Unter die Industrieschmierstoffe fallen Getriebeöle für den industriellen Einsatz, Flüssigkeiten für die Metallbearbeitung, Turbinenöle, Transformatorenöle, Kompressorenöle, Hydraulikfluessigkeiten und Weichmacheröle/Aromatenextrakte (die u. a. bei der Reifenherstellung eingesetzt werden). Industrieschmierstoffe zeichnen sich durch spezielle Eigenschaften aus, die ihnen durch die Additive verliehen werden.
Herstellung der Schmierstoffe
(294) Bei der Herstellung der Schmierstoffe sind vier Kategorien von Marktakteuren sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen zu berücksichtigen: Hersteller von Grundölen, Hersteller von Additiven, Schmierstoffhersteller und die Qualität bestimmende Einheiten (entweder ein OEM, wie beispielsweise ein Kraftfahrzeughersteller oder ein Endabnehmer in der Industrie). Die Herstellung der Schmierstoffe erfolgt in zwei Stufen und umfasst die Vorlage der Produktspezifikation durch den Kunden, die Auswahl der Lieferanten durch den Schmierstoffhersteller und die Gewährleistung spezieller Eigenschaften des Schmierstoffs durch den Additivhersteller.
(295) Der erste Schritt vollzieht sich zwischen dem Schmierstoffhersteller und dem Originalteilehersteller (OEM) (oder einem anderen Endabnehmer). Sie bestimmen gemeinsam, welche Leistungsanforderungen der herzustellende Schmierstoff erfuellen muss.
(296) Der zweite Schritt beinhaltet die Abstimmung zwischen dem Schmierstoffhersteller und dem Additivhersteller. Der Additivlieferant hat ein Additivpaket zusammenzustellen, das gemeinsam mit dem ausgewählten Grundöl sichert, dass der Schmierstoff die geforderten Eigenschaften aufweist. Ebenso kann der Additivhersteller die notwendigen Untersuchungen anstellen, um sicherzustellen, dass die Additivpakete für die jeweiligen Grundöle geeignet sind, was oftmals ohne Wissen oder Mitarbeit des Schmierstoffherstellers erfolgt.
(297) Der Hersteller des Fertigschmierstoffs kann das Grundöl vorgeben, das zusammen mit dem Additivpaket einzusetzen ist, oder auf die Grundöle zurückgreifen, für die der Additivlieferant bereits Additivpakete erarbeitet hat. Dieses verleiht dem Schmierstoff die geforderten Eigenschaften, wobei die Kosten möglichst gering gehalten werden. Sind die Komponenten vermischt, ist der Stoff mit Hilfe von in der Industrie anerkannten Testprogrammen auf Einhaltung der Leistungsvorgaben zu prüfen.
(298) Laut Angaben der Additivhersteller werden die Tests entweder vom Schmierstoff- oder Additivhersteller finanziert, wobei dies davon abhängt, wer die Herstellung des Schmierstoffs ausgelöst hat, und von der von den beiden Parteien unterzeichneten Vereinbarung.
(299) Die Additivhersteller entwickeln auch zunehmend allgemeine Additivpakete (die sogenannten 'Standardpakete'), die sich mit verschiedenen Grundölen vermischen lassen(27). In diesem Fall übernimmt der Additivlieferant die Investitionsaufwendungen, die erforderlich sind, damit die 'Standardpakete' den Anforderungen entsprechen. Dabei hängen die Kosten davon ab, ob eine sogenannte 'Deckung' vorhanden ist, was bedeutet, dass verschiedene Grundöle von verschiedenen Lieferanten verwendet werden können, da der Einfluss dieser Öle auf den Fertigschmierstoff bekannt und dokumentiert ist. Bei Fehlen einer solchen 'Deckung' wird ein "Austauschprogramm" angewandt, das eine dokumentierte Grundölauflistung ergibt. Laut Angaben der Additivlieferanten und der Schmierstoffhersteller liegen die Kosten für die Nutzung der 'Standardpakete' deutlich über denen eines Additivpakets für spezielle Grundöle. Ein generisches Additivpaket ist so zu konzipieren, dass es auch bei Verwendung des 'schwächsten' Grundöls bei jedem Prüfstandsversuch die Anforderungen erfuellt. Da unterschiedliche Grundöle ein unterschiedliches Verhalten zeigen können, kann es durchaus der Fall sein, dass mit dem schwächsten Grundöl ein anderes Testergebnis erreicht wird. Anders ausgedrückt, ist bei einigen Grundölen eine zusätzliche Behandlung mit Additiven erforderlich, damit diese die geforderten Eigenschaften aufweisen.
Qualitätsanforderungen an Industrie- und Schiffsschmierstoffe
(300) Industrie- und Schiffsschmierstoffe werden entweder nach kommerziellen Tests zugelassen, oder sie entsprechen einer üblichen 'Produktspezifikation', die sichert, dass das Produkt die geforderten Eigenschaften aufweist (zum Beispiel ISO oder DIN). Obgleich das Zulassungsverfahren einen 'internen' Charakter hat (im Gegensatz zu den Kraftfahrzeugschmierstoffen), spielt die Kombination von Grundöl und Additiv eine entscheidende Rolle. Die Kunden aus der Industrie kaufen Produkte wegen der ihnen bekannten Eigenschaften, die gesichert werden müssen. Die Umstellung auf ein anderes Grundöl würde Validierungsprüfungen bei einer Reihe von Schlüsselprodukten und kritischen Leistungsparametern erfordern. Bestimmte industrielle Tests, mit denen bestätigt werden kann, dass sich die Additive in einem anderen Grundöl nicht anders verhalten, sind zeitaufwendig (zum Beispiel dauert ein Oxidationstest über 4000 Stunden) und verhindern somit den schnellen Übergang zum Einsatz eines anderen Grundöls. Angaben der Additivlieferanten zufolge kann das Zulassungsverfahren für Industrie- und Schiffsschmierstoffe länger als ein Jahr dauern, normalerweise ist jedoch von sechs Monaten auszugehen. Die Kosten dafür liegen im allgemeinen zwischen 25000 USD und 50000 USD pro Zulassung.
Normierungs- und Zulassungsverfahren für Kraftfahrzeugschmierstoffe
(301) Das europäische Normierungssystem für Kraftfahrzeugschmierstoffe weist den OEM eine führende Rolle zu. Dies ist auf die Nachfrage nach solchen Produkten von Einzelkunden zurückzuführen, die weder über die Mittel noch das Know-how verfügen, um sicherzustellen, dass der von ihnen gekaufte Schmierstoff auch der richtige für den jeweiligen Einsatz ist. Diese Rolle übernimmt gegenwärtig die ACEA, der Interessenvertreter alle europäischen PKW- und LKW-Hersteller. Im Dezember 1995 führte die ACEA ein neues Klassifizierungssystem ein, das neun verschiedene Sequenzen für die Bestimmung der Motorenölqualität für Kraftfahrzeuge in Europa umfasst. Das System beruht auf einem Programm für physikalische, chemische und Motortests ähnlich dem vom API (American Petroleum Institute) für die USA erarbeiteten Schema und umfasst zwei Durchführungsbestimmungen, von denen eine vom ATC (dem technischen Ausschuss der Hersteller von Additiven auf Erdölbasis in Europa) und eine von ATIEL (Association Technique de l'Industrie Européenne des Lubrifiants) erarbeitet wurde. Ferner beschreibt dieses System das Verfahren zur Herstellung, Prüfung und Bekanntgabe der erforderlichen Leistungsdaten.
(302) ATIEL und ATC bestimmen gemeinsam die Bedingungen, unter denen Schmierstoff- und Additivhersteller die Zusammensetzung ihrer Schmierstoffe bzw. Additivpakete verändern können, ohne neue Tests durchführen und neue Leistungsmerkmale für ihre Produkte festlegen zu müssen. ATIEL, die Vereinigung der Schmierstofflieferanten (der überregionale und nationale Hersteller angehören), hat eine Nomenklatur für Schmierstoffe erarbeitet, die den ACEA-Normen entsprechen. In einer Durchführungsbestimmung sind ferner die Bedingungen festgelegt, unter denen die Schmierstoffhersteller Änderungen an diesen vornehmen (vorrangig Änderungen des VI-Verbesserers oder des Grundöls) und dennoch behaupten dürfen, dass die Produkte den geprüften Leistungskriterien entsprechen. Der ATC erarbeitet eine Durchführungsbestimmung für die Tests, deren Forderungen erfuellt werden müssen, bevor der Hersteller verschiedene Produkteigenschaften deklarieren kann. Ferner umfasst die Durchführungsbestimmung die Regeln für die Registrierung und Durchführung der Tests und die gemeinsame Verwendung der Testdaten.
(303) Die ACEA/API-Zulassung wird nach mehreren Tests für die Mischung eines speziellen Grundöls mit einem speziellen Additivpaket erteilt. In der Zulassung werden die Bestandteile des Schmierstoffs genau aufgeführt; das Grundöl eines speziellen Herstellers und das jeweilige Additivpaket sind Bestandteil der Rezeptur, für die die Zulassung erteilt wurde. Da die Zulassung nur für das Grundöl eines speziellen Herstellers und nicht für andere Produkte mit vergleichbaren Eigenschaften anderer Hersteller gilt(28), muss eine nach ACEA oder API deklarierte Eigenschaft für eine jede Rezeptur nachgewiesen werden (d. h. für eine spezielle Kombination aus Grundölen und Additivpaketen). Hat ein Schmierstoffhersteller die Absicht, einen oder mehrere Bestandteile durch andere zu ersetzen (Grundöl oder Additive), ist die neue Rezeptur nach den API- oder ACEA-Regeln zu testen.
(304) Angaben der Additivlieferanten zufolge kann das Zulassungsverfahren einen Monat bis über ein Jahr dauern, normalerweise dauert es jedoch ein halbes Jahr. Die Kosten können zwischen 50000 USD und mehreren Millionen USD pro Zulassung betragen, liegen zumeist jedoch zwischen 200000 USD und 400000 USD pro Zulassung (es erfolgt eine gesonderte Zulassung nach ACEA und API). Der genaue Investitionsumfang (sowohl zeitlich als auch finanziell) hängt von einer Vielzahl von Faktoren, darunter dem Qualitätsniveau, bereits durchgeführten Tests und dem erforderlichen Änderungsumfang ab(29). Wie schnell die Umstellung erfolgen kann, ist in erster Linie davon abhängig, ob der neue Lieferant (Grundöl oder Additive) bereits eine Zulassung für das jeweilige Grundöl oder die Additive besitzt. Ist diese sogenannte "Deckung" nicht vorhanden, belaufen sich die Kosten für das "Austauschprogramm" auf 100000 USD (für ein einfaches Grundöl-Verzeichnisprogramm) bis 1000000 USD (für ein umfassendes Testprotokoll für weniger häufig benötigte Grundöle), wobei von der Annahme ausgegangen wird, dass die Kombination von Grundöl und Additiven aus technischer Sicht die geforderten Eigenschaften erreichen kann.
(305) Ist der Schmierstoffhersteller gezwungen, das Grundöl durch ein nur selten eingesetztes Öl zu ersetzen, ist ein umfassenderes und grundlegendes Testprogramm durchzuführen, dessen Kosten sich auf 500000 USD bis 1 Mio. USD belaufen. Ein solches Verfahren dauert 18 Monate und länger.
(306) Alle OEM-Hersteller haben diese ACEA- (oder API-)Vorgaben als Mindeststandard für die Schmierstoffherstellung anerkannt. Bei einzelnen OEM gelten strengere Forderungen, wie bei Mercedes-Benz für die Kraftfahrzeugschmierstoffe und bei Volvo für die Schmierstoffe für LKW. Sie fordern zusätzliche Tests bei anderen Leistungsparametern und eine Zulassung für die jeweiligen Ausrüstungen. Für eine OEM-Zulassung sind zusätzliche Tests (sowohl Prüfstands- als auch Feldversuche) und weitere zeitliche und finanzielle Investitionen erforderlich. Jeder OEM sichert sich einen bestimmten Freiraum und eine bestimmte Flexibilität bei der Zulassung der Produkte, und hierzu gehört auch der Bereich des Ersatzes von Grundölen. Auch die Additivhersteller erbringen Leistungen für die Erlangung der OEM-Zulassung, jedoch fordern einige OEM die Durchführung der Tests durch unabhängige Stellen.
(307) Ein Schmierstoffhersteller hat zu sichern, dass Grundöle, die für Schmierstoffe mit ACEA/API-Zulassung bestimmt sind, getrennt von Grundölen gelagert werden, die für Schmierstoffe bestimmt sind, die keine solche Zulassung haben bzw. für die keine erforderlich ist. Um die vorhandenen Lagerflächen gut auszunutzen oder die Kaufkraft gegenüber dem Grundöllieferanten zu erhöhen, kann es der Fall sein, dass der Schmierstoffhersteller nicht nach Schmierstoffanwendung unterscheidet. In diesen Fällen wird der Hersteller versuchen, sowohl für Kraftfahrzeug- als auch für Industrieschmierstoffe Grundöle einzusetzen, die für Schmierstoffe mit API/ACEA-Zulassung bestimmt sind.
BESTIMMUNG DES MARKTES
Produktmärkte
Grundöle
(308) Nach Darstellung der Seiten handelt es sich bei Grundölen um homogene Produkte, die aufgrund ihrer Homogenität und unabhängig von ihrer Anwendung oder Gruppe einen gesonderten sachlich relevanten Markt bilden. Wie bereits erläutert, gibt es für Schmiermittel zahlreiche Anwendungen, von denen jede ein anderes Grundöl mit unterschiedlichen Merkmalen benötigt. Es könnte daher argumentiert werden, dass es genauso viele sachlich relevante Märkte gibt, wie spezifische Anforderungen gestellt werden. Es hat jedoch den Anschein, als gäbe es ein hohes Maß an angebotsseitiger Substituierbarkeit, denn in Gruppe I könnte ein und dieselbe Raffinerie jede beliebige Grundölqualität herstellen. Schließlich ist noch anzumerken, dass die Grundöle der Gruppe I und die Grundöle der Gruppen III/IV offenbar nicht zum selben sachlich relevanten Markt gehören.
Substituierbarkeit auf der Nachfrageseite: Keine Unterscheidung zwischen Motorenölen und industriellen Schmierstoffen
(309) Die folgende Liste beinhaltet die technischen Anforderungen an Grundöle entsprechend dem Verwendungszweck, für den sie vom Schmierstoffhersteller vorgesehen sind:
- Motorenöle: Gruppe I (HVI), Gruppe II (wenn auch nicht in Europa), Gruppe III (VHVI und XHVI), Gruppe IV (synthetisches Grundölgemisch) und Gruppe V;
- Motorgetriebe- und Motorschaltgetriebeöle: Gruppe I (MVI und HVI) und Gruppe III/IV;
- Industrielle Schmierstoffe und Schiffsschmierstoffe: Gruppe I (LVI, HVI und HVI) und Gruppe II;
- Additivhersteller: Gruppe I (LVI, HVI) und Gruppe III (XHVI);
- Exporte, Wachs und Weichmacheröle: Gruppe I: LVI, MVI und HVI;
- Weißöle: Gruppen I und III;
- Flugschmierstoffe sowie eine Reihe von industriellen Schmierstoffen: Gruppe IV (synthetisches Grundölgemisch) und Gruppe V.
(310) Aus dieser Liste geht hervor, dass von einigen Ausnahmefällen abgesehen (insbesondere LVI-Ölsorten, die für Weichmacheröle, Kältemaschinenöle, Schmierfette, Metallbearbeitungsfluessigkeiten und Stoßdämpferfluessigkeiten genutzt werden) die meisten Grundöle der Gruppe I sowohl bei der Motorenölproduktion als auch bei der Herstellung industrieller Schmiermittel eingesetzt werden können. Des weiteren zeigen die Nachforschungen auf dem Markt, dass zwischen den Grundölen der Gruppe I für Industrieschmierstoffe und Motorenöle nur kleine Qualitäts- oder Preisunterschiede und damit keine Angebotsdifferenzierungen bestehen.
Auf der Angebotsseite besteht bei den Grundölen der Gruppe I Substituierbarkeit
Viskositätsindex
(311) In Europa gehören mehr als 90 % der Grundöle zur HVI-Klasse. Im Hinblick auf den Viskositätsindex sind Grundöle keine fungiblen Erzeugnisse, da jede Schmierstoffart einen spezifischen Viskositätsindex (VI) benötigt, welcher die Leistungsfähigkeit bestimmt. Ein Wettbewerber im Bereich Grundöle hat zum Beispiel darauf hingewiesen, dass "HVI-Öle mit einer Viskosität von 150, mit niedriger Flüchtigkeit sowie solche mit einem VI-Wert unter 99 eine wichtige Untergruppe bei der Motorenölerzeugung sind." Die Differenzierung zwischen den Grundölen in den Anwenderanlagen muss aufrechterhalten werden, damit die Zulassung für das Erzeugnis nicht verloren geht.
(312) Ein Raffinerieunternehmen kann mittels Lösemittelextraktion und einer intensiveren Veredelung Grundöle der Gruppe I mit höheren Viskositätsindizes herstellen. Bei dieser Substituierbarkeit auf der Angebotsseite verringert sich jedoch die Ausbeute, wodurch die Produktionskapazität der Grundölanlage beeinträchtigt wird. Auch kann es zu einer beträchtlichen Verringerung des Durchsatzes kommen, was sich auf die Produktionskapazität auswirkt (10 % oder mehr in Abhängigkeit von der Rohöl- und Anlagenkonfiguration der Raffinerie). Eine intensivere Veredelung erlaubt jedoch nicht die Erzielung der sehr hohen VI-Werte, die für die Grundöle der Gruppe III charakteristisch sind. Mit zusätzlichen Additiven in der Fertigschmierstoffrezeptur kann ein niedriger Grundöl-VI ausgeglichen werden. Der Ausstoß im Hinblick auf den VI ist auch von der Anlagengestaltung der Raffinerie und dem Schmiermittelaufgabegut abhängig.
Viskosität und weitere Merkmale
(313) Die Grundöle der Gruppe I, die durch das Trennverfahren der normalen Lösemittelextraktion hergestellt wurden, können auf der Grundlage ihrer Viskosität in zwei Kategorien eingeteilt werden. Dabei handelt es sich zum einen um Produkte mit niedriger Viskosität oder leichte Grundöle (zum Beispiel N150) und zum anderen um Produkte mit hoher Viskosität oder schwerere Grundöle (zum Beispiel 500N und Brightstock-Öle). Leichtere Grundöle kommen vorzugsweise in Gebieten zur Anwendung, in denen ein gemäßigtes Klima vorherrscht. Sie bestimmen sich nach den Anforderungen an Motorenöle, wobei Grundöle mit niedriger Viskosität eingesetzt werden müssen. Leichtere Grundöle haben eine höhere Leistungsfähigkeit und verfügen über Eigenschaften, die eine bessere Abgaskontrolle und einen geringeren Kraftstoffverbrauch ermöglichen. Außerhalb des EWR und außerhalb Nordamerikas gilt die Nachfrage aufgrund des wärmeren Klimas insbesondere den Sorten mit höherer Viskosität. So exportieren zum Beispiel Exxon, Shell, BP/Mobil, Total und Elf sehr große Mengen an ihre Konzernunternehmen in Afrika, Asien und Lateinamerika. In gewissem Maße gibt es auch einen Unterschied bei der Grundölnachfrage zwischen Nordeuropa (leichtere Grundöle) und Südeuropa (schwerere Grundöle).
(314) Die Parteien führen an, dass die Mengenaufteilung zwischen leichten und schweren Neutralölen in Abhängigkeit von der Rohölqualität, der Destillationskapazität, den Bedarfsanforderungen und den anlagentechnischen Beschränkungen stark verändert werden kann. Obwohl es produktionsseitig einen gewissen Grad an Substituierbarkeit auf der Angebotsseite gibt, haben Marktuntersuchungen gezeigt, dass dies nur bis zu einem bestimmten Punkt möglich ist, da mit dem jeweiligen Ausgangsmaterial nur ein begrenzter Ausstoß von leichten Grundölen möglich ist.
Grundöle der Gruppe I sind nicht durch Grundöle der Gruppe III und der Gruppe IV substituierbar.
(315) Zwischen den verschiedenen Grundölgruppen bestehende signifikante Preisunterschiede. So kostet zum Beispiel Grundöl der Gruppe III zwei bis viermal mehr als HVI-Öle der Gruppe I. Hinzu kommt, dass die Grundöle der Gruppen I und III in denselben Raffinationsanlagen hergestellt werden können (obwohl die Grundöle der Gruppe III getrennte Tankanlagen benötigen, um eine Vermischung mit den Grundölen der Gruppe I zu vermeiden), dass sie jedoch nicht aus denselben Ausgangsstoffen produziert werden. Die Grundöle der Gruppe I werden aus Rohöl oder Rohölfraktionen (getopptes Rohöl, Vakuumgasöl, Raffinationsrückstände) hergestellt, während die Grundöle der Gruppe III aus dem Destillationsrückstand gewonnen werden, der in bestimmten Hydrokrackern (Hydrokrackerrückstand) in Kraftstoffraffinerien anfällt. Die Polyalphaolefine (PAO) der Gruppe IV entstehen im Ergebnis eines chemischen Prozesses.
(316) Die Grundöle der Gruppen III und IV werden beim Mischen von hochwertigen Schmiermitteln eingesetzt. In bestimmten Fällen werden sie auch mit Grundölen, die einen niedrigeren Viskositätsindex aufweisen, gemischt, um ein Fertigprodukt mit verbesserten Eigenschaften zu erhalten (so kann zum Beispiel Grundöl der Kategorie HVI Fertigschmiermitteln mit synthetischem Grundöl zugemischt werden, obwohl es kostenaufwendiger ist, dieses Äquivalent der Gruppe III zu mischen, als Grundöle der Gruppe III am Markt zu kaufen). Die Raffinerieunternehmen haben zudem die Möglichkeit, die Qualität des Rohöls zu modifizieren oder das erzeugte Produkt weiter zu veredeln, um die Qualität von Grundölen für eine spezifische Gruppe zu verändern (obwohl nicht in einem solchen Ausmaß, dass die Eigenschaften einer höheren Gruppe erreicht werden können). Schließlich können zur Eigenschaftsverbesserung zusätzliche Mengen an Additiven mit dem Grundöl vermischt werden.
(317) In Europa gehören mehr als 95 % der Grundöle zur Gruppe I, während Öle der Gruppe III weniger als 5 % ausmachen. Die Marktuntersuchung hat gezeigt, dass die Gruppe III in den nächsten Jahren ein Wachstum von 8,5 % p.a. aufweisen und die Entwicklung in Gruppe I um 0,5 % pro Jahr rückläufig sein wird. In Folge der Entwicklung auf dem Gebiet der Motortechnik und aufgrund der höheren Anforderungen der Automobilhersteller an Kraftstoffverbrauch, Leistung und Ölwechselintervalle sowie aufgrund einer schärferen Emissionsgesetzgebung wird die Nachfrage nach Erzeugnissen der Gruppe I nachlassen.
(318) Auf der Grundlage dieser Ausführungen kann man davon ausgehen, dass die Gruppen III und IV zu getrennten sachlich relevanten Märkten als die Grundöle der Gruppe I gehören. Aus wirtschaftlicher Sicht besteht besonderes Interesse daran, die Verwendung der Grundöle der Gruppe I möglichst auszuweiten und die Anforderungen an die Schmiermittel unter Kostenaspekten mittels eines günstigen Gleichgewichts von Grundölen und Additiven zu erfuellen. Nach Fertigstellung der Schmiermittelrezeptur hängt die Verwendung von Öl der Gruppe III oder der Gruppe IV davon ab, ob die zur Erzielung der geforderten Leistung anfallenden höheren Kosten durch die jeweiligen Eigenschaften (wozu nicht nur der VI zählt) kompensiert werden. Da [...]*, ist es nicht erforderlich, die Gruppe III und die Gruppe IV weiterhin als gesonderte sachlich relevante Märkte gegeneinander abzugrenzen (wobei die Gruppe II gegenwärtig im Europäischen Wirtschaftsraum nicht zum Einsatz kommt).
Additive
(319) Entsprechend der Entscheidung des Kommission zur Gründung des Gemeinschaftsunternehmens Infineum handelt es sich "bei VI-Verbesserern, DI-Paketen für die Verwendung im Kraftfahrzeugbereich sowie DI-Pakete für industrielle Einsatzzwecke um gesonderte Märkte"(30). Von den Parteien ist nur ein Markt als betroffen ermittelt worden, und zwar der Markt der DI-Pakete für Kraftfahrzeugschmierstoffe. Was die DI-Pakete für Motor- und Getriebeanwendungen betrifft, so deuten die Ergebnisse der Untersuchung darauf hin, dass diese Produkte aus der Sicht der Nachfrageseite nicht einen eigenen sachlich relevanten Markt darstellen, doch dass in Abhängigkeit vom Verwendungszweck unterschiedliche Märkte bestehen könnten. Eine weitere Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes ist in bezug auf DI-Pakete für Motor- und Getriebeanwendungen nicht erforderlich, da auf Mobil weniger als [...]* % der Additivproduktion entfällt.
Schmierstoffe
(320) Der angemeldete Zusammenschluss gibt auf keinem der möglichen Schmierstoffmärkte Anlas zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken, so dass die Bestimmung der sachlich relevanten Märkte offen gelassen werden kann.
Räumlich relevante Märkte
Grundöle
(321) Die Parteien vertreten die Auffassung, dass es sich beim Grundölmarkt zumindest um einen EWR-weiten Markt, eher jedoch um einen weltweiten Markt handelt. Die Parteien begründen ihre Feststellung mit folgenden Erwägungen. Zunächst einmal werden weltweit dieselben Grundölarten verkauft und eingesetzt. Zweitens können Grundöle wirtschaftlich über große Entfernungen transportiert werden, und es gibt bereits signifikante Handelsströme aus dem Europäischen Wirtschaftsraum. Drittens besteht ein bestimmter Zusammenhang zwischen Grundölpreisen und Bruttospannen. Bei näherer Untersuchung kann keine dieser Feststellungen aufrechterhalten werden, sondern es muss festgestellt werden, dass es sich um einen EWR-weiten Markt handelt.
(322) Die Grundölpreise und Gewinnspannen, die in unterschiedlichen Regionen der Welt erzielt werden, zeigen, dass es sich beim Europäischen Wirtschaftsraum um einen gesonderten räumlich relevanten Markt handelt.
(323) Im Europäischen Wirtschaftsraum, in den USA und in Asien haben sich die FOB-Preise schon immer auf einem unterschiedlichen Niveau bewegt, wobei die IABP-Preise von Exxon in Singapur und in den USA im Durchschnitt um [...]* % (für SN 150 in Singapur) und [...]* % (für SN 600 in den USA) über den EWR-Preisen gelegen haben. Dieser Preisunterschied wird unter Berücksichtigung der Transportkosten noch deutlicher. Die Parteien argumentieren dahingehend, dass der Transport von Sizilien in den Nahen Osten ca. [...]* USD pro Tonne kostet. Wenn man diese Transportkosten als Ansatz für die Transportkosten zwischen Asien und dem EWR heranzieht und die Transportkosten innerhalb des EWR mit [...]* % des Preises frei Bestimmungshafen berechnet, dann liegen die Preise von Exxon in Singapur immer noch über den Preisen im Europäischen Wirtschaftsraum. Bei einer hypothetischen Erhöhung der EWR-Preise um [...]* % würden sich nur die Preise von 1998 und 1999 für Singapur auf einem Niveau bewegen, das eine Einfuhr in den EWR wirtschaftlich erscheinen ließe. Diese Preise sind jedoch die Folge der Krise in Südostasien und werden nicht dauerhaft auf diesem Niveau verweilen. [...]*(31)
(324) Ein weiteres wichtiges Element ist die Tatsache, dass die Preise für Ausfuhren aus dem EWR normalerweise niedriger sind als die Preise, die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes berechnet werden. Die Parteien schätzen ein, dass sich der durchschnittliche Preisunterschied auf einem Niveau von [...]* USD/t bewegt. Das sind [...]* % weniger als die gegenwärtigen EWR-Preise. Der Preisunterschied entspricht in etwa den Frachtkosten und zeigt, dass zwischen dem EWR und den anderen Regionen der Welt keine Arbitrage möglich ist, es sei denn, es treten außergewöhnliche Umstände wie die Krise in Asien ein. Unterstrichen wird dies durch den Umstand, dass beinahe gar keine Handelsaktivität verzeichnet wird.
(325) Seit jeher sind die europäischen Grundölproduzenten diejenigen mit der größten Überproduktion und werden daher auch als Swing-Erzeuger bezeichnet. In der Vergangenheit spielten die Ausfuhren von Europa nach Asien, Afrika, dem Fernen Osten und Lateinamerika eine wichtige Rolle, da die schwereren Grundöle in diesen Ländern benötigt wurden.
(326) In jüngerer Vergangenheit sind in diesen Ländern, die früher Nettoimporteure von europäischen Grundölen waren, neue Produktionspläne verkündet worden oder sie bestehen bereits (wobei es sich hauptsächlich um Kapazitäten für die Gruppe II-III handelt, die durch Exxon, Mobil oder Shell geschaffen wurden). Die Überproduktion im EWR setzt sich meist aus schwereren Sorten zusammen, für die es innerhalb des EWR nur eine beschränkte Nachfrage gibt, die jedoch außerhalb des EWR in ausreichendem Maße gefragt sind. Aus diesem Grund werden die schweren Sorten (zum Beispiel 600 Solvent neutral) auf dem Spotmarkt angeboten. Der Verkauf der Überproduktion leichter Sorten (zum Beispiel Solvent neutral 150) erfolgt auf dem EWR-Markt. Die Ausfuhren betreffen hauptsächlich die schweren Sorten. Den Zahlenangaben der neun wichtigsten Wettbewerber von Exxon und BP-Mobil zufolge ergibt die Aufschlüsselung nach Viskositätsklasse 24,3 % für die Leichtneutral-, 12,63 % für die Mittelneutral- und 63 % für die Schwerneutralöle. Schwerneutrale Öle werden auch als Weichmacheröle eingesetzt.
(327) Exxon hat in seinen Führungsdokumenten dargelegt, dass [...]*(32)(33)(34)(35)(36)(37)(38).
(328) Falls sich die EWR-Preise um beispielsweise 5 % gegenüber den Preisen von Singapur erhöhen sollten, dann können die Einfuhren in den EWR im Wettbewerb mit der Produktion innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes nicht bestehen, weil die Schmierstoffrezepturen an die Grundölaustauschbarkeitsbestimmungen der ACEA und des API gebunden sind und daher größere Investitionen getätigt werden müssten, um für dieses selten gehandelte Grundöl eine Zulassung zu erwerben. Die Marktuntersuchung hat gezeigt, dass keiner der großen Additivhersteller Mittel für Zulassungsprogramme für importiertes Grundöl von anderen Unternehmen als Exxon, Mobil oder Shell bereitstellt. Selbst wenn das Problem der Grundölaustauschbarkeitsbestimmungen gelöst werden kann (was kostspielig wäre und mindestens 18 Monate dauern würde), hätte dies nur Einfluss auf die ACEA-Zulassung und nicht auf die API-Zulassung. In jedem Fall müssten die Transport- und Umschlagkosten hinzugerechnet werden.
(329) Schließlich muss festgestellt werden, dass es im Gegensatz zu den Darstellungen der Parteien in Europa keinen wirklichen Spotmarkt für Grundöle mit einer materiellen Liquiditätsgrundlage gibt. Alle befragten Handelsunternehmen haben geantwortet, dass sie in den vergangenen Jahren kein Grundöl in den EWR eingeführt haben. Handelsunternehmen spielen im Exportgeschäft als Zwischenhändler nur eine untergeordnete Rolle. Fast alle Wettbewerber der fusionierenden Seiten (mit Ausnahme von Repsol: 24000 t) haben darauf hingewiesen, dass sie für Ausfuhren aus dem EWR und Einfuhren in den EWR keine Handelsunternehmen zu Hilfe nehmen.
(330) Aus diesen Ausführungen kann geschlussfolgert werden, dass Produktion und Vertrieb von Grundölen der Gruppe I im EWR einen relevanten Markt bilden. Das ist insbesondere auf das derzeitige spezifische europäische Verbrauchsprofil und die entsprechenden Qualitätsanforderungen zurückzuführen.
Additive
(331) Die Parteien haben geltend gemacht, dass der räumlich relevante Markt zumindest der EWR ist. Unabhängig von der Festlegung, ob es sich beim Markt um den EWR oder ein darüber hinausgehendes Gebiet handelt, bewirkt dies keine Änderung der wettbewerbsrechtlichen Würdigung dieses Zusammenschlusses, so dass die Bestimmung des Marktes offen gelassen werden kann.
Schmierstoffe
(332) Da der Zusammenschluss angesichts dieser Marktcharakterisierung zu keiner marktbeherrschenden, den Wettbewerb in wesentlichem Umfang behindernden Stellung führen wird und eine solche nicht verstärkt, erübrigt sich die Festlegung des räumlich relevanten Gebiets für sämtliche denkbaren Schmierstoffmärkte (mit Ausnahme der im weiteren erörterten Turbinenschmierstoffe auf Esterbasis).
WETTBEWERBSRECHTLICHE WÜRDIGUNG
Grundöle
Aktuelle Marktstruktur
Marktposition bei Grundölen; Wettbewerb auf zwei Ebenen
(333) Die Grundölhersteller können in vier Gruppen unterteilt werden:
i) Überregionale Unternehmen: Hierbei handelt es sich um integrierte Mineralölgesellschaften mit Grundölraffinerien weltweit und einer starken Präsenz und einer Produktion innerhalb des EWR, die die eigenen Bedürfnisse übersteigt: Shell, Exxon, BP-Mobil.
ii) Regionale Unternehmen mit Grundölangebot im eigenen Land und einer Produktion, die bei einigen von ihnen den Bedarf des Landes übersteigt: Cepsa, Repsol, Agip, Fortum, Elf, Total, KPI, Petrogal und DEA.
iii) Hersteller von selten gehandelten Grundölen wie Iplom, MOH und SRS. Diese Grundöle dürften von geringerer Qualität sein und werden hauptsächlich im Export, bei industriellen Schmierstoffen und bei Weichmacherölen eingesetzt. Die vier größten Additivlieferanten haben in diesem Zusammenhang angegeben, dass sie noch keine Versuche unternommen haben, für diese Grundöle eine Zulassung einzuholen.
iv) Hersteller von unkonventionellen Grundölen wie Nynas (naphthenische Grundöle für spezielle industrielle Schmiermittel) oder Fortum (ehemals Neste), das Polyalphaolefine (PAO) herstellt.
(334) Exxon liefert Grundöle im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum von seinen drei Werken in Fawley, Vereinigtes Königreich, Port Jérôme, Frankreich und Augusta, Italien aus. BP-Mobil verfügt über fünf Werke in Frankreich (Gravenchon und Dünkirchen (letzteres mit einer 40 %igen Beteiligung von ELF), dem Vereinigten Königreich (Coryton), Deutschland (Neuhof) bzw. Spanien, wo das Unternehmen gemeinsam mit Cepsa die Grundölanlagen in Algeciras betreibt. Shell verfügt über vier Anlagen in den Niederlanden (Pernis), in Frankreich (Petit Couronne), Deutschland (Hamburg) bzw. im Vereinigten Königreich (Stanlow). Exxon, BP/Mobil und Shell kontrollieren zwölf der 24 Grundölraffinerien in Europa, darunter 8 der 10 größten Anlagen. Zur Berechnung der Größe des Marktes für Grundöle der Gruppe I im EWR und zur Berechnung des Marktanteils der Parteien hat die Kommission die folgenden Punkte in Betracht gezogen. Die Marktanteile wurden unter Zuhilfenahme von drei verschiedenen Ansätzen berechnet, und zwar zunächst auf der Grundlage der von den Seiten vorgelegten Sollkapazität, zweitens auf der Grundlage der Istproduktion und drittens auf der Grundlage der Produktion von Erzeugnissen der Gruppe I.
Sollkapazität und Istproduktion
(335) Sämtliche Zahlen basieren auf den Angaben für 1998, die von Exxon, Mobil und deren Wettbewerbern im Grundölbereich (Dritte) für die entsprechenden Anlagen gemacht wurden. Sofern Dritte die angeforderten Angaben nicht zur Verfügung gestellt haben (wie z. B. MOH, SRS und in geringerem Umfang Agip), hat die Kommission diejenigen Angaben zu Rate gezogen, die von den Parteien im Formular CO gemacht wurden. Da die Dritten darum gebeten haben, die bereitgestellten Angaben zu den Positionen Istkapazität, Istproduktion und Istumsatz als vertraulich zu behandeln, wurden in der Tabelle nur Prozentbereiche genannt. In der folgenden Tabelle zur Grundölproduktion und -kapazität werden die Istkapazität und die Istproduktion mit der von den Seiten bereitgestellten Istkapazität aus Enerfinance '96 verglichen.
Produktion und Kapazität im EWR
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(336) Weichmacheröle werden als Grundöle betrachtet. Aromaten, Paraffine, Weißöle und Schmierfette werden umsatzmäßig nicht als Grundöl betrachtet, da es sich dabei entweder um Nebenerzeugnisse handelt oder diese Produkte einer weiteren Veredelung bedürfen. Weißöle, Paraffine und Wachse sind in starkem Maße von der Ausgangsstoffherstellung abhängig, so dass durch Wettbewerbs- und Größenvorteile sehr große Marktanteile errungen werden können. Diese Erzeugnisse sind entweder das Ergebnis einer zusätzlichen Stufe bei der Veredelung der Grundöle oder ein Nebenprodukt der Grundölproduktion. Aus diesem Grund steht die Bewertung der Wettbewerbsposition der Parteien mit der Bewertung der Situation bei den Grundölen im Zusammenhang.
Marktanteile auf der Grundlage der Verkäufe an Dritte
(337) Der Transitmarktverkauf wurde als Verkauf an Dritte innerhalb wie außerhalb des EWR definiert, Verkäufe am Sportmarkt eingeschlossen. Verkäufe an Konzernunternehmen werden als Verkäufe für den Eigenbedarf betrachtet. Verkäufe an Kunden außerhalb des EWR wurden in der Berechnung belassen, da dies die Position der Parteien widerspiegelt, dass die Ausfuhren zur Befriedigung der EWR-Nachfrage umgelenkt werden könnten. Verkäufe an Additivhersteller werden als Transitmarktverkäufe betrachtet (außer im Fall der Additive von AGIP und mit Ausnahme der Verkäufe von Shell und Exxon an deren Geschäftsbereich Additive vor der Errichtung des Gemeinschaftsunternehmen).
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(338) Exxon verfügt aufgrund von Investitionen zum Ausbau der Grundölkapazität in den 50er und 60er Jahren über sehr große Verkaufskapazitäten auf dem Transitmarkt: [...]* der Produktion von Exxon stehen für den Transitmarkt zur Verfügung, während sich die Transitmarktkapazität von BP-Mobil nur auf [...]* beläuft.
(339) Auf der Grundlage der Verkaufszahlen für 1998 kann durch Berechnungen der signifikante Anteil von Exxon am Transitmarkt ([30-40]* %) nachgewiesen werden, wobei BP-Mobil den zweiten Platz mit [10-20]* % einnimmt. An dritter Stelle steht Shell mit einem Marktanteil, der dem von BP-Mobil nahe kommt (obwohl darauf hingewiesen werden muss, dass knapp die Hälfte der Produkte, die Shell für den Transitmarkt bereithält, als Weichmacheröl verkauft wird). Die Marktanteile von Total und Agip liegen unter 8 %. Kleinere Wettbewerber wie DEA, Cepsa, Repsol, KPI, Petrogal, SRS, Petrogal und MOH verfügen über 3 % bis 5 % der Transitmarktanteile. Bei Elf wird davon ausgegangen, dass es sich um einen Nettokäufer auf dem Markt handelt.
(340) Schließlich muss betont werden, dass sich die oben genannten Marktanteile in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert haben.
(341) Unabhängig vom gewählten Ansatz hat es den Anschein, als sei Exxon sowohl nach der absoluten Produktion als auch nach der Produktion für Dritte der klare Marktführer auf dem Grundölmarkt. Die Hauptwettbewerber von Exxon sind BP-Mobil und Shell, die jedoch einen geringeren Anteil ihrer Produktion an Dritte verkaufen.
Schranken für Markteintritt und Marktausstieg
(342) Nach Auffassung der Parteien steht die Schaffung neuer Kapazitäten aufgrund der aktuellen Überkapazitäten und rückläufigen Preisentwicklung im EWR nicht auf der Tagesordnung. Wenn tatsächlich neue Kapazitäten geschaffen werden sollten, dann handelt es sich dabei sicherlich um Kapazitäten für Öle der Gruppe III, für die in Zukunft eine erhöhte Nachfrage erwartet wird. Nach Einschätzung der Parteien ist für den Bau einer neuen Anlage (Gruppe II/III) mit einer Jahreskapazität von [...]* t ein Investitionsaufwand von [...]* erforderlich. Dies ist von Dritten bestätigt worden, die angaben, dass der Bau einer neuen Anlage zwei bis drei Jahre dauert und für den Bau einer Anlage mit einer Kapazität von 400000 t/Jahr ca. 400 Mio. USD aufgewendet werden müssen.
(343) Die Umwandlung der vorhandenen Kapazitäten für Produkte der Gruppe I in Kapazitäten für Gruppe III ist vorstellbar und würde eine Investition von [...]* USD anstelle von [...]* USD für eine Anlage auf der grünen Wiese erfordern. [...]*(39).
(344) Die Schließung einer Raffinerie würde insbesondere wegen der erforderlichen Bodensanierung beträchtliche Kosten verursachen. Trotzdem wurden in den beiden letzten Jahren drei Grundölraffinerien geschlossen. Dabei handelt es sich um Llandarcy (BP/Mobil UK mit einer Sollkapazität von [...]*000 t), Addinol (170000 t/a in der ehemaligen DDR) und eine von zwei DEA-Grundölanlagen in Deutschland. In diesen Grundölraffinerien wurden schwerere Grundölsorten hergestellt, so dass sich der Verfall der Ausfuhrpreise seit 1997 besonders schwerwiegend auswirkte. Obwohl durch die Schließung einer Anlage beträchtliche Kosten entstehen, entscheiden sich die Raffineriebetreiber zugunsten der Stillegung, wenn der Kostendeckungspunkt unterschritten wird. Es wird davon ausgegangen, dass die Branche in naher Zukunft aufgrund niedriger Produktivität vor der Schließung weiterer Grundölanlagen steht.
Vorzugsstellung von Exxon, BP/Mobil und Shell und eingeschränkter Wettbewerbsdruck durch kleinere Grundölhersteller
Grundölaustauschbarkeit für sämtliche Raffinerien und eingeschränkter Zulassungsdruck
(345) Nach der Durchführung der erforderlichen Tests wird von API/ACEA zur Herstellung des Fertigschmierstoffes die Zulassung für eine Mischung aus Grundöl und Additiv erteilt. Mit der Zulassung werden sowohl der Hersteller des Grundöls (Erteilung der Grundölzulassung für alle Werke) als auch das spezifische Additivpaket festgelegt, so dass eine Neuzulassung erforderlich wird, wenn sich der Ursprung der Komponenten ändert (in 10 % der Fälle wird der Austausch bei Gruppe I ohne Prüfung akzeptiert). Als Konsequenz daraus ergibt sich, dass überregional operierende Grundöllieferanten (die zur Erlangung der Austauschbarkeit für ihre Grundölanlagen Investitionen getätigt haben(40)) die Zulassung für ihr Grundöl mit einem bestimmten Additivpaket nur ein einziges Mal einzuholen brauchen. Da sie in geographisch günstiger Lage über verschiedene Produktionseinheiten und zahlreiche Lagereinrichtungen verfügen, sind sie besser in der Lage, verschiedene Mischanlagen zu beliefern. Regional operierende Grundölhersteller, die ihre Produktion geographisch nicht so weit gefächert haben, müssen entweder höhere Kosten für den Transport von ihrer Raffinerie zu den Kundenanlagen auf sich nehmen oder Grundöl auf einem Markt in der Nähe des Kunden (d. h. in der Nähe des Schmierstoffherstellers) kaufen, um die höheren Transportkosten zu vermeiden. In diesem Fall müssen sie jedoch für jede auf dem Markt erworbene Grundölsorte eine Zulassung beantragen.
(346) Die Wettbewerber von Exxon und Mobil (sowohl bei Grundölen als auch beim der Herstellung von Schmierstoffen) haben darauf hingewiesen, dass die Schmierstoffhersteller großen Wert auf eine kontinuierliche Belieferung und Qualität der Grundöle legen, da die Lagerkapazitäten in ihren Anlagen begrenzt sind. Daher entstehen bei der regelmäßigen Belieferung eines überregionalen Netzes von Mischanlagen mit relativ kleinen Mengen von einer einzigen Grundölanlage aus selbst für die größten integrierten Grundölunternehmen, die innerhalb eines Landes agieren und über eine ausreichende Transitmarktkapazität verfügen, erhebliche Kosten.
Der Nutzen von Größenvorteilen bei den Anlagen
(347) Von den Parteien wurde bestätigt, dass Größenvorteile bei der Herstellung der Grundöle der Gruppe I eine gewisse Rolle spielen. Exxon, BP/Mobil und Shell kontrollieren [...]* der 24 Grundölraffinerien in Europa, darunter [...]* der 10 größten Anlagen. Diese Unternehmen erzielen gegenüber ihren kleineren Wettbewerbern bestimmte Kostenvorteile, da sie ihre Fixkosten problemloser auf die Produktion verteilen können. Lediglich Agip in Italien und Total in Frankreich verfügen über Anlagen von vergleichbarer Größe und könnten von vergleichbaren Größenvorteilen profitieren. In den Geschäftsplänen von Mobil wird die Auffassung geäußert(41), dass [...]*. Nach Auffassung der Parteien handelt es sich bei Shell aufgrund seiner verflochtenen Geschäftsgestaltung (Kraftstoffe und Schmiermittel) und einer rentablen Sparte Wachse/Schmierfette/Weißöle um ein effizientes und rentables Unternehmen.
(348) Nachstehende Tabelle listet die Rangfolge nach der Werksgröße auf:
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(349) Aus der Anlagengröße ergeben sich die folgenden zusätzlichen Vorteile: a) In Großanlagen kann die Rohölzuführung optimiert werden, und b) freie Produktionskapazitäten werden geschaffen, die für die Optimierung des Produktionsprozesses von Bedeutung sind, da sie ein höheres Maß an Flexibilität bieten, die bei der Herstellung von Grundölmaterial verschiedener Kategorien wichtig ist.
Vorteile aus einer verbesserten Logistik
(350) Es wurde bereits zuvor darauf hingewiesen, dass Exxon, BP-Mobil und Shell im EWR über zahlreiche Raffinerien verfügen. Dieser europaweite Verbund wird durch Lagerkapazitäten an strategischen Standorten in Europa weiter gestärkt.
(351) Dies steht im Gegensatz zu den kleineren einzelstaatlich begrenzten Betreibern, die nur über eine einzige Raffinerie verfügen und von der aus es weniger problemlos und wirtschaftlich ist, den Vertrieb an potentielle Kunden zu organisieren, die ihren Standort nicht in der Nähe des Produktionsstandortes haben. Dies trifft sicherlich auf Unternehmen wie SRS und DEA ohne Zugang zum Meer zu, die ihre einheimischen Kunden lediglich über die Straße oder auf dem Schienenweg beliefern können. Durch diese Transportmöglichkeiten wird zum einen die größtmögliche Entfernung beschränkt, über die der Transport des Produktes noch wirtschaftlich erfolgen kann, zu anderen entstehen zusätzliche Transportkosten. Die Wettbewerber haben darauf verwiesen, dass der Transport auf dem Landweg auf einen Radius von 500 km bei LKW und von 1000 km beim Schienentransport beschränkt ist. Auf Grund des geringeren Transportvolumens, das auf der Straße oder auf dem Schienenweg transportiert werden kann, sind die Transportkosten nicht miteinander vergleichbar und schwanken zwischen 6 % und 10 % des Verkaufspreises des Produkts.
(352) Auch Einzelraffinerien an einem Küstenstandort haben höhere durchschnittliche Transportkosten. Den Schätzung der Parteien zufolge belaufen sich die durchschnittlichen Transportkosten im EWR auf [...]* % des Preises frei Bestimmungshafen. Des weiteren wurde von den Parteien darauf hingewiesen, dass die EWR-Transportkosten zwischen [...]* % (zwischen dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden) und [...]* % (zwischen Italien und den Niederlanden) an variablen Kosten beinhalten. Wenn man davon ausgeht, dass die Fixkosten bei den beiden möglichen Transportfahrten konstant bleiben, dann bedeutet das, dass der Transport von Italien nach den Niederlanden [...]* % teurer ist als aus dem Vereinigten Königreich nach den Niederlanden(42). Mit anderen Worten, wenn sich die Transportkosten zwischen dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden auf [...]* % des Preises frei Bestimmungshafen beliefen, würden sie sich auf [...]* % des Preises frei Bestimmungshafen belaufen, wenn der Transport aus Italien durchgeführt werden würde. Die Wettbewerbsposition einer Grundölraffinerie und deren Wettbewerbsfähigkeit auf dem Transitmarkt des EWR im Vergleich zum einheimischen Markt oder dem Exportmarkt außerhalb des EWR wird also durch die geographische Ausbreitung, den Küstenstandort oder die Anbindung an die Mischanlagenstandorte bestimmt.
Die Dynamik des Grundölmarktes verstärkt die Vorteile von Exxon, BP/Mobil und Shell zusätzlich.
Fähigkeit zum Setzen der Maßstäbe für die künftige Entwicklung im Schmierstoffsektor
(353) In Folge des Erfordernisses, für Mischungen aus Grundölen und Additiven Zulassungen zu erlangen, wird die Anlagengröße zu einem wesentlichen Wettbewerbsvorteil auf dem Grundölmarkt. Auf der Grundlage von Marktinformationen werden Additivpakete für neue Schmierstoffrezepturen normalerweise zuerst für Grundöle von Exxon, BP/Mobil und Shell entwickelt. Von den europäischen Lieferanten von Motorenöladditiven werden Additivpakete in erster Linie für diejenigen Grundöle entwickelt, die von den Schmierstoffherstellern ausgewählt werden. Im allgemeinen entscheiden sich unabhängige Schmierstoffhersteller für einen Grundöl von Exxon, BP/Mobil oder Shell, während einzelstaatlich agierende Mineralölgesellschaften mit einer eigenen Sparte Mischen eher auf das eigene intern hergestellte Grundöl zurückgreifen. Additivhersteller erwerben zusätzliche Zulassungen und bringen die dafür erforderlichen Mittel auf, jedoch nur für die hauptsächlich gehandelten Grundöle (vorrangig von Exxon, Shell und BP-Mobil), da bei ihnen die zusätzlichen Zulassungskosten mit der Aussicht auf zusätzlichen Umsatz verbunden sind. Bei Grundölen, die nicht von Exxon, BP-Mobil und Shell produziert werden, zeichnet sich eine Tendenz zur Ad-hoc-Zulassung mit dem Ziel ab, speziellen Kundenwünschen zu entsprechen, wenn sich dies als technisch machbar und wirtschaftlich sinnvoll erweist.
(354) Seitens der Additivlieferanten wird darauf hingewiesen, dass auf die Standardadditivpakete im Durchschnitt mehr als die Hälfte ihrer Verkäufe entfällt. Die Kommission hat die vier größten Additivlieferanten aufgefordert mitzuteilen, mit welchen Grundölen sie ordnungsgemäß zugelassene Standard-DI-Pakete für industrielle Schmierstoffe und Motorenöle entwickelt haben. Im Durchschnitt werden mehr als 70 % aller verfügbaren Pakete auf der Grundlage von Grundölmaterial von Exxon, BP-Mobil und Shell entwickelt. Neben diesen Unternehmen besitzen nur Total und Elf (und in kleinerem Umfang AGIP und KPI) Zulassungen bei mehreren Additivlieferanten. Damit sind Exxon, BP-Mobil und Shell stets die Schlüssellieferanten für Grundöle, mit denen sich nur wenige der übrigen, kleineren Grundöllieferanten messen können. Von den Additivlieferanten wurde bestätigt, dass sie dahin tendieren, zur Entwicklung von Rezepturen für den Einsatz im Kraftfahrzeugbereich nur Grundöl der drei großen Unternehmen vorzuschlagen, da sie damit rechnen können, ihren Umsatz bei diesen Grundölen, die auf dem überregionalen Markt in ausreichender Menge und mit konstanter Qualität zur Verfügung stehen, zu erhöhen.
(355) Endprodukte, die aus Grundöl von Exxon, BP/Mobil und Shell bestehen, können schneller an neue Standards angepasst werden, da es aufgrund der Grundölaustauschbarkeit möglich ist, das Produkt in der Nähe der Mischanlage zu erwerben, ohne dass eine zusätzliche Zulassung erforderlich ist. Entscheidet sich hingegen ein in mehreren Regionen operierender Schmierstoffhersteller dafür, die Grundöle von unterschiedlichen Herstellern vor Ort zu kaufen, sind für die Erlangung einer Zulassung für ein Fertigschmiermittel mehrfache Prüfungen und Zulassungen erforderlich, was abschreckend auf die Additivlieferanten wirkt.
(356) Nach Auffassung von Dritten (sowohl Schmierstoffherstellern als auch Grundölproduzenten) ist dieser Vorteil der Grundöle von Exxon, Shell und BP/Mobil von immenser Bedeutung in einer Branche, in der in den vergangenen Jahren eine Verkürzung des Produktlebenszyklus von Schmierstoffen deutlich geworden ist. Bei Motorenölen liegt er derzeit zwischen drei und fünf Jahren. Hinzu kommt, dass die Zulassungsanforderungen der Endprodukthersteller immer strenger werden, so dass die Schmiermittelhersteller gezwungen sind ständig neue Rezepturen zu entwickeln. Wegen der kürzeren Zeiten, die für die Entwicklung neuer Erzeugnisse und für die Amortisierung der Entwicklungskosten zur Verfügung stehen, arbeiten die Schmierstoffhersteller meist mit den drei größten Grundölherstellern zusammen, für die die Additivhersteller systematisch geeignete Additivpakete entwickeln. Seitens der Additivlieferanten wird darauf verwiesen, dass sie neue Rezepturen in erster Linie mit Grundölen von Exxon, BP/Mobil oder Shell entwickeln, da nur durch diese Grundöle ausreichend Absatz gesichert ist und die getätigten Investitionen amortisiert werden können. Die Entwicklung der neuen Schmiermittelgenerationen wird von den OEM bestimmt, wobei dies gelegentlich in Zusammenarbeit mit den Mineralölgesellschaften geschieht. Von als Wettbewerber auftretenden Schmierstoffherstellern wird darauf hingewiesen, dass die OEM ihre Anforderungen meist mit Exxon oder BP/Mobil und in geringerem Maße mit Shell als den einzigen global tätigen Unternehmen diskutieren, da diese Unternehmen auf allen Ebenen der Lieferkette präsent sind (Prinzip des Bezugs aus einer Hand). [...]*(43). Von den Wettbewerbern wird dazu erwähnt, dass ihre bereits eingeschränkte Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Exxon, BP/Mobil und Shell durch die weitere Verkürzung des Produktlebenszyklus der Schmierstoffe noch weiter begrenzt wird.
(357) Der Bereich Mischen von industriellen Schmierstoffen wird durch diese Tendenz ebenfalls beeinträchtigt, da die Schmierstoffhersteller versuchen, mit geringeren Lagerbeständen auszukommen und die Angebotsbreite bei Grundölen/Additiven zu verringern. Diejenigen Schmierstoffhersteller, die sich hohen Qualitätsstandards verschrieben haben, lagern kein Grundöl von verschiedenen Erzeugern in ein und demselben Grundölbehälter (selbst dann nicht, wenn es sich um Grundöle mit ähnlichen Spezifikationen handelt). Auf Grund der begrenzten Lagerkapazitäten setzen die Schmierstoffhersteller daher häufig "allgemeine Grundöle" ein, die sowohl für die Motorenölerzeugung als auch für die Produktion von Schmierstoffen für die Industrie einsetzbar sind.
Die Entwicklung des Grundölmarkts ist von höheren Qualitätsanforderungen geprägt.
(358) Logistische Aspekte im Mischanlagenbereich treiben die Kosten der Grundölumstellung ebenfalls in die Höhe, weil Mischanlagen normalerweise so optimiert sind, dass die Anzahl der benötigten Vorratsbehälter für Grundöle und Additive möglichst niedrig ist (bei manchen Unternehmen kann in Verbindung mit großen Mischanlagen Grundöl in über 30 Sorten gelagert werden). Aus diesem Grund kommt dann oft ein "allgemeines Grundöl" zum Einsatz, das sich im Rahmen der Spezifikationen für eine breite Erzeugnispalette bewegt. Das bedeutet, dass ein Grundöl, welches für anspruchsvolle Erzeugnisse eingesetzt wird, auch für weniger anspruchsvolle Erzeugnisse verwendet werden kann. Die Veränderung der Rezeptur eines anspruchsvollen Produkts führt zu unterschiedlich hohen Rezepturkosten, die von der Wahl des benötigten anspruchsvollen Grundöls abhängig sind. Die Alternative dazu liegt im Kauf neuer Lagerkapazitäten und im Anlegen größerer Vorräte, was zu hohen Kosten führen kann. Eine weitere Möglichkeit ist die Spezialisierung auf die Produktion von Kraftfahrzeugschmierstoffen oder von Industrieschmierstoffen (obwohl die Parteien angegeben haben, dass es sich hierbei um einen neuen und verstärkt genutzten Trend handelt, behaupten sie, dass es beim Grundöl für Industrie- und Kraftfahrzeugschmierstoffe keinen gesonderten sachlich relevanten Markt gibt). Die Tatsache, dass die Kombinationen aus Grundöl und Additiven der Zulassung unterliegen, hat auch Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Schmierstoffhersteller und Additivhersteller, da es in den Beziehungen zwischen Schmierstoffhersteller und Additivlieferanten normalerweise um eine ganze Palette von benötigten Additiven handelt. Ändert der Schmierstoffhersteller seine Schmiermittelrezeptur durch die Umstellung auf andere Grundöllieferanten, so muss der Additivlieferant sein Einverständnis zu einem neuen (gemeinsamen) Entwicklungsprogramm geben. Verweigert er dieses, bleibt der Mineralölgesellschaft nicht anderes übrig, als nach bereits vollständig zugelassenen Kombinationen aus Grundöl und Additiven zu suchen, was sie gegenüber dem Additivanbieter in eine schwächere Position brächte.
