31999D0687

1999/687/EG: Entscheidung der Kommission vom 8. September 1999 betreffend ein Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache IV/34.010 Nederlandse Vereniging van Banken (GSA-Vereinbarung 1991), Sache IV/33.793 Nederlandse Postorderbond, Sache IV/34.234 Verenigde Nederlandse Uitgeversbedrijven und Sache IV/34.888 Nederlandse Organisatie van Tijdschriften Uitgevers/Nederlandse Christelijke Radio Vereniging) (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1999) 2056) (Nur der niederländische Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 271 vom 21/10/1999 S. 0028 - 0040


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 8. September 1999

betreffend ein Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag

(Sache IV/34.010 Nederlandse Vereniging van Banken (GSA-Vereinbarung 1991), Sache IV/33.793 Nederlandse Postorderbond, Sache IV/34.234 Verenigde Nederlandse Uitgeversbedrijven und Sache IV/34.888 Nederlandse Organisatie van Tijdschriften Uitgevers/Nederlandse Christelijke Radio Vereniging)

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1999) 2056)

(Nur der niederländische Text ist verbindlich)

(1999/687/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrags(1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1216/1999(2), insbesondere auf Artikel 2,

im Hinblick auf den Antrag auf Erteilung eines Negativattestes und die Anmeldung zur Erteilung einer Freistellung, die am 10. Juli 1991 gemäß den Artikeln 2 und 4 der Verordnung Nr. 17 eingereicht wurden,

im Hinblick auf die am 21. Januar 1991, 7. Juni 1991, 13. September 1991, 10. Februar 1992 und 31. Oktober 1993 gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 eingereichten Beschwerden,

im Hinblick auf den Beschluß der Kommission vom 11. Juni 1993, in dieser Sache das Verfahren einzuleiten,

nach der gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 und gemäß der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates(3) an die beteiligten Parteien und an Dritte ergangenen Aufforderung, sich zu den von der Kommission in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten zu äußern,

nach der gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 an interessierte Dritte ergangenen Aufforderung, sich zu der Absicht der Kommission, eine befürwortende Stellungnahme zur angemeldeten Vereinbarung abzugeben, zu äußern(4),

nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I. SACHVERHALT

Die Anmeldung

(1) Am 10. Juli 1991 hat die Nederlandse Vereniging van Banken (im folgenden "NVB" genannt) im Namen ihrer Mitglieder eine Vereinbarung betreffend die Einführung eines gemeinsamen Einzahlungs- und Lastschriftverfahrens (im folgenden "GSA-Vereinbarung" genannt) mit dem Antrag auf Erteilung eines Negativattestes oder einer Freistellung gemäß Artikel 81 Absatz 3 des EG-Vertrags angemeldet(5). Das Lastschriftverfahren ("acceptgiro") ist ein Zahlungsinstrument, das häufig von Unternehmen (Inkassanten) bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen ihrer Kunden, wie zum Beispiel Strom- und Telefonrechnungen, Versicherungsprämien und Abonnements, benutzt wird.

(2) Die Anmeldung betrifft faktisch eine geänderte Fassung einer früheren GSA-Vereinbarung, der GSA-Vereinbarung 1985. Die Änderung bezieht sich insbesondere auf die Einführung eines Ausgleichs zwischen Banken für die Bearbeitung von Lastschrift-Formularen in Höhe von 0,30 NLG (0,14 EUR) pro bearbeitetes Formular. Dieser Ausgleich zwischen Banken ist gemäß GSA-Vereinbarung von der Bank des Inkassanten (kreditierende Bank) an die Bank des Käufers (debitierende Bank) zu zahlen. Mit diesem Ausgleich sollen die Kosten für die Bearbeitung von Lastschrift-Formularen durch die debitierende Bank teilweise erstattet werden.

Die Beschwerden

(3) Im Zeitraum 1991-1993 gingen bei der Kommission mehrere Beschwerden von Großnutzern des Lastschriftsystems ein, nämlich eines Branchenverbands für Versandunternehmen (Nederlandse Postorderbond)(6), einer Organisation, die die Interessen von Verkehrsteilnehmern vertritt und Dienstleistungen für ihre Mitglieder erbringt (ANWB), einer Dachorganisation vornehmlich auf Landesebene tätiger karitativer Einrichtungen ("Centraal Bureau Fondsenwerving"), eines Unternehmens, das Zeitschriften und Fachzeitschriften verlegt (Verenigde Nederlandse Uitgeversbedrijven, VNU)(7), einer Organisation, die die Interessen niederländischer Zeitschriftenverleger vertritt (Nederlandse Organisatie van Tijdschriften Uitgevers, NOTU), und einer Rundfunkanstalt (Nederlandse Christelijke Radio Vereniging, NCRV)(8).

(4) Die Beschwerden beziehen sich insbesondere auf die wettbewerbseinschränkenden Wirkungen der in der GSA-Vereinbarung multilateral festgelegten Bankenvergütung, die nach Ansicht der Beschwerdeführer als Preisabsprache zwischen den Banken im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 anzusehen ist. Außerdem betrachten einige Beschwerdeführer die ihrer Meinung nach systematische Weitergabe des Ausgleichs zwischen Banken durch die kreditierenden Banken an Unternehmen, die das Lastschriftsystem nutzen, als abgestimmte Verhaltensweise im Sinne dieses Artikels. Ferner soll nach Ansicht einiger Beschwerdeführer ein Verstoß gegen Artikel 82 des Vertrags vorliegen, da die Großbanken ihre individuelle oder kollektive Machtstellung mißbrauchen könnten, indem sie Unternehmen, die Lastschriften nutzen, unangemessene Gebühren berechnen.

Die Parteien der angemeldeten Vereinbarung

(5) Unterzeichner der GSA-Vereinbarung sind die ABN AMRO Bank NV, die Coöperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank BA, die ING Bank NV (vormals NMB Postbank Groep NV), die Postbank NV (die seit 1992 zur ING Bank gehört, jedoch unter eigenem Namen tätig ist), der Nederlandse Spaarbankbond und die Interpay/BankGiroCentrale (vormals BankGiroCentrale). Außerdem haben zahlreiche Banken (Ende 1997: 58) eine sogenannte Beitrittserklärung unterzeichnet, in der sie sich zur Annahme aller aus der GSA-Vereinbarung erwachsenden Rechte und Pflichten gegenüber den Unterzeichnern und den sonstigen Banken, die eine Beitrittserklärung unterzeichnet haben, bereit erklären. Die Namen aller an der GSA beteiligten Banken sind in Anhang I aufgeführt.

(6) Die ABN AMRO Bank NV (im folgenden "ABN AMRO" genannt) ist eine hundertprozentige Tochter der ABN AMRO Holding NV, die nach einer Fusion der Algemene Bank Nederland NV (ABN Bank) und der Amsterdam-Rotterdam Bank NV (AMRO Bank) gegründet wurde. Die Zahl der Girokonten betrug 1998 etwa 3,85 Mio., davon rund 270000 Geschäftsgirokonten. Die Bilanzsumme der ABN AMRO belief sich 1997 auf 836,4 Mrd. NLG (380,2 Mrd. EUR). Damit ist die ABN AMRO, gemessen an der Bilanzsumme, die größte Bank der Niederlande(9).

(7) Die Coöperatieve Centrale Raiffeisen-Boerenleenbank BA (im folgenden "Rabobank" genannt) ist eine Genossenschaft, an der 445 Banken kapitalmäßig beteiligt sind. Jede dieser Banken besitzt den Rechtsstatus einer Genossenschaft. Die Geschäftskreditnehmer unter den Kunden sind automatisch Mitglied der Vereinigung. Privatpersonen können ebenfalls Mitglied werden. Die Zahl der Kontoinhaber der Rabobank betrug 1998 etwa 6,1 Mio, davon 0,6 Mio. Geschäftskontoinhaber. Die Bilanzsumme belief sich Ende 1998 auf 423 Mrd. NLG (192,3 Mrd. EUR). Die Rabobank ist damit, gemessen an der Bilanzsumme, die zweitgrößte Bank der Niederlande(10).

(8) Die ING Bank entstand am 1. Januar 1992 durch Fusion des Versicherungsunternehmens Nationale Nederlanden NV und der NMB Postbank Groep. Letztere ging ihrerseits drei Jahre zuvor aus einer Fusion zwischen der Nederlandsche Middenstandsbank NV (NMB) und der Postbank, eines ehemaligen staatlichen Unternehmens, hervor. Die Zahl der Privatkontoinhaber der ING betrug 1998 ungefähr 1,2 Mio., die der Geschäftskontoinhaber etwa 205000. Die Postbank, die zur ING Bank gehört, jedoch unter eigenem Namen tätig ist und ein eigenes Girosystem unterhält, hatte 1998 7,1 Mio. Privat- und 560000 Geschäftskontoinhaber. Die konsolidierte Bilanzsumme der ING Bank betrug 1998 (inkl. BBL) etwa 630 Mrd. NLG (286,5 Mrd EUR)(11).

