31994D0599

94/599/EG: Entscheidung der Kommission vom 27. Juli 1994 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EG-Vertrags (IV/31.865, PVC) (Nur der deutsche, englische, französische, italienische und niederländische Text sind verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 239 vom 14/09/1994 S. 0014 - 0035


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 27. Juli 1994 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EG-Vertrags (IV/31.865, PVC) (Nur der deutsche, englische, französische, italienische und niederländische Text sind verbindlich) (94/599/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962 - Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrags (1), zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Spaniens und Portugals,

im Hinblick auf den Beschluß der Kommission vom 24. März 1988, von Amts wegen ein Verfahren einzuleiten, im Hinblick darauf, daß den Beteiligten gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 in Verbindung mit der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates (2) Gelegenheit gegeben wurde, sich zu den von der Kommission in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten zu äussern,

nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I. SACHVERHALT (1) Die vorliegende Entscheidung betrifft die Anwendung des Artikels 85 des EG-Vertrags auf Absprachen, die auf ein Kartell hinauslaufen, an dem sich die Hersteller, die den PVC-Markt in der Gemeinschaft beliefern, beteiligten und aufgrund deren sich letztere zu regelmässigen geheimen Sitzungen trafen, um ihre Handelspolitik zu koordinieren, Preisinitiativen zu planen und aufeinander abzustimmen, Ziel- bzw. Mindestpreise festzusetzen, für jeden Hersteller Absatzziele bzw. -quoten zu vereinbaren und die Entwicklung der betreffenden Absprachen zu kontrollieren.

A. Einleitung 1. Die Unternehmen

(2) Alle Unternehmen, an die diese Entscheidung gerichtet ist, sind grosse Petrochemiehersteller.

Siebzehn Unternehmen waren während des von dieser Entscheidung erfassten Zeitraums an dem Verstoß beteiligt.

Infolge einer tiefgreifenden Umstrukturierung des betreffenden Industriesektors haben einige der beteiligten Unternehmen miteinander fusioniert. Andere Hersteller wiederum haben den PVC-Sektor verlassen, bestehen aber immer noch als Unternehmen. Die vorliegende Entscheidung ist an folgende Unternehmen (3) gerichtet:

BASF,

DSM,

Elf Atochem,

Enichem,

Hoechst,

Hüls,

ICI,

LVM,

Montedison,

SAV,

Shell,

Wacker.

2. Das Erzeugnis

(3) PVC (Polyvinylchlorid) ist eines der ersten thermoplastischen Erzeugnisse, das entwickelt wurde. Ausgangspunkt ist VCM (Vinylchlorid-Monomer), das aus Ethylen und Chlor hergestellt wird. Für PVC gibt es viele wichtige Anwendungsbereiche in der Schwerindustrie und im Baugewerbe sowie eine Reihe von Anwendungsmöglichkeiten im Konsumgütersektor. PVC kann in harte Kunststoffe oder - in Verbindung mit Weichmachern - in flexible Kunststoffe umgewandelt werden. PVC kann durch eine Vielfalt von Verfahren wie Strangpressen, kontinuierliches Auftragen von Anstrichen, Blasformen und Spritzen zu verschiedenen Endprodukten weiterverarbeitet werden. Weichmacherfreies PVC wird vor allem für Rohrleitungen und Baumaterial verwendet, während das flexible PVC (z. B. für Folien und Hartgewebe) seit 1970 an Bedeutung verloren hat.

Mit Hilfe unterschiedlicher Technologien und Anlagen werden vier Arten von PVC hergestellt. 75 % der PVC-Verwendung entfällt auf Suspensions-Homopolymere und Massen-Kopolymere für den allgemeinen Gebrauch, während Pasten/Emulsionspolymere und Suspensions-Kopolymere-Spezialerzeugnisse sind.

3. Der westeuropäische PVC-Markt

(4) Der PVC-Verbrauch (alle Sorten) ist in Westeuropa von 500 000 Tonnen im Jahr 1960 auf etwa 4 200 000 Tonnen im Jahr 1986 gestiegen. Er stand in all diesen Jahren in engem Zusammenhang mit der konjunkturbedingten Industrieproduktion, wobei die Verwendung von PVC im Zeitraum 1986-1988 das alljährliche Wachstum der Industrieproduktion überfluegelt hat.

1977 wurde der westeuropäische Markt von rund 30 Herstellern beliefert, eine Zahl, die sich aufgrund von Zusammenschlüssen, Umstrukturierungen und Stillegungen bis 1988 auf zwölf verringert hat.

So belief sich die nominale PVC-Kapazität in Westeuropa 1977 auf insgesamt etwa 5 Millionen Tonnen bei einer Nachfrage von 3 400 000 Tonnen und Ausfuhren von 300 000 Tonnen (die Einfuhren sind unbedeutend).

Im Jahr 1986 bezifferte sich die nominale Kapazität auf 5 110 000 Tonnen, wobei die Produktion eine Rekordhöhe von 4 400 000 Tonnen erreichte, womit die nominale Kapazität zu 86 % und die tatsächliche Kapazität zu 95 % ausgelastet waren. Während die Einfuhren (vor allem aus Osteuropa) auf 200 000 Tonnen im Jahr 1986 gestiegen waren, blieb Westeuropa ein bedeutender PVC-Nettoausführer (Ausfuhren im Jahr 1986: 435 000 Tonnen).

In allen relevanten Zeiten gab es einen beträchtlichen Handel mit PVC, was zum Teil auf erhebliche Schwankungen in Angebot und Nachfrage innerhalb der verschiedenen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft zurückzuführen war. Ungefähr 35 % des Handels in Westeuropa wurden über nationale Grenzen hinweg abgewickelt.

Mehrere Hersteller - BASF, ICI, LVM, Norsk Hydro, Shell und Solvay - besassen Anlagen in mehr als einem Land.

Nur Solvay, Wacker und Hoechst verfügten über keine eigene Äthylenproduktion. Auf der nachgelagerten Stufe wurde PVC bis zu einem gewissen Umfang auch gruppenintern verwendet, wobei bis zu 25 % der PVC-Produktion an Abnehmer gingen, die als Hersteller in derselben Unternehmensgruppe integriert waren.

4. Überkapazität

(5) Die Kommission weiß, daß der europäische PVC-Markt während des grössten Teils des von dieser Entscheidung erfassten Zeitraums (1980 bis 1984) durch strukturelle Überkapazitäten gekennzeichnet war. Fast alle Hersteller verzeichneten erhebliche Verluste.

Abgesehen von der Überkapazität haben unter anderem folgende Faktoren zu dieser Situation beigetragen:

- eine Vielzahl von Herstellern und Produktionsstätten, was zu einer ungleichmässigen Auslastung der Anlagen führte;

- unterschiedliche strategische Vorstellungen vom PVC-Geschäft unter den Herstellern;

- ein unbeständiger Markt mit einem regelmässigen starken Nachfrageschwund;

- eine allgemeine Nachfrageflaute in der westeuropäischen Wirtschaft Anfang der achtziger Jahre.

Ausserdem steht fest, daß sich die Hersteller in den Jahren 1981 und 1982 häufig in der Verlustzone befanden.

Vom vierten Quartal 1982 bis zum Ende des zweiten Quartals 1984 erzielten die westeuropäischen PVC-Hersteller weder Gewinne noch Verluste. Im dritten Quartal 1984 kehrte die Industrie zu Nettoverlusten zurück.

Rationalisierungen und Stillegungen hatten bis zum Jahr 1987 zu einem weitgehenden Abbau der Überkapazitäten geführt, und zumindestens im Jahr 1988 konnten die PVC-Hersteller ihre Anlagen voll auslasten und Gewinne erzielen.

5. Nachprüfungen der Kommission

(6) Der Verdacht einer Zuwiderhandlung kam zum ersten Mal während der Nachprüfungen für ein anderes thermoplastisches Produkt Ende 1983 auf. Vom 21. bis 23. November 1983 erfolgten bei ICI und Shell Nachprüfungsbesuche, die insbesondere wegen Vereinbarungen über thermoplastische Erzeugnisse (PVC, Polysterol, HDPE und LDPE) genehmigt worden waren, die Anlaß zu der Vermutung gaben, daß ein Verstoß gegen Artikel 85 vorlag. Daraufhin sah sich die Kommission 1984 gezwungen, eine Entscheidung nach

Artikel 11

Absatz 5 der Verordnung Nr. 17 zu erlassen, in der die ICI aufgefordert wurde, Auskünfte zu Unterlagen zu erteilen, die in ihren Geschäftsräumen gefunden worden waren. Im Januar 1987 führte die Kommission bei Atochem, Enichem und Solvay ohne vorherige Ankündigung Nachprüfungen durch. Weitere Nachprüfungsbesuche fanden Ende 1987 bei Hüls, Wacker und LVM statt. Die Kommission musste mehrere Entscheidungen nach Artikel 11 Absatz 5 erlassen, nachdem zahlreiche Unternehmen die Erteilung von Auskünften ablehnten oder unterließen. In den meisten Fällen hielten die Unternehmen an ihrer ursprünglichen Weigerung fest.

B. Einzelheiten der Zuwiderhandlung 1. Ursprung des Kartells

(7) Die Absprachen, die Gegenstand der vorliegenden Entscheidung sind, gehen auf einen Vorschlag von August 1980 und auf die sich daran anschließenden Gespräche und Konsultationen zurück. Bei ICI wurden zwei Planungsdokumente gefunden, die den Plan für das Kartell enthalten, wobei im ersten Dokument ein neuer "Rahmen" für die Sitzungen vorgeschlagen wird, auf denen ein neues Quotensystem und eine neue Preisfestsetzungsregelung verwaltet werden sollen, und im zweiten Dokument die generell positive Reaktion anderer Hersteller auf den ICI-Vorschlag verzeichnet wird.

Nach den ICI-Vorschlägen sollten eine kleine Planungsgruppe und eine grosse "operationelle Gruppe" der Hersteller zur Verwaltung der Quoten- und Preisregelungen den "neuen Rahmen" (4) für die Sitzungen darstellen.

Die "Planungsgruppe" sollte sich aus "S", "ICI", "W", "H" und "der neuen französischen Gesellschaft" zusammensetzen, und in den grossen Sitzungen sollten diese Hersteller ebenso wie ANIC, BASF, DSM, SAV und PCUK anwesend sein.

ICI lehnte es ab, die Identität der in einem einzigen Schreiben erwähnten Unternehmen zu bestätigen, doch ergab sich aus dem Kontext und aus der Liste der voraussichtlichen Teilnehmer, daß "S" Solvay (damals der grösste PVC-Hersteller), "W" Wacker und "H" aller Wahrscheinlichkeit nach Hüls, der grösste westdeutsche PVC-Hersteller (5) (Hoechst als der einzige andere in Frage kommende Hersteller war nur ein unbedeutender PVC-Produzent), bedeuten. Bei der "neuen französischen Gesellschaft" muß es sich um die Firma Chlö, die 1980 anläßlich der Umstrukturierung der französischen Petrochemieindustrie gegründet und später in Atochem (und nachfolgend Elf Atochem) umbenannt wurde, gehandelt haben.

Anläßlich der vorerwähnten Sitzungen wurden folgende Themen besprochen:

- die prozentualen Marktanteile sowie die zulässigen Abweichungen von den zugewiesenen Quoten;

- Vereinbarungen über den allmonatlichen Austausch der Verkaufsdaten der Hersteller aller Länder;

- die Erreichung einer grösseren Preistransparenz bei einem gemeinsamen europäischen Preis, wobei den Importeuren noch eine Einführungsmarge (von 2 %) eingeräumt werden konnte;

- das System der Preisinitiativen und Maßnahmen für ihren Erfolg, einschließlich Maßnahmen gegen das Abwandern von Kunden (Wechsel zu dem Lieferanten, der den niedrigsten Preis anbietet).

Ein Dokument, das die Antwort der PVC-Hersteller auf die Vorschläge zusammenfasst, dient als Beweis dafür, daß der Plan generell unterstützt wurde und die einzigen Vorbehalte die Möglichkeit einer etwaigen Flexibilität bei den individuellen Quoten, die im ICI-Vorschlag angeschnitten worden war, betrafen.

2. Sitzungen der Hersteller

(8) Nach den Vorschlägen von 1980 fanden die Sitzungen der PVC-Hersteller "ziemlich regelmässig auf verschiedenen Verwaltungsebenen, d. h. ungefähr einmal monatlich," statt (Antwort des ICI aufgrund der Entscheidung vom 30. April 1984 gemäß Artikel 11 Absatz 5).

Diese "inoffiziellen" Sitzungen (wie sie ICI bezeichnet) fanden ausserhalb der offiziellen Chemieindustrie-Verbände wie APME (Association of Polymer Manufacturers in Europe) statt. Die ICI gab selber zu, daß in den Gesprächen Themen wie die Festsetzung von Preisen und Marktanteilen erörtert wurden, obwohl behauptet wird, daß diese Gespräche keine Übernahme von "Verpflichtungen" unter den Herstellern zur Folge hatten.

ICI nennt als Teilnehmer an "mindestens einigen" dieser Sitzungen in der Zeit vom August 1980 bis September 1983 folgende Hersteller:

ANIC (jetzt Enichem),

Atochem (jetzt Elf Atochem),

BASF,

DSM,

Enichem,

Hoechst,

Hüls,

ICI,

Kemanord (eine Abteilung von Kemanobel),

LVM,

Montedison,

Norsk Hydro,

PCUK,

SAV,

Shell,

Solvay,

Wacker.

Nach den Aussagen von ICI wohnten diese Unternehmen öfter als andere den Sitzungen bei. Die Teilnahme an den Sitzungen war nämlich unterschiedlich. Die Kommission versuchte, von diesen Herstellern genauere Auskünfte über ihre Teilnahme an den Sitzungen zu erhalten, doch stritten die meisten von ICI genannten Hersteller entweder jede Kenntnis von den Sitzungen ab oder behaupteten, über keine Einzelheiten zu verfügen.

