31982D0896

82/896/EWG: Entscheidung der Kommission vom 15. Dezember 1982 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 EWG- Vertrag (IV/29.883 - UGEL/BNIC) (Nur der französische Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 379 vom 31/12/1982 S. 0001 - 0018


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 15. Dezember 1982 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/29.883 - UGEL/BNIC) (Nur der französische Text ist verbindlich) (82/896/EWG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 85,

gestützt auf die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962 - Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des EWG-Vertrags - (1), zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Griechenlands, insbesondere auf Artikel 3,

gestützt auf den gemäß Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 von der Union der genossenschaftlichen Einkaufsorganisationen für Lebensmittel, Brüssel, am 11. Juni 1979 bei der Kommission eingereichten Antrag,

gestützt auf den Beschluß der Kommission vom 21. Januar 1982, das Verfahren einzuleiten,

nach Aufforderung der beteiligten Unternehmen gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 in Verbindung mit der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates (2), sich zu den von der Kommission in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten zu äussern,

nach Anhörung de Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I. SACHVERHALT

A. Das Erzeugnis

(1) Cognac ist ein Weinbrand, der in der durch Dekret vom 1. Mai 1909 bestimmten Region Cognac (Frankreich) hergestellt wird. Der in dieser Region hergestellte Weinbrand darf die Ursprungsbezeichnung "Cognac" insoweit führen, als die Rechtsvorschriften über die zu verwendenden Rebsorten und die bei der Weinbereitung, der Destillation, der Reifung und der Vermarktung zu beachtenden Regeln eingehalten werden. Die Reifung darf nur in Kellereien (chai) "Jaune d'Or" erfolgen, womit ein Anspruch auf die durch Gesetz vom 4. August 1929 geschaffenen Begleitscheine "Jaune d'Or" (Bescheinigung über entrichtete oder nicht entrichtete Abgaben) erworben wird.

Der Cognacabsatz betrug 1981 etwa 470 000 hl reinen Alkohols, davon ca. 88 % in Flaschen und 12 % in Fässern. Davon wurden etwa 20 % in Frankreich und 80 % ausserhalb Frankreichs abgesetzt.

In Anhang I werden die Verkäufe des Jahres 1981 nach EG-Ländern im einzelnen aufgeführt. Die Tabelle veranschaulicht, daß die Verkäufe im Gemeinsamen Markt etwa 52 % der gesamten Cognacverkäufe ausmachen ; was den Absatz ausserhalb Frankreichs betrifft, so entfielen auf die Ausfuhren in die neun übrigen Mitgliedstaaten des Gemeinsamen Marktes im Jahre 1981 40 % der Gesamtausfuhren.

B. Das "Bureau National Interprofessionnel du Cognac"

(2) Das "Bureau National Interprofessionnel du Cognac", nachstehend BNIC genannt, geht auf den Erlaß vom 5. Januar 1941 zurück, wonach eine Stelle zur Verteilung von Weinen und Branntweinen aus Cognac geschaffen wird (3). (1) ABl. Nr. 13 vorn 21.2.1962, S. 204/62. (2) ABl. Nr. 127 vom 20.8.1963, S. 2268/63. (3) Journal Officiel de la République française vom 6.1. 1941, S. 105.

Der Text wurde durch mehrere nachfolgende Ministerialerlasse geändert und ergänzt, in denen die Befugnisse und die Zusammensetzung des BNIC festgelegt wurden. Die Funktionsweise des BNIC wird in der durch Erlaß vom 2. August 1978 genehmigten Geschäftsordnung dieses Büros geregelt.

(3) Die Aufgabe des BNIC gemäß dem Erlaß vom 9. Juli 1946 (1) besteht in der Prüfung und Vorbereitung aller Regelungen über den Erwerb, die Destillation, den Handel, die Lagerhaltung und den Absatz der Weine und Branntweine, die in der durch Dekret vom 1. Mai 1909 bestimmten Region hergestellt werden.