(9) Der Nederlandse Spaarbankbond ist eine Vereinigung der Sparkassen. Die fünf angeschlossenen (Spar)kassen, und zwar die Fortis Bank, die SNS Bank Nederland, die Samenwerkende Groninger Bondsspaarbanken, die Stichting Nutsspaarbank sowie die Stichting Bondsspaarbank, sind eigenständig. Der Nederlandse Spaarbankbond hat die GSA-Vereinbarung 1991 im Namen der ihm angeschlossenen Sparkassen unterzeichnet. Die Zahl der Kontoinhaber beläuft sich insgesamt auf mehr als 2,5 Mio. Die gemeinsame Bilanzsumme der angeschlossenen Sparkassen betrug 1998 etwa 115 Mrd. NLG (52,3 Mrd. EUR)(12).

(10) Interpay Nederland (im folgenden "Interpay" genannt) ist eine technische Hilfsstelle für den Zahlungsverkehr zwischen den Banken und Giroinstituten und gewährleistet unter anderem die zentrale Bearbeitung von Überweisungsaufträgen. Interpay ist ein Joint-venture nahezu aller allgemeiner Banken, der Rabobank sowie der Mitglieder des Nederlandse Spaarbankbond. Sie entstand am 1. Januar 1994 durch Fusion der BankGiroCentrale (BGC) (zuständig für die Bearbeitung von Giroüberweisungen und Erstunterzeichner der GSA-Vereinbarung), BeaNet (zuständig für die Bearbeitung von Überweisungen über Geldautomaten) und Eurocard Nederland (zuständig für die Abwicklung von Kreditkartengeschäften). Interpay verwaltet das Zahlungssystem der Banken, mit Ausnahme der Postbank NV, die, wie ausgeführt, ein eigenes bargeldloses Zahlungssystem unterhält. In dem Bemühen um ein nationales Zahlungssystem hat sich die Verbindung zwischen dem Interpay- und dem Postbank-System jedoch bedeutend verbessert. 1998 wurden über Interpay/BGC fast 2 Mrd. bargeldlose Vorgänge in Höhe von insgesamt 2728 Mrd. NLG (1240 Mrd. EUR) abgewickelt. Die Zahl der bearbeiteten Lastschriften betrug 1998 217 Mio. im Wert von 84,9 Mrd. NLG (38,6 Mrd. EUR). An Interpay beteiligen sich ungefähr 70 Banken(13).

(11) Die NVB wurde am 8. Mai 1989 mit dem satzungsmäßigen Zweck gegründet, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene die Interessen in den Niederlanden tätiger Kreditinstitute und des niederländischen Bankwesens im allgemeinen zu fördern. Nahezu alle in den Niederlanden operierenden Banken, darunter auch Zweigstellen ausländischer Banken, sind Mitglied der NVB. Die NVB hat die GSA-Vereinbarung im Namen ihrer Mitglieder angemeldet, ist ansonsten jedoch keine Vertragspartei.

Das System der Lastschriftverfahren

Allgemeines

(12) Die Anmeldung und die Beschwerden beziehen sich auf das niederländische Lastschrift-System. Dieses System ist für regelmäßig wiederkehrende und verbindliche inländische Zahlungen bestimmt, das heißt für Zahlungen zwischen Debitoren und Kreditoren (Unternehmen), die in den Niederlanden ein Konto unterhalten, wobei ein Unternehmen einen relativ großen und festen Kundenkreis hat und Zahler und Empfänger nicht in unmittelbarem Kontakt stehen ("Fernzahlung"). Beispiele sind Zahlungen für Abonnements, Strom- und Telefonrechnungen, Bestellungen (mit Ratenzahlung), Versicherungen und dergleichen. Das Lastschriftverfahren findet also keine Verwendung im Einzelhandel sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe, wo es zum persönlichen Kontakt zwischen Debitor und Kreditor kommt.

Funktionsweise des Lastschrift-Systems

(13) Das Lastschrift-System, das Ende der 70er Jahre als gemeinsames Zahlungsprodukt der Postbank und der sonstigen Banken auf den Markt gebracht wurde, funktioniert wie folgt (siehe Schema Anhang II). Das Unternehmen, das sich für das Lastschrift-System entscheidet (der Inkassant oder Kreditor) schließt mit seiner Bank (der kreditierenden Bank) einen Vertrag. In diesem Vertrag werden die Bedingungen festgelegt, unter denen das Unternehmen das Lastschrift-System nutzen kann. Nach der Lieferung oder gleichzeitig mit der Lieferung oder Leistung sendet das Unternehmen dem Kunden (dem Debitor) ein Lastschrift-Formular. Die Lastschrift-Formulare, die vom Inkassanten in Standardform bei der Bank oder direkt bei der Druckerei bestellt werden können, werden vom Unternehmen soweit als möglich vorkodiert. Ein weitgehend vorkodiertes Lastschrift-Formular enthält bereits die Kontonummer des Unternehmens, die Kontonummer des Kunden, den zu zahlenden Betrag und den Verwendungszweck. Diese Angaben erscheinen auf dem Lastschrift-Formular zugleich als Zahlencodes. Der Kunde braucht dann nur noch zu unterschreiben und das unterschriebene Formular an seine Bank zu senden.

(14) Die Bank des Kunden (die debitierende Bank) wandelt die Codes mit Hilfe von Spezialgeräten (optische Leser) in elektronische Daten um und belastet das Konto des Kunden. Je mehr relevante Daten auf dem Formular kodiert sind, desto höher ist der Automatisierungsgrad bei der Bearbeitung. Nichtkodierte Informationen müssen manuell in elektronische Daten umgewandelt werden(14).

(15) Anschließend gibt die debitierende Bank die für die Kreditierung des Kontos des Unternehmens notwendigen (elektronischen) Daten an die entsprechende Clearingstelle weiter, d. h. an die Girozentrale der Postbank bzw. an Interpay (für die sonstigen Banken). Dabei wird nicht zwischen bankinternen Transaktionen (das heißt Transaktionen, bei denen Kreditor und Debitor dieselbe Bank haben) und Transaktionen zwischen Banken unterschieden. Nach Angaben der Banken wird so der Zersplitterung von Informationen Einhalt geboten. Die Girozentralen sortieren alle eingegangenen Lastschriftvorgänge nach Kreditorenkonten und senden diese Daten im Anschluß, sofern notwendig über das entsprechende Girosystem, an die jeweiligen kreditierenden Banken.

Vorteile des Lastschrift-Systems

(16) Der Vorteil des Lastschrift-Systems gegenüber anderen Zahlungsinstrumenten, wie zum Beispiel einfachen Überweisungen und Schecks, besteht darin, daß die Bearbeitung der Formulare und die Ausführung der Überweisung weitgehend automatisiert werden können. Die Bearbeitungskosten sind daher relativ moderat, obgleich die Transaktion relativ schneller abgewickelt werden kann. Das Lastschrift-System hat auch administrative Vorteile für die betroffenen Inkassanten, die mit automatischen Buchungssystemen arbeiten. Sie können die Daten in bezug auf die bearbeiteten Lastschrift-Formulare von der Bank in Form eines elektronischen Datenträgers (Band oder Diskette) erhalten und damit ihre eigene Buchhaltung automatisch aktualisieren. Dadurch kommt es zu Einsparungen, weil die Zahlungen nicht mehr einzeln verbucht werden müssen. Außerdem kommen die Inkassanten schneller zu ihrem Geld.

Entwicklung des Lastschrift-Systems

(17) In den Niederlanden werden Lastschriften als Zahlungsmittel häufig genutzt. 1998 wurden über Interpay/BGC etwa 217 Mio. Lastschriften über einen Betrag von insgesamt etwa 84,9 Mrd. NLG (38,9 Mrd. EUR) abgewickelte(15). Die Girozentrale der Postbank hat 1998 [...](16) Lastschriften im Gesamtwert von [...] *(17) bearbeitet. Im Zeitraum 1985-1998 stieg die Zahl der Unternehmen, die einen Vertrag zur Benutzung von Lastschrift-Formularen geschlossen haben, von 54140 auf 97676(18).

(18) Die drei größten am Lastschrift-System teilnehmenden Banken sind die Postbank, die ABN AMRO Bank und die Rabobank. Auf diese drei Banken entfielen 1998 nach eigenen Angaben etwa 91 % der Lastschrift-Verträge, 86 % der Debitierungen, 70 % der Kreditierungen, 87 % des Werts der Debitierungen und 50 % des Werts der Kreditierungen(19).

