98/476/EG: Entscheidung der Kommission vom 21. Januar 1998 betreffend Steuervergünstigungen aufgrund des § 52 Absatz 8 des deutschen Einkommensteuergesetzes (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 213)(Nur der deutsche Text ist verbindlich)(Text von Bedeutung für den EWR)
Amtsblatt Nr. L 212 vom 30/07/1998 S. 0050 - 0057
ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 21. Januar 1998 betreffend Steuervergünstigungen aufgrund des § 52 Absatz 8 des deutschen Einkommensteuergesetzes (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 231) (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR) (98/476/EG) DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 1, gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a), nachdem den anderen Mitgliedstaaten und anderen Interessenten gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag eine Frist zur Äußerung erteilt wurde, in Erwägung der nachstehenden Gründe: I Mit Entscheidung vom 26. Februar 1997 hat die Kommission das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 bezüglich der durch das Jahressteuergesetz 1996 (1) in § 52 Absatz 8 Einkommen-Steuergesetz (EStG) vorgenommenen Änderung der in § 6b EStG enthaltenen Regelung eröffnet. Diese Entscheidung wurde Deutschland mit Schreiben vom 25. März 1997 (2) mitgeteilt und am 6. Juni 1997 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht (3). Deutschland hat zu dieser Entscheidung mit Schreiben vom 13. Mai 1997 seine Stellungnahme abgegeben. Andere Mitgliedstaaten oder sonstige Betroffene haben nicht Stellung genommen. Die fragliche Regelung sieht für die Wirtschaftsjahre 1996, 1997 und 1998 eine besondere Steuervergünstigung vor, um den Markt für Beteiligungen an Unternehmen in den neuen deutschen Bundesländern und West-Berlin zu stärken und somit die Eigenkapitalausstattung dieser Unternehmen zu erhöhen. Die Regelung kann folgendermaßen zusammengefaßt werden: Nach deutschem Steuerrecht sind die Gewinne, die natürlichen Personen mit Wohnsitz in Deutschland (§ 1 EStG) und juristischen Personen mit Sitz in Deutschland (§ 1 Körperschaftssteuergesetz) bei der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter entstehen, einkommensteuerpflichtig; bei juristischen Personen verweist das Körperschaftssteuergesetz auf die Bestimmungen des EStG (§ 8 Körperschaftssteuergesetz). Nach § 6 b EStG können natürliche oder juristische Personen, die bestimmte bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter sowie Anteile an Kapitalgesellschaften veräußern, im Wirtschaftsjahr der Veräußerung und in den darauffolgenden 4 Jahren (4) bis zu 50 %, in bestimmten Fällen bis zu 100% des bei der Veräußerung entstandenen steuerpflichtigen Gewinns von den Anschaffungs- und Herstellungskosten bestimmter Wirtschaftsgüter abziehen. Der 100%ige Abzug war, unter anderem, bereits aufgrund § 6b EStG vor dem Jahressteuergesetz 1996 zulässig bei den Anschaffungskosten von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die eine Unternehmensbeteiligungsgesellschaft im Sinne des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften erworben hat. Eine eventuell sich daraus ergebende Begünstigung der Unternehmensbeteiligungsgesellschaften ist nicht Gegenstand der vorliegenden beihilferechtlichen Prüfung; einer späteren Stellungnahme der Kommission zu dieser Begünstigung wird durch die vorliegende Entscheidung nicht vorgegriffen. Der am 1. Januar 1996 in Kraft getretene § 52 Absatz 8 EStG sieht für die Wirtschaftsjahre 1996, 1997 und 1998 eine Ausweitung der in § 6b EStG enthaltenen Steuervergünstigung vor. Danach können bis zu 100 % des Veräußerungsgewinns von den Anschaffungs- und Herstellungskosten abgezogen werden, sofern dieser zum Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften eingesetzt wird, dieser Erwerb im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung oder der Neugründung von Kapitalgesellschaften erfolgt und diese Kapitalgesellschaften - ihren Sitz sowie ihre Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern oder West-Berlin (5) unterhalten und zum Zeitpunkt des Erwerbs der Beteiligungen jeweils nicht mehr als 250 Arbeitnehmer in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis beschäftigen oder - Beteiligungsgesellschaften sind, deren Unternehmensgegenstand laut Satzung oder Gesellschaftsvertrag ausschließlich in der Übernahme zeitlich begrenzter Beteiligungen oder der Verwaltung und Veräußerung derartiger Beteiligungen an Unternehmen besteht, die zum Zeitpunkt des Erwerbs der Beteiligungen ihren Sitz sowie ihre Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern oder in West-Berlin unterhalten und nicht mehr als 250 Arbeitnehmer in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis beschäftigen. Nach Schätzungen Deutschlands wird die Maßnahme zu vorübergehenden steuerlichen Mindereinnahmen von rund 150 Mio. DEM (ca. 75 Mio. ECU) führen. Die Regelung könnte mehreren Tausend Unternehmen in den neuen Bundesländern und in West-Berlin zugute kommen und ist nicht auf bestimmte Sektoren beschränkt. Die Kumulierung der