31991D0306

91/306/EWG: Entscheidung der Kommission vom 12. Dezember 1990 über zwei Beihilfevorhaben der deutschen Bundesregierung zugunsten von Schiffswerften, die sich in Schwierigkeiten befinden - C 54/89 (ex NN 27/89, N 140/89) (Nur der deutsche Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 158 vom 22/06/1991 S. 0071 - 0075


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 12. Dezember 1990 über zwei Beihilfevorhaben der deutschen Bundesregierung zugunsten von Schiffswerften, die sich in Schwierigkeiten befinden C 54/89 (ex NN 27/89, N 140/89) (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (91/306/EWG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2 erster Unterabsatz,

nach Aufforderung an die Parteien, ihre Stellungnahmen gemäß diesem Artikel abzugeben,

gestützt auf die Richtlinie 87/167/EWG des Rates vom 26. Januar 1987 über Beihilfen für den Schiffbau (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

I Am 9. März 1988 genehmigte die Kommission gemäß Artikel 4 Absatz 7 der Richtlinie 87/167/EWG ein Entwicklungshilfevorhaben der deutschen Regierung zugunsten von Senegal. Das Vorhaben sah die Gewährung eines Darlehens zu Vorzugskonditionen (100 %-Darlehen über 15 Jahre, ein Jahr Tilgungsaufschub zu 3,375 % Zinsen pro Jahr) für den Ankauf einer Spezialfähre im Auftragswert von 23 Millionen DM vor, die von der Schiffswerft Germersheim gebaut werden sollte.

Gemäß den Angaben in der Anmeldung der deutschen Regierung entsprechen die Beihilfekonditionen einem Subventionsäquivalent im Sinne der ÖCD-Vereinbarung von 33,4 %.

Mit Verbalnote vom 20. März 1989 meldete die deutsche Bundesregierung gemäß Artikel 10 Absatz 2 der Richtlinie 87/167/EWG der Kommission ein vom Land Rheinland-Pfalz zugunsten der Schiffswerft Germersheim beantragtes Beihilfevorhaben des Bundesfinanzministers. Dieses Beihilfevorhaben vom 7. Dezember 1988 bestand aus einer 90 %-Bürgschaft für ein Betriebsdarlehen von 1,8 Millionen DM zugunsten dieser Werft. Es stellte sich heraus, daß dieses Darlehen mit der Fertigstellung eines Kies-Silo-Schiffes für Binnengewässer verbunden war.

Am 9. Mai 1989 meldete die Bundesregierung gemäß dem genannten Artikel der Kommission ein Beihilfevorhaben des Landes Rheinland-Pfalz zugunsten der Schiffswerft Germersheim GmbH im Konkurs an. Diese Beihilfe vom Frühjahr 1989 bestand aus einer 95 %-Bürgschaft für ein Darlehen von 20,7 Millionen DM für die Zwischenfinanzierung des Senegal-Auftrags, die aufgrund der zwischenzeitlich aufgetretenen Schwierigkeiten der Werft erforderlich geworden war.

Die Kommission ersuchte die Regierung daraufhin zu bestätigen, ob sich die Schiffswerft Germersheim tatsächlich in einem Konkursverfahren befand, und die Einzelheiten des Verfahrens sowie die Zukunftsaussichten der Werft nebst einer Aufschlüsselung ihrer Umsatzzahlen für die Jahre 1988 und 1989 zur Ermittlung eines Beihilfeaequivalents darzulegen.

Nachdem die Bundesregierung mit Schreiben vom 25. Juli 1989 die Anmeldung der 95 %-Bürgschaft für das Darlehen von 1,8 Millionen DM zurückgezogen, jedoch keine ausreichenden Informationen über die verschiedenen Bestandteile des Gesamtumsatzes der Werft unterbreitet hatte und diese Informationen auch in der Verbalnote vom 3. August 1989 fehlten, ersuchte die Kommission sie mit Schreiben vom 8. September 1989 erneut um Einzelangaben zu dem Konkursverfahren und dem Anteil der Hochsee-Schiffbautätigkeiten an den Gesamtumsatzzahlen des Unternehmens. Gemäß Verbalnote vom 3. August 1989 war die 95 %-Bürgschaft für das Darlehen von 20,7 Millionen DM als Entwicklungshilfe einzustufen.

