31998D0095

98/95/EG: Entscheidung der Kommission vom 21. Oktober 1997 über eine Beihilfe der Region Sardinien (Italien) an den Schiffahrtssektor in Sardinien (Nur der italienische Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

Amtsblatt Nr. L 020 vom 27/01/1998 S. 0030 - 0034


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 21. Oktober 1997 über eine Beihilfe der Region Sardinien (Italien) an den Schiffahrtssektor in Sardinien (Nur der italienische Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR) (98/95/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

nachdem den Betroffenen gemäß den obengenannten Artikeln Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

I

Mit Schreiben vom 24. Juni 1996 (2) teilte die Kommission den italienischen Behörden ihre Entscheidung mit, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag bezüglich einer unzulässigen Beihilferegelung der Region Sardinien zugunsten der Schiffahrtsindustrie einzuleiten.

Bei der Eröffnung des Verfahrens äußerte die Kommission auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen aus folgenden Gründen schwerwiegende Zweifel an der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt:

- Die Beihilferegelung umfaßte Bestimmungen, die mit einer Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit verbunden waren, da es den Betreibern unter anderem zur Bedingung gemacht wurde, sardische Seeleute an Bord ihrer Schiffe zu beschäftigen;

- die Beihilferegelung verstieß gegen den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit, da die Beihilfe u. a. an die Bedingung geknüpft war, daß die Betreiber ihren Hauptsitz auf Sardinien haben mußten;

- die Beihilferegelung sah Beihilfen vor, mit denen Investitionen in Schiffe auf eine Weise gefördert werden sollten, die gegen die Regeln des Gemeinschaftsrechts zu verstoßen drohte.

II

Nach der Eröffnung des Verfahrens übermittelte Italien der Kommission mit Schreiben vom 31. Oktober 1996 Bemerkungen. Die sardinischen Behörden übermittelten Bemerkungen mit Schreiben vom 11. Oktober 1996 und 22. Januar 1997.

Von anderen Mitgliedstaaten oder Dritten wurden keine Bemerkungen innerhalb der Frist von einem Monat nach Veröffentlichung der Entscheidung zur Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag übermittelt. Eine Reihe von Dritten hat sich jedoch nach Ablauf der Frist geäußert.

In ihren Bemerkungen stellten die sardinischen Behörden die Einwände der Kommission nicht in Abrede. Sie teilten der Kommission ferner Änderungen der Beihilferegelung mit, die laut den italienischen und sardinischen Behörden allen Einwänden der Kommission Rechnung tragen. Ein wichtiger Bestandteil dieser Änderungen ist das Regionalgesetz Nr. 9 der Region Sardinien vom 15. Februar 1996. Diese Änderungen, einschließlich des Gesetzes Nr. 9/1996, sind nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung und werden getrennt behandelt.

III

Die Kommission erlangte aufgrund einer Beschwerde über einen Einzelfall im Zusammenhang mit der Anwendung der Beihilferegelung Kenntnis von der Regelung.

Die Beihilferegelung wurde durch das sardinische Regionalgesetz Nr. 20 vom 15. Mai 1951, geändert durch die Regionalgesetze Nr. 15 vom 11. Juli 1954 und Nr. 11 vom 4. Juni 1988, eingeführt.

Das Gesetz Nr. 20/1951, geändert durch das Gesetz Nr. 15/1954 (nachfolgend: "Gesetz Nr. 20/1951" genannt), sah die Schaffung eines Fonds für die Vergabe von Darlehen an Schiffahrtsunternehmen vor, die den Bau, den Erwerb, den Umbau oder die Reparatur von Schiffen beabsichtigen. Diese Darlehen sollten ausschließlich Unternehmen gewährt werden, deren Sitz, steuerliches Domizil und Registerhafen in der Region Sardinien lagen. Die Darlehen konnten sich im Fall von Bau-, Umbau- oder Reparaturarbeiten, für die der Antragsteller bereits Beihilfen nach seinerzeit geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften erhalten hatte, auf höchstens 20 % der Investitionskosten belaufen. Waren keine derartigen Beihilfen nach einzelstaatlichen Rechtsvorschriften gewährt worden, konnten die Darlehen höchstens 60 % der Investitionskosten betragen.