Das BNIC kann darüber hinaus: 1. Erklärungen über die erzeugten oder vorhandenen Mengen und allgemein die Erteilung aller Auskünfte wirtschaftlicher Art, die es für zweckmässig hält, anfordern;

2. auf die strenge Anwendung der lokalen ständigen Gepflogenheiten bei der Herstellung und beim Absatz von Cognac achten;

3. die Mengen des von den Winzern der bestimmten Region oder vom Handel hergestellten oder zum Verkauf angebotenen Branntweins kontrollieren;

4. in technischer Hinsicht alle Maßnahmen untersuchen und fördern, die geeignet sind, die Herstellungs- und Absatzbedingungen für Cognac zu verbessern.

Das BNIC ist insbesondere mit der Buchführung und der Alterskontrolle, sowie der Ausstellung der Ursprungszeugnisse beauftragt.

(4) Die durch Erlaß vom 15. Oktober 1981 (2) vorgesehene Zusammensetzung des BNIC ist folgende: 1. vier vom Landwirtschaftsminister ernannte Personen, von denen zwei den Weinbau und zwei den Handel (3) der durch Dekret vom 1. Mai 1909 bestimmten Region vertreten;

2. zwölf Vertreter der Winzer, zwei Vertreter der Destillationsgenossenschaften, elf Vertreter der Cognachändler und zehn weitere Vertreter, die jeweils die Pineauhersteller der Charente, die Pineauhändler, den Verband der Branntweinhersteller, den Brennweinverband, den Cognacgroßhandelsverband, die Makler, das Führungspersonal, die Kellerei-Arbeiter, die Weinbautechniker und die Weinbauarbeiter vertreten (die fünf letztgenannten haben bei der Beschlußfassung nur beratende Stimme). Diese Vertreter werden vom Landwirtschaftsminister aufgrund von Listen ernannt, die von den betreffenden Berufsorganisationen vorgelegt werden.

Die Geschäftsführung des BNIC obliegt einem Diplomlandwirt, der vom Landwirtschaftsminister ernannt wird. Ein Ständiger Ausschuß, dem der Vorsitzende und acht Mitglieder des BNIC (vier Winzer und vier Händler) angehören, besorgt die laufenden Geschäfte des BNIC.

Ein vom Landwirtschaftsminister ernannter Regierungskommissar nimmt an den Beratungen des BNIC und des Ständigen Ausschusses teil ; er kann entweder den gefassten Beschlüssen zustimmen oder diese dem Minister zur Genehmigung vorlegen.

Ferner nehmen Beamte aus den für Landwirtschaft und indirekte Steuern zuständigen Abteilungen an den Beratungen des BNIC mit beratender Stimme teil.

(5) Die Mitgliedschaft des BNIC umfasst 48 300 Winzer, von denen 30 400 destillierbare Weißweine erzeugen, 205 Destillateure, 215 Händler und 16 Genossenschaften. Von diesen gehören 27 900 Winzer, 168 Destillateure, 68 Händler und 16 Genossenschaften den Berufsorganisationen an, die Mitglied des BNIC sind (Angaben von 1979).

C. Die Union der genossenschaftlichen Einkaufsorganisationen für Lebensmittel

(6) Die Union der genossenschaftlichen Einkaufsorganisationen für Lebensmittel, nachstehend UGEL genannt, ist eine gemeinnützige Gesellschaft mit Sitz in Brüssel ; sie bildet "die Zentralorganisation der Einkaufsgenossenschaften, die nach den Gesetzen und Gepflogenheiten ihrer Herkunftsländer auf der Großhandelsstufe von selbständigen Lebensmittelhändlern sowie deren Verbänden errichtet wurden". Die UGEL hat insbesondere den Zweck, die Berufsinteressen ihrer Mitglieder bei internationalen Organisationen und Verbänden, vornehmlich bei den Europäischen Gemeinschaften, zu vertreten.

D. Der wirtschaftliche Rahmen

(7) Das BNIC hat darauf hingewiesen, daß auf die zehn grössten Gesellschaften, die Cognac (1) Journal Officiel de la République française vom 17.7. 1946, S. 6426. (2) Journal Officiel de la République française vom 18.10. 1981, S. 9263. (3) "Weinbau" oder "Weinbaugruppe" bezeichnet die Winzer, die destillierbare Weißweine herstellen, die zur Führung der kontrollierten Ursprungsbezeichnung Cognac berechtigen ; "Handel" oder "Handelsgruppe" bezeichnet die Berufskreise, die Cognacbranntweine herstellen oder auf dem Markt absetzen. herstellen, vier Fünftel des Gesamtumsatzes bei diesem Erzeugnis entfielen. Es stellt jedoch folgendes fest : "Der zwischen den Gesellschaften bestehende Wettbewerb lässt die Wettbewerbsbedingungen des Handels unberührt, wie die geringfügigen Margen und der niedrige Gewinn nach Steuerabzug zeigen, wenn man die erheblichen Investitionen berücksichtigt, die aufgrund der Lagerung und der Herstellung eines so berühmten Erzeugnisses wie Cognac erforderlich sind".