Maßnahme mit anderen staatlichen Beihilfen ist nicht ausgeschlossen. II Die untersuchte Bestimmung wurde der Kommission nach Verabschiedung durch den Gesetzgeber verspätet und erst auf ausdrückliche Aufforderung der Kommission mit Schreiben vom 13. Oktober 1995 mitgeteilt. Das Jahressteuergesetz 1996 ist am 1. Januar 1996, vor Genehmigung durch die Kommission, in Kraft getreten. Infolgedessen wurde die Regelung bei der Kommission als nicht notifizierte Beihilfe (NN 9/96) registriert. Durch eine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums der Finanzen vom 2. Januar 1996 (6) wurde die Anwendung dieser Regelung bis zu ihrer Genehmigung durch die Kommission ausgesetzt. In der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung hat die Kommission die Auffassung vertreten, daß § 52 Absatz 8 EStG eine staatliche Beihilfe nach Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen beinhaltet. In diesem Zusammenhang ist die Kommission zur Auffassung gekommen, daß die vorliegende Regelung zwei Gruppen von Begünstigten aufweist: auf der einen Seite die der Steuerpflichtigen aufgrund des Einkommensteuergesetzes und, auf der anderen Seite, die der ostdeutschen und Berliner Unternehmen bis 250 Beschäftigte. Die Kommission ist zunächst zur Auffassung gelangt, daß die Steuervergünstigung zugunsten der Steuerpflichtigen, die bestimmte Wirtschaftsgüter veräußern und den dadurch entstandenen Gewinn bei der Anschaffung anderer Wirtschaftsgüter abziehen können, eine allgemeine Maßnahme darstellt, die kein Beihilfenelement beinhaltet, da hiervon alle Steuerpflichtigen ohne Unterschied nach ihrer Größe, Wirtschaftssektor oder Sitz, die Gewinne in bestimmter Weise anlegen, begünstigt werden können. Hingegen hat die Kommission in der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung den Standpunkt vertreten, daß die Maßnahme zugunsten der Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern oder West-Berlin, an denen eine Beteiligung übernommen werden muß, um die Steuervergünstigung auszulösen, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 darstellt. Sie hat daran erinnert, daß nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes bei der Bewertung einer Maßnahme als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 auf die begünstigende Wirkung der Maßnahme abgestellt werden muß. Wirkung der Maßnahme im vorliegenden Fall sei die Erhöhung der Rentabilität von Beteiligungen an Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern oder West-Berlin im Vergleich zur Rentabilität von Beteiligungen an Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung in Westdeutschland sowie außerhalb des deutschen Staatsgebiets. Zu der von Deutschland mit dem Schreiben vom 13. Oktober 1995 vertretenen Auffassung, daß der wirtschaftliche Vorteil dieser Maßnahme sehr gering sei und gegen Null gehe, hat die Kommission auf die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hingewiesen, wonach eine Auswirkung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht allein aufgrund einer geringen Begünstigung ausgeschlossen werden kann. Davon ausgehend hat die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt geäußert. Danach sei die Maßnahme aufgrund fehlender Bindung an Investitionen einer Betriebsbeihilfe gleichzusetzen, die nach ständiger Praxis der Kommission nur unter bestimmten Bedingungen und nur in Fördergebieten nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag gewährt werden können. Jedoch kommt die Regelung auch in Berlin zur Anwendung. Nach der Entscheidung der Kommission zu der Fördergebietskulisse für die Jahre 1997 bis 1999 (N 613/96) kann Ost-Berlin für diesen Zeitraum als Förderregion nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) gelten; jedoch kann auf der Grundlage derselben Entscheidung Ost-Berlin den umliegenden Förderregionen nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) für diesen Zeitraum gleichgesetzt werden; hingegen ist West-Berlin nach dieser Entscheidung Fördergebiet nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) und verfügt über keine entsprechende Übergangsregelung, erfuellt also nicht die obengenannten Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Betriebsbeihilfen. Darüber hinaus besteht aufgrund der fehlenden Bindung der Beihilfengewährung an Investitionsmaßnahmen eine erhebliche Gefahr, daß sich die Beihilfe auch außerhalb der Fördergebiete wirtschaftlich auswirkt. Weiter hat die Kommission die Auffassung vertreten, daß die Regelung gegen das Diskriminierungsverbot der Niederlassungsfreiheit nach Artikel 52 EG-Vertrag verstößt, da die Regelung als Voraussetzung für die Steuervergünstigung vorsieht, daß Sitz und Geschäftsleitung der Unternehmen, an denen Beteiligungen erworben werden, in den neuen Bundesländern oder West-Berlin liegen müssen. Schließlich sieht die Regelung nicht die Beachtung der für bestimmte sensible Sektoren bestehenden Sonderregelungen vor. III Deutschland hat mit dem Schreiben vom 13. Mai 1997 die Auffassung vertreten, daß die fragliche Maßnahme keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 