(359) Praktisch sind alle Markenerzeugnisse bei Motorenölen nach streng kontrollierten und dokumentierten Prüfungsbedingungen auf der Grundlage der in der Branche geltenden Standardspezifikationen zugelassen (API, ACEA). Beim Erreichen dieser Mindestleistungsnormen darf das Erzeugnis nur für eine bestimmte Anwendung zum Einsatz kommen. Die Auswahl des zugelassenen Erzeugnisses obliegt danach dem Vertriebskunden oder Endverbraucher (OEM). Die großen Mineralölgesellschaften arbeiten mit OEM-Herstellern zusammen und haben dadurch Einfluss auf deren Strategiekonzepte, was die technische Entwicklungsarbeit möglicherweise in Richtung spezifischer Kundenanforderungen lenkt. Bei einer Veränderung der Spezifikationen durch einen OEM können unabhängig von der Marke solange keine Schmierstoffe mehr verkauft werden, wie die Anpassung an die neuen Spezifikationen nicht erfolgt ist. Überregionale Wettbewerber (Exxon, Shell, BP-Mobil) gehen zunehmend dazu über, eine einzige gesamteuropäische Produktpalette einzuführen (sowohl bei Motorenölen als auch bei Wartungsschmiermitteln).
(360) Die Schmierstoffhersteller können es sich nicht leisten, ihre Wettbewerbsposition zu gefährden, wenn die Einführung einer neuen Produktrezeptur dadurch verzögert wird, dass die Einholung einer umfangreichen Testdokumentation für ein weniger häufig gehandeltes Grundöl viel Zeit in Anspruch nimmt. Additivhersteller, die die Möglichkeit haben, eine neue Produktrezeptur einzuführen, werden sich generell für Grundöle von Exxon, BP/Mobil oder Shell entscheiden. Steht die Rezeptur für einen Schmierstoff erst einmal fest, ist die Häufigkeit des Wechsels der Grundöllieferanten durch die Austauschbarkeit der Grundöle und die Zulassung der Fertigschmiermittel begrenzt. [...]*(44).
(361) Das nach Aussagen der Parteien erreichte Niveau des Kundenwechsels weist darauf hin, dass die national agierenden Grundölhersteller intensiv um Schmierstoffhersteller vor Ort (sowohl beim Motorenöl als auch bei den industriellen Schmierstoffen) konkurrieren sowie um Hersteller von Spezialindustrieschmierstoffen und um Additivlieferanten bemühen werden, [...]*(45) und hin und wieder den Zuschlag eines großen Schmierstoffherstellers zur Erstabfuellung erhalten. Exxon und in geringerem Maße BP/Mobil nutzen in der Hauptsache Terminverträge mit überregionalen Schmierstoffherstellern und für OEM tätigen Erstbefuellern.
(362) Sowohl Exxon als auch BP-Mobil haben mehrere kleine Schmierstoffhersteller an Wettbewerber wie Total, Elf, KPI und Shell verloren. In einigen Fällen geschah dies aus Qualitätsgründen, in anderen Fällen aus Preisgründen. In allen Fällen hatte jedoch der überlegene Wettbewerber den Standort seiner Produktionskapazitäten in der Nähe des Kunden. Das bedeutet aber nicht, dass Exxon und BP-Mobil keinen Preiswettbewerb durchführen; in einigen Fällen wurde der Kunde im Folgejahr wieder zurückgewonnen.
(363) Obwohl Exxon und BP-Mobil [...]*, ziehen sie im Wettbewerb mit Petrogal, Repsol, Cepsa, KPI, Total, Elf oder auch bei kleineren Handelsvolumen an osteuropäischen Grundölen den kürzeren. Nach Informationen der Parteien muss jedoch festgestellt werden, dass 'Additivhersteller in der Lage sind, Grundöle von relativ niedriger Qualität einzusetzen' und Additivlieferanten gelegentlich diese Mengen zusätzlich zu ihren terminvertraglichen Mengen von Exxon, Shell oder NP-Mobil auf dem Spotmarkt aufkaufen. Da Additivlieferanten über keine strengen Zulassungs- oder Qualitätsanforderungen verfügen, gibt es einen scharfen Preiswettbewerb seitens kleinerer Wettbewerber, die die Kunden mit dieser Nachfrage an sich binden möchten (selbst wenn dies zu zusätzlichen Transportkosten führt).
(364) Die überregionale Nachfrage (Texaco, Fina, Castrol, Fiat lubrificanti, Fuchs usw.) wird in steigendem Maße von Exxon und BP-Mobil und in geringerem Maße von Shell über gesamteuropäische Verträge befriedigt. Gelegentlich geht eine Lieferung an einen einheimischen Grundölwettbewerber verloren, dessen Standort sich in der Nähe der Mischanlage befindet (Agip in Italien, Repsol in Spanien), jedoch gelingt es weitaus häufiger, diesen Wettbewerbern mengenmäßig Paroli zu bieten. Für diese Schmierstoffhersteller sind Qualität, Liefersicherheit und das Fehlen von Zulassungsbeschränkungen die wichtigsten Kriterien, [...]*(46).
(365) Die [...]* lassen die Schlussfolgerung zu, dass Exxon als Swing-Erzeuger auftritt, da das Unternehmen seine Erzeugnisse sowohl an einzelstaatlich operierende Grundölproduzenten (Elf, Total, Agip, KPI, MOH) als auch an BP-Mobil und Shell liefert, wenn diese Erzeuger mit Produktknappheit konfrontiert sind, ihre Raffinerie einer Wartung unterziehen müssen oder spezifische Sorten benötigen. Wenn sich die Marktsituation verschlechtert oder die Produktionskapazität wieder auf ihrem normalen Niveau einpegelt, so greifen diese Kunden wieder auf die eigene Produktion zurück.
Daher konzentrieren sich kleinere Grundölraffineriebetreiber auf Verkäufe vor Ort und den Export.
(366) In Abhängigkeit von ihrer Leistungsfähigkeit können regionale integrierte Mineralölgesellschaften (regionale Spitzenunternehmen) mit einem Geschäftsbereich Schmierstoffherstellung durchaus in der Lage sein, auf bestimmten regionalen Märkten (zum Beispiel für die Erstbefuellung von im Heimatland des Grundölproduzenten, jedoch nicht in anderen Ländern hergestellten PKW) den Zuschlag zu erhalten. Sie sind bei industriellen Schmierstoffen präsent, deren Anforderungen eher auf der allgemeinen Leistungsfähigkeit als auf der Rezeptur basieren, und haben beim Absatz von Industrieschmierstoffen eine starke Stellung erlangt.
(367) Kleine unabhängige Schmierstoffhersteller erkämpfen sich zunehmend Wettbewerbspositionen in Nischenmärkten. Sie sind dabei insbesondere auf dem Gebiet der industriellen Spezialschmierstoffe tätig, auf dem die Wettbewerbsfaktoren von einer (integrierten) starken Marktposition bei der Grundölproduktion weniger abhängig sind und auf dem die geographische Ausbreitung und Größenvorteile von geringerer Bedeutung sind. Kleine Schmierstoffhersteller mit dem Spezialisierungsgebiet Industrieschmierstoffe sind sehr preisempfindlich und wechseln die Grundöllieferanten, um ihre Einwirkungsmöglichkeiten zu verbessern. In diesem Zusammenhang sind technischer Kundensupport, Flexibilität und Know-how bei speziellen Anwendungen die wichtigsten wettbewerbsbezogenen Kriterien, und gerade in dieser Hinsicht stechen kleine, regional agierende Raffinationsbetreiber besonders hervor. Diese Unternehmen arbeiten meist nicht mit überregionalen Lieferanten zusammen, sondern bringen mit einheimischen Additivlieferanten gern gemeinsame Entwicklungsprogramme auf den Weg und verlassen sich auf eine garantierte Grundölversorgung aus einem Standort in der Nähe ihrer Mischanlage. Hinzu kommt, dass das Grundöl bei diesen Spezialschmierstoffen von geringerer Bedeutung ist. So verkauft sich zum Beispiel eine Spezialmetallbearbeitungsfluessigkeit zu einem dreimal höheren Preis als ein Industriehydrauliköl. Die Grundöle, aus denen diese Flüssigkeit besteht, machen 5 % der gesamten Produktionskosten aus, während es bei den Additiven 35 %.
(368) Auch bei Industrie- und Schiffsschmierstoffen ist die Kombination von Grundöl und Zusatzstoff wichtig, obwohl die Zulassung hier intern erfolgen kann. Von den OEM-Herstellern wird der mögliche Einfluss, den die Verwendung unterschiedlicher Grundöle haben kann, zunehmend erkannt. Die Umstellung auf ein anderes Grundöl würde Validierungsprüfungen bei einer Reihe von Schlüsselprodukten und kritischen Leistungsparametern erfordern.
(369) Außer der Grundölaustauschbarkeit und der Zulassung des Fertigschmiermittels sind ein Standort in der Region und OEM-Zulassungen von entscheidender Bedeutung. Dies zeigt sich an einem Grundölraffineriebetreiber, dessen Grundöle zwischen mehreren Anlagen ausgetauscht werden können und der darauf hingewiesen hat, dass eine Grundölaustauschbarkeit nicht automatisch zu einem garantierten Absatz führt. Dieses Unternehmen hat bestätigt, dass sein Absatz bei Motorenölen sehr gering ist und dass es nur über einige wenige Zulassungen für Grundöl-/Zusatzstoffkombinationen verfügt. Nach Auffassung des Unternehmens verfügt es über keine ausreichende regionale Präsenz und keine ausreichenden Größenvorteile, um mit Exxon, BP/Mobil und Shell auf dem gesamteuropäischen Markt in den Wettbewerb zu treten. Das Unternehmen stellt fest, dass es aufgrund erhöhter Anforderungen der OEM-Hersteller und der Entwicklung in Richtung einer Nachfrage in der gesamten Gemeinschaft Umsatz auf dem nationalen Motorenölmarkt zunehmend an Exxon und BP/Mobil verliert. Für 1999 seien lediglich die Lieferverträge für industrielle Anwendungen verlängert worden. Das Unternehmen äußert des weiteren, dass es selbst beim Vorhandensein von Zulassungen bei allen großen Additivlieferanten aufgrund seiner lokalen Präsenz nicht in der Lage wäre, den Zuschlag für gesamteuropäische Lieferverträge im Rahmen der EU zu erhalten (da sich die Transportkosten innerhalb des EWR auf 10 % bis 12 % belaufen, einschließlich Umschlag). Daher sind nur 9 % der Produktion des Unternehmens für den gesamteuropäischen Markt bestimmt und werden ausschließlich für Industrieschmierstoffe eingesetzt.
(370) Durch die Marktdynamik, wie sie hier beschrieben wurde, haben die kleineren Grundölunternehmen keine andere Wahl, als ihren Umsatz auf den Exportmärkten zu erhöhen. Die Marktuntersuchungen der Kommission haben gezeigt, dass zwischen 20 und 40 % der aktuellen Produktion der kleineren Unternehmen auf dem Exportspotmarkt abgesetzt werden. Wie bereits festgestellt, besteht ein Großteil dieser Mengen aus schweren Sorten, für die im EWR keine ausreichende Nachfrage besteht. In den meisten Fällen erfolgen diese Verkäufe auf Spotgrundlage und zu Preisen, die unter denen des EWR-Marktes liegen (20-30 % unter den gegenwärtigen Preisen).
[...]*
(371) [...]*.(47)(48)(49)
Wettbewerbsdruck durch kleinere Wettbewerber auf Exxon, BP/Mobil und Shell: Eingeschränkte Möglichkeiten zur Erhöhung des Umsatzes auf dem EWR-Markt.
(372) Wie erläutert, ist die Wettbewerbsfähigkeit der nationalen Marktteilnehmer gegenüber überregionalen Grundöllieferanten durch die erhöhten Transportkosten und den geringeren Umfang der Grundölzulassung eingeschränkt. Dadurch werden die kleineren Marktbeteiligten im wesentlichen auf die Belieferung von einheimischen Schmierstoffherstellern eingeschränkt, die meist auf Industrieschmierstoffe oder auf den Export ihrer Produktion orientiert sind. Die Parteien argumentieren dahingehend, dass der Grundölmarkt des EWR durch große Überkapazitäten beeinträchtigt wird, wodurch sämtliche Wettbewerber daran gehindert werden, auf Preise oder Produktion einzuwirken. Im Verlauf der Marktuntersuchung durch die Kommission haben die Wettbewerber die Bedeutung der angeblichen strukturellen Überkapazität, durch die Exxon/Mobil in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt werde, in Zweifel gezogen. Tatsächlich existiert auf dem Markt keine Überkapazität, sondern eher eine Überproduktion, für die es auf dem EWR-Markt keine Abnehmer gibt. Das ist auf folgende Faktoren zurückzuführen:
Die tatsächliche Überkapazität wird von den Parteien nicht richtig angegeben.
(373) Von den Parteien wird Überkapazität als die Differenz zwischen Sollkapazität und tatsächlicher Produktion definiert. Jedoch ist die Sollkapazität ein unzuverlässiger Indikator für die Produktionskapazität einer Grundölraffinerie. Anstatt von Überkapazität zu sprechen, scheint es angebrachter, sich auf die Überproduktion zu konzentrieren (d. h. auf die Differenz zwischen der aktueller Produktion und aktuellem Verbrauch im EWR).
(374) Zunächst haben die Parteien ihre Angaben zur Sollkapazität aktualisiert, wobei sie zugegeben haben, dass die im Formular CO gemachten Angaben zur Sollkapazität beträchtlich höher sind als die tatsächliche Produktionskapazität. Allein auf der Grundlage der stillgelegten Produktionskapazitäten haben die Parteien ihre anfängliche "über 30 %ige Überkapazität" auf unter 24 % revidiert, obwohl es verschiedene Ansätze zur Bewertung der Überkapazitäten gibt(50). Diese Zahlen sind jedoch immer noch fragwürdig. Zum Beispiel wurden von den Parteien viele der öffentlich zugänglichen Abschätzungen der Sollkapazität ihrer Anlagen nach unten revidiert, während sie dies bei den Wettbewerbern nicht taten. Im übrigen basieren diese Zahlenangaben auf der Kapazität, ohne dass beim Produktionsausstoß in irgendeiner Weise differenziert worden wäre. Wettbewerber wie NYNAS stellen nur naphthenisches Grundöl für spezifische industrielle Anwendungen her (Gruppe V), das jedoch gegenüber paraffinischem Grundöl für Motorenöl oder allgemeine industrielle Schmierstoffe (ohne spezielle Einsatzgebiete wie Druckfarbe oder Gummi) wegen des Preisunterschieds und der technischen Merkmale nicht wettbewerbsfähig ist. Dasselbe gilt für Raffinerien, die Grundöle der Gruppe III oder IV produzieren.
(375) Die Sollkapazität liegt aus vielerlei Gründen stets über der tatsächlichen Kapazität einer Grundölraffinerien. Zum Beispiel ist dies auf Engpässe im Produktionsprozeß oder das Herunterfahren der Raffinerie für Wartungszwecke zurückzuführen, durch welche die tatsächliche Produktionskapazität verringert wird. Seitens eines wichtigen Grundölwettbewerbers wird mitgeteilt, dass aufgrund des Alters zahlreicher Grundölanlagen in der Gemeinschaft die tatsächliche durchschnittliche Produktionskapazität unter der Sollkapazität liegt. Diese Raffinerien profitieren nicht länger von der Beseitigung von Engpässen [...]*(51).
(376) Die Parteien haben ausführlich aus einer Studie von Roland Berger über die europäische Raffineriebranche zitiert. Eine Schlussfolgerung der Studie bestand darin, dass bei Raffinerien aufgrund der sehr hohen Fixkosten versucht wird, sie jederzeit mit Maximalkapazität zu betreiben. So haben Wettbewerber von Exxon und BP/Mobil der Kommission gegenüber auch geäußert, dass ihre Anlagen mit der maximalen Kapazität gefahren werden (trifft nicht auf Grundölhersteller zu, die andere als Grundöle der Gruppe I herstellen), da es wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre, den Auslastungsgrad der Raffinerien zu senken. CEPSA weist darauf hin, dass die Anlagen selbst bei einem hohen Exportvolumen in Gebiete außerhalb des EWR (in denen niedrigere Preise erzielt werden) zu 100 % ausgelastet ist. Nach Auffassung von Cepsa wäre eine Verringerung des Auslastungsgrades wirtschaftlich nicht vertretbar.
(377) Der Gesamtumfang der Überproduktion wird als Anteil der Ausfuhren an den Transitmarktverkäufen berechnet. Er beläuft sich auf 26 %. Jedoch liegt ca. [...]* der Überproduktion in den Händen der fusionierenden Parteien. Die Überproduktion in den Händen von Dritten beträgt ca. [...]* % der Transitmarktverkäufe der fusionierenden Parteien im EWR. Im folgenden wird noch dargestellt werden, dass es trotzdem unwahrscheinlich ist, dass durch diese überschüssige Produktion die Nachfrage im EWR befriedigt werden kann.
Die Grundölproduktion für den EWR-Markt kann selbst durch eine Umrüstung von Raffinerien nicht problemlos und zügig erhöht werden.
(378) Die Parteien haben dahingehend argumentiert, dass die Grundölproduktion im EWR durch eine verbesserte Rohölzuführung und die Raffinerieoptimierung um 5-10 % erhöht werden kann. Jedoch zeigt die Marktuntersuchung der Kommission, dass die meisten Raffinerien im EWR bereits mit optimalen Rohölsorten zur Erzeugung von Grundölen arbeiten. Es wäre auch unlogisch annehmen zu wollen, dass die Raffineriebetreiber die Produktion nicht durch eine geeignete Gestaltung der Raffinerien bereits auf ein optimales Niveau geführt haben. Einige der wichtigsten Wettbewerber von Exxon und BP/Mobil geben an, dass sie ihre Produktion bei leichten Sorten nicht weiter erhöhen können.
(379) Schließlich könnte argumentiert werden, dass einige Raffineriebetreiber eher die Grundöle noch tiefer veredeln, um Kraftstoffe herzustellen, wodurch sie in die Lage versetzt würden, diesen Prozess jederzeit zu stoppen und ihre Grundölproduktion zu erhöhen. Jedoch haben die Parteien dargelegt, dass die tiefere Veredelung von Grundölen zu Kraftstoffen in den vergangenen zehn Jahren zu keinem Zeitpunkt wirtschaftlich sinnvoll war.
(380) Natürlich kann ein Raffineriebetreiber anweisen, Grundölproduktionskapazitäten für die Kraftstofferzeugung einzusetzen. So hat ein kleinerer Wettbewerber, der Grundöle der Gruppe III herstellt, die Meinung geäußert, dass sie die Umstellung auf Kraftstofferzeugung durchaus in Betracht ziehen, wenn sie (aufgrund der geringen Nachfrage) keine Möglichkeit sehen, die Grundölproduktion zu erhöhen. [...]*(52).
(381) Durch die Wahl des Rohöls/Einsatzgutes wird das tatsächliche Produktionsvolumen beeinflusst. So hat es den Anschein, als ob sich kleinere Raffinerien durch den Einsatz von Ölschiefersorten an die fallenden Exportpreise anpassen, die ihnen die Möglichkeit geben, das Einsatzgut in eine erhöhte Kraftstofferzeugung umzuleiten und dafür die Grundölproduktion zu verringern. Das Unternehmen Kuwait Petroleum International (KPI), ein wichtiger Wettbewerber im Bereich Grundöl, vertritt dazu folgende Auffassung: "Die Raffineriebetreiber bemühen sich, die einheimischen Möglichkeiten voll auszunutzen. Dabei werden sie entweder keine Grundöle herstellen und die Einsatzmoleküle zur Kraftstoffherstellung einsetzen, wobei die Grundölraffineriekapazität ungenutzt bleibt. Oder der Raffineriebetreiber entschließt sich, Grundöl zu produzieren und es auf dem Exportmarkt (außerhalb der EU) zu vertreiben." Ein anderer Wettbewerber stellt dazu fest: Wir leiten unsere Einsatzstoffe immer dann in eine erhöhte Kraftstoffproduktion, wenn die Auslastung niedrig ist.
Grundölexporte aus dem EWR können nicht problemlos wieder auf den EWR-Markt zurückgeführt werden.
(382) Grundöle, die aus dem EWR ausgeführt werden, können normalerweise andernorts nicht genutzt werden, da sie nicht den dortigen Qualitätsanforderungen entsprechen. Die Nachfrage auf den Exportmärkten unterscheidet sich von der im EWR, obgleich die Standardsorten (z. B. SN150), die von den europäischen Herstellern auf dem EWR-Markt und den Exportmärkten angeboten werden, identisch sind.
(383) In den Exportregionen hat es schon immer eine starke Nachfrage nach hochwertigen Sorten gegeben, so nach Motorenölen in warmen Klimazonen, nach höherwertigen industriellen Schmierstoffen (für den Einsatz in der Schwerindustrie in den Schwellenländern) sowie nach Weichmacherölen (für die Reifenproduktion). Bis zum Beginn des Wettbewerbs zwischen diesen Exportgütern und entsprechenden Erzeugnissen aus Asien konnten die schwereren Sorten vorteilhaft verkauft werden. Der Verbrauch von leichten Sorten hat im EWR infolge der höheren Anforderungen an die Motorenöle angezogen, während der Markt ein größeres Volumen an schweren Sorten und eine geringere Nachfrage verzeichnet (Krise in Asien). Dieser Unterschied bei den Sorten wird durch die erheblichen Preisunterschiede zwischen dem Exportmarkt und dem EWR-Markt verdeutlicht, wie im folgenden Abschnitt erläutert.
>PLATZ FÜR EINE TABELLE>
(384) Die beiden Tabellen verdeutlichen die Preisentwicklung bei zwei typischen Grundölsorten innerhalb des EWR im Vergleich zu den Ausfuhren bei derselben Qualität. Es fällt auf, dass sich der Preisunterschied von 11-12 % im Vergleich zum EWR-Preis im August 1998 auf 26-29 % im Mai 1999 erhöht hat. Wenn die Ausfuhren in irgendeiner Weise so umgeleitet werden könnten, dass damit die Nachfrage im EWR befriedigt würde, hätten die Raffineriebetreiber im EWR dies aufgrund des bereits seit langem bestehenden Preisunterschieds zweifellos schon längst getan, insbesondere im vergangenen Jahr, als sich der Abstand erheblich vergrößerte.
(385) Bei bestimmten Grundölen (z. B. SN 150) liegen die Exportspotpreise weit unter dem Preisniveau im EWR, was, sieht man von der Wirkung von Terminverträgen und potentiellen Qualitätsunterschieden ab, nur auf Angebots- und Nachfrageeffekte zurückgeführt werden kann. Wie aus den Angaben der Parteien hervorgeht, bieten die Hersteller bestimmte Mengen auf dem Spotmarkt an, je näher sich die Kapazität ihrer Tanklager der möglichen Obergrenze annähert. Dabei akzeptieren sie ohne weiteres das Preisniveau am Markt, da damit die Herstellungskosten gedeckt werden können, und vermeiden auf diese Weise, dass die Produktionskapazität nicht ausgelastet wird. Auf einem langfristig angelegten Markt kann der dabei erzielte Wert unterhalb der Betriebskosten insgesamt liegen, sich für den Hersteller aber trotzdem als wirtschaftlich sinnvoll erweisen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang jedoch der Hinweis, dass Exxon, Shell und in kleinerem Umfang BP-Mobil im Vergleich zu ihren national operierenden Wettbewerbern im Grundölgeschäft nur einen geringen Spotmarktabsatz aufweisen. Wie bereits ausgeführt, erfolgt der Absatz von Exxon, Shell und BP-Mobil meist termingebunden, während die Wettbewerber eher spotmarktorientiert sind. Bestuende in der Branche ausreichend Flexibilität, um die Ausfuhrmengen für den Verbrauch im EWR bereitzustellen, so gibt es keinen Zweifel, dass bei dem derzeitigen Preisüberhang von 28 % für Hersteller, die hauptsächlich Spotmarktverkäufe tätigen, diese Flexibilität nicht besteht. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass Hersteller mit einem einzigen Grundöl im Produktionsprogramm und begrenzter Zulassung sich auf die regionalen Schmierstoffhersteller konzentrieren oder am Spotmarkt verkaufen (und zwar innerhalb wie außerhalb des EWR). Auf jeden Fall ist die Menge der aus dem EWR ausgeführten leichten Sorten nicht sehr groß, werden diese Mengen auf dem EWR-Markt doch wegen des höheren Preises und der geringeren Nachfrage außerhalb des EWR abgesetzt. Nach der Viskosität aufgeschlüsselt ergibt sich für die Ausfuhr von Grundöl durch die neun wichtigsten Wettbewerber von Exxon-Mobil folgendes Bild: Leichtneutralöle ([...]* %), Mittelneutralöle ([...]* %), Schwerneutralöle ([...]* %). Von einigen Wettbewerbern wurde sogar der Markt der leichten Grundöle als zunehmend schwierig bezeichnet.
(386) In einem internen Memorandum(53) von Mobil wird der Rationalisierungseffekt bei leichten Sorten wie folgt beschrieben: [...]*.
(387) Den Zahlengaben der wichtigsten Wettbewerber (Agip, Cepsa, DEA, Elf, KPI, Repsol, Shell, TotalFina, Petrogal) der Parteien zufolge gilt für die 1998 hergestellten Grundöle nach der Viskosität geordnet folgende Aufteilung: Leichtneutralöle (45 %), Mittelneutralöle (8,9 %), Schwerneutralöle (46,1 %).
Trotz der höheren Preise im EWR können die Grundölproduzenten die Produktion von leichten Sorten, für die im EWR die Nachfrage im Vergleich zu schweren Sorten doppelt so groß ist, nicht erhöhen. Die Grundölproduzenten im EWR können, wie von den Wettbewerbern, die die LN-Produktion bereits erhöht haben, mitgeteilt wurde, die Umstellung auf eine erhöhte Produktion von leichten Sorten nicht ohne erhebliche Investitionen durchführen.
(388) Die Wettbewerber haben festgestellt, dass bei der Herstellung von Grundölen kaum Raum für Flexibilität besteht, denn aus jedem Rohöl lassen sich nur Erzeugnisse mit einer bestimmten Viskosität herstellen. Die Auswahl von anderen Rohölen als den Ölen, die gegenwärtig von den großen Mitwettbewerbern von Exxon und BP-Mobil verwendet werden, hat nur einen sehr geringen Einfluss (3-5 %) auf die Produktion leichter Sorten. Der Wechsel zu einem anderen Rohöl setzt zudem voraus, dass der Hersteller über eine ausreichende Vakuumkapazität verfügt. Sollte dies nicht der Fall sein, ist eine Investition in Höhe von rund 50 Mio. USD erforderlich (Zahlenangaben beruhen auf Schätzwerten der Wettbewerber).
(389) Ein höherer Produktionsausstoß an leichten Sorten kann durch die Umwandlung schwerer Moleküle des Einsatzgutes in leichte Moleküle erreicht werden, was ohne den (Investitionen von ca. 100 Mio. USD erfordernden) Bau einer Hydrokrackanlage nicht möglich ist.
(390) Von den Parteien ist die Möglichkeit der Verwendung von Einsatzgut angesprochen worden, das für die Herstellung von Schmierstoffen besser geeignet ist. Wie von den Wettbewerbern zu erfahren war, spricht aus betriebswirtschaftlicher Sicht alles gegen dieses Ansinnen, da der Preis von für die Herstellung von Schmierstoffen geeignetem Einsatzmaterial 10 USD/t über dem Preis des normalen (in Kraftstoffraffinerien zum Einsatz kommenden) Einsatzgutes liegt. Ausgehend von einer Ausbeute an leichtem Grundöl, die bei 20 % des Einsatzmaterials liegt, würde dies zu einem Fehlbetrag von 50 USD/t bei den Produktionskosten des zusätzlich hergestellten leichten Grundöls führen und die Bruttomarge um ca. [...]* % verringern(54). Hinzu kommen außerdem folgende Kosten: Transportkosten des für die Herstellung von Schmierstoffen geeigneten Einsatzmaterials und Verlust der Einnahmen aus dem HN-Absatz. Von mehreren Wettbewerbern ist angegeben worden, dass sie für die Herstellung von Schmierstoffen geeignetes Einsatzmaterial nur zu Transportkosten beziehen können, die keine Rentabilität zulassen.
(391) Ein zweiter Faktor ist die Flüchtigkeit, wobei dem Raffineriebetreiber zwei Möglichkeiten offen stehen: Auf Kosten einer um mindestens 10 % niedrigeren Produktivität Verbesserung der Flüchtigkeit nach Noack (entsprechend den Anforderungen an Schmierstoffe der gegenwärtigen Generation) durch tiefere Veredlung oder Bereitstellung eines Produkts mit geringeren Flüchtigkeitsanforderungen auf Exportmärkten mit weniger strengen Qualitätsanforderungen. In diesem Zusammenhang wird von einem wichtigen Grundölwettbewerber folgendes festgestellt: 'Die Flüchtigkeitsauflagen bei 150 SN führen bei diesen Sorten zur Verringerung der mengenmäßigen Produktionskapazität und nicht zu Überkapazität'.
(392) Es ist möglich, dass es Raffineriebetreiber gibt, die Leichtneutrale von beträchtlich höherer Qualität als die Erzeugnisse von Exxon und BP-Mobil herstellen und auf diese Weise die Produktion von leichten Sorten heruntergefahren haben. Bei den Angaben im Formular CO haben die Parteien andererseits betont, dass Cespa, Repsol und Petrogal leichte Grundöle mit geringer Flüchtigkeit garantieren/vermarkten und dies eine besondere Stärke dieser Hersteller sei. Die Kommission zieht daraus die Schlussfolgerung, dass diese Hersteller leichte Sorten mit niedriger Flüchtigkeit nicht produzieren würden, gäbe es am Markt keine Nachfrage danach, und dass die Flüchtigkeit ein wichtiges Element bei der Einschätzung der Möglichkeit der Erhöhung der Produktion leichter Sorten ist.
(393) Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass die Überproduktion auf dem Grundölmarkt vor allem bei den schwereren Grundölsorten anzutreffen ist, die auf dem europäischen Markt nicht im Wettbewerb mit der Produktion von Erzeugnissen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen stehen. Die Raffinerien sind dabei entweder voll ausgelastet oder produzieren in der geforderten Qualität bis an die Leistungsgrenze der Anlage. Die weitere Umstellung auf Grundöle der Gruppe III kann eher dazu führen, dass unwirtschaftliche Grundölanlagen geschlossen als Überkapazitäten geschaffen werden. Somit würde die Produktionserhöhung in den früheren Importländern außerhalb Europas durch eine Verringerung der Kapazitäten in Europa ausgeglichen. Aufgrund der derzeit weiterhin geringen Nachfrage nach Grundöl der Gruppe III wird es zu keiner Ausweitung der Produktionskapazität für Öle der Gruppe III kommen, denn wie das Beispiel der auf der grünen Wiese errichteten Anlage von Neste zeigt, arbeitet diese Anlage doch nur mit einem Bruchteil ihrer Kapazität. Exxon, BP/Mobil und Shell verfügen über beträchtliche Kapazitäten für den Transitmarkt. Wenn bei regionalen Betreibern Überkapazitäten bestehen, so werden sie durch Zulassungsbestimmungen und eine beschränkte räumliche Präsenz daran gehindert werden, sich dem Wettbewerb auf dem europäischen Markt zu stellen.
(394) Auf Grund der Krise in Asien und des Entstehens neuer Kapazitäten auf früheren Exportmärkten ist bei den Ausfuhren eine rückläufige Entwicklung zu beobachten. Gleichzeitig mit der Schaffung von Hochkapazitätsanlagen durch Shell und Exxon in Asien (Singapur) wurden drei Grundölanlagen im EWR geschlossen, die für den Export gearbeitet haben. Dadurch hat sich die strukturelle Kapazität im EWR um mehr als 7 % verringert, und für die Überkapazität, die infolge der Verringerung der Ausfuhren nach außerhalb des EWR entstanden war, konnte durch die Schließung von Produktionskapazitäten im EWR ein Ausgleich geschaffen werden.
Marktpreise, Gewinnspannen und die Auswirkungen der Überkapazität
(395) Nach Informationen der Parteien sind die Grundölpreise im EWR in den vergangenen zehn Jahren mehr oder weniger stabil geblieben. Die Entwicklung der Bruttospannen als Prozentsatz des Verkaufspreises zeigt, dass es in diesen zehn Jahren keine rückläufige Entwicklung gegeben hat. Nach Berechnungen von Exxon für SN150 und SN600 bewegte sich die Bruttospanne [...]*. Bei einem Vergleich der Bruttospannen und der Kosten für den Zeitraum [...]*, so erkennt man, dass es einen engen Zusammenhang zwischen ihrer Höhe und ebenso zwischen ihren absoluten Schwankungen gibt. Anders ausgedrückt, im genannten Zeitraum wurden die Preise von den Kostenschwankungen nur sehr wenig beeinflusst. Dies ist kein typisches Merkmal für einen Markt, von dem behauptet wird, dass er unter großen Überkapazitäten leidet. Man würde hier eher vermuten, dass auf einem Überangebotsmarkt Kostensenkungen unmittelbar zu einem Absinken der Preise führen. Anders gesagt, Exxon ist von der Überkapazität weit weniger betroffen, als seine Konkurrenten, die bei den Barkosten im 3. und 4. Solomonquartil liegen.
(396) [...]*(55).
(397) [...]*(56).
(398) [...]*(57).
Die Ausnahmestellung von Exxon
(399) Die Exxon-Anlage in Augusta (Standort Sizilien) deckt im wesentlichen den Bedarf von Terminkunden auf den Exportmärkten. [...]*.
(400) [...]*(58).
Auswirkungen des Unternehmenszusammenschlusses auf den Wettbewerb
Marktstruktur nach der Fusion
(401) Nach dem Zusammenschluss ihrer Unternehmen würden Exxon und BP/Mobil über einen gemeinsamen Marktanteil von [40-50]* % bis [40-50]* % verfügen, wobei diese Prozentzahlen davon abhängig sind, ob die Marktanteile auf der Grundlage der Sollkapazität oder der Verkaufsfähigkeit der Parteien auf dem Transitmarkt (siehe obige Tabelle) berechnet werden. Der nächste Wettbewerber wäre dabei Shell mit einem Marktanteil im Bereich von 18 % (auf der Grundlage der Sollkapazität) und von 10 bis 14 % auf der Grundlage der Verkäufe an Dritte. Total und Agip verfügten über Marktanteile von weniger als 8 %. Alle anderen Marktbeteiligten lägen bei weniger als 5 %.
(402) Die Parteien sind der Auffassung, dass mehrere der nationalen integrierten Grundölproduzenten über beträchtliche Kapazitäten für den Transitmarkt verfügen. Sie wären damit auf der Grundlage ihrer starken Wettbewerbsstellung in der Lage, jeden Versuch der Parteien zur Preiserhöhung nach dem Unternehmenszusammenschluss unverzüglich und problemlos zu parieren. Die Parteien stellen dazu weiterhin fest, dass die Fusion nicht zur Schaffung oder Stärkung einer marktbeherrschenden Stellung führt, da der Markt durch eine bedeutende strukturelle Überkapazität gekennzeichnet ist, die bei [...]* % der Sollkapazität liegt. Des weiteren äußern die Parteien, dass der Einsatz von Kapazität für die fortgeschrittene Gruppe III sogar zur erhöhten Verfügbarkeit von Kapazitäten in der Gruppe I führen wird. Die Parteien führen in diesem Zusammenhang zudem an, dass die Ausfuhren aus dem EWR wieder in den EWR zurückgeleitet werden, um die Preiserhöhung zu Gewinnzwecken auszunutzen.
(403) In den obigen Abschnitten wurde bereits erläutert, dass keine dieser Behauptungen durch die Marktuntersuchung der Kommission bestätigt wurde.
Die fusionierenden Parteien könnten ihre Preise zu Gewinnzwecken erhöhen oder Preisdruck ausüben.
(404) Einschränkend auf das Marktverhalten von Exxon/Mobil könnte dann allein Shell wirken. Marktinformationen besagen, dass sich die Grundölstrategie von Shell am Eigenbedarf orientiert und seine Kapazitäten für die Belieferung des Transitmarktes nicht ausreichen, um der gemeinsamen Marktmacht von Exxon/Mobil entgegenzuwirken. Überdies verfügen Shell und Exxon in mehreren Unternehmen, insbesondere beim Additivhersteller Infineum, über gemeinsame Beteiligungen und eine gemeinsame Kontrolle. Shell ist der Auffassung, dass eine 5%ige Preiserhöhung kein ausreichender Anreiz ist, die Erhöhung der Grundölproduktion ins Auge zu fassen. Die Strategie von Shell im Bereich Grundöl besteht darin, zuallererst für den Eigenbedarf zu produzieren. Die Wirtschaftlichkeit des übrigen Produktionsausstoßes errechnet sich dann aus der Kraft- und Schmierstoffraffination und insbesondere der Herstellung von Spezialprodukten (Weißöle, Schmierfette und Wachse) und Weichmacherölen. Damit würde Shell gegenüber dem Preisführer in der Grundölproduktion nachziehen.
(405) Exxon könnte in die Lage versetzt werden, seine Wettbewerber zu disziplinieren, wenn sich diese der Preispolitik des Unternehmens widersetzen würden. [...]*. Die Aussicht auf fallende Marktpreise durch eine derartige Aktion seitens Exxon könnte dessen Mitbewerber davon abhalten, die Preise von Exxon aggressiv zu unterbieten.
(406) Die Grundölwettbewerber haben darauf hingewiesen, dass sie im Fall von Preiserhöhungen gegenüber dem Preisführer nachziehen werden (zu laufenden Preisen). Die Parteien haben zwar besonders die Problematik der Überkapazität im EWR betont, jedoch wurde dies durch dritte Grundölwettbewerber nicht bestätigt. Alle großen Wettbewerber (mit Zulassungen für mehrere Fertigschmierstoffe, wie Shell, Total, DEA, KPI) haben festgestellt, dass sie über keinerlei Kapazitätsreserven oder Exportvolumen verfügen, mit denen sie auf dem EWR-Markt in einen wirtschaftlich vertretbaren Wettbewerb treten könnten. Ein weiterer Beweis dafür ist die Übernahme von Fina durch Total. [...]*. Total hat gegenüber der Kommission dargelegt, dass das Unternehmen zwar über Kapazitäten verfügt, die sein Absatzvolumen im EWR übersteigen, dass es jedoch über keine ausreichenden Kapazitäten für leichte Grundöle verfügt und keine Möglichkeiten sieht, die Produktionskapazitäten für leichte Sorten ohne größere Investitionen zu erweitern. Die Kommission geht daher davon aus, dass Total nicht in der Lage ist, Grundöle für die Mischaktivitäten von Fina zu liefern.
Begrenzte gegengewichtige Marktmacht der Kunden
Begrenzte Alternativen
(407) Die Parteien haben darauf verwiesen, dass sie keine echte Marktmacht ausüben können, da sie seitens der Schmierstoffhersteller mit einer konzentrierten und differenzierten Nachfrage konfrontiert würden. Dieses Argument kann jedoch so nicht akzeptiert werden, da die größeren Schmierstoffhersteller keine große Auswahl haben und gezwungen sind, sich entweder an Exxon-BP/Mobil oder an Shell zu wenden. Im Gegensatz dazu hatten die Schmierstoffhersteller vor dem Unternehmenszusammenschluss die Möglichkeit, eines der drei Unternehmen gegen die anderen auszuspielen. Nach einer Fusion gäbe es diese Möglichkeit nicht mehr, und Exxon-BP/Mobil würden eine marktbeherrschende Stellung einnehmen. Die großen Schmiermittelhersteller haben unmissverständlich hervorgehoben, dass Lieferqualität und Liefersicherheit Vorrang vor dem Preis haben und sie die Anzahl der Zulieferer für ihre überregionalen Aktivitäten auf zwei oder höchstens drei zu beschränken. Nach einer Fusion hätten sie nur noch eine geringe Auswahl, da Shell nur über geringe Kapazitäten für den Transitmarkt verfügt, die noch nicht durch Terminverträge gebunden sind.
(408) Seitens der Wettbewerber, bei denen es sich um Schmierstoffhersteller handelt, wird festgestellt, dass sie bei einer Erhöhung der Preise um fünf Prozentpunkte durch Exxon-BP/Mobil aus den obengenannten Gründen Schwierigkeiten hätten, mit anderen Grundöllieferanten zusammenzuarbeiten. Die Alternative, die Lieferanten sowohl von Grundöl als auch Additiven auszutauschen, würde in Betracht gezogen, da bei einer entsprechenden Auswahl der Additivhersteller, vollständig zugelassene Kombinationen bezogen werden könnten. Dies erfordere jedoch Zeit, insbesondere angesichts der Vorlaufzeiten, um die vorhandenen Additive zu entsorgen, neue Vorräte anzulegen und OEM-Zulassungen einzuholen. Von Grundölwettbewerbern wird in diesem Zusammenhang von einem Zeitraum von 12-18 Monaten und Kosten zwischen 300000 und 700000 EUR gesprochen. In der Praxis würden die Schmierstoffhersteller die Preiserhöhung angesichts der grundlegenden Neuentwicklung einer Rezeptur akzeptieren, wenn die erforderlichen Forschungs- und Entwicklungskosten durch das erwartete Umsatzvolumen gedeckt werden können. Da der Schmiermittelmarkt hart umkämpft ist, würden es die Schmierstoffhersteller angesichts der höheren Preise für Grundöle und dem Druck ihrer Kunden schwer haben, sich zu behaupten.
Die Reformvorschläge von ATIEL bieten nur wenig Aussicht auf eine Beeinflussung des Marktes.
(409) Die Parteien führen ferner an, dass die ATIEL-Bestimmungen bezüglich der Austauschbarkeit von Grundölen (und damit der Problemlosigkeit beim Austausch von Grundölen bei Schmierstoffrezepturen) im Jahre 1999 geändert werden. Durch die der ATIEL vorgeschlagenen Änderungen würden kleinere Grundölproduzenten in die Lage versetzt werden, austauschbare Grundölfamilien zu entwickeln. In der Tat hat die ATIEL, ein Fachverband, dem zahlreiche Schmierstoffhersteller angehören, eine Überarbeitung der Leitlinien für die Austauschbarkeit von Grundölen veranlasst. Ein Antrag auf Überarbeitung war bereits vor einigen Jahren von den nationalen Raffineriebetreibern und Schmierstoffherstellern gestellt worden. Offenbar sollte damit darauf hingewiesen werden, dass Raffineriebetreiber, die mehrere Produkte herstellen, gegenüber den Raffineriebetreibern, die ein einziges Produkt herstellen, bei der Versorgung von Kunden in ganz Europa über einen beträchtlichen Vorteil verfügen. Da die Überarbeitung noch nicht erfolgte, ist es die Ansicht der Kommission, dass die Bewertung des vorgeschlagenen Zusammenschlusses auf den bestehenden Anforderungen der ATIEL-Leitlinien für die Austauschbarkeit von Grundölen beruhen muss und nicht auf einer Überarbeitung, die möglicherweise in der Zukunft vorgenommen wird.
(410) Es ist noch sehr fraglich, ob diese Änderungen überhaupt erfolgen werden. Bei ATIEL handelt es sich um einen Vertreter des Schmiermittelsektors, der sich aus Vertretern der unabhängigen Schmierstoffhersteller und der nationalen integrierten Mineralölgesellschaften zusammensetzt. Die überregionalen integrierten Mineralölgesellschaften (Exxon, BP-Mobil und Shell) sind hier in der Minderheit, jedoch müssen Änderungen von Bestimmungen einstimmig beschlossen werden. Der Antrag auf Änderung der ATIEL-Bestimmungen, der vor nunmehr drei Jahren eingereicht wurde, ist ein deutlicher Beleg dafür, dass die Entscheidungsfindung ein langwieriger und mühsamer Prozess und noch nicht abgeschlossen ist. Selbst wenn die Änderungsvorschläge einstimmig angenommen werden, müssen sie noch von der ATC und ACEA gebilligt werden. Seitens der ATC (Additivlieferanten) werden keine größeren Probleme erwartet. Die ACEA (als Vertreterin der Endprodukthersteller) wird jedoch den Nachweis verlangen, dass die Änderung der ATIEL-Bestimmungen keine negativen Auswirkungen auf die Qualität des Fertigschmierstoffes (und damit auf die Produkthaftung) hat, durch welche eine umgehende Durchsetzung (oder die Akzeptanz) der Änderungsvorschläge behindert werden könnte.
(411) Doch selbst wenn die Überarbeitung in vollständiger Übereinstimmung mit dem Vorschlag (für ein System, in dem zur Beantragung der Austauschbarkeit zwei oder mehr Unternehmen die Prüfung gemeinsam durchführen) angenommen würde, ist die Kommission nicht der Auffassung, dass die potentielle Lockerung der Austauschbarkeit von Grundölen ein wesentlicher Faktor bei der Bewertung der Funktionsweise des Marktes sein kann. Über ihre Vertretung in der ACEA haben sich die großen europäischen Kraftfahrzeughersteller verpflichtet, für Benzin- und Dieselmotoren, bei denen die Frage der Austauschbarkeit der Grundöle im ATIEL-Code geregelt ist, bestimmte technische Mindestanforderungen festzulegen. In Europa richtet sich ungefähr die Hälfte der OEM-Hersteller nach den API- und die andere Hälfte nach den ACE-Spezifikationen. Kraftfahrzeugbauer in Japan und den USA richten sich eher nach den API-Vorschriften, während die europäischen Fahrzeugbauer sich meist für die ACEA-Regelungen entscheiden. In außerhalb Europas gefertigten Kraftfahrzeugen kommen daher Schmierstoffe nach API-Vorschrift zum Einsatz. Die Hersteller von Kraftfahrzeugschmierstoffen erwerben daher beide Zulassungen und sichern damit, dass sie ausreichende Mengen am Markt absetzen können. Bei praktisch allen am Markt vorhandenen Kraftfahrzeugschmierstoffen wird ausgehend von der Ansicht, dass die Kunden mit den API-Festlegungen vertrauter sind, die Spezifikation nach API angegeben. Von den Additivlieferanten wurde mitgeteilt, dass Schmierstoffe mit ACEA-Zulassung im allgemeinen nicht nur auf diese Weise gekennzeichnet verkauft würden, sondern stets mit weiteren Zulassungen. Folglich müssen Kraftfahrzeugschmierstoffe zur Erzielung eines ausreichenden Marktvolumens beiden Zulassungen entsprechen. Aus diesem Grund würden die vorgeschlagenen Änderungen nur den Erstbefuellungsmarkt im EWR betreffen, wo Exxon (und in geringerem Maße BP/Mobil) eine sehr starke Präsenz aufweisen. Von nationalen Grundölproduzenten und Schmierstoffherstellern wird erwartet, dass die Lockerung der ATIEL-Bestimmungen letztendlich zu einem gemeinsamen ACEA-API-Standard führen kann, obwohl in dieser Richtung noch keinerlei Aktivitäten im Gange (oder vorgesehen) sind. Da das API seine Spezifikationen alle zwei Jahre ändert, werden die tatsächlichen Belastungen durch Zulassungen und fehlende Grundölaustauschbarkeit bestehen bleiben.
(412) Außerdem werden von der ACEA nur minimale technische Anforderungen gestellt, während die Anforderungen einzelner OEM-Hersteller strenger sind. So gelten bei Ford beispielsweise eigene Produktspezifikationen, die die Zulieferer nicht nur EU-weit, sondern überall in der Welt einhalten müssen. Diese Spezifikationen beruhen auf den API-Festlegungen. Als weiteres Beispiel sei Volkswagen genannt, bei dem nur die API-Standards Anwendung finden.
Ausübung der Marktmacht
(413) Auf der Grundlage der gemachten Ausführungen kann der Schluss gezogen werden, dass das Vorhaben zur Schaffung einer marktbeherrschenden Stellung von Exxon und BP/Mobil auf dem Grundölmarkt des EWR führt. Wie aus der Marktuntersuchung hervorgeht, wird durch den Zusammenschluss im Bereich der Additive und der Fertigschmierstoffe keine marktbeherrschende Stellung geschaffen oder verstärkt. Übt allerdings das zusammengeschlossene Unternehmen Exxon-BP/Mobil seine Marktmacht auf dem Grundölmarkt aus und wird dazu die bereits starke Stellung von Infineum bei den Additiven berücksichtigt, so kann dies zu einer stärkeren Stellung bei den Fertigschmierstoffen führen. In bezug auf die Entwicklung künftiger Generationen von Schmierstoffen ist es möglich, dass dieses Maß an Kontrolle der Lieferkette bei den Schmierstoffen zu einer Situation führt, in der der Wettbewerb beträchtlich behindert werden könnte.
(414) Nach ihrem Unternehmenszusammenschluss könnten Exxon und BP/Mobil ihre beherrschende Stellung bei den Grundölen durch verschiedene Strategien für ihre Unternehmensziele nutzen. So könnte die marktbeherrschende Stellung im Bereich Grundöl zum Beispiel dazu verleiten, die Kosten der unabhängigen Mitbewerber auf dem Schmiermittelmarkt in die Höhe zu treiben. Um dies zu erreichen, könnten sie über folgende Maßnahmen Druck auf die kleineren Wettbewerber ausüben: Erhöhung der Grundölpreise, Standardisierung der Produkte und Erhöhung der Anzahl neuer Rezepturen, die für das Grundöl der fusionierten Parteien oder die Additivpakete von Infineum zugelassen werden, plötzliche Preiserhöhungen, kombinierter Verkauf von Grundölmaterial und Additiven sowie eingeschränkter Verkauf von Rohstoffen. Aus einer solchen Strategie würde auch Shell Nutzen ziehen, da dies die Stellung des Unternehmens auf dem Schmiermittelmarkt stärken würde. Kleine Grundölproduzenten wären somit nicht mehr in der Lage, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, da ihre Erzeugnisse von den Additivlieferanten nicht als Referenzprodukte eingesetzt werden. Selbst bei einer internationalen Präsenz wären sie gezwungen, Grundöle aus verschiedenen Quellen zu liefern (Eigenproduktion in einigen Ländern, Konkurrenzgrundöle in anderen). Sie müssten daher mehr Zeit und Finanzmittel für Zulassungen (sowohl durch API/ACEA als auch durch die OEM-Hersteller) einsetzen, was sie in ihrer Wettbewerbsstellung schwächen würde.
(415) Nach dem Firmenzusammenschluss könnte Exxon-BP/Mobil sich verstärkt daran interessiert zeigen, den Kampf auf den Grundölmarkt zu tragen und den nationalen integrierten Mineralölgesellschaften beispielsweise über niedrige Preise Marktanteile abzunehmen. Lediglich Shell dürfte in der Lage sein, sich an niedrigere Preise anzupassen, während die anderen Marktbeteiligten mit geringer Nachfrage aus dem EWR-Raum gezwungen sein können, ihre Erzeugnisse auf den Exportmärkten abzusetzen. Dies käme einer Schwächung der Wettbewerbsstellung der national operierenden Wettbewerber gleich und würde den Druck auf die Branche zur Schließung veralteter Grundölraffinerien verstärken, da einige Anlagen nicht länger wirtschaftlich betrieben werden können. Durch den Kapazitätsabbau könnten die tatsächlichen Überkapazitäten, dies es derzeit in geringem Maße gibt, beseitigt werden. Wenn diese Strategie Erfolg hätte, würde Exxon-BP/Mobil in der Folgezeit seine Preise wieder erhöhen.
(416) Durch seine Wettbewerbsstärke sowohl auf dem Grundölmarkt ([40-50]* %) als auch auf dem Schmiermittelmarkt ([20-30]* %) könnte Exxon-BP/Mobil in der Lage sein, seine marktbeherrschende Stellung auf dem Grundölmarkt auf den Additiv- und Schmiermittelmarkt auszudehnen. Das fusionierte Unternehmen bekäme die Möglichkeit, die Entwicklung von neuen Schmierstoffen zu steuern und enge Beziehungen zu OEM- und Additivherstellern aufzubauen, die dann ihrerseits den Wettbewerbern des fusionierten Unternehmens gegenüber Schranken für den Markteintritt errichten würden.
(417) Der Markt für Additivpakete wird durch den Markt für Fertigerzeugnisse bestimmt, in denen diese Additive enthalten sind. Eine marktbeherrschende Stellung kann durch die Konzentration der Schmierstofflieferkette errungen werden. Da Additivpakete zur Erzielung der von den OEM-Herstellern verlangten höheren Leistungen in zunehmendem Maße an spezifische Grundölerzeugnisse gebunden sind, ist das Bestehen von Überkapazitäten bei der Grundölproduktion keine Garantie mehr für einen wettbewerbsfähigen Markt. Unabhängige Schmierstoffhersteller würden in steigendem Maße zu Grundölerzeugnissen von Exxon-BP/Mobil und möglicherweise Shell übergehen, da diese Produkte von Additivlieferanten bereitwillig getestet und zugelassen werden. Die Entwicklung von Additivgemischen aus anderen Grundölerzeugnissen wäre kostenintensiv, da die Additivhersteller nicht mehr sicher sind, ob sie mit diesen Grundölstoffen ein ausreichendes Umsatzvolumen erzielen.
(418) Die Entwicklung, Prüfung und Zulassung von Grundölmaterial, das nicht von Exxon-BP/Mobil hergestellt wurde, müssten in zunehmendem Maße von den Schmierstoffherstellern finanziert werden. Ein solcher Schritt bei der Entwicklung von Schmierstoffen, die früher (teilweise) vom Additivlieferanten finanziert wurde, würde diese Schmierstoffhersteller mit hohen Kosten belasten. Zuerst wären die kleinen unabhängigen Schmierstoffhersteller betroffen und würden aus dem Markt gedrängt. Nationale integrierte Schmierstoffhersteller würden in diesem Fall ihre Aktivitäten auf den Markt des jeweiligen Landes beschränken. Auch sehr wirtschaftlich arbeitende Unternehmen wie Castrol, Fuchs oder Texaco wären durch die erhöhten Kosten betroffen und kämen an eine Grenze, von der an sie im Preiswettbewerb mit Exxon-Mobil und Shell nicht mehr bestehen könnten. Der Forschungs-, Entwicklungs- und Marketingetat dieser Unternehmen müsste weiter gesenkt werden, womit die Marktführerschaft von Exxon-BP/Mobil bestätigt würde.
Ergebnis
(419) Auf der Grundlage der gemachten Ausführungen kann der Schluss gezogen werden, dass die Maßnahme zur Schaffung einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Grundölmarkt des EWR führt.
Additive
(420) Der Additivmarkt weist einen sehr hohen Konzentrationsgrad auf, was darin zum Ausdruck kommt, dass die fünf führenden Lieferanten den Weltmarkt zu 86 % beherrschen (und bei den Motorenöladditiven 90 % der Lieferungen erbringen). Lubrizol und Ethyl (die Platz 1 bzw. Platz 3 belegen) sind auf den Bereich Additive beschränkt. Texaco (Platz 5) verfügt über ein eigenes Additive herstellendes Unternehmen, fertigt jedoch keine Grundöle, während Chevron (Oronite) auf Platz 4 nur Schmierstoffe in Europa vermarktet. Infineum, das Anfang 1998 durch Zusammenlegung der Additivaktivitäten von Shell und Exxon entstand, nimmt den zweiten Platz ein. Alle fünf Hersteller bieten sowohl DI-Pakete als auch VI-Verbesserer an. Zwar wird Infineum durch den geringen Anteil von Mobil ([...]* %) am Additivmarkt nicht wesentlich gestärkt, doch muss in diesem Zusammenhang vermerkt werden, dass Infineum zu allen überregionalen Grundölherstellern, die über überschüssige Kapazität für den Transitmarkt der zugelassenen Kraftfahrzeugschmierstoffe verfügen, direkte Verbindung erlangt. In Anbetracht der geringen Überlappung wird der Zusammenschluss auf dem Markt für Schmierstoffadditive keine marktbeherrschende Stellung begründen bzw. eine solche stärken.
Schmierstoffe
(421) Im derzeitigen Wettbewerbsumfeld gibt es mehrere große Marktteilnehmer, die europaweit miteinander in Konkurrenz stehen. Bei ihnen handelt es sich entweder um vertikal integrierte Unternehmen wie die anmeldenden Parteien oder unabhängige Schmierstoffhersteller wie Castrol oder Fuchs. Exxon und Mobil sind in beträchtlichem Umfang im Schmierstoffgeschäft engagiert und stehen im Wettbewerb mit (nationalen) integrierten Mineralölgesellschaften wie Agip, TotalFina, Elf, Repsol, Statoil, Nynas, Texaco, Shell (das als weltgrößter Hersteller von Kraftfahrzeug- und Industrieschmierstoffen betrachtet werden muss) und unabhängigen Schmierstoffunternehmen wie Castrol, Fuchs/DEA.
(422) Exxon hatte 1996 im EWR am Markt für Kraftfahrzeugfertigschmierstoffe einen Anteil von 10 %, während BP/Mobil (auf Aggregationsbasis) auf 13 % kam. Nach den Schätzungen von Enerfinance für denselben Zeitraum erzielten Shell 13 %, Castrol 7 %, Elf 6 % und TotalFina 6 %. Bei den Industriefertigschmierstoffen lag Exxon 1996 im EWR bei 8 %, während BP/Mobil (auf Aggregationsbasis) 17 % erreichte. Für denselben Zeitraum lautet die Schätzung von Enerfinance in diesem Bereich wie folgt: Shell 11 %, Castrol 6 %, AGIP 6 %, KPC 4 %, Elf 3 % und TotalFina 5 %.
(423) Bei den Schiffsschmierstoffen ist Shell mit 21 % Marktführer. Die Position von Exxon (12 %) und Mobil (18 %) ist ebenfalls stark. Der Marktanteil von BP liegt bei 14 %, Castrol, Elf und Texaco kommen auf jeweils 10 %.
(424) Durch die Verknüpfung der Effizienz von Exxon mit der Markenstärke von Mobil werden die Parteien zwar zum größten Schmierstoffhersteller und -verkäufer, doch führt der Zusammenschluss nicht zur Schaffung einer marktbeherrschenden Stellung, die Entstehung einer solchen Situation durch die Ausnutzung ihrer beherrschenden Stellung auf dem Grundölmarkt ausgenommen. Die Schmierstoffbranche dürfte angesichts des Auftretens solcher Wettbewerber wie Shell, Castrol, TotalFina und Elf weiterhin ihren wettbewerbsorientierten Charakter behalten. Zudem ist auch mit einem weiteren Anwachsen des Einflusses und der Kaufkraft von Kunden wie den Vertriebsunternehmen und den OEM-Herstellern zu rechnen.