(8) Nach den vom BNIC übermittelten Informationen "bestand (und besteht noch immer) in der Cognac-Region seit Beginn der weltweiten Krise 1973/1976 (...) ein Ungleichgewicht zwischen einer Produktionskapazität (die erhöht worden war, um den Ausfuhrbedarf zu berücksichtigen) und einem Verkaufstrend, der aufgrund wirtschaftlicher und finanzieller Schwierigkeiten, welche die internationalen Beziehungen beeinträchtigen, um 25 % zurückgegangen ist". Daraus ergibt sich eine sehr bedeutende Zunahme der Lagerbestände (vgl. Anhang II), deren Umfang "die regionale Wirtschaft : noch immer schwer belastet". Daher wurden ab 1975 Regelungen mit dem Ziel eingeführt, die Produktions- und Vermarktungsmöglichkeiten einzuschränken um bestimmte Überschußmengen in anderer Form abzusetzen : als Brennwein, für die staatliche Destillation, als Trinkbranntwein usw. Bemerkenswert ist, daß die Zunahme der Lagerbestände der Branntweinhersteller weitaus grösser war bei den billigen Branntweinen "bon bois", "fins bois" und "bois ordinaires" (vgl. Anhang III).

(9) Nach Angaben des BNIC "entsprach der derzeitige Vorrat nicht dem unmittelbaren Bedarf und erwies es sich daher bei den dauernd steigenden Finanzierungskosten zur Erhaltung der herkömmlichen Cognac-Qualität und der Vorstellung, die sich mit seinem Warenzeichen verbindet, als unbedingt erforderlich, eine Preisgrenze festzusetzen, unterhalb welcher die Qualität (die das Recht auf die Ursprungsbezeichnung begründet) offenkundig nicht gewahrt werden kann."

(10) In seinem Bericht über die Lage und die Entwicklung des Cognacmarktes im Wirtschaftsjahr 1978/79 hebt das BNIC hervor, wie stark Cognac dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt ist. Insbesondere wird darin darauf hingewiesen, daß im Vereinigten Königreich die gewöhnlichen Brandysorten, die preislich pro Flasche oft mehr als 2 £ weniger als normaler Handels-Cognac kosten, eine Konkurrenz darstellen ; ferner wird festgestellt, daß in der Bundesrepublik Deutschland "die Preise (...) die Absatzentwicklung behindern (...). Während Weinbrände in Fachgeschäften zu weniger als 20 DM je Flasche erhältlich sind und in den Großraumgeschäften noch immer weniger als 15 DM kosten - ausländische Markenbrandys sind etwas teurer - liegen die Cognacpreise bei 20 bis 25 DM je nach Art der Vertriebsstelle für normale Handelssorten und betragen für V.S.O.P. oder gleichgestellte Sorten bis zu 30 DM je Flasche (...). Deshalb ist es notwendiger denn je zu untersuchen, welche Preise angewandt werden, wenn man will, daß der Cognac dem überaus scharfen Wettbewerb am deutschen Markt standhält, der erwiesenermassen zu den bedeutendsten Absatzmärkten des Cognac-Gebiets gehört."

E. Maßnahmen zur Preisfestsetzung

(11) Es wurden Maßnahmen zur Preisfestsetzung getroffen, und zwar einerseits für Brennweine und für neue und ausgebaute Branntweine, die zur Führung der kontrollierten Ursprungsbezeichnung "Cognac" berechtigen, bezueglich der Ankäufe der Mitglieder der Handelsgruppe bei den Mitgliedern der Weinbaugruppe und zum anderen für die Cognacverkäufe an die Verbraucher (Einzelhandelspreis).