Nachdem die Schiffswerft Germersheim am 25. November 1988 das Vergleichsverfahren beantragt hatte, erklärte das Amtsgericht Landau am 17. Januar 1989 den Konkurs des Unternehmens. Ab Frühjahr 1989 wurden offenbar die Anlagen der Werft sowohl von der Schiffswerft Germersheim im Konkurs als auch der neugegründeten Auffanggesellschaft Neue Schiffswerft Germersheim zusammen genutzt.

Mit Telefax vom 24. und 31. Mai 1989 legte ein Wettbewerber eine Beschwerde bei der Kommission ein und beanstandete die Gründung der neuen Gesellschaft durch den Treuhänder der Schiffswerft Germersheim sowie die Rettungsbeihilfe zugunsten der Werft, die nach seinem Dafürhalten nicht im Einklang mit der Verordnung (EWG) Nr. 1101/89 des Rates vom 27. April 1989 über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt (2) stand.

Da in den Verbalnoten der Bundesregierung vom 17. Oktober und 27. November 1989 nicht alle angeforderten Informationen über die Schiffbautätigkeiten des Unternehmens enthalten waren, leitete die Kommission am 4. Januar 1990 mit Schreiben SG(89) D/000014 ein Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag wegen der beiden erwähnten Bürgschaften zugunsten der Unternehmen ein, welche die Produktionsstätten und Anlagen der vormaligen Schiffswerft Germersheim benutzten.

Auf die Veröffentlichung dieses Beschlusses im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (2) gingen weder von einem Mitgliedstaat noch von einer interessierten Partei Stellungnahmen ein.

Mit Verbalnote vom 13. Februar 1990 teilte die Bundesregierung mit, daß die 90 %-Bürgschaft für das Darlehen von 1,8 Millionen DM zur Erfuellung eines Auftrags zum Bau eines Binnengewässer-Schwimmbaggers erteilt und vier Monate nach der Erteilung zurückgenommen worden war. Zu der 95 %-Bürgschaft für das Darlehen von 20,7 Millionen DM wurde erneut festgestellt, daß es sich um Entwicklungshilfe handelte und daß hiermit nicht die von der Hermes-Bürgschaft erfassten Risiken abgesichert werden sollten, die mit Schreiben der Kommission vom 9. März 1988 genehmigt worden war.

Die Verbalnote vom 2. Mai 1990 enthielt eine Aufschlüsselung der Bestandteile der Umsätze der Schiffswerft Germersheim im Konkurs für die Jahre 1988, 1989 und 1990.

II Die Zurücknahme der Anmeldung der 90 %-Bürgschaft für das Darlehen von 1,8 Millionen DM, die während der Bauphase nicht in Anspruch genommen wurde, ändert nichts an der Erwägung, daß diese Fördermaßnahme gemäß Artikel 92 EWG-Vertrag untersucht worden wäre, wenn die Anmeldung vor Erteilung der Bürgschaft erfolgt wäre. Die Zurücknahme ist vielmehr darauf zurückzuführen, daß die Beihilfe ihren Zweck erfuellt hatte. Da die Bürgschaft erforderlich war, um den Fortbestand der Werft in einer Phase erheblicher finanzieller Schwierigkeiten zu gewährleisten, ist sie einer Rettungsbeihilfe gleichzusetzen.

Indem die Bürgschaft für den Bau eines Binnengewässerschiffes erteilt wurde, der in die Definition des Schiffbaus in Artikel 1 der Richtlinie 87/167/EWG nicht einbezogen ist, ist die Beihilfe in Form der Bereitstellung einer 90 %-Bürgschaft für das Darlehen von 1,8 Millionen DM gemäß Artikel 92 EWG-Vertrag zu beurteilen.

Die Erteilung einer 95 %-Bürgschaft für das Darlehen von 20,7 Millionen DM im Jahr 1989 ist anhand der Richtlinie 87/167/EWG und, wenn diese nicht anwendbar ist, ebenfalls gemäß Artikel 92 EWG-Vertrag zu beurteilen. Der allgemeine Grundsatz von Kapitel II dieser Richtlinie besagt, daß unmittelbar auftragsbezogene Beihilfen an Schiffswerften und Schiffseigner sowie sonstige Betriebsbeihilfen an eine Schiffswerft als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gelten können, sofern ihr Beihilfeaequivalent eine als Prozentsatz des Auftragswerts vor Beihilfe ausgedrückte gemeinsame Hoechstgrenze nicht überschreitet.