(9) Shell räumt ein, daß sie 1983 zwei Sitzungen beiwohnte, worüber die Kommission bereits Beweismaterial in Form von Tagebuchaufzeichnungen erlangt hatte, Hoechst gibt offensichtlich die Teilnahme an inoffiziellen Sitzungen mit Konkurrenten zu, behauptet aber, nie in wettbewerbsbeschränkende Erörterungen verwickelt gewesen zu sein. Andere Hersteller, die zuerst in ihrer Antwort auf Entscheidungen gemäß Artikel 11 geltend machten, sich an Sitzungen nicht erinnern zu können oder nichts von ihnen zu wissen, geben inzwischen zu, daß sie Sitzungen beigewohnt haben, doch behaupten sie - wie Hoechst -, daß der Gegenstand dieser Sitzungen harmlos war. BASF bestätigte jedoch in ihrer Antwort auf eine Entscheidung gemäß Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr. 17 die Teilnahme praktisch aller von ICI genannten Unternehmen an den Sitzungen:

ANIC,

Atochem,

BASF,

Enichem,

Hoechst,

Hüls,

ICI,

LVM,

Montedison,

Norsk Hydro,

Shell,

Solvay,

Wacker.

Die einzigen Hersteller, deren Teilnahme an den Sitzungen von BASF nicht bestätigt wurde, waren DSM und SAV (diese Unternehmen legten ihre PVC-Anteile Anfang 1983 in ihrem bereits betroffenen VCM-Joint-venture LVM zusammen, das von BASF genannt wurde) (6).

Trotz umfassender und anhaltender Auskunftsverlangen durch die Kommission war es nicht möglich, von den Herstellern Berichte oder Protokolle über irgendeine dieser regelmässigen Sitzungen zu erhalten.

Preisinitiativen der Industrie sind häufig in Geschäftsunterlagen der Hersteller beschrieben (Randziffern 17 bis 22). Aufgrund der bei mehreren Unternehmen gefundenen Unterlagen über einen Quoten- und Informationsaustausch (Randziffern 11 bis 13) gelangt die Kommission zu dem Schluß, daß anläßlich der Sitzungen solche Themen erörtert wurden, die in dem bei ICI gefundenen Plan 1980 stehen.

3. Quotenregelungen

(10) Das bei ICI gefundene Planungsdokument von 1980 zeigt, daß der Vorschlag, künftig mengenmässige Quoten auf "betrieblicher" und nicht wie früher auf "nationaler" Basis festzulegen, von den Herstellern stark unterstützt wurde. Ebenso wurde der Vorschlag unterstützt, die prozentualen Quoten auf der Grundlage der von den Herstellern 1979 erreichten Marktanteile festzulegen, wobei "Anomalien" noch berichtigt werden mussten.

Die Hersteller vertraten die Auffassung, daß ein derartiges System nur dann realistisch und durchführbar wäre, wenn man sich auf eine Regelung für die Schaffung neuer Kapazitäten und die Wiederinbetriebnahme von Produktionsanlagen nach einer vorübergehenden Stillegung einigen würde.

Obwohl alle Hersteller bestreiten, daß eine neue Quotenregelung eingeführt wurde, werden sie durch das Beweismaterial widerlegt.

In einem ICI-Vermerk einer vom damaligen Geschäftsführer der Montedison-Petrochimie am 15. April 1981 empfangenen Botschaft heisst es: "ICI könnte z.B. bis Ende 1981 eine neue PVC-Kapazität in Deutschland haben und hätte seit Januar 1981 eine Quotenerhöhung von 30 KT verlangen können." (ICI plante den Bau einer neuen Anlage in Wilhelmshaven und die Stillegung älterer Kapazitäten an einem anderen Ort.)

(11) Es steht fest, daß die Hersteller versuchten, die Quotenregelung 1981 durch eine Ausgleichsregelung zu verstärken, um die Hersteller, die ihre Quoten überschritten, zu bestrafen, und den Herstellern, die ihre Quote nicht erreichten, einen Ausgleich zu verschaffen. (Die Einführung einer Ausgleichsregelung war bereits im Planungsdokument von 1980 vorgesehen.)

Nach einer späteren ICI-Aufzeichnung unter dem Titel "Sharing the Pain" (in der es hauptsächlich über die mit Shell geführten Gespräche über eine ähnliche Regelung für Polypropylen geht) waren die PVC-Hersteller "in der Lage, mit vereinbarten Marktteilen für 1981 zu arbeiten". Die PVC-Ausgleichsregelung (so heisst es weiter) "ließ jedoch nur Berichtigungen zu, wenn die Verkäufe eines Unternehmens oder einer Unternehmensgruppe weniger als 95 % der Zielmenge erreichten. Dies ermöglichte den Gesellschaften, ihren Marktanteil ungestraft zu überschreiten . . .". Die Ablehnung des "Sharing the Pain"-Dokuments durch die Hersteller als unzuverlässig bzw. spekulativ muß vor dem Hintergrund der (bei einem spanischen Hersteller gefundenen) ICI-Unterlagen gesehen werden, worin die Existenz einer solchen Regelung im Jahr 1981 bestätigt wird. In diesem Dokument wird eine Ausgleichsregelung für LDPE vorgeschlagen, "sehr ähnlich einer Regelung, die unlängst von den PVC-Herstellern eingeführt und für die Hälfte der Mai- und Juni-Verkäufe wirksam wurde". Das betreffende Dokument endet mit einem Vergleich zwischen der damals vorgeschlagenen LDPE-Regelung und der "PVC-Vereinbarung". Nur ein PVC-Hersteller (wahrscheinlich Shell) war der PVC-Regelung nicht beigetreten. In dem Vermerk heisst es: "Kann die (LDPE)-Regelung nur mit 2 oder 3 der Hersteller funktionieren? An der PVC-Regelung ist nur ein Hersteller nicht beteiligt."

Das Bestehen einer Ausgleichsregelung wird ausserdem durch eine bei DSM gefundene Unterlage bestätigt, in der jedoch zu verstehen gegeben wird, daß einige Hersteller absichtlich geringere Verkäufe angegeben haben, damit ihnen Ausgleichslieferungen erspart blieben. Industriestatistiken lassen eine offensichtliche, aber unwahrscheinliche Zunahme der PVC-Verkäufe von 12 % im ersten Halbjahr 1982 gegenüber demselben Zeitraum im Jahr 1981 erkennen. DSM bemerkt: "Eine Erklärung könnte in falschen Angaben über die Verkäufe im ersten Halbjahr 1981 (Ausgleich!) gefunden werden. Dieser Punkt wird untersucht werden".

Die Annahme, daß einige Hersteller falsche Angaben gemacht haben, ändert nichts an der bewiesenen Tatsache, daß die Ausgleichsregelung funktioniert hat, wenn auch nur während einer begrenzten Zeit.

(12) Eine Absatzkontrolle bestand mindestens bis 1984, also auch noch nach den von der Kommission vorgenommenen Nachprüfungen auf dem Polypropylenmarkt Ende 1983.

Ein (in englischer Sprache abgefasstes) Dokument mit dem Titel "PVC-erstes Quartal", das 1984 betraf, wurde im Januar 1987 bei Atochem (wie Elf Atochem damals hieß) entdeckt. Darin werden die genauen monatlichen Verkäufe der einzelnen PVC-Hersteller für jeden der ersten vier Monate des Jahres aufgeführt und die im ersten Quartal 1984 erreichten prozentualen Marktanteile jeden Herstellers mit einem angestrebten Marktanteil, (englisch: target) "% T", verglichen.

Die tatsächlichen Januar- und Februar- Verkäufe stehen unter der Rubrik "endgültig", während die März- und April-Verkäufe unter der Rubrik "Q" stehen. Offenbar sind in einigen Fällen die Verkaufszahlen "endgültige" und "sofortige" Angaben, die der betreffende Hersteller an das Fides-Informationssystem weitergibt. Das Fides-System ist ein statistischer Dienst für die Industrie, der von einem Buchhaltungsunternehmen mit Sitz in Zuerich betrieben wird. Die Hersteller, die Mitglieder dieses Systems sind, liefern ihre Einzeldaten an eine Zentralstelle, die sämtliche Informationen sammelt und für den gesamten westeuropäischen Markt umfassende, anonyme Statistiken erstellt. Aus diesen globalen Statistiken kann jeder Hersteller seinen eigenen Marktanteil, nicht aber den der Konkurrenten ablesen. Das System sieht Garantien in bezug auf die Vertraulichkeit der Informationen vor, hindert aber die Wettbewerber nicht daran, Informationen in irgendeiner anderen Form untereinander auszutauschen. Die klare Vermutung, die sich aus dem bei Atochem gefundenen Dokument ergibt, besagt, daß die darin genannten Hersteller ihre Verkaufszahlen ausserhalb des Fides-Systems untereinander ausgetauscht haben, um die Durchführung der Quotenregelung zu kontrollieren. Nur für ICI und Shell werden "abgerundete" Zahlen angegeben.

(13) Die genannten Unternehmen sind Atochem, BASF, Enichem, Hüls, ICI, Kemanord, LVM, Norsk Hydro, Pekema, Shell, Solvay und Wacker, also alle westeuropäischen PVC-Hersteller im relevanten Zeitraum (Montedison hatte den Sektor im März 1983 verlassen).

Ein Vergleich ihrer "Zielmengen" und ihrer tatsächlichen Marktanteile im ersten Quartal 1984 fällt wie folgt aus:

"" ID="1">BASF> ID="2">24,1> ID="3">23,9 "> ID="1">Hoechst"> ID="1">Hüls"> ID="1">Wacker"> ID="1">Atochem> ID="2">11,7> ID="3">12,1 "> ID="1">Enichem> ID="2">13,9> ID="3">14,9 "> ID="1">ICI> ID="2">11,4> ID="3">11,0 "> ID="1">Kemanord> ID="2">3,1> ID="3">2,9 "> ID="1">LVM> ID="2">7,1> ID="3">7,0 "> ID="1">Norsk Hydro> ID="2">5,6> ID="3">5+"> ID="1">Pekema> ID="2">1,4> ID="3">1,3 "> ID="1">Shell> ID="2">6,3> ID="3">7,1 "> ID="1">Solvay> ID="2">15,4> ID="3">14,8 "> ID="2">100,0> ID="3">100,0 ">

(14) Die Kommission versuchte, die Fides-Angaben sämtlicher Hersteller zu erhalten, um zu überprüfen,

a) ob die Verkaufsangaben für jeden Hersteller im Atochem-Dokument richtig sind;

b) in welchem Umfang die Marktanteile des Jahres 1984 mit den im Atochem-Dokument genannten Zielmengen übereinstimmen.

Mehrere Hersteller behaupteten, daß für 1984 keine statistischen Unterlagen mehr vorlägen. In einigen Fällen war es aber dennoch möglich, Daten zu erhalten, und es ist bezeichnend, daß die meisten monatlichen Verkaufsangaben in dem bei Atochem gefundenen Dokument mit den angeblich vertraulichen Fides-Meldungen des betreffenden Unternehmens (nämlich Solvay, Kemanord, Pekema) (auf die Tonne genau) übereinstimmen. Bei den vier deutschen Herstellern weichen die Verkäufe (die die Kommission durch Fides und aufgrund von Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 in Erfahrung gebracht hat) im ersten Quartal 1984 nur um wenige Tonnen von den Angaben im Atochem-Dokument ab, und dasselbe gilt für LVM.

Die Kommission konnte ebenfalls feststellen, daß die von jedem Hersteller im Jahr 1984 erlangten Marktanteile mit den prozentualen "Zielmengen" in diesem Dokument übereinstimmen.

So entsprach Solvays tatsächlicher Marktanteil von 14,8 % im Jahr 1984 genau der in diesem Dokument angegebenen Zielmenge. In ähnlicher Weise beendeten die vier deutschen Hersteller zusammen das Jahr 1984 mit einem Marktanteil von 24 %, verglichen mit der Zielmenge von 23,9 % (7). Auf ICI entfiel im Jahr 1984 ein Marktanteil von 11,1 %, verglichen mit einer Zielmenge von 11 %. (Es ist aufschlußreich, daß in den Geschäftsunterlagen der ICI von 1984 verschiedentlich auf das "Ziel" von 11 % verwiesen wird).

Elf Atochem behauptete, daß es die Bedeutung des Dokumentes nicht kennt und seine Quelle nicht identifizieren kann (Stil und Schriftbild weisen darauf hin, daß es offensichtlich nicht von einem französischen Unternehmen stammte).

Weder Elf Atochem noch irgendein anderer Hersteller waren in der Lage, eine plausible Erklärung abzugeben, die die logische Schlußfolgerung, daß die Abkürzung "% T" "prozentuale Ziele" bedeutet, in Frage gestellt hätte.

4. Überprüfung der Verkäufe auf den nationalen Märkten

(15) Im Planungsdokument von 1980 wurde vorgeschlagen, daß die Hersteller während der Sitzungen auch monatliche Verkaufsdaten austauschen sollten.

Bei Solvay sichergestellte Jahresberichte über den PVC-Sektor zeigen, daß sich die "inländischen" Hersteller auf den wichtigsten nationalen Märkten während des ganzen von dieser Entscheidung erfassten Zeitraums (1980 bis mindestens Ende 1984) gegenseitig über die Mengen unterrichteten, die sie auf jedem Markt abgesetzt hatten.

In bezug auf Italien heisst es in einem Solvay-Bericht ausdrücklich: "Die Aufteilung des nationalen Marktes unter die verschiedenen Hersteller für 1980 wurde auf der Grundlage eines Informationsaustausches mit unserem Kollegen vorgenommen" (im Original französisch).