darstellt. Zusammengefaßt hat Deutschland zu der Verfahrenseröffnung folgendermaßen Stellung genommen: Zunächst werden die weiterhin gravierenden strukturellen Defizite der ostdeutschen Wirtschaft und insbesondere auch die geringen Eigenkapitalquoten der ostdeutschen Unternehmen hervorgehoben, die durch diese Regelung verbessert werden sollen. Deutschland geht davon aus, daß die Förderung aus der Regelung von Unternehmen in den sogenannten sensiblen Sektoren unwahrscheinlich ist, da Beteiligungsgesellschaften Risikokapital primär an Unternehmen mit Tätigkeitsschwerpunkt in Zukunftsmärkten vergeben. Die Steuervergünstigung erstrecke sich allein auf eine Steuerstundung; ein Steuererlaß sei hingegen nicht vorgesehen, da für den Fall, daß der Steuerpflichtige die erworbene Beteiligung selbst über einen langen Zeitraum nicht weiter veräußert, dessen Wert spätestens zum Liquidationszeitpunkt des Unternehmens aufgedeckt und die jeweiligen Gewinne besteuert werden. Eine Steuervergünstigung fiele nur beim Beteiligungsgeber, nicht aber beim Beteiligungsnehmer an. Der Beteiligungsnehmer erhält vielmehr zusätzliches Beteiligungskapital, dessen Kosten frei verhandelbar und am Markt orientiert seien. Ein direkter Zusammenhang zwischen der Steuervergünstigung für den Beteiligungsnehmer und der Höhe der Kosten für das Beteiligungskapital sei für Deutschland nicht erkennbar und schon gar nicht bezifferbar. Allein die Tatsache, daß eine Steuervergünstigung auf den Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen bereitgestellt wird, die in einem regional abgegrenzten Gebiet ansässig sind, ließe nicht den Schluß auf das Vorliegen eines Beihilfeaequivalents zu. Vom Vorliegen eines Beihilfeaequivalents sei nur dann auszugehen, wenn das im Rahmen des § 52 Absatz 8 EStG zur Verfügung gestellte Beteiligungskapital im Vergleich zum übrigen zur Verfügung stehenden Beteiligungskapital zugunsten der ostdeutschen und Berliner Unternehmen verbilligt würde. Dafür seien Deutschland keine Anhaltspunkte bekannt; die Kommission hielte in ihrer Entscheidung diese Verbilligung auch nur für möglich, ohne dafür klare Anhaltspunkte zu liefern. Im Gegenteil bestehe Anlaß zur Vermutung, daß die Vorteile aus der Steuerstundung nicht an die Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern oder West-Berlin weitergegeben werden, da sie gering seien und bei der Weitergabe keinen weiteren Anreiz hätten. Nach Auffassung Deutschlands stelle daher die Steuervergünstigung nicht nur zugunsten des Beteiligungsgebers, sondern auch des Beteiligungsnehmers eine allgemeine Maßnahme dar; dies umsomehr, als der Vorteil für den Beteiligungsnehmer nur aufgrund der Steuervergünstigung zugunsten des Beteiligungsgebers zustande kommt und letztere auch nach Auffassung der Kommission eine allgemeine Maßnahme darstellt. Im Ergebnis sei es der Kommission weder gelungen, einen Begünstigten der vermeintlichen Beihilferegelung zu identifizieren, noch die Höhe der Beihilfe zu beziffern. Der den Unternehmen in den neuen Bundesländern und West-Berlin zugute kommende Vorteil sei - wenn überhaupt meßbar - extrem gering, was - hilfsweise - eine Anwendung der "de minimis"-Regelung (7) rechtfertige. IV Die erweiterte Steuervergünstigung aufgrund des § 52 Absatz 8 EStG stellt zugunsten der Kapitalgesellschaften mit nicht mehr als 250 Arbeitnehmer mit Sitz und Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern oder West-Berlin, an denen eine Beteiligung im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung oder Neugründung einer Kapitalgesellschaft übernommen werden muß (direkt oder indirekt über eine Unternehmensbeteiligungsgesellschaft), um die Steuervergünstigung auf die bei der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter oder Anteilen an Kapitalgesellschaften entstandenen Gewinne auszulösen, eine staatliche Beihilfe im Sinne der Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen dar. Dagegen stellt sie eine beihilfefreie allgemeine Maßnahme zugunsten der Einkommensteuerpflichtigen dar, die bestimmte Wirtschaftsgüter verkaufen und den daraus entstehenden steuerpflichtigen Gewinn beim Erwerb anderer Wirtschaftsgüter abziehen können. In diesem Zusammenhang hat die Kommission folgendes in Erwägung gezogen: Zunächst ist festzustellen, daß die Maßnahme eine "staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe gleich welcher Art" im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag darstellt. Um beurteilen zu können, ob eine staatliche Maßnahme eine Beihilfe darstellt, ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in seinem Urteil vom 11. Juli 1996 in der Rechtssache C-39/94 SFEI/La Poste (8) zu bestimmen, ob das begünstigte Unternehmen eine Vergünstigung erhält, die es ohne die fragliche staatliche Maßnahme unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte. Aufgrund der Bestimmung des § 52 Absatz 8 EStG kommt zunächst den natürlichen oder juristischen Personen ("Beteiligungskäufer"), die einen Gewinn bei der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes erzielen, eine