Das Zustandekommen der Bankenvergütung

(19) Nach Angaben der NVB, die die GSA-Vereinbarung, wie erwähnt, im Namen der Banken angemeldet hat, führte die Abstimmung der beiden in den Niederlanden bestehenden bargeldlosen Zahlungssysteme, nämlich des Girosystems von Interpay (ursprünglich BankGiroCentrale) und des Systems der Postbank, in dem Bemühen um ein nationales Zahlungssystem zu einer Zunahme bei der Benutzung des Lastschriftverfahrens (und damit der absoluten Beträge der Bearbeitungskosten)(20). Für das optimale Funktionieren nur eines Zahlungssystems mußte nach Ansicht der NVB die debitierende Bank Tätigkeiten - die Umwandlung schriftlicher Zahlungsaufträge in elektronische Daten - für die kreditierende Bank ausführen. In der GSA-Vereinbarung (und insbesondere in der darin enthaltenen einheitlichen Bankenvergütung) wird der NVB zufolge anerkannt, daß die kreditierende Bank von den Dienstleistungen der debitierenden Bank profitiert und daß sie sich entsprechend an der Erstattung der mit diesen Dienstleistungen verbundenen Kosten beteiligt(21).

Die ursprünglich angemeldete Vereinbarung

(20) Die am 1. Juli 1991 auf unbegrenzte Zeit in Kraft getretene GSA-Vereinbarung ist im Grunde eine geänderte Fassung der (als solche bei der Kommission nicht angemeldeten) GSA-Vereinbarung von 1985. Die Änderung betrifft insbesondere die Einführung der Bestimmung betreffend eine einheitliche Vergütung für die Bearbeitung von Lastschrift-Formularen durch die debitierende Bank in Höhe von 0,30 NLG (0,14 EUR) pro bearbeitetem Lastschrift-Formular, die von der kreditierenden Bank zu zahlen ist (Ausgleich zwischen Banken). Dabei ist explizit festgelegt, daß es den teilnehmenden Banken durchaus freisteht, anderen als der kreditierenden Bank Kosten für die Bearbeitung von Lastschrift-Formularen in Rechnung zu stellen.

(21) Die Höhe der Bankenvergütung wurde 1991 anhand der tatsächlichen Kosten für die Umwandlung der Zahlungsinformationen in elektronische Daten festgelegt, die, nach Angaben der NVB, der Bank mit dem effizientesten Bearbeitungsverfahren entstehen. Da die Banken der Annahme sind, daß die sich aus der Bearbeitung durch die debitierende Bank ergebenden Vorteile der kreditierenden sowie der debitierenden Bank gleichermaßen zugute kommen, wurde die Bankenvergütung auf die Hälfte dieser Bearbeitungskosten der debitierenden Bank festgesetzt.

(22) Die GSA-Vereinbarung sieht ferner vor, daß die Teilnehmer beim technischen Austausch bestimmte Formulare und Spezifikationen zu verwenden haben. Außerdem sind einige Punkte aufgeführt, die einer genaueren Regelung bedürfen. Die betreffenden Spezifikationen und genaueren Regelungen sind nicht Bestandteil der Anmeldung und daher auch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

(23) Zudem enthielt die ursprünglich angemeldete Fassung der Vereinbarung eine Bestimmung, wonach Teilnehmer darauf verzichten mußten, Inkassanten für Gutschriften auf ein bestimmtes Konto besondere Vorteile zu gewähren. Zunächst war es den Teilnehmern auch untersagt, während der Laufzeit der Vereinbarung ein eigenes Lastschrift-Verfahren einzuführen.

(24) Im Gegensatz zur früheren GSA-Vereinbarung von 1985 wurde die angemeldete GSA-Vereinbarung von den einzelnen Banken und nicht von der NVB unterzeichnet. Ein Sekretariat, die BGC, überwacht die Einhaltung der Vereinbarung.

Änderungen der ursprünglich angemeldeten Vereinbarung nach Anhörung durch die Kommission

(25) Anfang 1992 hatten die Dienststellen der Kommission nach Anhörung der an der GSA-Vereinbarung beteiligten Banken ihre Beschwerden gegen drei wettbewerbseinschränkende Teile der angemeldeten Vereinbarung mitgeteilt, die die Erteilung einer Freistellung in jedem Fall unmöglich machen würden. Erstens betraf es das Verbot, Inkassanten im Zusammenhang mit dem Unterhalten eines bestimmten Kreditorenkontos Vorteile zu gewähren (Artikel 4), zweitens das Verbot, ein eigenes Lastschrift-Verfahren einzuführen (Artikel 14) und drittens den einheitlichen Ausgleich zwischen Banken (Artikel 5).

(26) Nach Auskunft der Banken wurden seinerzeit die ersten beiden Bestimmungen in die frühere GSA-Vereinbarung aufgenommen, um die Verknüpfung der beiden Girosysteme, des Systems der Postbank einerseits und des Systems der BGC andererseits, in bezug auf das integrierte Zahlungsprodukt Lastschrift sicherzustellen. Beide Bestimmungen wurden von den Parteien nicht mehr für unverzichtbar gehalten und daher mit Wirkung vom 26. März 1992 gestrichen.

(27) Ebenfalls mit Wirkung vom 26. März 1992 wurde die dritte Bestimmung, der feste Ausgleich zwischen Banken, geändert. Einzelne Banken dürfen künftig auf bilateraler Basis einen geringeren Betrag als 0,30 NLG (0,14 EUR) als Vergütung für die Bearbeitung eines Lastschrift-Formulars vereinbaren. Der feste Ausgleich zwischen Banken wurde damit zu einem Hoechstbetrag. Dabei wurde nochmals unterstrichen, daß es sowohl debitierenden als auch kreditierenden Banken freisteht, auch anderen Beteiligten Kosten für die Bearbeitung von Lastschrift-Formularen in Rechnung zu stellen. Der geänderte Text von Artikel 5 lautet wie folgt: "Zur Vergütung der Kosten, die dem debitierenden Institut bei der Bearbeitung von Lastschrift-Formularen, auch zugunsten des kreditierenden Instituts, im Rahmen der GSA entstehen, wird - vorbehaltlich eines eventuell auf bilateraler Grundlage durch einzelne Banken zu vereinbarenden geringeren Betrags - dem kreditierenden Institut vom debitierenden Institut ein Betrag in Höhe von 0,30 NLG pro bearbeitetem Lastschrift-Formular in Rechnung gestellt.

Dieser Betrag wurde anhand der bei der effizientesten Bearbeitung von Lastschrift-Formularen ermittelten Kosten festgelegt und wird bei nachweislicher Änderung dieser Kosten angepaßt. Ein diesbezüglicher Beschluß kann auf Vorschlag eines jeden an der GSA teilnehmenden Instituts gefaßt werden. Dem Vorschlag sind Unterlagen zum Nachweis der angeführten Kostenänderung beizufügen.

Die Kostenvergütung gemäß diesem Artikel läßt den einzelnen an der GSA teilnehmenden Instituten (debitierende und kreditierende Institute) in ihrer Politik, anderen Kosten für die Bearbeitung von Lastschrift-Formularen gemäß der GSA in Rechnung zu stellen, freie Hand."

Das Verfahren

Ablehnung des Antrags auf einstweilige Maßnahmen

(28) Die Kommission hat durch Beschluß vom 7. Februar 1992 den Antrag eines der Beschwerdeführer, des Nederlandse Postorderbond, auf einstweilige Maßnahmen abgelehnt. Die Kommission hat dabei unter anderem in Erwägung gezogen, daß der Standpunkt, einzig und allein die Anwendung der GSA-Vereinbarung führe zu erheblichem Schaden für die Mitglieder des Nederlandse Postorderbond, nicht richtig ist, da die Weitergabe der Bankenvergütung von den individuellen Entscheidungen der jeweiligen Banken abhängt. Die Kommission hielt es auf den ersten Blick auch nicht für glaubhaft, daß die niederländischen Banken vereinbart hätten oder nach gegenseitiger Absprache dazu übergegangen wären, die Bankenvergütung in allen Fällen an die Inkassanten weiterzugeben. Ebensowenig handelt es sich nach Ansicht der Kommission um einen erheblichen und irreparablen Schaden, da die Mitglieder des Nederlandse Postorderbond die von den Banken berechneten Gebühren ganz oder teilweise an ihre Kunden weitergeben oder über ein Verfahren bei einem nationalen Gericht zurückfordern können, sollte deren Unrechtmäßigkeit festgestellt werden. Gegen diesen Beschluß wurde kein Einspruch erhoben.