1. Festsetzung der Ankaufspreise für die Handelsgruppe

(12) Für die Transaktionen zwischen der Handelsgruppe und der Weinbaugruppe wurden seit der Ernte 1957 die Preise je Wirtschaftsjahr in einer Branchenvereinbarung festgesetzt, die von den Mitgliedern der Gruppen Weinbau und Handel ausgehandelt wurden. Bis 1978 handelte es sich hierbei um rein privatrechtliche Vereinbarungen ohne staatliche Sanktionierung ; nach Angaben des BNIC wurden aber diese Vereinbarungen von den betreffenden Berufskreisen in der Regel eingehalten.

(13) Ab 1978 wurden die Kaufpreise durch Branchenvereinbarungen festgelegt, die unten in den Nrn. 18 bis 20 behandelt werden.

(14) Die vorgenannten Bestimmungen, die Kaufpreise für die Geschäfte zwischen der Handelsgruppe und der Weinbaugruppe festlegen, sind nicht Gegenstand der Beschwerde von UGEL und werden durch das vorliegende Verfahren nicht erfasst.

2. Festsetzung der Einzelhandelspreise

(15) Hinsichtlich der Cognac-Verkäufe an die Verbraucher hat das BNIC darauf hingewiesen, daß die staatlichen Instanzen Mindestpreise für die Cognac-Ausfuhren, insbesondere ab 1945, in Form von Bekanntmachungen an die Exporteure festgesetzt hatten. Diese Bestimmungen wurden ab 1967 hinfällig, da die Nachfrage bis 1973/74 weit grösser war als das Angebot. Später, 1976, sind solche Mindestpreise wiedereingeführt worden durch eine Entscheidung des Regierungskommissars und - vom Wirtschaftsjahr 1978/79 ab - durch Berufsgruppenvereinbarungen.

(16) Am 9. April 1976 wurden durch einen Beschluß des Regierungskommissars bei BNIC die Mindestpreise für den Absatz von Cognac in Fässern und Flaschen festgesetzt. Nach den Bestimmungen dieses Beschlusses hat diese Maßnahme den Zweck "die traditionelle Qualität des Cognacs beizubehalten, dem Verbraucher eine dem Wert des gekauften Erzeugnisses entsprechende Qualität zu sichern und jede Beeinflussung zu vermeiden, die darauf abzielt, die Preise künstlich zu senken". Die Mindestpreise werden nach Jahrgang festgesetzt, wobei die niedrigsten Preise für den Versand als Jahrgang 2 wie folgt festgesetzt werden (d.h. der vermarktungsfähige Cognac muß mindestens zweieinhalb Jahre alt sein): - Cognac in Flaschen : 3 750 ffrs je hl reinen Alkohols für Cognac, der für den Einzelverkauf vollständig verpackt ist;

- Cognac in Fässern : 3 095 ffrs je hl reinen Alkohols, einschließlich der etwaigen Lieferung der entsprechenden Etiketten.

Diese Preise verstehen sich ohne Steuern und Abgaben, frei von Provisionen und Ermässigungen jeder Art, zu fob-Bedingungen, frei Grenze oder ab Werk. Der Beschluß präzisiert nicht das Ablaufdatum für die Gültigkeit dieser Mindestpreise. Die Aufgabe der Überprüfung der Preise wird dem BNIC in Zusammenarbeit mit der Verwaltung übertragen.

(17) Der Beschluß sieht vor, daß "jeder Lieferant, der sich nicht an die obigen Bestimmungen hält, verpflichtet ist (unbeschadet der in der Regelung vorgesehenen Maßnahmen, wonach sogar die Verkaufsscheine und mithin die Begleitscheine entzogen werden können), vor jedem Versand bei der Kontrollstelle der Berufsorganisation um eine Probeentnahme nachzusuchen. Der Versand kann erst nach einer Kostprobe und nach Zustimmung des durch Artikel 13 des Erlasses vom 25. Februar 1954 eingesetzten Ausschusses zur Qualitätsprüfung erfolgen."