Steuervergünstigung zu, da sie bei der Übernahme von Beteiligungen unter bestimmten Bedingungen und an bestimmten Unternehmen, bis zu 100 % des bei der Veräußerung entstandenen Gewinns von den Anschaffungskosten abziehen können und sich somit eine Steuerleistung ersparen. Diese Unternehmen sind daher gegenüber den allgemeinen Steuerbestimmungen, die eine Verringerung der versteuerbaren Gewinne von um 50 % vorsehen, wenn sie ihre Gewinne im gesamten Bundesgebiet Deutschlands reinvestieren, begünstigt. Der 100%ige Steuerabzug ist jedoch nur zulässig, wenn der Steuerpflichtige Anteile an bestimmten Kapitalgesellschaften erwirbt und der Erwerb durch Erhöhung des Kapitals bzw. einer Neugründung der Kapitalgesellschaften verbunden ist. Somit werden Steuerpflichtige aufgrund der Regelung dazu angehalten, Anteile an bestimmten Kapitalgesellschaften zur Erhöhung des Kapitals oder zur Neugründung zu erwerben; die steuerliche Maßnahme hat also zur Folge - und darüber hinaus auch das erklärte Ziel -, die Nachfrage nach Beteiligungskapital an bestimmten Kapitalgesellschaften und somit die Erhöhung der Eigenkapitalquote dieser Unternehmen (oder Bildung von Eigenkapital) zu fördern. Durch die aufgrund der staatlichen Maßnahme gesteigerte Nachfrage nach Beteiligungen an Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern oder West-Berlin ("Beteiligungsverkäufer") wird, unter sonst gleichbleibenden Bedingungen, das Finanzinvestitionsverhalten der Beteiligungskäufer in ihrer Gesamtheit insofern beeinflußt, als sie Beteiligungen, die sie ohne die Steuervergünstigung entweder gar nicht oder zu für den Beteiligungverkäufer schlechteren Bedingungen übernommen hätten, nunmehr zu für den Beteiligungsverkäufer günstigeren Bedingungen übernehmen werden, als dies ohne die Einführung des § 52 Absatz 8 EStG der Fall gewesen wäre. Zwar erhält, wie Deutschland richtigerweise ausführt, der Beteiligungsverkäufer Beteiligungskapital, dessen Kosten frei verhandelbar und am Markt orientiert sind, doch bewirkt die Maßnahme eine Veränderung des betreffenden Marktes mit der Folge, daß das im Rahmen des § 52 Absatz 8 zur Verfügung gestellte Beteiligungskapital im Vergleich zum im übrigen zur Verfügung stehenden vergleichbaren Beteiligungskapital an Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung außerhalb der neuen Länder und Berlin attraktiver wird. Die Änderung des Finanzinvestitionsverhaltens und dadurch die Aufstockung des Eigenkapitals der betroffenen Unternehmen ist auch das erklärte Ziel des deutschen Gesetzgebers; hingegen geben die deutschen Behörden in ihrer Stellungnahme vor, daß diese Regelung keine meßbaren Auswirkungen auf die ostdeutschen und Berliner Unternehmen hat, an denen die Beteiligungen übernommen werden sollen. Aufgrund der Steuerregelung werden bestimmte natürliche und juristische Personen direkt begünstigt (direkt Begünstigte), damit diese von bestimmten Unternehmen (indirekt Begünstigte) bestimmte Wirtschaftsgüter erwerben. Die wirtschaftliche Begünstigung besteht in der gegenüber der Rechtslage vor Inkrafttreten des § 52 Absatz 8 EStG größeren Nachfrage nach Beteiligungen an den indirekt begünstigten Unternehmen; dadurch werden die Investoren (direkt Begünstigte) bereit sein, Beteiligungen an ostdeutschen und Berliner Unternehmen zu Bedingungen zu übernehmen, die für diese gegenüber der Situation ohne die Einführung der betreffenden Maßnahme günstiger sind. Aufgrund dieser Tatsache wird das Beteiligungsvolumen an den genannten Unternehmen steigen und/oder werden sich die vertraglichen Bedingungen (Preis der Beteiligung gegenüber dem Nominalwert, Dauer der Beteiligung, Beteiligungsentgelt usw.) für die Beteiligungsnahme zugunsten der genannten Unternehmen verbessern. Die Maßnahme ist daher geeignet, den von § 52 Absatz 8 EStG indirekt begünstigten Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern oder West-Berlin unentgeltlich einen wirtschaftlichen Vorteil zuzuweisen, den sie ohne die staatliche Maßnahme nicht erhalten hätten. Deutschland hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, daß es sich bei der Maßnahme lediglich um eine Steuerstundung, keinesfalls aber um einen Steuererlaß handelt. Dazu ist zunächst zu bemerken, daß von einer Steuerstundung nach § 222 der Abgabenordnung lediglich bei der Verschiebung der Fälligkeit eines bereits entstandenen Steueranspruchs gesprochen werden kann; im vorliegenden Fall führt die Regelung allerdings zum Erlöschen eines Steueranspruchs aufgrund von § 6b EStG und dem eventuellen Enstehen eines neuen Steueranspruchs bei Weiterveräußerung. Darüber hinaus ist es im vorliegenden Fall unerheblich, ob die vorgesehene Steuervergünstigung wirtschaftlich lediglich einer Steuerstundung gleichzustellen ist, da eine indirekte Zuweisung des wirtschaftlichen Vorteils an den Beteiligungsverkäufer selbst im Falle einer Steuerstundung anzunehmen wäre (Entscheidung 93/349/EWG der Kommission (9)). Im vorliegenden Fall ist allerdings, wie Deutschland in seiner Stellungnahme auch ausführt, sowohl das Vorliegen einer konkreten Begünstigung