Solvay behauptete, daß diese Information, mit Ausnahme vielleicht von Italien (wo sie Kontakte zu anderen Herstellern wirklich nicht abstreiten kann), aus offiziell verfügbaren Statistiken und aus von Kunden erhaltenen Auskünften stammt. Diese Behauptung wird jedoch von Shell widerlegt, die erklärte, daß sie in der Zeit von Januar 1982 bis Oktober 1983 "gelegentlich" von Solvay angerufen wurde, "um eine Bestätigung ihrer Schätzungen von Shells Verkaufstonnagen zu erhalten", da Solvay den Vorsitz während der Sitzungen führte. Obwohl eine grobe Schätzung der Marktanteile mit den Methoden, die Solvay behauptet, angewandt zu haben, möglich ist, konnten ziemlich genaue Informationen nur von den einzelnen Herstellern stammen.

(16) Angesichts der Spärlichkeit und des völligen Fehlens von Verkaufsstatistiken bei vielen der genannten Unternehmen, war es schwierig festzustellen, ob die von Solvay vermerkten Verkaufsdaten tatsächlich mit den wirklichen Verkäufen der einzelnen Hersteller übereinstimmen.

Die Kommission konnte sich jedoch davon überzeugen, daß sich Solvays Verkaufsdaten von Hüls und BASF auf dem deutschen Markt mit ihren gegenüber Fides während einiger Jahre gemachten Angaben genau decken.

Für den französischen Markt sind die Solvay-Daten für Shell für die Jahre 1981 bis 1983 im wesentlichen richtig. Die Gesamtverkäufe von LVM in Frankreich in den Jahren 1983 und 1984 werden richtig wiedergegeben, und auch die für Atochem genannten Verkaufszahlen von 1984 sind korrekt (andere Angaben von Atochem zur Überprüfung der Solvay-Zahlen für andere Jahre liegen nicht vor).

Die Solvay-Unterlagen enthalten lediglich die jährlichen Verkaufszahlen für jeden Hersteller, doch ist das bei Atochem gefundene Dokument ein Beweis dafür, daß ein System der monatlichen Kontrolle der Einzelverkäufe (obwohl nicht für jeden nationalen Markt) bestanden hat.

5. Zielpreise und Preisinitiativen

(17) Aus dem Dokument von 1980 ergab sich, daß eine der Hauptaufgaben der geplanten Sitzungen darin bestand, Preisinitiativen genau zu planen und zu koordinieren.

Unter dem Titel "Vorschläge für das Funktionieren dieser Sitzungen" werden dann folgende Punkte genannt:

"- grössere Preistransparenz,

- Rabatt (8) für Importeure (höchstens 2 %?),

- höhere Preise im Vereinigten Königreich und in Italien (Anhebung des Preisniveaus?),

- [ . . . ]

- Einstellung der Kundenabwanderung (9)."

Die erste Preisinitiative wurde für das letzte Quartal 1980 vorgesehen, der eine "Zeit der Festigung" des geregelten Marketing vorausgehen sollte, während der die Lieferanten nur mit solchen Kunden Kontakte unterhalten sollten, die sie während der letzten drei Monate beliefert hatten.

Es wurde eine Sitzung für den 18. September 1980 geplant, um die Mitglieder der Planungsgruppe und der operationellen Gruppe zur geplanten Oktober-Dezember-Preisinitiative zu verpflichten und Vorkehrungen für die Unterstützung durch einige kartellfremde Hersteller zu treffen.

Der PVC-Preis (Suspension) war im Sommer 1980 auf 1 DM/kg gefallen. Im ICI-Planungsdokument wurde der Oktober/November-Preis mit 1,35 DM und der November/Dezember-Preis mit 1,50 DM angegeben.

Die geplante Initiative wurde in die Praxis umgesetzt. Nach einem geschäftsinternen ICI-Bericht vom 12. November 1980 ". . . ist die für den 1. November angekündigte Preiserhöhung darauf angelegt, alle westeuropäischen PVC-Preise (Suspension) auf ein Mindestniveau von 1,50 DM (330 Pfund Sterling/te) anzuheben . . .". Bei Wacker, Solvay und DSM gefundene Dokumente bestätigen, daß die Initiative abgesprochen wurde.

(18) Obwohl in den Berichten vieler Hersteller Angaben über deren Preisvorstellungen fehlen, konnte die Kommission etwa 15 PVC-Preisinitiativen in dem von dieser Entscheidung erfassten Zeitraum feststellen. (Einzelheiten sind in Tabelle 1 dargestellt.)

In der Fachpresse wurde in regelmässigen Abständen von periodisch wiederkehrenden "Initiativen" der Industrie zur Anhebung des europäischen Preises auf ein bestimmtes "Ziel"-Niveau berichtet. In diesen Berichten wurden die herrschenden Marktbedingungen beschrieben und der neue "Ziel"-Preis sowie das Datum, an dem die Erhöhungen wirksam wurden, fast ausnahmslos genannt.

Die Berichte der Fachpresse über einen bestimmten Preisschub oder eine bestimmte Preis- "Initiative" stimmen mit den Angaben in den Unterlagen derjenigen Hersteller überein, für die Preisverzeichnisse vorliegen. Demzufolge wurde von der Industrie ein bestimmtes "Ziel" gesetzt und eine konzertierte Aktion zur Verwirklichung dieses Ziels geplant. (Das "europäische" Ziel wurde immer in DM festgesetzt, während der Gegenwert für jeden nationalen Markt in der jeweiligen Währung berechnet wurde.)

(19) Anläßlich einer Gelegenheit im April 1983 berichtete die Fachpresse, in der manchmal auf Absprachen angespielt wurde, doch direkte Anschuldigungen gewöhnlich unterblieben, tatsächlich von "Gerüchten", wonach eine Sitzung von PVC-Herstellern in Paris stattgefunden hatte, um über Marktdisziplin, Absatzkontrolle und neue Preisziele zu diskutieren (sowohl ICI als auch Shell bestätigten, daß diese Sondersitzung am 2. März 1983 stattgefunden hat).

Einem ICI-Vermerk vom 31. Januar 1983 zufolge waren die "Zielpreise" in Europa in der gesamten Industrie ziemlich gut bekannt und somit "Listenpreise". In dem Vermerk heisst es weiter:

"Es wird generell die Auffassung vertreten, daß diese Listenpreise nicht in einer schwachen Marktsituation verwirklicht werden können . . ., doch hat die Ankündigung eine psychologische Wirkung auf die Abnehmer. Man denke analog hierzu an den Kauf eines Wagens, für den der }Listenpreis' so angesetzt ist, daß der Käufer mit einem Rabatt von 10 bis 15 % zufrieden ist und den Eindruck hat, daß er ein }gutes Geschäft' gemacht hat, während der Hersteller, Vertragshändler immer noch eine angemessene Marge hat."

Der Autor des Vermerks empfiehlt, daß die PVC-Industrie in einem grossen Umkreis Zielpreise ankündigt, die weit über den Preisen liegen, die wahrscheinlich durchgesetzt werden können, z. B. 1,65 DM/kg im März.

Im Anschluß an die Paris-Sitzung vom 2. März 1983 wird tatsächlich eine Preisinitiative in zwei Phasen geplant, um den Preis zunächst auf 1,50 DM/kg und dann auf 1,65 DM/kg anzuheben. Diese Initiative wurde mit grossem Erfolg durchgeführt. In einem Shell-Bericht vom 13. März 1983 heisst es:

"Es ist eine grosse Initiative geplant, um diesen Preisverfall zu bremsen, wobei die Mindestziele für März/April jeweils 1,50 DM/kg und 1,65 DM/kg lauten."

Vom zweiten Quartal 1983 an stiegen die Nachfrage wie auch die Preise ständig mit gesetzten Zielen von 1,80 DM/kg vom 1. September und 1,90 DM/kg vom 1. November.

(20) Die internen Preisanweisungen, die von mehreren Unternehmen (DSM, ICI, LVM, Shell, Wacker) erhalten werden konnten, bestätigten tendenziell, daß die Preisinitiativen eine industrieweite konzertierte Praxis waren, wobei Hersteller dieselben Preisziele für denselben Tag einführten und häufig von geplanten "unterstützenden" Preiserhöhungen oder "Industrieinitiativen" gesprochen wurde.

In den vorliegenden Preisinstruktionen und internen Unterlagen der Hersteller wird für die Verkaufsbüros häufig die Notwendigkeit hervorgehoben, bei der Unterstützung einer bestimmten Preisinitiative Festigkeit zu zeigen. Hierzu zählen sowohl Maßnahmen wie die Beschränkung der Verkäufe auf Stammkunden, um ein "Abwandern" der Kunden zu vermeiden, die Einräumung eines Nachlasses auf den neuen Listenpreis nur mit Zustimmung der Hauptgeschäftsstelle als auch die Bereitschaft, ein Geschäft lieber abzulehnen als die Preise zu unterlaufen.

Die Kommission forderte die Unternehmen im vorliegenden Fall auf, alle Unterlagen vorzulegen, aus denen die internen Preisvorstellungen, die Preislisten oder Preisanweisungen an die nationalen Verkaufsabteilungen ersichtlich werden. Mit Ausnahme der obenerwähnten Unternehmen (bei denen Unterlagen während der Nachprüfungen vor Ort sichergestellt wurden) behaupteten die Unternehmen, daß derartige Unterlagen routinemässig vernichtet wurden oder daß es solche nie gegeben habe, da alle Preisanweisungen telefonisch erteilt worden seien. Andere wiederum behaupteten, daß alle Preisbeschlüsse auf Kundenbasis erfolgten und nie eine allgemeine Politik definiert wurde. Die Kommission glaubt nicht, daß diese Unternehmen in einem so preisanfälligen Sektor keine spezifischen Preisvorstellungen oder keine diesbezueglichen schriftlichen Berichte hatten, zumal manche Hersteller sehr umfangreiche Unterlagen hierüber besassen.

Die Kommission kann daher wegen der fehlenden Preisunterlagen der Hersteller nicht beweisen, daß alle Hersteller gleichzeitig identische Preislisten einführten oder die "europäischen" DM-Ziele anwandten.

Es kann jedoch nachgewiesen werden, daß eines der Hauptziele der Sitzungen, an denen alle Hersteller teilnahmen, darin bestand, Preisziele zu setzen und die Preisinitiativen zu koordinieren.

(21) Die Unternehmen bestreiten zwar nicht, daß industrieweite Preisinitiativen stattgefunden haben. Die meisten behaupten jedoch, daß diese Initiativen Ausdruck spontaner Wettbewerbskräfte waren. Sie schreiben das Phänomen der Preisinitiativen der Wirtschaftstheorie der "barometrischen Preisführung" zu, welche besagt, daß der eine oder andere der grösseren Hersteller einen Preis festsetzt, der sich bei einem vollen Wettbewerb auf jeden Fall entwickeln würde und dann von den anderen befolgt wird, ohne daß es irgendwelcher unzulässiger Verbindungen bedarf.

Um die Überzeugungskraft derartiger Argumente zu akzeptieren, müsste die Kommission das beachtliche Beweismaterial ignorieren, das folgende Punkte betrifft:

i) der ausdrücklich genannte Zweck der in den Planungsdokumenten von 1980 vorgesehenen regelmässigen Sitzungen;

ii) die Teilnahme fast aller PVC-Hersteller an diesen Sitzungen;

iii) die internen Marketing-Berichte der Hersteller, aus denen geschlossen werden kann, daß Preisinitiativen Teil eines abgesprochenen Planes waren.

Angesichts ihrer Teilnahme an den Sitzungen ist es müssig, wenn die Hersteller (wie manche es tun) behaupten, daß sie in Wirtschaftszeitungen von bevorstehenden Preisinitiativen hörten und beschlossen, diese zu unterstützen.

(22) Die Kommission weiß, daß trotz der Bemühungen der Hersteller, eine gemeinsame Preisdisziplin zu gewährleisten, die aufeinander abgesprochenen Preisinitiativen im PVC-Sektor häufig nur gemischten Erfolg hatten und manchmal völlig gescheitert sind.

Die Differenz zwischen den "Listenpreisen" und den geltenden "Marktpreisen" kann auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein. In einigen Fällen tätigten Abnehmer in grossem Umfang Käufe zum alten Preis, um den erwarteten oder angekündigten Preisinitiativen zuvorzukommen. Einige Hersteller wendeten die neuen Listen auf bestimmten einzelstaatlichen Märkten unter Umständen verspätet an, andere boten ausgewählten Kunden möglicherweise besondere Rabatte oder Preisnachlässe, und wieder andere versuchten vielleicht einen Mittelweg zu finden zwischen einer Aufhebung der Preise auf das Zielniveau und der Beibehaltung ihrer Marktanteile. Niedrige Preise auf einem einzelstaatlichen Markt könnten sich auch negativ auf einen Nachbarmarkt auswirken. So wurden vor allem durch den dramatischen Nachfragerückgang 1981 und 1982 konzentrierte Preisinitiativen erschwert.

Es ist auch zutreffend, daß eine Reihe der an den Sitzungen teilnehmenden Hersteller von anderen Herstellern auf einigen Märkten als "aggressiv" oder "zerstörerisch" bezeichnet wurden. Diese anderen Hersteller betrachteten sich selbst als starke Verteidiger von Preisinitiativen und waren bereit, zur Durchsetzung einer Preiserhöhung Einbussen des Auftragsvolumens hinzunehmen.

Wie aus Tabelle 2 ersichtlich, bestanden die Initiativen häufig in einer Erhöhung der Preise. Den Kunden wurden gewöhnlich bekannte "Ziel"- oder "Bezugspreise" auf dem Markt mitgeteilt. Obwohl einzelnen Kunden besondere Bedingungen oder Rabatte eingeräumt werden konnten, bedeutete die Festsetzung eines bestimmten Zielpreises unweigerlich, daß die Verhandlungsmöglichkeiten für die Kunden eingeschränkt wurden.