Zinsen, Provisionen und andere mit dem Darlehen zusammenhängende Entgelte konnten nach dem Gesetz Nr. 20/1951 höchstens 4,5 % des Darlehensbetrags jährlich betragen, falls bereits Beihilfen nach einzelstaatlichen Rechtsvorschriften gewährt worden waren, und höchstens 3,5 %, falls keine derartigen Beihilfen gewährt worden waren (die Zinssubvention belief sich auf durchschnittlich 10-12 Prozentpunkte). Das Darlehen war in nicht mehr als zwölf Jahresraten ab dem dritten Jahr nach Indienststellung des darlehensfinanzierten Schiffs zurückzuzahlen.

Durch das Gesetz Nr. 11/1988 wurden umfangreiche Änderungen an der durch das Gesetz Nr. 20/1951 geschaffenen Beihilferegelung vorgenommen. Die Änderungen von 1988 wurden der Kommission nicht gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag mitgeteilt, so daß die Beihilferegelung in ihrer geänderten Fassung (nachfolgend: "Beihilferegelung" genannt) eine nicht notifizierte Beihilfe darstellte, wie die Kommission in ihrer Entscheidung zur Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag festgestellt hat. Die italienischen Behörden haben in ihren Bemerkungen die Darstellung der Kommission nicht bestritten.

Die Beihilfegewährung wurde von folgenden Bedingungen abhängig gemacht, die von den begünstigten Unternehmen zu erfuellen waren:

"a) Das Unternehmen hat seinen Sitz, seine Verwaltung und seinen Schiffahrtsbetrieb sowie, falls anwendbar, seine Hauptlager und Zusatzausrüstung ständig in einem Hafen der Region;

b) alle Schiffe im Eigentum des Unternehmens sind in den Registerhäfen der Region eingetragen;

c) das Unternehmen nutzt die Häfen der Region als Zentrum seiner Schiffahrtstätigkeiten und läuft diese Häfen im Rahmen dieser Tätigkeiten an; regelmäßige Schiffsdienste enden in einem oder mehreren dieser Häfen oder laufen sie an;

d) das Unternehmen verpflichtet sich, Umrüstarbeiten in den Häfen der Region vorzunehmen, sofern sardinische Werften über die betriebliche Kapazität verfügen und keine durch höhere Gewalt verursachten Hinderungsgründe, unvermeidbare Leasingerfordernisse oder offensichtliche wirtschaftliche oder zeitliche Einschränkungen vorliegen;

e) das Unternehmen muß auf Schiffen mit einer Bruttotonnage über 250 Tonnen, für die eine Beihilfe beantragt wird, ein Kontingent von Seeleuten aller Kategorien beschäftigen, die in der Heuerliste des Registerhafens eingetragen sind; alle Besatzungsmitglieder sind von dieser allgemeinen und besonderen Liste anzuheuern, wobei einschränkend einzig die nationalen Beschäftigungsvorschriften für Seeleute zu beachten sind."

Aufgrund der Beihilferegelung konnten die sardinischen Behörden auch einen Zuschuß zu den Leasingkosten leisten, wenn sich ein Schiffahrtsunternehmen für einen Leasingvertrag statt für ein Darlehen entschied. Als Zuschuß wurde die Differenz zwischen den Kreditkosten bei Aufnahme eines Betrags in Höhe der jährlichen Rückzahlung einmal bei Zugrundelegung des kommerziellen Bezugszinssatzes für Schiffahrtsunternehmen in Italien und zum anderen bei Zugrundelegung eines Zinssatzes von 5 % geleistet (was einer durchschnittlichen Zinssubvention von rund 10 Prozentpunkten entspricht). Am Ende der Vertragslaufzeit kann das Schiff, für das ein Zuschuß geleistet wurde, vom Leasingnehmer für einen Betrag in Höhe von 1 % des Kaufpreises erworben werden.

Laut Angaben der sardinischen Behörden wurden seit dem Inkrafttreten der Beihilferegelung Darlehen und Leasingverträge im Gesamtbetrag von 12 697 450 000 lTL bereitgestellt.