Beschwerdepunkte vom 14. Juni 1993

(29) Am 14. Juni 1993 teilte die Kommission der NVB Beschwerdepunkte mit, mit denen sie darlegte, daß die in der GSA-Vereinbarung multilateral festgelegte Bankenvergütung einen Verstoß gegen Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags darstellt und die Voraussetzungen für eine Freistellung nach Artikel 81 Absatz 3 nicht erfuellt. Diese Beschwerdepunkte wurden am 20. Juni 1997 von der Kommission zurückgezogen.

Bemerkungen Dritter

(30) In einer am 9. September 1997 veröffentlichten Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 hat die Kommission angekündigt, sie werde eine wohlwollende Haltung gegenüber der angemeldeten Vereinbarung einnehmen. In diesem Zusammenhang verwies die Kommission insbesondere auf eine Vereinbarung zwischen den Banken, die gewerblichen Nutzer förmlich über den "Default"-(Standard-)Charakter sowie die Höhe der Interbank-Vergütung und über entsprechende Änderungen zu informieren. Außerdem verwies die Kommission auf eine Vereinbarung zwischen den Banken, bei der diese auf Ersuchen der Kommission beschlossen haben, die Höhe der Interbank-Vergütung in regelmäßigen Abständen anhand eines Berichts eines unabhängigen Sachverständigen über die Gestehungskosten der effizientesten Bearbeitungsmethode zu überprüfen.

Entsprechend der veröffentlichten Mitteilung hat die Kommission (gemeinsame) Bemerkungen des Nederlandse Postorderbond, der ANWB, des Centraal Bureau Fondsenwerving, der Verenigde Nederlandse Uitgeversbedrijven, der Nederlandse Organisatie van Tijdschriften Uitgevers und der Nederlandse Christelijke Radio Vereniging (alle Beschwerdeführer in dieser Rechtssache, siehe Randnummer 3, und nachstehend als solche bezeichnet) erhalten(22). Diese Bemerkungen sind vom OverlegOrgaan Nutsvoorzieningen und von der Gebruikersplatform Betalingsverkeer unterschrieben.

(31) Die Bemerkungen der Beschwerdeführer können wie folgt zusammengefaßt werden. Zunächst sind sie der Ansicht, die in der GSA-Vereinbarung festgelegte Bankenvergütung entspreche in der Hauptsache nicht der Richtlinie 97/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über grenzüberschreitende Überweisungen(23), derzufolge der Auftraggeber die mit einer Überweisung verbundenen Kosten trägt, sofern er nichts anderes mit seiner Bank vereinbart hat. Außerdem sind die Beschwerdeführer der Meinung, daß kein legitimer Grund für die Einführung der Bankenvergütung bestand, insbesondere nicht die Integration der beiden in den Niederlanden bestehenden Zahlungssysteme. Die Beschwerdeführer bestreiten ferner, daß die kreditierende Bank von den von der belastenden Bank erbrachten Dienstleistungen profitieren soll. Ihrer Meinung nach müssen die Kosten, die sich aus der Bearbeitung des Zahlungsauftrags ergeben, wie zum Beispiel die Vorbereitung für die Zahlung, der debitierenden Bank angelastet werden. Den Ausführungen der Beschwerdeführer zufolge werde ein falscher Kostenanreiz geschaffen, indem die Kosten, die der Auftraggeber tragen müßte, auf den Inkassanten abgewälzt werden.

II. RECHTLICHE BEURTEILUNG

Der relevante Markt

Der relevante Produktmarkt

(32) Das Lastschrift-System unterliegt nur in begrenztem Maße dem Wettbewerb anderer Zahlungssysteme. Da es für Situationen bestimmt ist, in denen zwischen Kreditor und Debitor kein direkter Kontakt besteht ("Fernzahlung"), stellen die sogenannten Zahlungen am Verkaufspunkt, wie zum Beispiel Bargeld und Zahlungskarten wie PIN-Paß (nationale Kreditkarte) und "Chipknip"/ "Chipper" (das nationale elektronische Geld) keine wirkliche Alternative zum Lastschrift-System dar. Als Zahlungsinstrumente für Fernzahlungen sind im Prinzip geeignet: die Überweisung (einfacher Banküberweisungsauftrag), der Scheck, "Electronic-Banking" und das Einzugsverfahren. Mit Ausnahme - bis zu einem gewissen Grad - des Einzugsverfahrens kann jedoch keines dieser Zahlungsinstrumente als wirkliche Alternative zum Lastschriftverfahren gelten, und zwar aus folgenden Gründen:

(33) Die einfache Überweisung und der Scheck mit Aufträgen in Papierform sind keine wirkliche Alternative, weil die damit verbundenen Bearbeitungskosten relativ hoch sind. Die Umwandlung der geschriebenen Informationen in elektronische Daten zur Bearbeitung des Vorgangs mit Hilfe von Computern ist relativ teuer. Außerdem haben beide Zahlungsinstrumente gegenüber Lastschriften wesentliche administrative Nachteile für die Inkassanten. Electronic-Banking stellt ebensowenig eine echte Alternative dar, weil noch immer relativ wenige Privatkunden mit den entsprechenden Geräten (Personalcomputer mit Modem) ausgestattet sind.

(34) Nur das Einzugsverfahren ist - bis zu einem gewissen Grad - eine wirkliche Alternative zum Lastschrift-System. Das Einzugsverfahren eignet sich wie die Lastschriften ausgezeichnet für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen. Bei diesem System ermächtigt der Kunde den Inkassanten, bestimmte Zahlungen ohne vorherigen Auftrag von seinem Konto einzuziehen. Der Kunde kann solche Aufträge auf Wunsch im nachhinein rückgängig machen.

(35) Zwischen Lastschrift und Einzugsverfahren bestehen jedoch auch Unterschiede. Banken für Privatkunden bieten im allgemeinen sowohl das Produkt Lastschrift als auch das Einzugsverfahren an. Für die Banken ist die Bearbeitung von Einzugsermächtigungen allerdings wesentlich kostengünstiger als die Bearbeitung von Lastschrift-Überweisungen, weil die für die Abwicklung der Zahlung relevanten Informationen von den Inkassanten bereits in elektronischer Form geliefert werden. Die Umwandlung gedruckter Daten in elektronische Daten entfällt somit. Der Inkassovorgang erfolgt vollkommen elektronisch ohne Formular. Somit können Banken den Kreditoren das Produkt Einzugsverfahren preisgünstiger anbieten als das Produkt Lastschriftverfahren.

(36) Auch unterschiedliche Merkmale der beiden Zahlungsinstrumente können dazu führen, daß der Debitor die Zahlung per Lastschrift oder per Einzugsverfahren bevorzugt. Die folgenden Erwägungen können hier insbesondere eine Rolle spielen. Erstens muß der Kunde beim Lastschriftverfahren für jede Zahlung seiner Bank vorab einen gesonderten Zahlungsauftrag erteilen, indem er das Lastschrift-Formular unterschreibt und es unterschrieben der Bank zusendet. Der Kunde kann sich außerdem mit dem Lastschrift-Formular direkt zu seiner Bank begeben und den fälligen Betrag gegen zusätzliche Gebühren bar einzahlen (beispielsweise bei unzureichendem Saldo auf dem laufenden Konto). Der Kunde behält so eine bessere Kontrolle über den Zeitpunkt und die Art und Weise der Zahlung als beim Einzugsverfahren, wo die Kontrolle nur im nachhinein stattfindet. Einige Kunden werden deshalb das Lastschrift-System dem Einzugsverfahren vorziehen. Ein Vorteil des Einzugs besteht für den Kunden (und für den Kreditor) dann wiederum darin, daß die Zahlung immer rechtzeitig erfolgt, Säumnisgebühren vermieden werden und der Kunde selbst keine einzige Handlung verrichten muß.

(37) Zweitens kann die Kunde-Unternehmen-Beziehung bei der Auswahl des Debitors zwischen beiden Zahlungssystemen den Ausschlag geben. In der Praxis scheinen Kunden insbesondere dann bereit zu sein, das Einzugsverfahren zu nutzen, wenn schon seit längerem eine Beziehung zu einem Unternehmen - wie zum Beispiel Versorgungsbetriebe - besteht, in das der Kunde außerdem großes Vertrauen hat. In anderen Fällen, in denen die Beziehung eher zeitlich begrenzt ist, beispielsweise bei Zeitschriftenabonnements, wird vom Einzugsverfahren wesentlich seltener Gebrauch gemacht. In einigen Fällen, wie zum Beispiel bei der monatlichen Tilgung der Hypothek und der Zinszahlung an bestimmte Versicherer, hat der Kunde keine Wahl und ist das Einzugsverfahren vorgeschrieben.