Gemäß Artikel 4 Absatz 7 der Richtlinie 87/167/EWG unterliegen im Rahmen der Entwicklungshilfe gewährte Beihilfen für den Schiffbau und den Schiffsumbau nicht der Hoechstgrenze und können für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden, wenn sie der diesbezueglichen Begriffsbestimmung der Arbeitsgruppe Nr. 6 der ÖCD in ihrer Vereinbarung über die Auslegung der Artikel 6 bis 8 der Entschließung des ÖCD-Rates vom 3. August 1981 entsprechen. Diese Vereinbarung bezieht sich nur auf Beihilfen, die unter bestimmten Voraussetzungen in Form von Ausfuhrkrediten gewährt werden, jedoch nicht auf die Erteilung von Bürgschaften. Artikel 4 Absatz 7 der Sechsten Richtlinie sieht die Gewährung von Beihilfen zur Senkung des Preises eines Schiffes zugunsten von Entwicklungsländern unter bestimmten Voraussetzungen, jedoch nicht die Gewährung von Rettungsbeihilfen an Werften in der Gemeinschaft vor. Die Kommission hat zwar am 9. März 1988 dem Beihilfeelement in dem Vorzugskredit zur Förderung des Auftrags zum Bau einer Fähre für Senegal zugestimmt, sie kann jedoch Artikel 4 Absatz 7 nicht auf die Erteilung der Bürgschaft anwenden, die als Beihilfe an die Werft einzustufen und gemäß Artikel 4 Absatz 1 und Artikel 5 der Sechsten Richtlinie zu beurteilen ist.

Die Erteilung einer 95 %-Bürgschaft für das Darlehen von 20,7 Millionen DM zur Gewährleistung des Fortbestands der Werft einschließlich der Vollendung des Entwicklungshilfeauftrags während einer Periode finanzieller Schwierigkeiten kann nicht als Entwicklungshilfe im Sinne von Artikel 4 Absatz 7 der Richtlinie 87/167/EWG eingestuft werden. Die von der Kommission genehmigte Entwicklungshilfe zur Förderung des Baus eines Fährschiffs für Senegal bezog sich ausschließlich auf die Kreditkonditionen für dieses Land und nicht auf Produktionsbeihilfen, die der ausführenden Werft zu einem späteren Zeitpunkt gewährt wurden, damit sie den Auftrag vollenden konnte.

Die Kosten zur Finanzierung eines Schiffbauauftrags sind Bestandteil der Herstellungskosten und werden üblicherweise nicht staatlich gefördert. Die Bürgschaft ist somit einer Produktionsbeihilfe gleichzusetzen, die angesichts der finanziellen Schwierigkeiten der Werft erforderlich geworden war. Diese Einschätzung wird dadurch erhärtet, daß die Bürgschaft auf 95 % erhöht werden musste, nachdem keine Bank bereit war, ein nur zu 90 % abgesichertes Darlehen zu gewähren.

Rettungsbeihilfen unterliegen gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie der Beihilfehöchstgrenze für Produktionsbeihilfen, die sich auf 28 % im Jahr 1988 und auf 26 % im Jahr 1989 belief. Die Beihilfeintensität wird als Prozentsatz des Jahresumsatzes ausgedrückt, den der Begünstigte im Schiffbau und im Schiffsumbau erzielt hat. Beihilfen, die im Rahmen der Entwicklungshilfe für den Bau eines Schiffes gewährt werden, fallen jedoch gemäß Artikel 4 Absatz 7 der Sechsten Richtlinie nicht unter die Hoechstgrenze. In der Regel überschreiten sie diese bereits mit ihrem Mindestsubventionsäquivalent. Deshalb werden die laufenden Arbeiten für solche Aufträge nicht in die für sonstige Betriebsbeihilfen im Rahmen der Richtlinie in Betracht kommenden Schiffbauumsätze des Begünstigten einbezogen.