E. RAFFINIERUNG UND VERMARKTUNG VON KRAFTSTOFFEN (ÖL AUS DEM NACHGELAGERTEN SEKTOR)
ALLGEMEINER ÜBERBLICK
(425) Bei den nachgelagerten Arbeitsgängen handelt es sich um die Erdölaufbereitung sowie um die Vermarktung und die Verteilung der Raffinate an die Endverbraucher.
Die Lieferkette
Raffinierung
(426) Die Erdölverarbeitung besteht generell aus den folgenden Verfahren: i) Fraktionierung des Rohöls in seine Kohlenwasserstoffkomponenten; ii) Konvertierung als Verfahren zur Veränderung der chemischen Eigenschaften der Produkte; iii) Raffination als Verfahren zur Reduzierung unerwünschter Grundbestandteile oder spezifischer Moleküle auf ein annehmbares Niveau; und iv) Mischen als Verfahren zur Kombination verschiedener Raffinate zur Erfuellung bestimmter Markterfordernisse.
(427) Raffinate werden oft in leichte Destillate (Flüssiggas, Motorenbenzin, Naphtha), mittlere Destillate (Dieselkraftstoff, Gasöl, Kerosin) und schwere Produkte (Heizöl und Bitumen) unterteilt.
Verkauf und Vermarktung von Fertigerzeugnissen
(428) Fertigerzeugnisse werden entweder über den Einzelhandel oder über andere Kanäle vertrieben. Der Verkauf im Einzelhandel erfolgt an den Tankstellen. Bei den vertriebenen Produkten handelt es sich um Otto- und Dieselkraftstoffe. In einigen Ländern werden auch LPG-Kraftstoffe über den Einzelhandel abgesetzt.
(429) Neben dem Einzelhandel besteht der Großhandel, dessen Kunden in drei Gruppen unterteilt werden: unabhängige Einzelhändler (markenlose Tankstellenbetreiber, wie z. B. Verbrauchergroßmärkte), sonstige unabhängige Wiederverkäufer sowie Großverbraucher aus Industrie und Wirtschaft (Krankenhäuser, Autoverleihfirmen, Produktionsbetriebe). Die Belieferung erfolgt durch Raffineriebetreiber und weitere Anbieter mit großen Fertigproduktmengen, die in Kundennähe über eine Produktionsstandort (Raffinerie) oder eine große Lagereinrichtung (Terminal) verfügen.
(430) Verkäufe ab Raffinerie sind Verkäufe von Raffineriebetreibern in großen Losen auf Spotgrundlage an andere Mineralölgesellschaften, Handelsunternehmen, Wiederverkäufer und Großkunden aus der Industrie. Diese Geschäfte beinhalten normalerweise Einmalkäufe (Einzellieferungen) von Frachtlosen (1000-3000 t Leichterlose oder bis zu 20000 t Tankerlose), bei denen die Preisstellung auf der Grundlage des Tageswertes erfolgt. Die Lieferbedingung lautet ab Raffinerie. Verkäufe ab Raffinerie sind diejenigen Lieferungen, die von der Branche unter der Bezeichnung "Frachtmarkt" geführt werden. Da bei diesen Geschäften normalerweise mit großen Mengen von Fertigerzeugnissen gehandelt wird, die aufgrund der relativ niedrigen Transportkosten über große Entfernungen transportiert werden können, liegen die Frachtmarktpreise auf dem gesamten Weltmarkt immer eng beieinander. Diese Preise werden täglich von Organisationen wie Platt's und Petroleum Argus veröffentlicht, wodurch die Käufer in die Lage versetzt werden, auf der Grundlage der neuesten Preisangaben zu verhandeln.
Transport von Fertigerzeugnissen
(431) Der Transport der Fertigerzeugnisse, die ab Raffinerie an die Frachtmärkte abgegeben werden, erfolgt auf Tankern oder Leichtern. Der Transport und die eigentliche Verteilung unterteilen sich in drei Stufen: i) Transport der Fertigerzeugnisse von den Erdölraffinerien zu den Verteilungsterminals zu Wasser, über Pipelines oder auf dem Schienenweg (Primärdistribution); ii) Lagerung der Massenguts in den Verteilungsterminals sowie nachfolgende Verladung auf Lieferfahrzeuge; und iii) Transport und Anlieferung bei den Kunden, hauptsächlich per Tankfahrzeug, jedoch auch auf dem Schienenweg und per Leichter (Sekundärdistribution). Da es auf diesen verschiedenen Ebenen zahlreiche unabhängige Marktteilnehmer gibt, haben die Nutzer dieser Dienstleistungen die Möglichkeit, von vielen Optionen die für sie günstigste zu wählen.
Logistik
(432) Die Verteilungsterminals sind eine wesentliche Komponente beim Vertrieb der Kraftstoffe an die Endkunden. Dabei verfügen die Mineralölgesellschaften im allgemeinen über auf verschiedene Orten verteilte Lagerdepots sowie Pipelines zur fristgemäßen Belieferung der Kunden und Tankstellen. Es existieren jedoch auch Lagereinrichtungen im Besitz freier Terminalbetreiber, die ihre Lagerkapazitäten über kurz- und langfristige Verträge an alle interessierten Seiten vermieten. Generell gibt es zwei Arten von Depots, und zwar große Terminals mit einer Kapazität von über 50000 m3, die mit Hilfe sehr großer Transportmittel beliefert werden (über Pipelines sowie mit Schiffen, Leichtern und Eisenbahntankwagen), und kleinere Nebendepots zur Verteilung kleinerer Kraftstoffmengen bis an den endgültigen Bestimmungsort mit Hilfe von kleineren Transportmitteln (Tankwagen und Leichter).
Das Wettbewerbsumfeld
(433) Der nachgelagerte Ölsektor wird durch zahlreiche vertikal integrierte Mineralölgesellschaften gekennzeichnet, die ihre Geschäftstätigkeit in den Bereichen Raffination, Großhandel und Einzelhandel mit Fertigerzeugnissen abwickeln. Jedoch gehören zu jedem Segment des nachgelagerten Kraftstoffsektors jeweils auch mehrere unabhängige, nicht integrierte Unternehmen.
(434) Speziell im Kraftstoffeinzelhandel sind für das Wettbewerbsumfeld im wesentlichen drei Kategorien von Betreibern kennzeichnend:
i) Die traditionellen vertikal integrierten Mineralölgesellschaften, die entlang der gesamten Lieferkette insbesondere in den Bereichen Raffination, Großhandel und Einzelhandel operieren. Innerhalb dieser Kategorien kann man weiter unterscheiden zwischen den Großunternehmen (Majors), d. h. den vertikal integrierten multinationalen Großunternehmen, denen de facto allen gemein ist, dass sie in den meisten Ländern des EWR agieren (Exxon, Shell, BP/Mobil), den kleineren Großunternehmen (Mini-Majors), d. h. den kleineren multinationalen Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit auf einige EWR-Länder konzentrieren (Total, Texaco), und den nationalen Spitzenunternehmen (Champions), d. h. den vertikal integrierten nationalen Unternehmen, die in ihrem Ursprungsland fest etabliert sind (Elf, Agip).
ii) Die unabhängigen Einzelhändler, d. h. diejenigen Betreiber, die nur im Einzelhandel tätig sind und die von ihnen verkauften Kraftstoffe von Raffineriebetreibern und Handelsunternehmen beziehen. Als Beispiel für unabhängige Einzelhändler können die markenlosen Tankstellen (white pump stores) genannt werden. Dabei handelt es sich zumeist um Einrichtungen mit einem (im Vergleich zum Branchendurchschnitt) geringerem Geschäftsvolumen, die im Besitz des Händlers sind, von diesem betrieben werden und sich zuvor im Besitz der großen Mineralölgesellschaften befanden. Diese Tankstellen werden dann von Betreibern erworben, die eine oder mehrere Verkaufseinrichtungen besitzen und sie mit einer geringen Investition als markenlose Tankstellen weiterführen.
iii) Verbrauchergroßmärkte und Supermärkte, die erst in jüngerer Vergangenheit zum Verkauf von Kraftstoffen übergegangen sind. Sie weisen zwar in einigen Punkten Ähnlichkeiten mit klassischen unabhängigen Einzelhändlern auf, unterscheiden sich jedoch in vielerlei Hinsicht von diesen. Normalerweise sind Verbrauchergroßmärkte Einzelhandelsunternehmen, die Lebensmittel und andere Verbrauchsgüter in großer Menge absetzen und an Tankstellen auf dem eigenen Parkplatz auch Kraftstoff anbieten. Im Gegensatz zu den meisten Einzelhändlern betrachten die Betreiber von Verbrauchergroßmärkten den Verkauf von Kraftstoffen im allgemeinen nicht als Bestandteil ihres Kerngeschäfts, sondern als eine zusätzliche Dienstleistung für ihre Kunden oder eine zusätzliche Möglichkeit, mehr Kunden zum Besuch ihrer Geschäfte zu veranlassen. Durch die hohe Kundenzahl erzielen sie häufig einen hohen Durchsatz und betreiben generell einen Preiswettbewerb. Im Unterschied zu anderen unabhängigen Einzelhändlern operieren sie im allgemeinen eher in dichtbevölkerten als in ländlichen Gegenden.
(435) Die Tankstellen können sich im Besitz der Liefergesellschaft (COSS) oder freier Händler (DOSS) befinden oder von ihnen gepachtet werden. Die COSS-Linie unterteilt sich weiter in zwei Betreibermodelle:
i) Betrieb durch Liefergesellschaft/Betrieb durch Kommissionär (COCO), d. h. Tankstellen, die von festangestellten Mitarbeitern des Unternehmens betrieben werden oder durch Vertreter, die auf Provisionsbasis arbeiten. In beiden Fällen bleibt die Liefergesellschaft Eigentümerin der Kraftstoffe, die im Tankstellenlager gelagert sind, und legt auch die Tankstellenpreise fest.
ii) Betrieb durch unabhängige Konzessionsinhaber/Pächter, d. h. Tankstellen, die von unabhängigen Konzessionsinhabern betreiben werden, die Markenkraftstoffe aufkaufen (CODO).
Die DOSS-Linie kann ebenfalls in zwei Kategorien unterteilt werden:
i) Betrieb durch Händler, wobei es sich um unabhängige Tankstellen in Eigenbesitz handelt, an die die Liefergesellschaft Kraftstoff verkauft;
ii) Betrieb durch Vertretung, wobei es sich um unabhängige Tankstellen in Eigenbesitz handelt, in denen der Eigentümer den Kraftstoff der Liefergesellschaft vertreibt.
In den CODO- und DODO-Tankstellen kann der Händler die Preise im Prinzip selbst festlegen, da er Eigentümer des von ihm verkauften Kraftstoffes ist. Im allgemeinen übt jedoch die Liefergesellschaft weiterhin eine strenge Kontrolle über die Preisgestaltung an diesen Tankstellen aus, indem sie ein System der finanziellen Entschädigung einsetzt, bei dem die Verluste, die dem Händler entstehen, wenn die Liefergesellschaft bestimme Preissenkungen an der Tankstelle durchsetzt, ausgeglichen werden. Die vertraglichen Bindungen zwischen dem unabhängigen Händler und der Liefergesellschaft sind auch so angelegt, dass der Händler im allgemeinen die von der Gesellschaft empfohlenen Preise akzeptiert.
Produktmarkt
Einzelhandelsverkauf von Kraftstoffen
(436) Der Einzelhandelsverkauf von Kraftstoffen besteht aus dem Verkauf an Kraftfahrzeugführer an Markentankstellen und markenlosen Tankstellen. Bei den verkauften Produkten handelt es sich in der Regel um Benzin und Dieselkraftstoff. Nachfrageseitig besteht bei diesen Produkten keine Substituierbarkeit, da die Autofahrer den für ihr Fahrzeug vorgesehenen Kraftstoff tanken müssen. Von der Angebotsseite her existiert jedoch eine Substituierbarkeit, da die Raffinerien in der Phase der Raffination so betrieben werden können, dass unterschiedliche Kraftstoffarten produziert werden. Entsprechend der Ausgangsqualität des Rohöls und der Gestaltung der Raffinerie gibt es ein hohes Maß an Flexibilität. Auf der Distributionsebene sind beide Erzeugnisse stets an denselben Verkaufspunkten erhältlich. Die Marktanteile der beiden Kraftstoffarten sind ungefähr ebenso groß wie die Anteile am Gesamtmarkt. Demzufolge besteht im Sinne des vorliegenden Falls der sachlich relevante Markt in bezug auf den Einzelhandelskanal aus dem Einzelhandelsverkauf von Kraftstoffen und braucht nicht weiter unterschieden zu werden.
Kraftstoffeinzelhandel an gebührenpflichtigen Autobahnen
(437) In einigen Ländern kann der Kraftstoffeinzelhandel an gebührenpflichtigen Autobahnen als ein gesonderter sachlich relevanter Markt betrachtet werden. Diese Unterscheidung beruht auf den unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen an einer Autobahn. Zum einen ist die Nachfrage unfreiwillig, da sich die Autofahrer, die die Autobahn wählen, im allgemeinen nicht in der Gegend auskennen, die sie bereisen. Somit ist es eher unwahrscheinlich, dass ein Fahrzeugführer von der Autobahn abfährt, um an einer Tankstelle zu tanken, die nicht an der Autobahn liegt. Zum anderen entscheiden sich Autofahrer ja gerade aus Gründen des schnellen Fortkommens für die Autobahn und wollen beim Tanken keine Zeit verlieren. Vom Verlassen der Autobahn und dem Betanken des Fahrzeugs an einer anderen Tankstelle werden die Kraftfahrer auch dadurch abgeschreckt, dass sie eine Autobahnbenutzungsgebühr zu entrichten haben. Im allgemeinen ist es ja so, dass sie die Gebühr im Austausch gegen die höhere Geschwindigkeit entrichten und die Autobahn zum Nachtanken daher nicht verlassen möchten. Dass Autobahnen einen gesonderten Markt darstellen, wird dadurch deutlich, dass die Kraftstoffpreise an Autobahnen generell höher sind als die Preise, die an normalen Straßen gefordert werden.
Verkauf außerhalb des Einzelhandels
(438) Der Kraftstoffverkauf außerhalb des Einzelhandels kann nicht in der gleichen Weise zusammengefasst werden. Hier werden verschiedene Kraftstoffe für verschiedene Verwendungszwecke an verschiedene Arten von Kunden verkauft. Auch die Absatzwege können sich erheblich voneinander unterscheiden. So gibt es einen Unterschied zwischen der Belieferung eines Kraftwerkes mit fluessigem Brennstoff und der Lieferung von Flüssiggas zur Beheizung von Wohnungen. Die bei diesen Absatzwegen erforderlichen Investitionen unterscheiden sich von denen für Kraftstoffe, die über den Einzelhandel vertrieben werden. Bei den beiden Kraftstoffen, die sowohl im Einzelhandel als auch außerhalb des Einzelhandels in erheblichen Mengen abgesetzt werden, nämlich Dieselkraftstoff und Flüssiggas, hängt die Verwendung des Kraftstoffes vom Absatzweg ab. So wird Dieselkraftstoff im Einzelhandel normalerweise von Nutzern von PKW und anderer Fahrzeuge mit Dieselmotor erworben, während außerhalb des Einzelhandels Dieselkraftstoff im allgemeinen an große Fuhrunternehmen verkauft wird, die über einen großen Fuhrpark und eigene Bevorratungseinrichtungen verfügen. In ähnlicher Weise wird Flüssiggas für Fahrzeuge an Verkaufspunkten des Einzelhandels abgegeben, während zu Heizzwecken verwendetes Flüssiggas außerhalb des Einzelhandels vertrieben wird.
(439) Angesichts der gemachten Ausführungen kann geschlussfolgert werden, dass jedes Fertigerzeugnis, das außerhalb des Einzelhandels vertrieben wird, einen sachlich relevanten Markt darstellt.
Räumlich relevanter Markt
Kraftstoffeinzelhandel
(440) Räumlich ist der Markt für den Kraftstoffeinzelhandel dahingehend durch ein lokales Element gekennzeichnet, dass die Nachfrage von Fahrzeugführern kommt, die normalerweise an Tankstellen tanken, die sich in der Nähe ihres Betätigungszentrums befinden. Daher kann von einer räumlich eingeschränkten Substituierbarkeit unter den Tankstellen gesprochen werden.
(441) Andererseits besteht zwischen den Einzugsbereichen der Tankstellen normalerweise eine gewisse Überlappung, von der im Wettbewerb nicht nur die Wechselbeziehungen zwischen räumlich benachbarten Tankstellen beeinflusst werden, sondern auch in gewissem Maße eine Anstoßwirkung oder Kettenreaktion bei entfernteren Tankstellen erzielt wird. Daher kann das für die wettbewerbsrechtliche Würdigung herangezogene Gebiet auch einzelne kleine, sich überlappende Bereiche enthalten. Hinzu kommt, dass angebotsseitig zahlreiche wichtige Wettbewerbsparameter, wie Produktpalette, Produktbezugsquellen, Qualität, Dienstleistungsangebot (Öffnungszeiten usw.), Werbung, Verkaufsförderung und Preisgestaltung (z. B. bei speziell beworbenen Produkten) nicht auf lokaler Ebene, sondern auf regionaler oder nationaler Ebene entschieden werden. Auch werden die Endverbraucherpreise im Kraftstoffeinzelhandel durch Steuern so stark belastet (im Vereinigten Königreich machen Steuern mehr als 80 % des Tankstellenabgabepreises aus), dass Preisschwankungen auf den meisten einzelstaatlichen Märkten relativ gering ausfallen. Das trifft auch auf die Marktpositionen der verschiedenen Lieferanten zu, die sich in den einzelnen Segmenten der nationalen Märkte in etwa ähnlich sind. Angesichts dieser Feststellungen wird im vorliegenden Fall der Markt für den Kraftstoffeinzelhandel als nationaler Markt betrachtet.
Kraftstoffeinzelhandel an Autobahnen
(442) Die Betrachtungen in den Erwägungsgründen 440-441 gelten auch für den Kraftstoffeinzelhandel an Autobahnen.
Verkauf raffinierter Erzeugnisse außerhalb des Einzelhandels
(443) Es gibt eine Reihe von Hinweisen, nach denen es sich bei dem räumlichen Markt für Verkauf außerhalb des Einzelhandels um einen örtlichen Markt handelt. Auf diesem Markt bieten diejenigen Raffineriebetreiber an, die in der Lage sind, sehr große Mengen von Fertigerzeugnissen aus ihren Raffinerien oder Terminals bereitzustellen. Die Nachfrage kommt dabei von Wiederverkäufern und Endverbrauchern, die sich wegen der zusätzlichen Kosten für den Transport dieser Erzeugnisse vom Auslieferungspunkt zum endgültigen Bestimmungsort (Tankstellen, Haushalte, Produktionsbetriebe) aus einer nahegelegenen Quelle bevorraten wollen. Dementsprechend ist auch der Grad der Substituierbarkeit unter den Bezugsquellen räumlich eingegrenzt. Generell kann jeder Auslieferungspunkt ein bestimmtes räumliches Gebiet (Einzugsgebiet oder Hinterland) abdecken, dessen Radius in einem bestimmten Verhältnis zu den Transportkosten steht, welche die Kunden beim Transport zum endgültigen Bestimmungsort übernehmen müssen. Diese Kosten können in Abhängigkeit vom Transportmittel schwanken. Da jedoch die Kunden im allgemeinen die Beförderung auf der Straße bevorzugen, beläuft sich dieser Radius generell auf 100-150 km.
(444) Andererseits kann es zwischen den Einzugsgebieten der verschiedenen Lieferquellen gewisse Überlappungen geben, durch die nicht nur die Wechselbeziehungen im Wettbewerb zwischen räumlich nahen Auslieferungspunkten beeinflusst werden, sondern auch in gewissem Maße eine Anstoßwirkung oder Kettenreaktion bei entfernteren Auslieferungspunkten erzielt wird. Daher kann das für die wettbewerbsrechtliche Würdigung herangezogene Gebiet auch einzelne kleine, sich überlappende Bereiche enthalten.
(445) Diese Frage kann offen gelassen werden, da der Zusammenschluss ungeachtet der für den vorliegenden Fall gewählten Definition des räumlich relevanten Marktes keine besonderen wettbewerbsrechtlichen Bedenken hervorruft.
Wettbewerbsrechtliche Würdigung
Das Gemeinschaftsunternehmen BP/Mobil
(446) Zur Einschätzung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Wettbewerbssituation muss zunächst die Stellung des fusionierten Unternehmens hinsichtlich der strukturellen Verbindungen zwischen BP und Mobil betrachtet werden. Auf dem nachgelagerten Markt für Erdölprodukte hat Mobil gemeinsam mit BP ein Gemeinschaftsunternehmen geschaffen, in dem ihre gesamte Tätigkeit in Europa in diesem Bereich gebündelt wird. Das Gemeinschaftsunternehmen umfasst insbesondere die Raffination, die Lieferung, den Verkauf und die Vermarktung von Fertigkraftstoff und Fertigschmierstoffen. In diesem Gemeinschaftsunternehmen betreibt BP das gesamte Kraftstoffgeschäft, während Mobil für die Sparte Schmierstoffe verantwortlich zeichnet. Das Gemeinschaftsunternehmen wurde gemäß der Fusionskontrollverordnung angekündigt und genehmigt.
(447) In der vorliegenden Anmeldung vertreten die Parteien die Auffassung, dass trotz der Einschätzung, wonach Mobil die gemeinsame Kontrolle über BP/Mobil im Sinne der Fusionskontrollverordnung ausübt, Mobil nicht mit dem laufenden Geschäftsbetrieb von BP/Mobil im Bereich Kraftstoffe befasst ist. Demzufolge vertreten die Parteien die Meinung, dass das fusionierte Unternehmen Exxon/Mobil und BP/Mobil auch weiterhin an einem scharfen Wettbewerb in diesem Bereich stark interessiert sind. Es wäre daher unangemessen, die Marktanteile von BP/Mobil mit denen von Exxon zum Zwecke der Einschätzung der Wettbewerbsauswirkungen des Vorhabens zusammenzulegen.
(448) Im Grunde genommen laufen die Argumente der Parteien darauf hinaus, dass das fusionierte Unternehmen Exxon/Mobil und BP/Mobil als zwei unabhängige Unternehmen betrachtet werden sollen, die zumindest im nachgelagerten Kraftstoffgeschäft miteinander im Wettbewerb stehen, und das trotz der Tatsache, dass Mobil die gemeinsame Kontrolle über das Gemeinschaftsunternehmen BP/Mobil ausübt. Anders ausgedrückt sind die Parteien der Auffassung, dass das Vorhandensein eines (solchen) Kontrollverhältnisses keinen Einfluss auf das Interesse der auf diese Weise verbundenen Unternehmen am Wettbewerb hat.
(449) Dieses Argument muss aus einer ganzen Reihe von Gründen zurückgewiesen werden. Nach der Fusionskontrollverordnung stellt die Ausübung der gemeinsame Kontrolle oder die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, das auf Dauer alle Funktionen einer selbständigen wirtschaftlichen Einheit erfuellt, einen Zusammenschluss dar und unterliegt somit der Prüfung gemäß Artikel 2 der Fusionskontrollverordnung. Zur Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung, werden die Beziehungen zwischen dem Gemeinschaftsunternehmen und den Muttergesellschaften auf der Grundlage der im allgemeinen richtigen Annahme untersucht, dass es durch einen solchen Schritt zu einer bestimmten Unternehmensintegration kommt und dass die Muttergesellschaft in der Lage ist, die Geschäftsstrategie ihres Gemeinschaftsunternehmen zu kontrollieren, so dass beide vom Standpunkt des Wettbewerbs aus nicht als Wettbewerber angesehen werden können.
(450) Im Hinblick auf die hier behandelte Sache soll daran erinnert werden, dass das Gemeinschaftsunternehmen BP/Mobil bei der Kommission gemäß der Fusionskontrollverordnung angemeldet worden war und als Gemeinschaftsunternehmen mit Zusammenschlusscharakter behandelt wurde. Dabei wurden BP und Mobil so betrachtet, dass sie die gemeinsame Kontrolle über das gesamte Gemeinschaftsunternehmen ausüben, ungeachtet der Tatsache, dass jeder der beiden Partner eine spezielle betriebliche Verantwortung für einen konkreten Geschäftsbereich übernommen hatte (BP für die Sparte Kraftstoffe und Mobil für die Sparte Schmiermittel). Besonders stützte sich die Schlussfolgerung dabei auf die Tatsache, dass die beiden Muttergesellschaften gemeinsam entscheidenden Einfluss auf die Strategie des Gemeinschaftsunternehmens nahmen, und zwar über einen Aufsichtsrat, der in folgenden Bereichen entscheidungsbefugt war: Geschäftsplan, größere Übernahmen, Betriebsschließungen, Veräußerungen, Investitionen und bestimmte andere strategische Entscheidungen. Mobil war eine der anmeldenden Parteien und hat zu jener Zeit diese Schlussfolgerungen in keinem Fall angefochten.
(451) Das von den Parteien vorgebrachte Argument, nach dem Mobil nicht in der Lage ist, in die laufende Geschäftstätigkeit der Sparte Kraftstoffe von BP einzugreifen, ist nicht überzeugend. Nach den im Verlauf der Marktuntersuchung zusammengetragenen Informationen kann angenommen werden, dass Mobil in der gegenwärtigen Situation (und das fusionierte Unternehmen Exxon/Mobil nach dem Zusammenschluss) tatsächlich einen erheblichen und tiefgreifenden Einfluss auf alle relevanten Wettbewerbsentscheidungen im Zusammenhang mit dem Kraftstoffgeschäft von BP/Mobil nimmt, insbesondere bei der Billigung von Grundsatzentscheidungen durch den Aufsichtsrat, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Verabschiedung der strategischen Geschäftskonzeption, bei der Festlegung der finanziellen Kontrollparameter, bei der Beschlussfassung zu größeren Übernahmen, Betriebsstillegungen, Veräußerungen, Investitionen und anderen strategischen Entscheidungen. Darüber hinaus bedeutet die vertragliche Verpflichtung zur Einholung der Zustimmung seitens Mobil zu derartigen Entscheidungen, dass letzterem Unternehmen in viel größerem Umfang hochsensible Wettbewerbsinformationen zugeleitet werden müssen, u.a. zur Veräußerung von Raffinerien, zu Gemeinschaftsunternehmen zwischen Raffinerien, zur Kraftstoffproduktion (einschließlich Prognosen, Gewinnspannen im Raffineriebetrieb, Einzelhandelsspannen, Pläne zur Verbesserung der Produktion, Einzelhandelsvolumen), zur Geschäftsstrategie in der Sparte Kraftstoffe (einschließlich Informationen zum Wettbewerbsdruck, zur Wettbewerbsposition, zu den Wachstumszahlen und zur Produktivität), sowie zum Kraftstoffproduktionsplan (einschließlich betriebliches Umfeld, Geschäftsentwicklung, Ertrag, Aufwendungen, Liquiditätsprognosen, Ausgründungen im Einzelhandelsbereich und längerfristige strategische Ziele). Alles in allem gestatten die Mobil übertragenen Vollmachten im Rahmen des Gemeinschaftsunternehmens mit BP sowohl Mobil als auch dem fusionierten Unternehmen, entscheidenden Einfluss auf das Wettbewerbsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens sowie die von BP betriebene Sparte Kraftstoffe zu nehmen.
(452) Die Seiten argumentieren angesichts der außergewöhnlichen Umstände des vorliegenden Falles, dass BP/Mobil und Exxon/Mobil als zwei unabhängige Unternehmen betrachtet werden sollten, die in der Lage sind, einander Konkurrenz zu machen. Diese Argumentation gründet sich insbesondere auf die Tatsache, dass i) BP die betriebliche Verantwortung für das Kraftstoffgeschäft trägt und ii) es sich bei BP um die "führende" Muttergesellschaft des Gemeinschaftsunternehmens handelt, die sich in dieser Eigenschaft dem Einfluss von Exxon/Mobil bei den Wettbewerbsentscheidungen innerhalb des Gemeinschaftsunternehmens widersetzen und diesen Einfluss zurückweisen kann. Selbst bei einer solchen Annahme sollte die Beteiligungssituation des einen Unternehmens gegenüber dem anderen Berücksichtigung finden. Im Hinblick darauf muss festgestellt werden, dass eine Verbindung dieser Art unabhängig von der formalen Bezeichnung den Anreiz zum Wettbewerb zwischen den betroffenen Unternehmen stark reduziert. Tatsächlich lautet ein allgemein akzeptiertes Prinzip der vorherrschenden Kartellehre, dass sich durch das Vorhandensein von Verbindungen zwischen zwei konkurrierenden Unternehmen in Form eines signifikanten Beteiligungsanteils des einen Unternehmens an dem anderen der Anreiz zum Wettbewerb verändern kann. Zunächst wird durch eine solche Verbindung ein starkes finanzielles Interesse eines Unternehmens am Wohl seines Wettbewerbers geschaffen. Dies kann die Dynamik des Wettbewerbs automatisch verändern, da das eine Unternehmen weniger daran interessiert ist, mit dem anderen Unternehmen im Wettbewerb zu stehen, als sich vielmehr darum bemüht, eine für beide nützliche gemeinsame Wirtschaftsstrategie auf die Beine zu stellen. Außerdem kann durch eine derartige Verbindung Zugang zu wirtschaftlich sensiblen Daten erlangt werden. Dies wiederum führt zu einer erhöhten Transparenz der Wettbewerbsführung des einen Unternehmens gegenüber dem anderen, die dadurch problemloser überschaut und verfolgt werden kann. Noch wichtiger ist dabei vielleicht, dass durch eine derartige Vorgehensweise das eine Unternehmen in die Lage versetzt wird, die strategischen Weichenstellungen seines Wettbewerbers so zu beeinflussen, dass sie den gemeinsamen Interessen entsprechen. Schließlich bringt eine solche Verbindung auch einen disziplinarischen Effekt mit sich, da ein Unternehmen im Falle einer Meinungsverschiedenheit den möglichen Gegenmaßnahmen des anderen Unternehmens ausgesetzt ist. All diese Faktoren können die Unternehmen veranlassen, ihre betriebswirtschaftlichen Strategien zusammenzuführen. Es soll hinzugefügt werden, dass die beschriebene Verhaltensweise der betroffenen Unternehmen absolut logisch ist, da sie auf Gewinnmaximierung abzielt.
(453) Der vorliegende Fall sollte also vor diesem Hintergrund bewertet werden. Angesichts der Bedeutung der Verbindung, wie sie sich gemessen am Einfluss von Mobil auf die Wettbewerbsführung des Gemeinschaftsunternehmens (und gemessen am Einfluss, der nach der Fusion von Exxon/Mobil ausgeübt würde) sowie angesichts des Vorliegens struktureller, für einen zum Oligopol neigenden Markt typischen Merkmale darstellt, kann die Beziehung zwischen Exxon/Mobil und BP/Mobil mit Hilfe der Prüfung auf Begründung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung bewertet werden. Die wettbewerbsrechtliche Würdigung des vorliegenden Falls würde sich kurzum nicht ändern.
(454) In ihrer Antwort auf die Entscheidung der Kommission zur Eröffnung der zweiten Phase der Untersuchung und in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte erheben die Parteien zwei zusätzliche Einwände gegen die dargelegte Argumentation.
(455) Zunächst behaupten sie, dass Exxon/Mobil sein Wettbewerbsverhalten nicht einfach ausschließlich zugunsten von BP/Mobil ändern kann, da andere Wettbewerber die Schwächung der Wettbewerbskraft von Exxon/Mobil ebenfalls ausnutzen würden. Insbesondere behaupten sie, dass die direkten Interessen, die Exxon/Mobil über das Netz von Exxon verfolgt, größer sind als die indirekten Interessen, die es in Form der Beteiligung in Höhe von 30 % an BP/Mobil hat. Folglich hätte Exxon/Mobil ein Interesse daran, selbst einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen und nicht daran, dass das Gemeinschaftsunternehmen BP/Mobil seinen Gewinn erhöht. Um so mehr, so argumentieren sie weiter, gäbe es für BP keinen Anreiz zur Änderung seiner Wettbewerbsstrategie zugunsten von Exxon/Mobil, da es an diesem keine Beteiligung habe. Hierzu sollte beachtet werden, dass die Harmonisierung der Wettbewerbsstrategie von Exxon/Mobil und BP/Mobil, wie sie sich aus dem Zusammenschluss ergeben kann, auf die Erzielung möglichster hoher Gewinne der beiden Einheiten am Markt gerichtet wäre. Eine solche Zusammenführung der Wettbewerbsstrategien ist ein normales Verhalten, das jedes Unternehmen im eigenen Interesse zeigen würde. Was die Möglichkeiten der anderen Wettbewerber angeht, sich die "Abschwächung" der Intensität des Wettbewerbs zwischen Exxon/Mobil und BP/Mobil zunutze zu machen, so ist die Kommission der Auffassung, dass die Harmonisierung der Wettbewerbsstrategien der beiden Einheiten angesichts der oligopolistischen Merkmale der Märkte zu einer Verminderung des Wettbewerbs zum Nachteil der Verbraucher führen kann, ohne dass Reaktionen seitens der anderen Marktteilnehmer ausgelöst werden.
(456) Zweitens äußern die Parteien auf die Entscheidung der Kommission, die Untersuchung in eine zweite Phase zu überführen, dass der Ansatz der Kommission im Widerspruch zur jüngsten Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte steht. Die Parteien beziehen sich hierbei insbesondere auf das Gencor/Lonrho-Urteil vom 25. März 1999(59), in dem das Gericht der ersten Instanz feststellte, dass ein Unternehmen mit einer 27%igen Beteiligung immer noch ein bedeutender Wettbewerber des Minderheitsgesellschafters ist. Nach Ansicht der Parteien gibt es eine große strukturelle Ähnlichkeit zwischen der Situation bei Gencor vor der Fusion und der Situation bei Exxon, BP und BP/Mobil im Bereich Kraftstoffe nach der Fusion. Im Ergebnis der Fusion wird das fusionierte Unternehmen Exxon/Mobil sowohl über eine eigene Sparte Kraftstoffe verfügen als auch eine Minderheitsbeteiligung an BP/Mobil als Wettbewerber halten.
(457) Zur Beantwortung der Argumentation der Parteien sei darauf verwiesen, dass es zwei spezifische Punkte gibt, in denen sich der vorliegende Fall von der Sachlage des Gencor-Urteils unterscheidet. So stellt sich zunächst bei einer umfassenden Bewertung des tatsächlichen Hintergrunds der beiden Fälle heraus, dass die Situation bei Gencor vor der Fusion in keiner Weise mit der Situation von Exxon/Mobil nach der Fusion verglichen werden kann. Im Urteil wird eindeutig festgestellt, dass Gencor weder Einfluss auf die laufende Geschäftsführung von Lonrho noch auf die Vermarktung und den Verkauf der Platinproduktion von Lonrho hatte. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass der Gencor-Konzern keinen Einfluss auf die Wettbewerbsstrategie von LPD hatte (siehe Randnr. 176 des Urteils). Wie bereits festgestellt, übt Mobil im Rahmen des Gemeinschaftsunternehmens BP/Mobil einen erheblichen und tiefgreifenden Einfluss auf alle relevanten Wettbewerbsentscheidungen im Kraftstoffgeschäft von BP/Mobil aus. In diesem Zusammenhang soll nur daran erinnert werden, dass sämtliche größeren Entscheidungen zur Preispolitik des Gemeinschaftsunternehmens der Genehmigung durch Mobil unterliegen.
(458) Zweitens ist von noch größerer Bedeutung, dass in dem von den Parteien angestellten Vergleich keine Unterscheidung zwischen einer Situation vor einem Zusammenschluss und einer Situation nach einem Zusammenschluss getroffen wird. Im Falle Gencor lautete die Frage, ob sich die Wettbewerbssituation nach dem Zusammenschluss von Gencor und Lonrho ändern würde. Hierzu haben die Kommission (und das Gericht der ersten Instanz) ihre Erkenntnisse auf der Grundlage einer Ex-post-Analyse des Wettbewerbsverhaltens der beiden Unternehmen gewonnen und den Schluss gezogen, dass die beiden Unternehmen trotz der Minderheitsbeteiligung von Gencor am Platingeschäft von Lonrho in der Phase vor der Fusion miteinander im Wettbewerb standen. In diesem Zusammenhang unterstreichen sowohl die Kommission als auch das Gericht deutlich die Tatsache, dass "LDP und Implats durch die Fortführung getrennter Marketingabteilungen dem Zusammenschluss im Wettbewerb standen und (...) dass LDP in den vergangenen zehn Jahren gemeinsam mit Russland das wesentlichste Wettbewerbselement auf dem Markt gewesen ist" (siehe dazu Ziff. 174-176 der Entscheidung und Randnr. 177 des Urteils). Demgegenüber ist die Beziehung zwischen Exxon/Mobil und dem Gemeinschaftsunternehmen BP/Mobil in der Zukunft zu sehen und muss im Rahmen einer Ex-ante-Analyse untersucht werden. Daher muss die Kommission gemäß dem bei der Fusionskontrolle zu befolgenden Ansatz den schlimmstmöglichen kartellrechtlichen Fall annehmen, und zwar die Angleichung der Wettbewerbsstrategie von Exxon/Mobil und BP/Mobil als Folge der gemeinsamen Kontrolle des erstgenannten über das letztgenannte Unternehmen.
Die Beteiligung von Mobil an Aral
(459) Bei der Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf den Wettbewerb im Kraftstoffeinzelhandel müssen auch die starken Verbindungen zwischen Mobil und Aral berücksichtigt werden. Aral ist der führende Betreiber von Benzintankstellen in Deutschland und ist auch in Österreich und Luxemburg tätig. Mobil ist an Aral mit 28 % beteiligt, wobei es sich bei den anderen Anteilseignern um Veba (56 %), Wintershall (15 %) und eine Reihe von Benzolherstellern mit je 1 % handelt. Jeder der drei Hauptanteilseigner hält [...]* % der Stimmrechte. Nach Aussage der Parteien verfügt Mobil über keine gemeinsame Kontrolle über Aral im Sinne der Fusionskontrollverordnung. [...]*.
(460) Es kann jedoch argumentiert werden, dass Mobil zusammen mit Veba und Wintershall aufgrund der folgenden Überlegungen de facto eine gemeinsame Kontrolle über Aral ausübt: [...]*.
(461) Jedenfalls kann diese Frage unabhängig von der Problematik der Ausübung der Kontrolle offen bleiben, da es unbestreitbar ist, dass Mobil in äußerst bedeutendem Maße an Aral beteiligt ist, was zu einem starken finanziellen Interesse am Wohlergehen von Aral führt. Über diese Beteiligung kann Mobil auch erheblichen Einfluss auf die betriebswirtschaftliche Strategie von Aral ausüben. Das Unternehmen ist im Besitz derselben Stimmrechte wie die anderen Hauptanteilseigner und benennt dieselbe Anzahl von Mitgliedern des Aufsichtsrates, der seinerseits den Verwaltungsrat wählt. Schließlich hat Mobil Zugang zu zahlreichen strategischen Informationen, die in den beschließenden Organen von Aral ausgetauscht werden. Somit ist klar, dass diese Verbindung geeignet ist, den Wettbewerbsanreiz von Mobil gegenüber Aral zu verringern. Dasselbe gilt umgekehrt. Die starke Kapitalbeteiligung von Mobil an Aral scheint den Wettbewerb zwischen den beiden Betreibern ernsthaft zu schwächen.
Kraftstoffeinzelhandel
(462) Bei der Betrachtung der Märkte auf einzelstaatlicher Ebene zeigt die nachfolgende Tabelle die Marktanteile der Parteien und ihrer Wettbewerber in denjenigen Ländern, in denen der gemeinsame Marktanteil als Folge des Zusammenschlusses mehr als 15 % beträgt.
(463) Marktstellung im Kraftstoffeinzelhandel
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Schätzungen der Seiten
(464) Im Ländervergleich unterscheidet sich die Marktstellung prozentual gesehen etwas. Generell kann festgestellt werden, dass das fusionierte Unternehmen in der Mehrzahl der Länder dank der Verbindung der Marktanteile von Exxon, BP/Mobil und Aral mit Gesamtmarktanteilen zwischen [20-30]* % (französische Autobahnen) und fast [30-40]* % (Deutschland und Vereinigtes Königreich) zum Marktführer avancierte. Jedoch würde die Existenz einer Reihe starker Wettbewerber in allen Ländern (internationale Großunternehmen oder nationale Spitzenunternehmen) mit Marktanteilen von 15-20 % oder mehr die Möglichkeit ausschließen, dass das fusionierte Unternehmen in der Lage wäre, die alleinige Marktbeherrschung auszuüben.
(465) Es ist daher eher geboten, die Frage der Begründung oder Stärkung einer gemeinsamen marktbeherrschenden Stellung zu analysieren, insbesondere im Hinblick auf die strukturellen Eigenheiten des betreffenden Marktes. Hierbei verfügen die Märkte für den Kraftstoffeinzelhandel über sämtliche Merkmale, die normalerweise als Voraussetzung für eine kollektiv marktbeherrschende Stellung gelten. Dabei handelt es sich um folgende Merkmale:
Angebotskonzentration
(466) Die angebotsseitige Konzentration des Marktes stellt die erste Voraussetzung für eine oligopolistische Entwicklung dar. Beim Oligopol handelt es sich um einen Markt, der von der Präsenz einiger weniger Großlieferanten geprägt ist, deren Wettbewerbsverhalten untereinander abhängig ist. Die Märkte für den Kraftstoffeinzelhandel sind auf einzelstaatlicher Ebene allgemein durch eine angebotsseitige Konzentration gekennzeichnet, die sich darin äußert, dass einige wenige Lieferanten (drei bis fünf) den Markt eines Landes zu ca. zwei Drittel beherrschen. Die Parteien vertreten dazu die Meinung, dass die von der Kommission herangezogenen Märkte ein unzureichendes Konzentrationsniveau aufweisen. Insbesondere ist die Kommission in der Vergangenheit stets davon ausgegangen, dass ein viel höherer Grad an Konzentration erforderlich ist, um die Entstehung eines oligopolistischen Marktes zu begünstigen. Dieses Problem wird in den Abschnitten zu den einzelnen Ländern ausführlicher dargelegt werden. Generell unbestritten ist die Tatsache, dass die Gefahr des Ausscheidens aus dem Oligopol mit der Anzahl der Beteiligten am Oligopol wächst. Nach der Standardkartellehre funktioniert ein Oligopol auch auf Märkten mit geringer Konzentration. Das ist der Fall, wenn die preisliche Transparenz so ausgebildet ist, dass eine problemlose gegenseitige Überwachung selbst zwischen zahlreichen Marktteilnehmern möglich ist.
Produkthomogenität
(467) Bei einem hohen Grad von Homogenität wird die stillschweigende Koordinierung der Preispolitik erleichtert. Mangels anderer Merkmale zur Unterscheidung eines Lieferanten von einem anderen konzentriert sich der Wettbewerb auf einem homogenen Markt auf die Preisgestaltung. Im vorliegenden Fall gilt Kraftstoff zweifellos als ein wirtschaftliches Gut, bei dem nur sehr geringe Produktdifferenzierungen oder Anpassungen an Kundenwünsche möglich sind. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um eines der wenigen Güter, bei denen die Kunden (Autofahrer) nicht in der Lage sind, von der Leistung oder den Merkmalen her zwischen zwei verschiedenen Kraftstoffmarken zu unterscheiden. Kraftstoff ist eine derart fungible Ware, dass die Raffineriebetreiber systematisch die Zulieferer wechseln, um ihre Tankstellen zu beliefern.
(468) In ihrer Antwort auf die Entscheidung der Kommission bezüglich der Eröffnung der zweiten Phase der Untersuchung geben die Parteien an, dass das Kraftstoffeinzelhandelsgeschäft durch einen intensiven Wettbewerb gekennzeichnet ist, bei dem das Gesamtangebot eine große Rolle spielt. Neben dem Preis würde der Kunde nämlich andere Faktoren berücksichtigen, wie zum Beispiel Bequemlichkeit, das Produktangebot im Tankstellenshop, die Verfügbarkeit weiterer Dienstleistungen (Autowaschanlage) sowie das sonstige Angebot wie Verkaufsförderung und Kundenbindung. So gesehen, gäbe es keine große Homogenität, da die Gesamtangebote der Wettbewerber sehr unterschiedlich seien.
(469) Diese Betrachtungen werden durch die in der Marktuntersuchung zusammengetragenen Anhaltspunkte nicht belegt. Im Hinblick auf das Markenbewusstsein und die Produktdifferenzierung wurde in der Untersuchung bestätigt, dass diese Faktoren das Kundenverhalten kaum beeinflussen. Die große Mehrheit der von der Kommission befragten Einzelhändler hat darauf hingewiesen, dass das Markenbewusstsein im Kraftstoffeinzelhandel eine geringe Rolle spielt. Zwar haben die Kraftstoffeinzelhändler versucht, besonders über Marketingoffensiven und Kundenbindung eine Art Markenbewusstsein zu etablieren, doch muss generell festgestellt werden, dass die Versuche der großen Erdölgesellschaften zur Schaffung eines Markenprofils im Kraftstoffeinzelhandel wenig erfolgreich verlaufen sind. Nur in den Niederlanden und in geringerem Umfang in Deutschland ist es Kraftstoffeinzelhändlern gelungen, über Kundenbindungsmaßnahmen ein gewisses Markenbewusstsein zu schaffen. Diese Maßnahmen werden in den Abschnitten über die Niederlande und Deutschland detaillierter erörtert.
(470) Was die von den Parteien angeführten "Zusatzangebote" angeht, so wurden keine Beweise gefunden, nach denen diese Faktoren irgendeinen Einfluss auf das Kaufverhalten der Fahrzeugführer haben würden. Seitens der Branche wurde eine solche Ansicht ebenfalls nicht vertreten.
(471) Tatsächlich zeigen die von der Kommission gesammelten Informationen, dass sich Autofahrer beim Kraftstoffkauf von zwei wesentlichen Kriterien leiten lassen, nämlich günstige Erreichbarkeit der Tankstelle und Preis. Übrigens zeigt auch ein von den Parteien selbst erstellter Überblick deutlich, dass die meisten Verbraucher in den entwickelten Ländern keinen großen Unterschied zwischen den Kraftstoffen verschiedener Hersteller machen. Statt dessen wählt die übergroße Mehrheit der Verbraucher die Tankstelle nach Erreichbarkeit und Preis aus.
(472) Daraus, dass eine günstige Erreichbarkeit der Tankstelle das wichtigste Kriterium für den Kraftstoffkauf ist. Im Gegensatz zur von den Parteien geäußerten Meinung eignet sich die günstige Erreichbarkeit einer Tankstelle nur zur Bestimmung der räumlichen Größe des Marktes. Bereits im Abschnitt zur Bestimmung des Marktes wurde in dieser Hinsicht dargelegt, dass es sich bei der Wettbewerbsdynamik im Kraftstoffeinzelhandel aufgrund der Notwendigkeit des Kaufs von Kraftstoff möglichst in der Nähe um eine lokale Erscheinung handelt. Dieser Faktor kann allerdings nicht zur Differenzierung der Eigenschaften des untersuchten Produkts herangezogen werden.
Niedriger technologischer Innovationsstand
(473) Der Mangel an technologischer Innovation ist ein weiteres typisches Merkmal eines Marktes, der zum Oligopol neigt und steht in direktem Zusammenhang mit der Frage der Homogenität. Ohne Innovation haben die Wettbewerber keine andere Möglichkeit als auf den Preiskampf auszuweichen. Eine weitere Folge eines niedrigen technologischen Innovationsstandes besteht darin, dass sich in naher Zukunft weder der Charakter des Wettbewerbs (noch die Produkthomogenität) erheblich verändern werden. Der Kraftstoffeinzelhandel ist durch eine geringe Innovationsneigung gekennzeichnet. Technische Weiterentwicklungen gehen eher auf allmähliche und relativ langsame stufenweise Veränderungen der Prozesse und Produkte als auf revolutionäre und schnelle Veränderungen zurück.
Markttransparenz
(474) Markttransparenz ist ebenfalls eine charakteristische Grundbedingung für zum Oligopol neigende Märkte. Zum einen erlaubt die Transparenz den Marktteilnehmern, sich ohne ausdrückliche Koordinierung einem bestimmten Preis anzunähern. Damit kann man erwarten, dass Preistransparenz zur Preisparallelität bei den am Markt tätigen Unternehmen führt. Zum anderen haben diese Unternehmen die Möglichkeit, ihr Wettbewerbsverhalten gegenseitig zu überwachen, um u. a. sicherzugehen, dass kein Unternehmen zu betrügerischen Praktiken greift. Der untersuchte Markt zeichnet sich durch vollständige Transparenz aus, da es sich dabei um einen Einzelhandelsmarkt handelt, auf dem die Preise an den Tankstellen jedermann bekannt sind. Preisinformationen sind nicht nur auf der Ebene des Marketing, sondern auf allen Ebenen der Handelstätigkeit verfügbar. So werden zum Beispiel die Handelspreise für Kraftstoff ab Raffinerie täglich durch seriöse Unternehmen wie Platt's und Petroleum Argus veröffentlicht. Preistransparenz besteht auch im Rohölsektor. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Preisinformationen in der gesamten Wirtschaft bis hin zum Absatz verfügbar sind. Überdies sei darauf verwiesen, dass Markttransparenz eine wesentliche Vorbedingung für das wirksame Funktionieren des Oligopols darstellt. Im Kraftstoffeinzelhandel stellt sich diese Transparenz so dar, dass betrügerische Praktiken der Marktteilnehmer unmöglich sind. Schließlich ist der Kraftstoffeinzelhandel auch im Hinblick auf die Absatzmengen ein transparenter Markt. Hier genügt die Feststellung, dass die meisten Marktteilnehmer in der Wirtschaft dank eines intensiven Informationsaustauschs auf der Ebene der Wirtschaftsverbände über das Umsatzvolumen ihrer Wettbewerber bestens informiert sind. Auch auf diesem Gebiet sind zahlreiche veröffentlichte Statistiken erhältlich.
Mäßiges Marktwachstum
(475) Auf Märkten mit stagnierender Nachfrage oder mit lediglich moderatem Wachstum gehen vom Marktwachstum aus zwei Gründen keine Impulse zur Ankurbelung des Wettbewerbs aus. Erstens sehen die etablierten Firmen keinen Grund zum Wettbewerb, um die Nachfrage zu verbessern. Erhöhte Marktanteile können nur noch auf Kosten von Wettbewerbern erreicht werden und wäre wahrscheinlich mit einem ruinösen Preiskrieg verbunden, in dem es keine Gewinner gibt. Zweitens werden bei einem mäßigen Wachstum der Nachfrage keine Außenseiter auf den Markt gelockt. Im untersuchten Fall wird von den Parteien anerkannt, dass die Kraftstoffnachfrage in Europa relativ konstant ist, wobei sich Ottokraftstoff als wachstumsschwach erwies, während Dieselkraftstoff zulegte. In den vergangenen fünf Jahren stieg die Kraftstoffnachfrage im EWR um 0,4 % pro Jahr an.
Kostensymmetrie
(476) Eine oligopolistische Marktbeherrschung erweist sich meist dauerhaft, wenn die Mitglieder des Oligopols mit ähnlichen Kostenstrukturen arbeiten. Erstens sei angeführt, dass ähnliche Kostenstrukturen unter bestimmten Marktbedingungen normalerweise zu ähnlichen Wettbewerbsanreizen führen. Zweitens erhöht sich durch ähnliche Kostenstrukturen das Risiko von Vergeltungsmaßnahmen seitens der Wettbewerber, da der Lieferant weiß, dass die Wettbewerber ihm mit gleichen Mitteln Paroli bieten können. Im vorliegenden Fall wird die Analyse der Kostenstrukturen der Kraftstoffeinzelhändler länderweise durchgeführt, wobei davon ausgegangen wird, dass der Kraftstoffeinzelhandel die alleinige Handelstätigkeit ist.
Marktanteilsymmetrie
(477) Die Marktanteilsymmetrie zwischen den Wettbewerbern wird als ein weiterer Faktor betrachtet, der im allgemeinen ein wettbewerbsfeindliches Parallelverhalten begünstigt. Vor allem kann eine derartige Ähnlichkeit die Ähnlichkeit des Kostenniveaus der verschiedenen Unternehmen widerspiegeln. Da die Preispolitik eines Unternehmens in starkem Maße von den Kosten beeinflusst wird, können durch die genannten Symmetrien bestimmte Preiskoordinationen einfacher werden. Auf einigen der von der Kommission untersuchten und nachstehend erläuterten Märkten sind die Marktanteile unter den verschiedenen Marktteilnehmern ungleich aufgeteilt. Dieser Faktor darf jedoch nicht so gesehen werden, dass durch ihn allein die Möglichkeit einer oligopolistischen Marktbeherrschung verhindert werden kann. Die Symmetrie der Marktanteile bietet zwar zusätzliche Anreize zur Verhaltenskoordinierung, ist aber keineswegs die Voraussetzung für tatsächliches Parallelverhalten. Selbst bei asymmetrischen Marktanteilen können z. B. Kostensymmetrien bestehen. Das ist zum Beispiel der Fall im Kraftstoffeinzelhandel, wo die wesentlichsten Größenvorteile auf der Tankstellenebene erzielt werden. Außerdem können die Mitglieder eines Oligopols ihren Marktanteil als "fair" betrachten und sich gegenseitig als "Gleichberechtigte" mit vergleichbarer Wettbewerbsfähigkeit ansehen. Mit aggressivem Wettbewerbsverhalten hätten sie daher wenig zu gewinnen und viel zu verlieren. Und genau dies trifft auf den Kraftstoffeinzelhandel zu, wo praktisch alle angeblichen Teilnehmer am Oligopol vertikal integrierte Unternehmen sind, die weltweit operieren und mit finanziellen Ressourcen ausgestattet sind, die weit über ihre Marktstellung im Einzelhandel eines Landes hinausgehen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass für diese Wettbewerber die Symmetrie der nationalen Marktanteile wahrscheinlich keine wichtige Rolle spielt. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass sich sämtliche vertikal integrierten Einzelhändler ein Kompensationssystem geschaffen haben, durch das die finanziellen Verluste ihres Einzelhandelsnetzes im Falle eines intensiven Preiswettbewerbs ausgeglichen werden sollen. Angesichts dieser Feststellungen wird die Meinung vertreten, dass die Asymmetrie der Marktanteile in einigen von der Kommission mit dem Ziel der Bewertung der oligopolistischen Marktbeherrschung untersuchten Ländern im vorliegenden Fall keine Bedeutung hat.
Vertikale Integration
(478) Ein ähnliches Ausmaß der vertikalen Integration von Teilnehmern eines oligopolistischen Systems erhöht sowohl deren Bereitschaft zu parallelem Verhalten als auch die Aussichten auf Stabilität dieses Verhaltens. Dies ergibt sich zuerst aus der Tatsache, dass im Gegensatz zu den nicht integrierten Wettbewerbern den integrierten Marktteilnehmern Kostenvorteile und -ähnlichkeiten entstehen. Von noch größerer Bedeutung ist zudem, dass sich die strategischen Interessen von gleichermaßen integrierten Unternehmen auf allen Ebenen des Handels aufeinander zubewegen. So haben Veränderungen bei den Marktpositionen stets ähnliche Auswirkungen auf integrierte Unternehmen, welche dann gezwungen werden, in ähnlicher Weise zu reagieren. Als Konsequenz erwartetet man auf solchen Märkten eine höhere Stabilität in Form des Parallelverhaltens. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Erdölindustrie um einen Bereich, der durch die Existenz großer vertikal integrierter Unternehmen gekennzeichnet ist. Was die Folgen dieser Integration für das Kraftstoffeinzelhandelsgeschäft angeht, so hat dies für integrierte Unternehmen einige Vorteile, beispielsweise Liefersicherheit und langfristig verbesserte Möglichkeiten zur Reaktion auf sich verändernde Marktbedingungen. Ebenfalls erwiesen ist, dass die vertikale Integration zur Interessengemeinschaft zwischen den integrierten Mineralölunternehmen in allen Bereichen der Branche führt. Diese Art der Integration führt durch die Zusammenführung der Interessen der großen Erdölgesellschaften zu einer drastischen Verbesserung der Aussichten auf Stabilität des Parallelverhaltens.
Unelastische Nachfrage
(479) Generell kann festgestellt werden, dass der Anreiz für Parallelverhalten größer wird, wenn die Nachfrage durch Unelastizität der Preise gekennzeichnet ist. Da das Gesamtnachfragevolumen bei Preiserhöhungen nicht wesentlich nachgibt, bestehen für die Marktteilnehmer gute Gründe, zu einer Preisgestaltung zu greifen, die nicht nur auf Wettbewerbskriterien beruht. Im Kraftstoffeinzelhandel ist die Nachfrage unelastisch, da es für dieses Produkt keine wirklichen Ersatzwaren gibt. Aus verschiedenen Erhebungen geht hervor, dass der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch bei einer Preiserhöhung auf lange Sicht stabil bleibt. Das ist auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass es auf der Nachfrageseite wenig Ausweichmöglichkeiten gibt.
Strukturelle Verbindungen
(480) Die Wahrscheinlichkeit oligopolistischen Verhaltens erhöht sich im allgemeinen, sofern zwischen den Teilnehmern des oligopolistischen Systems strukturelle Verbindungen bestehen. Verbindungen dieser Art veranlassen die Marktteilnehmer nämlich, sich für das Wohlergehen ihrer Partner und die jeweiligen Strategien, Kostenstrukturen und Geschäftskonzeptionen zu interessieren. Diese Verbindungen können zu einem Abflachen der Wettbewerbsanstrengungen unter den Teilnehmern am oligopolistischen System führen oder als mögliches Instrument für Gegenmaßnahmen genutzt werden. In Abhängigkeit von den jeweiligen Umständen können sie bis zu einem gewissen Grade auch zu gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen auf dem betreffenden Markt führen. Das nachgelagerte Ölgeschäft ist durch verschiedene Verbindungen zwischen den Hauptmarktteilnehmern gekennzeichnet, und zwar entweder in Form von Unternehmensverbindungen (wie das Gemeinschaftsunternehmen BP/Mobil und die Beteiligung von Mobil an Aral-Deutschland) oder in Form von außerbetrieblichen oder anderen kommerziellen Verbindungen (etwa durch Kraftstoffaustauschvereinbarungen).