(38) Die vorgenannten unterschiedlichen Merkmale deuten also darauf hin, daß das Einzugsverfahren eher nicht durch das Lastschriftverfahren ersetzt werden kann. Neben unterschiedlichen Merkmalen ist jedoch auch der Preis ein zu berücksichtigender Faktor(24). Unterschiedliche Gebühren, die die Banken und/oder Inkassanten ihren Kunden (Debitoren) für die Nutzung der beiden Zahlungssysteme berechnen, können nämlich die Entscheidung des Kunden zwischen dem Lastschrift-System und dem Einzugsverfahren beeinflussen. Kurz nach dem Zustandekommen der GSA-Vereinbarung im Juli 1991 haben die Banken damit begonnen, Kunden (Kreditoren) für die Benutzung von Lastschriften Gebühren in Rechnung zu stellen. Einige Inkassanten, wie zum Beispiel oftmals Versandunternehmen und Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, geben die ihnen in Rechnung gestellten Kosten ganz oder teilweise weiter, indem sie ihre Preise danach staffeln, ob der Kunde Lastschriften oder das Einzugsverfahren benutzt, und indem sie beispielsweise einen Rabatt für die Zahlung per Einzugsverfahren gewähren. Ist für sie die Zahlung per Einzugsermächtigung preisgünstiger als die Zahlung per Lastschrift, dann darf davon ausgegangen werden, daß einige Kunden (Debitoren) ihre Bedenken gegenüber dem Einzugsverfahren hintanstellen werden. Quantitative Zahlen liegen dazu jedoch nicht vor, auch weil nicht alle Inkassanten (sichtbar) Kosten für die Benutzung von Lastschriften in Rechnung stellen und wenn sie es tun, diese Kosten oftmals nicht allzu hoch ausfallen.

(39) Wohl aber ist bekannt, daß die Benutzung von Lastschriften seit 1992 allmählich leicht rückläufig ist. So wurden über Interpay/BGC 1991 etwa 237 Mio. (im Gesamtwert von 101 Mrd. NLG) Lastschrift-Aufträge (inklusive "actie-accept") abgewickelt, 1998 etwa 217 Mio. (somit ein Rückgang um ungefähr 7,6 % über vier Jahre). Im selben Zeitraum war bei der Benutzung des Einzugsverfahrens ein kräftiger Anstieg zu verzeichnen. 1991 lag die Zahl der Einzugsermächtigungen bei etwa 227 Mio. (im Gesamtwert von etwa 224 Mrd. NLG) und 1998 bei etwa 534 Mio. (somit ein Anstieg um etwa 135 %)(25). Die Steigerung beim Einzugsverfahren kann insbesondere auf Werbekampagnen von Banken und Inkassanten (unter dem Motto "Betaal op maat" ("Zahl nach Maß")) zur Förderung preisgünstigerer Zahlungsinstrumente zurückgeführt werden. Laut Interpay erfolgt die Zunahme beim Einzugsverfahren auf Kosten der Lastschriften, insbesondere bei privaten Debitoren, sowie der manuell ausgefuellten Überweisungsaufträge(26).

(40) Zusammenfassend darf trotz der unterschiedlichen Merkmale von Lastschrift- und Einzugsverfahren davon ausgegangen werden, daß die Debitoren - bis zu einem gewissen Grade - bei einem relativen Preisanstieg des Produkts Lastschrift gegenüber dem Lastschriftverfahren auf das Einzugsverfahren umsteigen werden. Ein Anzeichen dafür könnte die leicht rückläufige Entwicklung beim Lastschriftverfahren seit 1992, kurz nach der Einführung der Gebührenberechnung für Lastschriften an Kreditoren und damit der möglichen Weitergabe an Debitoren, sein. Von Bedeutung ist auch, daß die von den Banken und Inkassanten offensichtlich mit Erfolg geführte Kampagne "Zahl nach Maß" zu einem Rückgang beim Lastschriftverfahren zugunsten der Einzugsermächtigungen geführt hat. Das Einzugsverfahren ist insofern bis zu einem gewissen Grade als Ersatz für das Lastschriftverfahren anzusehen. Als relevanter Produktmarkt sind daher das Lastschrift- und das Einzugsverfahren in Betracht zu ziehen.

Der räumlich relevante Markt

(41) Da das Lastschriftverfahren ein inländisches Zahlungssystem für Zahlungen zwischen Debitoren und Kreditoren ist, die in den Niederlanden ein Girokonto bei einer am Lastschrift-System teilnehmenden Bank unterhalten, ist der räumlich relevante Markt der niederländische Markt.

Artikel 81 Absatz 1

Vereinbarung zwischen Unternehmen

(42) Die Banken, die die GSA-Vereinbarung beziehungsweise eine Beitrittserklärung unterzeichnet haben, sind Unternehmen im Sinne von Artikel 81 Absatz 1. Die GSA-Vereinbarung ist daher eine Vereinbarung zwischen Unternehmen im Sinne von Artikel 81 Absatz 1.

Einschränkung des Wettbewerbs

Zusammenhang im Beziehungsgeflecht einer Vierparteienvereinbarung

(43) Am Lastschrift-System sind wie bei den meisten Zahlungssystemen prinzipiell vier Parteien beteiligt: der Debitor (der Auftraggeber), der Kreditor (der Begünstigte/der Inkassant), die Bank des Debitoren und die Bank des Kreditoren(27). Jede Partei steht in direkter Beziehung zu zwei anderen Parteien. Beispielsweise hat die kreditierende Bank einerseits eine direkte Beziehung zur debitierenden Bank, die in der GSA-Vereinbarung zum Ausdruck kommt, und andererseits zum Inkassanten, die im Lastschrift-Vertrag festgelegt ist. Die einzelnen Beziehungen im Vier-Parteien-Zahlungssystem sind im Zusammenhang zu betrachten. Preisabsprachen innerhalb einer der Beziehungen können eine Reaktion in den anderen Beziehungen hervorrufen und sich somit auf die Benutzung des Zahlungssystems als solches auswirken.

(44) Die angemeldete Vereinbarung betreffend den Ausgleich der Bearbeitungskosten für Lastschriften steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beziehung zwischen der kreditierenden und der debitierenden Bank (der Beziehung zwischen Banken). Die Preisabsprache zwischen Banken kann sich jedoch sowohl auf die Beziehung zwischen der kreditierenden Bank und dem Kreditor als auch auf die Beziehung zwischen dem Kreditor und dem Debitor und damit auf das Funktionieren des Lastschrift-Systems als solches auswirken. Die kreditierende Bank kann ja beschließen, die Kosten des Ausgleichs zwischen Banken durch Erhöhung der Provision, die sie dem Kreditor in Rechnung stellt, weiterzugeben. Der Kreditor kann seinerseits beschließen, diese zusätzlichen Kosten an den Kunden, den Benutzer der Lastschrift, weiterzugeben. In diesem Fall können sich Kunden für einen Wechsel zu einem anderen von ihrer Bank oder einer Konkurrenzbank angebotenen Zahlungssystem entscheiden.

(45) Diese potentielle Kette von Aktionen und Reaktionen ist ein Unterscheidungsmerkmal von Zahlungssystemen wie des Lastschrift-Systems, das bei der Bewertung vorhandener Einschränkungen des Wettbewerbs berücksichtigt werden muß: eine preisliche Wettbewerbseinschränkung innerhalb einer der vier Beziehungen eines Zahlungssystems, wie zum Beispiel ein multilateraler Ausgleich zwischen Banken, läßt sich erst dann angemessen bewerten, wenn nicht nur die Wirkungen in dieser Beziehung, sondern darüber hinaus auch die Wirkungen auf alle Beziehungen und damit die auf das Zahlungssystem als solches untersucht werden.