(18) Für das Wirtschaftsjahr 1978/79 hat die im Rahmen des BNIC von seinen Berufsgruppen bezueglich der Preise der destillierbaren Weißweine und der Cognacbranntweine geschlossene und am 12. Dezember 1978 ratifizierte Branchenvereinbarung einen Einzelhandelsmindestpreis für Cognac festgelegt. Die Beschwerde der UGEL bezieht sich unmittelbar auf die Bestimmungen über diesen Mindestpreis. Dieser Vertrag war Gegenstand einer interministeriellen Allgemeinverbindlichkeitserklärung vom 1. Februar 1979, wonach die Bestimmungen der genannten Vereinbarung "auf die Winzer, die Genossenschaftskellereien, die Branntweinhersteller und Großhändler Anwendung finden, die in dem durch Dekret vom 1. Mai 1909 bestimmten Gebiet Weißweine zur Herstellung von Branntwein oder Branntwein, der die kontrollierte Ursprungsbezeichnung erhält, herstellen oder aus diesem Gebiet oder aus Kellereien "jaune d'or", die ausserhalb dieses Gebietes gelegen sind, in den Verkehr bringen" (alle Zitate in diesem Abschnitt sind Übersetzungen.

(19) Diese Allgemeinverbindlichkeitserklärung stützt sich auf die Vorschriften des Gesetzes Nr. 75-600 vom 10. Juli 1975 über die berufliche Organisation in der Landwirtschaft (1), das durch Gesetz Nr. 80-502 vom 4. Juli 1980 ergänzt und geändert wurde. Artikel 2 dieses Gesetzes bestimmt insbesondere:

"Die im Rahmen eines anerkannten Berufsverbandes geschlossenen Vereinbarungen können für einen bestimmten Zeitraum von der zuständigen Verwaltungsbehörde ganz oder teilweise erweitert werden, wenn sie in Form von Musterverträgen, Kampagnevereinbarungen und gemeinsamen Aktionen, die von gemeinsamem Interesse und mit den Regeln der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vereinbar sind, darauf abzielen, insbesondere folgendes zu verbessern: - die Kenntnis von Angebot und Nachfrage;

- die Anpassung und Regelung des Angebots;

- die unter staatlicher Kontrolle erfolgende Durchsetzung von Regeln über das Inverkehrbringen, die Preise und Zahlungsbedingungen;

- die Qualität der Erzeugnisse;

- die Berufsbeziehungen in der betreffenden Branche (...)."

Der Artikel bestimmt ferner : "Sobald die Allgemeinverbindlichkeit verkündet worden ist, sind die von den Berufsorganisationen (entweder einstimmig oder nach einem Schiedsspruch) (...) getroffenen Maßnahmen in dem vorgesehenen geographischen Raum für alle Mitglieder (1) Journal Officiel de la République française vom 11.7. 1975. der in dieser Organisation zusammengeschlossenen Berufsstände verbindlich."

Artikel 4 des Gesetzes bestimmt die im Falle der Nichteinhaltung von allgemeinverbindlich erklärten Vereinbarungen anwendbaren Sanktionen: - die Lieferverträge, die zwischen Parteien einer allgemeinverbindlich erklärten Vereinbarung abgeschlossen sind und die den Bestimmungen dieser Vereinbarung nicht entsprechen, sind von Rechts wegen nichtig;

- bei Verletzung von Regeln aus den allgemeinverbindlich erklärten Vereinbarungen kann der erstinstanzliche Richter auf Antrag der Berufsorganisation eine bestimmte Geldsumme als Schadenersatz zusprechen;

- bezieht sich der von Rechts wegen nichtige Liefervertrag auf ein Erzeugnis, für dessen Absatz ein Begleitschein ausgestellt werden muß, so kann die zuständige Verwaltung auf Vorschlag der beteiligten Berufsorganisation die Ausstellung dieses Begleitscheins vorläufig verweigern.

(20) Die am 18. Oktober 1979 von den dem BNIC angehörenden Berufsgruppen ratifizierte Branchenvereinbarung über die Preise für destillierbare Weißweine und Branntwein der Cognac-region für das Wirtschaftsjahr 1979/80 wurde ebenfalls durch einen Erlaß vom 2. Januar 1980 für allgemeinverbindlich erklärt, der den Wortlaut des vorgenannten Erlasses vom 1. Februar 1979 übernimmt.