Markteintrittsschranken - Fehlen eines potenziellen Wettbewerbs
(481) Ein Oligopol funktioniert noch effektiver, wenn hohe Markteintrittsschranken existieren. Diese können den Markt fast vollständig vor Herausfordern schützen und ihn gegenüber dem Wettbewerbsdruck seitens potentieller Wettbewerber unempfindlich machen. Das Kraftstoffeinzelhandelsgeschäft und allgemein die gesamte Erdölbranche sind durch das Vorhandensein erheblicher Markteintrittsschranken gekennzeichnet. In den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass die vertikale Integration kein unüberwindliches Hindernis darstellt. Das wird durch die erfolgreiche Marktpräsenz einiger nicht integrierter Einzelhandelsunternehmen deutlich. Es bestehen jedoch weitere bedeutende Markteintrittsschranken, die es unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass Unternehmen den Sprung in den Kraftstoffeinzelhandel schaffen.
(482) Um erfolgreich in den Marktwettbewerb einzusteigen, ist es unbedingt erforderlich, eine ausreichende Anzahl von Tankstellen mit einem hohen durchschnittlichen Durchsatz zu etablieren. Dies erfordert wiederum hohe Investitionen, die auch mit den Kosten für die Einhaltung von Umweltauflagen zusammenhängen (von den Parteien wird eingeschätzt, dass sich die Kosten zur Eröffnung einer neuen Tankstelle auf [...]* EUR belaufen). Außerdem müssen geeignete Standorte verfügbar sein. Hierzu muss gesagt werden, dass es in einigen Ländern aufgrund der Marktsättigung schwierig ist, eine Genehmigung zur Erschließung eines neuen Standortes zu erhalten. Dies trifft sicherlich auf alle Länder zu, die von der vorliegenden Anmeldung betroffen sind. Für die Möglichkeit des Markteintritts kann angeführt werden, dass anstelle der in den letzten Jahren geschlossenen Tankstellen neue Tankstellen eröffnet werden können, jedoch sind die betreffenden Standorte in der Regel klein und wenig attraktiv. Dazu kommt, dass durch die Umweltgesetzgebung die Eröffnung einer Tankstelle an einem alten Standort beinahe ebenso schwierig und teuer ist wie der Bau einer neuen Anlage.
(483) Die einzigen Neueinsteiger, denen es in den letzten Jahren gelungen ist, eine bedeutsame Präsenz in einigen Mitgliedstaaten aufzubauen, sind die Verbrauchergroßmärkte mit ihrem Mix an speziellen Bedingungen: i) Bereitstellung eines wettbewerbsfähigen Angebots; ii) ausreichend Verteilungs- und Terminaleinrichtungen; iii) zentraler Einkauf; iv) Zugang zu geeigneten Gewerbeflächen; v) relativ unkomplizierte Erlangung erforderlicher Genehmigungen; vi) niedrige Kostenstruktur im Vergleich zu traditionellen Wettbewerbern, sowie in geringerem Umfang einige "Billigeinzelhändlern", die in der Lage waren, von der Anzahl der Tankstellen und dem durchschnittlichen Durchsatz her ein geeignetes Vertriebsnetz aufzubauen (Save im Vereinigten Königreich oder Jet Conoco).
(484) Andererseits wird aus zahlreichen Mitgliedstaaten über eine eindrucksvolle Marktkonsolidierung in Folge einer allgemeinen Verringerung der Gewinnspannen berichtet, wodurch viele kleine unabhängige Einzelhändler aus dem Markt gedrängt worden sind. Das ist ein gemeinsames Merkmal aller im folgenden untersuchten Märkte. Im Gegensatz zur Darstellung der Parteien scheint die Möglichkeit in weiter Ferne zu liegen, dass es "kleinen" Unternehmen gelingt, in Zukunft auf bescheidener Grundlage auf dem Kraftstoffeinzelhandelsmarkt Fuß zu fassen.
(485) Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass im Kraftstoffeinzelhandel der einzige reelle Wettbewerb nur von Verbrauchergroßmärkten ausgeht, die in einigen Ländern bei der Umsatzsteigerung äußerst erfolgreich gewesen sind (so haben in Frankreich die Verbrauchergroßmärkte in den vergangenen 20 Jahren mehr als 50 % Marktanteil errungen). Die Tatsache, dass derartige Betreiber in den Niederlanden, Luxemburg, Österreich und anderen Ländern nur gering oder gar nicht vertreten sind, zeigt, dass es einige strukturelle Hindernisse gibt, die sogar in Zukunft die Entwicklung in diesem Bereich verhindern werden. In anderen Ländern, wo diese Marktteilnehmer bereits etabliert sind (wie im Vereinigten Königreich und in Deutschland), muss deren wirkliches Wettbewerbspotential unter Zuhilfenahme zahlreicher Faktoren bewertet werden, die ihr weiteres Wachstum behindern könnten. Dieses Thema wird in den Abschnitten zur Länderbewertung weiter erläutert.
Fehlende Kaufkraft
(486) Mögliche Preissteigerungen durch die Teilnehmer am oligopolistischen System können durch die gegengewichtige Marktmacht der Verbraucher eingeschränkt werden. Mächtige Kunden, die sich zusammenschließen, können die Teilnehmer am Oligopol entweder daran hindern, Preise vorzugeben, die sich nicht an Wettbewerbskriterien orientieren oder aber ihre Zurückhaltung aufzugeben und in den Wettbewerb einzutreten. Beim Kraftstoffeinzelhandel spielt die Kaufkraft keinerlei Rolle, da die Nachfrage von Seiten der Kraftfahrer kommt.
Kontakte zwischen mehreren Märkten
(487) Kontakte zwischen mehreren Märkten können bei der Konfrontation mit oligopolistischen Tendenzen hilfreich sein, werden doch dadurch die Möglichkeiten zu Gegenmaßnahmen erweitert, die auch auf anderen Märkten zur Anwendung kommen können. Die Erdölbranche ist durch die Existenz vertikal integrierter Unternehmen gekennzeichnet, die auf allen Ebenen vertreten sind, von der Förderung des Rohöls bis zum Kraftstoffabsatz.
(488) Vor diesem Hintergrund, der den oben erwähnten einzelstaatlichen Märkten gemeinsam ist, muss eingeschätzt werden, ob die spezifischen Marktbedingungen des jeweiligen Landes so ausgebildet sind, dass ein Oligopol nach der beabsichtigten Fusion wirksam funktionieren kann. Nachstehend wird die Situation in jedem Land einer eingehenden Betrachtung unterzogen, wobei folgenden Faktoren besondere Bedeutung zukommt: Konzentrationsgrad, Wettbewerbsdruck der Marktteilnehmer außer dem der vermutlichen Teilnehmer am oligopolistischen System, Kausalität zwischen der Fusion und der Erzielung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung.
(489) Die folgende Tabelle zeigt einen Vergleich der Kraftstoffpreise in den Ländern, die von dem geplanten Vorhaben betroffen sind.
Produkt: Benzin - Preis an der Zapfsäule
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Produkt: Diesel - Preis an der Zapfsäule
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ÖSTERREICH
ALLGEMEINER ÜBERBLICK
Raffinierung
(490) In Österreich gibt es nur eine Raffinerie, deren Eigentümerin und Betreiberin die OMV ist. Von jeher werden mehr als 70 % der Erdölprodukte direkt von inländischen Raffinerien bezogen. Die Einfuhren nach Österreich erfolgen offensichtlich nicht über unabhängige Wiederverkäufer, sondern über integrierte Unternehmen. Die in Österreich zur Verfügung stehende Kapazität ist ausreichend. Das Rohöl wird von der OMV und der RAG angekauft und durch eine Öl-Pipeline von der Adria nach Wien transportiert. Dort erfolgt die Raffination in der zur OMV gehörenden Erdölraffinerie von Schwechat. Die OMV spielt demzufolge in Österreich eine wichtige Rolle: Ihr gehört landesweit die einzige Raffinerie, sie ist Mehrheitsaktionärin der Adria-Wien-Pipeline und der Erdöl-Lagergesellschaft, sie besitzt Aktien der "Autobahn-Betriebsgesellschaft" und ist Eigentümerin einer Pipeline zwischen Wien und St. Valentin.
(491) Die OMV hat für ihre Raffinerie eine vertragliche Regelung über die Produktionsaufteilung mit Shell, Mobil, Esso und AGIP. Zusammen nutzen diese Gesellschaften die Raffinerie zu 15 %. Darüber schließt die OMV Austauschverträge mit Conoco, Agip und Aral. Shell, Mobil, Esso und Agip sind ebenfalls Anteilseigner der Adria-Wien-Pipeline (AWP), der Erdöl-Lagergesellschaft und der "Autobahn-Betriebsgesellschaft". Nach Einschätzung des Paritätischen Ausschusses für Kartellangelegenheiten könnte diese Zusammenarbeit der großen Mineralölgesellschaften einem Kartell nahe kommen. Um Transportkosten zu sparen, beliefern diese ihre Tankstellen gegenseitig mit Kraftstoff.
Infrastruktur
(492) Exxon berichtet, dass mehrere Reedereien in letzter Zeit für den Schiffstransport von Rotterdam in den Raum Wien Frachtraten zwischen [...]* DM/t und [...]* DM/t für Destillat und zwischen [...]* DM/t und [...]* DM/t für Benzin anbieten, was einer durchschnittlichen volumengewichteten Frachtrate für Kraftstoffe von etwa [...]* DM/t entspricht. Die höhere Frachtrate ist zurückzuführen auf die größere Entfernung, Kanalgebühren, die Tatsache, dass auf dem Rhein-Donau-Kanal außerordentlich viele Schleusen zu passieren sind, wodurch sich die Reisegeschwindigkeit verringert, die im Vergleich zum Rhein geringeren Wasserstände und das hohe Verspätungsrisiko aufgrund von Niedrigwasser der Donau (bedingt durch die Tatsache, dass der Wasserstand der Donau nicht durch Staudämme reguliert wird).
(493) Neben der von den großen Mineralölgesellschaften kontrollierten Lagerung gibt es auch unabhängige Lagermöglichkeiten wie Tamoil in Linz, Roth Öl in der Steiermark und kleinere Terminals, die die regionale Nachfrage abdecken. Die Parteien stellten zwar keine Zahlen zur Kapazität der alternativen Lagermöglichkeiten bereit, gaben jedoch an, dass diese nicht von Bedeutung sei. Auf jeden Fall wiesen die Wettbewerber darauf hin, dass in bezug auf die Lagerkapazität nicht die Gefahr der Marktabschottung besteht, da die großen Mineralölgesellschaften sich eher dafür entscheiden, Lagerkapazität zu vermieten als sie einzuschränken.
Großhandel
(494) 1997 wurden 27 % des Benzinverbrauchs und 35 % des Dieselkraftstoffverbrauchs aus Einfuhren gedeckt. Die großen Mineralölgesellschaften, Händler und "Außenseiter" führen Mineralölprodukte per Schiff über die Donau, bzw. per Schienen- oder Straßentransport ein. Außenseiter bzw. sogenannte B-Marken (d. h. kleinere Einzelhandelsnetze als die von OMV, Aral oder BP/Mobil, wie zum Beispiel Avia, Jet, Turmöl, Rühl, IQ, AWI, Roth, Hölzl, Champion, A1 und Eurol) führen Kraftstoff ein oder kaufen ihn von großen Mineralölgesellschaften und Großhändlern an und können offensichtlich das günstigste Angebot auswählen und ihre Preise unabhängig festsetzen. Exxon deckt [...]* % seines Bedarfs aus Käufen von Dritten. Der Rest stammt aus Übertragungen von Konzerngesellschaften oder aus termingebundenen Verarbeitungsvereinbarungen mit der Raffinerie der OMV in Schwechat. BP/Mobil deckt sein Absatzvolumen zu [...]* % aus Käufen von Dritten. Der Rest stammt aus der inländischen Raffinerieproduktion.
Einzelhandel
(495) In Österreich handelt es sich bei den Einzelhändlern um Markentankstellen, unabhängige (bzw. freie) Tankstellen und markenlose Tankstellen. Supermärkte spielen, was den Kraftstoffhandel betrifft, keine große Rolle und betreiben nur einige wenige Tankstellen.
(496) Die wichtigsten Markennetze sind die von OMV, Aral, BP/Mobil, Shell und Esso. Bei den übrigen Markentankstellen handelt es sich um B-Marken und um markenlose Tankstellen.
(497) 64 % aller Tankstellen sind Markenanbieter. Diese werden von Agenten im Rahmen eines Systems betrieben, bei dem die Agenten bei der Preisfestsetzung an die Anweisungen der großen Mineralölgesellschaften gebunden sind. Diesbezüglich sei darauf hingewiesen, dass die großen Mineralölgesellschaften (OMV, Aral, BP/Mobil, Shell und Esso) an wenigstens [...]* % aller Tankstellen in Österreich beteiligt sind.
(498) Bei den freien Tankstellen (oder B-Marken) handelt es sich um Avia, Jet, Turmöl, Rühl, IQ, AWI, Roth, Hölzl, Champion, A1, Eurol usw. An weiteren B-Marken sind zum Teil große Mineralölgesellschaften beteiligt: Das Netz von Genol (29 % OMV) und Avanti (50 % Shell) erstreckt sich über ganz Österreich. Markenlose Tankstellen befinden sich in Österreich nicht im Eigentum unabhängiger Unternehmen, sondern gehören großen Mineralölgesellschaften, die ihnen keine Marke zuordnen (so hat zum Beispiel die OMV ein Netz markenloser Tankstellen: die Stroh-Tankstellen).
(499) [...]*.
(500) Die Tankstellenbranche ist in Österreich stark reguliert. Bis zum 16. September 1981 wurden die Kraftstoffpreise von der Regierung vorgegeben. Die Preise wurden nur auf Antrag der Mineralölgesellschaften bei einer Erhöhung der Kosten geändert. 1981 wurden die Preise für sämtliche Kraftstoffe mit Ausnahme von Diesel freigegeben. Bei den Marktteilnehmern handelt es sich um die OMV, Agip Austria AG, BP Austria AG, Mobil Oil Austria AG, Shell Austria AG und Aral Austria GmbH. Auf örtlicher Ebene steht die erste Liga der Mineralölgesellschaften im Wettbewerb mit den B-Marken (wie zum Beispiel Avanti, Jet, Turmöl) und den unabhängigen Wiederverkäufern. In deren Umgebung gewährten die großen Mineralölgesellschaften ihren Tankstellen niedrigere Preise, um in diesen Gebieten konkurrieren zu können ("Preiskonzentration"). 1990 trat ein neues Übereinkommen (das "Branchenübereinkommen") in Kraft, das zu einer objektiveren Preisfestsetzung führen sollte. Es wurde ein Marktinformationssystem eingerichtet, um die internationalen und nationalen Kraftstoffpreise wöchentlich zu verfolgen. Da sich dieses Vorgehen im Grunde nicht als erfolgreich erwies, wurde das Übereinkommen ebenso wie die Regulierung des Dieselpreises aufgegeben.
(501) Darüber hinaus gelten in Österreich strikte Umweltschutzauflagen, die sich jedoch nicht von denen in Deutschland unterscheiden. Kleine Tankstellen können sich die Einhaltung dieser hohen Standards nicht leisten (dies wird von Exxon als Hauptgrund dafür angegeben, dass eine weitere Marktbereinigung ansteht). Für von der Schließung betroffene Tankstellen wird finanzielle Unterstützung bereitgestellt. Alle genannten Kosten sind in Deutschland ähnlich.
(502) Da Österreich über ein sehr dichtes Tankstellennetz (dichter als in Deutschland) verfügt, ist der mittlere Durchsatz pro Tankstelle niedriger: 1422 m3 in Österreich gegenüber 3170 m3 in Deutschland. Die Zahl der Tankstellen hat sich zwischen 1995 und 1997 um 23 % verringert. Seit 1995 ist mit Ausnahme von Jet-Conoco, das sein Netz von 29 auf 55 Tankstellen erweiterte, kein neuer Wettbewerber auf den Markt vorgestoßen.
DIE LAGE VOR DEM ZUSAMMENSCHLUSS - DERZEITIGE WETTBEWERBSSITUATION
Marktstruktur
(503) In der nachstehenden Tabelle ist die Entwicklung der Marktanteile in Österreich während der vergangenen vier Jahre dargestellt. Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass der Markt bis jetzt von drei Unternehmen beherrscht wurde, der OMV, BP/Mobil und Shell, auf die zusammen ein Marktanteil von [50-60]* % entfiel, gefolgt von Esso und Aral, deren Marktanteil jeweils mehr als [0-10]* % beträgt.
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(504) Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei den übrigen Marktteilnehmern um weitere kleine Markennetze, Supermärkte und markenlose Tankstellen. An einer Reihe kleinerer Markennetze, auf die etwa [30-40]* % der B-Marken entfallen, ist jeweils eine der drei großen Mineralölgesellschaften beteiligt. Gemäß den anmeldenden Parteien stagnierten die Marktanteile der Supermärkte während der letzten fünf Jahre bei 2 % und dürften sich auch in Zukunft nicht wesentlich ändern. Im gleichen Zeitraum war auch bei den markenlosen Tankstellen ein Rückgang von 8,4 % auf 8,0 % in zu verzeichnen. Die Parteien erwarten kurzfristig keine nennenswerten Änderungen bei der Wettbewerbstruktur in Österreich und führen dies auf die derzeitigen restriktiven Genehmigungsverfahren zurück.
Wettbewerbsdynamik - Kosten und Preise
Kosten
(505) Es ist sehr unwahrscheinlich, dass einer der anderen Marken-Einzelhändler Konkurrenzdruck auf die drei Großen der Branche ausüben kann. Tatsächlich wiesen die Wettbewerber die Kommission im Verlauf der Marktuntersuchung darauf hin, dass die unabhängigen Unternehmen bei einer Preiserhöhung durch die großen Mineralölgesellschaften ebenfalls nachziehen würden. Die unabhängigen Unternehmen möchten ein gutes Verhältnis zu den Großen aufrechterhalten, da sie einen Preiskrieg oder einen zu starken Wettbewerb nicht überleben würden. Dies ist in erster Linie auf die Tatsache zurückzuführen, dass die OMV, BP/Mobil bzw. Shell an einigen dieser Marktteilnehmer finanziell beteiligt sind. Zweitens sind bei diesen Marktteilnehmern höhere Kosten zugrunde zu legen als bei den A-Marken. Tatsächlich belief sich ihr mittlerer Durchsatz im Jahre 1998 auf etwa 824 m3 gegenüber dem Branchendurchschnitt von 1422 m3 und dem von den drei Branchenvorreitern erzielten Durchsatz von 2000 m3. Bei einem so niedrigen Wert machen die Fixkosten, da sie sich auf eine kleine Bezugsbasis verteilen, einen wesentlichen Anteil der Gesamtkosten aus. Daher führen diese Unterschiede beim Durchsatz zu beträchtlichen Kostenunterschieden. Drittens sind die kleineren Wettbewerber auf der Großhandelsebene weitgehend von Lieferungen der drei führenden Mineralölgesellschaften abhängig, die sich die Produktion der OMV-Raffinerie mit Exxon teilen.
(506) Aus diesen Ausführungen würde sich ergeben, dass die Wettbewerbsbedingungen des österreichischen Marktes von der OMV, BP/Mobil, Shell, Esso und Aral diktiert werden. Angesichts einer so kleinen Zahl tatsächlicher Wettbewerber und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die allgemeinen Bedingungen im Kraftstoffeinzelhandelssektor von jeher oligopolistische Verhaltensweisen begünstigt haben, deutet alles darauf, dass der österreichische Markt unter oligopolistischen bzw. oligopolnahen Bedingungen funktioniert.
(507) In Österreich ist auch zu beachten, dass zwischen BP/Mobil und Aral strukturelle Verbindungen bestehen (siehe Abschnitt Allgemeine Übersicht) und dass all diese Unternehmen mit der OMV-Raffinerie in Schwechat in Verbindung stehen.
Preise
(508) Eine Untersuchung des Niveaus und der Schwankungen der Einzelhandelspreise für Kraftstoffe ergibt deutliche Hinweise darauf, dass es dem Markt an Wettbewerb mangelt.
(509) Tatsächlich liegen die Preise (ohne Steuern) in Österreich im europäischen Spitzenfeld. 1998 waren die Nettopreise für Otto- und Dieselkraftstoff 33 % bzw. 29 % höher als in Deutschland. Darüber hinaus besteht in begrenztem Maße ein Zusammenhang zwischen dem Kraftstoffpreis und dem Rohölpreis bzw. Platts Notierungen für Diesel- bzw. Ottokraftstoff. In der von den Parteien zitierten Puwein-Studie wird erklärt, dass die monatlichen Schwankungen in Deutschland um 50 % stärker sind als in Österreich, und dass eine 10%ige Änderung des Rohölpreises in Österreich eine Preisänderung von 3 % und in Deutschland eine Preisänderung von 5 % verursacht (ohne Steuern).
(510) Die Parteien rechtfertigen die höheren Preise in Österreich mit einer Kombination von zusätzlichen Logistikkosten, einem geringeren Durchsatz und Einschränkungen im Zusammenhang mit den Tankstellenshops. Bei den Logistikkosten handle es sich um (im Vergleich zu Deutschland) zusätzliche Transportkosten in Höhe von [...]* USD/t bzw. [...]* USD/t, bedingt durch die zusätzlichen Vertriebskosten innerhalb von Österreich, die auf die örtliche Geländesituation und die Struktur der Einzelhandelsnetze zurückzuführen seien. Der geringere Durchsatz führe zu zusätzlichen Kosten pro Einheit in Höhe von [...]* USD/t, die durch höhere Margen kompensiert werden müssten. Schließlich gebe es Beschränkungen für die Tankstellenshops im Hinblick auf ihre Größe (80 m2 gegenüber der Exxon-Standardgröße von [...]* m2), die Notwendigkeit einer Sondergenehmigung für den Tabakverkauf usw. Dadurch würde den Betreibern ein Einnahmeverlust in Höhe von [...]* USD/t entstehen. Die Parteien addieren diese drei Faktoren zu [...]* USD/t und kommen zu dem Schluss, dass dies 90 % des Unterschiedes zwischen den Tankstellenpreisen für Kraftstoffe in Österreich und in Deutschland ausmacht.
(511) Die Vermutung bezüglich des Einnahmeverlusts infolge der für Tankstellenshops geltenden Beschränkungen erscheint fraglich. Erstens verweisen die Parteien auf einen Einnahmeverlust, und nicht auf einen Verlust bei der Marge, der demzufolge niedriger wäre als der Einnahmeverlust insgesamt. Zweitens erwähnten die Parteien, als sie um eine Einschätzung der durch Convenience Stores in Deutschland zusätzlich erwirtschafteten Gewinne gebeten wurden, einen Posten mit der Bezeichnung "Bruttovertriebsmarge - Sonstiges", der sich in Deutschland auf [...]* USD/t belief ([...]*). Für Österreich wurde jedoch für diesen Posten in derselben Zeile mit [...]* USD/t ein höherer Wert ausgewiesen.
(512) In jedem Fall betrüge der unerläutert belassene Preisunterschied von [...]* % im Vergleich zu Deutschland, selbst wenn man davon ausgeht, dass der Betrag von 85 USD/t auf soliden Annahmen beruht, immer noch etwa [...]* Cent/l. Angesichts der Tatsache, dass nach eigener Einschätzung der Parteien eine Marge von etwa [...]* Cent/l über den Barkosten eine annehmbare Kapitalrendite ergeben würde, entspräche dies einer [...]*%igen Erhöhung der Rendite. [...]*.
Markteintrittsschranken - Expansion - potenzieller Wettbewerb
(513) Exxon äußerte sowohl mündlich anlässlich der Treffen mit den Dienststellen der Kommission als auch in seinen internen Unterlagen, dass es seitens der in Österreich ansässigen Supermärkte keinen drohenden Wettbewerb erwartet. Dies wurde durch die Marktuntersuchung bestätigt.
DIE SITUATION NACH DEM ZUSAMMENSCHLUSS - AUSWIRKUNGEN DES ZUSAMMENSCHLUSSES AUF DEN WETTBEWERB
(514) Die Bewertung der Auswirkungen des Zusammenschlusses hat vor dem dargelegten Hintergrund zu erfolgen. Dabei müssen auch die Besonderheiten Berücksichtigung finden, die im den strukturellen Merkmalen der Einzelhandelsmärkte für Kraftstoffe gewidmeten Abschnitt dargelegt wurden.
(515) Durch den Zusammenschluss von Exxon und Mobil werden sich starke Verflechtungen zwischen den Aktivitäten von BP/Mobil, Aral und Exxon im Bereich des Kraftstoffeinzelhandels in Österreich ergeben. Dies wird dazu führen, dass sich der Anreiz für Aral und Esso, der Führungsposition von OMV, BP/Mobil und Shell den Kampf anzusagen, erheblich verringert. Tatsächlich scheinen Aral und Esso die einzigen Netze zu sein, die über eine entsprechende Kapazität verfügen, um einen gewissen Wettbewerbsdruck auf die drei Branchenvorreiter auszuüben. Nach dem Zusammenschluss würde das Oligopol miteinander verbundene Marktanteile von [70-80]* % umfassen (einschließlich des Eigentums oder der Beteiligungen an nicht zu den A-Marken zählenden Tankstellen), und es blieben nur noch sehr kleine Wettbewerber am Rande übrig, die aufgrund der zugrunde zu legenden Kosten nicht in der Lage wären, wirksam zu konkurrieren. Darüber hinaus wären diese kleinen Wettbewerber bis zu einem gewissen Grade von der finanziellen Beteiligung eines der drei Branchenvorreiter und auch von der Belieferung durch diese Unternehmen abhängig. Demzufolge würde der Zusammenschluss zu einer Verstärkung der kollektiv marktbeherrschenden Stellung von OMV, des Trios Exxon - BP/Mobil - Aral und von Shell auf dem österreichischen Kraftstoffeinzelhandelsmarkt führen.
FRANKREICH - AUTOBAHNEN
ALLGEMEINER ÜBERBLICK
(516) Wie nachstehend dargelegt, ist die Konkurrenzlage des Kraftstoffeinzelhandelsmarktes an den gebührenpflichtigen französischen Autobahnen durch eine sehr geringe Zahl von Wettbewerbern gekennzeichnet. Das Angebot weist eine hohe Konzentration auf, und es handelt sich bei sämtlichen Wettbewerbern um große, vertikal integrierte Mineralölgesellschaften. Da sich im Hinblick auf die Raffination und den Großhandel auf diesem Markt offenbar keine Abschottungsaspekte ergeben, werden diese Punkte zum Zwecke der vorliegenden Bewertung nicht weiter berücksichtigt.
Die Tankstellen an gebührenpflichtigen Autobahnen als gesonderter sachlich relevanter Markt
(517) Der Zusammenschluss wird sehr bedeutsame Auswirkungen auf die Autobahntankstellen in Frankreich haben. Wie bereits erwähnt, können Tankstellen an gebührenpflichtigen aufgrund ihrer spezifischen Merkmale gesonderte sachlich relevante Märkte darstellen. Darüber hinaus zählt Frankreich zu den Mitgliedstaaten, in denen für die Benutzung der Autobahnen Gebühren erhoben werden, die von der Länge der zurückgelegten Strecke abhängen. Dies ist ein weiterer Faktor, der die Autofahrer davon abhält, die Autobahnen zu verlassen, und an anderen Tankstellen zu tanken. Angebotsseitig hat die isolierte Stellung des Autobahnvertriebskanals zudem etwas mit dem Bestehen hoher Markteintrittsschranken zu tun (siehe Ziff. 554-561).
(518) In der nachstehenden Tabelle sind die Unterschiede zwischen den Preisen, die Exxon an seinen Autobahntankstellen erhebt und den durchschnittlichen Tankstellenpreisen des Exxon-Netzes in den am meisten von dem Zusammenschluss betroffenen Mitgliedstaaten dargestellt(60).
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(519) Aus der Tabelle geht hervor, dass Frankreich das einzige Land unter den zum Zwecke des vorliegenden Falles untersuchten Ländern ist, in dem zwischen den Preisen nach Steuern an Autobahntankstellen und den Preisen nach Steuern an sonstigen Tankstellen erhebliche Unterschiede bestehen (im Bereich von [...]* %). Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Autobahntankstellen in den anderen Ländern einem stärkeren Wettbewerbsdruck seitens der übrigen Tankstellen ausgesetzt sind.
(520) Von den Parteien wird die Ansicht vertreten, dass der Kraftstoffeinzelhandel an den Autobahnen in Frankreich keinen vom übrigen Kraftstoffeinzelhandel getrennten Markt darstellt. In ihren Antworten auf die im Laufe des Verfahrens von der Kommission vorgelegten Mitteilung der Beschwerdepunkte ist dieses Argument auch von anderen Mineralölgesellschaften vorgebracht worden. Dabei beziehen sich alle darauf, dass die Kraftfahrer angesichts des großen Tankfassungsvermögens moderner Personenkraftwagen die Möglichkeit haben, lange Strecken zurückzulegen und an nicht an den Autobahnen gelegenen Tankstellen zu tanken. Darüber hinaus werden die Kraftfahrer in Frankreich in regelmäßigen Abständen in speziellen Broschüren über die Preisunterschiede zwischen den Tankstellen an den Autobahnen und den nicht an Autobahnen gelegenen Tankstellen informiert. Den beiden Parteien und den anderen beteiligten Mineralölgesellschaften zufolge ist der durchschnittliche Verbrauch von Kraftstoff auf den französischen Autobahnen in den jüngsten Jahren rückläufig, insbesondere bei Berücksichtigung der durchschnittliche Zunahme des Verkehrsaufkommens.
(521) Im einzelnen wird besonders darauf hingewiesen, dass die Kraftstoffnachfrage an den französischen Autobahntankstellen eben wegen des von den anderen Tankstellen ausgeübten Wettbewerbsdrucks erheblich zurückgegangen ist. Um ihren Standpunkt zu untermauern, weisen die Parteien auf eine Erhebung hin, die 1992 von der Union Française de l'Industrie du Pétrole durchgeführt und in deren Ergebnis für die fünf folgenden Jahre eine Erhöhung des Absatzes von Kraftstoff an den auf Konzession betriebenen Autobahnen um etwa 410 Mio. l vorausgesagt wurde, wobei der Anstieg des Verkehrsaufkommens und der Ausbau der Autobahninfrastruktur eingerechnet waren. Im nachhinein stellte sich heraus, dass der Kraftstoffabsatz in dem betreffenden Zeitraum um fast 270 Mio. l zurückging, obwohl das Verkehrsaufkommen zugenommen hat und die Infrastruktur ausgebaut wurde. Aufgrund dieser Entwicklung kommen die Parteien zu der Schlussfolgerung, dass Kunden von den Autobahntankstellen zu Tankstellen im übrigen Straßennetz abgewandert sind.
(522) Die von den Parteien vorgelegten Belege sind zumindest unvollständig. Der Rückgang des Kraftstoffabsatzes an den Autobahnen um 270 Mio. l lässt für sich allein genommen noch keine Schlussfolgerungen zu. Für den Nachweis, dass der Absatz von Kraftstoff an den Autobahnen zugunsten des Absatzes im übrigen Straßennetz zurückgegangen ist, hätten die Parteien den Verbrauch in den beiden Teilnetzen sinnvoll miteinander vergleichen sollen. Eine solche Bewertung ist von den Parteien überhaupt nicht vorgenommen worden. Noch wichtiger ist der Umstand, dass sie einfach ignorieren, dass logischerweise auch im übrigen Straßennetz von einer Zunahme des Verkehrsaufkommens und dem Ausbau der Straßeninfrastruktur ausgegangen werden muss.
(523) Bestenfalls zeigt ein Vergleich zwischen der Kraftstoffnachfrage an den Autobahntankstellen und der Nachfrage an den Tankstellen im übrigen Straßennetz, dass der Verbrauch in diesen beiden Netzen sehr ähnlich verläuft. In der nachstehenden Tabelle sind das Kraftstoffgesamtabsatzvolumen der französischen Autobahntankstellen während der letzten fünf Jahre sowie das Gesamtabsatzvolumen am französischen Markt insgesamt dargestellt (Autobahntankstellen und andere Tankstellen). Ein erhöhtes Verkehrsaufkommen und der Ausbau der Straßeninfrastruktur fanden keine Berücksichtigung.
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(524) Aus der Tabelle geht hervor, dass die Absatzwicklung der Autobahntankstellen einen ganz ähnlichen Trend aufweist wie die Entwicklung insgesamt. Es gab einen leichten Anstieg der Nachfrage, der im wesentlichen auf die höhere Nachfrage nach Dieselkraftstoff zurückzuführen ist, während der Verbrauch von Ottokraftstoff leicht zurückging. Dieser Trend ist sowohl bei den Autobahntankstellen als auch beim übrigen Tankstellennetz zu verzeichnen. Daraus ergibt sich, dass sich das Konsumverhalten an Autobahntankstellen offenbar nicht von dem an anderen Tankstellen unterscheidet.
(525) Aufschlussreich ist auch eine qualitative Analyse der Kunden von Autobahntankstellen. Die nachstehende Tabelle enthält eine nach Monaten aufgeschlüsselte Darstellung des geschätzten Gesamtabsatzvolumens, das Exxon im Zeitraum 1996-1998 im Bereich des Kraftstoffeinzelhandels erzielte.
(526) Absatzanteil der Exxon-Autobahntankstellen, aufgeschlüsselt nach Monaten
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Zahlenangaben in Prozent
(527) Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass an den französischen Autobahnen die Zeit des höchsten Absatzes auf die offiziellen Ferienmonate fällt. Insbesondere beim Verbrauch von Ottokraftstoff entfallen mehr als [...]* % des Gesamtabsatzes auf zwei Monate des Jahres - Juli und August. Rechnet man April und Mai dazu, werden etwa [...]* % des Jahresgesamtabsatzes in zwei Monaten erzielt. Bei Dieselkraftstoff ist dieser Trend weniger deutlich, aber ebenfalls erkennbar. Generell ist der Absatz in den offiziellen Ferienmonaten höher. Aus den dargestellten Daten wird also, anders ausgedrückt, eine starke Saisonbedingtheit der Nachfrage deutlich, die ihrerseits eine stärkere Abhängigkeit impliziert. Bei Saisonkunden handelt es sich im wesentlichen um Touristen, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass sie an Autobahntankstellen auftanken, sehr hoch ist. Diese Erkenntnisse sprechen wiederum dafür, die Autobahntankstellen als gesonderten Markt zu behandeln.
(528) Anhaltspunkt dafür, dass der Kraftstoffeinzelhandel an den gebührenpflichtigen Autobahnen in Frankreich einen gesonderten Markt darstellt, zeigt sich auch an dem Umstand, dass die Preise hier um 5-10 % über dem Preisniveau an den Tankstellen im übrigen Straßennetz des Landes liegen. Hierzu behaupten die Parteien, dass der Betrieb von Tankstellen an den Autobahnen für den Kraftstoffeinzelhandel mit höheren Kosten verbunden ist. Dies erklärt aber noch nicht, warum die Kraftfahrer bereit sind, für an den Autobahnen getanktes Benzin einen höheren Preis zu bezahlen. In Frankreich spiegelt sich die "Isolation" des Vertriebskanals an den Autobahnen genau in den Preisen wider, die 5-10 % über dem Preisniveau an den Tankstellen im übrigen Straßennetz liegen.
DIE LAGE VOR DEM ZUSAMMENSCHLUSS - DERZEITIGE WETTBEWERBSSITUATION
Marktstruktur
(529) Die Lage vor dem Zusammenschluss stellt sich wie folgt dar. Im Gegensatz zum Kraftstoffeinzelhandel an Tankstellen im sonstigen Straßennetz weist der Kraftstoffeinzelhandel an Tankstellen an gebührenpflichtigen Autobahnen in Frankreich bereits eine hohe Konzentration auf. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass es nur sechs Wettbewerber gibt, bei denen es sich ausnahmslos um vertikal integrierte Mineralölgesellschaften handelt, von denen eine - Agip - eine unbedeutende Rolle spielt. Die fünf übrigen Wettbewerber lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: die nationalen Spitzenunternehmen (Total und Elf), und die übrigen Großen der Branche, Shell, Exxon und BP/Mobil. Die beiden erstgenannten sind Marktführer. Das hat mit ihrer traditionell starken Präsenz auf französischem Staatsgebiet zu tun, die auf dem Autobahnmarkt nach wie vor unangefochten ist. Beide Wettbewerber verfügen über eigene, in Frankreich befindliche Raffinerien zur Sicherstellung einer pünktlichen und kostengünstigen Bereitstellung von Kraftstoff sowie über zahlreiche Lagereinrichtungen, die gut über das französische Staatsgebiet verteilt sind. Beide haben eine sehr große Zahl von Tankstellen, die eine engmaschige Abdeckung des Autobahnnetzes sicherstellen. Von den beiden Wettbewerbern ist Total bei den gebührenpflichtigen Autobahnen führend. Durch den Zusammenschluss mit Fina hat es seine Marktführerschaft noch verstärkt und kommt auf einen Marktanteil von ungefähr [30-40]* %. Darüber hinaus ist Total, wie nachstehend dargelegt, im Hinblick auf den mittleren Durchsatz pro Tankstelle der kostengünstigste Einzelhändler. Was die drei großen Mineralölgesellschaften betrifft, so sind diese durchweg im Mittelfeld angesiedelt. Shell und Exxon haben bezüglich Absatz sowie Zahl der Tankstellen eine vergleichbare Marktposition inne ([10-20]* % bzw. [10-20]* %), während BP mit kurzem Abstand folgt. Vor dem Zusammenschluss liegt der Konzentrationsfaktor (CR4) bei fast [80-90]* %.
(530) Auf dem Markt sind praktisch keine unabhängigen Einzelhändler vertreten. Dies ist auf eine Reihe von Gründen zurückzuführen, insbesondere auf die Schwierigkeit, für den Autobahnbereich eine Genehmigung zu erhalten, die Knappheit der verfügbaren Standorte sowie die hohen Investitionskosten (auf diese Aspekte wird unter Ziff. 554-561 noch eingegangen).
(531) In der nachstehenden Tabelle sind die geschätzten Marktanteile (gemessen am Absatzvolumen) der Parteien und ihrer Wettbewerber während der letzten fünf Jahre dargestellt.
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(532) Gemessen an der Entwicklung der Marktanteile im Zeitverlauf ist der Markt sehr stabil geblieben. Bei einigen Wettbewerbern kam es während eines Zeitraums von fünf Jahren zu Marktanteilsverschiebungen in einer Größenordnung von etwa 10 %. Die Marktführer halten ihre jeweilige Position jedoch im Verlauf der Zeit praktisch unverändert, wobei Total an der Spitze liegt, gefolgt von Elf, Shell, Exxon und BP/Mobil.
(533) Aufschlussreich ist auch die Bewertung der Marktposition der verschiedenen Marktteilnehmer anhand der Zahl ihrer Tankstellen.
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(534) Total und Elf verfügen über eine vergleichbare Zahl von Tankstellen (126 bzw. 124), gefolgt von Shell, Exxon und BP/Mobil. Auch wenn die Stabilität, was die Entwicklung der Anteile im Verlauf der Zeit betrifft, geringer ist als bei den Marktanteilen gemessen am Absatzvolumen, ist sie immer noch sehr hoch. Insbesondere ist zu vermerken, dass Total innerhalb von fünf Jahren die Zahl seiner Tankstellen um etwa 20 % (die Übernahme von Fina nicht mitgerechnet) erhöht und Elf somit überholt hat. Die übrigen führenden Wettbewerber haben mit Ausnahme von BP, das sein Tankstellennetz 1997 mit dem von Mobil zusammengefügt hat, ihre Position praktisch unverändert gehalten.
(535) Insgesamt ergibt sich aus den obigen Erwägungen, dass der Kraftstoffeinzelhandelsmarkt an den gebührenpflichtigen französischen Autobahnen in den vergangenen Jahren auf einem recht gleichbleibenden Stand verharrte und keine Veränderungen zu verzeichnen waren. Die Nachfrage hielt sich während eines Zeitraums von fünf Jahren auf relativ niedrigem Niveau. Die Wettbewerber konnten ihre Position mehr oder weniger halten.
Wettbewerbsdynamik - Kosten und Preise
Kosten
(536) Ein wesentlicher Faktor für die Rentabilität eines Einzelhandelsnetzes ist der Durchsatz. Je höher der Durchsatz, desto geringer die durchschnittlichen Betriebskosten/Liter. In der nachstehenden Tabelle ist im Hinblick auf einen Kostenvergleich zwischen den genannten Wettbewerbern jeweils der mittlere Durchsatz in den vergangenen fünf Jahren dargestellt.
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Quelle: UFIP
(537) Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass Total mit 7970 m3 pro Tankstelle den höchsten Durchsatz hat, gefolgt von Exxon mit 6482 m3. Bei allen führenden Wettbewerbern liegt der Durchsatz jedoch weit über 5000 m3. Allgemein kann man sagen, dass der mittlere Durchsatz von Autobahntankstellen im Vergleich zu anderen Tankstellen relativ hoch ist, was an daran liegt, dass Autobahntankstellen generell größer sind als normale Straßentankstellen.
(538) Ein mittlerer Durchsatz von zwischen 3000 und 3500 m3 wird von der Branche als für eine normale Tankstelle ausreichend angesehen, um eine wettbewerbsfähige Größe (minimum efficient scale - "mes") zu erreichen. Da bei Autobahntankstellen jedoch höhere Kosten anfallen, kann zur Sicherung einer wettbewerbsfähigen Größe ein höherer mittlerer Durchsatz angenommen werden. So dürfte der Break-even-Punkt bei einem Durchsatz von 6000 m3 (das ist das Doppelte des mittleren zur Erreichung der wettbewerbsfähigen Größe erforderlichen Durchsatzes) erreicht werden. Ausgehend von diesem Ansatz bestehen zwischen den verschiedenen Wettbewerbern im Hinblick auf die Kostenwirksamkeit offenbar keine signifikanten Unterschiede. Von drei Wettbewerbern (Total(61), Exxon und Elf) wird das Ziel weitestgehend erfuellt, während zwei weitere Wettbewerber (Shell und BP/Mobil) kurz davor stehen.
Preise
(539) Um die Wettbewerbssituation im Bereich des Kraftstoffeinzelhandels auf gebührenpflichtigen französischen Autobahnen umfassend einschätzen zu können, ist es angebracht, den gesamten französischen Kraftstoffeinzelhandelsmarkt als Bezugsgrundlage heranzuziehen, der bemerkenswerterweise im europäischen Vergleich am stärksten wettbewerbsorientiert ist.
(540) Wie aus Ziff. 518-520 hervorgeht, ist in Frankreich bei weitem der höchste Preisunterschied zu verzeichnen. Mitunter kann der Vergleich zwischen den Zahlen verschiedener Länder aufgrund der auf den nationalen Märkten vorherrschenden unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen irreführend sein. So sind beispielsweise in Österreich und den Niederlanden die Preise vor Steuern an normalen Straßentankstellen insgesamt extrem hoch, was den geringeren Unterschied zu den an Autobahntankstellen erhobenen Preisen zum Teil erklären kann. Darüber hinaus gibt es in all den betreffenden Ländern mit Ausnahme von Frankreich keine Autobahnbenutzungsgebühr. Dies spricht dafür, dass die Autobahntankstellen einem stärkeren Wettbewerb durch die übrigen Tankstellen ausgesetzt sind. Die Situation in Frankreich ist jedoch mit der im Vereinigten Königreich vergleichbar, wo die Tankstellenpreise vor Steuern fast so hoch sind wie in Frankreich. Nichtsdestoweniger ist der Unterschied im Vereinigten Königreich mehr als fünfmal geringer als in Frankreich. Auch die Situation in Deutschland kann im Vergleich zu der in Frankreich aufschlussreich sein, da dort die Preisunterschiede nicht sehr ausgeprägt sind.
(541) In der nachstehenden Tabelle werden die Preise an Exxon-Autobahntankstellen und die Preise im Exxon-Netz in Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Deutschland verglichen.
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(542) Es ist festzustellen, dass zwischen diesen Ländern erhebliche Preisunterschiede bestehen, die sich schwerlich damit erklären lassen, dass die Kosten in Frankreich höher sind als im Vereinigten Königreich und in Deutschland. Selbst wenn man berücksichtigt, dass es einige der von den Parteien für die französischen Autobahntankstellen genannten Kosten im Vereinigten Königreich und in Deutschland nicht gibt (wie zum Beispiel die Konzessionsgebühren), so scheint es sich bei den anderen Kosten um allgemein übliche Zusatzkosten zu handeln, für die ein Einzelhändler aufkommen muss, wenn er eine Autobahntankstelle betreibt, in welchem Land auch immer.
(543) In diesem Zusammenhang ist ein Vergleich zwischen den von Exxon an Autobahntankstellen in Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Deutschland erzielten Bruttomargen und dem entstehenden Kostenniveau aufschlussreich. Besonders erhellend ist es, den Posten zu vergleichen, den die Parteien in den eingereichten Unterlagen als "sonstige Großhandelskosten" bezeichnen. Darunter sind die Kosten zu verstehen, die alle direkten Kosten (z. B. Pacht für Grundstücke/Grundsteuern, Werbung, Einzelhandelspersonal) und indirekten Kosten (z. B. Gemeinkosten des Unternehmens, Systeme) umfassen, die speziell mit dem Betrieb und der Verwaltung des Einzelunternehmens in dem betreffenden Land zusammenhängen. Transport- und Lieferkosten sind darin nicht enthalten.
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Zahlenangaben in USD/t
(544) Aus der Tabelle ergibt sich, dass diese Kosten, die die Parteien als Ursache für den Preisaufschlag an französischen Autobahntankstellen betrachten, in Frankreich niedriger sind als im Vereinigten Königreich und in Deutschland. Hingegen liegen die Bruttomargen und Preise in Frankreich wesentlich über dem im Vereinigten Königreich und in Deutschland zu verzeichnenden Niveau.
(545) Auch der Einwand, der Vergleich zwischen den oben genannten Daten sei irreführend, da die Exxon-Einzelhandelsnetze jeweils länderspezifische Besonderheiten aufweisen, greift nicht. Diesbezüglich sei nur darauf hingewiesen, dass das Exxon-Autobahntankstellennetz in Frankreich ausschließlich aus firmeneigenen Tankstellen besteht, also Tankstellen, bei denen Exxon die höchsten Kosten entstehen.
(546) In ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte stellen die Parteien fest, dass die oben als für Autobahntankstellen repräsentativ dargestellten Kostenangaben sich in Wirklichkeit sowohl auf Autobahntankstellen als auch auf Tankstellen im übrigen Straßennetz beziehen. Dazu sei angeführt, dass die Informationen, auf die die Kommission zurückgegriffen hat, von den Parteien in Beantwortung einer Aufforderung zur Übermittlung von Informationen vorgelegt wurden, die sich eindeutig auf Kostenangaben zu den Autobahntankstellen bezog. Von der Kommission war daher angenommen worden, dass die Parteien diese Daten als hinreichend repräsentativ für die Kosten an ihren Autobahntankstellen ansehen.
(547) Wie sich zeigt, sind die an den Autobahntankstellen in Frankreich erwirtschafteten Margen auch dann noch unerklärlich hoch, wenn die Bewertung auf der Grundlage der Daten erfolgt, die von den Parteien nicht in Frage gestellt werden. Wie in diesem Zusammenhang bereits festgestellt, liegen die Zapfpreise vor Steuern an den französischen Autobahnen durchschnittlich um [...]*-[...]* % über den Zapfpreisen, die in Frankreich ansonsten gelten. Die Parteien behaupten, dass diese Unterschiede auf die höheren Kosten zurückzuführen seien, die Einzelhändlern durch den Betrieb von Autobahntankstellen entstehen. Insbesondere behaupten sie:
i) Sämtliche französische Autobahntankstellen, die auf Konzessionsbasis arbeiten (das sind [...]* % der Exxon-Tankstellen), müssen dem Konzessionär eine vom Absatzvolumen abhängige Gebühr in Höhe von etwa [...]* Cents/l zahlen;
ii) den Autobahntankstellen entstehen durch die Bereitstellung zusätzlicher Einrichtungen, die vom Konzessionär gefordert werden, höhere Investitionskosten, wobei zu diesen Einrichtungen vor allem zusätzliche Tankanlagen zur Lagerung von Kraftstoff, zusätzliche Wasch- und Parkeinrichtungen usw. zählen, die Zusatzkosten von [...]* Cents/l nach sich ziehen;
iii) Autobahntankstellen müssen täglich rund um die Uhr geöffnet sein, was zusätzliche Kosten von etwa 2,5 Cents/l verursacht;
iv) auf Autobahnen werden in stärkerem Maße Flotten-Kreditkarten eingesetzt, wodurch zusätzliche Kosten von etwa [...]* Cents/l entstehen.
All diese Kosten würden diese Unterschiede zu einem großen Teil erklären (bei Kraftstoff zu [...]* % und bei Dieselkraftstoff zu [...]* %).
(548) Es bliebe jedoch, selbst wenn man die großzügigen Schätzungen der Parteien akzeptieren würde, immer noch ein beträchtlicher Unterschied in der Größenordnung von etwa 20-30 %, für den es keine Erklärung gibt. Auf der Grundlage der von den Parteien vorgelegten Berechnungen verbliebe noch eine Marge von bis zu 10 Cents/l, die nicht durch zusätzliche Kosten begründet werden kann.
(549) Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen wird deutlich, dass die Gesamtmargen der Kraftstoffeinzelhändler an französischen Autobahntankstellen und letztendlich auch die von ihnen erzielten Gewinne höher sind als die der übrigen Tankstellen. Ihre Rendite übertrifft auch die der Autobahntankstellen in den anderen genannten Mitgliedstaaten.
Preisentwicklung
(550) Recht aufschlussreich ist zudem ein Vergleich der Entwicklung der Tankstellenpreise an Autobahntankstellen und sonstigen Tankstellen in Frankreich in den letzten vier Jahren.
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(551) Aus der Tabelle geht hervor, dass die Preise vor Steuern, was ihren absoluten Wert betrifft, aufgrund des Rückgangs der Rohölpreise sowohl an den Autobahntankstellen als auch an den übrigen Tankstellen gesunken sind. Relativ gesehen, verlief die Entwicklung der Tankstellenpreise vor Steuern jedoch unterschiedlich, wobei die Preise an den nicht an der Autobahn gelegenen Tankstellen wesentlich stärker zurückgegangen sind. Auffallend ist in dieser Hinsicht, dass die Unterschiede zwischen den Preisen an Autobahntankstellen und denen an nicht an der Autobahn gelegenen Tankstellen sich um etwa 30-40 % vergrößert haben.
(552) Im Kern zeigt die Tabelle, dass erstens der Markt für den Kraftstoffeinzelhandel auf den gebührenpflichtigen französischen Autobahnen nicht mit den Preistendenzen auf dem angrenzenden Markt der übrigen Tankstellen zusammenhängt, dass zweitens die Wettbewerber auf dem Autobahnmarkt offenbar ein vom Wettbewerb unberührtes Gleichgewicht erreicht haben, das durch den starken Wettbewerb zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern auf dem Nicht-Autobahnmarkt nicht gestört wird.
(553) Schließlich sei, was den Grad des Preiswettbewerbs zwischen den verschiedenen Einzelhändlern auf diesem Markt betrifft, darauf hingewiesen, dass es nur sehr geringe Preisunterschiede gibt. Im allgemeinen besteht bei den Tankstellenpreisen die Tendenz zu einer weitgehenden wechselseitigen Anpassung, und die Abweichungen zwischen den Preisen der verschiedenen Einzelhändler sind unerheblich. Das Fehlen eines Preiswettbewerbs deutet ebenfalls darauf hin, dass alle Einzelhändler mit ihren Erträgen zufrieden sind und dass der Markt ein Gleichgewicht jenseits des Wettbewerbs erreicht hat.
Markteintrittsschranken - Expansion - potenzieller Wettbewerb
Markteintrittsschranken
(554) Die Branche räumt ein, dass eine Reihe von Faktoren den Zutritt zum Kraftstoffeinzelhandel an den gebührenpflichtigen Autobahnen schwieriger machen, als dies beim Tankstellenmarkt insgesamt der Fall ist. Dies trifft auch auf Frankreich zu.
(555) Erstens sind für die Errichtung einer neuen Tankstelle an der Autobahn beträchtliche Investitionen erforderlich. Die Parteien schätzen ein, dass die Baukosten für ein solches Projekt fünf- bis zehnmal höher sein können als für eine normale Tankstelle. Nach Angabe der Parteien können sich die Kosten für Tankstelle an beiden Richtungsfahrbahnen auf bis zu [...]* USD belaufen, während für den Bau einer nur an einer Richtungsfahrbahn gelegenen Tankstelle [...]* USD anzusetzen sind. Demgegenüber belaufen sich die Kosten für eine Tankstelle im sonstigen Straßennetz im allgemeinen auf etwa [...]* USD. Die höheren Kosten sind hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass zusätzliche Einrichtungen wie Tankanlagen zur Lagerung von Kraftstoff, Wasch- und Parkmöglichkeiten usw. bereitgestellt werden müssen.
(556) Zweitens kann das Genehmigungsverfahren für einen neuen Standort sehr langwierig sein. Insgesamt dauert der Bau einer Autobahntankstelle in Frankreich ein bis zwei Jahre, die Zeit für die Erlangung der erforderlichen Genehmigungen und der Erledigung der Ausschreibungsverfahren mitgerechnet.
(557) Drittens wird die Errichtung neuer Tankstellen von den in Frankreich für das Autobahnwesen zuständigen Stellen stark reguliert und sorgfältig kontrolliert. Unter anderem ist auch der Abstand zwischen den Autobahntankstellen gesetzlich geregelt, was die Möglichkeit der Entwicklung neuer Standorte deutlich einschränkt.
(558) Viertens ist der Markt durch die bestehenden Tankstellen bereits relativ gesättigt, was eine weitere Einschränkung der Möglichkeit mit sich bringt, neue Tankstellen zu errichten.
(559) Tatsächlich hat der Mangel an neuen Standorten in Verbindung mit den übrigen Faktoren von jeher den Eintritt neuer Teilnehmer in den Autobahnmarkt in Frankreich verhindert. Sehr aufschlussreich ist die Tatsache, dass in den vergangenen zehn Jahren nur drei Autobahntankstellen im Rahmen von Ausschreibungsverfahren an Unternehmen vergeben wurden, die vor 1989 nicht auf den französischen Autobahnen vertreten waren. Der Auftrag zum Bau einer Tankstelle ging an Leclerc (französisches Verbrauchergroßmarktunternehmen), für zwei Tankstellen erhielt Dyneff (großer unabhängiger Wiederverkäufer) den Zuschlag.
(560) Die Parteien machen geltend, dass es eine Zutrittsmöglichkeit zum Markt gibt, die auf der Tatsache beruht, dass die Konzessionen für den Betrieb von Tankstellen befristet sind und von den für das Autobahnwesen zuständigen Stellen in regelmäßigen Abständen neu vergeben werden. Die französischen Autobahnen gehören der Zentralregierung bzw. den örtlichen Gebietskörperschaften oder ganz bzw. teilweise in Privatbesitz befindlichen Unternehmen. Letzteren werden von der Zentralregierung bzw. den örtlichen Gebietskörperschaft "Konzessionen" für den Bau und den Betrieb von Autobahnen gewährt. Sie vergeben dann ihrerseits Konzessionen an Kraftstoffeinzelhändler für den Betrieb von Tankstellen. Deren Laufzeit beträgt bei auf Konzessionsbasis betriebenen Autobahnen üblicherweise 15 bis 30 Jahre, während die direkt von den örtlichen Gebietskörperschaften oder der Zentralregierung vergebenen Konzessionen im allgemeinen für 30 Jahre abgeschlossen werden.
(561) Vor diesem Hintergrund sei darauf hingewiesen, dass das System zwar theoretisch auf eine Art von Wettbewerb um die Neuvergabe bestehender Tankstellen ausgerichtet ist, praktisch jedoch nie richtig funktioniert hat. Tatsächlich räumen die Seiten ein, dass es ihres Wissens noch nicht vorgekommen ist, dass bei Ablauf einer Konzession ein neuer Bieter bestehende Tankstellen übernommen hat. Dies ist auf das branchenübliche Vorgehen zurückzuführen, dass der bestehende Anbieter eine Verlängerung der ursprünglichen Konzession erwirkt, was üblicherweise in Verbindung mit einer vertraglich vereinbarten Investition in die Tankstelle bzw. mit ihrer Modernisierung vor Ablauf der ursprünglichen Konzessionsdauer erfolgt.
Potenzieller Wettbewerb
(562) Erwähnenswert ist auch, dass bei den gebührenpflichtigen französischen Autobahnen eigentlich keine Gefahr eines potentiellen Wettbewerbs besteht. Was dies betrifft, so sind Supermärkte und Verbrauchergroßmärkte (auf die in Frankreich mehr als 50 % des Gesamtabsatzes entfällt), der größte Bereich, von dem im nicht an den Autobahnen angesiedelten Kraftstoffeinzelhandel in Frankreich ein Wettbewerbsdruck ausgeht. Diese Wettbewerber haben insbesondere den Kraftstoffeinzelhandel als zusätzliches Geschäftsfeld zur Ergänzung ihres Kerngeschäfts entwickelt. Ihre Absatzsteigerung ist im wesentlichen darauf zurückzuführen, dass sie die Preise durch die Erzielung von Kostendegressionseffekten niedrig halten können. Dies wiederum ist möglich durch die Synergieeffekte, die sie im Bereich der Logistik zwischen ihrem Kerngeschäft und dem Kraftstoffeinzelhandel erzielen können. Insbesondere Verbrauchergroßmärkte statten ihre Parkflächen mit bequem erreichbaren Tankstellen aus und profitieren auf diese Weise von der großen Zahl der Käufer. So kann der Betreiber bei niedrigen Betriebskosten einen hohen Durchsatz erzielen. All diese Faktoren können jedoch an Autobahntankstellen so nicht erschaffen werden. Bis heute ist denn auch mit einer einzigen Ausnahme (Leclerc verfügt über eine Tankstelle mit Preisen unter dem Durchschnitt) keine der Supermarktketten auf den französischen Autobahnen vertreten. Sämtliche Supermarkt- und Verbrauchergroßmarktketten, die im Bereich des Kraftstoffeinzelhandels tätig sind, gaben im Zuge der von der Kommission durchgeführten Erhebung an, dass sie genau aus den genannten Gründen nicht beabsichtigen, sich auf dem Autobahnmarkt zu platzieren.