Die multilaterale Bankenvergütung

(46) Aus technischer Sicht kann ein einheitliches Lastschrift-System, nämlich ein Zahlungssystem, das Kreditoren und Debitoren, ungeachtet dessen, bei welcher Bank sie ein Konto führen, in Anspruch nehmen können, nur auf einer bestimmten multilateralen Grundlage bestehen. So sind kollektive Absprachen über technische Spezifikationen und über verfahrenstechnische Aspekte der Bearbeitung von Transaktionen für das reibungslose Funktionieren des Systems notwendig. Ferner muß aus praktischer Sicht zwischen den an der Abwicklung beteiligten Banken Übereinstimmung über eine eventuelle Verrechnung der Kosten bestehen: Verrechnung ja oder nein, wenn ja, dann wieviel. Angesichts der besonderen Merkmale eines Zahlungssystems wie des Lastschrift-Systems sind solche Verhandlungen natürlich a priori zu führen, das heißt, bevor das Zahlungssystem von den Banken tatsächlich zur Bearbeitung der von ihren Kunden ausgelösten Zahlungen angewandt wird. Die Art eines Zahlungssystems bringt es nämlich mit sich, daß mit der Auslösung eines Zahlungsvorgangs die Debitoren und Kreditoren auch sicher sein müssen, daß die Transaktion von den beteiligten Banken unverzüglich ausgeführt wird. Da die Wahl der Banken, die die Transaktion abwickeln, von ihren jeweiligen, das Produkt Lastschrift benutzenden Kontoinhabern getroffen wird, sind die Banken ab diesem Zeitpunkt "partenaires obligées", das heißt Partner, die zur gegenseitigen Zusammenarbeit verpflichtet sind. Preisverhandlungen sind daher nur dann reell, wenn sie im voraus stattfinden. Entscheiden sich die Banken zur Einführung eines Ausgleichs zwischen Banken, so kann dessen Höhe im Prinzip sowohl bilateral als auch multilateral vereinbart werden.

(47) Im vorliegenden Fall haben die Banken eine einheitliche multilaterale Gebühr beschlossen, wenngleich diese Gebühr seit 1992 eine Hoechstgebühr ist. Einige Banken können auch die Initiative ergreifen und bilateral Gebühren vereinbaren. Die anderen Banken können sich dann einer dieser Banken anschließen, so daß diese Reihe bilateraler Gebühren auch für sie gilt(28). Banken könnten auch multilateral eine bestimmte Formel zur Berechnung einer Bankenvergütung mit bei den jeweiligen Banken unterschiedlichen Parametern vereinbaren(29).

(48) Nach Ansicht der Kommission fällt eine Absprache über eine bilaterale Bankengebühr normalerweise nicht unter die Gebühr gemäß Artikel 81 Absatz 1. Eine Absprache über eine multilaterale Bankengebühr hingegen stellt eine unter Artikel 81 Absatz 1 fallende Wettbewerbsbeschränkung dar, weil die Banken dadurch in ihrem Ermessen, ihre Gebührenpolitik selbst zu bestimmen, erheblich eingeschränkt sind(30). Folglich dient die multilateral festgelegte Bankenvergütung im Sinne von Artikel 5 der GSA-Vereinbarung der Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Artikel 81 Absatz 1, weil sie das Ermessen der an der Vereinbarung beteiligten Banken einschränkt, in bilateralen Verhandlungen die Höhe einer Vergütung für die Bearbeitung von Lastschrift-Formularen festzulegen(31).

(49) Wie die Praxis beweist, sind bilaterale Verhandlungen über Bankenvergütungen für die elektronische Bearbeitung von Lastschriften technisch möglich. Vor dem Inkrafttreten der GSA-Vereinbarung bestanden so zwischen einigen Großbanken bilaterale Absprachen über eine Erstattung dieser Kosten.

(50) Zwar können die an der GSA-Vereinbarung teilnehmenden Banken seit der am 26. März 1992 vorgenommenen Änderung der festen Gebühr in eine Hoechstgebühr bilateral einen (geringeren) Ausgleich zwischen Banken für die Bearbeitung der Lastschrift-Formulare vereinbaren. Bisher hat jedoch keine der teilnehmenden Banken von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Die Änderung des Ausgleichs zwischen Banken von einer festen Gebühr in eine Hoechstgebühr hatte daher keinerlei praktische Bedeutung.

(51) In ihrer Mitteilung betreffend grenzüberschreitende Überweisungen hat die Kommission darauf hingewiesen, daß die Wettbewerbseinschränkung, auf die die einheitliche Bankenvergütung hinausläuft, wahrscheinlich auch das Verhalten der Banken gegenüber ihren Kunden ungünstig beeinflussen wird. Im Lastschrift-System hat die Bankenvergütung eine wettbewerbseinschränkende Wirkung auf die Beziehung zwischen den (kreditierenden) Banken und ihren Kunden, weil feststeht, daß kreditierende Banken die von ihnen zu zahlende Bankenvergütung systematisch an ihre Kunden (die Inkassanten) weitergeben. Die von den einzelnen Banken erhobenen Gebühren an Inkassanten für die Bearbeitung von Lastschrift-Formularen sind zwar nicht einheitlich, infolge der Weitergabe des Ausgleichs zwischen Banken sind die erhobenen Gebühren jedoch strukturell nahezu einheitlich gestiegen. Die Bankengebühr dient somit praktisch als Grundlage für die Gebührenberechnung an die Kunden.

(52) Aus Antworten auf ein Auskunftsersuchen vom 23. Dezember 1991 an drei Großbanken geht hervor, daß vor der Einführung des Ausgleichs zwischen Banken keine der drei Banken den Geschäftskunden (direkt) Kosten für die Benutzung von Lastschriften in Rechnung stellte und danach eine Gebühr von 0,45 NLG (Gutschrift ohne Anlagen) eingeführt wurde, von ABN AMRO ab 1. Juli 1991 (dem Datum des Inkrafttretens der GSA-Vereinbarung 1991), von der Rabobank ab 1. September 1991 (wenngleich die Gebühr von 0,45 NLG eine Mindestgebühr, abhängig von Zahl, Art und Informationen war) und von der damaligen NMB Postbank Groep ab 1. Januar 1992(32). Dabei bestätigte die NMB Postbank ausdrücklich, daß dem Geschäftskunden die Hälfte der Kosten für die elektronische Bearbeitung der Lastschriften, mit anderen Worten der Betrag der Bankenvergütung, berechnet wurde(33). Wie aus den Akten im Dossier hervorgeht, geben auch die Rabobank, die ABN AMRO und andere Teilnehmer an der GSA-Vereinbarung die Bankenvergütung in voller Höhe weiter(34).

(53) Nicht festgestellt wurden Absprachen zwischen den Banken über die systematische Weitergabe der Bankengebühr. Die GSA-Vereinbarung stellt es ihnen ausdrücklich frei, eigenständig darüber zu entscheiden, ob sie weiterberechnet wird oder nicht. Wenn die Banken individuell beschließen, die jeweilige Gebühr weiterzuberechnen, dann ist das jedoch eine unmittelbare Folge der GSA-Vereinbarung, weil diese der kreditierenden Bank einen Kostenposten schafft, der zuvor nicht existierte. Ohne Bankengebühr gibt es nichts weiterzuberechnen. In diesem Sinne hat die vereinbarte Bankenvergütung eine wettbewerbseinschränkende Wirkung auf die Beziehung zwischen kreditierender Bank und Inkassant.

(54) Die wettbewerbseinschränkende Wirkung der multilateralen Bankenvergütung auf die Beziehung zwischen kreditierender Bank und Kunde wird insofern potenziert, als jede der teilnehmenden Banken für bankinterne Lastschrift-Transaktionen für ihre Kunden (Kreditoren) dieselbe Gebühr wie für Lastschrift-Transaktionen zwischen Banken eingeführt hat, obwohl die GSA-Vereinbarung nur für Transaktionen zwischen Banken gilt. Damit wird es Inkassanten (Unternehmen) unmöglich gemacht, sich der Berechnung von Gebühren für die Benutzung von Lastschrift-Formularen zu entziehen. Ohne Gebührenberechnung oder bei niedrigeren Gebühren für bankinterne Lastschrift-Überweisungen hätten sie ja die Möglichkeit gehabt, bei mehreren Banken ein Konto zu eröffnen, um den bankinternen Charakter ihres Zahlungsverkehrs hervorzuheben und die (höheren) Gebühren für Lastschrift-Überweisungen zwischen Banken zu umgehen.

(55) Die Wettbewerbseinschränkung ist spürbar, weil alle in den Niederlanden am Lastschrift-System teilnehmenden Banken an die GSA-Vereinbarung gebunden sind. Die Vereinbarung ist marktdeckend. Ein ausreichend starker Wettbewerb zwischen den Systemen kann die Folgen einer Bankengebühr für Gebühren, die den Kunden berechnet werden, zumindest dann begrenzen, wenn es in den anderen Systemen keine vergleichbaren Bankengebühren gibt(35). Die einzige Alternative zum Lastschrift-System, nämlich - bis zu einem gewissen Grade - das Einzugsverfahren, umfaßt jedoch auch eine Bankenvergütung.

(56) Die GSA-Vereinbarung ist also eine Vereinbarung, die bezweckt und auch bewirkt, daß der Wettbewerb im Gemeinsamen Markt insbesondere durch die direkte oder indirekte Festlegung der An- und Verkaufspreise im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 Buchstabe a) verhindert, eingeschränkt oder verfälscht wird.