Eine ähnliche Vereinbarung für das Wirtschaftsjahr 1980/81 wurde am 7. November 1980 ratifiziert und durch einen Erlaß vom 27. November 1980 (1) für allgemeinverbindlich erklärt. Das Gleiche geschah für das Wirtschaftsjahr 1981/82 hinsichtlich der am 10. November 1981 ratifizierten Branchenvereinbarung durch einen Erlaß vom 30. November 1981 (2).

(21) Artikel 1 der Vereinbarung mit dem Titel "Anwendungsbereich" sieht vor, daß die Artikel 7 und 8 die Cognacverkäufe betreffen. Artikel 7 mit dem Titel "Mindestverkaufspreis zur Gewährleistung eines Mindestmasses an Cognacqualität" bestimmt folgendes:

"Um die traditionelle Cognacqualität beizubehalten und den Verbraucher vor jedem künstlichen Preisrückgang zu Lasten der Erzeugniseigenschaften zu bewahren, wird ein Einzelhandelsmindestpreis eingeführt, der vom 1. Februar 1979 bis 31. Dezember 1979 wie folgt festgesetzt wird: 1. Cognac in Kisten : 12 ffrs je Flasche 70 cl mit 40 % Alkoholgehalt, vollständig verpackt für den Verkauf zum Verbrauch ; (...)

2. Cognac in Fässern : 3 500 ffrs je hl reinen Alkohols, unverpackt, jedoch gegebenenfalls einschließlich der Lieferung der entsprechenden Etiketten.

Für Cognac in Fässern und Flaschen ist eine Ermässigung für alle Formen von Provisionen, Skonti und Rabatten bis zu 10 % zugegelassen. Der Nettomindestpreis versteht sich ohne Steuern und Abgaben, zu fob-Bedingungen oder frei Grenze. Für den Verkauf ab Werk ist ein maximaler Abschlag von 0,40 ffrs je Flasche, für den Absatz in Kisten, von 55 ffrs je hl reiner Alkohol für den Absatz nicht abgefuellter Erzeugnisse zulässig."

Die Mindestpreise für Cognac ab Werk ; ohne jegliche Provisionen und Ermässigungen, betragen mithin 10,40 ffrs je Flasche (bzw. 3 714 ffrs je hl reinen Alkohols) und 3 095 ffrs je hl reinen Alkohols beim Absatz in Fässern. Artikel 8 sieht vor, daß "die Überprüfung der Verkaufspreise vom "Bureau National Interprofessionnel du Cognac" vorgenommen wird: - bei den Ausfuhren : aufgrund der Zollerklärungen (...),

- beim Absatz auf dem Inlandsmarkt : durch verbindlichen Quittungsvermerk für den in Rechnung gestellten Preis auf den Verkaufsscheinen und durch Bescheinigung für die monatlichen Versandverzeichnisse, die von den Parteien der Vereinbarung dem , Bureau National Interprofessionnel du Cognac' zugeleitet werden."

Derselbe Artikel bestimmt, daß im Falle von Zuwiderhandlungen Sanktionen gemäß Artikel 4 des Gesetzes vom 10. Juli 1975 verhängt werden, die gemäß der Geschäftsordnung des BNIC angewandt werden und insbesondere die Aussetzung der Erteilung der Begleitscheine vorsehen können.

(22) Für das Wirtschaftsjahr 1979/80 umfasst die vorgenannte Branchenvereinbarung vom 18. Oktober 1979 ähnliche Bestimmungen wie diejenigen der Vereinbarung vom 12. Dezember 1978 ; sie setzt in Artikel 7 für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1980 folgende Einzelhandelsmindestpreise fest: - Cognac in Kisten : 13,50 ffrs je Flasche,

- Cognac in Fässern : 4.000 ffrs je hl reinen Alkohols. (1) Journal Officiel de la République française vom 3.12. 1980. (2) Journal Officiel de la République française vom 2.12. 1981.

Unter Abzug des maximalen Nachlasses von 10 % zur Deckung der verschiedenen Rabatte sowie der Ermässigung um 0,40 ffrs je Flasche und um 55 ffrs je hl reinen Alkohols beim Cognacverkauf ab Werk erhält man als Mindestpreis 11,75 ffrs je Flasche (d.h. 4 196 ffrs je hl reinen Alkohols) und 3 545 ffrs je hl reinen Alkohols für den Verkauf in Fässern.