DIE SITUATION NACH DEM ZUSAMMENSCHLUSS - AUSWIRKUNGEN DES ZUSAMMENSCHLUSSES AUF DEN WETTBEWERB
(563) Wie erwähnt, ist schon die Situation vor dem Zusammenschluss durch ein Wettbewerbsdefizit gekennzeichnet, das sich durch eine Reihe von Faktoren erklären lässt. Der Markt ist stark in hohem Maße konzentriert und wird von fünf Wettbewerbern (TotalFina, Elf, Shell, Esso und BP/Mobil) beherrscht, auf die fast 90 % des Umsatzes entfallen. Es gibt keinen offensiv vorgehenden Wettbewerber, wie dies beim Markt im übrigen Straßennetz der Fall ist. Der Autobahnmarkt ist aufgrund der hohen Eintrittsschranken gut gegen jede Gefahr des Wettbewerbs abgeschottet. Ferner haben weder unabhängige Einzelhändler noch Verbrauchergroßmärkte, die theoretisch ideale Voraussetzungen mitbringen, um hier Fuß zu fassen, Interesse gezeigt oder waren dazu in der Lage.
(564) Die Bewertung der Auswirkungen des Zusammenschlusses hat vor dem dargelegten Hintergrund zu erfolgen. Dabei müssen auch die Besonderheiten Berücksichtigung finden, die im den strukturellen Merkmalen der Einzelhandelsmärkte für Kraftstoffe gewidmeten Abschnitt dargelegt wurden. Der Zusammenschluss verursacht erstens eine noch stärkere Marktkonzentration und bewirkt letztlich die Verdrängung eines mittelgroßen Wettbewerbers vom Markt.
(565) Noch schwerer wiegt, dass der Zusammenschluss die Struktur des Marktes verändern wird, da er mit dem Paar Exxon/Mobil - BP/Mobil zur Herausbildung einer neuen Kraft führen wird. Zusammen haben diese Unternehmen eine Marktposition inne, die in etwa mit der des an zweiter Stelle stehenden Wettbewerbers vergleichbar ist. Insgesamt wirkt sich der Zusammenschluss sehr nachteilig aus, da er das innere Gleichgewicht des Oligopols verlagert. Anstelle von fünf Wettbewerbern, von denen drei relativ geringe Marktanteile haben, wird die neue Landschaft durch die Präsenz von zwei großen Wettbewerbern gekennzeichnet sein. Dabei handelt es sich um Total/Fina mit [30-40]* % und Elf mit [20-30]* sowie eine vergleichbare dritte Kraft bestehend aus Exxon und BP/Mobil, die zusammen [20-30]* halten, und Shell, einen kleineren Wettbewerber, auf den [10-20]* % entfallen.
(566) Die Wettbewerbsverhältnisse innerhalb des Oligopols werden sich ändern, da der Spielraum für Sanktionen größer wird. Wegen der höheren und ausgewogeneren Marktanteile der Oligopolisten werden die Folgen von gegen die Konkurrenz gerichteten Vergeltungsmaßnahmen wahrscheinlich umfassender und schwerwiegender sein, als dies bei der derzeitigen Angebotsstruktur der Fall ist.
(567) In dem vor dem Zusammenschluss bestehenden Szenario konnten die drei mittelgroßen Wettbewerber innerhalb des oligopolistischen Gleichgewichts noch als Störfaktoren fungieren. Insbesondere konnten sie auch angesichts ihrer hohen Kostenwirksamkeit berechtigterweise eine Ausweitung ihrer Marktanteile anstreben. Diese drei Akteure sind die einzigen multinationalen Großunternehmen, die in der Lage sind, für nationale Spitzenunternehmen eine Bedrohung darzustellen. Nach dem Zusammenschluss wird die Marktstruktur so aussehen, dass keinerlei gegen die Konkurrenz gerichtete Aktion mehr vorstellbar ist, die nicht eine starke und weitreichende Reaktion auslöst. Aufgrund des geringen Anstiegs der Kraftstoffnachfrage wird jeder Versuch eines der Wettbewerber, seinen Absatz zu erhöhen, unvermeidlich mit einem Nachteil für die anderen Wettbewerber verbunden sein. Darüber hinaus besteht angesichts der Gleichartigkeit des Produkts die einzig mögliche Wettbewerbsstrategie zur Erlangung von Marktanteilen in der Senkung der Preise. Jede Preissenkung wird jedoch unvermeidlich zu Vergeltungsmaßnahmen seitens der anderen Wettbewerber führen, die sich direkt angegriffen fühlen werden. Da außerdem drei von fünf Wettbewerbern das Staatsgebiet mit einem sehr engmaschigen Netz abdecken und ihre Kostenwirksamkeit gleich ist, wird ein Preiswettbewerb mit allen Mitteln vermieden werden. Als einziges "kleines" Mitglied des Oligopols, das dann noch übrigbleibt, und für das es auch andere Anreize geben könnte, würde Shell jedoch, wenn es sich auf einen starken Konkurrenzkampf einlassen müsste, ein erhebliches Risiko eingehen, da es eine geringere Marktabdeckung hat als die größeren Einzelhändler und somit leichter angreifbar ist. Im wesentlichen werden durch den Zusammenschluss die Wechselbeziehungen zwischen den wenigen marktbeherrschenden Wettbewerbern einfacher umzusetzen und zu überwachen sein, während die wirtschaftliche Leistung des Marktes noch mangelhafter sein wird als bisher.
(568) Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass der Zusammenschluss zur Verstärkung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung von TotalFina, Elf, Shell, Esso und BP/Mobil führt, durch die ein effektiver Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt erheblich behindert würde.
DEUTSCHLAND
ALLGEMEINER ÜBERBLICK
Raffinierung
(569) Derzeit gibt es in Deutschland 17 Mineralölraffinerien, die sich teils an der Küste, teils im Binnenland befinden. Die wichtigsten Betreiber sind Exxon, Shell, BP/Mobil und DEA, auf die etwa 42 % der Gesamtkapazität entfallen. Zwischen diesen drei Unternehmen besteht eine vertikale Integration, da sie auch im Bereich des Kraftstoffgroßhandels und -einzelhandels tätig sind. Auch bei den meisten der übrigen Raffineriebetreiber (wie Conoco, Elf, Total, Agip, OMV) handelt es sich um vertikal integrierte Mineralölgesellschaften. Auf die nicht integrierten Raffineriebetreiber wie Ruhr Oel, Wintershall, Beta, Holborn entfallen 43 % der gesamten deutschen Produktion. Die Gesamtkapazität dieser Raffinerien beläuft sich auf 2186 Barrel/d. Der Verbrauch in ganz Deutschland (Dieselkraftstoff/Kraftstoff/Kraftstoffe allgemein) belief sich 1996 auf insgesamt 622 Mio. Barrel. Nach Angaben von Eurostat entsprechen die Nettoeinfuhren nach Deutschland etwa 21 % der Produktionskapazität, obgleich diese Zahl nicht die kürzlich in Leuna errichtete Raffinerie einschließt. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass die im Binnenland befindlichen Raffinerien nicht in der Lage sind, ihre überschüssige Produktion auf dem Frachtmarkt abzusetzen und sie deshalb in Deutschland verkaufen müssen.
Infrastruktur
(570) Die Raffinerien und die Lagerkapazität befinden sich an strategisch günstigen Standorten in der Nähre der großen Verbrauchsgebiete, und dank der regionalen Lagerkapazität ist die Lieferung der Produkte in die entferntesten Teile Deutschlands möglich. Der Rhein ermöglicht den Zugang zu den im Westen gelegenen Raffinerien (Gelsenkirchen VEBA, Wesseling DEA, Godorf Shell, Karlsruhe Esso/DEA/VEBA/Conoco) und indirekt über den Mittellandkanal zur Raffinerie von Wintershall. Die Raffinerien im Süden Deutschlands (Ingolstadt Esso, Vohburg BP/Mobil/AGIP/RuhrOel) sind über die Donau zu erreichen. Drei Raffinerien (Heide DEA, Hamburg Holborn und Hamburg Shell) haben Anschluss zum Hamburger Hafen. Die im Binnenland gelegenen Raffinerien, die keinen Zugang zu einem Hafen oder zu einem Fluss haben, beliefern vor allem die jeweilige Region oder bedeutende zentrale Lagereinrichtungen, wie zum Beispiel im Falle von Leuna (Elf) für den Raum Dresden, Burghausen (OMV) für München und Österreich (über eine an die Donau angebundene Pipeline) und Schwedt (DEA/Ruhroel/AGIP/Total/Elf) für den Raum Berlin. Die Regionen, die sich durch einen hohen Verbrauch auszeichnen (Hamburg, Hannover, Köln, Frankfurt, Stuttgart, München, Berlin, Dresden usw.) werden von den nahegelegenen Raffinerien direkt ab Werk beliefert.
(571) Der westliche und der südliche Teil Deutschlands werden über Pipelines (sowohl Pipelines für Mineralölprodukte als auch NATO-Pipelines für Düsenkraftstoff) versorgt, während die Belieferung des östlichen Teils Deutschlands über große Lagereinrichtungen erfolgt, die über Pipelines bzw. über die Elbe angebunden sind. Alle größeren Lagereinrichtungen werden von den Raffinerien über Pipelines versorgt. Dabei ist jedoch zwischen firmeneigenen Pipelines für Mineralölprodukte und dem Pipelinesystem der NATO zu unterscheiden, dessen Kapazität voll ausgelastet wird und das in erster Linie für den Transport von Düsenkraftstoff zu den Militärflughäfen bestimmt ist.
(572) Der größte Teil Deutschlands kann über den Gütertransport auf Rhein, Donau und Elbe (verbindet Hamburg mit dem Osten Deutschlands) versorgt werden. Aufgrund der sich ändernden Wasserstände ist die Ladekapazität der Binnenschiffe auf maximal 1000 Tonnen beschränkt. Der Gütertransport auf dem Rhein kann sowohl durch zu hohe als auch durch zu niedrige Wasserstände beeinträchtigt werden. Während steigende Wasserstände praktisch keinen Einfluss auf die Frachtraten haben, solange es nicht zu einer Unterbrechung des Schiffsverkehrs kommt (was sehr selten geschieht), wirken sich Niedrigwasserstände sehr wohl auf die Frachtraten aus, weil sie eine Reduzierung der Ladungen erforderlich machen, damit Untiefen passiert werden können. Bei Niedrigwasser kommt es zu einem Anstieg der Frachtraten, der jedoch auch von der aktuellen Nachfragesituation am Zielort abhängig ist. Bei schwacher Nachfrage (insbesondere im Sommer, wenn kaum Nachfrage nach Gasöl besteht) haben Niedrigwasserstände mitunter nur eine geringen Einfluss auf die Frachtraten. Bei starker Nachfrage können sich Niedrigwasserstände erheblich auswirken. Am Rhein herrscht normalerweise eine Woche bis zu einem Monat im Jahr Niedrigwasser.
Großhandel
(573) Aus der Marktuntersuchung ergibt sich, dass es relativ einfach ist, Zutritt zum Großhandelsmarkt für Einzelhändler zu erlangen. Der Verkaufspreis für unabhängige Wiederverkäufer basiert normalerweise auf der Notierung des Ölmarktberichts (als Pendant zu Platt's) mit einer vereinbarten Differenz zur Abdeckung von Faktoren wie Standortunterschieden und erbrachten Dienstleistungen. Die Quotierungen des Ölmarktberichts entsprechen dem Preis, den ein Wiederverkäufer zahlen müsste, wenn er Kraftstoffe von am Rhein gelegenen Lagereinrichtungen kaufen würde. Sie entsprechen ungefähr den Notierungen von Platt's (10 % bis 15 % darüber). Nach Aussage der Parteien dürften die Binnenschiffahrtsfrachten für den Transport vom ARA-Raum (Antwerpen-Rotterdam-Amsterdam) in den Raum Karlsruhe etwa die Hälfte des Unterschieds zwischen Platts Notierungen und des OMR erklären. Die andere Hälfte des Unterschieds ist auf alle sonstigen Kosten zurückzuführen, die einem Unternehmen entstehen, das Güter nach Deutschland transportiert und sie dort an Kunden verkauft, einschließlich der Umschlagkosten (z. B. Kosten für das Be- und Entladen der Schiffe), Terminal-/Lagerkosten, gegebenenfalls ortsübliche Hafengebühren, Versicherung, Kosten für das Personal zur Abwicklung der Bestellungen und des Verkaufs usw. sowie die Marge für das Unternehmen, das das Produkt verkauft.
(574) Nach Schätzung der Parteien sind in Deutschland 55 % der Lagerkapazität in der Hand unabhängiger Unternehmen. Dies wurde der Kommission von unabhängigen Unternehmen im Lagergeschäft wie Petroplus, Oiltanking und Van Ommeren sowie von Direktkunden wie Mabanaft (Händler), AVIA und Baywa (Großhändler) bestätigt. Diese unabhängigen Unternehmen bieten ihre Dienste jeder Art von Kunden an, selbst den großen Mineralölgesellschaften.
(575) In Deutschland werden seit jeher mehr als 70 % der Mineralölprodukte direkt von inländischen Raffinerien bezogen. Einfuhren gehen im allgemeinen an unabhängige Wiederverkäufer, es kann sich aber auch um konzerninterne Geschäfte handeln. Derzeit kaufen die meisten Wettbewerber der Parteien nur begrenzte Mengen, um ihre Unabhängigkeit von den großen Mineralölgesellschaften, die die Raffinerien kontrollieren, zu wahren. Die nicht integrierten Wettbewerber der Parteien wiesen darauf hin, dass in den vergangenen Jahren mehr als 90 % der zugekauften Produkte von inländischen Raffinerien oder von den großen Mineralölgesellschaften geliefert wurden, die die Produkte ihrerseits durch Tauschgeschäfte oder Käufe von angeschlossenen Unternehmen erhalten hatten. Die nicht integrierten Wettbewerber kaufen sowohl von inländischen Raffinerien als auch vom Frachtmarkt (ARA). Die Wahl des Lieferanten hängt von den angebotenen Bedingungen ab. Da die Preisunterschiede zwischen dem Frachtmarkt und den inländischen Raffinerien ständig wechseln, sind die Preise am Frachtmarkt mitunter niedriger als die Preise der inländischen Raffinerien. So wurde der Kommission beispielsweise erklärt, dass das Preisangebot der inländischen Raffinerien im Moment günstiger ist als Fracht zuzüglich Transport und Lagerung. Offenbar ist es interessanter, ab inländischer Raffinerie zu kaufen, sofern nicht die Frachtraten erheblich niedriger sind.
(576) Was die vertikal integrierten Einzelhändler betrifft, so beziehen sie den Kraftstoff aus drei Quellen: aus eigener Produktion, im Rahmen von Tauschvereinbarungen mit anderen Raffineriebetreibern oder von Dritten [...]*. BP/Mobil deckt [...]* % seines Bedarfs durch Ankäufe von Dritten. Exxon hat Tauschvereinbarungen für Kraftstoffe mit [...]*. dass die von Exxon betriebenen Raffinerien sich überwiegend in Süddeutschland befinden.
(577) Auf der Großhandelsebene ist eine Reihe von Marktteilnehmern wie Avia, Mabanaft und Petroplus (Großhändler und Händler) vertreten, so dass die Belieferung von nicht integrierten Einzelhändlern mit Kraftstoffen gesichert ist. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die oben genannten Großhändler nur in begrenztem Maße auf Lieferungen über Zwischenhändler zurückgegriffen haben, da die meisten Großhändler (in begrenztem Maße) auch als Zwischenhändler auftreten oder über genügend gemeinsame Kaufkraft verfügen, um auf dem Frachtmarkt Schiffe/Frachtkähne zu ordern.
Einzelhandel
(578) In Deutschland lassen sich die Einzelhändler in vier Kategorien einteilen: A-Marken, B-Marken, Unabhängige und Supermärkte. Zu den A-Marken zählen vertikal integrierte Mineralölgesellschaften wie Exxon, BP/Mobil, DEA und Shell, aber auch Aral, an dem, wie bereits ausgeführt, Mobil zu 28 % beteiligt ist (die anderen Hauptanteilseigner sind Veba (56 %) und Wintershall (15 %)) und das firmeninterne Lieferungen von seinen Anteilseignern Mobil (über BP), Veba und Wintershall erhält. Zu den B-Marken zählen kleinere integrierte Unternehmen wie Elf, TotalFina oder Jet/Conoco.
(579) Die Zahl der Tankstellen hat sich von 1994 bis 1997 um 7 % verringert. Im gleichen Zeitraum belief sich die Menge der an den Tankstellen verkauften Kraftstoffe unverändert auf 50 Mio. m3.
(580) Bei etwa 60 % der Tankstellen handelt es sich um Markenanbieter. In einigen Fällen ist die Mineralölgesellschaft Eigentümerin des Grundstücks und der darauf befindlichen Gebäude/Anlagen. Mitunter gehören der Mineralölgesellschaft jedoch nur das Gebäude und die Anlagen, während das Grundstück Eigentum des Einzelhändlers ist. Die führenden auf dem deutschen Markt tätigen Unternehmen haben ein "Agenturvertragssystem" ins Leben gerufen. Dies ist typisch für Deutschland, weil dort aufgrund der Personalkosten angeblich keine COCO-Strukturen (Betrieb durch Liefergesellschaft/Betrieb durch Kommissionär) möglich sind. Das "Agentursystem" kann entweder die gesamte Geschäftstätigkeit der Tankstelle umfassen oder aber bestimmte Bereiche wie den Shop oder die Autowäsche ausklammern.
(581) Es kann zwischen Tankstellen unterschieden werden, die Eigentum des Händlers sind, und solchen, die Eigentum der Gesellschaft sind. Es gibt nur einige "Versuchstankstellen", die von den betreffenden Gesellschaften betrieben werden. Selbst bei den Tankstellen, die sich im Eigentum des Händlers befinden, ist die Position der Mineralölgesellschaften sehr stark. Die Händler sind im Hinblick auf die Preisfestsetzung von der Mineralölgesellschaft abhängig. So bestehen zum Beispiel für sämtliche von Händlern betriebene Tankstellen der Marke Esso in Deutschland Agenturverträge. Gemäß dieser Verträge ist Exxon Eigentümerin der auf dem Tankstellengelände gelagerten Kraftstoffe und legt den Einzelhandelspreis fest. Das Agentursystem bietet eine bessere Gewähr für hohe Gewinnspannen [...]*(62).
(582) Die Vergütung der Händler erfolgt auf Provisionsbasis in Abhängigkeit vom Absatzvolumen und vom Zapfpreis. Die Agenten erhalten normalerweise um etwa 2,5 bis 3 Pfennig pro Liter für Tankstellen, die vom Händler betrieben werden, und 5 Pfennig pro Liter für Tankstellen, die Eigentum des Händlers sind. Im letzteren Fall ist die Provision höher, weil der Händler höhere Kosten zu tragen hat, als bei Tankstellen, die Eigentum der Gesellschaft sind.
(583) Die Verträge für Tankstellen, die der Gesellschaft gehören und vom Händler (Agenten) betrieben werden, haben eine lange Laufzeit (normalerweise etwa zehn Jahre, jedoch mit der Möglichkeit einer zweimaligen Verlängerung um jeweils fünf Jahre), wodurch den Wettbewerbern der Zutritt erschwert wird. Die Lieferverträge, die Exxon mit seinen Händlern abschließt, erstrecken sich über [...]* bis [...]* Jahre. Die durchschnittliche Laufzeit beträgt [...]* Jahre.
(584) Verkaufsräume in Tankstellen spielen im Hinblick auf die Rentabilität von Tankstellen in Deutschland eine ausschlaggebende Rolle, da sie den Kraftstoffpreis subventionieren. Sie werden von Tochtergesellschaften der Mineralölgesellschaften oder von Unternehmen wie "Lekkerland" betrieben. Als Gegenleistung erhalten die Mineralölgesellschaften eine Pacht, obgleich bei einigen Unternehmen das Agentursystem auch für den Shop Anwendung findet.
(585) Aufgrund der strengen Regelungen für die Öffnungszeiten von Läden und Supermärkten hat sich der Tankstelleneinzelhandel in Deutschland zu einer wichtigen Einrichtung des Einzelhandels entwickelt (4 % aller in Deutschland getätigten Umsätze bei Lebensmitteln und Getränken). Die Tankstellen-Minimärkte ziehen nicht nur Kunden an und fördern das Image des Kraftstoffeinzelhändlers, was Service und Qualität anlangt, sie erhöhen darüber hinaus die Markentreue. Die Pachteinnahmen aus dem Betrieb der Minimärkte führen zu beträchtlichen Gewinnen, die die geringere Nachfrage ausgleichen ([...]*). Die Bedeutung des Tankstellenverkaufs wird sich voraussichtlich in Zukunft noch erhöhen. Diese werden von den großen Mineralölgesellschaften als wirksames Mittel zur Unterscheidung von den markenlosen Tankstellen und den B-Marken angesehen.
(586) [...]*. Aus diesem Grund investieren die großen Mineralölgesellschaften verstärkt in das Dienstleistungsangebot, das auf der Markentreue von immerhin 70 % der deutschen Kunden basiert, um auf diese Weise ihre Rentabilität zu halten und die Marktanteile zu sichern, durch die sich die A-Marken von den Niedrigpreisanbietern unterscheiden. [...]*.
Westliche und östliche Bundesländer
(587) Angesichts der Unterschiede, die zwischen den alten und den neuen Bundesländern bezüglich der Belieferung, des Wohlstandes und sogar der Marktteilnehmer bestehen, könnte man geltend machen, dass es sich hierbei um zwei gesonderte räumlich relevante Märkte handelt. Tatsächlich bestehen gewisse Preisunterschiede, und auch die Marktanteile entsprechen sich nicht.
(588) Diese Behauptung wurde jedoch durch die Untersuchung der Kommission aus den nachstehend genannten Gründen nicht bestätigt. Erstens halten sich die Preisunterschiede zwischen beiden Regionen in Grenzen und sind in einigen Fällen geringer als die Preisunterschiede innerhalb der alten Bundesländer. Normalerweise sind die Preise in den neuen Bundesländern etwas niedriger. Dies ist faktisch darauf zurückzuführen, dass dieser Markt Anfang der 90er Jahre einen großen Zulauf zu verzeichnen hatte, als die alteingesessenen westlichen Einzelhändler versuchten, Marktanteile in den neuen Bundesländern zu gewinnen. Durch die daraus resultierende Überkapazität gerieten die Preise unter Druck. Zweitens sind die offenkundigen Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern in bezug auf die Marktanteile historisch bedingt. Nach der Wiedervereinigung wurde die Monopolstellung von Minol im Jahre 1992 mit der Übernahme durch Elf aufgehoben, mit der das Unternehmen, dessen Marktanteil in den alten Bundesländern weniger als 10 % beträgt, die Marktführerschaft erlangte. Elf hat seine Stellung als Marktführer bis jetzt aufrechterhalten, obgleich sein Marktanteil durch die Wettbewerber auf 24 %(63) reduziert wurde. Das Tankstellennetz von Minol befand sich in einem schlechten Zustand, und die Wettbewerber konnten durch die Errichtung neuer Tankstellen an strategischen Standorten Marktanteile gewinnen. Da das marode Tankstellennetz von Minol wahrscheinlich einer weiteren Rationalisierung unterzogen wird, ist zu erwarten, dass die Entwicklung der Marktanteile in den neuen Bundesländern sich langsam der im Westen vorherrschenden Situation anpassen wird. Drittens gibt es keine Unterschiede im Hinblick auf Gesetzgebung, steuerliche Vorschriften und Umweltschutzauflagen. Viertens besteht zwischen den alten und den neuen Bundesländern keine natürliche Grenze. Das bedeutet, dass ein einheitlicher Preisanstieg in den alten Bundesländern durch den sich gewissermaßen wellenförmig ausbreitenden Wettbewerb in den Randgebieten zwischen den alten und den neuen Bundesländern zunichte gemacht würde.
DIE LAGE VOR DEM ZUSAMMENSCHLUSS - DERZEITIGE WETTBEWERBSSITUATION
Marktstruktur
(589) Insgesamt entfällt auf die großen Mineralölgesellschaften (ARAL, Shell, Esso, BP, DEA, bzw. auf die sogenannten A-Marken) ein Marktanteil von mehr als 65 %. Verbrauchergroßmärkte bzw. Supermärkte haben einen Marktanteil von [0-10]* %, markenlose Tankstellen kommen auf [0-10]* %, während die wichtigste B-Marke, JET-Conoco, etwa [0-10]* % für sich verbuchen kann. Nach den Zahlen, die die Parteien für 1997 vorgelegt haben, ist Aral mit [20-30]* % Marktführer, Shell hat [10-20]* %, Exxon [10-20]* %, DEA, [0-10]* %, BP/Mobil [0-10]* %, Elf [0-10]* %, TotalFina [0-10]* %, Agip [0-10]* % und KPI weniger als [0-10]* %. Auf die sogenannten Niedrigpreisanbieter entfielen [10-20]* % (davon [0-10]* % auf Verbrauchergroßmärkte, [0-10]* % auf JET Conoco und [0-10]* % auf markenlose Tankstellen). Die kleineren B-Marken (wie Avia, Tamoil usw.) konnten [0-10]* % für sich verbuchen.
(590) Die Marktanteile der A-Marken, ja selbst der B-Marken haben sich, wie aus der nachstehenden Tabelle hervorgeht, zwischen 1994 und 1998 kaum geändert.
>PLATZ FÜR EINE TABELLE>
Wettbewerbsdynamik - Kosten und Preise
(591) Nach Angaben der anmeldenden Parteien gibt es bei den Tankstellenpreisen in Deutschland nur geringfügige Unterschiede. Diese sind auf die höheren Betriebskosten in ländlichen Gebieten und in geringerem Maße auf die höheren Transportkosten für die Belieferung von entlegenen Gebieten zurückzuführen. Gemäß der Marktuntersuchung ist der deutsche Markt dadurch gekennzeichnet, dass die Preise sämtlicher A-Marken auf annähernd gleichem Niveau liegen, während die übrigen Preise der übrigen Konkurrenten 1 Pfennig unter denen der A-Marken liegen. Die Supermärkte unterbieten die A-Marken mit ihrem Preisangebot um 3 Pfennige. Diese Preisstruktur scheint keinen zeitlichen Schwankungen zu unterliegen.
(592) Aral ist Marktführer. Preisänderungen werden offensichtlich nach einem veränderlichen Muster von den A-Marken initiiert, denen sich die übrigen Wettbewerber anschließen. Den größten Einfluss auf die Preise haben die großen Mineralölgesellschaften. Sämtliche vertikal integrierten Mineralölgesellschaften (Aral, Shell, Esso, BP und DEA) weisen ähnliche Unternehmensstrukturen auf. Sie haben im Vergleich zu ihren Wettbewerbern einen sehr guten Zugang zu den Beschaffungs- und Liefermärkten. Nur die fünf genannten Unternehmen verfügen über ein dichtes Einzelhandelsnetz für den gesamten vom Zusammenschluss betroffenen räumlich relevanten Markt. Zwischen diesen fünf Unternehmen besteht eine Vielzahl von Bindungen (in Form von Gemeinschaftsunternehmens bei Raffinerien, Tauschgeschäften, Lagerung und Kraftstofflieferungen an Flughäfen). Dies führt dazu, dass die Beschaffungskosten der A-Marken gleich oder zumindest vergleichbar sind.
(593) Trotz ihrer geringeren Preise schließen sich die B-Marken und die Supermärkte den Preistrends gewöhnlich an. Den Erkenntnissen der Kommission aus der Marktuntersuchung zufolge werden Preisänderungen vor allem von großen Mineralölgesellschaften ausgelöst, und es kommt äußerst selten vor, dass eine der großen Mineralölgesellschaften nicht nachzieht. Gelegentlich kommt es für begrenzte Zeit zu Preiskriegen, beispielsweise wenn ein Supermarkt eine neue Tankstelle eröffnet. Die Wettbewerber gaben an, dass bei einer Erhöhung der Kraftstoffpreise durch die großen Mineralölgesellschaften um etwa 5-10 % die anderen Unternehmen sich meist anschließen, um von der höheren Marge zu profitieren. Die Kraftstoffeinzelhandelsbranche ist sich darüber im klaren, dass sie ihren Marktanteil durch einen Preiswettbewerb mit den großen Mineralölgesellschaften nicht wesentlich vergrößern kann. Darüber hinaus gaben die Wettbewerber an, dass sie einem Preiskrieg aufgrund der niedrigen Margen und der hohen Investitionskosten (zur Erfuellung der Umweltschutzauflagen) nicht gewachsen wären.
(594) Nach Angabe der Wettbewerber sind die Preise bei den B-Marken niedriger, weil diese oftmals rationeller arbeiten und eine andere Kostenstruktur haben als die großen Mineralölgesellschaften. Dies ist darauf zurückzuführen, dass ihre Gemeinkosten aufgrund des eingeschränkteren Serviceangebots zumeist etwas geringer sind (keine Marketing- und Werbekosten, kleinere Shops, niedrigere Anlageninvestitionen, weniger Personal). Bei den B-Marken liegt der Preis 1 Pfennig unter dem der großen Mineralölgesellschaften. Sie sind jedoch normalerweise im Vergleich zu den A-Marken wesentlich kleiner. Auf Unternehmen wie Elf, Agip, Fina, Total und OMV entfällt ein Marktanteil von jeweils höchstens 3 %.
(595) [...]*.
(596) Während die großen Mineralölgesellschaften keine Reaktion zeigten, als Conoco Ende der 80er Jahre auf dem Markt Fuß fasste, geht aus der Marktuntersuchung hervor, dass es heutzutage, wenn ein neuer Wettbewerber versucht, die Preise um 1 Pfennig und mehr zu unterbieten, in seinem Umfeld zu einem örtlich begrenzten Preiskrieg kommt. Der Kommission wurde erklärt, dass die großen Mineralölgesellschaften vor zwei Jahren, als Conoco Tankstellen ohne Personal mit einem Preis testete, der 2 Pfennige unter ihrem Preis lag, sehr wohl reagiert hätten. Da Conoco darauf angewiesen sei, von ihnen akzeptiert und beliefert zu werden, beendete das Unternehmen den Preiskrieg und erhöhte die Preise wieder.
(597) [...]*. Dadurch verringert sich die potentielle Absatzverlagerung von den Niedrigpreisanbietern auf höchstens zwei Drittel ihres bestehenden Absatzes.
(598) Obwohl die Tankstellenpreise bei einem Teil der kleinen/unabhängigen Gesellschaften geringer sind (1 %), kann daraus noch nicht geschlossen werden, dass es einen Preiswettbewerb gibt. Unabhängige Gesellschaften sind nur in bestimmten Regionen tätig. Sie erzielen normalerweise geringere Durchsätze (1600 im Vergleich zum Branchendurchschnitt von 3000) und haben daher höhere Fixkosten je Verkaufseinheit. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, gleichen sie diese geringeren Durchsätze dadurch aus, dass sie weniger Service bieten. Selbst bei einer Steigerung der Durchsätze sind diese unabhängigen Gesellschaften nicht zu einem Preiswettbewerb in der Lage, da ihre variablen Kosten deutlich höher sind als bei den großen Mineralölgesellschaften. Anhand einer Abbildung, in der die Gesamtkosten in Abhängigkeit vom Durchsatz dargestellt sind(64), verdeutlichte Exxon, dass die Kosten für herkömmliche Tankstellen, und als solche können die deutschen Tankstellen bezeichnet werden, relativ stabil bleiben. Nach Einschätzung des Bundeskartellamts üben die Unabhängigen keinen Wettbewerbsdruck auf die fünf Anbieter von A-Marken aus bzw. sind dazu gar nicht in der Lage. Diese Aussage wurde von der Marktuntersuchung der Kommission bestätigt. Offenbar sind die Margen der unabhängigen Einzelhändler zu niedrig, als dass sie einen Preiswettbewerb gegen die großen Mineralölgesellschaften aufnehmen könnten. Tatsächlich würden sie, da ihre Präsenz sich zumeist auf einen bestimmten räumlichen Bereich konzentriert, unter einem Preiswettbewerb mehr leiden als die A-Marken.
(599) Die großen Mineralölgesellschaften stehen im Wettbewerb mit den Supermärkten und halten ihre Preise unter der Woche niedrig, senken sie freitags noch weiter ab, während sie sie sonntags, wenn die Supermärkte geschlossen sind, anheben.
(600) In Deutschland ist der Einfluss der Verbrauchergroßmärkte und der Supermärkte auf den am Markt herrschenden Wettbewerb nicht so groß wie in Frankreich. In bestimmten Regionen üben sie jedoch im Hinblick auf die Preisgestaltung der großen Mineralölgesellschaften eine gewisse steuernde Funktion aus. Supermärkte haben einen sehr geringen Marktanteil von knapp unter [0-10]* %. [...]*. Verbrauchergroßmärkte stellen als Konkurrenz für die großen Mineralölgesellschaften keine erhebliche Bedrohung dar, und zwar aus folgenden Gründen:
- Verbrauchergroßmärkte, die Kraftstoffe anbieten, sind stark zersplittert und gehören keiner landesweiten Kette an;
- ihr Preis liegt normalerweise 3 % bis 4 % unter dem der großen Mineralölgesellschaften, aber sie können ihren Kunden aufgrund der Ladenschlussregelungen nicht denselben Service bieten,
- sie haben keine Shops im Tankstellenbereich und
- sie akzeptieren ausschließlich Barzahlungen.
(601) Im Gegensatz zu der Entwicklung in Frankreich (wo ihr Markteintritt gleichzeitig erfolgte) sind die Supermärkte nicht in die Logistikkette eingebunden. Sie haben keine bedeutenden Durchsätze erzielt und kommen im Vergleich zu den A-Marken nicht in den Genus spezieller Kostenvorteile. [...]*(65). Somit ist von den Supermärkten nur in begrenztem Maße Konkurrenz zu erwarten.
(602) Die großen Mineralölgesellschaften konzentrieren sich auf die Großstädte, während die Unabhängigen stärker in ländlichen Gebieten und kleinen/mittelgroßen Städten tätig sind, wo es weniger Konkurrenz gibt. In den Städten wird ein höherer Durchsatz erzielt, wohingegen in ländlichen Gebieten geringere Kosten anfallen, weil dort keine großen Investitionen erforderlich sind, der persönliche Kontakt eine größere Rolle spielt usw. In ländlichen Gebieten liegt der Kraftstoffpreis normalerweise auf demselben Niveau oder ist höher.
(603) Das Agentursystem hat in Deutschland zur Vermeidung von Preiskriegen beigetragen, da die großen Mineralölgesellschaften die absolute Kontrolle über die Preise ausüben. Sie sind in der Lage, die Preise zu kontrollieren, weil sie nicht mit unabhängigen Händlern, sondern mit Agenten arbeiten. Diese müssen die Preise übernehmen. In einigen Fällen erfolgen Preisänderungen sogar automatisch über das Computersystem.
(604) Nach Aussage Dritter erfahren die Kraftstoffeinzelhändler von Erhöhungen der Tankstellenpreise, noch bevor diese umgesetzt werden, und haben somit genug Zeit, die Preise an den Zapfsäulen zu ändern. Marktbeobachtungen in Süddeutschland(66) führten zu der Schlussfolgerung, dass zwischen den A-Marken kein wesentlicher Wettbewerb besteht. Auf der Grundlage von 1990, 1991, 1993, 1997 und 1998 durchgeführten (öffentlichen) Stichproben gelangte diese Studie zu der Einschätzung, dass Preiserhöhungen ausschließlich von den fünf großen Mineralölgesellschaften (A-Marken) initiiert werden, und dass die Unternehmen die Initiative zu Preiserhöhungen auf der Grundlage eines abgestimmten (obgleich variablen) Plans ergreifen. In einem Wettbewerbsmarkt würden die Wettbewerber es in Betracht ziehen, auf die Möglichkeit der Preiserhöhung zu verzichten, um ihr Image beim Verbraucher zu verbessern.
Markteintrittsschranken - Expansion - potenzieller Wettbewerb
(605) In den alten Bundesländern sind die Zutritts- und Expansionsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Dies hängt mit Beschränkungen bezüglich der Immobilien, einer Vielzahl von Problemen im Zusammenhang mit der Planung und speziellen Rechtsvorschriften zusammen, die die Gelegenheiten zur Errichtung neuer Tankstellen (Kommunalbehörden) einschränken. Ferner sei darauf hingewiesen, dass der größte Teil Deutschlands bereits dicht besiedelt ist. Das macht die Errichtung neuer Tankstellen schwieriger und kostspieliger. Auch Umweltschutzgesichtspunkte spielen im Hinblick auf die Behinderung des Markteintritts und der Expansion eine bedeutende Rolle. Die Umweltschutzvorschriften sind strenger als in den meisten anderen europäischen Ländern. Die sogenannte Stufe II und die fluessigkeitsdichte Pflasterung erfordern beträchtliche Investitionen, die zu einer weiteren Ausdünnung des Netzes führen dürfte. Die beim Agentursystem bestehende Möglichkeit, dass die Mineralölgesellschaften die Verträge mit den Tankstellenbetreibern verlängern können, stellt für neue Marktteilnehmer eine erhebliche Beschränkung dar. Schließlich haben Treuesysteme und Markenpolitik (die für die Servicequalität stehen) eine große Bedeutung für den deutschen Verbraucher, was den Markteintritt zusätzlich erschwert.
(606) In den neuen Bundesländern war es einfacher, sich auf dem Markt zu etablieren, da das heruntergekommene Tankstellennetz von Minol wieder aufgebaut werden musste, und neue Marktteilnehmer nicht durch die für die alten Bundesländer typischen langfristigen Einzelhandelsverträge (bezüglich der Grundstücke und der Belieferung) behindert wurden. Da die großen Mineralölgesellschaften in den neuen Bundesländern ähnliche Marktanteile erzielen wollten wie in den alten Bundesländern, wurden die Tankstellen überdimensioniert (3-4 mal größer als Tankstellen in den alten Bundesländern) und erreichten nur geringe Durchsätze. Derzeit gibt es in den neuen Bundesländern zu viele Tankstellen mit einer zu großen Kapazität. Im Ergebnis dieser Situation haben die meisten Tankstellen finanzielle Probleme, insbesondere die markenlosen Tankstellen. Verbrauchergroßmärkte konnten im Osten einen Marktanteil von 10-12 % erzielen, ihre Durchsätze sind jedoch ebenfalls zu niedrig. Darüber hinaus sehen sie sich mit einer starken Konkurrenz seitens der Supermärkte in den ehemaligen Ostblockländern konfrontiert.
(607) Insgesamt ist der deutsche Markt gesättigt und weist geringe Durchsätze auf. Darüber hinaus wird ein Nachfragerückgang vorausgesagt. Seit 1998 wurden 600 Tankstellen geschlossen und nur 150 neue Tankstellen eröffnet. Diese Tendenz wird sich in Zukunft wahrscheinlich fortsetzen.
DIE SITUATION NACH DEM ZUSAMMENSCHLUSS - AUSWIRKUNGEN DES ZUSAMMENSCHLUSSES AUF DEN WETTBEWERB
(608) Die Bewertung der Auswirkungen des Zusammenschlusses hat vor dem dargelegten Hintergrund zu erfolgen. Dabei müssen auch die Besonderheiten Berücksichtigung finden, die im den strukturellen Merkmalen der Einzelhandelsmärkte für Kraftstoffe gewidmeten Abschnitt dargelegt wurden.
(609) Der Zusammenschluss wird zu einer starken Verflechtung zwischen drei der A-Marken führen. Insgesamt werden Aral, Esso und BP/Mobil zusammen 40 % des Einzelhandelsmarktes halten. Auf die zwei anderen A-Marken, Shell und DEA, werden 14 % bzw. 10 % des Marktes entfallen.
(610) Aus der Verflechtung zwischen drei der führenden Wettbewerber auf dem deutschen Kraftstoffeinzelhandelsmarkt werden sich für diese Gesellschaften materielle Anreize ergeben, nicht gegeneinander zu konkurrieren. Es ist unwahrscheinlich, dass andere A-Marken wie Shell oder DEA angesichts des Fehlens eines signifikanten Wettbewerbs zwischen Aral, Esso und BP/Mobil als Herausforderer auftreten werden. Tatsächlich ist der deutsche Markt, wie bereits in Ziff. 591-604 erläutert, dadurch gekennzeichnet, dass es keinen wirklichen Herausforderer für die A-Marken gibt, und die Preise quasi unmittelbar von den großen Mineralölgesellschaften vorgegeben werden. In einem solchen Wettbewerbsumfeld werden Shell (das von jeher mehr auf die Qualität als auf den Preis setzt) und DEA es vorziehen, bei stabilen Marktanteilen von höheren Margen zu profitieren als für dieselben Marktanteile niedrigere Margen in Kauf zu nehmen.
(611) Aus den oben genannten Gründen ist es unwahrscheinlich, dass andere Wettbewerber, die nicht zu den A-Marken gehören, gegen eine solche Situation ankämpfen. Erstens beträgt ihr Marktanteil insgesamt 35 % und einzeln jeweils höchstens 5 %. Ein Preiskrieg mit den A-Marken würde ihnen selbst mehr Schaden zufügen als diesen (die sich dank ihrer Größe quersubventionieren könnten). Zweitens sind sie bis zu einem gewissen Grade, was die Belieferung mit Kraftstoffen betrifft, von den A-Marken abhängig. Drittens sind ihre Kosten, außer bei Jet Conoco, höher als bei den meisten A-Marken.
(612) Aus diesen Gründen führt der Zusammenschluss zur Bildung einer oligopolistischen marktbeherrschenden Stellung der A-Marken - Exxon, BP/Mobil, Aral, Shell und DEA.
LUXEMBURG
ALLGEMEINER ÜBERBLICK
Raffinierung
(613) Da es in Luxemburg keine Raffinerien gibt, muss die Kraftstoffversorgung durch Einfuhren aus Nachbarländern, vor allem aus den ARA-Regionen sichergestellt werden. Der Transport erfolgt mit Hilfe von Sekundärtransportmitteln, d. h. im wesentlichen per Eisenbahn, Binnenschiffahrt und LKW. Genauer gesagt, ein Händler, der Produkte nach Luxemburg einführen will, hat zwei Optionen: Er kann sich entweder Lagerkapazität in einem der in Luxemburg befindlichen Terminals sichern und Schiffschargen von Kraftstofflieferanten in der ARA-Region kaufen oder Schiffschargen an andere Terminals in den Nachbarländern liefern und die Produkte per LKW nach Luxemburg transportieren.
Großhandel
(614) Da es sich bei den meisten in Luxemburg tätigen Einzelhändlern um vertikal integrierte Mineralölgesellschaften handelt, ist die Großhandelstätigkeit sehr eingeschränkt. Was die Logistik betrifft, so besteht auf der Ebene der für die Kraftstofflagerung zur Verfügung stehenden Terminals nicht die Gefahr der Abschottung. In Luxemburg gibt es im wesentlichen vier in Betrieb befindliche Terminals. Das strategisch günstig gelegene Terminal am Flusshafen von Mertert (ca. 56000 m3) ist Eigentum einer unabhängigen Terminalbetreibergesellschaft. Aufgrund der geringen Größe des Landes stellen viele in den Nachbarländern gelegenen Depots Wettbewerbsalternativen dar und werden derzeit von einigen der in Luxemburg tätigen Einzelhändlern genutzt.
Einzelhandel
(615) Der luxemburgische Kraftstoffeinzelhandelsmarkt zeichnet sich durch zwei spezielle Merkmale aus. Erstens wird die Kraftstoffnachfrage durch die Politik des Staates angekurbelt, die Mineralölzölle gering zu halten, so dass die Tankstellenpreise niedriger sind als in den Nachbarländern. Infolgedessen ist das Absatzvolumen in Anbetracht der Größe des Landes beträchtlich. Außerdem entfällt der größte Teil dieses Absatzes auf "gebietsfremde" Kunden aus den Nachbarländern. Zweitens ist die Obergrenze der Kraftstoffpreise an den Tankstellen staatlicherseits festgelegt. Wie die nachstehend beschriebenen Auswirkungen zeigen, haben diese Preisvorschriften dazu beigetragen, dass sich die von den Einzelhändlern erhobenen Tankstellenpreise an der staatlich festgelegten Obergrenze ausgerichtet haben.
DIE LAGE VOR DEM ZUSAMMENSCHLUSS - DERZEITIGE WETTBEWERBSSITUATION
Luxemburg als gesonderter räumlich relevanter Markt
(616) Auch wenn die Behauptung nahe liegt, Luxemburg könne aufgrund seiner geographischen Lage keinen gesonderten räumlichen Markt darstellen, sprechen die in diesem Land bestehenden speziellen Marktbedingungen für seine Einstufung als gesonderter Markt. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, das Luxemburg aufgrund seiner geringen Steuerlast innerhalb der Gemeinschaft bei weitem die niedrigsten Preise nach Steuern hat (936 USD/t). Die luxemburgischen Kraftstoffpreise sind um etwa 15 % (im Vergleich zu Deutschland) bis 40 % (im Vergleich zu Frankreich) niedriger als in den Nachbarländern (siehe die obenstehende Tabelle).
Marktstruktur
(617) Auf der Angebotsseite ist die Wettbewerbssituation vom Vorhandensein einer Reihe von vertikal integrierten Mineralölgesellschaften gekennzeichnet, die im Bereich des Einzelhandels tätig sind. Auf fünf Marktteilnehmer entfallen jeweils mehr als 10 % des Marktes, während zwei weitere Marktteilnehmer jeweils 5 % für sich verbuchen können. Keiner dieser Wettbewerber verfügt über erhebliche Vorteile, was den Zugang zu Bezugsquellen betrifft, da es in Luxemburg keine Raffinerien gibt. Aufgrund der geringen Größe des Landes und der relativen Nähe zu Gebieten, die über bedeutende Raffineriekapazitäten verfügen (ARA), fallen den Einzelhändlern jedoch im Vergleich zum europäischen Durchschnitt für die Beschaffung von Kraftstoffen und die Belieferung ihres Netzes keine erheblichen Zusatzkosten an. Verbrauchergroßmärkte und Supermärkte sind in Luxemburg im Tankstellengeschäft nicht tätig. Unabhängige Einzelhändler spielen eine untergeordnete Rolle.
(618) Die Lage vor dem Zusammenschluss stellt sich wie folgt dar. In der nachstehenden Tabelle sind die geschätzten Marktanteile (gemessen am Absatzvolumen) der Parteien und ihrer Wettbewerber während der letzten fünf bis sechs Jahre dargestellt.
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(619) Der Markt scheint eine leichte Konzentration aufzuweisen. Shell ist mit [20-30]* % Marktführer, gefolgt von Aral mit etwa [10-20]* % und Total, das seinen Marktanteil im Ergebnis des Zusammenschlusses mit Fina auf etwa [10-20]* % erhöhen konnte. Exxon liegt als Wettbewerber mit einem Marktanteil von [10-20]* % im Mittelfeld. BP hat einen kleinen Marktanteil von [0-10]* %. Vor dem Zusammenschluss liegt der Konzentrationsfaktor (CR4) bei fast 70 %.
(620) Der Markt weist, was die Tendenz bei den Marktanteilen betrifft, eine gewisse Entwicklung im unteren Bereich der Rangordnung auf (vermutlich wegen der geringen Gesamtmengen), während die Position der führenden Wettbewerber im Verlaufe der Zeit relativ stabil bleibt. Genauer gesagt konnte Total seinen Marktanteil innerhalb von fünf Jahren verdoppeln (wenn man den Zusammenschluss mit Fina außer acht lässt), während BP und Texaco einen Absatzrückgang von etwa [...]* % hinnehmen mussten. Hingegen ist die Position der führenden Marktteilnehmer, d. h. Shell, Aral, Exxon und Q8, stabiler. [...]*.
(621) Legt man jedoch einen kürzeren Zeitraum zugrunde (drei oder vier Jahre), so erscheint der Markt wesentlich statischer. Mit Ausnahme von Total, das kürzlich mit Fina fusionierte, haben sich die Marktanteile nur sehr unwesentlich geändert.
(622) Aufschlussreich ist auch die Bewertung der Marktposition der verschiedenen Marktteilnehmer anhand der Zahl ihrer Tankstellen.
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(623) Nach den Zahlen von 1997 verfügen offenbar drei Wettbewerber über eine vergleichbare Zahl von Tankstellen. Dabei handelt es sich um Shell, Aral und Q8 mit 52, 50 bzw. 48 Tankstellen. Total/Fina und Exxon besitzen 34 bzw. 30 Tankstellen. BP hat nur drei Tankstellen. Auch hier ist, was die Entwicklung im Zeitverlauf betrifft, eine hohe Stabilität zu verzeichnen. Unter den führenden Wettbewerbern wies Q8 mit einer Verringerung um acht Tankstellen innerhalb von fünf Jahren die stärkste Änderung auf, gefolgt von Exxon, das die Zahl seiner Tankstellen innerhalb von fünf Jahren um fünf reduzierte.
(624) Angesichts der geringen Größe des Landes ist auch die insgesamt extrem hohe Zahl von Tankstellen erstaunlich. Wie aus den nachstehenden Ausführungen hervorgeht, scheint eine solch hohe Konzentration auf einem so kleinen Gebiet darauf hinzudeuten, dass eine weitere Expansion im Hinblick auf die Zahl neuer Standorte eher unwahrscheinlich ist.
(625) Insgesamt geht aus den obigen Ausführungen hervor, dass der Kraftstoffeinzelhandel in Luxemburg in den letzten Jahren mit sieben Hauptanbietern (Shell, Aral, Exxon, Q8, Texaco, TotalFina und BP/Mobil) recht konstant geblieben ist und keine dramatischen Veränderungen zu verzeichnen waren. Die Nachfrage hielt sich während eines Zeitraums von fünf Jahren auf relativ niedrigem Niveau. Die Wettbewerber konnten ihre Position mehr oder weniger halten.
Wettbewerbsdynamik - Kosten und Preise
Kosten
(626) Ein wesentlicher Faktor für die Rentabilität eines Einzelhandelsnetzes ist der Durchsatz. Je höher der Durchsatz, desto geringer die durchschnittlichen Betriebskosten der Tankstelle. Um einen Kostenvergleich zu ermöglichen, ist in der nachstehenden Tabelle der mittlere Durchsatz pro Tankstelle der verschiedenen Marktteilnehmer dargestellt.
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(627) Legt man das Jahr 1997 zugrunde, für das die einschlägigen Angaben vollständig vorliegen, so ist festzustellen, dass BP mit Abstand den höchsten Durchsatz erzielt, was daran liegt, dass die Gesellschaft nur drei sehr große Tankstellen besitzt. Von den anderen Einzelhändlern hat Total mit 6609 m3 pro Tankstelle den höchsten Durchsatz (diese Angaben betreffen jedoch die Situation vor dem Zusammenschluss mit Fina), gefolgt von Exxon mit 5057 m3 (1998 betrug der Durchsatz 6795 m3) sowie Texaco und Shell mit einem vergleichbaren mittleren Durchsatz von 4900 m3. Q8 erzielt mit 2542 m3 den geringsten Durchschnitt per Tankstelle.
(628) Allgemein ist jedoch festzustellen, dass der mittlere Durchsatz der Branche in Luxemburg im Vergleich zu anderen Ländern sehr hoch ist.
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(629) Nach Einschätzung der Branche kann ein Einzelhändler bei einem mittleren Durchsatz von mehr als 3000/3500 m3 das Mindestmaß an Wirtschaftlichkeit erreichen, das zur Deckung seiner Fixkosten erforderlich ist. Diesbezüglich geht aus einer von den Parteien durchgeführten internen Studie hervor, dass eine normale Tankstelle ab einem Durchsatz von etwa [...]* m3 und einer Bruttomarge von [...]* Cent/l wirtschaftlich arbeiten kann. Daraus ergibt sich, dass keiner der führenden Marktteilnehmer bei den Betriebskosten pro Tankstelle einen wesentlichen Vorteil gegenüber den anderen hat.
Preise
(630) Um die Wettbewerbssituation im Bereich des Kraftstoffeinzelhandels in Luxemburg umfassend beurteilen zu können, lohnt es sich, die Entwicklung der Preise vor Steuern in den vom Zusammenschluss betroffenen Ländern zu vergleichen.
Produkt: Benzin - Preis an der Zapfsäule
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Produkt: Diesel - Preis an der Zapfsäule
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(631) Wie aus der Tabelle hervorgeht, sind die Preise vor Steuern in Luxemburg in den vergangenen drei Jahre gesunken (von 401 USD/t im Jahre 1996 auf 321 USD/t im Jahre 1998), was jedoch im wesentlichen auf den Verfall der Rohölpreise zurückzuführen ist. Im allgemeinen liegen die Preise vor Steuern innerhalb des Gemeinschaftsdurchschnitts.
(632) Aufschlussreich ist auch ein Vergleich der Bruttomargen in den vom Zusammenschluss betroffenen Ländern. Die Bruttomargen von Exxon seien hier stellvertretend für die durchschnittlichen Bruttomargen der Branche genannt.
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(633) Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass die Bruttomargen in Luxemburg zwar nicht das Spitzenniveau der Niederlande und Österreichs erreichen, aber dennoch im Vergleich zu den in Frankreich erzielten Margen, die von den beteiligten Unternehmen als die am stärksten unter Druck stehenden dargestellt wurden, sehr hoch sind. Prozentual ausgedrückt sind die Bruttomargen in Luxemburg etwa [...]* höher als in Frankreich. Diese Unterschiede lassen sich nicht mit speziellen Zusatzkosten im Zusammenhang mit gewissen Besonderheiten des luxemburgischen Staatsgebiets erklären. Die nachstehende Tabelle zeigt einen Vergleich der Transport- und Lieferkosten von Exxon sowie "sonstige Großhandelskosten", die Exxon in den oben genannten Ländern entstehen.
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(634) Aus der Tabelle geht hervor, dass die Transport- und Versandkosten dem europäischen Durchschnitt entsprechen. Die "sonstigen Großhandelskosten" hingegen sind in Luxemburg wesentlich höher als in Frankreich. Diese Unterschiede erklären jedoch erst einen Teil der Differenz beim Niveau der Bruttomargen zwischen Luxemburg und Frankreich. Genauer gesagt sind die Bruttomargen in Luxemburg selbst nach Abzug dieser Zusatzkosten immer noch [...]* % höher als in Frankreich. Margen in dieser Höhe deuten in Anbetracht des im Durchschnitt gegenüber Tankstellen in Frankreich höheren Durchsatzes (und der folglich wahrscheinlich geringeren Durchschnittskosten) und angesichts der Produkthomogenität der Kraftstoffe auf einen beträchtlichen Mangel an Wettbewerb auf dem Markt.
Besonderheiten des luxemburgischen Marktes - Preisregelung
(635) Eine Besonderheit des luxemburgischen Marktes besteht in der Tatsache, dass staatlicherseits für die einzelnen Kraftstoffsorten Hoechstpreise festlegt werden. Konkret gesagt ist es Sache des Wirtschaftsministeriums, ein System von Obergrenzen für die Großhandels- und Einzelhandelspreise umzusetzen. Von der Idee her beruht die Formel für die Ermittlung der Obergrenzen aus vier Hauptkomponenten: i) den Preisnotierungen am Frachtmarkt, ii) einer (Großhandels-) Basismarge für die Mineralölgesellschaft, die die Kraftstoffe liefert, iii) einem zusätzlichen Ausgleich für verschiedene Kosten (Kosten für den Transport auf der Schiene, obligatorische Lagerkosten und Investitionen im Zusammenhang mit dem Umweltschutz), iv) einer Händlermarge.
(636) Die meisten Preisänderungen sind auf Änderungen bei den Frachtmarktpreisen zurückzuführen und resultieren nicht aus Änderungen der die Margen betreffenden Komponenten der Formel. Die offizielle (Großhandels-) Marge, die auf den jeweils geltenden effektiven Hoechstpreisen und den täglichen Frachtmarktpreisen basiert, wird vom Ministerium (und von der Branche) täglich berechnet. In diese Berechnungen fließen Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer ein. Wenn es nach Festlegung der geltenden Preisobergrenzen zu einer Erhöhung der Frachtmarktpreise kommt, fallen die effektiven Margen für die Branche unter die festgelegten Basismargen, während im Falle des Absinkens der Frachtmarktpreise das Gegenteil eintritt und die effektiven Margen über dem Niveau der Basismargen liegen. Wechselkursschwankungen können ebenfalls zu Änderungen der effektiven Margen gegenüber den Basismargen führen, da die Preisobergrenzen in der Landeswährung festgelegt werden. Durch diese Abweichungen werden Änderungen der Preisobergrenzen ausgelöst. Das Ministerium geht davon aus, dass Änderungen der Preisobergrenzen gerechtfertigt sind, wenn die Differenz zwischen den maximalen und den effektiven (berechneten) Margen für ein bestimmtes Produkt an zehn aufeinanderfolgenden Tagen 0,25 LUF/Liter überschreitet, oder wenn sie an mehr als zwei aufeinanderfolgenden Tagen 0,4 LUF/Liter überschreitet. Änderungen der Preisobergrenzen bedürfen jedoch stets der Zustimmung der Regierung und treten daher nicht unmittelbar im Anschluss an entsprechende Preisabweichungen in Kraft. Die Branche - und das Ministerium - verfolgen die jeweiligen Beträge, um die die Basismargen (infolge von Schwankungen bei den Frachtmarktpreisen und Wechselkursen) über- bzw. unterschritten werden. Unterschreitungen werden normalerweise ausgeglichen, indem bei einem Absinken der Frachtmarktpreise die Senkung der Preisobergrenzen bewusst verzögert wird, während Überschreitungen ausgeglichen werden, indem bei einer Erhöhung der Frachtmarktpreise die Erhöhung der Preisobergrenzen verzögert wird.
(637) Auf Ersuchen der Branche kann auch eine Anpassung der Formel erfolgen, um Kostenerhöhungen Rechnung zu tragen. In diesem Fall muss der Landesverband der Mineralölindustrie die Erhöhung der Preise/Margen beantragen. Preisänderungen, die sich aus einer Erhöhung der Marge ergeben oder eine solche einschließen, kommen jedoch im Vergleich zu Preiserhöhungen infolge von Änderungen bei den Frachtmarktpreisen und Wechselkursen selten vor. Diesbezüglich ist es bemerkenswert, dass während der zwölf Monate bis Juni 1999 die Preisobergrenze für Ottokraftstoff zwölfmal geändert wurde, während es bei der Preisobergrenze für Dieselkraftstoff elfmal zu Änderungen kam. Zuletzt wurden die Margen im August 1998 geändert.
(638) Es ist zwar unbestritten, dass das Eingreifen der Regierung in die Festlegung der Preisobergrenzen ein wettbewerbsverzerrender Faktor ist, der das richtige Funktionieren des Marktes beeinträchtigt. Andererseits hindert es jedoch die Einzelhändler nicht daran, durch Unterbietung der staatlich festgelegten Preisobergrenze gegeneinander zu konkurrieren. Tatsächlich erheben jedoch die meisten Wettbewerber den festgelegten maximalen Verkaufspreis und gewähren in seltenen Fällen sehr geringe Preisnachlässe.