C. Der Nachweis für das Bestehen des Kartells und die Beteiligung der einzelnen Hersteller 1. Die "Hauptbeweise" für das Bestehen des Kartells

(23) Die in diesem Fall vorliegende Zuwiderhandlung zeichnet sich dadurch aus, daß jegliche Entscheidung weitgehend auf durch die Umstände bedingte Beweise gestützt werden muß. Das Bestehen eines eine Zuwiderhandlung gemäß Artikel 85 darstellenden Sachverhalts wird möglicherweise, zumindest teilweise, durch eine logische Ableitung aus anderen bewiesenen Fakten zu belegen sein.

Ausser den durch die Umstände bedingten Nachweisen hat sich die Kommission im vorliegenden Fall jedoch auch wesentliches unmittelbares Beweismaterial in Form von Unterlagen über den betreffenden Sachverhalt beschafft.

Die Frage, ob eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 vorliegt, muß untersucht werden im Hinblick auf (unter anderem):

a) den in dem bei ICI aufgefundenen Plan von 1980 ausführlich erläuterten Vorschlag für einen neuen "Rahmen" für regelmässige Sitzungen zur Preisfestsetzung und Durchführung eines Mengenkontrollsystems (Randziffer 7);

b) die Anwendung gerade eines solchen Systems regelmässiger Sitzungen durch die westeuropäischen PVC-Hersteller (Randziffern 8 und 9);

c) die nachweisliche Teilnahme der in Artikel 1 dieser Entscheidung genannten Unternehmen an den genannten Sitzungen (Randziffern 8 und 9);

d) das Phänomen einheitlicher Industriepreisinitiativen in der Zeit, in der die Unternehmen regelmässig Sitzungen abhielten (Randziffern 17 bis 22);

e) die von einigen Herstellern eingeführten gleichen Zielpreise, die vom selben Tag an wirksam wurden (Randziffer 20);

f) die verschiedenen Hinweise in den bei ICI aufgefundenen bzw. von ICI stammenden Unterlagen auf ein Ausgleichssystem für PVC im Jahr 1981 (Randziffern 10 und 11);

g) die bei Solvay erlangten Unterlagen, aus denen ein Informationsaustausch zwischen den PVC-Herstellern über ihre individuellen Verkäufe auf den einzelnen nationalen Märkten zwischen 1980 und 1984 hervorgeht (Randziffern 15 und 16);

h) das bei Elf Atochem aufgefundene Dokument aus dem Jahr 1984, das für die einzelnen Hersteller prozentuale Zielmengen und einen Vergleich mit den tatsächlichen Ergebnissen enthält (Randziffern 12 und 13).

(24) Während der Verwaltungsverfahren haben die Unternehmen versucht, die einzelnen Beweispunkte getrennt voneinander zu behandeln. Sie behaupten z. B., daß "kein Beweis" dafür vorliege, daß der Plan aus dem Jahr 1980 je durchgeführt wurde, daß nicht nachgewiesen sei, daß es in den Sitzungen um Absprachen ging, daß nicht belegt sei, daß "Preisinitiativen" mit den Sitzungen in Verbindung stuenden. Für jeden einzelnen Beweispunkt werden angeblich plausible Hypothesen angeführt, die (laut Aussage der Unternehmen) mit dem Nichtbestehen eines Kartells oder der Nichtbeteiligung des betreffenden einzelnen Herstellers im Einklang stehen. Meist werden die von den Unternehmen bezueglich eines bestimmten Dokuments angeführten Argumente jedoch nicht einmal durch den Wortlaut des Dokuments selbst unterstützt.

Die Kommission vertritt die Auffassung, daß die direkten und aus den Umständen abgeleiteten Beweise im vorliegenden Fall zusammen zu berücksichtigen sind. Insbesondere kann das System regelmässig stattfindender Sitzungen nicht getrennt von dem 1980 vorgeschlagenen Gesamtplan gesehen werden. Aufgrund der in dem ICI-Plan aus dem Jahr 1980 enthaltenen klaren Aussage über den Zweck der Sitzungen können die Preisinitiativen nicht von deren Bestehen getrennt werden. Unter Berücksichtigung dieser Erwägung verstärken die einzelnen Beweismittel einander hinsichtlich des betreffenden Sachverhalts und führen zu der Schlußfolgerung, daß auf dem PVC-Markt ein Marktaufteilungs- und Preisfestsetzungskartell bestand.

2. Die Beteiligung der einzelnen Hersteller

(25) Die Hauptbeweise für das Bestehen des Kartells sind die Planungsdokumente aus dem Jahr 1980, das nachgewiesene System regelmässiger Sitzungen zwischen angeblichen Wettbewerbern sowie die Unterlagen über Quoten und Ausgleichsregelungen.

Hinsichtlich der praktischen Verwertbarkeit der Beweise ist die Kommission der Auffassung, daß neben dem Hinweis des Bestehens eines Kartells durch überzeugende Beweise auch bewiesen werden muß, daß alle verdächtigen Teilnehmer der gemeinsamen Regelung beigetreten waren. Dies bedeutet jedoch nicht, daß schriftliches Beweismaterial dafür beigebracht werden muß, daß jeder Teilnehmer an allen die Zuwiderhandlung darstellenden Sitzungen usw. teilnahm. Es ist höchst unwahrscheinlich, daß in einem Fall dieser Art der auf Unterlagen gestützte Nachweis für jeden Beteiligten erneut geführt wird. Auch werden die einzelnen Beweisstücke nicht unbedingt alle Teilnehmer an dem Kartell namentlich aufführen. Im vorliegenden Fall war es wegen des Fehlens von Unterlagen über die Preise nicht möglich, die tatsächliche Beteiligung aller Hersteller an abgestimmten Preisinitiativen nachzuweisen. Die Kommission hat deshalb bei den einzelnen verdächtigten Teilnehmern geprüft, ob ausreichend zuverlässige Beweise für ihre Beteiligung an dem Kartell insgesamt vorliegen, anstatt nach Nachweisen für seine Teilnahme an den einzelnen Veranstaltungen zu fahnden.

Im vorliegenden Fall wird mit den Hauptbeweisen nicht nur das Bestehen einer gemeinsamen Regelung nachgewiesen, sondern auch alle Teilnehmer an dem Kartell werden darin aufgeführt. Fast alle Unternehmen wurden in den Unterlagen von 1980 namentlich genannt, und BASF und ICI verwiesen auf die meisten Sitzungsteilnehmer. Bestätigt wird dieses Beweismaterial durch die bei den Untersuchungen im Jahr 1987, insbesondere bei Solvay und Atochem, erlangten Unterlagen. Besonders die bei Atochem aufgefundene Unterlage ist nicht nur ein ausschlaggebendes Beweismittel, sondern mit ihr wird auch die fortgesetzte Beteiligung der von ICI und BASF aufgeführten Unternehmen an dem Kartell bestätigt.

(26) Obwohl ein Kartell im Sinne von Artikel 85 der Zusammenschluß der Teilnehmer zu einem gemeinsamen unerlaubten Zweck ist, so daß die Zuwiderhandlung im wesentlichen in einer gemeinsamen Verhaltensweise besteht, für die die Unternehmen eine gemeinsame Verantwortung zu tragen haben, hat die Kommission auch die von jedem Hersteller gespielte Rolle und die Beweise für die Beteiligung der einzelnen Unternehmen an dem Kartell berücksichtigt. Den einzelnen Herstellern wurden im Laufe des Verwaltungsverfahrens die näheren Angaben mitgeteilt.

Mit Ausnahme von Shell wurden alle in Artikel 1 dieser Entscheidung genannten Unternehmen sowohl von ICI als auch von BASF (10) als Teilnehmer an den Sitzungen identifiziert und in den meisten Fällen auch in dem Planungsdokument von 1980 erwähnt. Shell gibt zu, an zwei Sitzungen im Jahr 1983 teilgenommen zu haben (obwohl aus seinen Geschäftsunterlagen ersichtlich ist, daß das Unternehmen vor diesem Zeitpunkt über die Zielpreise unterrichtet war), und gesteht ein, ab Januar 1982 mit Solvay Erörterungen über die Mengen durchgeführt zu haben. Laut ICI war Shell jedoch der einzige grosse Hersteller, der nicht an dem Ausgleichssystem beteiligt war.

Mit welcher Regelmässigkeit die Hersteller an den Sitzungen teilnahmen, konnte nicht genau ermittelt werden, da die Unternehmen die angeforderten Auskünfte verweigern. Da das Kartell ein über mehrere Jahre dauerndes Unternehmen darstellte, ist die Tatsache, daß einige Mitglieder möglicherweise an einigen Sitzungen nicht oder sogar insgesamt weniger häufig als andere teilnahmen, jedenfalls nicht von praktischer Bedeutung.

Aus dem bei Atochem (wie Elf Atochem damals hieß) aufgefundenen Dokument geht hervor, daß sämtliche Unternehmen - ICI und Shell sind die einzigen wahrscheinlichen Ausnahmen - auch nach Beginn der Untersuchungen durch die Kommission Ende 1983 das Kartell weiter wie vorher betrieben.

Die Tatsache, daß bei den meisten Unternehmen, zu denen 1987 erste Kontakte aufgenommen wurden, keine internen Preisunterlagen aufgefunden wurden, nimmt sie nicht von diesem Aspekt des Kartells aus. Die Kommission erkennt nicht an, daß diese Hersteller den Vertrieb eines derart preisanfälligen Erzeugnisses ohne irgendeine Leitung ihrer Preispolitik durchgeführt haben können. Das Maß an Verantwortung jedes Teilnehmers hängt jedoch nicht von den Unterlagen ab, die zufällig oder auf andere Weise bei dem betreffenden Unternehmen aufgefunden werden, sondern eher von seiner Beteiligung an dem Kartell insgesamt. Die Tatsache, daß die Kommission keine Beweise für das Preisverhalten einiger Unternehmen erlangte, vermindert somit nicht den Umfang ihrer Beteiligung, da sie als Vollmitglieder eines Kartells ausgewiesen wurden, bei dem Preisinitiativen geplant waren.

D. Verfahrensfragen (27) Im Laufe des Verfahrens wurde von mehreren Unternehmen die Ansicht vertreten, die Kommission habe, indem sie ihnen die volle Akteneinsicht verwehrte, Verteidigungsrechte der Unternehmen verletzt.

Der Standpunkt der Kommission zu dieser Frage wurde den beteiligten Unternehmen zusammen mit den Beschwerdepunkten mitgeteilt. Jedes beteiligte Unternehmen erhielt die Unterlagen, auf die sich die Beschwerdepunkte stützten, und ein Auskunftsverlangen entsprechend Artikel 11 der Verordnung Nr. 17. Die Kommission übersandte zudem ein Verzeichnis der vorhandenen Dokumente mit der Angabe, welche davon von den Dokumenten eingesehen werden können. Dabei wurde darauf hingewiesen, daß aus Gründen der Vertraulichkeit die Unternehmen solche internen Geschäftspapiere nicht einsehen dürften, die gemäß Artikel 11 und Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 von Wettbewerbern erlangt wurden, mit Ausnahme derjenigen Dokumente, die den Beschwerdepunkten beigefügt waren. Die Kommission übersandte jedem Unternehmen weitere für die Verteidigung möglicherweise hilfreiche Dokumente.

Nach Ablauf der Frist zur Beantwortung der Beschwerdepunkte trat die Mehrheit der Unternehmen gemeinsam an die Kommission heran und beantragte auf der Basis des gegenseitigen Verzichts auf die Vertraulichkeit, daß die Kommission den Unterzeichnern erlauben sollte, die jeweils von den anderen Unterzeichnern erhaltenen Dokumente einzusehen. Die Kommission ließ die Unternehmen sofort wissen, daß jedes Unternehmen Kopien derjenigen Dokumente besässe, die es der Kommission überlassen hätte, und wenn die Unternehmen der Ansicht seien, daß eine gegenseitige Enthüllung irgendeinen nützlichen Zweck hätte, so hätte die Kommission nichts dagegen einzuwenden, wenn die Unternehmen untereinander einen Austausch von Dokumenten arrangierten.

Hinzu kommt, daß ein Verzicht der Unternehmen auf die Vertraulichkeit ihrer internen Geschäftsunterlagen unter dem Vorbehalt des vorrangigen öffentlichen Interesses steht, das besagt, daß Wettbewerber sich gegenseitig über ihre geschäftlichen Tätigkeiten und Pläne in einer den Wettbewerb zwischen ihnen beschränkenden Weise unterrichten.

Hätte sich ein Dokument ohne Ausschluß der Vertraulichkeit in den Akten der Kommission befunden, das einen Zweifel hinsichtlich des in den Beschwerdepunkten enthaltenen Vorbringens enthielt, dann hätte das Unternehmen, von dem es stammte, zweifellos während des Verwaltungsverfahrens darauf aufmerksam gemacht. Ein solches Dokument ist jedoch nicht zum Vorschein gekommen.

Der Gerichtshof hat mehrfach betont (so z. B. Urteil vom 17. Januar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 43/82 und 63/82 VBVB und VBBB gegen Kommission, Slg. 1984, S. 19, Urteil vom 3. Juli 1991 in der Rechtssache C-62/86 AKZO gegen Kommission, Slg. 1991, S. I-3359), daß keine Vorschrift besteht, die die Kommission verpflichtet, den ganzen Inhalt ihrer Akten den beteiligten Unternehmen zu unterbreiten. Die Verteidigerrechte sind vollständig geschützt, wenn die Unternehmen nun die Möglichkeit zur Einsicht in die Unterlagen gehabt haben, auf die die Kommission ihre Entscheidung stützt. Falls die Kommission eine Entscheidung auf Unterlagen gründen sollte, die den Unternehmen nicht zugänglich waren, könnte die Entscheidung aufgehoben werden. Im vorliegenden Fall hat die Kommission die Anforderungen des Gerichtshofes mehr als erfuellt, indem sie den Unternehmen nicht nur die Unterlagen, auf die sich die Beschwerdepunkte stützen, zugänglich gemacht hat, sondern auch jene, welche als für die Verteidigung hilfreich angesehen wurden. Auf diese Unterlagen haben sich die Unternehmen bezogen, und sie wurden in dieser Entscheidung berücksichtigt.