In der obengenannten Mitteilung gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates hat die Kommission angekündigt, sie beabsichtige, eine wohlwollende Position gegenüber der GSA-Vereinbarung einzunehmen. Im Licht der Vorabentscheidung des Gerichtshofes vom 21. Januar 1999, Bagnasco v Banca Polupare di Novara (Rechtssache C-215/96 und C-216/96)(36) ist die Kommission zum Schluß gekommen, daß die GSA-Vereinbarung nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 81 Absatz 1 fällt, da der Handel zwischen den Mitgliedsstaaten in keinem spürbaren Ausmaß beeinträchtigt wird. Dies kann wie folgt erklärt werden.

Beeinflussung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten

Allgemeines

(57) Nach der ständigen Rechtsprechung ist von einer Vereinbarung zwischen Unternehmen zur Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten aufgrund ihrer objektiven Bestandteile de facto und de jure mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine direkte oder indirekte, tatsächliche oder potentielle Beeinflussung der Handelsströme zwischen den Mitgliedstaaten zu erwarten, die der Verwirklichung der Ziele eines Gemeinsamen Marktes der Mitgliedstaaten schadet(37). Die Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten ist üblicherweise die Folge verschiedener Faktoren, von denen jeder für sich genommen nicht unbedingt ausschlaggebend sein muß(38).

(58) Zugleich findet nach der ständigen Rechtsprechung Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags nur auf Vereinbarungen Anwendung, bei denen eine mögliche spürbare Beeinflussung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten erkennbar ist(39).

(59) Zur Beantwortung der Frage, ob die GSA-Vereinbarung - und insbesondere die Bestimmung betreffend den Ausgleich zwischen Banken - den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinflussen können, müssen im Lichte der vorgenannten Rechtsprechung des Gerichtshofs die folgenden Faktoren berücksichtigt werden.

Die GSA-Vereinbarung gilt für das gesamte Territorium der Niederlande

(60) Es muß vorausgeschickt werden, daß die GSA-Vereinbarung und die darin festgelegte Bankenvergütung im besonderen für das gesamte Territorium der Niederlande gelten. Alle Banken, die in den Niederlanden das Lastschriftverfahren anbieten wollen, sind praktisch gezwungen, der GSA-Vereinbarung beizutreten. Da Kreditoren und Debitoren ja nicht unbedingt ein Konto bei derselben Bank unterhalten, müssen die Banken sicher sein, daß das von ihren Kunden verwendete Lastschrift-Formular auch von der Bank der Gegenpartei ihres Kunden akzeptiert wird.

(61) Der Gerichtshof hat in verschiedenen Urteilen festgestellt, daß den Wettbewerb einschränkende und für das gesamte Territorium eines Mitgliedstaats geltende Verhaltensweisen in verstärktem Maße zur nationalen Schwellenbildung führen, was die im Vertrag angestrebte wirtschaftliche Verflechtung unmöglich macht(40). Das als solches reicht jedoch noch nicht aus, um auf eine spürbare Wirkung auf den zwischenstaatlichen Handel zu schließen. Dazu müssen auch andere Faktoren in Betracht gezogen werden. Der folgende Sachverhalt ist dabei entscheidend(41).

Wirtschaftstätigkeiten, auf die sich das Lastschriftverfahren bezieht

(62) Die Teilnahme am Lastschrift-System beschränkt sich nicht auf in den Niederlanden ansässige Unternehmen (Inkassanten) und Privatpersonen (Auftraggeber), sondern steht jedem offen, der ein Girokonto bei einer am "acceptgiro"-System teilnehmenden Bank unterhält. Die Wirtschaftstätigkeiten, auf die sich die Zahlung per Lastschrift bezieht, sind jedoch größtenteils durch Vertragsbestimmungen oder aufgrund ihrer Art auf das Territorium der Niederlande begrenzt, wie zum Beispiel Lieferungen und Leistungen (Gas, Strom, Telefon)(42). In bezug auf die Nachfrage nach Lastschriften (d. h. Kunden - Kreditoren und Debitoren -, die Lastschriften als Zahlungsinstrument verwenden) ist daher zu folgern, daß der grenzüberschreitende Charakter der Lastschriften sehr unbedeutend ist.

Beteiligung nichtniederländischer Banken

(63) Nicht nur die Nachfrage nach dem Produkt Lastschrift, sondern auch das Angebot (d. h. Banken, die Lastschriften anbieten) sind zu berücksichtigen. Fest steht, daß sich im wesentlichen Zweigstellen (Filialen)(43) und Tochterunternehmen(44) nichtniederländischer Banken dem Lastschrift-System angeschlossen haben. Nach Angaben der NVB nahmen Ende 1997 58 Banken am Lastschrift-System teil, davon 27 ausländische Banken. Von diesen ausländischen Banken hatten 10 Banken ihren Sitz in Gemeinschaftsländern (5 Tochterunternehmen und 5 Zweigstellen). Der Anteil dieser ausländischen Banken am Lastschrift-System ist jedoch relativ gering. Von den insgesamt fast 100000 Lastschrift-Verträgen im Jahr 1997 entfiel der weitaus größere Teil (etwa 91 %) auf Großbanken (ABN AMRO, Rabo, ING Bank und Postbank). Der Anteil der ausländischen Banken an der Zahl abgeschlossener Lastschrift-Verträge lag unter 1 %. Auch der Anteil ausländischer Banken an der Zahl getätigter Lastschrift-Transaktionen ist sehr gering: unter 1 % bei Debitierungen und unter 5 % bei Kreditierungen(45).

Bedeutung der Teilnahme an der GSA-Vereinbarung für nichtniederländische Banken

(64) Mitte 1997 waren auf dem niederländischen Markt insgesamt 115 Banken tätig, davon 68 niederländische und 47 ausländische Banken (nämlich 19 Banken der Gemeinschaft - d. h. Banken aus anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft - und 28 Banken aus Drittländern)(46). Mehr als ein Drittel der in den Niederlanden tätigen ausländischen Banken bieten das Produkt Lastschrift also nicht an. In bezug auf die 27 ausländischen Banken, die das Produkt Lastschrift anbieten und sich der GSA-Vereinbarung angeschlossen haben, fällt es in Anbetracht des für sie relativ unbedeutenden Produkts Lastschrift (siehe Ziffer 63) schwer zu sagen, ob das Anbieten des Produkts Lastschrift für ihre Entscheidung, in den Niederlanden auf den Markt zu treten, von Bedeutung ist.

(65) Zusammenfassend kann nicht gesagt werden, daß die GSA-Vereinbarung den Handel zwischen den Mitgliedstaaten spürbar beeinflussen kann -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Aufgrund des ihr bekannten Sachverhalts besteht für die Kommission kein Anlaß, nach Artikel 81 Absatz 1 des Vertrags gegen die von der Nederlandse Vereniging van Banken angemeldete GSA-Vereinbarung einzuschreiten.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist gerichtet an: De Nederlandse Vereniging van Banken, Singel 236, NL - 1016 AB Amsterdam.

Brüssel, den 8. September 1999

Für die Kommission

Karel VAN MIERT

Mitglied der Kommission

(1) ABl. 13 vom 21.2.1962, S. 204/62.

(2) ABl. L 148 vom 15.6.1999, S. 5.

(3) ABl. 127 vom 20.8.1963, S. 2268/63.

(4) ABl. C 273 vom 9.9.1997, S. 12.

(5) Die NVB hat die GSA-Vereinbarung im Namen ihrer Mitglieder angemeldet, ist ansonsten jedoch keine Vertragspartei. Die NVB hat die GSA-Vereinbarung 1991 abgezeichnet.

(6) Beschwerde vom 21. Januar 1991 (Sache IV/33.793).

(7) Beschwerden vom 7. Juni 1991, 13. September 1991 bzw. 10. Februar 1992 (Sache IV/34.234).

(8) Gemeinsame Beschwerde vom 21. Oktober 1993 (Sache IV/34.888).

(9) Schreiben der NVB vom 25. März 1997 (Akte 34.010, S. 711) und Schreiben der ABN AMRO vom 11. Februar 1999.

(10) Schreiben der Rabobank vom 17. Februar 1999.

(11) Schreiben der ING vom 17. Februar 1999.

(12) Schreiben des Nederlandse Spaarbankbond vom 18. Februar 1999.

(13) Schreiben des Anwalts der NVB vom 27. März 1997 und Schreiben von Interpay vom 18. Februar 1999.

(14) Zur Zeit arbeiten einige Banken an der Perfektionierung der fortgeschritteneren Bildtechnik als Ersatz für das optische Lesen. Inkassanten, die ein Lastschrift-Dokument nach der Bearbeitung zurückerhalten wollen (Benutzer von Lastschriften mit zahlreichen Anlagen), bekommen seit Anfang 1996 Bildausdrucke ("image prints") der in elektronische Daten umgewandelten Lastschriften (Interpay-Jahresbericht 1996).