(639) Im wesentlichen richten die Einzelhändler ihre Preise an den Vorgaben der Regierung aus und weichen kaum von diesen ab. Aus der Untersuchung der Kommission geht hervor, dass derzeit nur wenige der Einzelhändler Kraftstoffe zu Discountpreisen anbieten. Einige Betreiber von markenlosen Tankstellen liegen mit ihren Preisen 0,1 bis 0,4 LUF/Liter unter den Hoechstpreisen, während einige Markentankstellen, und zwar Total und Exxon die Obergrenzen um 0,1 LUF/Liter unterschreiten.
(640) Insgesamt scheint der Wettbewerb zur Zeit nicht richtig zu funktionieren. In der Praxis besteht zwischen den sieben wichtigsten Kraftstoffeinzelhändlern nur ein sehr geringer Wettbewerb, da diese ihre Tankstellenpreise systematisch an die staatlich festgelegten Obergrenzen anpassen.
Markteintrittsschranken - Expansion - potenzieller Wettbewerb
(641) Abgesehen von den branchenüblichen Markteintrittsschranken besteht das größte Hindernis, das neuen Marktteilnehmern den Zutritt zum luxemburgischen Kraftstoffeinzelhandelsmarkt erschwert, in der Sättigung des Marktes gemessen an der Zahl der Tankstellen. Dadurch wird die Möglichkeit der Errichtung neuer Tankstellen erheblich eingeschränkt.
(642) Im Hinblick auf das mögliche Eindringen aggressiver Wettbewerber auf den luxemburgischen Markt ist festzustellen, dass es in Luxemburg keine Tankstellen von Verbrauchergroßmärkten gibt, und was noch wichtiger ist, dass die Beschränkungen, die ihrem künftigen Markteintritt entgegenstehen, unüberwindbar scheinen. Erstens sind die Genehmigungsgesetze und -vorschriften der Regierung und der örtlichen Gebietskörperschaften sehr streng. Zweitens stehen aufgrund der geringen Größe des Landes nur eingeschränkt Flächen zur Verfügung, die als Gewerbeflächen genutzt werden können. Drittens sind die verfügbaren Gewerbeflächen sehr teuer. Viertens ist Luxemburg zu klein, um Supermärkten die Basis für ein erhebliches Wachstum zu bieten. Schließlich geht die Kraftstoffnachfrage in Luxemburg von Transitkunden aus den Nachbarländern aus, die durch die niedrigen Preise angelockt werden. Es liegt auf der Hand, dass diese Nachfrage nicht durch Verbrauchergroßmärkte abgedeckt werden kann, die Kraftstoffhandel betreiben.
DIE SITUATION NACH DEM ZUSAMMENSCHLUSS - AUSWIRKUNGEN DES ZUSAMMENSCHLUSSES AUF DEN WETTBEWERB
(643) Die Bewertung der Auswirkungen des Zusammenschlusses hat vor dem dargelegten Hintergrund zu erfolgen. Dabei müssen auch die Besonderheiten Berücksichtigung finden, die im den strukturellen Merkmalen der Einzelhandelsmärkte für Kraftstoffe gewidmeten Abschnitt dargelegt wurden.
(644) In der derzeitigen Situation ist die Effizienz des Kraftstoffeinzelhandelsmarktes in Luxemburg im Hinblick auf den Preiswettbewerb sehr gering, obwohl es sieben große Anbieter gibt. Aufgrund der staatlich festgelegten Preisobergrenzen richten die meisten Kraftstoffeinzelhändler ihre Tankstellenpreise daran aus und vermeiden es, gegeneinander zu konkurrieren. Die Berechnungsformel der Regierung sichert großzügige Margen und erlaubt es auch den unwirtschaftlichsten Einzelhändlern, am Markt zu bleiben, ohne unter Wettbewerbsdruck zu geraten. Nur sehr wenige Marktteilnehmer weichen von den Preisvorgaben der Regierung ab, die wie eine Kartellfestlegung wirken. Änderungen bei den Tankstellenpreisen sind kaum auf Initiativen des einen oder anderen Marktteilnehmers zurückzuführen, sondern nur auf die von der Regierung beschlossenen Korrekturen.
(645) Auch wenn es durch die staatlich festgelegten Obergrenzen für die Tankstellenpreise unbestritten zu einer Verzerrung der Wettbewerbsdynamik kommt, steht jedoch fest, dass der Wettbewerb unterhalb dieser Obergrenzen sehr wohl funktionieren könnte. Statt dessen ziehen es die Kraftstoffeinzelhändler vor, jeglichen Preiswettbewerb zu vermeiden. Insgesamt scheint der Markt gegenwärtig durch einen beträchtlichen Mangel an Wettbewerb gekennzeichnet zu sein.
(646) Als unmittelbares Ergebnis wird das fusionierte Unternehmen gemeinsam einen kleineren Marktteilnehmer kontrollieren (Exxon [10-20]* % und BP/Mobil [0-10]* %), wobei in diesem Zusammenhang die Verbindung zwischen Mobil und Aral berücksichtigt werden muss, die mit einem Marktanteil von [10-20]* % den zweiten Platz unter den in Luxemburg vertretenen Wettbewerbern einnehmen.
(647) Ausgehend von diesem Ansatz ist festzustellen, dass der Zusammenschluss den Konzentrationsgrad des Marktes wesentlich erhöht, da das Trio Exxon/Mobil, BP/Mobil und Aral über einen Marktanteil von etwa [30-40]* % verfügen wird.
(648) Wichtiger noch ist die Tatsache, dass der Zusammenschluss aufgrund der daraus resultierenden Kumulation von Marktteilnehmern, die über eine beträchtliche Marktmacht verfügen, die Struktur des Oligopols verändern wird. Infolgedessen wird der Markt durch die Präsenz einer führenden Gruppe von Marktteilnehmern - Exxon-BP/Mobil-Aral - sowie einer zweiten Kraft in Form von Shell und einer Reihe von "Nachzüglern" gekennzeichnet sein. So gesehen wird der Zusammenschluss zu einer wesentlichen Verschärfung des bestehenden Oligopols führen und jede Möglichkeit eines Wettbewerbs zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern in noch weitere Ferne rücken. Nach dem Zusammenschluss wird die Marktstruktur so aussehen, dass es überhaupt nicht denkbar ist, irgendwelche auf Wettbewerb ausgerichteten Schritte zu unternehmen, ohne dadurch eine heftige und breitangelegte Reaktion auszulösen. Erhöhte die Regierung beispielsweise die momentan geltende Preisobergrenze oder schaffte sie diese völlig ab, so machte der Zusammenschluss ein wettbewerbsorientierteres Verhalten von Marktteilnehmern noch unwahrscheinlicher, da dies erst recht zu einer heftigen und breitangelegten Reaktion führen würde. Auch ein potentieller neuer Marktteilnehmer hätte mit noch heftigerer und noch breiter angelegter Ablehnung seitens der etablierten Akteure zu rechnen.
(649) Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass der Zusammenschluss zur Begründung oder Stärkung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung von Shell, Aral, Exxon, Q8, Texaco, TotalFina und BP/Mobil führt, durch die ein wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt erheblich behindert würde.
NIEDERLANDE
ALLGEMEINER ÜBERBLICK
(650) Die Niederlande sind eines der EU-Länder, die im Hinblick auf den Kraftstoffeinzelhandel am stärksten von dem Zusammenschluss betroffen sind. Auf dem Markt sind zwei Arten von Wettbewerbern präsent: die integrierten führenden Mineralölgesellschaften (Shell, Exxon, BP/Mobil, Texaco, TotalFina und Q8) und die nicht integrierten unabhängigen Einzelhändler, die Markenkraftstoff oder weiße Ware anbieten. Der Einzelhandelsmarkt zeichnet sich durch einen hohen Konzentrationsgrad aus. Dabei entfallen [80-90]* % des Absatzvolumens auf die führenden Mineralölgesellschaften und der Rest teilt sich auf die unabhängigen Tankstellenbetreiber auf. Im Gegensatz zu anderen Ländern, insbesondere dem Vereinigten Königreich und Frankreich, gibt es derzeit in den Niederlanden keine Supermärkte, die Kraftstoffeinzelhandel betreiben. Der Kraftstoffgroßhandel ist national organisiert, wobei sowohl die integrierten als auch die nicht integrierten Einzelhändler ihre Tankstellennetze über eine der fünf im Lande befindlichen Raffinerien beliefern (Shell, Exxon, Total, BP-Texaco und Q8). Die Zahl der Tankstellen hat sich in den letzten Jahren verringert (1997 gab es 3980 Tankstellen mit einem mittleren Durchsatz von 2502 m3; das ist einer der niedrigsten Werte der untersuchten vom Zusammenschluss betroffenen Märkten). Die Tankstellenpreise liegen im Spitzenfeld. Die Planungs- und Genehmigungspolitik der Regierung ist eine der restriktivsten der untersuchten vom Zusammenschluss betroffenen Märkte, so dass für eine Erweiterung des Einzelhandelsnetzes keine guten Aussichten bestehen. Aufgrund der topographischen Verhältnisse des Landes (d. h. des weichen, saugfähigen Bodens) zählen die Umweltauflagen zu den striktesten innerhalb der EU, was eine Erhöhung der Betriebskosten zur Folge hat.
Raffinierung
(651) Die führenden Mineralölgesellschaften (Shell, Exxon, BP/Mobil, Texaco, TotalFina und Q8) sind die Hauptbezugsquellen für Kraftstoffe. Wie aus der nachstehenden Tabelle ersichtlich ist, betreiben sie die fünf Raffinerien in den Niederlanden. In Amsterdam gibt es eine sechste Raffinerie, die sich im Eigentum von Smith & Hollander befindet. Dort werden jedoch keine Kraftstoffe, sondern vor allem Asphaltprodukte hergestellt.
Raffineriekapazität in den Niederlanden (1997)
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Roland Berger & Partners GmbH, 1997
Großhandel
(652) Die Niederlande sind Nettoexporteur raffinierter Erdölprodukte. Die Kraftstoffe zur Belieferung des Einzelhandelsnetzes werden auf dem inländischen Markt von einer der oben genannten Raffinerien bezogen, so dass die führenden Mineralölgesellschaften die wichtigsten Kraftstoffgroßhändler sind. Sie vermarkten ihre Produkte entweder über eigene Vertriebsorganisationen oder über unabhängige Marktteilnehmer, die diese an den Einzelhandelsmarkt weiterverkaufen.
Einzelhandel
(653) Auf der Einzelhandelsebene gibt es zwei Arten von Akteuren. Dabei handelt es sich um alle der genannten integrierten führenden Mineralölgesellschaften einerseits und eine Reihe von nicht integrierten, unabhängigen Einzelhändlern andererseits. Wie im vorangegangenen Absatz bereits erwähnt, beziehen die unabhängigen Einzelhändler den gesamten Kraftstoff praktisch von einer oder mehreren der genannten Raffineriebetreiber.
(654) Verbrauchergroßmärkte sind nicht im Kraftstoffeinzelhandelsgeschäft tätig. Dies ist vor allem auf die strikten Umweltauflagen zurückzuführen, die der Staat den Tankstellen auferlegt, sowie auf die Tatsache, dass Supermärkte in den Niederlanden im allgemeinen nicht über große vorgelagerte Flächen verfügen, auf denen Tankstellen Platz finden, wie dies in Frankreich oder im Vereinigten Königreich der Fall ist. Berichten zufolge waren Supermärkte in den Niederlanden bis vor 15 Jahren im Kraftstoffeinzelhandel tätig. Sie sahen sich jedoch mit wachsenden Umweltschutzkosten und -auflagen konfrontiert und beschlossen daher den Rückzug vom Markt (so übernahm z. B. Exxon 15 Tankstellen von Miro, einer Supermarktkette, und schloss sie drei Jahre später). Gemäß der niederländischen Genehmigungspolitik verliert der Eigentümer einer Tankstelle, wenn diese geschlossen wird, seine Lizenz. Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass die Marktteilnehmer, die sich in den vergangenen Jahren aus dem Geschäft zurückgezogen haben, angesichts des derzeit von der Regierung praktizierten Genehmigungssystems auf den Markt zurückkehren.
DIE LAGE VOR DEM ZUSAMMENSCHLUSS - DERZEITIGE WETTBEWERBSSITUATION
Marktstruktur
(655) Die Merkmale des Marktes sind der Herausbildung einer oligopolistischen Struktur unter den integrierten großen Mineralölgesellschaften förderlich. Trotz ungleicher Marktpositionen sind die Stabilität der Marktanteile und die hervorragenden Merkmale, die die großen Mineralölgesellschaften gemeinsam haben (vertikale Integration, ähnliche Struktur der Raffinations-, Großhandels- und Einzelhandelskosten, ähnliche Rendite des durchschnittlichen Stammaktienkapitals), kennzeichnend für einen Markt, bei dem das Niveau der Margen und Preise unabhängig ist von der Wettbewerbsdynamik der ARA-Region.
(656) Shell ist führender Wettbewerber und nationales "Spitzenunternehmen". Wie verlautet, hat die Vorherrschaft des Unternehmens auf dem niederländischen Markt historische Gründe, die damit zusammenhängen, dass es gemeinsam mit Exxon die Erdgaslagerstätte von Groningen entdeckte. Die zwei Unternehmen wurden vom niederländischen Staat dazu ermutigt, die Einnahmen aus dem entdeckten Erdgasvorkommen in den Niederlanden zu reinvestieren. Shell reinvestierte diese Einnahmen im nachgelagerten Sektor und erstellte Raffineriekapazitäten und ein ausgedehntes Vertriebsnetz(67). 1998 betrug der Marktanteil von Shell im Einzelhandelsbereich [30-40]* %.
(657) Mit einem Marktanteil beim Einzelhandel von [10-20]* % ist BP/Mobil nach Shell der nächstgrößte Wettbewerber, gefolgt von Texaco, Exxon und TotalFina, deren Marktanteile bei [10-20]* % liegen, sowie von Q8, das auf der Einzelhandelsebene nicht so stark vertreten ist. Auf diese Unternehmen entfallen etwa [80-90]* % des Marktes. Die übrigen Marktanteile liegen bei mehreren unabhängigen Einzelhändlern und markenlosen Tankstellen, die sich von den großen Mineralölgesellschaften im wesentlichen darin unterscheiden, dass sie nicht vertikal integriert und demzufolge von der Belieferung durch die großen Mineralölgesellschaften abhängig sind.
Marktanteile beim Einzelhandel 1998
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Angaben der Parteien
(658) Die Tatsache, dass die Marktanteile während der letzten Jahre stabil geblieben sind, deutet auf das Fehlen eines intensiven Wettbewerbs hin und belegt außerdem, dass keine neuen Wettbewerber Zugang zum Markt fanden. Insgesamt waren bezüglich der relativen Wettbewerbsposition der verschiedenen Marktteilnehmer keine erkennbaren Schwankungen zu verzeichnen. In der nachstehenden Tabelle ist die Bewegung der Marktanteile auf der Einzelhandelsebene während der letzten fünf Jahre dargestellt.
Bewegung der Marktanteile
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Angaben der Parteien
(659) Die in der obenstehenden Tabelle verzeichneten Marktpositionen spiegeln sich auch in der Verteilung der Tankstellen über das niederländische Staatsgebiet wider. Der Einzelhandelsmarkt wird von den führenden Raffineriebetreibern beherrscht, auf die mehr als 75 % der bestehenden Tankstellen entfallen. Obwohl die Zahl der Tankstellen in den vergangenen Jahren infolge der verschärften Umweltschutzauflagen und der restriktiven Planungsvorschriften zurückgegangen ist, waren die großen Mineralölgesellschaften in der Lage, ihr Netz zum Schaden der unabhängigen Einzelhändler weiter auszubauen.
Zahl der Tankstellen in den Niederlanden
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Angaben der Parteien
Wettbewerbsdynamik - Kosten und Preise
Kosten
(660) Darüber hinaus erzielen die führenden Raffineriebetreiber im Kraftstoffeinzelhandelsgeschäft nicht nur die größten Absatzmengen, sondern arbeiten auch am kostengünstigsten, da sie beim Verhältnis Absatzvolumen pro Tankstelle Hoechstwerte erreichen. In der nachstehenden Tabelle ist der mittlere Durchsatz der großen Mineralölgesellschaften und der Unabhängigen in den Niederlanden dargestellt.
Mittlerer Durchsatz (m3)
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(661) Von 1997 an war der mittlere Durchsatz bei den großen Mineralölgesellschaften fast doppelt so hoch wie bei den Unabhängigen. Dieser Unterschied wird sich im Ergebnis des Zusammenschlusses noch verschärfen. Der Unterschied beim Durchsatz ist im wesentlichen auf zwei Gründe zurückzuführen: die von den großen Mineralölgesellschaften betriebenen Markentankstellen sind größer (und die großen Autobahntankstellen werden fast ausschließlich von diesen betrieben), diese Tankstellen befinden sich zumeist an erstklassigen Standorten. Nach einem von der niederländischen Regierung in Auftrag gegebenen Bericht aus dem Jahr 1997 waren die großen Mineralölgesellschaften dank ihres finanziellen Polsters in der Lage, größere Tankstellen an erstklassigen Standorten zu bauen und zu betreiben. Darüber hinaus war es ihnen in früherer Zeit gelungen, entlang der niederländischen Autobahnen ein ausgedehntes Netz von Tankstellen aufzubauen, die sich durch einen hohen Durchsatz auszeichnen. Bis 1994 wurden den führenden Mineralölgesellschaften entsprechende Konzessionen in Übereinstimmung mit ihren bestehenden Marktanteilen erteilt. Da sich eine solch restriktive Genehmigungspolitik als nicht zu rechtfertigen erwies, wurde sie zugunsten einer Verfahrensweise aufgegeben, nach der neue Konzessionen für unbegrenzte Zeit an den meistbietenden Interessenten vergeben werden.
(662) Durch einen höheren Durchsatz verbessert die Kostensituation des Einzelhändlers. Daher versteht es sich von selbst, dass die großen Mineralölgesellschaften höhere Gewinnmargen erwarten können als die unabhängigen Einzelhändler. Auch wenn sie in etwa gleich hohe absolute Bruttomargen erzielen, so gibt es doch Unterschiede beim Kostenanteil, denn die großen Mineralölgesellschaften verteilen die Kosten auf ein größeres Absatzvolumen. Dadurch können beim Betrieb der Einzelhandelsnetze großer Mineralölgesellschaften Größenvorteile erzielt werden. Bei steigendem Absatz erhöhen sich ihre Gewinnmargen. Der Bericht der niederländischen Regierung und die Marktuntersuchung deuten darauf hin, dass in der derzeitigen Wettbewerbssituation, in der mit neuen Konzessionen in größerer Zahl nicht zu rechnen ist, ein Wettbewerber nur durch die Erzielung von Größenvorteilen am Markt bestehen kann. Die rückläufige Entwicklung beim Netz der Unabhängigen ist weitgehend darauf zurückzuführen, dass bei kleineren Netzen und Tankstellen keine Größenvorteile erzielt werden können.
Preise
(663) Bezogen auf die Kraftstoffwirtschaft im ARA-Bereich sind die Preise in den Niederlanden hoch. Obgleich die Preise ab Raffinerie an Platts Notierungen angeglichen sind, scheinen die Großhandels- und Einzelhandelsmargen sowie die Preise unverhältnismäßig höher zu sein. Im Ergebnis dessen waren die Tankstellenpreise höher als auf den benachbarten Märkten innerhalb desselben Lieferbereichs. In den vergangenen fünf Jahren lagen sie beispielsweise um bis zu 40 % höher als in Frankreich, das von den beteiligten Unternehmen als der am stärksten unter Wettbewerbsdruck stehende Markt dargestellt wurde. Aus der nachstehenden Tabelle ist ersichtlich, dass die Großhandels- und Tankstellenpreise 1998 in den Niederlanden höher waren als auf benachbarten Märkten, die an Platts ARA-Notierungen angeglichen sind.
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(664) Dieser Unterschied kann nicht auf eine höhere Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer zurückgeführt werden (in den Niederlanden liegen die Steuern mehr oder weniger auf dem gleichen Niveau oder sogar etwas darunter), sondern hauptsächlich auf die höheren Großhandelsmargen, die während des gleichen Zeitraums mehr als doppelt so hoch waren wie in Frankreich. In der nachstehenden Tabelle sind die Unterschiede zwischen den Bruttomargen (Unterschiedsbetrag zwischen Großhandelspreis und Einzelhandelspreis ohne Steuern) in vier benachbarten geographischen Märkten dargestellt, die an Platts ARA-Notierungen angeglichen sind.
Durchschnittliche Bruttomarge
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Aus den Angaben der Parteien in Anhang 7.7 hochgerechnet
(665) Diese beträchtlichen Unterschiede können auch nicht auf höhere Kosten zurückgeführt werden. Bei den Vertriebskosten schlagen die Terminal- und Transportkosten als größte Komponenten zu Buche. In den Niederlanden gibt es zahlreiche günstig gelegene Bezugsquellen. Die fünf im Lande ansässigen Raffinerien beliefern praktisch den gesamten Einzelhandelsmarkt. Es sind relativ kurze Entfernungen zurückzulegen, so dass der Direktvertrieb von der Bezugsquelle zum jeweiligen Vertriebsort nur ein paar Stunden dauert. Dies führt zu einer erheblichen Verringerung der Lagerkosten und sonstiger Logistikkosten, während die Transportkosten etwa auf demselben Niveau liegen, wie bei anderen vergleichbaren Märkten (Schiff: 1 % des Nichteinzelhandelspreises für Benzin; Schiene: 2 %; Pipeline: 1 % und LKW: 3 %).
(666) In ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte behaupten die Parteien, dass die höheren Vertriebsmargen in den Niederlanden hauptsächlich auf die hohen Einzelhandelsmargen zurückzuführen sind, die bei den Tankstellenbetreibern und nicht den als Zulieferer fungierenden Mineralölgesellschaften anfallen. Außerdem tragen die Kraftstoffeinzelhändler in den Niederlanden aufgrund von Treueprogrammen und wegen der strengen Umweltauflagen zusätzliche Kosten.
(667) Es ist unbestritten, dass, wie oben ausgeführt, die Händlermargen in den Niederlanden mit am höchsten in Europa sind, doch auch die Preise und Margen im Großhandel sind dort insbesondere bei Berücksichtigung der strukturellen Merkmale der Region unerklärlich hoch. In der nachstehenden Tabelle wird die Bruttomarge abzüglich der Händlermarge in den Niederlanden und in Frankreich miteinander verglichen.
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(668) Die Bruttovertriebsmargen liegen in den Niederlanden augenscheinlich um [...]* über jenen in Frankreich. Diese Unterschiede lassen sich kaum mit den zusätzlichen Kosten erklären, wie dies die Parteien tun (Treueprogramme und Umweltschutzauflagen). Im übrigen müssten diese Kosten weitgehend vom Händler getragen werden, in dessen Besitz sich die Tankstelle befindet.
(669) Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das höhere Preisniveau in den Niederlanden offenbart auf ein Wettbewerbsdefizit hindeutet. In seinem Kernbereich scheint der niederländische Einzelhandelsmarkt von den Preisentwicklungen der benachbarten Märkte abgekoppelt zu sein. Die Preise sind im gesamten Staatsgebiet strukturell höher, ausgenommen in einigen grenznahen Gebieten, die in direktem Wettbewerb mit einem benachbarten Markt stehen. Dies trifft auf das Gebiet entlang der niederländisch-deutschen Grenze zu, in dem die niedrigeren deutschen Preise die Preisstrategie der niederländischen Tankstellen beeinflussen. Es ist sehr bezeichnend, dass die niederländische Regierung, um einen Verfall der Margen in diesem Gebiet zu verhindern, die Einrichtung eines Kompensationssystems zur Unterstützung der unabhängigen Einzelhändler beschlossen hat.
Markteintrittsschranken - Expansion - potenzieller Wettbewerb
Markteintrittsschranke
(670) Die größten Markteintrittsschranken und/oder Expansionshemmnisse auf dem niederländischen Einzelhandelsmarkt hängen mit den strikten Umweltschutzvorschriften und der daraus resultierenden restriktiven staatlichen Politik bei der Vergabe von Konzessionen zusammen. Gemäß dem Bericht der niederländischen Regierung war der Rückgang der Zahl der Tankstellen zum Teil auf Schließungsanreize zurückzuführen, die die Regierung den Tankstellen bot, welche die strengen Auflagen der Umweltschutzgesetzgebung nicht erfuellten (Verhütung der Bodenkontamination). Für die Erteilung von Betriebsgenehmigungen sind die kommunalen und die Provinzbehörden zuständig. In Anbetracht der Tatsache, dass der Markt gesättigt ist, stellen diese Behörden im allgemeinen keine neuen Standorte für Tankstellen bereit. Wenn neue Standorte bereitgestellt werden, so ist dies mit strikten Sicherheits- und Umweltschutzauflagen verbunden. Dabei hat es den Anschein, dass die Behörden bei der Vergabe neuer Genehmigungen die führenden Mineralölgesellschaften gegenüber den Unabhängigen oder den markenlosen Tankstellen bevorzugen. Wie verlautet, müssen unabhängig Antragsteller mitunter bis zu vier Jahre auf die Erteilung einer Lizenz warten, während die großen Mineralölgesellschaften wesentlich schneller eine Lizenz erlangen können, insbesondere wenn ihr Gesamtangebot begleitende Infrastrukturmaßnahmen einschließt. Darüber hinaus sind die großen Mineralölgesellschaften oftmals am besten in der Lage, ihr Netz zu erweitern, da neue Lizenzen bzw. der Ersatz alter Lizenzen jeweils den Meistbietenden gewährt werden.
Potenzieller Wettbewerb
(671) Das Wettbewerbspotential der unabhängigen Einzelhändler ist erheblich eingeschränkt. Derzeit scheint am Markt ein vom Wettbewerb ausgenommenes Preisgleichgewicht zu bestehen, von dem sowohl die integrierten als auch die nicht integrierten Einzelhändler profitieren. Die großen Mineralölgesellschaften sind auf beiden Ebenen der Logistikkette tätig, d. h. als Kraftstoffgroßhändler und -einzelhändler. Demgegenüber sind die Unabhängigen ausschließlich als Einzelhändler tätig und beziehen fast ihr gesamte Kraftstoffaufkommen von den einheimischen Großunternehmen, zumeist im Rahmen von exklusiven jährlich zu verlängernden Lieferverträgen. Die großen integrierten Mineralölgesellschaften können auf verschiedenen Stufen der Logistikkette Einnahmen erzielen, während die Einzelhändler allein auf die Einzelhandelsebene angewiesen sind. Die Bruttogroßhandelsmargen fließen den großen Mineralölgesellschaften zu, während die Einzelhandelsmargen sowohl den Großen als auch den Unabhängigen zugute kommen.
(672) Es liegt auf der Hand, dass die großen integrierten Mineralölgesellschaften einen enormen finanziellen Vorteil gegenüber den Unabhängigen haben. Sie verfügen bei einem Preiswettbewerb über ein höheres Maß an Flexibilität. Dem Vernehmen nach können die Großen ihren Einzelhandelsnetzen bei einem örtlich geführten Preiskrieg Verlustausgleich gewähren. Die größten der führenden Mineralölgesellschaften, insbesondere Shell, waren in der Lage, sich dank ihrer Liquidität und die Tatsache, dass sie im Besitz der Bezugsquellen sind, als Preisführer zu profilieren. Aus der Marktuntersuchung ergab sich, dass sich die unabhängigen Einzelhändler Erhöhungen der Einzelhandelspreise anschließen, da sie es für attraktiver erachten, durch höhere Preise ihre Gewinnmarge zu erhöhen, als bei einer geringeren Gewinnmarge das Absatzvolumen zu steigern. Da die meisten Händler bereits an der Grenze ihrer Durchsatzkapazität arbeiten, würde jede Steigerung des Durchsatzes eine Erweiterung der Tankstelle oder des Einzelhandelsnetzes erforderlich machen. Dies wird durch folgende Umstände erschwert: i) hohe Grenzkosten bei der Erweiterung von Tankstellen und ii) die Möglichkeiten für eine Erweiterung des Einzelhandelsnetzes sind aus den in Ziff. 670-671 genannten Gründen eingeschränkt.
(673) Die Wahrscheinlichkeit, dass die Unabhängigen einen Preiskrieg beginnen, ist aus einer Reihe von Gründen äußerst gering. Die Unabhängigen könnten zwar ihr Absatzvolumen erhöhen, aber nur bis zu einer gewissen Obergrenze. Lassen sie sich auf einen Preiskrieg ein, können sie die künftigen Vertragsbedingungen ihrer Lieferverträge mit den führenden Mineralölgesellschaften gefährden. Ein von ihnen ausgehender Preiskrieg wäre von begrenzter Dauer, da die führenden Mineralölgesellschaften in der Lage sind, sich an die niedrigeren Preise anzupassen, ohne dass dadurch ihre finanzielle Situation beeinträchtigt würde. Langfristig gesehen, müssten die Unabhängigen sich anderen Bezugsquellen wie dem Frachtmarkt zuwenden. Die Untersuchung ergab jedoch, dass die unabhängigen Einzelhändler dies im allgemeinen nur ungern tun. Tatsächlich sind die Frachtmarktpreise nicht unbedingt wettbewerbsorientierter als die Preise der einheimischen Raffinerien. Dies trifft um so mehr zu, als zur Erzielung besserer Preise am Frachtmarkt beträchtliche Mengen eingekauft werden müssen. In den Niederlanden ist der mittlere Durchsatz der unabhängigen Einzelhändler im allgemeinen niedriger als in anderen Nachbarländern, wo größere Unabhängige und Supermärkte vom Frachtmarkt beliefert werden (wie zum Beispiel in Frankreich oder in Deutschland). Die meisten Unabhängigen benötigen wöchentlich nicht mehr als 4000 Liter pro Tankstelle. Die Frachtmarktpreise sind jedoch erst bei Abnahme von mehr als 10000 Litern attraktiv. Dadurch wären die Unabhängigen gezwungen, sich zum Zwecke der gemeinsamen Beschaffung zusammenzuschließen. Darüber hinaus würden die entstehenden Umschlag- und Lagerkosten jeden möglichen Preisvorteil zunichte machen. Ferner stellten die unabhängigen Einzelhändler fest, dass bei der Beschaffung vom Frachtmarkt die Qualität der Produkte nicht gewährleistet werden könne. Um die Qualität der Produkte sicherzustellen und in den Genus weiterer Vorteile als treue Kunden zu kommen, lassen sie sich im allgemeinen von den einheimischen Raffinerien beliefern. Deshalb orientieren sich die unabhängigen Einzelhändler am Preisniveau der Preisführer, solange ihre Einzelhandelsmarge nicht auf einen zu niedrigen Wert gedrückt wird. In diesem Fall könnten sie den Rückzug vom Markt in Betracht ziehen, der normalerweise durch den Verkauf der Tankstelle an eine der führenden Mineralölgesellschaften erfolgt.
(674) Anhand der nachstehenden Fallstudie aus dem Bericht der niederländischen Regierung lässt sich sehr gut verdeutlichen, wie gering die Aussichten auf einen Wettbewerb seitens der Unabhängigen sind. Die Stadtverwaltung von Almere bewegte eine markenlose Tankstelle zum Eintritt auf den örtlichen Markt (indem sie das Verfahren zur Erlangung einer Konzession erleichterte), um das Oligopol der bestehenden Tankstellen zu durchbrechen. Im Gegenzug zur Erteilung der Konzession verpflichtete sich die markenlose Tankstelle, den Einzelhandelspreis der nächsten Wettbewerber um 4 % zu unterbieten.
(675) Die markenlose Tankstelle wurde in der Nähe von drei bestehende Tankstellen errichtet. In etwas größerer Entfernung, aber immer noch im Stadtgebiet von Almere gab es sechs weitere Tankstellen. Bei den bestehenden Tankstellen handelte es sich ausnahmslos um Anbieter von Marken der führenden Mineralölgesellschaften.
(676) Im ersten Jahr erzielte die markenlose Tankstelle einen ausreichenden Umsatz, so wie auch die drei benachbarten Tankstellen, die ebenso wie der neue Konkurrent die Preise gesenkt hatten. Da sich das Absatzvolumen in Almere während dieses Zeitraums insgesamt nicht erhöhte, verringerte sich der Marktanteil der sechs Tankstellen, die sich den Preissenkungen nicht angeschlossen hatten. Nach einem Jahr hatten alle neun Tankstellen ihre Preise denen der markenlosen Tankstelle angeglichen.
(677) Nach Ablauf des ersten Jahres erhöhte die markenlose Tankstelle den Druck, indem sie ihre Preise um 7 %, 9 % und zu eine gewisse Zeit sogar um 12 % senkte. Die Konkurrenz passte sich schnell an jede der Preissenkungen an. Auch als die markenlose Tankstelle ihre Preise erhöhte, folgten ihr alle anderen Tankstellen. Somit war die markenlose Tankstelle vom Neueinsteiger zum Preisführer mutiert.
(678) In diesem Fall konnte die markenlose Tankstelle, da die Preise an allen Tankstellen gleich waren, nur dank des guten Rufs, den sie sich auf dem örtlichen Markt erworben hatte, zusätzliche Umsätze erzielen. Obwohl die markenlose Tankstelle als Preisvorkämpfer geschätzt wurde, ließ dieser Vertrauensvorschuss jedoch nach einer gewissen Zeit nach. Als der Betreiber der markenlosen Tankstelle seinen Preis um 12 % senkte, war er kaum in der Lage, seine Kosten zu decken. Hingegen konnten die Tankstellen der führenden Mineralölgesellschaften dem Preisführer problemlos folgen, da sie von den Mineralölgesellschaften einen Ausgleich für die geringe Einzelhandelsmarge erhielten. Somit befand sich die markenlose Tankstelle nicht im Wettbewerb mit den örtlichen Tankstellen, sondern mit den Mineralölgesellschaften. Zu diesem Zeitpunkt war der Kraftstoffpreis in Almere auf den Stand zurückgekehrt, auf dem er sich bei Einführung der markenlosen Tankstelle befunden hatte. Somit beschloss die markenlose Tankstelle, an die meistbietende große Mineralölgesellschaft zu verkaufen.
(679) Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass durch die potentielle Konkurrenz der unabhängigen Einzelhändler kein signifikanter Druck auf die führenden Mineralölgesellschaften ausgeübt werden kann.
DIE SITUATION NACH DEM ZUSAMMENSCHLUSS - AUSWIRKUNGEN DES ZUSAMMENSCHLUSSES AUF DEN WETTBEWERB
(680) Die Bewertung der Auswirkungen des Zusammenschlusses hat vor dem dargelegten Hintergrund zu erfolgen. Dabei müssen auch die Besonderheiten Berücksichtigung finden, die im den strukturellen Merkmalen der Einzelhandelsmärkte für Kraftstoffe gewidmeten Abschnitt dargelegt wurden.
(681) Im Ergebnis des Zusammenschlusses wird es zu einer weiteren Verstärkung der oligopolistischen Struktur des Marktes kommen, mit drei Wettbewerbern, die gemeinsam mehr als die Hälfte der Marktanteile innehaben, sowie einer Gruppe von zwei mittelgroßen vergleichbaren Wettbewerbern, Texaco und TotalFina. Die übrigen Marktanteile werden weiterhin auf kleine unabhängige Einzelhandelsgesellschaften verstreut sein.
(682) Demzufolge wird der angemeldete Zusammenschluss eine weitere Konzentration unter den führenden Mineralölgesellschaften nach sich ziehen. Das derzeitige oligopolistische Umfeld wird sich noch verschärfen, was die Umsetzung und Überwachung des Zusammenspiels zwischen den Wettbewerbern erleichtern wird. In einem Szenario für die Zeit nach dem Zusammenschluss wird die wirtschaftliche Leistung des niederländischen Einzelhandelsmarktes noch mangelhafter sein als bisher. Für die unabhängigen Einzelhändler besteht kein Anreiz, einen Preiskampf zu führen, da sie ja im Gegenteil von den Preiserhöhungen profitieren können, die von den großen Mineralölgesellschaften auf Einzelhandelsebene durchgesetzt werden. Insgesamt ergeben sich für den Endverbraucher unter diesen Umständen Nachteile. Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass der Zusammenschluss die Verstärkung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung der führenden Mineralölgesellschaften (Shell, BP/Mobil, Exxon, Texaco und TotalFina) auf dem Einzelhandelsmarkt zur Folge haben wird.
VEREINIGTES KÖNIGREICH
ALLGEMEINER ÜBERBLICK
Raffinierung
(683) Das Vereinigte Königreich ist Nettoexporteur raffinierter Mineralölprodukte. Von jeher werden mehr als 85 % aller Mineralölprodukte direkt von einheimischen Raffinerien bezogen. Einfuhren (die normalerweise per Schiff vom europäischen Festland bzw. aus Skandinavien getätigt werden) gehen im allgemeinen an unabhängige Wiederverkäufer, können sich aber auch aus konzerninternen Geschäften der Raffineriebetreiber ergeben.
(684) Derzeit gibt es im Vereinigten Königreich zehn große Raffinerien, die im Bereich der Kraftstofferzeugung tätig sind. Die Raffinerien befinden sich überwiegend in der südlichen Hälfte des Landes und sind an die Hauptpipelines angeschlossen, die den größten Teil von England und Wales abdecken. Die meisten von ihnen sind auch per Schiff zugänglich. Schottland, dies sei hier vermerkt, verfügt nur über eine einzige Raffinerie (die von BP/Mobil betriebene Raffinerie von Grangemouth), von der die meisten der örtlichen Vertriebsterminals beliefert werden.
(685) Die wichtigsten Raffineriebetreiber im Vereinigten Königreich sind BP/Mobil, Exxon und Shell, die im Besitz von etwa 57 % der Gesamtkapazität sind. Bei den meisten anderen Betreibern (wie Elf, Total/Fina, Texaco und Conoco) handelt es sich ebenfalls um vertikal integrierte Mineralölgesellschaften, die im Vereinigten Königreich auch im Einzelhandelsbereich tätig sind und deren jeweiliger Anteil an der gesamten inländischen Raffineriekapazität oftmals mehr als 10 % beträgt.
Großhandel
(686) Die eingeführten oder von inländischen Raffinerien erzeugten Kraftstoffe werden auf dem Frachtmarkt verkauft und ausgeführt oder zu Einzelhändlern, Endverbrauchern oder Wiederverkäufern transportiert. In einigen Fällen werden Benzin und Diesel direkt von der Raffinerie oder den Lagereinrichtungen für Einfuhrprodukte abgeholt und auf der Straße befördert. In den meisten Fällen werden die Kraftstoffe jedoch zu Vertriebsterminals transportiert, die über das gesamte Vereinigte Königreich verteilt sind, und über das inländische Leitungsnetz, auf dem Seeweg oder (seltener) per Eisenbahn angeliefert. Anschließend erfolgt der Transport zu den in der Nähe ansässigen Kunden mit Hilfe von Tanklastwagen.
(687) In England und Wales wird der größte Teil der Kraftstoffe durch eine der sechs Pipelines transportiert, die die Raffinerien mit den Vertriebsterminals verbinden. In Schottland besteht ein solches Netz nicht, so dass der Transport der Produkte zumeist ausgehend von der in Grangemouth befindlichen Raffinerie von BP/Mobil erfolgt.
(688) Derzeit scheint es im Vereinigten Königreich im nicht zum Einzelhandel gehörenden Teil der Branche einen Wettbewerb zu geben. Darauf deutet erstens die Tatsache hin, dass gegenwärtig offenbar keine der Gesellschaften beim Absatz an Dritte über einen Anteil von mehr als 20 % verfügt. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass nach Angaben der meisten der Unternehmen, die die Umfrage der Kommission beantwortet haben, die Nichteinzelhandelspreise für Kraftstoffe im allgemeinen den internationalen Index von Platt sowie die Transportkosten von der betreffenden Raffinerie bzw. dem Einfuhrterminal widerspiegeln, und es keine Schwierigkeiten bei der Beschaffung gibt. Das Office of Fair Trading ("OFT") gelangte in seinem Bericht über den Wettbewerb im Mineralölsektor des Vereinigten Königreichs zu ähnlichen Schlussfolgerungen.
(689) Es stellte sogar fest, dass bei den "kleineren Großen" aufgrund dieser Wettbewerbsbedingungen fast in jedem der letzten fünf Jahre Großhandelsverluste zu melden waren(68). Einer der wichtigsten Faktoren für einen solchen Wettbewerb ist offenbar der chronische Überschuss bei der Raffineriekapazität im Vereinigten Königreich.
(690) Immerhin liegt die gesamte Raffinerieproduktion an Mineralölprodukten fast 20 % über der Inlandsnachfrage, die sich seit 1990 stabilisiert zu haben scheint. Auch wenn sich dieser Abstand nach Schließung der Shellhaven-Raffinerie von Shell (die kleinste Raffinerie des Vereinigten Königreichs) etwas verringern dürfte, so wird er doch nach wie vor 15 % der Gesamtnachfrage betragen.
(691) Eine weitere Erklärung beruht auf der Tatsache, dass eine beträchtliche Zahl von unabhängigen Unternehmen Vertriebsterminals besitzt und/oder betreibt, von denen aus sie Produkte vom Frachtmarkt einführen und Einzelhändler, die nicht über eine Raffinerie verfügen (wie z. B. Verbrauchergroßmärkte) oder die keinen Markenkraftstoff vertreiben, beliefern können. Durch ihre Präsenz ist sichergestellt, dass große Endabnehmer und Einzelhändler, die nicht über eine Raffinerie verfügen, ohne weiteres Lieferungen zu wettbewerbsfähigen Preisen erhalten können.
DIE LAGE VOR DEM ZUSAMMENSCHLUSS - DERZEITIGE WETTBEWERBSSITUATION
Marktstruktur
(692) Der Markt des Vereinigten Königreichs ist durch die Präsenz einer beträchtlichen Zahl von Wettbewerbern gekennzeichnet: Neben den drei wichtigsten Raffineriebetreibern (Exxon, BP/Mobil und Shell), die zusammen weiterhin 50 % der Marktanteile innehaben, sind mehrere andere Mineralölgesellschaften (Total/Fina, Elf, Texaco und Conoco) auf diesem Markt tätig, ebenso wie Verbrauchergroßmärkte und unabhängige Einzelhändler.
(693) Die Entwicklung der Marktanteile (gemessen an den Mengen) von 1994 bis 1998 lässt sich wie folgt zusammenfassen:
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(694) Im großen und ganzen kann der Einzelhandelssektor in vier Hauptbereiche unterteilt werden: i) die "Großen" (Exxon, BP/Mobil und Shell), ii) die "kleineren Großen" (Total/Fina, Texaco, Conoco/Jet und Elf), iii) die Verbrauchergroßmärkte (Tesco, Sainsbury's, Safeway und Asda) und iv) die unabhängigen Einzelhändler.
(695) Exxon, BP/Mobil und Shell ("die Großen") sind die bedeutendsten Einzelhändler im Vereinigten Königreich, deren Marktanteile (gemessen an den Mengen) jeweils mehr als [10-20]* % betragen (Tendenz steigend). Sie erzielen eine umfassende geographische Abdeckung, worauf schon die große Zahl der Tankstellen hindeutet (jeweils mehr als 1800).
(696) Sie können ihre Kosten relativ niedrig halten, durch i) niedrige Lieferkosten (dank der direkten Belieferung durch unternehmenseigene Raffinerien oder Swapgeschäfte mit anderen Raffineriebetreibern), ii) einen hohen Durchschnittsdurchsatz pro Tankstelle (etwa [...] m3 und mehr) und iii) Tankstellenshops, mit denen zusätzliche Einnahmen und Gewinne erwirtschaftet werden.
(697) Ihre Marktanteile (mengenmäßig) haben sich seit 1994 leicht erhöht und betragen derzeit insgesamt [50-60]* %.
(698) Bei Total/Fina, Texaco, Conoco/Jet und Elf handelt es sich ebenfalls um vertikal integrierte Mineralölgesellschaften, die über Raffinerien im Vereinigten Königreich verfügen. Sie sind nicht derselben Kategorie zuzuordnen wie die Branchenriesen, weil sie erheblich geringere Marktanteile haben und auch nicht so stark präsent sind (abgesehen von Texaco haben diese Gesellschaften jeweils weniger als 1000 Tankstellen).
(699) Obwohl sie ebenfalls direkt von unternehmenseigenen Raffinerien oder im Rahmen von Tauschgeschäften mit anderen Raffineriebetreibern beliefert werden, sind ihre Lieferkosten offenbar höher als die der Branchenriesen, da sie in fast jedem der vergangenen fünf Jahre Verluste im Großhandelsbereich gemeldet haben. Schließlich erzielen die meisten dieser Unternehmen erheblich geringere Durchsätze (etwa 2000 m3 und weniger) als die Branchenriesen, so dass ihre Einzelhandelskosten höher sind.
(700) Darüber hinaus sind ihre gemeinsamen Marktanteile im Gegensatz zu denen der Branchenriesen seit 1994 offenbar um mehr als 23 % zurückgegangen und belaufen sich derzeit insgesamt auf etwa 20 %.
(701) Die Verbrauchermärkte (Tesco, Sainsbury's, Safeway und Asda) verkaufen Kraftstoffe an Tankstellen, die sich im Parkplatzbereich ihrer Einkaufszentren befinden. Sie sind vor allem in städtischen bzw. dicht besiedelten Gebieten ansässig, so dass sie nur eine begrenzte räumliche Reichweite erzielen, was noch durch die relativ geringe Zahl von Tankstellen bestätigt wird, die die einzelnen Verbrauchergroßmarktketten betreiben (weniger als 200).
(702) Die Verbrauchergroßmärkte werden vor allem von Raffinerien beliefert (einige von ihnen vorwiegend von BP/Mobil). Da sie jedoch normalerweise große Mengen von Kraftstoffen beziehen, lassen sie sich auch von Händlern bzw. Importunternehmen beliefern, deren Anteil an der gesamten Liefermenge bis zu 35-40 % erreichen kann.
(703) Die Tankstellen der Verbrauchergroßmärkte erzielen im allgemeinen einen wesentlich höheren Durchsatz (normalerweise 10000 m3) als Tankstellen anderer Einzelhändler. Dadurch entstanden ihnen bis zu dem Augenblick, da die Branchenriesen die Zahl der von ihnen betriebenen Tankstellen mit dem Ziel höherer Durchsätze verringerten, beträchtliche Kostenvorteile gegenüber allen anderen Einzelhändlern.
(704) Die Verbrauchermärkte erlangten in den letzten zehn Jahren bedeutende Marktanteile, die gegenwärtig insgesamt [20-30]* % betragen. Tesco wurde zum viertgrößten Kraftstoffeinzelhändler im Vereinigten Königreich. Das OFT(69) führt dieses eindrucksvolle Wachstum vor allem auf den anhaltenden Preisvorteil in beträchtlicher Höhe (zwischen 2,5 und 4 Pence pro Liter) zurück, den die Verbrauchergroßmärkte gegenüber ihren Wettbewerbern erzielen konnten. Darüber hinaus war dies offensichtlich auch durch die starke Erweiterung des Tankstellenbestandes bedingt (von 1994 bis 1997 jeweils mehr als 10 % jährlich). Wie nachstehend dargelegt, gibt es jedoch Hinweise drauf, dass sich die Marktanteile der Verbrauchermärkte in den kommenden Jahren aufgrund von Kapazitätsengpässen, Expansionsbeschränkungen und steigenden Kosten nicht wesentlich erhöhen können.
(705) Bei den unabhängigen Tankstellen handelt es sich im allgemeinen um "historische" Tankstellen, die vor langer Zeit errichtet wurden. Diese verkaufen normalerweise nicht nur Kraftstoffe, sondern auch andere Produkte (wie Heizöl, Lebensmittel usw.).
(706) Obwohl sie offenbar keine Schwierigkeiten bei der eigenen Belieferung haben, entstehen den unabhängigen Einzelhändlern, da diese nicht vertikal integriert sind, gewöhnlich höhere Lieferkosten. Die Ergebnisse der von der Kommission durchgeführten Umfrage deuten darauf hin, dass ihre Einzelhandelskosten auch über denen anderer Einzelhändler liegen, was vor allem auf ihren geringen Durchsatz zurückzuführen ist (normalerweise 500 m3). Eine Reihe solcher Tankstellen ist in ländlichen Gebieten angesiedelt, wo sie für zusätzliche Dienstleistungen bzw. für die bequeme Bereitstellung bestimmter Waren höhere Preise berechnen können (um bis zu 3-4 Pence pro Liter). So betreiben beispielsweise die meisten dieser Tankstellen auch Dorfläden, Postämter usw.
(707) Ihre Marktanteile belaufen sich insgesamt auf weniger als 6 % und sind weiter rückläufig.
Wettbewerbsdynamik - Kosten und Preise
Historische Perspektive
(708) Es gibt Hinweise darauf, dass der Kraftstoffsektor vor 1995 in wesentlich geringerem Maße auf Wettbewerb eingestellt war: [...]*.
(709) Ende 1994 bzw. Anfang 1995 erkannten die großen Mineralölgesellschaften offenbar, dass das Wachstum der Verbrauchergroßmärkte eine ernsthafte Bedrohung für ihre Geschäfte darstellt und möglicherweise zu der gleichen Marktstruktur wie in Frankreich führen könnte, wo die Verbrauchermärkte annähernd 50 % der Marktanteile innehaben und die Preise vor Steuern auf niedrigem Niveau liegen. Einige Mineralölgesellschaften, insbesondere Exxon, versuchten daraufhin, bei den Verbrauchergroßmärkten die Kosten im Verhältnis zu den eigenen Kosten zu erhöhen, indem Absatzvolumen von diesen abgezogen und zurückgewonnen werden sollte. Insbesondere Exxon ließ sich auf einen heftigen Preiskrieg mit den großen Mineralölgesellschaften ein (bekannt unter der Bezeichnung "Pricewatch-Kampagne") und nahm zugleich drastische Kostensenkungen vor.
(710) Dies führte zu einem erheblichen Absinken der Preise auf ein so niedriges Niveau, dass alle Einzelhändler offenbar im ersten Halbjahr 1996 Verluste zu verzeichnen hatten. Anschließende Versuche, die Preise zu erhöhen, waren nur erfolgreich, wenn sie von Exxon unterstützt wurden. Seither sind die Preise im Ansteigen begriffen und überschreiten sogar das Niveau der von den Verbrauchergroßmärkten ehemals für dieselben Frachtmarktpreise angesetzten Preise.
(711) Schließlich versuchten die großen Mineralölgesellschaften [...]* während desselben Zeitraums, die Kostenlücke zu den Verbrauchergroßmärkten zu schließen. [...]*.
(712) Bis 1995 herrschte auf dem Markt offenbar kein richtiger Wettbewerb. Darauf deutet die Tatsache hin, dass die Kraftstoffeinzelhandelspreise vor Steuern Anfang 1994 20 % höher waren als in Frankreich, bevor sie innerhalb von zwei Jahren um mehr als 30 % zurückgingen. [...]*.
(713) Unter diesen Bedingungen wurden die Verbrauchergroßmärkte offenbar nicht sehr ernst genommen. Gemäß dem OFT "konnten die Supermärkte bis 1995 weitgehend unangefochten Preise festsetzen, die beträchtlich unter denen des übrigen Marktes lagen. (...) Die Versuche der Mineralölgesellschaften, auf die Bedrohung durch die Supermärkte mit (Preisstützungsprogrammen) für die am stärksten betroffenen Tankstellen zu reagieren, erfolgten unsystematisch, normalerweise auf örtlicher Ebene und ohne größere Werbemaßnahmen".
(714) [...]*
(715) Ende 1994 erreichte der mengenmäßige Anteil der Verbrauchergroßmärkte etwa 17 %. Gemäß dem OFT "wurden die großen Mineralölgesellschaften dadurch, dass ihr Mengenanteil fortgesetzt zugunsten des sich rasch erweiternden Supermarktnetzes schrumpfte, zu einer härteren Reaktion als bisher gedrängt".
(716) [...]*. In diesem Zusammenhang befürchtete Exxon, dass "die Position von Esso auf dem Einzelhandelsmarkt und die Rentabilität des Unternehmens während der nächsten fünf bis zehn Jahre beträchtlich untergraben würden".
(717) Entsprechend stark war die Reaktion, bei der zwei verschiedene Waffen zum Einsatz kamen. Bei der ersten Waffe handelte es sich um einen heftigen Preiswettbewerb, durch den Exxon Absatzvolumen von den Verbrauchergroßmärkten zurückgewinnen wollte, um auf diese Weise die Lücke zwischen den Kosten von Exxon und denen der Verbrauchergroßmärkte zu schließen. Exxon zielte ferner darauf ab, das weitere Vordringen bzw. die Expansion der Verbrauchergroßmärkte zu verhindern. Bei der zweiten Waffe handelte es sich um ein Programm zur drastischen Senkung der Kosten.
Die "Pricewatch-Kampagne"
(718) Als erster Einzelhändler trat BP Ende 1994 mit der Ankündigung in Aktion, als Antwort auf die Supermärkte zu einer landesweiten Preisstrategie überzugehen. Bald folgte auch Exxon, das seine "Pricewatch Campaign" im Herbst 1995 versuchsweise in Schottland und Nordostengland durchführte, um sie im Januar 1996 landesweit auf den Weg zu bringen. Auch Shell erklärte, sich in allen Pricewatch-Gebieten Exxons Angebot anpassen zu wollen.
(719) Die Pricewatch-Kampagne bestand darin, sich dem Preisniveau der Verbrauchergroßmärkte anzupassen und dies der Öffentlichkeit zu vermitteln, um auf diese Weise Absatzvolumen von den Tankstellen der Verbrauchergroßmärkte für die Exxon-Tankstellen zurückzugewinnen. Die anderen großen Mineralölgesellschaften schlossen sich diesem Ansatz an, wenn auch in geringerem Umfang.
(720) Im ersten Halbjahr 1996 hatte dieser Preiswettbewerb offenbar verheerende Auswirkungen auf die Einzelhandelsmargen. [...]*. Demzufolge gingen die Bruttomargen zurück und fielen sogar auf ein Niveau, das 50 % niedriger war als in Frankreich. Auf einem solchen Stand war es offenbar keinem Kraftstoffeinzelhandelsunternehmen mehr möglich, kostendeckend zu arbeiten.
"Wiederherstellung der Preise"
(721) Die dadurch verursachten Verluste scheinen die Verbrauchergroßmärkte, BP oder Shell veranlasst zu haben, beim Versuch, Preiserhöhungen durchzusetzen, in Führung zu gehen. Die meisten dieser frühen Versuche schlugen fehl, [...]*. Diese Bewegung wurde 1997 fortgesetzt, als die Einzelhandelspreise ein Niveau erreichten, das aufgrund der Frachtmarktpreise normalerweise von den Verbrauchergroßmärkten angesetzt wurde.
(722) Diese Bewegung setzte sich jedoch im Gegensatz zu der im Rahmen von "Pricewatch" herbeigeführten Situation auch 1998 fort, als die Verbrauchergroßmärkte offenkundig akzeptierten, dass die Einzelhandelspreise über dem vor "Pricewatch" normalerweise berechneten Niveau liegen sollten.
Kostenbewegungen
(723) Im Zeitraum 1994-1995 waren die Kosten der Verbrauchergroßmärkte offenbar um 0,02 bis 0,03 GBP pro Liter günstiger als die der großen Mineralölgesellschaften. In diesem Kontext wäre möglicherweise ein Preiswettkampf seitens der großen Mineralölgesellschaften ohne zusätzliche kostenorientierte Programme zum Scheitern verurteilt gewesen.
(724) Deshalb wurden im Zeitraum 1995-1998 zusätzlich zu dem Preiswettbewerb zwischen den großen Mineralölgesellschaften (insbesondere Exxon) und den Verbrauchergroßmärkten auch durchgreifende kostenorientierte Maßnahmen ergriffen.
(725) Diese Maßnahmen erstreckten sich zwar auf eine Reihe von Bereichen, das am deutlichsten erkennbare (wenn nicht gar wichtigste) Programm bestand jedoch in der Verringerung des zwischen den Verbrauchergroßmärkten und den Tankstellen der großen Mineralölgesellschaften bestehenden Unterschieds beim mittleren Durchsatz pro Tankstelle. Dieses Ziel wurde offenbar vor allem durch zwei verschiedene Aktionen erreicht:
- Preiswettbewerb mit den Verbrauchergroßmärkten: Dieser zielte darauf ab, Absatzvolumen von diesen Märkten (durch Verringerung ihres Absatzvolumens) für die großen Mineralölgesellschaften (durch Erhöhung ihres Absatzvolumens zurückzugewinnen. Im Ergebnis der "Pricewatch-Kampagne" hatte sich das von Exxon erzielte Volumen im ersten Halbjahr 1996 offenbar um etwa [...]* % erhöht;
- Die Schließung unwirtschaftlicher Tankstellen: zwischen 1994 und 1997 verlor Exxon 11 % seiner Markentankstellen, BP und Mobil verloren 10 % ihrer kombinierten Tankstellen, während bei Shell 30 % aller Tankstellen von der Schließung betroffen waren. Da die meisten der von der Schließung betroffenen Tankstellen Eigentum der Händler waren bzw. von diesen betrieben wurden, sei ferner darauf hingewiesen, dass diese Kampagne die Kontrolle der großen Mineralölgesellschaften über ihre Einzelhandelsnetze verstärkte.
(726) Deswegen und infolge weiterer Sparmaßnahmen [...]*.
(727) Alle anderen Wettbewerber scheinen in diesem Zeitraum in erster Linie gegenüber den großen Mineralölgesellschaften und den Verbrauchergroßmärkten tatsächlich an Boden verloren zu haben: Sie waren offenbar nicht in der Lage, mit den Verbrauchergroßmärkten und den großen Mineralölgesellschaften Schritt zu halten, denn die Marktanteile dieser Wettbewerbergruppen schrumpften zwischen 1994 und 1998 jeweils um mehr als 23 %.
Die "kleineren Großen" und die unabhängigen Einzelhändler üben keinen Wettbewerbsdruck mehr aus
(728) Durch die Veränderungen im Kraftstoffeinzelhandelssektor im Vereinigten Königreich entstand eine neue Marktstruktur, in der die "kleineren Großen" und die unabhängigen Einzelhändler keinen wirklichen Wettbewerbsdruck mehr ausüben können.
(729) Ein deutlicher Hinweis dafür ist der Umstand, dass die "kleineren Großen" und die unabhängigen Einzelhändler nicht in der Lage waren, mit den Verbrauchergroßmärkten und den großen Mineralölgesellschaften Schritt zu halten. Belegt wird dies aber auch durch die nunmehr wesentlich geringeren mittleren Durchsätze dieser Unternehmen (weniger als 2300) im Vergleich zu den großen Mineralölgesellschaften (mehr als [...]*) oder den Verbrauchergroßmärkten. Weitere Bestätigung ist die Tatsache, dass keiner dieser Einzelwettbewerber derzeit auf einen Marktanteil von mehr als 6 % kommt, und dass [...]*.