II. RECHTLICHE WÜRDIGUNG A. Artikel 85 1. Artikel 85 Absatz 1

(28) Nach Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen sowie die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen.

2. Art und Struktur der Vereinbarung

(29) Etwa seit Ende 1980 beteiligten sich die PVC-Hersteller, die die EWG beliefern, an einer Reihe von Absprachen, Vereinbarungen und Maßnahmen, die im Rahmen eines Systems regelmässiger Sitzungen beschlossen wurden.

Bei den Vereinbarungen handelte es sich um:

- die Festsetzung von Zielpreisen;

- die Einzelheiten abgestimmter "Preisinitiativen", mit denen das Preisniveau auf die vereinbarten "Ziele" angehoben werden sollte;

- die Aufteilung der westeuropäischen Märkte nach jährlichen Mengenzielen;

- den Austausch detaillierter Informationen über ihre Marktaktivitäten, um die Koordinierung ihrer wirtschaftlichen Verhaltensweisen zu erleichtern.

(30) Damit eine Beschränkung eine "Vereinbarung" im Sinne von Artikel 85 darstellt, ist es nicht notwendig, daß die Beteiligten sie als rechtlich verbindlich ansehen. Wenn sich die Beteiligten des rechtswidrigen Charakters ihrer Verhaltensweisen bewusst sind, beabsichtigen sie natürlich nicht, ihren Absprachen vertragliche Wirkung zu geben. Eine "Vereinbarung" im Sinne von Artikel 85 liegt vor, wenn sich die Beteiligten über einen Plan verständigen, der ihre wirtschaftliche Handlungsfreiheit dadurch beschränkt oder beschränken kann, daß er die Grundzuege ihres Marktverhaltens bestimmt. Zwangsmaßnahmen wie bei einem zivilrechtlichen Vertrag brauchen nicht vorgesehen zu sein. Ebensowenig ist es erforderlich, daß eine solche Vereinbarung schriftlich festgehalten ist.

Im vorliegenden Fall sind die jahrelang fortgesetzten wettbewerbsbeschränkenden Veränderungen der PVC-Hersteller in ihren wesentlichen Merkmalen auf den Vorschlag von 1980 zurückzuführen, dessen praktische Durchführung sie darstellen.

Nach Auffassung der Kommission bildet die Gesamtheit der von den Herstellern getroffenen Regelungen und Absprachen eine einzige fortdauernde "Vereinbarung", die gemäß Artikel 85 Absatz 1 verboten ist.

(31) Im Rahmen dieses Gesamtplans verständigten sich die Hersteller von Zeit zu Zeit über Preisinitiativen und überprüften möglicherweise das Jahresquotensystem, um es den wirtschaftlichen Veränderungen anzupassen. Ausserdem kann es sein, daß ein bestimmter Hersteller oder eine Gruppe von Herstellern von Zeit zu Zeit in bezug auf den einen oder anderen Aspekt der Vereinbarung Vorbehalte erhob oder in einem spezifischen Punkt unzufrieden war (so drängte z. B. ICI 1981 auf eine Quotenerhöhung). Die Absprache ist indessen weniger als eine Reihe individueller Vereinbarungen mit verschiedenen Herstellern zu betrachten, sondern vielmehr als Durchführung einer fortdauernden umfassenden Vereinbarung mit den gleichen Beteiligten, den gleichen Verfahren und dem gleichen gemeinsamen Ziel, ein Instrument für Mengenkontrollen und Preisabsprachen zu schaffen.

Anders ausgedrückt: Die "Vereinbarung", gegen die die Kommission Einwände erhebt, bezieht sich auf eine fortdauernde Unternehmung oder Partnerschaft zwischen den Herstellern, um den Wettbewerb auf dem PVC-Markt während eines Zeitraums von mehreren Jahren einzuschränken oder zu verfälschen.

Es handelte sich um eine fortdauernde Vereinbarung. Der gemeinsame Charakter dieser Unternehmung wird durch die Möglichkeit, daß einige Hersteller den Sitzungen weniger häufig beiwohnten als andere oder sich mangels entgegenstehender Beweise nicht an allen Preisinitiativen beteiligten, nicht beeinträchtigt.

Entscheidend ist im vorliegenden Fall das lange Zeit andauernde Zusammenwirken der Hersteller in Richtung auf ein gemeinsames gesetzeswidriges Ziel. Jeder Teilnehmer ist nicht nur für seine eigene unmittelbare Rolle, sondern auch für die Durchführung des Kartells insgesamt verantwortlich.

3. Aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen

(32) Die Kommission vertritt daher die Auffassung, daß das Kartell eine "Vereinbarung" im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 darstellte.

Artikel 85

Absatz 1 bezieht sich sowohl auf "Vereinbarungen" als auch auf "aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen", doch gibt es Fälle (insbesondere bei komplexen und langjährigen Kartellen mit zahlreichen Beteiligten), in denen Absprachen Elemente beider Formen der verbotenen Zusammenarbeit enthalten.

Eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise bezieht sich auf eine Form der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, die zwar nicht den Grad einer Vereinbarung im eigentlichen Sinne erreicht hat, aber dennoch bewusst die Risiken des Wettbewerbs ausschaltet und durch eine praktische Zusammenarbeit ersetzt.

(33) Das durch den Vertrag geschaffene getrennte Konzept der aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen soll verhindern, daß Unternehmen sich der Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 entziehen, indem sie in einer wettbewerbswidrigen Weise ohne eine endgültige Vereinbarung absprechen, sich z. B. gegenseitig im voraus über ihr künftiges Verhalten in Kenntnis zu setzen, so daß jeder seine Geschäftspolitik in der Gewißheit regeln kann, daß sich seine Wettbewerber entsprechend verhalten: Urteil des Gerichtshofes vom 14. Juli 1972 in der Rechtssache 48/69 Imperial Chemical Industries Ltd gegen Kommission (Slg. 1972, S. 619).

In seinem Urteil vom 16. Dezember 1975 in den verbundenen Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73 (Slg. 1975, S. 1663) - Suiker Unie und andere gegen Kommission betreffend das Europäische Zuckerkartell - hat der Gerichtshof in Ausweitung der vorstehenden Definition der "aufeinander abgestimmten Verhaltensweise" festgestellt, daß die in seiner Rechtsprechung niedergelegten Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit, die keineswegs die Ausarbeitung eines eigentlichen Plans voraussetzen, im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsregeln des Vertrags zu verstehen sind, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Markt zu betreiben gedenkt. Dieses Selbständigkeitspostulat beseitigt nicht das Recht der Unternehmen, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Mitbewerber mit wachem Sinn anzupassen; es steht jedoch jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen mit dem Zweck oder der Folge entgegen, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potentiellen Mitbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Mitbewerber über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, das man selbst an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht.

Absprachen, die die Voraussetzungen einer Vereinbarung nicht erfuellen, können somit gleichwohl unter Artikel 85 fallen.

(34) Die Definition des Gerichtshofs einer "aufeinander abgestimmen Verhaltensweise" lässt sich besonders gut auf die Beteiligung des Unternehmens Shell anwenden, das mit dem Kartell zusammengearbeitet hat, ohne Vollmitglied zu sein, und so in der Lage war, sein eigenes Marktverhalten aufgrund seiner Kontakte zum Kartell entsprechend anzupassen.

Die Bedeutung des Konzeptes einer aufeinander abgestimmten Verhaltensweise ergibt sich nicht so sehr aus der Unterscheidung zwischen dieser Verhaltensweise und einer Vereinbarung als vielmehr aus der Unterscheidung zwischen den Formen der Absprache, die unter Artikel 85 Absatz 1 fallen, und einem reinen Parallelverhalten ohne jegliches Element einer Absprache. Nichts hängt daher im vorliegenden Fall von der genauen Form ab, die die geheimen Vereinbarungen angenommen haben.

4. Zweck und Auswirkung der Vereinbarung

(35) Artikel 85 Absatz 1 erwähnt als wettbewerbsbeschränkend ausdrücklich Vereinbarungen, mit denen mittelbar und unmittelbar die Verkaufspreise festgesetzt oder die Märkte zwischen den Herstellern aufgeteilt werden. Dies trifft auf die vorliegende Vereinbarung zu.

Eigentlicher Zweck des Systems regelmässiger Sitzungen und der fortdauernden Absprache der Hersteller war es in diesem Fall, Preiserhöhungen durch eine Reihe von Vereinbarungen herbeizuführen und einen dauerhaften Mechanismus zur Kontrolle der Absatzmenge zu schaffen.

Durch die Planung gemeinsamer Maßnahmen in Form von Preisinitiativen mit Zielpreisen ab einem vereinbarten Zeitpunkt zielten die Hersteller darauf ab, die Risiken einer einseitig versuchten Preiserhöhung auszuschalten.

Die Mengenkontrolle zielte zudem darauf ab, künstliche Marktbedingungen zu schaffen, die Preiserhöhungen begünstigen sollten, und war so untrennbar mit den Preisinitiativen verknüpft.

Bei der Verfolgung dieser Ziele ging es den Herstellern um die Regelung des PVC-Marktes in einer Weise, die eine institutionalisierte systematische Zusammenarbeit zwischen den Herstellern an die Stelle des freien Spiels des Wettbewerbs treten ließ und somit wie ein Kartell funktionierte.

(36) Dabei ist sich die Kommission der Lage der Industrie durchaus bewusst, insbesondere daß die PVC-Aktivitäten der meisten Hersteller während eines erheblichen Zeitraums verlustbringend waren und daß mit den Preisinitiativen häufig nur der Rohstoffpreisanstieg ausgeglichen werden sollte.

Dies nimmt der Vereinbarung jedoch nichts von ihrer wettbewerbswidrigen Zielsetzung.

Auch wenn es aufgrund der Wettbewerbsbedingungen in einem bestimmten Produktbereich (z. B. bei einer grossen Anzahl von Lieferanten) für die Hersteller schwierig ist, rentabel zu wirtschaften, so sind Absprachen zwischen den Herstellern zur Anhebung des Preisniveaus nicht geeignet, Abhilfe zu schaffen. Aus dieser Sicht ist das vor allem von Montedison vorgebrachte Argument, soweit Sitzungen stattgefunden hätten, seien diese aus dem Bestreben der Industrie heraus abgehalten worden, einen "fairen Wettbewerb" sicherzustellen (d. h. unrentable Preissenkungen zu verhindern), zurückzuweisen.

Der Umstand, daß solche Preissenkungen möglicherweise stattgefunden haben, kann keinesfalls eine Einschränkung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft rechtfertigen (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Januar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 43/82 und 63/82, VBVB und VBBB/Kommission, Slg. 1984, S. 63 bis 64).

(37) Da die Vereinbarung eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckte, ist es nicht unbedingt notwendig, ihre wettbewerbsbeschränkende Wirkung nachzuweisen.

Angesichts der Tatsache, daß die Kommission über keine Preisinstruktionen von der Mehrheit der Unternehmen verfügt, versucht sie nicht nachzuweisen, daß alle Produzenten sich um gleichmässige und gleichzeitige Listenpreissteigerungen während des in der Entscheidung erfassten Zeitraums bemüht haben. Darüber hinaus bleibt es eine Frage von Spekulation, ob im Fall fehlenden kollusiven Zusammenwirkens die Preise im Langzeitvergleich niedriger gewesen wären.

Die Versicherung einiger Hersteller, ihre Vereinbarungen hätten keinerlei Auswirkungen auf den Wettbewerb gehabt, kann die Kommission nicht akzeptieren.

(38) Ganz abgesehen von dem Erfolg oder Misserfolg irgendwelcher verabredeter Preisinitiativen führten die Hersteller erstens einen Mechanismus zur fortlaufenden Überwachung ihrer individuellen Tätigkeiten im Hinblick auf eine gegenseitig verstandene Solidarität ein.

Zweitens beschränkte die Festsetzung eines europäischen Zielpreisniveaus durch die Industrie die Herausbildung wettbewerbsfähiger Preise im freien Spiel der Marktkräfte. Zeichnet sich aufgrund von Angebot und Nachfrage eine Preiserhöhung ab, so bieten die führenden Hersteller unter normalen Umständen verschiedene Preise an, um den Markt zu testen. Auf dem Markt stabilisieren sich dann gewöhnlich die Preise auf einem angemessenen Niveau.

Wird nur ein einziger Ziel- oder Listenpreis festgesetzt, so kann dieser Mechanismus nur begrenzt oder überhaupt nicht funktionieren. Im vorliegenden Fall wurden die Verhandlungsmöglichkeiten der Abnehmer durch die Festsetzung eines einzigen Listen- oder Bezugspreises beschränkt. Preisnachlässe oder Sonderkonditionen wurden in bezug auf den Listenpreis festgelegt.

Drittens hatten die meisten festgestellten Preisinitiativen zur Folge, daß sich das tatsächliche Preisniveau auf den Zielpreis zubewegte. Auch wenn die Hersteller ihr Ziel nicht ganz erreichten, wurden viele Initiativen als erfolgreich angesehen, weil sie entweder einen Preisverfall aufhielten oder einen beträchtlichen Preisanstieg bewirkten. Es ist fraglich, ob das Preisniveau ohne solche Absprachen langfristig niedriger gewesen wäre. Einerseits wäre es in Anbetracht der Besonderheiten des Marktes aussichtslos, konzertierte Preisinitiativen zu vereinbaren, wenn die Bedingungen für einen Preisanstieg ungünstig gewesen wären.

Andererseits ist es unwahrscheinlich, daß die Hersteller ihre regelmässigen Sitzungen und abgestimmten Preisinitiativen über acht Jahre hinweg fortgeführt hätten, wenn die Vereinbarungen, wie sie behaupten, völlig wirkungslos geblieben wären.