IV

Die Beihilferegelung stellt aus folgenden Gründen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag dar:

a) Die begünstigten Unternehmen werden von einer finanziellen Last befreit, die sie üblicherweise zu tragen hätten (handelsübliche Zinsen und andere Darlehens- und Leasingaufwendungen);

b) diese Last wird aus staatlichen Mitteln (insbesondere von den sardinischen Behörden) getragen;

c) die Beihilfe ist sektorspezifisch (sie ist auf die Schiffahrt beschränkt);

d) die Beihilfe beeinträchtigt den Handel zwischen Mitgliedstaaten.

Hinsichtlich Buchstabe d) nahm die Kommission in ihrer Entscheidung zur Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag zur Kenntnis, daß 90 % aller Güter aus Mitgliedstaaten auf dem Seeweg nach Sardinien gebracht werden und der Transport von mehr als 90 % aller Güter mit Ursprung in Sardinien in die Mitgliedstaaten auf demselben Weg erfolgt. Außerdem werden 65 % des touristischen Verkehrs (die Beförderung von Fahrgästen mit ihren Fahrzeugen) zwischen der Gemeinschaft und Sardinien durch Schiffahrtsunternehmen abgewickelt. Die italienischen Behörden haben in ihren Bemerkungen weder diese statistischen Daten bestritten, noch die Bezeichnung der Beihilferegelung als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag in Abrede gestellt.

V

Die Beihilferegelung ist unzulässig, da das Gesetz Nr. 20/1951 durch das Gesetz Nr. 11/1988, d. h. nach Inkrafttreten des EWG-Vertrags, erheblich geändert wurde, ohne daß die italienischen Behörden die Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag von diesen Änderungen unterrichtet hätten.

Vl

Nach Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag sind Beihilfen, auf die die in diesem Artikel festgelegten Bedingungen zutreffen, grundsätzlich nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

In dem in Rede stehenden Fall kommen die Ausnahme- und Freistellungsvoraussetzungen von Artikel 92 Absatz 2 und Absatz 3 EG-Vertrag nicht zur Anwendung, weil die Beihilfe gegen wesentliche Grundsätze des Gemeinschaftsrechts verstößt: die Niederlassungsfreiheit (Artikel 52 EG-Vertrag) und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Artikel 6 und Artikel 48 Absatz 2 EG-Vertrag).

Im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit schreibt die Beihilferegelung nicht nur vor, daß das begünstigte Unternehmen in Sardinien niedergelassen sein muß, sondern dort unter anderem auch seinen Hauptsitz haben muß. Außerdem müssen alle Schiffe des begünstigten Unternehmens - nicht nur diejenigen, die nach dieser Regelung gefördert werden - in Sardinien registriert sein. Diese Bestimmungen stellen allein schon einen Verstoß gegen Artikel 52 EG-Vertrag dar, weil in Sardinien niedergelassene Unternehmen mit Hauptsitz an einem anderen Ort oder mit an anderem Ort registrierten Schiffen von der Beihilfe ausgeschlossen würden.

Im Hinblick auf die Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit enthält die Beihilferegelung die Bedingung, daß auf Schiffen über 250 Tonnen ein Mindestkontingent von Seeleuten beschäftigt werden muß, die in der Heuerliste des (sardinischen) Registerhafens des Schiffes eingetragen sind. Durch diese Bestimmung wird das begünstigte Unternehmen faktisch verpflichtet, eine bestimmte Zahl von ortsansässigen Seeleuten, mithin in der Praxis Sarden, zu beschäftigen, selbst wenn andere Seeleute ebenso oder besser für die auszuführenden Tätigkeiten geeignet wären.

Die italienischen Behörden haben in ihren Bemerkungen die obigen Argumente der Kommission hinsichtlich der Verstöße gegen Artikel 6, Artikel 48 Absatz 2 und Artikel 52 EG-Vertrag nicht in Abrede gestellt.

Selbst wenn die Beihilfe nicht gegen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts verstieße, wäre sie jedoch aus den nachfolgend dargelegten Gründen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

In dem in Rede stehenden Fall sind die Ausnahmevoraussetzungen von Artikel 92 Absatz 2 EG-Vertrag nicht erfuellt, da die Beihilfe nicht auf die Erreichung der in diesem Absatz festgelegten Ziele ausgerichtet ist. Eine solche Ausnahme wurde von den italienischen Behörden auch nicht geltend gemacht.