(730) Erhärtet wird dies ebenfalls durch den OFT-Bericht, in dem festgestellt wird, dass "die Gewinnmargen der unabhängigen Einzelhändler (...) in den meisten Fällen wahrscheinlich geringer sind als die anderer Tankstellen in vergleichbaren Gebieten, und dass sie bei vielen dieser Händler möglicherweise ein nicht mehr tragbares Niveau erreichen".
Die Verbrauchergroßmärkte werden nicht mehr als Preisführer fungieren
(731) Es gibt auch Hinweise darauf, dass die Verbrauchergroßmärkte nicht mehr versuchen bzw. in der Lage sein werden, die Preisführerschaft zu übernehmen, sondern dass sie sich am Preisniveau der großen Mineralölgesellschaften orientieren werden. Insbesondere wiesen die Verbrauchergroßmärkte darauf hin, dass sie zwar weiterhin versuchen werden, ihre Preise so festzusetzen, dass sie dem jeweils niedrigsten Preis entsprechen, der an einer der Tankstellen ihrer Hauptkonkurrenten angezeigt wird, dass sie jedoch nunmehr von einer Politik Abstand nehmen werden, die auf das aktive Bestreben ausgerichtet ist, die Tankstellenpreise der konkurrierenden Tankstellen der führenden Mineralölgesellschaften zu unterbieten.
(732) [...]*. Dies findet Bestätigung dadurch, dass für die kommenden Jahre ein Anstieg der Bruttomargen erwartet wird, obwohl diese 1997 ein historisches Niveau erreichten.
(733) Eine erste Erklärung für diese Entwicklung liegt darin, dass die Verbrauchergroßmärkte sehr wenig Spielraum für offensive Wettbewerbsaktionen haben werden, da sie keine wirklichen Kostenvorteile mehr gegenüber den großen Mineralölgesellschaften für sich verbuchen können. [...]*. Darüber hinaus ergibt sich aus der von der Kommission durchgeführten Untersuchung, dass die Kosten der Verbrauchergroßmärkte in Zukunft steigen dürften, da bei neuen Tankstellen mit einem geringeren Durchsatz und daher mit Kosten gerechnet wird, die über den derzeitigen liegen werden.
(734) Ferner besteht gemäß der Umfrage der Kommission eine weitere Erklärung darin, dass den Verbrauchergroßmärkte nach "Pricewatch" bewusst ist, dass die großen Mineralölgesellschaften sich jeder aggressive Preisstrategie anschließen, selbst wenn dies schwere Verluste im Einzelhandelssektor nach sich zieht. Somit bestuende kein Anreiz für Preissenkungen, da sie nicht zu einer Erhöhung der Marktanteile, sondern zu einer Verringerung der Gewinne führen würden.
(735) Dass eine aggressive Preisgestaltung den Verbrauchergroßmärkten wahrscheinlich nichts einbringt, wird darüber hinaus durch die Tatsache bestätigt, dass es ihnen nicht möglich ist, ihr Absatzvolumen wesentlich zu steigern. Aus der Umfrage der Kommission geht hervor, dass es für die Verbrauchergroßmärkte sehr schwer wäre, ihr Absatzvolumen mit den bestehenden Tankstellen zu vergrößern oder Baugenehmigungen für neue Tankstellen zu erhalten, und dass die zusätzlichen Tankstellen, deren Eröffnung die Verbrauchergroßmärkte dessen ungeachtet planen, einen geringeren Durchsatz (und somit auch eine geringere Rentabilität) erzielen werden. Auch die Verbrauchergroßmärkte erklärten, dass sie keine wesentliche Erhöhung ihrer Marktanteile erwarten.
(736) Diese Schlussfolgerungen werden durch den OFT-Bericht bestätigt, in dem es heißt, dass "die Supermarkt-Tankstellen offenbar ihre Wachstumsgrenze fast erreicht haben. (...) Eine weitere Absatzsteigerung ist nur bei Vergrößerung des Marktanteils erreichbar, und auch hier sind durch die Kapazität Grenzen gesetzt. Da der Kraftstoffabsatz seine Grenzen erreicht, verringert sich der Anreiz, mit geringen Margen (...) zu verkaufen."
(737) Schließlich haben einige Verbrauchergroßmärkte vor kurzem mit führenden Mineralölgesellschaften Gemeinschaftsunternehmen für die Bereitstellung und den Betrieb von Markenshops der Verbrauchergroßmärkte an Markentankstellen der großen Mineralölgesellschaften abgeschlossen. Beispiele hierfür sind BP/Safeway und Exxon/Tesco. Derzeit beschränkt sich diese Zusammenarbeit auf die betreffenden Markentankstellen der großen Mineralölgesellschaften und betrifft weder den Betrieb noch die Belieferung der von den Verbrauchergroßmärkten in eigener Regie betriebenen Tankstellen. Daraus werden sich jedoch langfristige Beziehungen zwischen den Verbrauchergroßmärkten und den großen Mineralölgesellschaften entwickeln, die sich schließlich auf das Kraftstoffeinzelhandelsgeschäft der Verbrauchergroßmärkte ausdehnen könnten. Jedenfalls werden sie den Anreiz für die Verbrauchergroßmärkte, mit den großen Mineralölgesellschaften zu konkurrieren, wahrscheinlich verringern.
(738) Obwohl die Verbrauchergroßmärkte in der Vergangenheit im Kraftstoffeinzelhandelssektor als Preisführer aufgetreten sind, pegeln sich ihre Marktanteile und Kapazitäten auf einem bestimmten Niveau ein, und bei der Preisgestaltung orientieren sie sich allem Anschein nach an den großen Mineralölgesellschaften. Dies wird auch durch die Ergebnisse der von der Kommission durchgeführten Umfrage bestätigt, in der die Verbrauchergroßmärkte erklärten, dass sie bei Änderungen der Großhandelspreise Entscheidungen über eigene Maßnahmen generell erst nach Beobachtung der Reaktion der großen Mineralölgesellschaften treffen würden.
Die großen Mineralölgesellschaften werden sich eindeutig als Marktführer positionieren
(739) Im Gegensatz dazu scheinen die großen Mineralölgesellschaften aus dem erbitterten Preiswettkampf von 1995/1996 eher gestärkt als geschwächt hervorgegangen zu sein. Dies ergibt sich erstens eindeutig aus der Tatsache, dass sich ihre gemeinsamen Marktanteile zwischen 1995 und 1998 um etwa [...]* % erhöht haben.
(740) Darüber hinaus scheinen die derzeitigen Gewinne einiger großer Mineralölgesellschaften sogar höher zu sein als Anfang 1995, obwohl die Bruttomargen weit unter denen von Anfang 1995 liegen (vor Beginn des aggressiven Preiswettbewerbs mit den Verbrauchergroßmärkten).
(741) Abgesehen davon, dass sich ihre Gewinne erhöhten, konnten die großen Mineralölgesellschaften auch ihre Marktbeherrschung verbessern, da die in der Phase des Preiskriegs entstandenen Schäden überwiegend zu Lasten der "kleineren Großen" und der unabhängigen Einzelhändler gingen. Die Verbrauchergroßmärkte sind offenbar nicht mehr in der Lage, eine erhebliche Bedrohung für Exxon, BP/Mobil und Shell darzustellen, und weil eine beträchtliche Zahl der von Händlern betriebenen Tankstellen (bei denen es schwieriger ist, die Preise zu kontrollieren) geschlossen wurde.
(742) Vor diesem Hintergrund positionieren sich die großen Mineralölgesellschaften im Vereinigten Königreich nunmehr offenbar eindeutig als Marktführer des Kraftstoffeinzelhandelssektors, so dass sich ein signifikanter Wettbewerb nur aus der Konkurrenz zwischen den Mitgliedern dieser Gruppe ergeben könnte, da die anderen Wettbewerber gar nicht mehr dazu in der Lage sind und auch keinen Anreiz dafür haben, Exxon, BP/Mobil und Shell den Kampf anzusagen.
(743) In der Antwort der Parteien wird angeführt, dass die Zapfpreise vor Steuern und die Bruttovertriebsmargen im Vereinigten Königreich zu den niedrigsten in Europa zählen, dies auf einen intensiven Wettbewerb hindeute und der seit langem andauernde und auf intensiven Wettbewerb zurückzuführende Trend des Rückgangs der Margen anhalten dürfte. Hierzu sei angemerkt, dass die Zapfpreise vor Steuern und die Bruttovertriebsmargen im Vereinigten Königreich zwar relativ niedrig sein mögen, dies aber - offenbar - auch für die Kosten gilt. Beispielsweise sind zwischen 1994 und 1997 die Kosten bei Exxon um [...]* % gefallen. Im Gegenzug sind entgegen den Einwänden der beteiligten Unternehmen [...]*. Diese Zahlen können nicht als Beleg für die Richtigkeit der Behauptungen der Parteien betrachtet werden.
(744) Die Parteien führen ferner an, dass die bei der Kommission eingereichten Unterlagen zeigen, dass die Verbrauchergroßmärkte sich eventuellen Preiserhöhungen durch die Großunternehmen nicht anschließen. Zudem würde sich die Strategie der Verbrauchergroßmärkte, beim Preis in ihrem Einzugsgebiet unschlagbar zu sein, auch nach dem angemeldeten Zusammenschluss wahrscheinlich nicht ändern. Damit sei bewiesen, dass die Großunternehmen keine Marktmacht ausüben können. Wie jedoch bereits ausgeführt wurde, können die Verbrauchergroßmärkte sowohl weiterhin die niedrigsten Preise in ihrem Einzugsgebiet anbieten, als auch sich den Preissteigerungen anschließen. [...]*. Bestätigt wird dies auch dadurch, dass die Verbrauchergroßmärkte ihre Absicht bekundet haben, von der Politik der generellen Unterbietung der Zapfpreise ihrer Konkurrenten, der großen Mineralölgesellschaften, abzugehen und dass sie im Falle einer Preisanhebung, ehe sie eigene Schritte unternehmen, generell auf die Reaktion der Großunternehmen schauen würden. Weiterer Beweis ist der Umstand, dass es nach Ansicht der Verbrauchergroßmärkte für sie schwierig ist, den Absatz an den bestehenden Tankstellen zu erhöhen und Tankstellen, die im Wettbewerb bestehen können, zu eröffnen. In diesem Zusammenhang sei vermerkt, dass von einigen Verbrauchergroßmärkten zwar angegeben wurde, dass sie einer Anhebung des Preises um 5 % nicht folgen würden, dies aber (wie aus den Antworten hervorgeht) darauf zurückzuführen ist, dass eine Anhebung um 5 % im Kraftstoffeinzelhandel sehr ungewöhnlich ist.
(745) Darüber hinaus scheint die neue Marktstruktur starke Anreize für oligopolistische Verhaltensweisen zu bieten, die offenbar noch mächtiger sind als vor dem Aufstieg der Verbrauchergroßmärkte.
(746) Die allgemeinen Merkmale des europäischen Kraftstoffsektors (d. h. Gleichartigkeit der Produkte, Transparenz, fehlende technische Weiterentwicklung, Starre der Nachfrage, Fehlen einer gegengewichtigen Kaufkraft, hohe Markteintrittsschranken usw.) sowie die Beziehungen zwischen Exxon, BP/Mobil und Shell (vertikale Integration, Kontakte auf vielen Märkten usw.) deuten eindeutig darauf hin, dass die Marktstruktur die Herausbildung oligopolistischer Verhaltensweisen fördert.
(747) Zusätzlich zu den genannten allgemeinen Merkmalen führt die Struktur des britischen Marktes, die sich im Ergebnis der jüngsten Entwicklung herausgebildet hat, dazu, dass diese Anreize in einem Maße verstärkt werden, von dem man mit Recht behaupten kann, dass es (wenn überhaupt) viele Jahre lang nicht vorhanden gewesen ist.
(748) Erstens erwies sich der Kraftstoffeinzelhandelsmarkt des Vereinigten Königreichs in den vergangenen Jahren angesichts der Tatsache, dass das Absatzvolumen sich von 1994 bis 1998 um weniger als 2 % erhöhte, als besonders wachstumsschwach.
(749) Zweitens besteht eindeutig ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Marktanteilen von Exxon, BP/Mobil und Shell, die 1998 zwischen [10-20]* % (Shell) und [10-20]* % (Exxon) lagen. Obwohl argumentiert werden kann, dass diese Marktanteile sich in den letzten vier Jahren nicht auf einem stabilen Niveau gehalten haben, so ist doch von größerer Bedeutung, dass i) sich all diese Marktanteile vergrößert haben (und auf diese Weise den wachsenden Einfluss der großen Mineralölgesellschaften auf den Kraftstoffsektor widerspiegeln) und ii) dass das Verhältnis zwischen den Marktanteilen der großen Mineralölgesellschaften in den letzten Jahren noch ausgewogener geworden ist, da sich der Unterschied zwischen dem höchsten und dem niedrigsten dieser Marktanteile seit 1994 um 37 % verringert hat.
(750) Drittens scheint es eine enge Korrelation zwischen der Kostenstruktur dieser Unternehmen [...]*. Die Parteien sind in diesem Punkt anderer Meinung und behaupten, dass die Unterschiede bei den Betriebskosten zwischen den verschiedenen Akteuren auf diesem Markt viel größer sind. [...]*. Die Parteien behaupten darüber hinaus, dass selbst innerhalb des Unternehmens Exxon in Abhängigkeit von der Größe und dem Angebot der Tankstelle Kostenunterschiede bestehen. Hierzu ist zunächst anzumerken, dass die nationale Strategie der Marktteilnehmer (und zumindest die von Exxon) auf der Grundlage der durchschnittlichen Erfordernisse für das Erreichen der Rentabilitätsschwelle definiert wird und bei der Erörterung der Symmetrie der Kostenstruktur der Marktteilnehmer daher die durchschnittliche Kostenstruktur in Betracht zu ziehen ist. Zweitens bestätigt die große Schwankungsbreite der Kosten bei einem bestimmten Wettbewerber die Tatsache, dass eine Differenz von ungefähr 0,01 GBP pro Liter zwischen den durchschnittlichen Kosten mehrerer Wettbewerber auf Kostensymmetrie zwischen diesen Wettbewerbern schließen lässt.
(751) Viertens befinden sich offenbar auch die für Exxon, BP/Mobil und Shell bestehenden Anreize in einem ausgewogenen Verhältnis, da alle drei großen Mineralölgesellschaften den Markt des Vereinigten Königreichs landesweit abdecken und in gleichem Maße vertikal integriert sind. Außerdem sind sie gemeinsame Eigentümer von Lagereinrichtungen und Leitungen.
(752) Schließlich, und dies ist vielleicht dar wichtigste Punkt, verfügen die großen Mineralölgesellschaften nunmehr über eine beträchtliche Marktmacht über den Kraftstoffeinzelhandelssektor des Vereinigten Königreichs. Dadurch können die großen Mineralölgesellschaften aus aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen wesentlich stärker profitieren, so dass sich auch der Anreiz für solche Verhaltensweisen wesentlich erhöht.
(753) Auch wenn man zu der Schlussfolgerung gelangen kann, wie von den Parteien vorgelegt und vom OFT 1998 berichtet, dass auf dem Kraftstoffeinzelhandelssektor im Vereinigten Königreich nach wie vor Wettbewerb herrscht, ist es doch so, dass die Parteien die Kontrolle über diesen Markt zurückerlangt haben, so dass sich ein signifikanter Wettbewerb lediglich aus der Konkurrenz zwischen den Mitgliedern dieser Gruppe ergeben könnte, und dass eine solche Konkurrenz aufgrund der oben beschriebenen Entwicklungen unwahrscheinlicher geworden ist.
(754) In der Antwort der Parteien heißt es, dass in der Kraftstoffeinzelhandelsbranche im Vereinigten Königreich ein intensiver Wettbewerb herrscht, weil die Wettbewerbsbehörden des Vereinigten Königreichs in ihren Überprüfungen der Marktsituation zu dem Schluss gelangt sind, dass der Markt stark wettbewerbsorientiert ist. Hierzu muss darauf hingewiesen werden, dass, wie an anderer Stelle bereits ausgeführt, der Markt sich in den vergangenen Jahren stark verändert zu haben scheint, so dass an die Stelle des heftigen Preiswettbewerbs Mitte der 90er Jahre die Kontrolle durch die Großunternehmen getreten ist. Zwar wird im neuesten Bericht der OFT festgestellt, dass der Markt wettbewerbsorientiert ist, doch enthält er auch die Schlussfolgerung, dass "der Markt weiter beobachtet werden muss, damit sichergestellt wird, dass der Wettbewerb zwischen den großen Marktteilnehmern im Zuge der weiteren Marktkonzentration nicht erstickt."
Markteintrittsschranken - Expansion - potenzieller Wettbewerb
(755) Die Aussicht eines möglichen Marktwachstums oder -eintritts würde für Exxon, BP/Mobil und Shell offenbar keine Herausforderung darstellen, da beim Absatzvolumen im Vereinigten Königreich seit 1994 ein relativ geringes Wachstum zu verzeichnen ist (weniger als 2 % in drei Jahren) und der Markteintritt neuer Unternehmen sehr unwahrscheinlich zu sein scheint.
(756) Im OFT-Bericht wird insbesondere festgestellt, dass "der Eintritt auf den Einzelhandelsmarkt angesichts der geringen Margen beim Kraftstoffabsatz und der mit der Einhaltung der Umweltschutzvorschriften verbundenen Kosten derzeit nicht attraktiv ist. Um ausreichende Erträge zu erzielen, muss der Eintritt in sehr großem Umfang erfolgen, wobei es sich als schwierig erweisen kann, Baugenehmigungen für Tankstellen auf der grünen Wiese zu erlangen. Man könnte zwar argumentieren, dass es künftig durch Wiedereröffnung der zahlreichen in den letzten Jahren geschlossenen Tankstellen zum Eintritt neuer Unternehmen kommen könnte. Dabei wird es sich aber zumeist um kleinere Tankstellen handeln. Außerdem müssen Tankstellen gemäß den Umweltschutzvorschriften vollständig geschlossen und die Tanks mit Beton gefuellt werden. Solche Tankstellen werden oftmals einer alternativen Verwendung zugeführt, was die Wiedereröffnung einer ehemaligen Tankstelle fast genauso schwierig wie den Bau einer neuen macht."
(757) Und obwohl die Parteien geltend machen, dass neue Unternehmen auf dem Einzelhandelsmarkt Fuß können, sind die einzigen Beispiele, die sie nennen, die Verbrauchergroßmärkte (bei denen es sich in Wirklichkeit nicht um neue Marktteilnehmer handelt) und das "Save"-Netz (das einen sehr begrenzten Marktanteil hat und 1997 15 % seiner Tankstellen verlor).
DIE SITUATION NACH DEM ZUSAMMENSCHLUSS - AUSWIRKUNGEN DES ZUSAMMENSCHLUSSES AUF DEN WETTBEWERB
(758) Die Bewertung der Auswirkungen des Zusammenschlusses hat vor dem dargelegten Hintergrund zu erfolgen. Dabei müssen auch die Besonderheiten Berücksichtigung finden, die im den strukturellen Merkmalen der Einzelhandelsmärkte für Kraftstoffe gewidmeten Abschnitt dargelegt wurden.
(759) Wie bereits erläutert, haben sich die großen Mineralölgesellschaften nunmehr im Kraftstoffeinzelhandelssektor des Vereinigten Königreichs eindeutig als Marktführer positioniert, und die anderen Wettbewerber haben die Fähigkeit verloren, sich auf einen nennenswerten Wettbewerb gegen Exxon, BP/Mobil und Shell einzulassen, wofür auch kein Anreiz mehr besteht. Die Marktstruktur begünstigt in erheblichem Maße oligopolistische Verhaltensweisen zwischen den drei großen Mineralölgesellschaften, die ähnliche Merkmale aufweisen und über vergleichbare Marktanteile verfügen.
(760) Von dritter Seite wurde darauf hingewiesen, dass es zwischen Exxon und BP einen Preiswettbewerb gibt und von dieser Dynamik angenommen werden kann, dass sie die Preise auf dem britischen Markt in Zukunft beeinflusst. [...]*. Angesichts der neuen starken Anreize für die großen Mineralölgesellschaften, oligopolistische Verhaltensweisen an den Tag zu legen, ist das Weiterbestehen dieser Konkurrenz unwahrscheinlich.
(761) Wie oben dargelegt, wird der angemeldete Zusammenschluss eine strukturelle Verflechtung zwischen Exxon und BP/Mobil schaffen, durch die Exxon in die Lage versetzt wird, einen beträchtlichen Einfluss auf das Unternehmen BP/Mobil auszuüben, und durch die allgemeiner gesehen neue Anreize für eine Zusammenarbeit zwischen diesen drei Gesellschaften entstehen werden. Angesichts des zusätzlichen Bestehens starker Marktanreize für eine solche Zusammenarbeit ist es sehr wahrscheinlich, dass nach dem Zusammenschluss jeder wirkliche Wettbewerb zwischen Exxon und BP/Mobil ausgeschaltet wird.
(762) Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass Shell nicht den Versuch unternehmen würde, die Wettbewerbsposition von Exxon und BP/Mobil in Frage zu stellen. Hoechstwahrscheinlich wird Shell statt dessen zusammen mit Exxon und BP/Mobil ein Oligopol bilden.
(763) Dem Anschein nach war Shell auch vor dem Zusammenschluss kein sehr aggressiver Preiskonkurrent. [...]*. Darüber hinaus war Shell offenbar einer der Hauptteilnehmer der Bewegung zur Wiederherstellung der Preise, [...]*.
(764) Statt dessen wurde von dritter Seite erklärt, dass die Strategie von Shell darauf abzielt, seine Produkte als Spitzenqualitätsmarken zu positionieren, was nicht nur für Kraftstoffe gilt. Dies veranlasst Shell offenbar, seine Produkte zu Preisen anzubieten, die über dem Marktniveau liegen.
(765) Auch gibt es keinen Hinweis dafür, dass Shell versuchen würde oder dazu in der Lage wäre, diese Strategie nach dem Zusammenschluss zu ändern. [...]*. Zweitens ist Shell im Gegensatz zu Exxon und BP/Mobil nicht an Gemeinschaftsunternehmen mit Verbrauchergroßmärkten beteiligt und kann demzufolge keine ähnlichen Angebote unterbreiten. Schließlich scheint die derzeitige Strategie von Shell relativ erfolgreich zu sein, da sein Marktanteil am Kraftstoffeinzelhandelsvolumen sich zwischen 1994 und 1998 um 13 % erhöht hat (obwohl diesem Wachstum, wie bereits erwähnt, in Zukunft Grenzen gesetzt sein dürften).
(766) Darüber hinaus ist Shell bereits an einer Reihe von Partnerschaften mit BP/Mobil und Exxon beteiligt: Shell ist Miteigentümer einer Reihe von Vertriebsterminals im Vereinigten Königreich, an denen entweder auch BP/Mobil oder Exxon beteiligt ist, und Shell sowie BP/Mobil sind Miteigentümer an zwei der wichtigsten Leitungsnetze in England und Wales. Auch die Verflechtungen zwischen Shell und BP dürften sich nach der Schließung von Shells Shellhaven-Raffinerie verstärken, da Shell dann wahrscheinlich einen beträchtlichen Teil seiner raffinierten Kraftstoffe von der BP/Mobil-Raffinerie in Coryton beziehen wird.
(767) Schließlich wird die Wahrscheinlichkeit, dass Shell eine wettbewerbsorientiertere Haltung einnimmt, um so geringer, wie die Anreize für die beschriebenen oligopolistischen Verhaltensweisen nunmehr stärker sind, als sie dies wohl über viele Jahre waren.
(768) Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen liegt die Schlussfolgerung nahe, dass die führenden Mineralölgesellschaften nach dem Zusammenschluss ein Oligopol über den Kraftstoffsektor des Vereinigten Königreichs bilden werden.
Einzigartige Stellung im Großhandelssektor
(769) Exxon, BP/Mobil und Shell betreiben den Absatz von Otto- und Dieselkraftstoff an Dritte auf Großhandelsebene. Der Kommission liegen Zahlen vor, die belegen, dass ihre gemeinsamen Marktanteile in diesem Sektor derzeit etwa [30-40]* % ausmachen.
(770) Die betreffenden Marktzahlen stellen jedoch eine Unterschätzung der tatsächlichen Marktmacht der großen Mineralölgesellschaften dar. Diesbezüglich sei darauf hingewiesen, dass die großen Mineralölgesellschaften selbst nach der Schließung der Shellhaven-Raffinerie gemeinsam etwa [50-60]* % der gesamten Raffineriekapazität des Vereinigten Königreichs repräsentieren. Ferner werden sie zusammen im Besitz von [40-50]* % der Terminals im Vereinigten Königreich sowie Miteigentümer (gemeinsam mit kleineren Unternehmen) von weiteren [0-10]* % der Terminals sein. Schließlich werden die Raffinerie von Exxon in Fawley und die Raffinerie von BP/Mobil in Coryton die zwei einzigen Raffinerien in Süd- und Südostengland sein.
(771) Somit werden Exxon, BP/Mobil und Shell eine einzigartige Wettbewerbsposition besetzen. Erstens können diese Gesellschaften als Raffineriebetreiber Tauschgeschäfte mit anderen Raffineriebetreibern tätigen und dadurch landesweit Lieferungen zu besseren Bedingungen erhalten als Unternehmen, die keine eigene Raffinerie besitzen. Zweitens werden sie angesichts des zu erwartenden unübertroffenen Absatzvolumens und der beispiellosen räumlich-geographischen Abdeckung des britischen Staatsgebiets gegenüber anderen Raffineriebetreibern beträchtliche Wettbewerbsvorteile haben. So wird beispielsweise die Raffineriekapazität der großen Mineralölgesellschaften fünfmal so hoch sein wie die ihrer nächsten Wettbewerber (Texaco und Conoco), und die Zahl der Vertriebsterminals, deren Eigentümer bzw. Miteigentümer sie sind, wird wesentlich höher sein als bei ihren nächsten Wettbewerbern.
(772) Die großen Mineralölgesellschaften werden in wesentlich geringerem Maße von Tauschgeschäften mit anderen Raffineriebetreibern abhängig sein, als dies umgekehrt der Fall ist. Daher ist eine mögliche Folge ihrer Zusammenarbeit der Anreiz und die Möglichkeit, bei den Swapvereinbarungen mit anderen Raffineriebetreibern härtere Bedingungen durchzusetzen.
(773) Eine weitere mögliche Folge der Situation nach dem Zusammenschluss besteht darin, dass die großen Mineralölgesellschaften besser in der Lage sein werden, an einzelnen Orten durchgeführte Aktionen anderer Raffineriebetreiber oder Großhändler (beispielsweise den Markteintritt) abzuwehren, da sie aufgrund ihrer umfassenderen geographischen Abdeckung in der Lage wären, die durch örtlich begrenzte Maßnahmen von Wettbewerbern entstehenden Kosten über größere Absatzmengen und Absatzgebiete auszugleichen.
(774) Eine dritte mögliche Folge der Situation nach dem Zusammenschluss besteht darin, dass Exxon BP/Mobil (oder sogar Shell), derzeit einer der wichtigsten Zulieferer der Verbrauchergroßmärkte, dazu drängen wird, von diesen Kunden höhere Preise zu verlangen oder ihnen geringere Mengen zu liefern. Einige Verbrauchergroßmärkte haben die Befürchtung geäußert, dass ein solches Verhalten ihre Kosten in die Höhe treiben und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit im nachgelagerten Kraftstoffeinzelhandelssektor untergraben könnte.
(775) Angesichts der Kapazitätsüberschüsse der Raffinerien und der beträchtlichen Zahl von Großhändlern im Vereinigten Königreich führt der Zusammenschluss im Großhandelssektor dieses Landes möglicherweise nicht zu einer marktbeherrschenden Stellung. Die großen Mineralölgesellschaften werden jedoch über eine einzigartige Wettbewerbsposition in diesem Sektor verfügen, wodurch, wie bereits erörtert, die Lieferkosten ihrer Wettbewerber in die Höhe getrieben werden.
(776) Die Parteien behaupten, dass der Anteil von ca. 46 % an der britischen Raffineriekapazität und 58 % an den Verteilungsterminals des Landes, den andere als die Großunternehmen aufweisen, jegliche Schlussfolgerung in Frage stellt, derzufolge die Großunternehmen nach dem Zusammenschluss Marktmacht auszuüben in der Lage sind oder die Lieferkosten der anderen Wettbewerber anheben können. Wie bereits dargelegt, kann angesichts dieser Zahlen und der Nachforschungen der Kommission geschlussfolgert werden, dass der Großhandelssektor weiterhin von Wettbewerb geprägt sein wird. Was in den Argumenten der Parteien jedoch unberücksichtigt bleibt, ist die Tatsache, dass die anderen Wettbewerber im Großhandelssektor viel kleiner sind als jedes der Großunternehmen, dass ihr räumlicher Erfassungsbereich meist begrenzt ist und sie entweder über keine Swapmöglichkeiten verfügen oder von Swaps der Parteien zu einem weit größeren Maß abhängen als die Großunternehmen von Swaps mit ihnen abhängen. Folglich stellen sie nicht in Frage, dass die Großunternehmen in der Lage sein werden, die Lieferkosten ihrer Rivalen anzugreifen oder sich erfolgreich an Wettbewerbsmaßnahmen auf lokaler Eben zu beteiligen.
(777) Den Angaben der Parteien zufolge gibt es auch Belege dafür, dass Raffination und Marketing von den integrierten Unternehmen als getrennte Geschäftsbereiche betrachtet werden. Die Parteien sind daher der Meinung, dass die vertikale Integration den Großunternehmen gegenüber den nicht integrierten Marktteilnehmern keinen Vorteil verschafft. Dies spiegele sich in der Zunahme der Zahl von nicht integrierten Unternehmen wider, insbesondere der Verbrauchergroßmärkte oder Ketten wie British Fuels. Hierzu muss jedoch festgestellt werden, dass die Behandlung von Raffination und Marketing als getrennte Geschäftsbereiche nicht die Möglichkeit ausschließt, dass die vertikale Integration den integrierten Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil sichern kann und dies bereits der Fall ist, denn die Raffineriebetreiber verfügen über sichere Zulieferquellen und können Swaps nutzen. Dies betrifft auch die Großunternehmen, denen die räumliche Reichweite und die Verteilungsinfrastruktur (wie Leitungen und Verteilungsterminals) zugute kommen. Im übrigen ist anzumerken, dass mit Ausnahme der Verbrauchergroßmärkte (die durch ihre Größe, Präsenz und Markenanerkennung etwas außergewöhnliche Wettbewerber sind), nicht integrierte Unternehmen nur einen sehr kleinen (weniger als 6 %) und abnehmenden Teil des Einzelhandels ausmachen.
Unangefochtene Marktführerschaft im Einzelhandel
(778) Die großen Mineralölgesellschaften sind die drei wichtigsten Einzelhändler im Vereinigten Königreich. Dies trifft in noch stärkerem Maße auf die zwei Spitzenunternehmen zu. Zusammen beträgt ihr Marktanteil etwa [50-60]* %, d. h. der Marktanteil ist etwa [...]* so viel wie der des nächsten Wettbewerbers (Tesco - ist an einem Gemeinschaftsunternehmen mit Exxon beteiligt).
(779) Wie bereits in Ziff. 728-738 dargelegt, war die jüngste Entwicklung des Einzelhandelssektors von der rückläufigen Entwicklung bei den traditionellen Wettbewerbern der großen Mineralölgesellschaften gekennzeichnet, d. h. der "kleineren Großen" und der unabhängigen Einzelhändler. Darüber hinaus mussten die Verbrauchergroßmärkte im Zuge dieser Entwicklung ihre Position als Preisführer und ihr aggressives Wettbewerbsverhalten aufgeben. Sie orientieren sich nunmehr an den Preisen der Großen, und ihre Aussichten, die Marktanteile zu erhöhen, sind begrenzt.
(780) Genauer gesagt läuft die derzeitige Marktdynamik darauf hinaus, dass die großen Mineralölgesellschaften ihren Marktanteil weiterhin auf Kosten der "kleineren Großen" und der unabhängigen Einzelhändler ausdehnen. Daher ist zu erwarten, dass sich der gemeinsame Marktanteil der großen Mineralölgesellschaften aufgrund dieser Entwicklung und der Kapazitätsengpässe der Verbrauchergroßmärkte in den nächsten Jahren weiter vergrößert und diese Gesellschaften sich definitiv die Kontrolle über den Einzelhandel sichern.
(781) Diese Schlussfolgerungen werden nach dem Zusammenschluss um so mehr zutreffen, als die großen Mineralölgesellschaften, wie in Ziff. 769-777 dargelegt, nunmehr die Möglichkeit haben werden, die Lieferkosten der Einzelhändler in die Höhe zu treiben und so die Position dieser Wettbewerber im Einzelhandelssektor zu schwächen.
(782) Da die geographische Abdeckung der Verbrauchergroßmärkte und der unabhängigen Einzelhändler begrenzt ist, während die großen Mineralölgesellschaften eine umfassende landesweite Präsenz aufweisen, könnten Exxon, BP/Mobil und Shell schließlich selektive Wettbewerbsaktionen durchführen und den Wettbewerbern beträchtlichen Schaden zufügen, selbst aber durch diese Aktionen verursachte Kosten durch begrenzte landesweite Preiserhöhungen ausgleichen. Die Parteien sind nicht der Meinung, dass die räumliche Abdeckung der Verbrauchergroßmärkte begrenzt ist, da sich [...]* % der Exxon-Tankstellen und [...]* % der BP/Mobil-Tankstellen in einem Umkreis von 5 km von einer Verbrauchergroßmarkt befinden. Hierzu ist anzumerken, dass nur ein Teil der Verbrauchergroßmärkte mit einer Tankstelle ausgestattet ist. Den Angaben der Verbrauchergroßmärkte sind dies nur 35-50 %. Hieraus folgt, dass sich eine Tankstelle der Parteien zwar in der Nähe eines Verbrauchergroßmarkts befinden mag, aber trotzdem keinerlei Konkurrenz seitens dieses Verbrauchermarktes ausgesetzt ist. Die von ihnen angegebenen Zahlen können demzufolge insofern irreführend sein, als dass die Verbrauchermärkte insgesamt eine landesweite Abdeckung erreichen, jede Verbrauchermarktkette für sich genommen aber in sehr viel geringerem Maße präsent ist.
(783) Folglich wäre nach dem Zusammenschluss keiner der kleineren Wettbewerber in der Lage, die Marktposition der großen Mineralölgesellschaften erfolgreich in Frage zu stellen.
(784) Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen würden Exxon, BP/Mobil und Shell durch den angemeldeten Zusammenschluss eine oligopolistische marktbeherrschende Stellung auf dem Kraftstoffeinzelhandelsmarkt des Vereinigten Königreichs erlangen, wodurch in diesem Mitgliedstaat, der ein bedeutsamer Teil des EWR ist, ein wirksamer Wettbewerb verhindert würde.
F. FLUGSCHMIERSTOFFE
(785) Flugschmierstoffe (die auch als Turbinenschmierstoffe auf Esterbasis oder synthetische Turbinenöle bezeichnet werden) kommen bei der Schmierung von Doppelstromtriebwerken (von Verkehrs- oder Militärflugzeugen) oder von luftfahrtabgeleiteten Anlagen zum Einsatz (die auf der Grundlage der Flugzeugtriebwerkstechnologie entwickelt wurden, wie zum Beispiel bestimmte Schiffsturbinenmotoren, turbinengeschmierte Stromversorgungsanlagen und andere Industriehilfseinrichtungen). Aus den Abschnitten zur Bestimmung des sachlich relevanten Marktes wird hervorgehen, dass Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge, Turbinenschmiermittel für Militärflugzeuge und Schmiermittel für luftfahrtabgeleitete Anlagen drei gesonderten sachlich relevanten Märkten zugeordnet werden müssen.
(786) Der Produktionsprozess für diese Schmieröle verläuft mehr oder weniger nach den typischen Fertigungsstufen der Herstellung von Normalschmiermitteln, d. h. synthetischem Grundölmaterial werden Additive zugemischt, obwohl sich die Bestandteile von denen bei der Produktion von Normalschmiermitteln unterscheiden.
(787) Wie bei den Kraftfahrzeugschmiermitteln müssen sowohl der Produktionsprozess als auch der Fertigschmierstoff vor der Vermarktung und dem Einsatz in Baugruppen von Flugzeugen von den zuständigen Stellen, in diesem Fall den Militärbehörden und OEM-Herstellern zugelassen werden. Im Gegensatz zu Kraftfahrzeugschmiermitteln und aufgrund der höheren Sicherheitsstandards ist das Zulassungsverfahren für Flugschmierstoffe jedoch strenger und langwieriger.
(788) Die Käufer von Flugschmierstoffen können in drei Kategorien unterteilt werden: Flugzeuggesellschaften, die Streitkräfte sowie verschiedene Industriekunden.
BESTIMMUNG DES MARKTES
Sachlich relevanter Mark
Flugschmierstoffe und Normalschmierstoffe gehören nicht zum selben Markt
(789) Von den Parteien wird das Argument vorgebracht, dass Flugschmierstoffe zum selben Markt gehören wie Normalschmierstoffe (Kraftfahrzeugschmiermittel und Industrieschmierstoffe). Obwohl die beiden Schmiermittelklassen von der Nachfrageseite her nicht substituierbar sind, ist es die Auffassung der Parteien, dass sie angebotsseitig substituiert werden können und dass daher die Erzeuger von Normalschmierstoffen, die keine Flugschmierstoffe herstellen, ihren Produktionsprozess problemlos und rechtzeitig auf die Produktion von Flugschmierstoffen umstellen können. Diese Auffassung der Parteien wird durch drei Argumente gestützt: Erstens stehen die Ausgangsstoffe zum Mischen von Flugschmierstoffen (d. h. Polyolestergrundöl und Additive) reichlich zur Verfügung, zweitens sind die Mischanlagen bei beiden Schmiermittelklassen identisch, und drittens gibt es insgesamt im Bereich Schmiermittelherstellung Überkapazitäten, wodurch die Umwidmung von Anlagen wirtschaftlich sinnvoll ist. Angebotsseitig wäre die Substitution der Kraftfahrzeugschmiermittel in relativ kurzer Zeit möglich, indem die Anlagen, auf denen diese Schmiermittel zuvor hergestellt wurden, gereinigt und auf die Produktion von Flugschmierstoffen umgestellt werden.
(790) Aus der Marktuntersuchung lässt sich schlussfolgern, dass Normalschmierstoffe (Kraftfahrzeugschmiermittel und Industrieschmierstoffe) sowie Flugschmierstoffe zwei gesonderte sachlich relevante Märkte darstellen. Nachfrageseitig gibt es zwischen beiden Produkten eindeutig keine Substitution. Durch die strengeren Sicherheitsanforderungen bei Flugschmierstoffen und die unterschiedlichen Betriebsbedingungen bei Kraftfahrzeugmotoren und Flugzeugtriebwerken verbietet sich jedwede nachfrageseitige Substitution durch normale Kraftfahrzeugschmiermittel. Dies wird von den Parteien nicht bestritten. Angebotsseitig sind die Argumente der Parteien jedoch nicht auf die Existenz eines Binnenmarktes ausgerichtet, da sie sich bei ihrer Argumentation einzig und allein auf rein logistische Aspekte der angebotsseitigen Substitution stützen. Selbst wenn man annimmt, dass die Substitution von Mischanlagen technisch möglich ist (wobei andere befragte Hersteller Vorbehalte gegenüber dieser Möglichkeit geäußert haben) und dass ein Hersteller von Normalschmierstoffen zur Fertigung von Flugschmierstoffen übergeht, ist ein problemloser und umfassender Markteintritt nicht sofort zu erreichen, da erhebliche Hindernisse zu überwinden sind, die in den folgenden Abschnitten erläutert werden. Zudem ist es nicht nur so, dass Flugschmierstoffe nicht durch Normalschmierstoffe ersetzt werden können, sondern dass die sachlich relevanten Märkte für Flugschmierstoffe, die in Verkehrsflugzeugtriebwerken, Militärflugzeugtriebwerken und luftfahrtabgeleiteten Anlagen zum Einsatz kommen, sogar noch eingeschränkter sind. Auch das wird in den nachstehenden Abschnitten untersucht werden.
Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge, Turbinenschmiermittel für Militärflugzeuge und Schmiermittel für aus der Luftfahrt abgeleitete Anlagen
(791) Das Vorhandensein von drei begrenzten Märkten für Flugschmierstoffe zeigt sich in der fehlenden nachfrage- und angebotsseitigen Substituierbarkeit innerhalb der drei genannten Kategorien. Nachfrageseitig besteht bei diesen Flugschmierstoffen aufgrund von Qualitätsmerkmalen, durch welche die Verwendung der drei entsprechenden Produkte eingeschränkt wird, keine Substituierbarkeit. So müssen Flugschmierstoffe, die in Verkehrsflugzeugtriebwerken eingesetzt werden, höhere Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen erfuellen als Schmiermittel, die in Militärflugzeugtriebwerken zum Einsatz kommen (Militärflugzeugtriebwerke werden in kurzen Abständen überholt, wobei die Intervalle zwischen den Inspektionen zwischen 200 und 1000 Stunden im Vergleich zu 20000 Stunden bei Verkehrsflugzeugen liegen). Die fehlende angebotsseitige Substituierbarkeit ist das Ergebnis der unterschiedlichen Spezifikationsanforderungen und des Zeitaufwands, der angesetzt werden muss, um Zutritt zu den kleineren Flugschmiermittelmärkten zu erlangen. Um einen umfassenden Zugang zum Markt für Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge zu erlangen, muss der potentielle Lieferant einige typische Punkte beachten, die vor der Vermarktung des Produkts erfuellt werden müssen. Eine typische Vorgehensweise, wie sie im folgenden dargelegt ist, kann bei Turbinenschmiermitteln für Militärflugzeuge bis zu sechs Jahre und bei Turbinenschmiermitteln für Verkehrsflugzeuge bis zu zwölf Jahre in Anspruch nehmen.
(792) Zur Entwicklung eines marktgängigen Produkts, das die Erfordernisse der meisten Fluggesellschaften mit gemischten Flugzeugflotten erfuellt, muss ein Lieferant umfangreiche und kostenaufwendige Forschungsarbeiten durchführen, ehe er die geeignete Produktrezeptur entwickelt hat. Die Gesamtzeit für diesen ersten Schritt kann bei etablierten Herstellern drei Monate und bei neuen Marktteilnehmern bis zu vier Jahre betragen. Auf dieser Stufe ist es möglich, dass sich der Lieferant entschließt, kein Zulassungsverfahren für Turbinenschmiermittel für Verkehrs- bzw. Militärflugzeuge einzuleiten, sondern Produkte herzustellen und zu vermarkten, die für industrielle Anwendungen bestimmt sind (also Turbinenmotoren zum Erdölbohren, zur Gasverdichtung und zur Stromerzeugung sowie Schiffsturbinenmotoren). Entschließt er sich danach für den Verkauf seiner Produkte zum Einsatz in Militär- oder Verkehrsflugzeugen, müssen diese Erzeugnisse von den zuständigen Militärbehörden und OEM-Hersteller zugelassen werden. In diesem Fall muss der Lieferant zunächst die Zulassung der offiziellen Militärdienststellen einholen (z. B. der amerikanischen Seestreitkräfte, des britischen Verteidigungsministeriums, der französischen Behörde DGA usw.). An dieses Verfahren schließen sich Laboruntersuchungen (mit den entsprechenden Apparaturen und im Versuchsaufbau) sowie Motorenprüfstandsversuche an. Dieser Prozess kann bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen und ist normalerweise die Voraussetzung zur Beantragung der OEM-Prüfung oder muss vor der umfassenden Zulassung durch einen OEM durchlaufen werden. Auch in diesem Fall kann sich der Lieferant dazu entschließen, die OEM-Zulassung nicht weiter zu verfolgen, da diese nur für Produkte erforderlich ist, die in Verkehrsflugzeugen zum Einsatz kommen. In solch einem Fall mag sich der Lieferant eher auf Schmiermittel konzentrieren, die für Kunden aus dem militärischen Bereich bestimmt sind. Den Angaben der Parteien zufolge werden Aufträge auf dem Markt für militärische Anwendungen im Wege der Ausschreibung vergeben gearbeitet, der Markt ist nicht durch Markentreue gekennzeichnet und wird durch eine höhere Selektivität bestimmt.
(793) Der darauffolgende Schritt zum umfassenden Eintritt in den Markt für Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge ist die Einholung der OEM-Zulassung. Es handelt sich dabei um die Zulassung für die Mehrheit der Flugzeugtriebwerke und Flugzeughilfsausrüstungen, die von Fluggesellschaften eingesetzt werden. Die Triebwerke werden überwiegend von sieben großen Triebwerkherstellern gefertigt (wie General Electric, Rolls Royce, Pratt & Whitney, Allied Signal, Snecma, International Aero Engines, CFM International), es kommen hauptsächlich 20 unterschiedliche Triebwerksmodelle zum Einsatz, es gibt vier große Hersteller von Hilfsgeräten, und APU, CSD, IDG und ATS sind die vier wichtigsten Hilfsaggregate(70). Das Verfahren beinhaltet Laboruntersuchungen (mit den entsprechenden Apparaturen und im Versuchsaufbau), die Prüfung des Produkts mit jedem Modell auf dem Motorenprüfstand sowie eine langwierige Flugprüfung für jedes Modell. Nach Einschätzung der Parteien kann sich der Zeitraum zwischen dem Beginn der Entwicklung der Rezeptur bis zur vollständigen Zulassung und Vermarktung bei Turbinenschmiermitteln für Verkehrsflugzeuge auf bis zu zwölf Jahre belaufen. Von den Parteien wird angeführt, dass sich bei der in der zivilen Luftfahrt für die Erlangung von OEM-Zulassungen erforderlichen Zeit eine Verkürzung abzeichne. Einige Triebwerkhersteller würden für bestimmte Typen ihrer Triebwerke keine Flugevaluierung vorschreiben. Beispielsweise hat das Unternehmen Pratt & Whitney sein Programm überarbeitet und verlangt die Prüfung nur noch bei einem Triebwerk, wodurch Zeitraum und Kosten für den Übergang von der Zulassung für militärische Anwendungen zur Zulassung für Anwendungen in Verkehrsflugzeugen auf [...]* Jahre bzw. [...]* USD reduziert wurden. Wie die Parteien erklären, liegt die durchschnittliche Dauer für eine OEM-Zulassung für die zivile Luftfahrt nunmehr bei [...]* bis [...]* Jahren, und die Kosten hierfür belaufen sich auf [...]*Mio. bis [...]*Mio. USD. Dies stellt aber nach wie vor eine beträchtliche Markteintrittsschranke dar.
(794) Vom technischen Standpunkt aus betrachtet können Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge in Militärflugzeugen zum Einsatz kommen. Umgekehrt ist dies nicht möglich. Hinzu kommt, dass Schmierstoffe, die in luftfahrtabgeleiteten Anlagen eingesetzt werden, das Zulassungsverfahren nicht oder nur in begrenztem Umfang durchlaufen müssen. Rein technisch gesehen können sowohl Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge als auch Turbinenschmiermittel für Militärflugzeuge bei diesen luftfahrtabgeleiteten Anwendungen zum Einsatz kommen, was umgekehrt technisch nicht machbar ist. Ein Beweis für die in nur einer Richtung mögliche Substituierbarkeit ist die Tatsache, dass die meisten Fluggesellschaften für sämtliche luftfahrttechnischen Anwendungen (d. h. sowohl in Flugzeugen als auch bei den Bodenausrüstungen) dasselbe Erzeugnis einsetzen. Aus diesem Grund erwerben sie nur die höherwertigen Schmierstoffe für Verkehrsflugzeugtriebwerke, für welche die entsprechenden OEM-Zulassungen eingeholt worden sind(71). Somit kann festgestellt werden, dass sowohl die angebotsseitige als auch die nachfrageseitige Substituierbarkeit jeweils nur in einer Richtung wirken. Ein weiterer Beweis für diese Tatsache ist die geringere Anzahl der Unternehmen, die Flugzeuggesellschaften beliefern (zum Beispiel Exxon, Mobil und in geringerem Maße Shell und Castrol) und die größere Anzahl von Zulieferern im militärischen Bereich (die genannten Hauptlieferanten und eine Reihe von kleineren spezialisierten Herstellern wie NYCO, Henkel, Hatco usw.).
(795) Auf der Grundlage dieser Beweise kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Flugschmiermittelbereich nach der beabsichtigten Verwendung der Produkte in drei gesonderte sachlich relevante Märkte unterteilt ist. Somit würde die geplante Maßnahme den Markt für Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge wesentlich beeinträchtigen.
Räumlich relevanter Markt
(796) Nach Auffassung der Parteien handelt es sich hierbei um einen weltweiten Markt, wobei angeführt wird, dass die meisten Hersteller ihr weltweites Vertriebsnetz von einem oder mehreren Werken aus beliefern, Flugschmierstoffe problemlos und zu niedrigen Kosten transportiert werden können, sich die Preise in den verschiedenen Regionen der Welt ähneln und es keine Handelsschranken bestehen. In der Marktuntersuchung wurde diese Definition für sämtliche Flugschmierstoffe bestätigt. Damit wird festgestellt, dass es sich beim räumlich relevanten Markt um den Weltmarkt handelt.
WETTBEWERBSRECHTLICHE WÜRDIGUNG
(797) Auf Exxon und Mobil entfallen [60-70]* % der Weltproduktion und des Weltumsatzes von Turbinenschmierstoffen auf Esterbasis (Exxon: [30-40]* %; Mobil: [20-30]* %). Die anderen Hauptlieferanten sind Shell ([0-10]* %), Castrol ([0-10]* %), NYCO ([0-10]* %) und sonstige ([20-30]* %).
(798) Auf dem Markt für Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge ist der Gesamtmarktanteil der fusionierenden Parteien deutlich höher und betrug nach Einschätzung der Parteien Ende 1997 [80-90]* % (Exxon: [40-50]* %; Mobil: [40-50]* %, Shell: [0-10]* %; sonstige: [0-10]* %). Die im Rahmen der Marktuntersuchung befragten Fluggesellschaften und Wettbewerber haben darauf hingewiesen, dass das fusionierte Unternehmen auf einen Anteil von mehr als [0-90]* % kommen würde und dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur Shell und Castrol mit [0-10]* % bzw. [0-10]* % als Alternativlieferanten zur Verfügung stehen würden (wobei darauf hingewiesen muss, dass Shell unter den Fluggesellschaften der USA keinen einzigen Kunden hat und nur gelegentlich Verkäufe mit in der EU ansässigen Fluggesellschaften tätigt).
(799) Exxon und Mobil scheinen über eine fast unüberwindliche Marktführerschaft zu verfügen, die nach Auffassung einiger Wettbewerber auf historische Marktbedingungen zurückzuführen ist. Für die Flugschmiermittelbranche ist aufgrund der durch die technische Entwicklung im Flugzeugbau ständig erforderlichen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten seit jeher eine geringe Wirtschaftlichkeit, verbunden mit hohen Kosten, kennzeichnend. Deshalb ziehen sich viele Lieferanten vom Markt zurück. Alle befragten Parteien haben auf den hohen Einsatz hingewiesen, der zum Bestehen auf dem Markt für Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge erforderlich ist. Die fusionierenden Parteien haben sich seit dem Beginn der Entwicklung der Turbinenluftstrahltriebwerkstechnik auf diesem Markt engagiert und sind zum bevorzugten Lieferanten sämtlicher großen Fluggesellschaften geworden. Nach Feststellung der Parteien ist ihr größerer Marktanteil in diesem Bereich auf ihren jahrzehntelangen Einsatz auf eben diesem Markt zurückzuführen, während sich die anderen Lieferanten von Flugschmierstoffen auf die beiden anderen Märkte konzentrieren (Castrol auf den Markt für Industrieschmierstoffe und militärische Anwendungen, Shell auf Erzeugnisse für den wehrtechnischen Bereich und sonstige Produkte für die Luftfahrt, Hatco auf den Vertrieb von Grundölerzeugnissen auf Esterbasis, auf den Verkauf unter anderem Markennamen und auf Vertriebstätigkeit im militärischen Bereich). Von den Parteien wird behauptet, dass sie keine unüberwindliche technische Führerschaft inne haben, da die Technik, die benötigt werde, um als Wettbewerber auftreten zu können, ein reifes Stadium erreicht habe. Dies dürfte der Wahrheit entsprechen, doch ändert es nichts an der Tatsache, dass aufgrund der Zulassungsverfahren hohe Markteintrittsschranken bestehen, die den Markteintritt anderer selbst dann unwahrscheinlich machen, wenn die Preise anzögen.
(800) Es kann festgestellt werden, dass es sich bei den verbleibenden Flugschmierstoffherstellern um Produzenten von Spezialschmierstoffen und Spezialchemikalien handelt, die sich in der Hauptsache auf aus der Luftfahrt abgeleitete Anwendungen oder teilweise auf den wehrtechnischen Bereich konzentrieren. So liefert die Firma Hatco (USA), die im Bereich Ester eine wichtige Stellung einnimmt und mit Shell über einige gemeinsame Zulassungen für den Bereich Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge verfügt, im wesentlichen Produkte für militärische und aus der Luftfahrt abgeleitete Einsatzgebiete; NYCO (Frankreich) ist ein unabhängiger Lieferant, der in der Hauptsache Produkte für die militärische Luftfahrt anbietet und über Zulassungen von Triebwerkherstellern verfügt; Anderol (USA) liefert Erzeugnisse vornehmlich für luftfahrtabgeleitete Geräte und Anlagen und in geringerem Maße für den Einsatz in der Militärluftfahrt; Henkel (USA) ist Ester-Lieferant und spezialisiert sich auf Schmiermittel für luftfahrtabgeleitete und militärische Anwendungen, besitzt aber keine Zulassungen für Flugschmiermittel. Unter den Herstellern von Turbinenschmierstoffen auf Esterbasis und den Akteuren auf dem belieferten sachlich relevanten Markt sind weiterhin folgende Unternehmen zu nennen: Arpol Petroleum (USA, Verkauf unter anderem Markennamen, Turbinenschmiermittel für Militärflugzeuge), BP Marine Ltd. (Vereinigtes Königreich, Verkauf unter anderem Markennamen, Industrieschmierstoffe); Caltex (USA, Verkauf unter anderem Markennamen, Industrieschmierstoffe); Delta Petroleum (USA, Verkauf unter anderem Markennamen, Turbinenschmiermittel für Militärflugzeuge, Industrieschmierstoffe); Hexagon (USA, Verkauf unter anderem Markennamen, Turbinenschmiermittel für Militärflugzeuge, Industrieschmierstoffe); Petron International (USA, Verkauf unter anderem Markennamen, Turbinenschmiermittel für Militärflugzeuge); Total (Frankreich, Verkauf unter anderem Markennamen, Turbinenschmiermittel für Militärflugzeuge) und Velsicol (USA, Verkauf unter anderem Markennamen, Turbinenschmiermittel für Militärflugzeuge und Industrieschmierstoffe).
(801) Es wird deutlich, dass es sich bei Exxon und Mobil um die führenden Lieferanten von Flugschmierstofferzeugnissen für Verkehrsflugzeugtriebwerke aus eigener Produktion handelt, die über die größten Produktionskapazitäten für Flugschmierstoffe verfügen. Dadurch kommt es auf dem Markt der Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge zu einer Beschränkung des wirksamen Wettbewerbs auf die beiden fusionierenden Hersteller (die die Preise in den vergangenen fünf Jahren um [...]* % bzw. [...]* % erhöht haben). Fällt der Wettbewerb zwischen diesen beiden Akteuren weg, werden die Kunden aller verbleibenden Verhandlungsvorteile beraubt.
(802) Die Parteien behaupten, dass bei einer Erhöhung der Preise durch das fusionierte Unternehmen die etablierten Lieferanten ihren Umsatz steigern und potentielle Wettbewerber am Markt auftreten würden. Die Marktuntersuchung zeigt, dass die Nachfrage nach Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge in Folge des niedrigen Anteils der Flugschmierstoffe an den Gesamtkosten der für den Flugzeugbetrieb benötigten Erzeugnisse und der Priorität, die die Fluggesellschaften einem Hoechstmaß an Sicherheit beimessen, unelastisch ist. Die Umstellung auf andere Lieferanten würde zu höheren Kosten führen, so dass dieser Kundenkreis davon abgehalten wird, Produkte von beliebigen Zulieferern zu erwerben. So haben die Parteien erklärt, dass für die Kunden kein Anreiz zum Wechsel des Lieferanten besteht, da die Umstellung auf andere Schmiermittelmarken Kosten verursachen würde, die u.a. mit folgendem zusammenhängen: Mitteilung an die staatliche Flugaufsichtsbehörde (einschließlich der Federal Aviation Authority, sofern Flughäfen in den USA angeflogen werden), Auswechseln sämtlicher Exemplare der Betriebs- und Wartungshandbücher und Mitteilung an sämtliche Flughäfen, die angeflogen werden. Die Parteien vertreten zudem die Auffassung, dass die Fluggesellschaften ihre Entscheidung über den Zukauf der benötigten Flugschmierstoffe auf der Grundlage technischer Kriterien und nach den Erfahrungen mit einem Produkt in der Vergangenheit treffen, die keinen direkten Bezug zum Preis haben.
(803) Bei einem Gesamtmarktanteil von [0-90]* % befände sich das fusionierte Unternehmen in einer Lage, in der es unabhängig von seinen Wettbewerbern und Kunden agieren könnte. Die Parteien argumentieren dahingehend, dass trotz der geringen Preiselastizität der Nachfrage Impulse für den Markteintritt hauptsächlich von bestehenden Wettbewerbern wie Castrol, Hatco und Shell ausgehen dürften, indem diese ihre Produktion erweitern und zusätzlich zu Schmiermitteln für luftfahrtabgeleitete Anwendungen und Turbinenschmiermitteln für Militärflugzeuge auch Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge herstellen. Außerdem behaupten sie, dass diese Neueinsteiger von den Fluggesellschaften als Reaktion auf Preiserhöhungen gefördert würden. Die Marktuntersuchung zeigt, dass der Markteintritt durch das vorhergesagte Ansteigen der Nachfrage (um 1 % bis 2 % in den nächsten fünf Jahren) nicht unbedingt erleichtert wird, sondern im Gegenteil durch die hohen relevanten Markteintrittskosten, die aufgrund der Zulassungsanforderungen und durch die Erhöhung des Umsatzvolumens zur Erzielung der geforderten Wirtschaftlichkeit entstehen, sogar ernsthaft behindert werden kann. Die Parteien haben weiterhin dargelegt, dass ein Lieferant von Turbinenschmiermitteln für Verkehrsflugzeuge über einen Mindestmarktanteil von 20 % verfügen muss, um auf diesem Markt als wirtschaftlich und optimal agierender Wettbewerber aufzutreten. Es kann in der Tat festgestellt werden, dass die aktuellen Lieferanten über geringere Marktanteile verfügen und sich einen kleineren Kundenstamm teilen müssen, obwohl in den vergangenen 20 Jahren im Bereich der Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge keine neuen Marktteilnehmer aufgetreten sind.