Aus den der Kommission vorliegenden Angaben geht hervor, daß die Quotenregelung keinesfalls nur ein unbestimmter Vorschlag war, der zur Diskussion stand, jedoch nie befolgt wurde. Die Quotenvereinbarungen wurden tatsächlich in die Praxis umgesetzt und einige Zeit lang 1981 durch den Versuch, eine Ausgleichregelung einzuführen, verstärkt. Die Quotenregelung wurde bis mindestens Mai 1984 angewandt.

5. Wirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten

(39) Die Vereinbarung zwischen den PVC-Herstellern war geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft spürbar zu beeinträchtigen.

Die vorliegende Absprache erstreckte sich auf alle Mitgliedstaaten und deckte praktisch den gesamten innergemeinschaftlichen Handel mit diesem wichtigen Industrieerzeugnis ab (11). Die meisten Hersteller verkaufen das Erzeugnis überall in der EG. Wegen des Ungleichgewichts von Angebot und Nachfrage auf den verschiedenen nationalen Märkten besteht zwischen den Mitgliedstaaten ein reger Handel.

Durch die Festsetzung von Zielpreisen wurden mit Sicherheit sowohl die Handelsbedingungen zwischen den Mitgliedstaaten als auch die Auswirkungen der zwischen den Herstellern bestehenden Leistungsunterschiede auf die Preise verzerrt. Vereinbarungen, um einem "Abwandern" von Abnehmern vorzubeugen (beispielsweise "Einfrieren" des Kundenstamms oder Abweisung von Anfragen), bezwecken deutlich, die Herausbildung neuer Geschäftsbeziehungen zu verhindern.

Das von 1980 an angewandte Mengenkontrollsystem beruht offenkundig auf firmenbezogenen "europäischen" Quoten und weniger auf nationalen Quoten. Aber schon das Bestehen solcher Zwänge dürfte den Handlungsspielraum eines Herstellers einengen. Wie aus den Unterlagen der Firma Solvay hervorgeht, tauschten die Hersteller offensichtlich Informationen über die Aufteilung der einzelnen nationalen Märkte durch die Unternehmen, die sich selbst als "nationale" oder "lokale" Hersteller betrachteten.

6. Unternehmensidentität

(40) Die europäische Petrochemie-Industrie einschließlich des PVC-Sektors hat seit 1980 einen grundlegenden Umstrukturierungsprozeß durchlaufen, der von der Kommission unterstützt worden ist.

Die besondere Schwierigkeit für die Anwendung der EWG-Wettbewerbsregeln liegt im vorliegenden Fall in der Frage, ob nach dieser Umstrukturierung ein heute bestehendes Unternehmen für die Beteiligung an dem Kartell eines Rechtsvorgängers haftbar gemacht werden kann.

(41) Die EG-Wettbewerbsregeln betreffen Unternehmen. Dieser Begriff deckt sich nicht mit der Rechtspersönlichkeit im innerstaatlichen Recht. Der Ausdruck "Unternehmen" ist im Vertrag nicht definiert. Er kann sich auf jede Einheit beziehen, die gewerblich tätig ist, und im Fall eines grossen Industriekonzerns gegebenenfalls eine Mutter- oder Tochtergesellschaft oder die von diesem gebildete Einheit betreffen.

In einem Fall, in dem ein Unternehmen einer Neuorganisation unterzogen worden ist, oder seine PVC-Aktivitäten eingestellt hat, besteht die wesentliche Aufgabe darin,

i) die Identität des Unternehmens zu bestimmen, das den Verstoß begangen hat;

ii) festzustellen, ob das Unternehmen in seiner Substanz noch besteht oder aufgelöst worden ist.

Die Frage der Unternehmensidentität ist nach dem Gemeinschaftsrecht zu entscheiden. Die nach innerstaatlichem Gesellschaftsrecht vorgenommenen organisatorischen Veränderungen sind unerheblich.

Es ist somit ohne Belang, daß ein Unternehmen sein PVC-Geschäft verkauft hat; der Käufer kann für die Beteiligung des Verkäufers an dem Kartell nicht haftbar gemacht werden. Besteht das Unternehmen, das den Verstoß begangen hat, allerdings fort, so bleibt es trotz der Übertragung verantwortlich.

Wird dagegen das Unternehmen, das den Verstoß begangen hat, selbst von einem anderen Hersteller übernommen, so kann seine Verantwortlichkeit auf die neue oder fusionierte Einheit übergehen.

Es ist nicht notwendig, dem Erwerber nachzuweisen, daß er das rechtswidrige Verhalten fortgeführt bzw. selbst übernommen hat. Entscheidend ist die wirtschaftliche und funktionelle Kontinuität zwischen dem ursprünglichen Unternehmen, das den Verstoß begangen hat, und dem Unternehmen, mit dem es verschmolzen wurde.

(42) Elf Atochem wurde 1980 als Gemeinschaftsunternehmen, das seinerzeit im Besitz von Elf, CFP und Rhône-Poulenc stand, unter dem Namen Chlö Chimie gegründet. Das Unternehmen änderte am 30. September 1983 seinen Namen in Atochem S.A., als es seine Schwestergesellschaft ATO Chimie und den Hauptanteil der Tätigkeiten von PCUK übernahm.

In den bei ICI aufgefundenen Planungsunterlagen vom August 1980 waren als Beteiligte PCUK und "die neue französische Gesellschaft", was sich eindeutig auf Chlö bezog, aufgeführt. Von Beginn an bestanden zwischen Chlö und ATO Chimie enge Beziehungen, und ihre PVC-Aktivitäten wurden im Rahmen einer wirtschaftlichen Interessenvereinigung unter dem Namen Orgavyl abgestimmt.

Wie ausdrücklich zwischen Chlö, ATO und PCUK bei ihrem Zusammenschluß 1983 vereinbart, bestand die Rechtspersönlichkeit von Chlö und ATO Chimie in der Praxis unter der neuen Firmenbezeichnung "Atochem" fort. Für das EWG-Wettbewerbsrecht geht es jedoch in erster Linie um die funktionelle und wirtschaftliche Kontinuität des Unternehmens und weniger um seine rechtliche Identität.

Die Änderung des Namens in Elf Atochem S.A. im Jahr 1993 hat keinen Einfluß auf das vorliegende Verfahren.

Elf Atochem stellt den Zusammenschluß und die Kontinuität der Wirtschaftsaktivitäten von Chlö und ATO Chimie dar, die auf dem PVC-Sektor schon seit 1980 in der Gestalt von Orgavyl verbunden waren. Elf Atochem ist deshalb für die Beteiligung seiner beiden Gründergesellschaften an dem Kartell in der Zeit vor 1983 haftbar zu machen.

Da Elf Atochem für ATO Chimie, Chlö, Orgavyl verantwortlich ist, sieht die Kommission bei der Festsetzung der Geldbusse gegen Atochem davon ab, dieses Unternehmen auch für PCUK haftbar zu machen.

DSM übertrug Anfang 1983 seine PVC-Aktivitäten auf LVM (einem Joint-venture mit SAV), bestand jedoch selbst als Unternehmen fort. Gleiches gilt für die andere Muttergesellschaft SAV. Die Kommission ist deshalb der Auffassung, daß DSM und SAV für sich genommen für ihre Beteiligung an dem Kartell bis zur Gründung von LVM verantwortlich bleiben.

Der Erwerb des gesamten Aktienkapitals der LVM durch die EMC-Gruppe (die Muttergesellschaft der SAV) im Jahr 1989 hat keinen Einfluß auf das vorliegende Verfahren oder auf die Bezeichnung der LVM als Adressat der vorliegenden Entscheidung.

(43) Enichem stellt einen Zusammenschluß des staatseigenen italienischen Chemiesektors dar, der zuvor unter der Bezeichnung Anic tätig war. Trotz der mehrfachen Neuordnung bestand eine funktionelle und wirtschaftliche Kontinuität zwischen Anic und Enichem. Tatsächlich nahm Enichem nach der Umstrukturierung weiterhin an einem Kartell teil. Enichem trägt daher für die Aktivitäten von Anic die Verantwortung. Der Umstand, daß Enichem 1986 seine PVC-Produktion auf EVC, einem Joint-venture mit ICI, übertrug, ändert nichts an seiner Haftung, da Enichem selbst als Unternehmen fortbesteht.

Die Haftung des Unternehmens ICI bleibt in gleicher Weise von der Übertragung seiner PVC-Aktivitäten auf das Gemeinschaftsunternehmen EVC unberührt.

Auch Montedison besteht als Unternehmen fort und haftet für seine Beteiligung an dem Kartell, bis es sich im März 1983 aus dem PVC-Sektor zurückzog.

7. Die Adressaten der Entscheidung

(44) Obwohl der Begriff des Unternehmens - der Adressat der EG-Wettbewerbsregeln - nicht an das Gesellschaftsrecht gebunden ist, muß zum Zweck der Durchsetzung stets eine Einheit mit Rechtspersönlichkeit ermittelt werden. Das Eintreiben einer Geldbusse nach Artikel 192 EG-Vertrag kann beträchtliche Schwierigkeiten bereiten, wenn die Entscheidung nicht an eine Rechtspersönlichkeit gerichtet wird. Im Falle eines grossen Industriekonzerns werden daher gewöhnlich alle Entscheidungen an die Holding-Gesellschaft des Konzerns oder an die Konzernzentrale gerichtet, obwohl das Unternehmen selbst als eine von der Muttergesellschaft und allen ihren Tochtergesellschaften gebildeten Einheit besteht.

(45) Enichem und Montedison machen geltend, daß der Adressat einer Entscheidung die Gesellschaft innerhalb des Konzerns sein soll, die zu der Zeit für die Thermoplast-Aktivitäten verantwortlich ist. Die Kommission stellt jedoch fest, daß sich in beiden Fällen andere Konzernunternehmen die Verantwortung für den PVC-Absatz teilten. Während beispielsweise Enichem Anic SpA für den PVC-Absatz von Enichem in Italien verantwortlich ist, leitet eine in Zuerich ansässige Gesellschaft, Enichem International S.A., die internationalen Marketingaktivitäten des Unternehmens. In jedem Mitgliedstaat bestehen darüber hinaus entsprechende nationale Tochtergesellschaften von Enichem, die PVC vertreiben. Die Kommission hält es für sachgerecht, diese Entscheidung an die Holding-Gesellschaft zu richten, die an der Spitze der Konzerne Enichem und Montedison steht.

(46) Der Royal-Dutch-Shell-Konzern bereitet allerdings besondere Probleme, da in diesem Konzern eine Vielzahl von Unternehmen zusammengeschlossen sind, in denen die zwei Holding-Gesellschaften des Konzerns, Royal Dutch und Shell, 60 % bzw. 40 % der Anteile halten. Es gibt in diesem Konzern keine einzelne Dachgesellschaft, die als Adressat für eine Entscheidung in Frage käme. Shell International Chemical Company Ltd ( "SICC") ist eine "Dienstleistungs"-Gesellschaft, die für die Koordinierung und strategische Planung im Thermoplast-Sektor des Royal-Dutch-Shell-Konzerns zuständig ist. Obwohl die einzelnen Produktions- und Absatzunternehmen auf dem Chemiesektor in Fragen des Managements allem Anschein nach autonom sind, stellt SICC doch die "Zentrale" der Aktivitäten von Shell auf dem Chemiesektor dar. Im vorliegenden Fall war es das Unternehmen SICC, das mit dem Kartell in Verbindung stand und an den Sitzungen im Jahre 1983 teilnahm. Wegen ihrer Gesamtverantwortung für die Planung und Koordinierung der Tätigkeiten des Shell-Konzerns auf dem Thermoplast-Sektor vertritt die Kommission die Auffassung, daß die Shell International Chemical Company Ltd der richtige Adressat dieser Entscheidung ist.

8. Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates (12)

(47) Einige Hersteller haben vorgetragen, daß die Kommission aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 wegen einer Beteiligung an dem mutmaßlichen Kartell vor Januar 1982, d. h. fünf Jahre vor den Untersuchungen des Jahres 1987, keine Geldbussen verhängen dürfe.

Nach dieser Verordnung gilt für Geldbussen grundsätzlich eine Verjährungsfrist von fünf Jahren, die jedoch verlängert werden kann. Die Verjährung beginnt mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung begangen worden ist. Bei andauernden oder fortgesetzten Zuwiderhandlungen beginnt sie jedoch erst mit dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung beendet wird. Die Verjährung kann durch Maßnahmen unterbrochen werden, welche die Kommission zur Ermittlung der an dem mutmaßlichen Verstoß Beteiligten trifft. Jede Maßnahme der Kommission lässt die Verjährungsfrist neu beginnen.

Das Vorbringen dieser Unternehmen lässt ausdrücklich Bestimmungen der Verordnung ausser acht. In ihrem Vortrag bleibt unberücksichtigt, daß die ersten Ermittlungen der Kommission gegen das mutmaßliche Kartell am 21. November 1983 die Verjährungsfrist nicht nur für die in dieser Zeit aufgesuchten Hersteller, sondern für alle an der mutmaßlichen Zuwiderhandlung Beteiligten unterbrachen.

Hieraus folgt, daß sich nur Unternehmen auf die Verordnung berufen können, die sich schon vor November 1978 nicht mehr an Zuwiderhandlungen beteiligt haben. Da die mutmaßliche Zuwiderhandlung jedoch erst 1980 begann, können die Unternehmen im vorliegenden Fall eine Verjährung nicht geltend machen.

9. Dauer der Verstösse

(48) Obwohl es auf dem PVC-Sektor möglicherweise schon vor dem Vorschlag von 1980 für eine neue Kartellstruktur Absprachen gab, geht die Kommission davon aus, daß die fraglichen Verstösse etwa im August 1980 begannen.

Zu diesem Zeitpunkt wurden die ICI-Vorschläge unterbreitet. Allem Anschein nach wurde das neue Sitzungssystem ungefähr zu dieser Zeit eingeführt.