In Artikel 92 Absatz 3 EG-Vertrag sind Beihilfen aufgeführt, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können. Die Vereinbarkeit mit dem Vertrag ist hinsichtlich der Gemeinschaft als Ganzes und nicht lediglich eines einzelnen Mitgliedstaats zu beurteilen. Um das reibungslose Funktionieren des Gemeinsamen Markts sicherzustellen und unter Beachtung des in Artikel 3 Buchstabe g) EG-Vertrag festgelegten Grundsatzes sind die Freistellungsbestimmungen von Artikel 92 Absatz 3 EG-Vertrag bei der Prüfung einer Beihilferegelung oder einer einzelnen Beihilfe eng auszulegen. Insbesondere darf eine Freistellung nur erfolgen, wenn sich die Kommission davon überzeugt hat, daß Marktkräfte allein ohne die Beihilfe nicht ausreichen würden, um die Beihilfeempfänger zu einem Verhalten zu bewegen, das einem der Ziele dieser Freistellungsbestimmungen dient.

Die Anwendung der Freistellungsbestimmungen auf Beihilfen, die nicht zu einem solchen Ziel beitragen, oder in Fällen, in denen die Beihilfe zur Erreichung dieses Ziels nicht notwendig ist, würde darauf hinauslaufen, Industriezweigen oder Unternehmen bestimmter Mitgliedstaaten Vorteile zu verschaffen und deren finanzielle Stellung künstlich zu verbessern, wodurch der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt und der Wettbewerb verfälscht würde, ohne daß dies durch ein gemeinsames Interesse gerechtfertigt wäre, wie es Artikel 92 Absatz 3 EG-Vertrag voraussetzt.

Nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag können Beihilfen freigestellt werden, die die wirtschaftliche Entwicklung von Gebieten fördern, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht. Zwar können in Sardinien Regionalbeihilfen nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) gewährt werden, doch erfolgte die fragliche Beihilfe nicht im Rahmen einer Beihilferegelung, die hauptsächlich die Förderung der regionalen Entwicklung zum Ziel hat, da sie auf den Schiffahrtssektor beschränkt ist. In keinem Fall kann nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag eine Beihilferegelung freigestellt werden, die wie die in Rede stehende Regelung gegen Leitlinien der Gemeinschaft für Beihilfen zugunsten spezifischer empfindlicher Sektoren wie des Seeverkehrs verstößt.

Hinsichtlich der Freistellung nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe b) EG-Vertrag geht es bei der in Rede stehenden Beihilfe weder um die Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse noch um die Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Italiens, noch weist die Beihilferegelung Merkmale solcher Vorhaben auf. Außerdem haben die italienischen Behörden in ihren Bemerkungen an die Kommission keine Freistellung aus diesen Gründen geltend gemacht.

Hinsichtlich der Freistellungsvoraussetzung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag bezüglich Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige ist aus folgenden Gründen festzuhalten, daß die Beihilferegelung die Handelsbedingungen in einer Weise verändert, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft:

- Sowohl die Leitlinien für staatliche Beihilfen an Schiffahrtsunternehmen vom 3. August 1989 (3) als auch die Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr von 1977 (4) schreiben vor, daß die Beihilfen, die Schiffahrtsunternehmen für den Bau, den Umbau oder die Reparatur von Schiffen (wie im vorliegenden Fall) gewährt werden, bei der Anwendung der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über auftragsbezogene Schiffbaubeihilfen für Werften in der Gemeinschaft (Verordnung (EG) Nr. 3094/95 des Rates (5), geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1904/96 (6)) zu berücksichtigen sind; diese Bedingung gilt auch, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Beihilfe in einem Gebiet gewährt wird, das den Status eines in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag genannten Gebiets hat; die in Rede stehende Beihilferegelung sieht keinen Mechanismus vor, mit dem die Einhaltung der obengenannten Bestimmungen des Rates für den Schiffbau gewährleistet wird;

- insoweit Beihilfen für das Schiffsleasing betroffen sind, stellen solche Beihilfen eine Art von Betriebsbeihilfen dar, die weder nach den Leitlinien des Jahres 1989 noch denen des Jahres 1997 zulässig sind.

VII

Die Beihilferegelung ist somit unzulässig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Laut den italienischen Behörden wurden bereits Maßnahmen getroffen, um die Vereinbarkeit der Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt sicherzustellen, unter anderem durch die Verabschiedung des Regionalgesetzes Nr. 9 der Region Sardinien vom 15. Februar 1996. Diese neuen Maßnahmen sind nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung.