(804) Die Parteien bringen vor, dass ihr Kundenstamm unter den Fluggesellschaften über eine beträchtliche Kaufkraft verfügt. Dabei betonen sie, dass im Zuge des Konzentrationsprozesses in der Luftfahrtindustrie die gegengewichtige Marktmacht der Fluggesellschaften gestärkt wird. Neben der Tatsache, dass Flugschmierstoffe bei den Fluggesellschaften kein signifikanter Kostenfaktor sind, zeigt die Marktuntersuchung, dass die Tendenz zur Konzentration dazu führen wird, dass sich die Fluggesellschaften im Rahmen ihrer strategischen Allianzen auf die Senkung der Kosten und eine möglichst gute Auslastung ihrer Flugzeuge konzentrieren werden. Ferner zeigt sich, dass die gegengewichtige Marktmacht für die Schmiermittellieferanten ohne jede Bedeutung bleibt, sofern keine Zusammenlegung der technischen Abteilungen erfolgt. Die Parteien sind weiterhin der Auffassung, dass eine über Wettbewerbskriterien hinausgehende Preiserhöhung nachteilige Folgen für verschiedene andere Erzeugnisse haben könnte, die von derselben Fluggesellschaft vom gleichen Lieferanten erworben werden. Jedoch waren die befragten Fluggesellschaften der Auffassung, dass es sich bei Flugschmierstoffen um ein selbständiges Erzeugnis handelt. Ihrer Ansicht nach kann selbst dann, wenn Alternativen zu den derzeit angebotenen Schmierstoffen nicht erkennbar sind, die Verfügbarkeit von anderen für die Luftfahrt geeigneten Erzeugnissen die bestehenden Handelsbeziehungen im Bereich der Turbinenschmiermittel für Verkehrsflugzeuge nicht beeinträchtigen.
(805) Durch die geplante Maßnahme kommt es zu einer Verbindung der gegenwärtig größten Lieferanten und zur Abschaffung des Wettbewerbs zwischen ihnen. Die geplante Maßnahme führt zur Schaffung einer marktbeherrschenden Stellung des fusionierten Unternehmens auf dem Markt für Flugschmierstoffe, die in Triebwerken von Verkehrsflugzeugen zum Einsatz kommen.
G. DÜSENKRAFTSTOFFE
PRODUKTMARKT
(806) Flugkraftstoff (bzw. Düsenkraftstoff) ist ein Kerosinkraftstoff zum Betrieb von Flugzeugdüsentriebwerken. Es ähnelt zwar dem (insbesondere im Vereinigten Königreich zum Heizen verwendeten) Haushaltskerosin, genügt jedoch strengen Leistungsspezifikationen. Gemäß früheren Entscheidungen (BP/Mobil, Shell/Gulf Oil) stellen Flugkraftstoffe einen von anderen Treibstoffen (wie Ottokraftstoff, Fahrdieselkraftstoff und Schiffskraftstoff) getrennten Markt dar. Diese Ansicht wird auch von den anmeldenden Parteien vertreten.
RÄUMLICH RELEVANTER MARKT
(807) Die Parteien machen geltend, dass Flugkraftstoffe einen weltweiten oder zumindest über den EWR hinausgehenden Markt darstellen. Sie begründen diese Ansicht damit, dass der Verkauf von Flugkraftstoffen auf der Grundlage von Ausschreibungen für weltweite Lieferverträge mit den verschiedenen Fluggesellschaften erfolgt, nach denen die Lieferer das Produkt auf Flughäfen überall auf der Welt bereitstellen müssen. Darüber hinaus ist die Preisfestsetzung an Platts Notierungen angeglichen, so dass die Preise für Flugkraftstoffe auf den Frachtmärkten der Welt dicht beieinander liegen.
(808) Die Kommission ist nicht der Meinung, dass diese Tatsachen dafür sprechen, dass es sich hier um einen einzigen weltweiten Markt handelt. Es ist zu unterscheiden zwischen der Herstellung von Flugkraftstoffen, die von weltweiter Relevanz sein mag, und der tatsächlichen Lieferung von Flugkraftstoffen zu bestimmten Standorten, bei der infrastrukturell-logistische Faktoren die räumliche Reichweite des Wettbewerbs beschränken können.
(809) Auch wenn die Preise ab Werk und die Frachtmarktpreise angeglichen sein mögen, so ist dies dem Warencharakter des Produkts zuzuschreiben und widerspiegelt eine allgemeine Preisangleichung bei raffinierten Mineralölprodukten. Angesichts der Tatsache, dass weltweit einheitliche Rohstoffpreise (Rohöl) und eine mehr oder weniger einheitliche Kostenstruktur der Raffinationsverfahren und der Transportkosten bestehen, ist zu erwarten, dass der Preis für Flugkraftstoffe, so wie dies auch bei anderen raffinierten Mineralölprodukten der Fall ist, weltweit auf einheitlichem Niveau liegt. Wenn es jedoch um die Belieferung konkreter Flughäfen mit Flugkraftstoffen geht, so handelt es sich hierbei keineswegs um einen weltweiten Markt. Auch wenn die Fluggesellschaften weltweite Ausschreibungen durchführen, so erteilen sie deshalb nicht unbedingt ein und demselben Lieferer den Zuschlag für die Deckung ihres gesamten Kraftstoffbedarfs in der ganzen Welt. Sie wählen im Gegenteil den jeweils günstigsten Bieter für die einzelnen Flughäfen nach den relativen Stärken und Vorzügen der Lieferer an einem bestimmten Standort. Darüber hinaus können die Preise für das Betanken von Flugzeugen von Vertrag zu Vertrag unterschiedlich sein. Die Wettbewerbssituation kann von Flughafen zu Flughafen und von Standort zu Standort unterschiedlich sein. Dies hängt in erster Linie mit der Verteilungsinfrastruktur für die Belieferung der verschiedenen Flughäfen mit Düsenkraftstoffen zusammen, die im allgemeinen an die Gegebenheiten eines bestimmten Flughafens angepasst ist. Deshalb müssen die Lieferer, um von den Fluggesellschaften den Zuschlag zu erhalten, nicht nur Düsenkraftstoffe herstellen, sondern auch Zugang zu der speziellen Verteilungs- und Verladeinfrastruktur haben, die sie in die Lage versetzt, ihr Produkt auf der Endstufe der Logistikkette - dem Einfuellen ins Flugzeug - effektiv zu vermarkten.
(810) Die im Rahmen der Marktuntersuchung befragten Wettbewerber bestritten ebenfalls, dass es sich um einen weltweiten Markt handelt. Sie wiesen darauf hin, dass es selbst dann flughafenspezifische Märkte geben kann, wenn sich in einem Gebiet mehrere Flughäfen befinden (z. B. die Londoner Flughäfen Heathrow, Gatwick und London City). Von der Nachfrageseite aus betrachtet wäre eine Fluggesellschaft, wenn der Preis für Düsenkraftstoff sich auf einem Flughafen erhöht, nicht in der Lage, einen anderen Flughafen zu nutzen, weil der Düsenkraftstoff dort billiger ist. Dies ist vor allem auf Engpässe bei der Verfügbarkeit von Zeitnischen zurückzuführen. Von der Angebotsseite aus betrachtet hängt die Fähigkeit einer Mineralölgesellschaft, einen anderen als den bisherigen Flughafen zu beliefern, von ihrem Zugang zur Logistikinfrastruktur ab. Somit ist die Austauschbarkeit auch auf der Angebotsseite begrenzt.
(811) Die Parteien räumen ein, dass der Zugang zur Lieferinfrastruktur des jeweiligen Flughafens von Bedeutung ist. Sie erklären jedoch, dass es einen starken Wettbewerb zwischen einer Reihe von Lieferern gebe, von denen viele auch verschiedene Flughäfen beliefern, während andere auf dem Gebiet der Lagerung auf dem Flughafen und der Beschickung der Flugzeuge Gemeinschaftsunternehmen gebildet haben.
(812) Auch wenn diese Erklärung nicht falsch ist, so hat die Untersuchung doch ergeben, dass die bestehende Verteilungsinfrastruktur zumindest auf einem europäischen Flughafen, nämlich dem Londoner Flughafen Gatwick, den Zugang neuer Lieferer zu diesem Flughafen stark einschränken und im Ergebnis des Zusammenschlusses die Zugangsbedingungen für die bestehenden Lieferer erheblich beeinträchtigen kann. Gatwick wird über ein Netz eigens dafür vorgesehener Pipelines versorgt, von denen eine Exxon und die andere einem Konsortium gehört, das aus Shell, Mobil, BP und Texaco besteht. Deshalb können Flugkraftstoffangebot und -nachfrage in Gatwick nicht mit denen eines anderen Flughafens zusammengefasst werden, selbst wenn es sich um nahegelegene Flughäfen wie Heathrow oder London City handelt. So können Fluggesellschaften, die Gatwick nutzen, nicht von Preisänderungen profitieren, die auf einem anderen Flughafen vorgenommen werden, und ihre Nachfrage auf diesen Flughafen verlagern. Die Lieferunternehmen wären nämlich nicht in der Lage, Gatwick anstelle eines anderen Flughafens zu beliefern, da dies vom Zugang zur Logistikinfrastruktur abhängig ist. Demzufolge scheinen die Nachfrage- und Angebotsbedingungen für Gatwick ein geschlossenes System darzustellen, das den Wechsel zwischen den Flughäfen unmöglich macht, da Nachfrage und Angebot lokal gebunden sind. Unter diesen Umständen ergibt sich die Schlussfolgerung, dass die Belieferung des Flughafens von Gatwick mit Flugkraftstoffen einen gesonderten räumlichen Markt darstellt.
(813) Der Flughafen von Gatwick ist ein wesentlicher Teil des Gemeinsamen Marktes. Gemessen am Flugverkehr rangiert Gatwick innerhalb des EWR an fünfter Stelle. Darüber hinaus entfallen auf Gatwick 25 % des Gesamtverbrauchs an Flugkraftstoffen im Vereinigten Königreich (auf Heathrow 55 % und die übrigen Flughäfen des Vereinigten Königreichs zusammen 20 %) und 6 % des gesamten Absatzvolumens des EWR an Flugkraftstoffen(72).
Belieferung und Infrastruktur
(814) Nach Angaben der Parteien sind Fluggesellschaften die Hauptabnehmer von Flugkraftstoffen. Da der Kraftstoffkauf das Betanken der Flugzeuge beinhaltet, müssen die Lieferer Zugang zur Logistikinfrastruktur haben, um das Produkt von ihrer Raffinerie oder ihrem Einfuhrterminal zum Flughafen und ins Flugzeug zu transportieren. Diese Infrastruktur kann sich im Eigentum der großen Mineralölgesellschaften oder Dritter befinden, einschließlich des Staates. Die meisten Flughäfen werden über Pipelines beliefert, normalerweise direkt von verschiedenen Raffinerien. Der Transport von der Raffinerie bis zum Flughafen kann auch per Schiene oder Schiff erfolgen, obgleich diese Alternativen höhere Kosten verursachen können. Auf dem Flughafen muss der Düsenkraftstoff mindestens zwei Tage gelagert werden, damit er sich setzen kann. Von der Lagereinrichtung des Flughafens wird der Düsenkraftstoff durch ein Hydrantenpipelinesystem oder mit Hilfe von Spezialfahrzeugen zu den Flugzeugstandplätzen transportiert. Dieser letzte Schritt wird auch als Bereitstellung für das Betanken der Flugzeuge ("into-plane operation") bezeichnet. Zwecks Kostensenkung und Erhöhung der Rentabilität haben die Lieferer für die Lagerung auf dem Flughafen und die mit dem Betanken der Flugzeuge zusammenhängenden Aktivitäten Gemeinschaftsunternehmen gebildet. Dies gilt jedoch möglicherweise nicht für den Transport der Kraftstoffe ab Raffinerie oder ab Einfuhrterminal zum Flughafen. In diesem Bereich können firmeneigene oder voll ausgelastete Pipelinenetze den Zugang und somit auch den erfolgreichen Markteintritt und/oder die Expansion ernstlich beschränken. Dies trifft insbesondere auf den Flughafen Gatwick zu.
Lieferung von Flugkraftstoffen zum Flughafen Gatwick
(815) Im Ergebnis des Zusammenschlusses werden [40-50]* % aller Flugkraftstofflieferungen auf die zusammengeschlossenen Unternehmen entfallen. Dieser Marktanteil wird verbunden sein mit einem hohen Eigentumsanteil an den Liefereinrichtungen, aus denen sich die größten Wettbewerbsvorteile ergeben (firmeneigene Leitungen wie die West London Pipeline, die Walton Gatwick Pipeline und das bestehende Exxon-System, das die Raffinerie in Fawley direkt mit Gatwick verbindet). Die Wettbewerber gaben an, dass bei sämtlichen anderen Lieferwegen entweder Kapazitätsengpässe oder ernsthafte Wettbewerbsnachteile bestehen. Darüber hinaus wird Exxon einen beträchtlichen Teil der Raffineriekapazität für Flugkraftstoffe in Südostengland kontrollieren, da es im Besitz der Raffinerie in Fawley ist und die gemeinsame Kontrolle über die Raffinerie in Coryton erlangen wird, die gegenwärtig BP/Mobil gehört. Es sei darauf hingewiesen, dass die einzige weitere Raffinerie in diesem Gebiet, Shell Haven, Ende dieses Jahres geschlossen werden soll, was bedeutet, dass die zusammengeschlossene Einheit über die gesamte Raffineriekapazität in Südostengland verfügen wird (Mobil stehen [...]* % des von Coryton abgenommenen Düsenkraftstoffs für den Vertrieb im Inland zu. Es sei darauf hingewiesen, dass Flug- und Schiffskraftstoffe nicht Bestandteil des bestehenden Gemeinschaftsunternehmen von BP/Mobil sind). Der gemeinsame Anteil der Parteien an der Düsenkraftstoffbelieferung von Heathrow bzw. City Airport beträgt [30-40]* % bzw. [40-50]* %. Außerdem würden die Parteien keinen hohen Anteil an der Infrastruktur für die Belieferung dieser Flughäfen besitzen.
(816) Nach dem Zusammenschluss wird das Unternehmen einen wesentlichen Anteil der gesamten Pipelines nach Gatwick und einen noch beträchtlicheren Anteil der brancheneigenen Pipelines kontrollieren (siehe die beiliegenden graphischen Darstellungen über die Liefersituation, die von den Parteien und den Wettbewerbern vorgelegt wurden). Exxon ist im Besitz einer Pipeline, die seine Raffinerie in Fawley mit Gatwick verbindet. Zu dieser Leitung erhalten Dritte keinen Zugang (abgesehen von British Airways, dem begrenzte Durchleitungsrechte für die Eigenbelieferung gewährt wurden). Die einzige alternative Direktverbindung nach Gatwick ist die UKOP Pipeline über die Walton Pipeline und die West London Pipeline. Wie verlautet, sind bei dieser Verbindung derzeit Kapazitätsengpässe zu verzeichnen. In der nachstehenden Tabelle sind für diese Leitungen die Eigentumsverhältnisse dargestellt:
Brancheneigene Pipelines zum Flughafen von Gatwick
>PLATZ FÜR EINE TABELLE>
(817) Sonstige alternative Zugangswege sind nicht wettbewerbsfähig. Der Schienentransport würde Zusatzkosten in Höhe von 5 GBP/t verursachen. Die GPSS (eine staatliche Pipeline, für die keine Zugangsbeschränkungen bestehen) führt nicht direkt nach Gatwick, sondern macht eine Durchleitung durch die Walton Pipeline erforderlich ([...]* % Mobil). Diese Alternative ist nicht durchführbar, weil sie erstens Zusatzkosten in Höhe von 5 GBP/t verursachen würde und zweitens die GPSS-Walton-Pipeline voll ausgelastet ist. Ein alternativer Zugang über die GPSS-Strecke vom nördlichen Teil des Ästuars der Themse über Aldermaston kommt praktisch nicht in Frage, da die Durchleitung an bestimmten wichtigen Punkten, was die Lieferung nach Gatwick betrifft, in die falsche Richtung verläuft. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Zugang zur Walton Pipeline gewährt würde, die direkt nach Gatwick führt, wäre die Durchleitung durch die West London Pipeline ([...]* % Mobil) erforderlich, deren Kapazität, wie verlautet, begrenzt ist.
(818) In Anbetracht der Tatsache, dass die Kosten für die Zuleitung zu den Flughäfen über brancheneigene Pipelines etwa [...]* GBP/t betragen, besteht für Lieferer, die auf diese alternativen Streckenführungen angewiesen sind, offenbar ein Wettbewerbsnachteil. Demzufolge wird das zusammengeschlossene Unternehmen bei der Logistik im Hinblick auf eine Erhöhung der Lieferkapazität gegenüber allen anderen Wettbewerbern im Vorteil sein. Für Marktteilnehmer, die keine bestehenden Pipelines mitnutzen, ist dieser Wettbewerbsnachteil sogar noch größer. Dies kann vom Markteintritt abschrecken, da gerade die Logistikkosten ausschlaggebend sind für die Marge und somit auch für den Preis, der einer Fluggesellschaft in Rechnung gestellt werden kann (die Kosten des Produkts beruhen weitgehend auf Platts Notierungen, und die übrigen Kosten entstehen hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Zugang und dem Betanken der Flugzeuge, wobei die Betankungskosten für alle Marktteilnehmer, denen es gelungen ist, Zugang zum Flughafen zu erhalten, gleich sind).
(819) In ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte behaupten die Parteien, dass es neben den beiden Hauptleitungsrouten für die Versorgung des Flughafens Gatwick mit Düsenkraftstoff mindestens drei alternative Routen gibt, und zwar verschiedene Abschnitte der staatlichen GPSS-Leitungen. Hierzu sei jedoch angemerkt, dass sämtliche dieser Alternativrouten mit Gatwick über die Walton-Leitung verbunden sind. Als Alternative zu den beiden Hauptleitungsrouten können sie nicht betrachtet werden, da sie keinen Direktzugang zum Flughafen Gatwick gewähren.
(820) Von den Parteien wird außerdem festgestellt, dass die Hauptleitungsrouten nach Gatwick voll ausgelastet sind bzw. knapp unterhalb der Kapazitätsgrenze gefahren werden, doch sei eine Kapazitätsausweitung der speziell für Düsenkraftstoff bestehenden Leitungen relativ einfach zu bewerkstelligen, sollten die Eigentümer dies wünschen. Allerdings ist es so, dass nach der Fusion Exxon/Mobil eine Leitungsroute allein kontrollieren wird, während es an der einzigen Alternativroute nach Gatwick in beträchtlichen Umfang beteiligt ist. Dem zusammengeschlossenen Unternehmen ist es daher möglich, den Zugang zu diesen Anlagen zu beschränken und den Ausbau zu begrenzen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Kontrolle über den größten Teil der Anlagen, ohne deren Nutzungsmöglichkeit die Belieferung des Flughafens Gatwick mit Düsenkraftstoff nicht möglich ist, zu einem Ausschluss der anderen Lieferanten von Düsenkraftstoff vom Markt der Düsenkraftstoffbelieferung des Flughafens Gatwick führen wird.
(821) Was also die Bezugsquellen betrifft, so sei darauf hingewiesen, dass nach der Schließung von Shell Haven die Raffinerie von Exxon in Fawley und die Raffinerie von Mobil in Coryton zu den mit Abstand wettbewerbsfähigsten Bezugsquellen für die Belieferung von Gatwick mit Düsenkraftstoffen werden. [...]*. Andere Raffinerien des Vereinigten Königreichs, denen die inländischen Verteilungsmöglichkeiten nach Südostengland offen stehen, verfügen bei Düsenkraftstoffen über keine überschüssigen Kapazitäten (1998 war das Vereinigte Königreich Nettoimporteur von 1,6 Mio. t Düsenkraftstoff). Im übrigen ist neben Fawley und Coryton der Frachtmarkt eine bedeutende Bezugsquelle. Der Frachtmarkt kann erhebliche Preisnachteile mit sich bringen, denn der derzeitige Kostenunterschied beträgt CIF/FOB etwa [...]* GBP/t. Darüber hinaus gibt es zur Zeit von den wichtigsten Einfuhrterminals aus keinen wettbewerbsfähigen Zugang nach Gatwick, da hierzu die brancheneigenen Pipelines und/oder die GPSS-Leitungen oder der Schienentransport genutzt werden müssen, wobei die beiden letztgenannten Möglichkeiten, wie oben dargelegt, nicht wettbewerbsfähig sind oder praktische Nachteile aufweisen.
(822) Die Parteien bestreiten, dass sie die für den betreffenden Markt wettbewerbsfähigsten Bezugsquellen kontrollieren würden. In diesem Zusammenhang verweisen sie auf die Präsenz mehrerer Wettbewerber, die den Flughafen Gatwick von Raffinerien aus beliefern, die sich nicht im Südosten Englands befinden. Hierzu ist anzumerken, dass es zwar unbestritten ist, dass andere Betreiber Düsenkraftstoff nach Gatwick von Produktionsanlagen aus liefern, die nicht in der Nähe des Flughafens gelegen sind, doch unumstößlich ist auch, dass nach dem Zusammenschluss das fusionierte Firmengebilde in der Lage sein wird, den Düsenkraftstoffmarkt von Raffinerien an den besten Standorten aus zu beliefern. Anders gesagt, das Bestehen von Raffinerien von Exxon und Mobil in der Nähe des Flughafens Gatwick stellt einen erheblichen Wettbewerbsvorteil dar.
Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung bei der Belieferung des Flughafens Gatwick mit Düsenkraftstoffen
(823) Exxon verfügt derzeit über einen beträchtlichen Marktanteil an der Belieferung des Flughafens Gatwick mit Düsenkraftstoffen. Durch den Zusammenschluss wird diese Stellung noch verstärkt. Auf das zusammengeschlossene Unternehmen werden [40-50]* % der Düsenkraftstofflieferungen an Gatwick entfallen. Die Parteien stimmen dieser Schätzung zu. Exxon wird zusätzlich zur eigenen Pipeline in den Genus der Kapazitätsanteile von Mobil an den drei brancheneigenen Leitungen kommen ([...]* % der UKOP-Pipeline, [...]* % der West London Pipeline und [...]* % der Walton Gatwick Pipeline). Darüber hinaus wird das zusammengeschlossene Unternehmen über die einzige wettbewerbsfähige Raffineriekapazität in der betreffenden Region verfügen.
(824) Ferner besteht bei den Pipelines von Exxon nach Aussagen der Wettbewerber eine Reservekapazität von bis zu 1,1 Mio. t. Das Unternehmen könnte diese zusätzliche Kapazität nutzen, um jeden Zuwachs der in Gatwick bestehenden Nachfrage abzufangen, die sich in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich verdoppeln wird. Die anderen Lieferer verfügen über keinerlei Reserven bei der Raffinerie- oder Pipelinekapazität, um sich ein weiteres Marktwachstum zunutze zu machen.
(825) Ein Wettbewerber und eine große Fluggesellschaft, die Flughäfen des Vereinigten Königreichs, einschließlich Gatwick anfliegt, haben sich wegen der der Kontrolle durch den Wettbewerb entzogenen Stellung beschwert, die das zusammengeschlossene Unternehmen im Hinblick auf die Belieferung von Gatwick mit Düsenkraftstoffen erlangen wird. Ausgehend von den in den vorangegangenen Abschnitten erläuterten Faktoren ist die Kommission der Ansicht, dass der Zusammenschluss zur Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für die Belieferung des Flughafens von Gatwick im Vereinigten Königreich führen wird.
IV. VERPFLICHTUNGSZUSAGEN UND IHRE WÜRDIGUNG
(826) Die Parteien haben am 3. September 1999 angeboten, mehrere Verpflichtungen einzugehen, um die von der Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 26. Juli 1999 genannten wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen. Am 20. September 1999 haben sie geänderte Verpflichtungszusagen vorgelegt, in denen die von der Kommission insbesondere aufgrund des Markttests geforderten Anpassungen berücksichtigt werden. Diese Verpflichtungen werden nachstehend erläutert, wobei - wie schon im vorstehenden Text - die Reihenfolge der Märkte eingehalten wird, in bezug auf die die Kommission in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte Einwände erhoben hatte.
(827) Der vollständige Wortlaut der Verpflichtungserklärung ist als Anhang beigefügt und integraler Bestandteil dieser Entscheidung.
A. ERDGAS
FERNGASMARKT DER NIEDERLANDE
(828) Binnen [...]* ab dem Datum der Kommissionsentscheidung zur Genehmigung des Zusammenschlusses ("Entscheidungstermin") werden die Parteien einen verbindlichen Vertrag über den Verkauf von Mobil Europe Gas Inc. ("MEGAS") an einen von der Kommission genehmigten Käufer schließen. MEGAS wird als rentables Unternehmen mitsamt seinen Liefer- und Vertriebsverträgen sowie sämtlichen damit verbundenen Beförderungs- und anderen Dienstleistungsverträgen verkauft. Die Parteien ernennen außerdem einen unabhängigen, erfahrenen Treuhänder, der die laufenden Geschäfte von MEGAS bis zum Abschluss der Veräußerung überwacht.
(829) MEGAS ist jenes Unternehmen von Mobil, dass beim Erdgasvertrieb auf dem niederländischen Markt in Wettbewerb zu Gasunie steht. Das Unternehmen wird mitsamt seinem Bestand an Zulieferverträgen verkauft. Das Tochterunternehmen von Mobil auf der vorgelagerten Produktionsebene hat seine Konzessionsverträge mit Gasunie, MEGAS und dem deutschen Tochterunternehmen von Mobil mit Verträgen verknüpft, in denen die Weiterführung der Lieferverträge bei Erschöpfung von Gasfeldern geregelt wird. Die Rechte und Pflichten von MEGAS gemäß diesen Verträgen gehen auf den Käufer über, so dass dieser im gleichen Verhältnis Zugang zu niederländischem Erdgas hat wie MEGAS, wenn das Unternehmen im Mobil-Konzern verblieben wäre. Der Käufer wird damit in der gleichen einzigartigen Stellung im Hinblick auf die Netzzugangsverträge mit Gasunie sein wie vorher Mobil (Ziff. 218). Da es sich bei dem Käufer um einen rentablen vorhandenen oder potenziellen Wettbewerber handeln muss, der MEGAS als aktiven Wettbewerber aufrechterhalten und weiterentwickeln kann, wird die Kommission berücksichtigen, dass der Käufer möglicherweise Zugang zu Erdgas aus anderen als niederländischen Quellen hat, das er auf den niederländischen Markt transportieren könnte. Falls diese Bedingungen erfuellt werden (was von der Kommission zu prüfen ist), wird die Lage vor Vollzug der Fusion wiederhergestellt, so dass der Vollzug im Falle der Einhaltung dieser Verpflichtungszusage nicht zur Stärkung der beherrschenden Stellung von Gasunie auf dem niederländischen Ferngas-Transportmarkt führen wird.
ÜBERREGIONALE(R) FERNGASTRANSPORTMARKT(-MÄRKTE) IN DEUTSCHLAND
Veräußerung der 25%-igen Beteiligung von Exxon an Thyssengas
(830) Binnen [...]* ab dem Entscheidungstermin werden die Parteien einen verbindlichen Vertrag über den Verkauf der 25%-igen Beteiligung von Exxon an der Thyssengas GmbH an einen von der Kommission genehmigten Käufer schließen. Binnen 10 Tagen ab Entscheidungstermin benennen sie einen unabhängigen, erfahrenen Treuhänder, der die Beteiligung von Exxon verwaltet und die Stimmrechte von Exxon in Höhe von 25 % ausübt.
(831) Die Kommission ist der Auffassung, dass die Veräußerung der Beteiligung von Exxon an Thyssengas einen Ausgleich für die Stärkung der beherrschenden Stellungen schafft, die anderenfalls infolge des Zusammenschlusses erfolgt wäre. Gemeint sind konkret die Tätigkeit von Mobil auf dem Ferngasmarkt mit einem derzeitigen Marktanteil von rund 1,5 % und die 74%-ige Beteiligung von Mobil an Ruhrgas. Dabei verfügt Thyssengas über einen Marktanteil von rund 7,3 % auf dem Ferngasmarkt und ist Teil des oben definierten deutschen Oligopols.
(832) Sobald die Parteien nicht länger an Thyssengas beteiligt sind, sind die Anreize für dieses Unternehmen stärker, die anderen Oligopol-Mitglieder herauszufordern und damit das Potenzial von Mobil zu "ersetzen". Dieser Ansicht wurde von einem dritten Unternehmen widersprochen, das nicht damit rechnet, dass Thyssengas nach dem Rückzug von Exxon das Oligopol verlässt und zu einem Konkurrenten wird, so dass es nicht zu einem Ausgleich für den Wegfall von Mobil käme. Das Unternehmen begründet seine Befürchtung mit den verbleibenden Eigentumsverbindungen zwischen Thyssengas und den anderen Oligopolmitgliedern über RWE-DEA (50 % Anteile an Thyssengas) und Shell (25 % Anteile an Thyssengas).
(833) Die Kommission ist jedoch aus nachstehenden Gründen zuversichtlich, dass die Veräußerung der Thyssengas-Beteiligung zu einer Wiederherstellung der Wettbewerbslage führen wird, die vor dem Zusammenschluss herrschte. Zum ersten war Mobil auch an Ruhrgas beteiligt und arbeitete mit Blick auf seine deutsche Produktion eng mit BEB zusammen. Zweitens sind Beteiligung und Einfluss von RWE-DEA im Falle von Thyssengas eindeutig von größerer Bedeutung als bei der 3,5%-igen Beteiligung an Ruhrgas (als Mitglied des Bergemann-Pools) und seiner Verpflichtung, 60 % seiner deutschen Erdgasproduktion an Ruhrgas zu liefern (diese Menge macht weniger als 1 % des deutschen Erdgasverbrauchs aus). RWE-DEA muss daher in jeder Hinsicht an einer Stärkung von Thyssengas gelegen sein. Zu Shell ist auszuführen, dass seine Interessen auf den deutschen Erdgasmärkten nach der Fusion von Exxon und Mobil und dem Ausstieg von Exxon aus Thyssengas zum ersten Mal seit 30 Jahren nicht mehr deckungsgleich mit denen von Exxon sein werden. Die Folgen der Transaktionen auf das Wettbewerbsverhalten der verschiedenen Marktteilnehmer (Wettbewerb zwischen BEB-Thyssengas; BEB-Ruhrgas; Thyssengas-Ruhrgas usw.) sind zwar nur schwer abzuschätzen, aber man kann davon ausgehen, dass damit die Funktionsweise des Oligopols instabiler wird.
(834) Bei der Würdigung der Eignung des Käufers der Thyssengas-Beteiligung von Exxon wird die Kommission die mit der Person des Käufers verbundenen Anreize für Thyssengas, sich als Wettbewerber zu verhalten, angemessen berücksichtigen.
Stimmrechte bei Erdgas Münster
(835) Die Parteien bemühen sich nach besten Kräften um die Zustimmung der übrigen Aktionäre der EGM zu einer Übertragung eines bestimmten Anteils der zur Zeit von Mobil gehaltenen Stimmrechte an diese (in einem proportionalen Verhältnis zu den derzeit von ihnen ausgeübten Stimmrechten), so dass BEB und Mobil (oder Exxon Mobil) weniger als 50 % der Stimmrechte bei EGM innehaben. Diese Verpflichtung gilt für beide in der EGM zusammengefassten juristischen Personen.
(836) Beim Markttest der angebotenen Verpflichtungszusagen haben die übrigen EGM-Aktionäre der Kommission zu verstehen gegeben, dass sie sich einer Stimmrechte-Übertragung nach den hier dargelegten Prinzipien nicht widersetzen würden. Aus diesem Grunde, und weil die anzustrebende Aktionärsvereinbarung der Zustimmung der Zustimmung der Kommission bedarf, ist damit zu rechnen, dass die Parteien nicht die Kontrolle über EGM erhalten werden.
(837) Deswegen wird EGM über die gleichen Wettbewerbsanreize verfügen wie vor dem Zusammenschluss. EGM kommt weiterhin als potenzieller Wettbewerber auf dem überregionalen Ferngastransportmarkt nach seiner Liberalisierung in Betracht.
UNTERTAGESPEICHERANLAGEN FÜR DEN SÜDDEUTSCHEN RAUM
(838) Ab dem Entscheidungstermin [...]* werden die Parteien über zehn Jahre eine verbindliche Vereinbarung mit dritten Unternehmen über den Verkauf sämtlicher Anrechte von Mobil auf ein oder mehrere erschöpfte Felder, die für eine Umwandlung in Untertagespeicheranlagen für den süddeutschen Raum in Frage kommen, anbieten, bis nach Umwandlung ein Arbeitsgas-Speichervolumen von ungefähr 600 Mio. Kubikmetern verkauft worden ist.
(839) Falls sie die Parteien und der potenzielle Käufer, nachdem dieser schriftlich sein Interesse an einem bestimmten Feld bekundet hat, nicht binnen sechs Monaten auf einen fairen Marktpreis einigen können, werden die Parteien auf Antrag des Käufers von drei unabhängigen, von der Kommission akzeptierten Sachverständigen den fairen Marktpreis ermitteln lassen. Die Parteien akzeptieren die Bewertung der Sachverständigen als für sie verbindlich.
(840) Die Verpflichtung, ein oder mehrere erschöpfte Felder mit einem Arbeitsgasvolumen von insgesamt 600 Mio. m3 zu veräußern, würde die vorhandenen Speicherkapazitäten um rund [...]* % erhöhen. Aus dem Markttest geht hervor, dass diese Menge ausreichen würde, um mit Ruhrgas auf dem betreffenden Markt zu konkurrieren. Kein Marktbeteiligter, der auf den Markttest der Kommission reagiert hat, hat bestritten, dass die angebotenen Zusagen die Wettbewerbsbedenken ausräumen. Daher dürften die Verpflichtungszusagen gewährleisten, dass sich die Marktzutrittsschranken für potenzielle Wettbewerber durch den Zusammenschluss nicht erhöhen. Im Ergebnis dürfte die beherrschende Stellung von Ruhrgas auf diesem Markt nicht weiter gestärkt werden.
B. GRUNDÖLE
(841) Innerhalb von [...]* ab dem Entscheidungstermin übertragen die Parteien die Kontrolle (im Sinne der Fusionskontrollverordnung) über einen oder mehrere Unternehmen(steile) der Grundölsparte mit einer Produktionskapazität von insgesamt ungefähr [...]* Fässer/Tag an BP Amoco und/oder eine oder mehrere andere dritte Personen, die von der Kommission akzeptiert werden müssen, auf folgende Weise:
a) Übertragung (oder Rückgabe) des Eigentums [...]* oder gleichwertiger Kapazität; oder
b) mittels eines langfristigen Leasingvertrages oder einer ähnlichen Regelung über [...]*, die auf Verlangen des Leasingnehmers verlängert werden kann, wobei mit diesem Vertrag die betriebliche und geschäftliche Leitung der Grundölkapazitäten auf den Leasingnehmer übergehen, so dass dieser eigenständig in sämtlichen betrieblichen und strategischen Fragen entscheiden kann, ohne die Parteien zu informieren. Die Kommission muss dieser Regelung zustimmen, und im Leasingvertrag ist festzulegen, dass der Leasinggeber keinerlei Zugang zu wettbewerbsrelevanten Informationen über den Leasingnehmer erhält. Soweit diese Informationen für die Ausübung der üblichen Rechte eines Lizenzgebers notwendig sind, werden sie einem unabhängigen Vertreter übermittelt, wobei die Vertraulichkeitspflichten außer in einigen wenigen, im Leasingvertrag zu nennenden Punkten (in denen beispielsweise Maßnahmen des Lizenzgebers erforderlich sind) zu wahren sind.
(842) Neben den Grundöl-Produktionsanlagen werden die erforderlichen zugehörigen Mitarbeiter, Lieferverträge, Abnehmerlisten und Verträge übergeben und Zugang zur Technologie sowie technische Unterstützung für den Betrieb des Grundölgeschäfts gewährt.
(843) Während der Übergangsfrist wird die Schmierstoffsparte des Gemeinschaftsunternehmens BP/Mobil (einschließlich der Grundöltätigkeiten) vom übrigen Exxon/Mobil-Konzern getrennt und eigenständig geleitet. Es werden keinerlei Informationen und Berichte an Personen außerhalb des Gemeinschaftsunternehmens weitergegeben. Bestimmte nachstehend in Abschnitt C aufgeführte Übergangsmaßnahmen betreffend das BP/Mobil-GU sind ebenfalls eindeutig für die Abhilfen im Bereich der Grundölmärkte von Bedeutung. Sollte das Grundölgeschäft nicht von BP Amoco erworben werden, haben sich die Parteien verpflichtet, es von ihren übrigen Tätigkeiten zu trennen und einen unabhängigen Treuhänder mit der separaten Leitung dieses Geschäfts zu betrauen.
(844) Ferner sind die Parteien verpflichtet, den Käufer bei der Erlangung der erforderlichen Zulassungen zu unterstützen. Außerdem werden sie Lieferverträge, die sich ausschließlich auf die veräußerten Geschäftsbereiche beziehen, auf den Käufer übertragen. Diese Verträge entsprechen mehr als [...]* % des Umsatzes. Schließlich wird Mobil (auf Verlangen des Käufers) weiterhin für einen Zeitraum von [...]* in dem bisherigen Umfang von den veräußerten Raffinerien erwerben. Das entspricht rund [...]* % der Produktion dieser Raffinerien.
(845) Die damit einhergehende Beschränkung der fusionsbedingten Überschneidungen hängt vom Ergebnis der noch andauernden Verhandlungen zwischen BP Amoco and Mobil über die Auflösung der Schmierstoffsparte ihres Gemeinschaftsunternehmens ab. Die Verpflichtungszusagen gewährleisten jedoch unabhängig vom Ergebnis dieser Verhandlungen, dass der Anteil von Exxon Mobil auf dem Transitmarkt nicht mehr als rund [weniger als 40] % betragen wird. Damit wird das Vorhaben in seiner geänderten Form keine beherrschende Stellung von Exxon Mobil auf dem Grundölmarkt begründen.
(846) Falls die Kontrolle nicht mittels eines Verkaufs, sondern durch einen langfristigen Leasingvertrag übertragen wird, muss die Kommission dem Vertrag zustimmen. Die in den Verpflichtungszusagen beschriebene Vertragsgestaltung stellt in den Augen der Kommission einen akzeptablen Ausgangspunkt für eine Beurteilung der Frage dar, ob der Vertrag zu einem Übergang der Kontrolle auf den Leasingnehmer führen wird und dieser das Grundölgeschäft als aktiver Wettbewerber führen kann.
(847) Dritte haben ausgeführt, dass ein Leasingvertrag praktikabel wäre, wenn er für eine ausrechend lange Zeit gilt. Sie haben ferner erklärt, dass der Käufer der zu veräußernden Unternehmensteile auch in der Schmierstoffherstellung tätig sein müsse, um als Wettbewerber rentabel sein zu können. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass eine 15-jährige Laufzeit, die auf Wunsch des Käufers verlängert werden kann, eine ausreichend lange Vertragsdauer gewährleistet, damit der Käufer diese Sparte als langfristiges Geschäft betreiben kann. Was die Tätigkeit in der Schmierstoffherstellung betrifft, so wird die Kommission die Eignung des Käufers oder Leasingnehmers prüfen, wenn die Parteien ihr einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten, und dabei die Integration des Grundölgeschäfts in seine übrigen Tätigkeiten berücksichtigen.
C. KRAFTSTOFFEINZELHANDEL
(848) In Reaktion auf die Schlussfolgerung der Kommission, dass der Zusammenschluss zur Begründung oder Stärkung einer oligopolistischen beherrschenden Stellung in Österreich, auf den gebührenpflichtigen Autobahnen in Frankreich sowie in Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich führen würde, haben sich die Parteien verpflichtet, die Beteiligung von Mobil an Aral zu veräußern und die Beteiligung von Mobil an der Kraftstoffsparte des BP/Mobil-Gemeinschaftsunternehmens zu beenden.
ARAL
(849) Die Beteiligung von Mobil an Aral befindet sich in den Händen der Mobil Marketing und Raffinerie GmbH ("MMRG"), einer vollständigen Tochtergesellschaft von Mobil. [...]*.
(850) Die Parteien haben sich verpflichtet, sich binnen [...]* ab Entscheidungstermin vollständig aus Aral zurückzuziehen. [...]*
(851) [...]*
(852) Damit werden sämtliche Anreize für Exxon oder BP/Mobil und Aral beseitigt, ihr Wettbewerbsverhalten zu koordinieren, wodurch die Bedenken der Kommission ausgeräumt werden.
GEMEINSCHAFTSUNTERNEHMEN BP/MOBIL
(853) Die Parteien haben sich verpflichtet, sich binnen [...]* ab Entscheidungstermin vollständig aus dem Kraftstoffgeschäft des Gemeinschaftsunternehmens zurückzuziehen. Dazu wird entweder i) die Beteiligung von Mobil am Gemeinschaftsunternehmen an BP Amoco (oder, falls BP Amoco den Erwerb der Beteiligung ablehnt und einen anderen Käufer akzeptiert, an einen geeigneten Dritten) veräußert oder ii) das Gemeinschaftsunternehmen BP/Mobil aufgelöst und das Kraftstoffgeschäft praktisch zur Gänze von BP Amoco oder einem geeigneten anderen Käufer erworben wird.
(854) Während der Zwischenzeit werden die Parteien i) für den GU-Ausschuss unabhängige Vertreter benennen, die ihr Stimmrecht im Interesse des Gemeinschaftsunternehmens ausüben werden und keine Informationen mit Mobil oder Exxon Mobil betreffend Kraftstoffe, Grundöl oder Schmierstoffe austauschen. Sie werden ii) gewährleisten, dass Mitarbeiter der (von Mobil geleiteten) Schmierstoffsparte des GU keinerlei Zugang zu Informationen betreffend das Grundölgeschäft erhalten.
(855) Die Kommission ist der Auffassung, dass damit der bestmögliche Schutz während des Übergangszeitraums gewährleistet ist. Die Anwendung dieser Übergangsmaßnahmen hängt allerdings in einem gewissen Ausmaß vom anderen GU-Partner, nämlich BP Amoco ab. Da BP Amoco aber am Kraftstoffgeschäft beteiligt ist, wird dem Unternehmen daran gelegen sein, eine Weitergabe von Informationen an Exxon Mobil zu verhindern. BP Amoco hat sich jedoch der Benennung unabhängiger Vertreter für den GU-Ausschuss mit dem Einwand widersetzt, dass dies einer vertragswidrigen Übertragung der Rechte von Mobil gleichkommt. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Selbstverpflichtung der Parteien gegenüber die Kommission, bestimmte unabhängige Vertreter mit ihrer Zustimmung zu benennen, die Parteien nicht daran hindert, diese unabhängigen Vertreter als Vertreter von Mobil im Sinne des GU-Vertrags zu benennen. Ferner ist nicht sicher, ob BP Amoco und Mobil sich auf die Modalitäten der Abschottung der Informationssysteme der Kraftstoffsparte von denen der Schmierstoffsparte einigen können. Die Parteien haben sich jedoch verpflichtet, diese Schnittstellen von sich aus zu kappen, wenn sie sich nicht kurzfristig mit BP Amoco einigen können, und einen unabhängigen Beobachter zu beauftragen, die Einhaltung der angebotenen Zusagen zu überwachen.
(856) BP Amoco vertritt aus zweierlei Gründen die Auffassung, dass Mobil sich binnen höchstens [...]* aus dem GU mit BP zurückgezogen haben sollte. Zum einen brauche Mobil gar nicht nach einem Käufer zu suchen, da lediglich BP Amoco die Mobil-Beteiligung am GU BP/Mobil übernehmen könnte. Zweitens würde die Übergangszeit schädliche Folgen für den Wettbewerb haben, weil Exxon Mobil von Informationen über die Kraftstoffeinzelhandelstätigkeiten von BP/Mobil profitieren könnte.
(857) Die Kommission hält die Länge der Übergangsfrist jedoch für angemessen. Bei der Fristfestsetzung musste sie zwischen der Notwendigkeit einer schnellen Lösung für ihre Wettbewerbsbedenken und den Nachteilen, die die anhaltende Präsenz von Mobil im Gemeinschaftsunternehmen einem der größten Wettbewerber von Exxon zuzufügen drohte einerseits und dem berechtigten Anliegen der Parteien, ihre Interessen gegenüber einem in einer Monopolposition befindlichen Käufer gewahrt zu sehen andererseits abwägen. Bei einer zu kurzen Übergangsfrist könnte BP Amoco versucht sein, die Verkaufskonditionen zu diktieren. Allerdings darf die Übergangsfrist von den Parteien auch nicht dazu genutzt werden, die Beteiligung von Mobil am GU über Gebühr in die Länge zu ziehen. Deswegen ist in der Verpflichtungserklärung ebenfalls vorgesehen, dass i) Mobil verpflichtet ist, auf Wunsch von BP Amoco eine Klärung von Fragen im Zusammenhang mit der Bewertung der Mobil-Beteiligung durch Sachverständige zu dulden, und die Parteien ii) mit BP Amoco fair verhandeln. Durch die Berichte des unabhängigen Beobachters wird die Kommission über sämtliche Punkte unterrichtet und in die Lage versetzt, gegebenenfalls die Frist für die Veräußerung der Mobil-Beteiligung oder die Auflösung des Gemeinschaftsunternehmens zu verkürzen.
ERGEBNIS
(858) Die Verpflichtungszusagen betreffend Kraftstoffe würden die Überschneidungen im Kraftstoffgeschäft von Exxon und Mobil auf den Märkten, auf denen die Kommission die Gefahr einer Begründung oder Stärkung eines marktbeherrschenden Oligopols festgestellt hat, und möglicherweise auf dem gesamten europäischen Kraftstoffmarkt aufheben. Folglich werden keine beherrschenden Stellungen begründet oder gestärkt.
D. FLUGSCHMIERSTOFFE
(859) Binnen [...]* ab dem Entscheidungstermin werden die Parteien das weltweite Flugschmierstoff-Geschäft von Exxon mit gewerblichen Luftverkehrsgesellschaften an einen von der Kommission genehmigten Käufer veräußern. Zum Veräußerungsgeschäft zählen zugehörige FuE, Vertrieb und Handel, Produktions- und Verpackungsanlagen, Qualitätsmanagement und technische Hilfe mit den einschlägigen Vermarktungs- und Vertriebstätigkeiten und dem zugehörigen Personal. Ein Treuhänder wird darüber wachen, dass die einschlägigen Tätigkeiten von Exxon und Mobil getrennt bleiben.
(860) Der Markttest der Kommission hat bestätigt, dass der Verkauf des Flugschmierstoffgeschäfts von Exxon dem (ursprünglich von den Parteien vorgeschlagenen) Verkauf des Flugschmierstoffgeschäfts von Mobil vorzuziehen ist. Die einschlägigen Tätigkeiten von Mobil sind fest im Mobil-Konzern integriert. Mobil stellt Polyestergrundöl sowie fünf eigentumsrechtlich geschützte Zusatzstoffe selber her. Eine Veräußerung der Mischanlagen von Mobil schien nicht möglich, da sie in einen größeren Komplex eingebunden sind. Von der Kommission im Zuge des Markttests befragte Unternehmen haben bezweifelt, dass ein Käufer in der Lage wäre, das Flugschmierstoffgeschäft von Mobil zu einer rentablen Konkurrenz zu entwickeln, die das Wettbewerbsverhalten von Exxon Mobil einschränken könnte. Nachdem die den Parteien ihre Zweifel an der Angemessenheit eines Verkaufs des Flugschmierstoffgeschäfts von Mobil kundgetan hatte, schlugen diese die Veräußerung der entsprechenden Exxon-Tätigkeiten vor. Das Flugschmierstoffgeschäft von Exxon ist entgegen dem von Mobil nicht eng mit anderen Exxon-Tätigkeiten verbunden (Grundstoffe werden größtenteils von konzernfremden Unternehmen geliefert, und die Mischanlagen sind eigenständige Betriebe).
(861) Somit gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass durch den Zusammenschluss keine beherrschende Stellung auf diesem Markt begründet wird und ihre Wettbewerbsbedenken ausgeräumt sind.
E. DÜSENKRAFTSTOFFE
(862) Die Parteien haben sich verpflichtet, binnen [...]* ab Entscheidungstermin Transportkapazitäten auf der Rohrleitung von der Raffinerie Coryton zum Flughafen Gatwick in Höhe der von Mobil im Jahr 1998 in Gatwick verkauften Düsenkraftstoff-Mengen zu verkaufen. Mit dieser Zusage wird die Kontrolle der Parteien über die Belieferung des Flughafens Gatwick mit Düsenkraftstoff beseitigt, die sie ansonsten durch den Zusammenschluss erlangt hätten. Deswegen wird auf dem Markt der Belieferung des Flughafens Gatwick mit Düsenkraftstoff keine beherrschende Stellung gestärkt -
HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ANGENOMMEN:
Artikel 1
Unter der Bedingung, dass die unter Ziff. 826 bis 862 beschriebenen und in ihrer ausführlichen Fassung als Anhang dieser Entscheidung beigefügten Verpflichtungszusagen vollständig eingehalten werden, wird der angemeldete Zusammenschluss von Exxon Corporation und Mobil Corporation für mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen vereinbar erklärt.
Artikel 2
Die Entscheidung ist gerichtet an:
1. Exxon Corporation 5959 Las Calinas Boulevard Irving Texas USA
2. Mobil Corporation 3225 Gallows Road Fairfax Virginia USA
Brüssel, den 29. September 1999
Für die Kommission
Mario Monti
Mitglied der Kommission
(1) ABl. L 395 vom 30.12.1989, S. 1; Berichtigung: ABl. L 257 vom 21.9.1990, S. 13.
(2) ABl. L 180 vom 9.7.1997, S. 1.
(3) ABl. C 87 vom 7.4.2004.
(4) Sache Nr. IV/M.727 - BP/Mobil vom 7.8.1996 (ABl. C 381 vom 17.12.1996, S. 8). Die Aktivitäten des Gemeinschaftsunternehmen beinhalten keine Schiffsmaschinen- und Flugturbinenöle.
(5) Die Berechnung des Umsatzes erfolgte gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Fusionskontrollverordnung sowie der Mitteilung der Kommission über die Berechnung des Umsatzes im Sinne der Verordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. C 66 vom 2.3.1998, S. 25). Soweit in den Zahlen der Umsatz vor dem 1 Januar 1999 berücksichtigt wurde, erfolgte die Berechnung anhand der durchschnittlichen Wechselkurse in ECU, die im Verhältnis 1:1 in Euro umgerechnet wurden.
(6) Entscheidung der Kommission in der Sache Nr. IV/M.1200 - Arco/Union Texas (Abl. C 16 vom 21.1.1999, S. 8). Entscheidung der Kommission in der Sache Nr. IV/M.88 - Elf Enterprise (ABl. C 203 vom 2.8.1991); und Entscheidung der Kommission in der Sache Nr. IV/M.85 - Elf Occidental (ABl. C 160 vom 20.6.1991).
(7) Die Preise auf den Rohölmärkten können bereits durch bloße Ankündigungen im Gefolge von OPEC-Tagungen erheblich beeinflusst werden.
(8) Den zugehörigen Bereich Kohle und Stahl hat die Kommission in der Sache IV/EGKS.1252 - RAG/Saarbergwerke behandelt. Der Beschluss Deutschlands ist im Halbjahresarbeitsbericht des BkartA und seiner Pressemitteilung vom 4.2.1998 zusammengefasst.
(9) ABl. L 204 vom 21.7.1998, S. 1.
(10) Die Entscheidung, ob es in den Niederlanden einen eigenen Markt für heizwertarmes und heizwertreiches Gas gibt, erübrigt sich in diesem Fall, da sie sachlich kaum Einfluss auf das Ergebnis hat.
(11) [...]*.
(12) [...]*.
(13) [...]*.
(14) [...]*.
(15) [...]*.
(16) [...]*.
(17) [...]*.
(18) [...]*.
(19) Verbundene Rechtssachen C-68/94 und C-30/95 Frankreich u. a./Kommission Slg (1998) I-1375.
(20) Urteil vom 25. März 1999, Rechtssache T-102/96 Gencor/Kommission (Slg. (1999) II-735).
(21) DEUDAN (Pipeline für den Transport dänischen Erdgases nach Deutschland): Ruhrgas [...]* %, BEB [...]* %; NETRA (Pipeline für den Transport dänischen Erdgases nach Deutschland): Ruhrgas [...]* %, BEB [...]* %; Salzwedel-Berlin (Verlängerung von NETRA nach Berlin): BEB [...]* %, Ruhrgas [...]* %, VNG [...]* %; NETG (Pipeline für den Transport niederländischen Erdgases nach Deutschland): Ruhrgas [...]* %, Thyssengas [...]* %; METG (Pipeline für den Transport niederländischen Erdgases nach Deutschland): Ruhrgas [...]* %, Exxon und Shell jeweils [...]* %; SETG (Verlängerung der METG): Ruhrgas [...]* %, Exxon und Shell jeweils [...]* % (bei NETG-METG-SETG handelt es sich jeweils um Verlängerungsleitungen); EVG (Anschlußleitung in Mitteldeutschland): Ruhrgas [...]* %, VNG [...]* %.
(22) [...]* - Anhang 49.21 (Kursivschrift hinzugefügt). Auch [...]* - Anhang 49.26.
(23) Tabelle 3.13 in "Competition and Liberalisation in European Gas Markets - A Diversity of Models", Jonathan P. Stern, Royal Institute of International Affairs, 1998.
(24) Bresnahan, T.F. und Salop, S.C., "Quantifying the competitive effects of joint ventures", International Journal of Industrial Organisation, Band 4 (1986) S. 155-175.
(25) Die Abkürzung PI steht für das American Petroleum Institute, das Mineralölgesellschaften vertritt: ACEA ist die Association des Constructeurs Européens d'Automobile und ATIEL die Association Technique de l'Industrie Européenne des Lubrifiants. Die jeweilige Rolle dieser Organisationen wird an anderer Stelle im Dokument erläutert.
(26) Die Gruppe II wird im EWR gegenwärtig nicht verwendet.
(27) Wie von den Konkurrenten bestätigt wurde, sind alle DI-Hersteller in Besitz genereller Zulassungen für Grundöle von Exxon, Mobil und Shell, die Abnehmern von Grundölen zur Verfügung stehen.
(28) Ausnahmen bestehen für Grundöle der Gruppen III und IV.
(29) Gemäß Erläuterung in Dokumenten, wie z. B. in "API 1509" und "Atiel Code of Practice".
(30) Sache Nr. IV/M.1137 - Exxon/Shell vom 25.05.1998.
(31) [...]*.
(32) [...]*.
(33) [...]*.
(34) [...]*.
(35) [...]*.
(36) [...]*.
(37) [...]*.
(38) [...]*.
(39) [...]*.
(40) Von BP/Mobil sind ca. [...]* Mio. USD aufgewendet worden, um zwischen ihren (damals) [...]* Raffinerien in Europa Austauschbarkeit zu erlangen.
(41) [...]*.
(42) [...]*.
(43) [...]*.
(44) [...]*.
(45) [...]*.
(46) Auftragsmischung ("Toll blending") bezeichnet die Mischung der Schmierstoffe unter der Marke und nach den Spezifikationen des Herstellers, der u. U. über keine eigenen Produktionskapazitäten in der Region verfügt.
(47) [...]*.
(48) [...]*.
(49) [...]*.
(50) [...]*.
(51) [...]*.
(52) [...]*.
(53) [...]*.
(54) [...]*.
(55) [...]*.
(56) [...]*.
(57) [...]*.
(58) [...]*.
(59) Siehe Rechtssache T-102/96, Gencor gegen Kommission, Slg. [1999] II-753.
(60) Da keine Branchendaten über die durchschnittlichen Zapfpreise an Autobahntankstellen verfügbar sind, werden die von Exxon an Autobahntankstellen erhobenen Zapfpreise stellvertretend für die durchschnittlichen Zapfpreise der Branche zugrunde gelegt. Auch konnten die Parteien keine Angaben lediglich für gebührenpflichtige Autobahnen machen, so dass die Kommission die Daten für das gesamte Autobahnnetz als Näherungswert zugrundegelegt hat.
(61) Berücksichtigt sollte auch werden, dass Fina, das beim Durchsatz pro Tankstelle am schlechtesten abschneidet, kürzlich von Total übernommen worden ist.
(62) [...]*.
(63) Auf der Grundlage der von den Parteien vorgelegten Angaben zu den Marktanteilen der wichtigsten Wettbewerber, die es 1998 auf dem Gebiet der neuen Bundesländer gab.
(64) [...]*.
(65) [...]*.
(66) Studie der Bayerischen Landeskartellbehörde von 1998.
(67) [...]*.
(68) Competition in the supply of petrol in the UK - A report by the Office of Fair Trading: May 1998.
(69) Siehe Fußnote 68.
(70) Hilfstriebwerke, Konstantdrehzahlantrieb, integrierte Antriebsgeneratoren und Luftturbinenstarter.
(71) Ein Hinweis darauf ist der Umstand, dass Fluggesellschaften zur Reduzierung möglicher Sicherheitsrisiken sowohl am Boden als auch in der Luft ein und dasselbe OEM-zugelassene Schmiermittel verwenden, um zu verhindern, dass ein nichtzugelassenes Schmiermittel aus einer luftfahrtabgeleiteten Anwendung versehentlich in einem Flugzeugtriebwerk verwendet wird.
(72) In der Entscheidung Holdercim/Cedest (M.460) vom 6. Juli 1994 (ABl. C 211 v. 2.8.1994) hatte die Kommission erklärt, dass Märkte, die "weniger als ein Prozent des gemeinschaftsweiten Verbrauchs eines Produkts repräsentieren", einen unwesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes darstellen.
ANHANG
Der vollständige Originaltext der in Artikel 1 genannten Bedingungen und Auflagen kann auf folgender Website der Kommission abgerufen werden:
http://europa.eu.int/comm/ competition/index_en.html
INHALT
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