Der Zeitpunkt, zu dem die einzelnen Hersteller an den Sitzungen teilzunehmen begannen, lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen. Die Mehrzahl von ihnen streitet - trotz des schwerwiegenden Beweismaterials - jegliche Teilnahme an den Sitzungen bzw. jegliche Kenntnis von den Sitzungen ab. Aus der Unterlage von 1980 gehen mit Ausnahme von Hoechst, Montedison, Norsk Hydro und Shell (und natürlich LVM) alle Hersteller hervor, die an der Ausarbeitung des ursprünglichen Plans beteiligt waren. Der Zeitpunkt, zu dem sich diese Hersteller aller Wahrscheinlichkeit. So wird Hoechst bereits in den Unterlagen von Solvay als Teilnehmer bei einem Informationsaustausch über die Marktanteile in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1980 genannt. In gleicher Weise wird Montedison von Beginn an in den Unterlagen über Italien erwähnt. Shell gibt an, nicht vor 1983 an den Sitzungen teilgenommen zu haben, doch geht aus ihren eigenen Unterlagen hervor, daß Shell von den Preisinitiativen wusste und sie 1982 unterstützte. Ausserdem räumt das Unternehmen ein, daß es ab Januar 1982 Kontakte mit Solvay gab. Die Kommission kommt zu dem Schluß, daß Shell nur in begrenztem Umfang an dem Kartell beteiligt war und diesem Kartell vermutlich später beitrat als die übrigen Hersteller. Nach den Angaben von ICI war Shell der einzige Hersteller, der der Ausgleichsvereinbarung im Mai/Juni 1981 nicht angehörte.

LVM nahm ab ihrer Übernahme des PVC-Geschäfts ihrer beiden Muttergesellschaften DSM und SAV im April 1983 an dem Kartell teil.

Einige Hersteller hatten sich bereits aus dem PVC-Sektor zurückgezogen, bevor die Kommission mit ihren Untersuchungen begann. Montedison übertrug Anfang 1983 ihre Tätigkeit auf Enichem, und sowohl DSM als auch SAV waren nach der Übertragung ihres PVC-Geschäfts auf LVM nicht länger unmittelbar beteiligt.

(49) Da von den Herstellern keine Auskünfte vorliegen, lässt sich nicht einmal feststellen, ob die Absprache - in der einen oder anderen Form - überhaupt beendet worden ist.

Das Kartell bestand fort, nachdem die Kommission Ende 1983 ihre ersten Ermittlungen auf dem PVC-Sektor durchführte.

Aus der bei Atochem aufgefundenen Unterlage geht hervor, daß die Absatzkontrolle in Form einer Quotenregelung und der Informationsaustausch noch bis Mai 1984 stattfanden. Alle PVC-Hersteller, die zu der relevanten Zeit auf dem Gebiet tätig waren, wurden als Teilnehmer des Kartells ermittelt. Nur im Fall von Shell und ICI gibt es Hinweise darauf, daß sie ihre aktive Rolle in den Vereinbarungen aufgegeben hatten, doch ihre Mitwirkung an der Quoten- und Mengenvereinbarung zeigte noch während des ganzen Jahres 1984 Wirkung.

Über "Initiativen" mehrerer Hersteller, die gleichzeitig versuchen, die Preise auf ein bestimmtes Niveau anzuheben, wurde zur Zeit der Nachprüfungen im Jahr 1987 noch immer in der Fachpresse berichtet. Obwohl konkrete Beweise für Kartellsitzungen fehlen, ist es durchaus möglich, daß solche Initiativen der Ausdruck einer fortdauernden gegenseitigen Solidarität zwischen den Herstellern waren und nicht spontan entstanden.

Bei der Festsetzung der Geldbussen nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und bei der Beurteilung der Frage, ob eine Abstellungsanordnung nach Artikel 3 angemessen ist, wird die Kommission im Hinblick auf die Dauer der Zuwiderhandlung jedoch eine Unterscheidung machen: Siehe Randziffer 54.

B. Maßnahmen zur Abstellung der festgestellten Verstösse 1. Artikel 3 der Verordnung Nr. 17

(50) Stellt die Kommission einen Verstoß gegen Artikel 85 fest, so kann sie das betreffende Unternehmen gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen.

Alle Unternehmen haben jeglichen Verstoß gegen Artikel 85 in Abrede gestellt. Die meisten bestritten weiterhin - trotz der Schwere des Beweismaterials -, daß in den regelmässigen Sitzungen Wettbewerbsfragen überhaupt behandelt wurden. Andere bestreiten jegliche Kenntnis von den Sitzungen. Während einige Unternehmen der Kommission mitteilten, daß Vorkehrungen getroffen wurden, um zu gewährleisten, daß ihre Vertreter verdächtige Kontakte zu Mitbewerbern unterlassen, ist nicht bekannt, ob die Sitzungen oder zumindest ein gewisser Informationsaustausch zwischen den Unternehmen über Preise und Mengen tatsächlich je aufgehört haben.

Es ist daher angebracht, in jeder Entscheidung die Unternehmen, die noch auf dem PVC-Sektor tätig sind, formell anzufordern, den Verstoß abzustellen und sich in Zukunft von allen Absprachen mit ähnlichen Zielen oder Wirkungen zu enthalten.

2. Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17

(51) Nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 kann die Kommission gegen Unternehmen durch Entscheidung Geldbussen in Höhe von eintausend bis 1 Million ECU oder über diesen Betrag hinaus bis zu 10 % des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen Artikel 85 Absatz 1 verstossen. Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbusse ist neben der Schwere des Verstosses auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.

Die Unternehmen, an die die vorliegende Enscheidung gerichtet ist, haben vorsätzlich gegen Artikel 85 verstossen. Sie errichteten und betrieben wissentlich ein geheimes und institutionalisiertes System regelmässiger Sitzungen zur Festsetzung von Zielpreisen und Zielquoten für ein wichtiges Industrieprodukt. Gegen einige der beteiligten Unternehmen - BASF, Hoechst, ICI - hat die Kommission wegen Absprachen im Chemiesektor bereits Geldbussen festgesetzt (Farbstoff-Entscheidung 69/243/EWG der Kommission) (13).

Die Kommission trägt ebenfalls der Tatsache Rechnung, daß die Mehrzahl der Unternehmen, an die diese Entscheidung gerichtet ist, mindestens noch 6 Monate, nachdem die Kommission im November 1983 mit ihren Nachprüfungen begonnen hatte, an Absprachen beteiligt war. Allem Anschein nach haben sich in dieser Zeit nur Shell und ICI von dem Kartell distanziert.

(52) Bei der allgemeinen Festsetzung der Geldbussen hat die Kommission folgenden Erwägungen Rechnung getragen:

- Preis- und Marktteilungsabsprachen stellen als solche schwere Wettbewerbsbeschränkungen dar;

- PVC ist ein bedeutendes Industrieerzeugnis mit einem Umsatz in Westeuropa von jährlich über 3 Milliarden ECU;

- die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen stellen praktisch den gesamten Markt dar;

- die Absprache wurde in einem System regelmässiger Kartellsitzungen institutionalisiert, in denen der PVC-Markt im einzelnen organisiert wurde.

Mildernd wirkte sich jedoch der Umstand aus, daß die Unternehmen in dem vor dieser Entscheidung erfassten Zeitraum erhebliche Verluste im PVC-Sektor hinnehmen mussten.

Die Kommission berücksichtigt ebenfalls, daß gegen die Mehrheit der Unternehmen wegen ihrer Beteiligung an einem anderen Kartell, das einen längeren Zeitraum als den in dieser Entscheidung erfassten bestand, im Sektor Thermoplastik erhebliche Geldbussen verhängt worden sind.

(53) Bei der Festsetzung der Geldbussen gegen die einzelnen Unternehmen berücksichtigte die Kommission den Grad der Beteiligung jedes Unternehmens und (soweit sich dies beurteilen lässt) die Rolle, die jedes Unternehmen bei den geheimen Vereinbarungen spielte sowie ihre jeweilige Bedeutung auf dem PVC-Markt.

Obwohl es Hinweise dafür gibt, daß ICI und Solvay die treibenden Kräfte in dem Kartell waren, kann die Kommission im vorliegenden Fall nicht mit Bestimmtheit feststellen, welche Unternehmen die Hauptverantwortung für die Zuwiderhandlung tragen.

Wie der Grad der individuellen Beteiligung der bei den Sitzungen anwesenden Hersteller an den Vereinbarungen von ihnen selbst oder von Dritten beurteilt wird, kann nicht als Grundlage für die Feststellung eines wesentlichen Unterschiedes zwischen den Herstellern dienen. Das individuelle Interesse mag manchmal unterschiedlich gewesen sein, doch waren alle Hersteller, die an den Sitzungen teilnahmen, an einer gemeinsamen Unternehmung beteiligt.

Wie bereits erwähnt, unterscheidet die Kommission jedoch zwischen den Vollmitgliedern des Kartells und dem Unternehmen Shell, das nur am Rande beteiligt war. Im Fall von Shell ist es angebracht, eine Geldbusse zu verhängen, die beträchtlich niedriger ist als jene, die für die meisten anderen Hersteller angemessen scheint.

(54) Da keine detaillierten Angaben über die Teilnahme der Hersteller an den Sitzungen vorliegen, lässt sich der genaue Zeitpunkt nicht feststellen, zu dem (mit Ausnahme derjenigen Hersteller, die sich aus dem PVC-Sektor zurückzogen) ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung endete, sofern sie überhaupt beendet wurde.

Berücksichtigt werden allerdings die Hinweise, daß sich Shell vermutlich zu einem späteren Zeitpunkt an dem Kartell beteiligte als die übrigen Hersteller. Montedison war von Anfang an beteiligt, zog sich jedoch Anfang 1983 aus dem Sektor zurück. Die Rolle von DSM und SAV im Kartell wurde von LVM übernommen, als dieses Unternehmen von den beiden erstgenannten als Gemeinschaftsunternehmen Mitte 1983 gegründet wurde.

Bei der Festsetzung der Geldbussen gegen ICI und Shell hat die Kommission ferner berücksichtigt, daß ihre aktive Teilnahme an den Sitzungen und andere direkte Kontakte vermutlich im Oktober 1983 endeten.

Die Geldbussen gegen die verbleibenden Hersteller, die in der bei Elf Atochem aufgefundenen Unterlage genannt sind, sind hingegen auf der Grundlage festzusetzen, daß ihre Beteiligung an dem Kartell noch bis mindestens Mai 1984 andauerte.

C. Das Verfahren vor dem Gerichtshof (55) Am 21. Dezember 1988 hat die Kommission die Entscheidung 89/190/EWG (14) gemäß Artikel 85 EG-Vertrag erlassen, derzufolge vierzehn Unternehmen gegen den Vertrag verstossen haben; sie hat gegen die Adressaten der vorliegenden Entscheidung sowie gegen Solvay und Norsk Hydro Geldbussen festgesetzt. Die Entscheidung wurde den Unternehmen im Februar 1989 notifiziert.

Alle Adressaten dieser Entscheidung mit Ausnahme von Solvay klagten beim Gerichtshof auf Aufhebung der Entscheidung. Am 15. November 1989 überwies der Gerichtshof ihre Klagen an das Gericht Erster Instanz.

Die Nichtigkeitsklage von Norsk Hydro wurde vom Gericht Erster Instanz am 19. Juni 1990 als unzulässig abgewiesen, da sie nicht fristgerecht eingereicht worden war.

Mit seinem Urteil vom 27. Februar 1992 in der Rechtssache BASF und andere gegen die Kommission (Rechtssachen T-79/89, 84/89, 85/89, 86/89, 89/89, 91/89, 92/89, 94/89, 96/89, 98/89, 102/89 und 104/89, Slg. 1992, S. II-315) erklärte das Gericht Erster Instanz die Entscheidung 89/190/EWG für nicht existent.

Am 15. Juni 1994 hob der Gerichtshof in der Rechtssache C-137/92 P das Urteil des Gerichts Erster Instanz auf und annullierte die Entscheidung der Kommission, letztere mit der Begründung, daß die Kommission Artikel 12 ihrer damaligen Geschäftsordnung nicht Folge geleistet hat, demzufolge die Entscheidung in den authentischen Sprachfassungen durch Unterschriften des Präsidenten und des Generalsekretärs bestätigt werden muß.

(56) Gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 (vgl. Randziffer 47) beginnt die Verjährungsfrist nach jeder Maßnahme erneut, wenn die Frist für die Festsetzung von Geldbussen durch eine Maßnahme der Kommission für erste Untersuchungen oder für die Verfahren unterbrochen wird. Die Frist zur Festsetzung einer Geldbusse läuft allerdings an dem Tag endgültig ab, an dem ein der doppelten Verjährungsfrist entsprechender Zeitraum verstrichen ist, ohne daß die Kommission eine Geldbusse festgesetzt hat (d. h. zehn Jahre ab dem Zeitpunkt, zu dem die Zuwiderhandlung beendet worden ist). Dieser Zeitraum ist um die Zeit zu verlängern, in der die Entscheidung der Kommission Gegenstand bei dem Gerichtshof (einschließlich dem Gericht Erster Instanz) anhängiger Verfahren ist. Diese letztgenannte Bestimmung erlaubt es der Kommission, eine Entscheidung erneut zu erlassen, wenn sie (wie in dem vorliegenden Fall) vom Gerichtshof aus Verfahrensgründen für nichtig erklärt wurde (vgl. vierter Wettbewerbsbericht, S. 33).

