31990H0246

90/246/EWG: Empfehlung des Rates vom 28. Mai 1990 zur Durchführung von Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen in den Mitgliedstaaten

Amtsblatt Nr. L 141 vom 02/06/1990 S. 0055 - 0056


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EMPFEHLUNG DES RATES

vom 28. Mai 1990

zur Durchführung von Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen in den Mitgliedstaaten

(90/246/EWG)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN

GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 235,

auf Vorschlag der Kommission (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (2),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (3),

gestützt auf folgende Entschließungen des Rates:

- Entschließung vom 3. November 1986 zum Aktionsprogramm für die kleinen und mittleren Unternehmen (4) und Erklärung zur Lockerung der administrativen Zwänge für Unternehmen,

- Entschließung vom 22. Dezember 1986 über ein Aktionsprogramm zur Förderung des Beschäftigungswachstums (5),

- Entschließung vom 30. Juni 1988 über die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen und die Förderung der Entwicklung von Unternehmen, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen, in der Gemeinschaft (6),

gestützt auf folgende Mitteilungen der Kommission:

- Mitteilung über eine Unternehmenspolitik für die Gemeinschaft,

- Mitteilung über die Verwaltungsvereinfachung in der Gemeinschaft,

- Dritter Bericht über die Verwirklichung der Ziele des Aktionsprogramms der Gemeinschaft für kleine und mittlere Unternehmen,

- Mitteilung über die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verwaltungsvereinfachung zugunsten der Unternehmen in der Gemeinschaft,

in Erwägung nachstehender Gründe:

Auf Gemeinschaftsebene werden Maßnahmen zur Gewährleistung günstiger Rahmenbedingungen für Unternehmen, namentlich zur Vereinfachung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften und zur Lockerung der administrativen Zwänge für Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, getroffen.

Die nationalen, regionalen und lokalen Behörden müssen entsprechend tätig werden.

Der insbesondere auf Gemeinschaftsebene betriebene Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten erleichtert es, einen umfassenden Überblick über die in den einzelnen Mitgliedstaaten durchgeführten Maßnahmen zu gewinnen.

Auf diese Weise wird die Politik der Verwaltungsvereinfachung gestützt und damit der Unternehmergeist angeregt.

Die angestrebte Verwaltungsvereinfachung darf jedoch nicht Freiheiten beschränken, die Existenz der im Hinblick auf mehr Demokratie in der Wirtschaft eingesetzten beratenden Gremien gefährden oder zu einer Verringerung der Rechtssicherheit der die Verwaltungsdienste in Anspruch nehmenden Personen führen.

Es sind bereits grössere Anstrengungen unternommen worden, um Gesetze und sonstige Rechtsvorschriften zu vereinfachen, die Verwaltungen zu modernisieren, Personal auszubilden und die Qualität der Dienstleistungen zu verbessern, doch müssen diese Bemühungen noch intensiviert werden -

EMPFIEHLT DEN MITGLIEDSTAATEN,

1. Programme zur Verwaltungsvereinfachung für Unternehmen durchzuführen, an denen sich alle zuständigen öffentlichen Stellen beteiligen;

2. sicherzustellen, daß sich die genannten Initiativen sowohl auf neue Vorschläge für Rechtsvorschriften als auch auf bestehende Rechts- und Verwaltungsvorschriften, auf die Aufhebung überfluessiger Vorschriften und auf die Anpassung der den wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten nicht mehr entsprechenden Vorschriften beziehen;

3. sich darum zu bemühen sicherzustellen, daß alle Entwürfe von Gesetzen und sonstigen Vorschriften zunächst daraufhin geprüft werden, ob sie notwendig, wirkungsvoll und verständlich sind, soweit davon auszugehen ist, daß diese Entwürfe den Verwaltungsaufwand der Unternehmen erhöhen; dabei sollte in ähnlicher Weise vorgegangen werden wie bei der von der Kommission vorgenommenen Prüfung der Auswirkungen, welche die Gemeinschaftsvorschriften namentlich für kleine und mittlere Unternehmen haben (Folgenabschätzung);