(23) Die Kommission hat das BNIC mit Schreiben vom 4. September 1979 gebeten, ihr die neuen Preise mitzuteilen, die ab 1. September 1979 für Brennweine in Kraft treten sollten ; mit Schreiben vom 1. Oktober 1979 erbat sie dies für Branntwein und mit Schreiben vom 1. Januar 1980 für Cognac (Einzelhandelspreise). Das BNIC hatte am 20. November 1979 folgendes geantwortet : "das BNIC hat die Modalitäten und die neuen Preise für die nächste Vereinbarung aufgestellt. Die Preisspannen wurden noch nicht festgesetzt". Ferner hat das BNIC die für Weißweine und Branntweine festgelegten Margen bekanntgegeben und diese als einen "Vorschlag der Generalversammlung vom 18. Oktober 1979" ausgewiesen. In Beantwortung eines Schreibens der Kommission, in dem das BNIC um Begründung dieser Antwort gebeten wurde, da die in Rede stehenden Preise von der Vollversammlung des BNIC vom 18. Oktober 1979 festgesetzt worden waren, hat das BNIC in seinem Schreiben vom 26. Januar 1980 folgendes ausgeführt:

"Die Vollversammlung vom 18. Oktober 1979 hat tatsächlich eine Preisvereinbarung ausgearbeitet, die damals lediglich vertragsrechtlicher Natur war und infolgedessen keine staatliche Genehmigung erhielt. Später wurde diese Vereinbarung durch Ministerialerlaß vom 2. Januar 1980 genehmigt. Aus denselben Gründen wurden die Einzelhandelspreise für Cognac, über die in derselben Sitzung eine Einigung erzielt worden war, von uns nicht veröffentlicht, bevor durch den vorgenannten Erlaß der Geltungsbereich dieser Vereinbarung erweitert worden war."

(24) Für das Wirtschaftsjahr 1980/81 setzt die vorgenannte Vereinbarung vom 7. November 1980 in Artikel 8 die folgenden Mindestpreise für den Versand in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1981 fest: - Cognac in Kisten : Preis je hl reinen Alkohols, vollständig abgefuellt in Flaschen von 70 cl, 40 % Alkoholgehalt für den Verkauf zum Verbrauch: - Jahrgänge 2 und 3 : 5 304 ffrs,

- Jahrgänge 4 und 5 : 5 893 ffrs,

- Jahrgang 6 : 6 429 ffrs;

- Cognac in Fässern. Preis je hl reinen Alkohols, unverpackt, jedoch einschließlich der etwaigen Lieferung der diesbezueglichen Etiketten: - Jahrgänge 2 und 3 : 4 400 ffrs,

- Jahrgänge 4 und 5 : 4 840 ffrs,

- Jahrgang 6 : 5 320 ffrs.

Wird, wie in der Vereinbarung vorgesehen, die höchstzulässige Ermässigung von 10 % zur Deckung der einzelnen Rabatte und der Abschlag von 143 ffrs je hl reinen Alkohols für den Absatz in Kisten oder von 55 ffrs je hl reinen Alkohols für den Absatz in Fässern abgezogen, so ergeben sich beim Cognacabsatz ab Werk folgende Mindestpreise je hl reinen Alkohols: - Cognac in Kisten: - Jahrgänge 2 und 3 : 4 630 ffrs,

- Jahrgänge 4 und 5 : 5 160 ffrs,

- Jahrgang 6 : 5 643 ffrs;

- Cognac in Fässern: - Jahrgänge 2 und 3 : 3 905 ffrs,

- Jahrgänge 4 und 5 : 4 301 ffrs,

- Jahrgang 6 : 4 733 ffrs.

