31994D0090

94/90/EGKS, EG, Euratom: Beschluß der Kommission vom 8. Februar 1994 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten

Amtsblatt Nr. L 046 vom 18/02/1994 S. 0058 - 0061
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 16 Band 2 S. 0066
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 16 Band 2 S. 0066


BESCHLUSS DER KOMMISSION vom 8. Februar 1994 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten (94/90/EGKS, EG, Euratom)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und insbesondere auf Artikel 162 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

in Erwägung nachstehender Gründe:

Nach der Erklärung zum Recht auf Zugang zu Informationen im Anhang zur Schlussakte des Vertrags über die Europäische Union und den Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Birmingham und Edinburgh über eine bürgernähere Gemeinschaft ist es zweckmässig, gemeinsam mit dem Rat in Form eines Verhaltenskodex Grundsätze festzulegen, die für den Zugang zu den der Kommission und dem Rat vorliegenden Dokumenten gelten.

Diese Grundsätze sind in den Mitteilungen der Kommission vom 5. Mai 1993 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten, die sich im Besitz der Gemeinschaftsorgane befinden, und vom 2. Juni 1993 über die Transparenz in der Gemeinschaft enthalten.

Zur Anwendung dieses Verhaltenskodex müssen besondere Bestimmungen für die Kommission erlassen werden -

BESCHLIESST:

Artikel 1

Der Verhaltenskodex über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten nach Maßgabe des Anhangs wird angenommen.

Artikel 2

Zur Anwendung des Verhaltenskodex nach Artikel 1 werden folgende Maßnahmen erlassen:

1. Anträge auf Zugang zu einem Dokument sind bei den zuständigen Dienststellen der Kommission an deren Amtssitz, bei den Vertretungen der Kommission in den Mitgliedstaaten oder bei den Delegationen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Drittländern schriftlich einzureichen.

2. Der Antragsteller wird innerhalb einer Frist von einem Monat schriftlich vom Generaldirektor oder Dienststellenleiter bzw. dem beauftragten Direktor des Generalsekretariats oder in deren Namen von dem ermächtigten Beamten darüber unterrichtet, ob seinem Antrag stattgegeben wird oder ob die Absicht besteht, ihn abzulehnen. Im letzteren Falle wird dem Antragsteller ausserdem mitgeteilt, daß er binnen eines Monats durch Einreichung eines Zweitantrags beim Generalsekretär der Kommission um Überprüfung dieses Standpunkts ersuchen kann und daß anderenfalls davon ausgegangen wird, daß er seinen Erstantrag zurückgezogen hat.

3. Der Präsident ist befugt, im Benehmen mit dem für den fraglichen Bereich zuständigen Kommissionsmitglied über die Zweitanträge zu entscheiden. Er kann die Ausübung dieser Befugnisse an den Generalsekretär übertragen.

4. Ergeht innerhalb des auf die Einreichung des Antrags folgenden Monats keine Antwort durch einen der in Absatz 2 genannten Beamten, so gilt der Antrag als abgelehnt.

Ergeht innerhalb des auf die Einreichung des Zweitantrags folgenden Monats keine Antwort, so gilt der Antrag als abgelehnt.

5. Für die Ablichtung eines Dokuments von über 30 Seiten auf Papier wird eine Gebühr von 10 ECU zuzueglich 0,036 ECU pro Blatt erhoben. Die Gebühren für andere Informationsträger werden von Fall zu Fall festgelegt, dürfen jedoch einen zumutbaren Betrag nicht überschreiten.

6. Bei der Akteneinsicht an Ort und Stelle müssen die Dienststellen die Wünsche des Antragstellers berücksichtigen. Falls die zuständige Generaldirektion oder Dienststelle nicht über die materiellen Voraussetzungen verfügt, um eine Akteneinsicht an Ort und Stelle zu ermöglichen, findet diese in der Zentralbibliothek der Kommission in Brüssel bzw. Luxemburg oder in den Diensträumen der Vertretungen der Kommission in den Mitgliedstaaten oder der Delegationen der Kommission in den Drittstaaten statt.

Artikel 3

Dieser Beschluß tritt am 15. Februar 1994 in Kraft. Er wird im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht.

Brüssel, den 8. Februar 1994

Für die Kommission

Joao PINHEIRO

Mitglied der Kommission

ANHANG

Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Kommissions- und Ratsdokumenten DIE KOMMISSION UND DER RAT

GESTÜTZT auf die Erklärung zum Recht auf Zugang zu Informationen in der Schlussakte des Vertrages über die Europäische Union, in der hervorgehoben wird, daß die Transparenz des Beschlußverfahrens den demokratischen Charakter der Organe und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verwaltung stärkt,

IN ANBETRACHT der Tatsache, daß in den Schlußfolgerungen der Tagungen des Europäischen Rates in Birmingham und Edinburgh einige Grundsätze für eine bürgernähere Gemeinschaft vorgesehen sind,

EINGEDENK der Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Kopenhagen, in denen der Grundsatz eines möglichst umfassenden Zugangs der Bürger zu Informationen bekräftigt und an die Kommission und den Rat die Aufforderung gerichtet worden ist, rasch die für die Verwirklichung dieses Grundsatzes erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen,