in jedem einzelnen Fall, als auch die Quantifizierung des Beihilfeelements problematisch. Tatsächlich kann aber, wie oben erläutert, von der Zuweisung eines wirtschaftlichen Vorteils im typischen Fall ausgegangen werden. Allerdings kann in einer ex-ante Prüfung der sich daraus ergebende wirtschaftliche Vorteil nicht in jedem einzelnen Beteiligungsfall mit Sicherheit festgestellt werden, da die Maßnahme auf das betriebswirtschaftliche Verhalten eines privaten Finanzinvestors abstellt, der aufgrund von Finanzinvestitionsbedingungen, die durch staatliche Intervention gezielt verändert sind, Investitionsentscheidungen trifft. Es kann dem einzelnen Beteiligungskäufer nicht abstrakt eine Verhaltensänderung aufgrund der staatlichen Maßnahme nachgewiesen werden. Darüber hinaus kann der Vorteil in einer ex-ante Prüfung nicht mit Sicherheit quantifiziert und auch ex-post nicht in allen Fällen beziffert werden. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß die Kommission für die Beurteilung des Beihilfecharakters einer Regelung nicht auf jeden Einzelfall abzustellen hat. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 14. Oktober 1987 in der Rechtssache 248/84 (Bundesrepublik Deutschland/Kommission) (10) kann sich die Kommission im Falle eines Beihilfenprogrammes darauf beschränken, die Merkmale des Programmes zu untersuchen und zu beurteilen, ob das Programm seinem Wesen nach die Tatbestandsvoraussetzungen des Artikels 92 Absatz 1 erfuellt. Um daher zum Ergebnis zu kommen, daß keine staatliche Beihilfe vorliegt, müßte die Kommission das Vorliegen einer Zuweisung eines wirtschaftlichen Vorteils und somit einer staatlichen Beihilfe in jedem Einzelfall ausschließen können. Insofern muß gefolgert werden, daß die Regelung ihrem Wesen nach zur Wirkung hat, dem bestimmbaren Kreis von Kapitalgesellschaften (Unternehmen mit nicht mehr als 250 Arbeitnehmer und Sitz und Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern oder West-Berlin) einen wirtschaftlichen Vorteil einzuräumen. Was die Berechnung des wirtschaftlichen Vorteils anlangt, so wäre diese bei sonst gleichen Bedingungen im Einzelfall durch einen Vergleich zwischen den Bedingungen, unter denen ein ostdeutsches oder Berliner Unternehmen mit bis zu 250 Arbeitnehmern ohne bzw. mit Steuervergünstigung eine Beteiligung erwerben könnte, zu errechnen. Es handelt sich bei der Maßnahme um einen aus staatlichen Mitteln gewährten wirtschaftlichen Vorteil. Tatsächlich verursacht die Regelung zunächst eine steuerliche Mindereinnahme aufgrund der zeitlich nicht beschränkten Nichtbesteuerung des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts. Dieser aus staatlichen Mitteln gewährte Steuervorteil wird aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung, die eine Lenkung des Investitionsverhaltens privater Anleger darstellt, auf die Beihilfeempfänger teilweise weitergegeben. Wie der Europäische Gerichtshof etwa in seinem Urteil vom 2. Februar 1988 in den verbundenen Rechtssachen 67/85, 68/85 und 70/85 (Van der Kooy/Kommission) (11) festgestellt hat, ist daher die Weitergabe der steuerlichen Begünstigung durch den Beteiligungskäufer an bestimmte Unternehmen durch den Staat aufgrund der einschlägigen gesetzlichen Bestimmung bedingt. Insofern kommt der Maßnahme dieselbe Wirkung zu, wie den von bestimmten Wirtschaftszweigen finanzierten parafiskalischen Abgaben über deren Abgabenaufkommen Vorhaben bestimmter Unternehmen über eine diese Mittel verwaltende Stelle bezuschußt werden. Diese parafiskalischen Maßnahmen stellen je nach Verwendung des Aufkommens nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes z.B. in seinem Urteil vom 11. März 1992 in den verbundenen Rechtssachen C-78/90 bis C-83/90 (Compagnie commerciale/Receveur principal des douanes de la Pallice Port) (12) eine staatliche Beihilfe dar, da die Begünstigung bestimmter Unternehmen dem Staat aufgrund der verbindlichen Einführung der parafiskalischen Abgabe zugerechnet werden kann, auch wenn die Maßnahme nicht unmittelbar aus staatlichen Mitteln finanziert wird. Im vorliegenden Fall erfolgt die Weitergabe des wirtschaftlichen Vorteils zwar nicht durch eine diese Mittel verwaltende öffentliche oder private Stelle, die zur Weitergabe der Mittel eingerichtet worden ist, sondern aufgrund einer staatlichen Lenkung des Investitionsverhaltens privater Beteiligungskäufer. Aufgrund der Einflußnahme ist die wirtschaftliche Wirkung dieser staatlichen Lenkung vergleichbar. Daraus folgt, daß die Weitergabe des Vorteils an bestimmte Unternehmen durch den Staat aufgrund der einschlägigen gesetzlichen Bestimmung bedingt ist. Die Maßnahme begünstigt auch bestimmte Unternehmen, da sie einerseits regional auf solche beschränkt ist, die ihren Sitz und Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern oder West-Berlin unterhalten, und andererseits nur auf Unternehmen einer bestimmten Größe, nämlich solche mit bis zu 250 Arbeitnehmern, Anwendung findet. Zwar können diese Unternehmen ex-ante nicht einzeln bestimmt werden, doch ist ein Kreis von begünstigten Unternehmen