Seit der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 11/1988 bis zur Verabschiedung des Gesetzes Nr. 9/1996 wurden jedoch Darlehen und Leasingverträge zu Vorzugskonditionen in einer Gesamthöhe von 12 697 450 000 ITL gewährt.

Die Beihilfeelemente dieser Darlehen und Leasingverträge sind von den Begünstigten gemäß den Verfahren und Vorschriften des italienischen Rechts einschließlich Zinsen ab dem Datum der Gewährung der unzulässigen Beihilfe zurückzuzahlen. Die Zinsen werden anhand des Bezugszinssatzes für Regionalbeihilfen berechnet.

Die Kommission wurde nicht in die Lage versetzt, das von den einzelnen Begünstigten zurückzufordernde Beihilfeelement oder den Gesamtbetrag aller zurückzufordernden Beihilfen selbst zu ermitteln. Bei der Verabschiedung der Durchführungsmaßnahmen, mit denen dieser Entscheidung entsprochen wird, müssen die italienischen Behörden daher den von den einzelnen Begünstigten zurückzufordernden Betrag selbst ermitteln und der Kommission mitteilen.

Diese Entscheidung berührt nicht eine etwaige Entscheidung der Kommission zu den von Italien mitgeteilten Maßnahmen, mit denen die Vereinbarkeit der Beihilferegelung mit dem Gemeinschaftsrecht sichergestellt werden soll, insbesondere das Regionalgesetz Nr. 9/1996, das Gegenstand einer getrennten Prüfung sein wird -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Darlehen und Leasingverträge über einen Gesamtbetrag von 12 697 450 000 ITL, die Unternehmen im Schiffahrtssektor nach dem sardischen Regionalgesetz Nr. 20 vom 15. Mai 1951, geändert durch die Regionalgesetze Nr. 15 vom 11. Juli 1954 und Nr. 11 vom 4. Juni 1988, gewährt wurden, enthalten Elemente, die eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen und sind unzulässig, da sie unter Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag gewährt wurden.

Die Darlehen und Leasingverträge sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, da die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach Artikel 92 Absatz 2 oder eine Freistellung nach Artikel 92 Absatz 3 von dem Beihilfeverbot in Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag nicht erfuellt sind.

Artikel 2

Italien fordert von jedem Begünstigten eines Darlehens oder Leasingvertrags gemäß Artikel 1 einen Betrag zurück, der dem Unterschied zwischen der Summe der Zinsaufwendungen und/oder anderen Aufwendungen, die der Begünstigte für das Darlehen oder den Leasingvertrag gemäß den zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden normalen Marktbedingungen hätte tragen müssen, und der Summe der Zinsaufwendungen und/oder anderen Aufwendungen, die der Begünstigte tatsächlich für das Darlehen oder den Leasingvertrag aufgewendet hat, entspricht.

Ist ein Darlehen zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Entscheidung noch nicht zurückgezahlt oder ein Leasingvertrag noch nicht abgelaufen, stellt Italien sicher, daß die Aufwendungen des Darlehens- bzw. Leasingnehmers in der Restlaufzeit den normalen Marktbedingungen entsprechen. Zusätzlich zur Rückforderung des in Absatz 1 genannten Betrags fordert Italien die Zahlung von Zinsen auf diesen Betrag ab dem Datum der Gewährung des zu Vorzugskonditionen vergebenen Darlehens oder des Leasingvertrags. Zinsen sind zum Bezugszinssatz zu berechnen, den die Kommission bei Regionalbeihilfen anwendet.

Artikel 3

Italien teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung mit, welche Maßnahmen getroffen wurden, um dieser Entscheidung nachzukommen.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die italienische Republik gerichtet.

Brüssel, den 21. Oktober 1997

Für die Kommission

Neil KINNOCK

Mitglied der Kommission

(1) ABl. C 368 vom 6. 12. 1996, S. 2.

(2) Siehe Fußnote 1.

(3) SEK(89) 921 endg.

(4) ABl. C 205 vom 5. 7. 1997, S. 5.

(5) ABl. L 332 vom 30. 12. 1995, S. 1.

(6) ABl. L 251 vom 3. 10. 1996, S. 5.