(57) Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung nennt bestimmte Handlungen der Kommission, die die Verjährung in bezug auf alle an der Zuwiderhandlung Beteiligten unterbrechen, darunter a) schriftliche Auskunftsverlangen oder eine Entscheidung der Kommission, mit der die verlangten Auskünfte angefordert werden, b) Aufträge zur Vornahme von Nachprüfungen oder eine Entscheidung, die Nachprüfungen anordnet, c) Einleitung eines Verfahrens und d) Mitteilung der Beschwerdepunkte. Die Liste ist nicht erschöpfend und a fortiori ist der Erlaß der Entscheidung der Kommission gemäß Artikel 85 vom 21. Dezember 1988 (d. h. innerhalb von fünf Jahren ab dem frühesten Zeitpunkt, zu dem davon auszugehen ist, daß die meisten der Unternehmen die Teilnahme an dem Kartell beendet haben) ebenfalls als eine Handlung anzusehen, die die Verjährung unterbrach. Es ist allerdings nicht einmal erforderlich, diese Auslegung der Verordnung zugrundezulegen, weil - auch wenn die Mitteilung der Beschwerdepunkte (ausdrücklich genannt in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d)) am oder um den 5. April 1988 als letzte Handlung zugrundegelegt wird, die gemäß Artikel 2 die Frist unterbricht, - die Kommission im Hinblick auf alle Adressaten der Entscheidung bis April 1993 zuzueglich des Zeitraums (fünf Jahre und zwei Monate), während dem die Verfahren vor dem Gerichtshof anhängig waren, d. h. bis Juni 1998, Zeit hat, erneut eine Entscheidung zu erlassen.

(58) Im Fall Montedison, die den Sektor (und damit das Kartell) Anfang 1983 verließ, und möglicherweise DSM und SAV, die durch ihr Joint-venture LVM Mitte 1983 im Kartell ersetzt wurden, wurde die Mitteilung der Beschwerdepunkte notifiziert, nachdem gerade fünf Jahre seit ihrer letzten nachgewiesenen Beteiligung verstrichen waren. Dies würde (zumindest im Hinblick auf Montedison) deshalb nicht zu einem Neubeginn der Frist führen. Gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 unterbricht allerdings ein schriftliches Auskunftsersuchen oder eine Entscheidung, die diese Auskunft erfordert, ausdrücklich die Verjährungsfrist. Eine Entscheidung gemäß Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr. 17 war Montedison selbst am 20. November 1987 mitgeteilt worden und ließ die Frist neu beginnen. Der zusätzliche Fünf-Jahres-Zeitraum, der durch diese Entscheidung begründet wurde, lief Ende November 1992 aus; wird dazu aber die Zeit addiert, in der die Verfahren vor dem Gerichtshof anhängig waren, so ist Januar 1998 der letzte Zeitpunkt für einen erneuten Erlaß einer Entscheidung zur Festsetzung von Geldbussen gegen Montedison (und möglicherweise DSM und SAV, wenn nicht aufgrund der Mitteilung der Beschwerdepunkte der Ablauf der Verjährungsfrist im Hinblick auf sie gehemmt war).

(59) Da Solvay nicht beim Gerichtshof auf Nichtigerklärung der Entscheidung geklagt hat und die Klage von Norsk Hydro für unzulässig erklärt wurde, bleibt die Entscheidung 89/190/EWG ihnen gegenüber gültig. Deshalb ist es nicht notwendig, in dieser Entscheidung erneut Geldbussen gegen diese Unternehmen festzusetzen, da die ursprünglich festgesetzten Geldbussen gezahlt werden müssen. Allerdings ist es für die Definition der Zuwiderhandlung, bezueglich der diese Entscheidung erlassen wird, angebracht, Solvay und Norsk Hydro als dabei Beteiligte zu nennen. Was sie anbetrifft, ist Artikel 1 des verfügenden Teils dieser Entscheidung deshalb lediglich von beschreibender Natur; und da sie bereits nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 verpflichtet wurden, die Zuwiderhandlung abzustellen, ist es auch nicht erforderlich, daß Artikel 2 dieser Entscheidung auf sie angewendet wird. Diese Entscheidung ist deshalb nicht an Solvay oder Norsk Hydro gerichtet -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

BASF AG, DSM NV, Elf Atochem SA, Enichem SpA, Hoechst AG, Hüls AG, Imperial Chemical Industries Plc, Limburgse Vinyl Maatschappij NV, Montedison SpA, Société Artésienne de Vinyl SA, Shell International Chemical Co. Ltd und Wacker Chemie GmbH haben gegen Artikel 85 EG-Vertrag verstossen, indem sie (zusammen mit Norsk Hydro AS und Solvay & Cie) an einer Vereinbarung und/oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, die etwa im August 1980 beschlossen wurde und auf deren Grundlage die PVC-Hersteller, die die EG beliefern, an regelmässigen Sitzungen teilnahmen, um Zielpreise und Zielquoten festzusetzen, abgestimmte Initiativen zur Anhebung des Preisniveaus zu planen und die Anwendung der besagten geheimen Vereinbarungen zu kontrollieren.

Artikel 2

Die in Artikel 1 genannten Unternehmen, die nach wie vor auf dem PVC-Sektor in der EG tätig sind, sind verpflichtet (ausser Norsk Hydro und Solvay, die bereits einer bestandskräftigen Abstellungsentscheidung unterliegen), die festgestellte Zuwiderhandlung unverzueglich abzustellen (falls sie dies noch nicht getan haben) und in Zukunft bezueglich ihrer PVC-Geschäfte von allen Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, die dasselbe oder ähnliches bezwecken oder bewirken, Abstand zu nehmen. Dazu gehört der Austausch von Informationen, die normalerweise dem Geschäftsgeheimnis unterliegen und durch die Teilnehmer direkt oder indirekt über Produktion, Absatz, Lagerhaltung, Verkaufspreise, Kosten oder Investitionspläne anderer Hersteller informiert oder aufgrund derer sie in die Lage versetzt werden, die Befolgung ausdrücklicher oder stillschweigender Preis- oder Marktaufteilungsabsprachen innerhalb der Gemeinschaft zu kontrollieren. Ein Verfahren zum Austausch von den PVC-Sektor betreffenden allgemeinen Informationen, dem sich die Hersteller anschließen, muß unter Ausschluß sämtlicher Informationen geführt werden, aus denen sich das Marktverhalten einzelner Hersteller ableiten lässt, insbesondere dürfen die Unternehmen untereinander keine zusätzlichen wettbewerbsrelevanten Informationen austauschen, die ein solches System nicht erfasst.

Artikel 3

Gegen die in dieser Entscheidung genannten Unternehmen werden wegen des in Artikel 1 festgestellten Verstosses folgende Geldbussen festgesetzt:

i) BASF AG: eine Geldbusse von 1 500 000 ECU,

ii) DSM NV: eine Geldbusse von 600 000 ECU,

iii) Elf Atochem SA: eine Geldbusse von 3 200 000 ECU,

iv) Enichem SpA: eine Geldbusse von 2 500 000 ECU,

v) Hoechst AG: eine Geldbusse von 1 500 000 ECU,

vi) Hüls AG: eine Geldbusse von 2 200 000 ECU,

vii) Imperial Chemical Industries Plc: eine Geldbusse von 2 500 000 ECU,

viii) Limburgse Vinyl Maatschappij NV: eine Geldbusse von 750 000 ECU,

ix) Montedison SpA: eine Geldbusse von 1 750 000 ECU,

x) Société Artésienne de Vinyl SA: eine Geldbusse von 400 000 ECU,

xi) Shell International Chemical Company Ltd: eine Geldbusse von 850 000 ECU,

xii) Wacker Chemie GmbH: eine Geldbusse von 1 500 000 ECU.

Artikel 4

Die in Artikel 3 festgesetzten Geldbussen müssen innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt der Zustellung dieser Entscheidung in Ecu auf das folgende Bankkonto der Kommission der Europäischen Gemeinschaften eingezahlt werden:

310-0933000-34

Banque Bruxelles Lambert

Agence Européenne

Rond Point Schuman 5

B-1040 Brüssel.

Nach Ablauf dieser Frist sind automatisch Zinsen zu dem Satz, der am ersten Arbeitstag des Monats, in dem diese Entscheidung erlassen wurde, vom Europäischen Währungsinstitut für seine Ecu-Transaktionen berechnet wird, plus 3,5 Prozentpunkte, d. h. 9,25 % fällig.

Artikel 5

Diese Entscheidung ist gerichtet an:

- BASF AG, Karl-Bosch-Strasse 39, D-67063 Ludwigshafen;

- DSM NV, Het Overloon 1, NL-6411 TE Heerlen;

- Elf Atochem SA, 10 La Défense, Puteaux, Cedex 42, F-92091 Paris La Défense;

- Enichem SpA, Piazza della Repubblica 16, I-20124 Milano;

- Hoechst AG, Brüningstrasse 64, D-65929 Frankfurt am Main;

- Hüls AG, Paul-Baumann-Strasse, D-45772 Marl 1;

- Imperial Chemical Industries plc, 9 Millbank, GB-London SW1P 3JF;

- Limburgse Vinyl Maatschappij NV, Square de Meeus 1, B-1040 Bruxelles;

- Montedison SpA, Via Degli Ariani 1, I-48100 Ravenna;

- Société Artésienne de Vinyl SA, 62 rü Jeanne d'Arc, F-75013 Paris;

- Shell International Chemical Company Ltd, Shell Centre, GB-London SE1 7PG;

- Wacker Chemie GmbH, Hans-Seidel-Platz 4, D-81737 München.

Diese Entscheidung ist gemäß Artikel 192 EG-Vertrag vollstreckbar.

Brüssel, den 27. Juli 1994

Für die Kommission

Karel VAN MIERT

Mitglied der Kommission

(1) ABl. Nr. 13 vom 21. 2. 1962, S. 204/62.

(2) ABl. Nr. 127 vom 20. 8. 1963, S. 2268/63.

(3) Die Entscheidung 89/190/EWG der Kommission (ABl. Nr. L 74 vom 17. 3. 1989, S. 1) in diesem Fall bleibt gegenüber zwei anderen Unternehmen, Norsk Hydro und Solvay, gültig: Siehe Randziffer 55.

(4) Der Hinweis auf einen "neuen" Rahmen für die Sitzungen und anderes Beweismaterial verleiten zu der Annahme, daß bereits vor 1980 irgendein nationales Quotensystem bestand, das aber nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung ist.

(5) Jedenfalls wurden sowohl Hüls als auch Hoechst von ICI und BASF als Sitzungsteilnehmer identifiziert.

(6) Im Jahr 1989 erwarb die EMC-Gruppe, die Muttergesellschaft der SAV, die 50 % Beteiligung von DSM an LVM und wurde Alleineigentümerin.

(7) Neue von Hoechst anläßlich der mündlichen Anhörung (aber ohne Beweismaterial) vorgelegte Zahlen, auf die sich die anderen drei deutschen Hersteller gestützt haben, um ihre Behauptung zu untermauern, daß das bei Atochem gefundene Dokument falsche Angaben über ihre gemeinsamen Verkäufe enthält, sind völlig aus der Luft gegriffen. Sie würden bedeuten, daß Hoechst eine Kapazitätsauslastung von über 105 % hatte, während die Kapazitätsauslastung bei anderen nur 70 % betrug. Eine dritte nach dem Hoechst-Hearing vorgelegte Zahlensammlung liegt näher an den ursprünglich gemäß Artikel 11 gelieferten Informationen. (Es besteht kein Grund, an der Richtigkeit dieser ursprünglich gelieferten Informationen zu zweifeln.)

(8) D. h. ein zulässiger Rabatt vom Listenpreis.

(9) Kundenabwanderung bedeutet, daß Kunden angesichts einer Preiserhöhung ihrer üblichen Lieferanten versuchen, bei anderen Herstellern niedrigere Preise zu erhalten.

(10) Obwohl BASF LVM als Teilnehmer an den Sitzungen aufführte, nannte das Unternehmen dessen Muttergesellschaften DSM und SAV nicht, die beide in dem Plan von 1980 erwähnt werden und von ICI als Teilnehmer namentlich genannt wurden.

(11) Die Aktivitäten des Kartells, die sich auf den Absatz von PVC in Nichtmitgliedstaaten beziehen, werden von dieser Entscheidung nicht erfasst.

(12) ABl. Nr. L 319 vom 29. 11. 1974, S. 1. Hinsichtlich der Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 auf den Zeitraum, während dessen Verfahren bezueglich dieser Verletzung beim Gerichtshof anhängig waren, siehe Randziffern 55-59.

(13) ABl. Nr. L 195 vom 7. 8. 1969, S. 11.

(14) ABl. Nr. L 74 vom 17. 3. 1989, S. 1.

ANHANG

TABELLE 1 PVC: Nachgewiesene Preisinitiativen

"(in DM/kg)"" ID="1">1. November 1980> ID="2">1,00> ID="3">1,50"> ID="1">1. Januar 1981> ID="2">1,50> ID="3">1,75"> ID="1">1. April 1981> ID="2">1,40> ID="3">1,55"> ID="1">1. Juni 1981> ID="2">1,40> ID="3">1,65"> ID="1">1. September 1981> ID="2">1,65> ID="3">1,80"> ID="1">1. Januar 1982> ID="2">1,30> ID="3">1,60"> ID="1">1. Mai 1982> ID="2">1,00> ID="3">1,35"> ID="1">1. Juni 1982> ID="2">1,35> ID="3">1,50"> ID="1">1. September 1982> ID="2">1,35> ID="3">1,50"> ID="1">1. Januar 1983> ID="2">1,40-1,50> ID="3">1,60"> ID="1">1. April 1983> ID="2">1,25-1,35> ID="3">1,60 (min. 1,50)"> ID="1">1. Mai 1983> ID="2">1,50> ID="3">1,75 (min. 1,65)"> ID="1">1. September 1983> ID="2">1,65> ID="3">1,80"> ID="1">1. November 1983> ID="3">1,90"> ID="1">1. Januar 1984> ID="2">1,70> ID="3">1,90-2,00"> ID="1">1. April 1984> ID="2">1,85-1,90> ID="3">2,00"> ID="1">1. Oktober 1984> ID="2">1,55-1,60> ID="3">1,70">

TABELLE 2 PVC: Allgemeiner Gebrauch von Rohren Marktpreise/Zielpreise (Januar 1981 bis Dezember 1984)

DM/kg

Zielpreis Differenz

Quelle: Technon; Dokumente der Hersteller.