4. folgenden Punkten besondere Aufmerksamkeit zu widmen:

a) Modernisierung der Organisation der Verwaltungseinheiten, insbesondere der mit Unternehmen in Kontakt stehenden Behörden, um die Koordinierung der verschiedenen Einheiten zu verbessern und ihre Leistungs- und Reaktionsfähigkeit zu steigern;

b) Verbesserung der Verfahren durch Standardisierung und zahlenmässige Verringerung der Formblätter und Meldebögen, die in den Bereichen Rechnungswesen, Steuern, soziale Angelegenheiten und Statistik benutzt werden;

c) Einrichtung zentraler Beratungsstellen, die bei sämtlichen Formalitäten im Zusammenhang mit Unternehmensgründungen Beistand leisten;

d) Ersetzung von möglichst vielen förmlichen Genehmigungsverfahren durch Verfahren, bei denen die Zustimmung als erteilt gilt, wenn die zuständigen Behörden innerhalb einer bestimmten Frist nach Eingang eines Antrags keinen Einspruch dagegen erhoben haben;

e) bessere Information für kleine und mittlere Unternehmen, z. B. durch Herausgabe von Leitfäden, Broschüren und Verwaltungsorganisationsplänen;

f) Kodifizierung bzw. Kompilierung der einzelstaatlichen Vorschriften, um sie für Unternehmen leichter verständlich zu machen;

g) nötigenfalls Erarbeitung besonderer vereinfachter administrativer Durchführungsmaßnahmen für die kleinen und mittleren Unternehmen;

5. ein geeignetes Gremium für Konsultationen zwischen den Vertretern der Wirtschaft, einschließlich der kleinen und mittleren Unternehmen, und der Verwaltung zu schaffen oder, soweit es schon vorhanden ist, beizubehalten, um die Vereinfachung der administrativen Verfahren sowie der Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu fördern;

6. bei der Durchführung der obengenannten Empfehlungen die Rechte von Arbeitnehmern und Dritten nicht zu beeinträchtigen;

7. die Kommission über wesentliche Erfolge im Bereich der Verwaltungsvereinfachung sowie über die aufgetretenen Probleme und vorgeschlagenen Initiativen zu unterrichten, damit die Kommission gewährleisten kann, daß alle Mitgliedstaaten über die Entwicklungen und Möglichkeiten in diesem Bereich umfassend informiert sind -

ERSUCHT DIE KOMMISSION,

a) die in dieser Empfehlung enthaltenen Punkte innerhalb ihrer eigenen Strukturen in die Praxis umzusetzen und die Mitgliedstaaten über die wichtigsten Fortschritte zu unterrichten;

b) einen Plan für die Prüfung der Auswirkungen der bestehenden Gemeinschaftsvorschriften vorzulegen und die Bereiche herauszustellen, in denen diese Vorschriften eine besondere Belastung bedeuten;

c) den Zugang der kleinen und mittleren Unternehmen zu den Strukturfonds und zu Forschungs- und Entwicklungsprogrammen der Gemeinschaft sowie zu anderen Gemeinschaftsprogrammen zu erleichtern;

d) Vorkehrungen zu treffen, damit die Vertreter von Unternehmen zu verschiedenen Aspekten des Programms zur Verwaltungsvereinfachung gehört werden;

e) die Folgenabschätzung im Rahmen der Kommission weiter zu verbessern und sie zu veröffentlichen;

f) zu prüfen, inwieweit eine Überschneidung der von Unternehmen bei Ausführung ihrer Tätigkeit in einem anderen Land zu erfuellenden Verwaltungsformalitäten verringert werden kann;

g) regelmässig über Maßnahmen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Verwaltungsvereinfachung Bericht zu erstatten.

Geschehen zu Brüssel am 28. Mai 1990.

Im Namen des Rates

Der Präsident

D. J. O'MALLEY

(1) ABl. Nr. C 189 vom 26. 7. 1989, S. 17, und

ABl. Nr. C 101 vom 21. 4. 1990, S. 8.

(2) ABl. Nr. C 15 vom 22. 1. 1990, S. 363.

(3) ABl. Nr. C 298 vom 27. 11. 1989, S. 53.

(4) ABl. Nr. C 287 vom 14. 11. 1986, S. 1.

(5) ABl. Nr. C 340 vom 31. 12. 1986, S. 2.

(6) ABl. Nr. C 197 vom 27. 7. 1988, S. 6.