DAVON AUSGEHEND, daß es wünschenswert ist, einvernehmlich Grundsätze für den Zugang zu den Dokumenten der Kommission und des Rates festzulegen, wobei es jedem der beiden Organe obliegt, diese Grundsätze durch spezifische Vorschriften zu verwirklichen,

IN DER ERWAEGUNG, daß die Grundsätze die geltenden Bestimmungen über den Zugang zu den Dossiers, die unmittelbar Personen betreffen, die daran ein spezifisches Interesse haben, nicht berühren,

IN DER ERWAEGUNG, daß bei der Verwirklichung dieser Grundsätze die Bestimmungen über geheimhaltungsbedürftige Informationen voll einzuhalten sind,

IN DER ERWAEGUNG, daß dieser Verhaltenskodex eine Ergänzung ihrer Informations- und Kommunikationspolitik darstellt -

KOMMEN WIE FOLGT ÜBEREIN:

Allgemeiner Grundsatz Die Öffentlichkeit erhält möglichst umfassenden Zugang zu den Dokumenten der Kommission und des Rates.

Der Ausdruck "Dokument" bezeichnet unabhängig vom Datenträger jedes im Besitz der Kommission oder des Rates befindliche Schriftstück mit bereits vorhandenen Informationen.

Bearbeitung der Erstanträge Der Antrag auf Zugang zu einem Dokument ist schriftlich einzureichen und hinreichend präzise zu formulieren; er muß insbesondere Angaben enthalten, aufgrund deren das betreffende Dokument bzw. die betreffenden Dokumente ermittelt werden können.

Gegebenenfalls wird der Antragsteller von dem betreffenden Organ ersucht, seinen Antrag zu präzisieren.

Ist der Urheber des Dokuments, das sich im Besitz eines Organs befindet, eine natürliche oder juristische Person, ein Mitgliedstaat, ein anderes Gemeinschaftsorgan oder eine andere Gemeinschaftsinstitution oder eine sonstige einzelstaatliche oder internationale Organisation, so ist der Antrag direkt an den Urheber des Dokuments zu richten.

Das betreffende Organ führt im Benehmen mit den Antragstellern eine angemessene Lösung herbei, um Mehrfachanträgen und/oder Anträgen, die umfangreiche Dokumente betreffen, stattzugeben.

Der Zugang zu den Dokumenten wird gewährt durch Genehmigung der persönlichen Einsichtnahme oder durch Bereitstellung einer Kopie auf Kosten des Antragstellers, wobei sich die Gebühr in einem vertretbaren Rahmen zu halten hat.

Das betreffende Organ kann vorsehen, daß die Person, die Zugang zu einem Dokument erhält, dieses nicht ohne seine vorherige Genehmigung zu gewerblichen Zwecken vervielfältigen oder durch Direktverkauf in Umlauf bringen darf.

Die zuständigen Dienststellen des betreffenden Organs teilen dem Antragsteller innerhalb einer Frist von einem Monat schriftlich mit, ob seinem Antrag stattgegeben wird oder ob sie die Absicht haben, dem Organ vorzuschlagen, den Antrag abzulehnen.

Bearbeitung der Zweitanträge Beabsichtigen die zuständigen Dienststellen des betreffenden Organs, diesem die Ablehnung des Antrags vorzuschlagen, so setzen sie den Antragsteller davon in Kenntnis und weisen ihn darauf hin, daß er das Organ binnen eines Monats durch Einreichung eines Zweitantrags um Überprüfung dieses Standpunkts ersuchen kann und daß anderenfalls davon ausgegangen wird, daß er seinen Erstantrag zurückgezogen hat.

Beschließt das betreffende Organ, den Zugang zu einem Dokument nach einem Zweitantrag zu verweigern, so ist dieser Beschluß, der binnen eines Monats nach Einreichung des Zweitantrags ergehen muß, dem Antragsteller so bald wie möglich schriftlich mitzuteilen; er ist ordnungsgemäß zu begründen und muß eine Angabe der möglichen Rechtsmittel enthalten. Klageerhebung bzw. Beschwerde beim Bürgerbeauftragten gemäß Artikel 173 bzw. 138e des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft.

Regelung der Ausnahmen Die Organe verweigern den Zugang zu Dokumenten, wenn sich durch deren Verbreitung eine Beeinträchtigung ergeben könnte in bezug auf

- den Schutz des öffentlichen Interesses (öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen, Währungsstabilität, Rechtspflege, Inspektionstätigkeiten);

- den Schutz des einzelnen und der Privatsphäre;

- den Schutz des Geschäfts- und Industriegeheimnisses;

- den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft;

- die Wahrung der Vertraulichkeit, wenn dies von der natürlichen oder juristischen Person, die die Information zur Verfügung gestellt hat, beantragt wurde oder aufgrund der Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, der die Information bereitgestellt hat, erforderlich ist.

Die Organe können ferner den Zugang verweigern, um den Schutz des Interesses des Organs in bezug auf die Geheimhaltung seiner Beratungen zu gewährleisten.

Durchführung Die Kommission und der Rat ergreifen vor dem 1. Januar 1994 jeweils für ihren Zuständigkeitsbereich die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung dieser Grundsätze.

Überprüfung Der Rat und die Kommission kommen überein, daß dieser Verhaltenskodex nach zweijähriger Erfahrung anhand von Berichten, die die Generalsekretäre des Rates und der Kommission erstellen, überprüft wird.