In den Jahren 1988 und 1989, dem Zeitraum der Erteilung der beiden Bürgschaften, setzte sich der Umsatz der Schiffswerft Germersheim wie folgt zusammen:

(in Millionen DM) >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

(1) Auftrag Senegal Mit Ausnahme des Senegal-Auftrags wurde der gesamte Schiffbauumsatz der Werft zum Zeitpunkt der Gewährung der Rettungsbeihilfe mit dem Bau von Binnengewässerschiffen, einer von der Sechsten Richtlinie nicht erfassten Tätigkeit, erzielt. Es ist somit kein Umsatz vorhanden, zu dem die erwähnte Beihilfe gemäß Artikel 5 Absatz 1 in Beziehung gesetzt werden kann. Deshalb kann auch keine Beihilfe in Anwendung jener Richtlinie und somit auch nicht das Subventionsäquivalent der 95 %-Bürgschaft für das Schiffbaudarlehen von 20,7 Millionen DM genehmigt werden.

Angesichts des Fehlens eines Umsatzes, zu dem die genannten Subventionsäquivalente der 90 %-Bürgschaft für das Darlehen von 1,8 Millionen DM und der 95 %-Bürgschaft für das Darlehen von 20,7 Millionen DM in Beziehung gesetzt werden könnten, und damit des Fehlens einer Grundlage für die Genehmigung dieser Beihilfe aufgrund der Sechsten Richtlinie sind diese Beihilfen somit gemäß Artikel 92 EWG-Vertrag zu prüfen.

III Grundlage für die Bewertung der Rettungsbeihilfe zugunsten der Schiffswerft Germersheim sind somit die Bemühungen der Gemeinschaft zur Verringerung der Binnengewässer-Gemeinschaftsflotte. Vor dem Hintergrund des in den vergangenen Jahren in den Binnenschiffahrtswerften vollzogenen Beschäftigungsabbaus wirken sich Rettungsbeihilfen zweifellos wettbewerbsverzerrend aus. Aus der im Frühjahr 1989 eingelegten Beschwerde eines Wettbewerbers geht hervor, daß mit Beihilfevorhaben dieser Art andere Beteiligte in diesem Tätigkeitsbereich beeinträchtigt werden. Deshalb sind sowohl die im Jahr 1988 in Form einer 90 %-Bürgschaft für ein Darlehen von 1,8 Millionen DM Betriebskapital zum Bau eines Binnengewässerschiffes als auch die im Jahr 1989 in Form einer 95 %-Bürgschaft für ein Rettungsdarlehen von 20,7 Millionen DM gewährten Fördermaßnahmen Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag.

Gemäß Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag sind staatliche Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt grundsätzlich nicht vereinbar.

Aufgrund der Rettungsbeihilfe konnte sich die Schiffswerft Germersheim den Folgen der gemeinschaftlichen Bemühungen zur Verringerung der Gemeinschaftsflotte für Binnengewässer entziehen. Die Verordnung (EWG) Nr. 1101/89 des Rates vom 27. April 1989 wurde vor dem Hintergrund offenbarer struktureller Überschußkapazitäten in jedem Sektor des Binnenschiffsgüterverkehrsmarktes erlassen. In einer solchen Lage ist ein spürbarer Abbau des Kapazitätsüberhangs nur über eine Abwrackaktion zu erreichen. Beihilfevorhaben zur Aufrechterhaltung der Kapazitäten zum Bau von Binnengewässerschiffen stehen angesichts des Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage auf diesem Markt im Widerspruch zu dieser Politik. Entwicklungshilfevorhaben könnten eine Ausnahme von diesem Erfordernis darstellen, sofern ein Vorhaben tatsächlich Entwicklungsaufgaben dient und der Fortbestand von Schiffbaukapazitäten als eine begleitende Nutzwirkung gelten kann. Wenn zusätzlich zur Entwicklungshilfe noch Rettungsbeihilfen erforderlich werden, ohne daß eindeutige Aussagen über eine geplante Umstrukturierung vorliegen, kann nur der Schluß gezogen werden, daß eine solche Kumulierung von Beihilfen nicht im gemeinsamen Interesse liegt.

IV Die Beihilfevorhaben zur Sicherung des Fortbestands der Schiffswerft Germersheim kommen für die Anwendung einer der Ausnahmebestimmungen von Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag nicht in Betracht.