feststellbar, der ausreichend bestimmt ist, um die wirtschaftliche Begünstigung diesen Unternehmen zuzurechnen. Die Regelung ist daher ausreichend spezifisch, um sie von allgemeinen Maßnahmen, die die gesamte Wirtschaft eines Mitgliedstaates begünstigen und daher nicht unter den Anwendungsbereich des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag fallen, abzugrenzen. Schließlich droht die Regelung, den Wettbewerb zu verfälschen, da Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung in der betreffenden Region gegenüber solchen in anderen Regionen Deutschlands und anderen Mitgliedstaaten begünstigt werden. Die von den deutschen Behörden vertretene Auffassung, daß die Beihilfeintensität dieser Maßnahme sehr gering sei und gegen Null gehe, ändert hieran nichts; so können nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 21. März 1990 in der Rechtssache C-142/87 (Belgien/Kommission) (13) Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht allein aufgrund einer geringen Beihilfe ausgeschlossen werden. Darüber hinaus haben sich die deutschen Behörden nicht zur Anwendung der "de minimis"-Bestimmung verpflichtet. Aufgrund dieser Erwägungen ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, daß die erweiterte Steuervergünstigung aufgrund des §52 Absatz 8 EStG zugunsten der Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern oder West-Berlin, an denen eine Beteiligung im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung oder Neugründung einer Kapitalgesellschaft übernommen werden muß (direkt oder indirekt über eine Unternehmensbeteiligungsgesellschaft), um die Steuervergünstigung auf die bei der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter oder Anteilen an Kapitalgesellschaften entstandenen Gewinne auszulösen, eine staatliche Beihilfe im Sinne der Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag und 61 Absatz 1 EWR-Abkommen darstellt. V Die untersuchte Beihilferegelung bewirkt die Begünstigung der Beteiligungsnahme im Zusammenhang mit einer Kapitalaufstockung oder einer Neugründung einer Kapitalgesellschaft an Unternehmen mit bis zu 250 Arbeitnehmern, die ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern und West-Berlin haben und dies zu einem für den Beteiligungskäufer günstigeren Preis oder zu für diesen anderen günstigeren Vertragsbedingungen als dies ohne die Einführung der betreffenden Bestimmung der Fall gewesen wäre. Dadurch begünstigt die Regelung die Stärkung des Eigenkapitals der betreffenden Unternehmen. Diese Beihilferegelung ist nicht an eine Erstinvestition im Sinne der Mitteilung der Kommission über regionale Beihilferegelungen (14) gebunden, sondern hat einen fortlaufenden Charakter, der zum Ausgleich spezifischer struktureller Nachteile gewährt wird; dies wurde von den deutschen Behörden in der Mitteilung ausdrücklich bestätigt. Daher muß die vorliegende Beihilferegelung gemäß dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C-278/95 (Siemens SA/Kommission) (15) als eine Betriebsbeihilfe behandelt werden. Aufgrund der ständigen Praxis der Kommission können Betriebsbeihilfen nur in Ausnahmefällen und unter bestimmten Voraussetzungen in Förderregionen nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag gewährt werden, nämlich in Regionen, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht (vgl. Punkt 6 der Mitteilung der Kommission von 1988 über die Methode zur Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a) und c) auf Regionalbeihilfen (16)). Bezüglich der Anwendung der Beihilferegelung in den fünf ostdeutschen Bundesländern (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) hat die Kommission am 18. Dezember 1996 entschieden, daß diese Regionen Förderregionen nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag bis Ende des Jahres 1999 sind [N 464/93 (17) für den Zeitraum bis 1996 und N 613/96 (18) für den Zeitraum 1997-1999]. Bezüglich der Anwendung der Beihilferegelung auf Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung in Ost-Berlin hatte die Kommission dieser Region bis Ende 1996 den Förderstatus nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag zuerkannt (N 464/93); für den Zeitraum 1997-1999 hat die Kommission entschieden, daß Ost-Berlin aufgrund der besonderen geographischen Situation und aufgrund der vorhergehenden Fördersituation nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) für den Zeitraum 1994-1996 und aufgrund der Vorgeschichte der Stadt für einen Zeitraum bis Ende 1999 von einem Übergangsstatus profitieren kann, der diese Region einer Förderregion nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag gleichsetzt und sie somit mit den fünf neuen Bundesländern (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) gleichstellt (N 613/96). Hingegen kann aus folgenden Gründen die Beihilferegelung in den genannten Regionen nicht als mit dem Gemeinsamen Markt auf der Grundlage der Bestimmung des Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag vereinbar erklärt werden. - Entsprechend der obengenannten Mitteilung der Kommission von 1988 