(15) Schreiben von Interpay vom 18. Februar 1999.

(16) Diese Zahlenangaben fallen unter das Geschäftsgeheimnis.

(17) Schreiben der ING Bank vom 17. Februar 1999.

(18) Siehe Fußnote 8, Schreiben von Interpay vom 18. Februar 1999 und Schreiben der ING Bank vom 17. Februar 1999.

(19) Siehe Fußnote 8.

(20) 1997 wurde die Verknüpfung der Zahlungssysteme der Banken über Interpay sowie der Postbank zum nationalen Zahlungssystem abgeschlossen (NVB-Jahresbericht 1998).

(21) Erläuterung zur Anmeldung vom 10. Juli 1991 sowie ergänzende Erläuterung vom 17. September 1991.

(22) Schreiben vom 14. Oktober 1997 (Akte 33.793, S. 794).

(23) ABl. L 43 vom 14.2.1997, S. 25.

(24) Bekanntmachung der Kommission betreffend die Definition des relevanten Markts (ABl. C 372 vom 9.12.1997, S. 5).

(25) BGC-Jahresbericht 1993, Interpay-Jahresbericht 1996, Schreiben von Interpay vom 18. Februar 1999.

(26) Interpay-Jahresbericht 1996, S. 30-31.

(27) Debitor und Kreditor können ein und dieselbe Bank haben; in diesem Fall handelt es sich um eine bankinterne Transaktion.

(28) Wie vor dem Inkrafttreten der GSA-Vereinbarung 1991.

(29) Wie es beispielsweise in den Niederlanden bis 1998 bei Geldautomaten der Fall war.

(30) Bekanntmachung über die Anwendung der EG-Wettbewerbsregeln auf grenzüberschreitende Überweisungssysteme (ABl. C 251 vom 27.9.1995, S. 3), Abschnitt 40.

(31) Vgl. Nederlandse Vereniging van Banken (Entscheidung 89/512/EWG der Kommission (ABl. L 253 vom 30.8.1989, S. 1)), Entscheidungsgrund 56. Die Beschwerde der NVB gegen diese Entscheidung wurde am 17. September 1992 vom Gericht erster Instanz als unzulässig verworfen (Rechtssache T-138/89, Slg. 1992, II-2181).

(32) Aus den Antworten verschiedener Banken auf ein Auskunftsersuchen vom 5. August 1997 und vom 18. Januar 1999 geht hervor, daß im Zeitraum 1997-1999 von nahezu allen diesen Banken noch immer eine Standardgebühr in Höhe von 0,45 NLG (Gutschrift ohne Anlagen) erhoben wird, obgleich in der Praxis bis zu einem gewissen Grade auch Abweichungen von dieser Standardgebühr möglich sind.

(33) Anlage 8 zur Antwort der NMB Postbank Groep vom 29. Januar 1992. Siehe auch Schreiben der ING Bank vom 21. Januar 1993 an einen Geschäftskunden.

(34) Siehe Schreiben an Geschäftskunden der ABN AMRO vom 18. Oktober 1991 und 24. Oktober 1991, Schreiben der ABN Bank Nederland vom 4. Juli 1991, Schreiben der Rabobank Heerlen vom 31. März 1992, Schreiben der Hollandse Koopmansbank vom 6. Februar 1992, Schreiben der Bank Mendes Gans NV vom 18. Dezember 1991 und Schreiben der Commerzbank Nederland NV vom 13. November 1993.

(35) Siehe in diesem Sinne auch die Abschnitte 41 und 42 der Bekanntmachung über grenzüberschreitende Überweisungen (siehe Fußnote 29).

(36) Noch nicht veröffentlicht.

(37) Siehe u. a. Urteil des Gerichtshofs vom 11. Juli 1985, Remia/Kommission, Rechtssache 42/84, EuGH [1985], 2545.

(38) Siehe u. a. Urteil des Gerichtshofs vom 15. Dezember 1994, DLG, C-250/92, EuGH, I-5641, Ziffer 54.

(39) Siehe u. a. Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juli 1997, Ferriere Nord/Kommission, Rechtssache C-219/95, EuGH, I-4411, Ziffer 19.

(40) Siehe u. a. Urteile des Gerichtshofs vom 17. Oktober 1972, Zementhändler/Kommission (8/72, EuGH, S. 977), Ziffer 29, Urteil des Gerichts erster Instanz vom 21. Februar 1995, SPO/Kommission (T-29/92, EuGH, II-289), Ziffer 229.

(41) Siehe Fußnote 34.

(42) Vgl. ABI, Entscheidung 87/103/EWG (ABl. L 43 vom 13.2.1987, S. 51, Ziffer 37).

(43) Wegen der starken finanziellen Bindungen zwischen ausländischen Muttergesellschaften und ihren Filialen mit Sitz in den Niederlanden sind Filialen, ungeachtet ihres Rechtsstatus, als Vertretung der jeweiligen Muttergesellschaften anzusehen. Auch die Aktivitäten dieser Filialen müssen daher als Teil des Handels zwischen den Mitgliedstaaten betrachtet werden. Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 27. Januar 1987, Verband der Sachversicherer/Kommission, Rechtssache 45/85, 458-460.

(44) In den Niederlanden ansässige Tochterunternehmen ausländischer Banken werden von De Nederlandsche Bank als ausländische Banken angesehen, sofern zumindest Gebietsfremde daran zu 50 % oder mehr beteiligt sind (siehe DNB-Jahresbericht 1991 und Antwort der DNB auf das Ersuchen um Auskünfte vom 5. August 1997). Auch die NVB selbst verwendet diese Definition (siehe NVB-Jahresbericht 1998, S. 54). Aus dem Bagnasco-Urteil (siehe Fußnote 35) geht hervor, daß der Gerichtshof nicht nur die Beteiligung von Filialen, sondern auch die von Tochterunternehmen für die Beantwortung der Frage für ausschlaggebend hält, ob von einer Beeinflussung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten die Rede sein kann.

(45) Schreiben der NVB vom 25. März 1997 und vom 8. März 1999.

(46) Es betrifft hier allgemeine Banken, genossenschaftliche Banken, Sparkassen und Hypothekenbanken (Anlage VI zum Schreiben der NVB vom 18. Juli 1997).

ANHANG I

Aufstellung der an der GSA-Vereinbarung teilnehmenden Banken

(per 31.12.1997)

1. ABN AMRO Bank NV

2. Aegon Bank NV

3. Asahi Bank (Nederland) NV

4. ASR Bank NV

5. AVCB Bank NV

6. Banco di Brasil SA

7. Banco do Estado de São Paulo SA

8. Banco Exterior de España SA

9. Bank Bercoop NV

10. Bank Brussel Lambert NV

11. Bank Insinger de Beaufort NV

12. Bank Labouchere NV

13. Bank Mendes Gans NV

14. NV Bank Nederlandse Gemeenten

15. Bank of America NT & SA

16. Bank of Tokyo-Mitsubishi (Holland) NV

17. Banque Artesia Nederland NV

18. Barclays Bank PLC

19. Chang Hwa Commercial Bank (Europe) NV

20. Citibank NA

21. Commerzbank Nederland NV

22. Crediet & Effectenbank NV

23. Dai-Ichi Kangyo Bank Nederland NV

24. NV De Indonesische Overzeese Bank

25. De Nederlandsche Bank NV

26. Delta Lloyd Bank NV

27. Demir-Halk Bank Nederland NV

28. Deutsche Bank AG

29. F. van Lanschot Bankiers NV

30. FGH Bank NV

31. Fortis Bank Nederland NV

32. Frieslandbank NV

33. Fuji Bank Nederland NV

34. Generale Bank Nederland NV

35. GWK Bank NV

36. Hollandse Koopmansbank NV

37. ING Bank NV

38. Kas-Associatie NV

39. KBC Bank Nederland NV

40. Koçbank Nederland NV

41. Korea Exchange Bank

42. Lloyds Bank PLC

43. MeesPierson NV

44. National Bank of Greece

45. Nederlandse Waterschapsbank NV

46. OHRA Bank NV

47. OV-Bank NV

48. Postbank NV

49. Rabobank Nederland

50. Roparco NV

51. San Paolo Bank

52. SBS-Agro Bank Nederland NV

53. SNS Bank Nederland NV

54. Staal Bankiers NV

55. Theodoor Gilissen Bankiers NV

56. Tokai Bank Nederland NV

57. Triodosbank NV

58. United Garanti Bank International NV

ANHANG II

Gemeinsames Einzahlungs- und Lastschriftverfahren

("GSA")

>PIC FILE= "L_1999271DE.004002.EPS">