Die Region Ludwigshafen/Mannheim, in der sich Germersheim befindet, ist kein Fördergebiet im Rahmen der gemeinschaftlichen Beihilfepolitik. Somit ist Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) nicht anwendbar.

Die Beihilfevorhaben zugunsten der Schiffswerft Germersheim können angesichts des Umfangs der Bauaufträge und des betreffenden Sektors nicht als ein Beitrag zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats angesehen werden. Sonach ist die Ausnahmebestimmung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe b) ebenfalls nicht anwendbar.

Auch die Ausnahmebestimmungen von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) betreffend Beihilfen zur Förderung der Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändern, greifen nicht ein. Die Anmeldungen enthalten keinerlei Hinweise auf geplante Umstrukturierungsmaßnahmen der Werft oder Diversifizierungen in neue Märkte. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß Rettungsbeihilfen, die ausschließlich der Sicherung des Fortbestands auf einem Markt mit erheblichen Überschußkapazitäten dienen, zur gemeinschaftlichen Politik in Widerspruch stehen und deshalb nicht im gemeinsamen Interesse liegen. Gemäß der Ratsverordnung (EWG) Nr. 1101/89 ist die Gemeinschaft gegenwärtig um einen Abbau der Überschußkapazitäten in allen Bereichen des Binnenschiffsgüterverkehrsmarktes bemüht und hat deshalb ein Abwrackprogramm in die Wege geleitet, mit dem der Kapazitätsüberhang in naher Zukunft abgebaut und die Strukturen dieses Marktes bereinigt werden sollen. Beihilfen in diesem Sektor, die nicht im Rahmen einer Umstrukturierung gewährt werden, tragen nicht zum Gemeinschaftsziel des Abbaus überschüssiger Kapazitäten bei und entsprechen deshalb nicht dem gemeinsamen Interesse. Somit sind auch die Ausnahmebestimmungen von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) nicht anwendbar.

Diese ohne vorherige Genehmigung der Kommission gezahlten Beihilfen liegen nicht im gemeinsamen Interesse, sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und sind illegal. Sie sind deshalb vom Begünstigten zurückzufordern. Zur Ermittlung der Höhe der empfangenen Begünstigung hat die Kommission die Übereinkunft zugrunde gelegt, die mit den Mitgliedstaaten auf einer multilateralen Zusammenkunft mit Teilnahme der deutschen Behörden vereinbart wurde. Demnach entspricht das Subventionsäquivalent einer im Schiffbau erteilten Bürgschaft einem Betrag von 10 % des mit der Bürgschaft gesicherten Darlehens. Dieser Wert wurde seither bei allen Beihilfevorhaben zugrunde gelegt, bei denen Bürgschaften übernommen wurden. Die Kommission legt deshalb den Wert der Bürgschaften, die Gegenstand dieser Entscheidung sind, ebenfalls auf 10 % fest - HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beihilfen der deutschen Regierung in Form einer Bürgschaft für 90 % eines Betriebskapitaldarlehens von 1,8 Millionen DM und einer Bürgschaft für 95 % eines Betriebskapitaldarlehens von 20,7 Millionen DM zugunsten der Schiffswerft Germersheim im Konkurs sind gemäß Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, da sie unter Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften von Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag gewährt wurden und die Ausnahmebestimmungen von Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag auf sie nicht anwendbar sind.

Artikel 2

Deutschland hat die in Artikel 1 genannten Beihilfen im Wege der Rückforderung der in den staatlichen Bürgschaften für einen Teil der Finanzmittel zugunsten der Schiffswerft Germersheim enthaltenen Beihilfeelements, d. h. 10 % der 90 %-Bürgschaft für das Darlehen von 1,8 Millionen DM, entsprechend 162 000 DM, und 10 % der 95 %-Bürgschaft für das Darlehen von 20,7 Millionen DM, entsprechend 1 966 500 DM, sowie im Wege der Anordnung der Rücknahme der in Artikel 1 erwähnten, noch wirksamen Bürgschaften rückgängig zu machen.

Artikel 3

Deutschland teilt der Kommission binnen zwei Monaten vom Datum der Bekanntgabe dieser Entscheidung an mit, welche Maßnahmen es zu ihrer Durchführung getroffen hat.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 12. Dezember 1990 Für die Kommission Leon BRITTAN Vizepräsident