können Betriebsbeihilfen in Förderregionen nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) nur im Ausnahmefall genehmigt werden, wenn die Beihilfe geeignet ist, zu einer dauerhaften und ausgeglichenen wirtschaftlichen Entwicklung beizutragen. Darüber hinaus muß die Beihilfe nach der ständigen Praxis der Kommission degressiv gestaltet und zeitlich begrenzt sein. Demgegenüber hat die vorliegende Beihilferegelung zur Wirkung, das Eigenkapital der begünstigten Unternehmen zu verstärken; die Beihilferegelung stellt nicht sicher, daß das den begünstigten Unternehmen zur Verfügung gestellte Kapital zur wirtschaftlichen Entwicklung der begünstigten Unternehmen in den Förderregionen nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag verwendet wird und nicht in Wirklichkeit Unternehmen zugute kommt, die ihre wirtschaftlichen Aktivitäten außerhalb einer Förderregion haben. Daher kann aufgrund dieser Beihilferegelung nicht ausgeschlossen werden, daß Unternehmen, die wirtschaftlich zu großen Unternehmen gehören oder unabhängige Unternehmen außerhalb von Fördergebieten sind, von der Beihilfe begünstigt werden, ohne daß die Beihilfe tatsächlich zur wirtschaftlichen Entwicklung der Unternehmen in der Förderregion und somit der Förderregion selbst beitragen (19). Die Beihilferegelung kann daher nicht unter die vom Vertrag vorgesehenen Ausnahmebestimmungen für Regionalbeihilfen nach Artikel 92 Absatz 3 subsumiert werden. Schließlich sieht die Regelung keine degressive Ausgestaltung vor. - Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Beihilferegelung auf Unternehmen in sensiblen Wirtschaftssektoren angewendet wird, in denen spezifische beihilferechtliche Bestimmungen bestehen (betroffen sind derzeit die Sektoren Kunstfaser- und Kfz-lndustrie, Schiffbau, Transport, Landwirtschaft, Fischerei, die vom EGKS-Vertrag umfaßten Sektoren und nicht unter den EGKS-Vertrag fallende Stahlsektoren). Hingegen sieht die genannte Mitteilung der Kommission von 1988 vor, daß Betriebsbeihilfen nicht zu sektoralen Überschußkapazitäten führen dürfen, wie sie typischerweise in den genannten sensiblen Sektoren bestehen. - Schließlich kann die Anwendung der Beihilferegelung auf Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (20) nicht ausgeschlossen werden, auch wenn die Konzeption der Beihilferegelung die Gewährung der Beihilfe an solche Unternehmen in Schwierigkeiten unwahrscheinlich erscheinen läßt. Jedenfalls ist die Beihilferegelung nicht mit den in den genannten Leitlinien aufgestellten Bedingungen für die Gewährung von Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten vereinbar. Bezüglich der Anwendung der Beihilferegelung auf Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung in West-Berlin muß festgehalten werden, daß West-Berlin aufgrund der obengenannten Entscheidungen der Kommission bis 1996 nur teilweise und für den Zeitraum 1997-1999 gänzlich Förderregion nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) war und ist. Daher ist die Beihilferegelung auch auf Unternehmen außerhalb von Fördergebieten nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) anwendbar, das heißt in Nichtförderregionen und Förderregionen nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag. Nach der bereits erwähnten ständigen Praxis der Kommission können jedoch Betriebsbeihilfen außerhalb von Fördergebieten nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden und dies unabhängig von der Frage der Vergabe der Beihilfe an Unternehmen in sensiblen Sektoren oder an Unternehmen in Schwierigkeiten. Daher kann die Beihilferegelung nicht auf Grund der Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absatz 3 Buchstaben a) und c) als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden. Darüber hinaus ist die Beihilferegelung weder zur Förderung wichtiger Vorhaben im europäischen Interesse oder zur Beseitigung von beträchtlichen Störungen im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaates, noch zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes gemäß Artikel 92 Absatz 3 bestimmt. Schließlich ist die Beihilferegelung nicht nach Artikel 92 Absatz 2 mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar; vor allem ist den der Kommission vorliegenden Informationen nicht zu entnehmen, daß die Regelung zum Ausgleich der durch die Teilung Deutschlands verursachten wirtschaftlichen Nachteile im Sinne des Artikels 92 Absatz 2 Buchstabe c) notwendig wäre. Des weiteren sieht die Beihilferegelung als Voraussetzung für die Steuervergünstigung vor, daß die Unternehmen, an denen die Beteiligungen übernommen werden, ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern und West-Berlin haben. Diese Bestimmung widerspricht dem in Artikel 52 EG-Vertrag festgelegten Diskriminierungsverbot (Niederlassungsfreiheit). Die Artikel 52 ff. sehen die Aufhebung der Niederlassungsbeschränkungen vor. Darüber hinaus beinhalten die Artikel 52 und 58 das Recht, eine wirtschaftliche Tätigkeit durch eine Zweigniederlassung oder eine Filiale auszuführen. Nach Artikel 58 ist die Staatsbürgerschaft eines Unternehmens entsprechend den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, nach denen es gegründet worden ist, und nach seinem Sitz und seiner zentralen Verwaltung festzulegen, wie der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 28. Januar 1986 in der Rechssache 270/83 (Kommission/Französische Republik) (21) festgestellt hat. Das Diskriminierungsverbot betrifft nicht nur die direkte Diskriminierung, sondern auch Maßnahmen gleicher Wirkung. Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe h) EG-Vertrag sieht vor, daß die Kommission sicherstellt, daß die Bedingungen für die Niederlassungsfreiheit nicht durch Beihilfen der Mitgliedstaaten verfälscht werden. In Anwendung dieser Bestimmung und durch sein Allgemeines Programm zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit von 1962 (22) hat der Rat vorgesehen, daß die Vorschriften und Praktiken, die allein für Ausländer die Befugnis zur Ausübung der normalerweise mit einer selbständigen Tätigkeit verbundenen Rechte ausschließen, beschränken oder von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen, aufzuheben sind. Zu diesen Vorschriften oder Praktiken zählen auch direkte oder indirekte staatliche Beihilfen. Durch dieses Verbot der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit stellen die Artikel 52 ff. unter anderem darauf ab, die betroffenen Unternehmen gleich zu behandeln mit Unternehmen mit Sitz im Empfangsstaat. Hingegen werden von der Beihilfe nach der fraglichen Beihilferegelung nur solche Unternehmen begünstigt, die ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern und West-Berlin haben. Um in den Genuß der Beihilfe zu gelangen, müßten die Unternehmen, die ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung nicht in den neuen Bundesländern und West-Berlin haben, ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung in die betreffenden Regionen verlegen. Dadurch begünstigt die Beihilferegelung ostdeutsche und Berliner Unternehmen gegenüber Unternehmen ohne Sitz in Deutschland und stellt daher eine Verletzung des Diskriminierungsverbotes nach Artikel 52 ff. dar. Aufgrund der Tatsache, daß die Anwendung der Beihilferegelung durch die Verwaltungsvorschrift vom 2. Januar 1996 des Bundesministeriums der Finanzen ausgesetzt worden ist, wendet Deutschland ein, daß die Beihilferegelung noch nicht angewandt und daher noch keine Beihilfen aufgrund dieser Regelung gezahlt worden seien. Sofern die Beihilferegelung bereits angewandt worden wäre, müßte Deutschland die notwendigen Schritte einleiten, um bereits gezahlte Beihilfen zurückzuverlangen - HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN: Artikel 1 (1) Die Steuervergünstigung Deutschlands aufgrund des § 52 Absatz 8 EStG stellt zugunsten der Unternehmen mit bis zu 250 Arbeitnehmern und mit Sitz und Geschäftsleitung in den neuen Bundesländern oder West-Berlin eine gemäß Artikel 92 Absatz 1 und Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe dar. (2) Deutschland wird aufgefordert, § 52 Absatz 8 EStG aufzuheben. Artikel 2 (1) Wurden aufgrund der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Beihilferegelung bereits Beihilfen ausgezahlt, so sind sie rechtswidrig, da sie vor der Entscheidung der Kommission gewährt worden sind. (2) Deutschland stellt sicher, daß die rechtswidrig gewährten Beihilfen zurückgezahlt werden. Die Beihilfen sind nach Maßgabe der nationalen Verfahren und Vorschriften, insbesondere der Vorschriften über Verzugszinsen, zurückzufordern, wobei Zinsen ab dem Zeitpunkt fällig werden, zu dem die rechtswidrige Beihilfe gewährt wurde, und der Zinssatz angewandt wird, der zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung in Deutschland als Referenzzinssatz für die Berechnung des Beihilfenäquivalents für Regionalbeihilfen herangezogen wurde. Artikel 3 Deutschland teilt der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die getroffen wurden, um dieser Entscheidung nachzukommen. Artikel 4 Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet. Brüssel, den 21. Januar 1998 Für die Kommission Karel VAN MIERT Mitglied der Kommission (1) BGBl. 1995 I 1250; in Kraft getreten am 1. Januar 1996. (2) SG(97) D/2381. (3) ABl. C 172 vom 6. 6. 1997, S. 2. (4) Rücklagenbildung nach § 6b Absatz 3 EStG. (5) § 1 Absatz 2 des Fördergebietsgesetzes. (6) Bundessteuerblatt 1996, Teil I, Nr. 1, Seite 2. (7) ABl. C 68 vom 6. 3. 1996, S. 9. (8) Slg. 1996, S. I-3547, Randnummer 60. (9) ABl. L 143 vom 15. 6. 1993, S. 7. (10) Slg. 1987, S. 4013, Randnummer 18. (11) Slg. 1988, S. 219. (12) Slg. 1992 S. I-1847, Randnummer 35. (13) Slg. 1990, S. I-959 (14) ABl. C 31 vom 3. 2. 1979, S. 9. (15) Slg. 1997, S. I-2507, Randnummer 55. (16) ABl. C 212 vom 12. 8. 1998, S. 2. (17) ABl. C 373 vom 29. 12. 1994, S. 3. (18) ABl. C 288 vom 23. 9. 1997, S. 5. (19) Siehe Entscheidung der Kommission vom 1. Oktober 1997 bezüglich der Verlängerung der 8%igen Investitionszulage, C 28/96, ABl. L 73 vom 12. 3. 1998, S. 38. (20) ABl. C 368 vom 23. 12. 1994, S. 12. (21) Slg. 1986, S. 273. (22) ABl. 2 vom 15. 1. 1962, S. 36/62.