(25) Für das Wirtschaftsjahr 1981/82 wurde in der vorgenannten Vereinbarung vom 10. November 1981, die der Kommission vom BNIC am 8. Dezember 1981 mitgeteilt wurde, ein Einzelhandelsmindestpreis für Cognac nicht festgesetzt. Die Kommission erhielt jedoch später Kenntnis von dem Informationsbulletin Nr. 929 des BNIC vom 4. Januar 1982. Dieses Dokument enthält insbesondere einen Text mit dem Titel "Kontrolle der Cognac-Qualität - Schwellenverkaufspreis", in dem die folgenden Schwellenpreise für den Einzelhandel und den Vertrieb festgesetzt werden: - Cognac in Kisten : je Flasche, ab Werk, mit Begleitschein, netto : 14,60 ffrs;

- Cognac in Kisten : je Flasche, frei Grenze, mit Begleitschein, netto : 15,50 ffrs;

- Cognac in Fässern : je hl reinen Alkohols, unverpackt, ab Werk, mit Begleitschein, netto : 4 200 ffrs.

Es wird darauf hingewiesen, daß "beschlossen worden ist, alle Berufsangehörigen auf die Höhe der Schwellenpreise hinzuweisen, deren Überschreitung zwangsläufig zu einer Qualitätsüberprüfung sowohl beim Käufer als beim Verkäufer führen würde (...). Ferner würde dieses Preisverhalten als mutmaßliche Nichteinhaltung der Notierung der beruflichen Organisation angesehen, die durch Ministerialerlaß vom 30. November 1981 zwingend vorgeschrieben sei" (vgl. Randnummer 20).

(26) Der Direktor des BNIC hat dazu in einem Schreiben an die Kommission vom 23. März 1982 folgendes bemerkt : "Nach Zugang Ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 8. Februar 1982 habe ich meinen Dienststellen unverzueglich die erforderlichen Weisungen erteilt um sicherzustellen, daß keine automatische Nachprüfung allein im Hinblick auf den betreffenden Schwellenpreis vorgenommen wird."

Am 8. April 1982 hat das BNIC der Kommission sein Informationsbulletin Nr. 936 vom 31. März 1982 übermittelt, in dem es hieß : "Aufgehoben wird der Vermerk im Informationsbulletin Nr. 929 vom 4. Januar 1982, wonach eine automatische Überprüfung der Qualität anhand der angegebenen Schwellenpreise vorgeschrieben war."

(27) Bei den Erörterungen im Ständigen Ausschuß und im Ausschuß "Produktion" des BNIC wurde das Problem der Vereinbarkeit des Einzelhandelsmindestpreises mit den Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft wiederholt angeschnitten. Der Direktor des BNIC hat insbesondere in der Sitzung vom 12. September 1978 des Ausschusses "Produktion" bemerkt : "Man kann den Versuch unternehmen (einen Einzelhandelsmindestpreis festzusetzen), wobei man jedoch Gefahr läuft, bei der Ausfuhr in Schwierigkeiten zu geraten. Man kann Preise festsetzen, die auf dem französischen Hoheitsgebiet gültig sind." Ferner ist in der Sitzung vom 10. März 1980 desselben Ausschusses die Frage aufgeworfen worden, "ob aus Brüsseler und Pariser Sicht die juristische Konstruktion, die geschaffen worden sei (d.h. die Notierung seitens der Berufsorganisation und der Einzelhandelsmindestpreis auf der Grundlage des Gesetzes von 1975) in den kommenden Jahren beibehalten werden kann".

(28) Schließlich bemerkte der Direktor des BNIC in seiner Antwort vom 20. November 1979 auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 4. September 1979, die ihn darauf hinwies, daß die betreffende Vereinbarung der beruflichen Organisation nach einstweiliger Prüfung unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWGV fallen dürfte und daß ihre weitere Anwendung ohne Anmeldung auf eigene Gefahr der Teilnehmer erfolgte:

"... Ich beziehe mich wie Sie auf Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages von Rom und darf Ihnen bestätigen, daß unsere Berufsorganisation die Anmeldung der in Frage stehenden Vereinbarung bei der Kommission beabsichtigt. Die Vereinbarung stimmt in unserer Sicht vollständig überein mit den in Absatz 3 festgesetzten Zielen, da es sich in diesem Einzelfall um die qualitative Verbesserung der Erzeugung, um einen Vertrieb ohne anomale Verfälschung und die Förderung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts handelt, der den Verbrauchern unmittelbar zugute kommt, insbesondere durch eine längere Reifung bei allen Qualitätsarten.

Aus all diesen Gründen trifft das BNIC Vorbereitungen (wie von Ihnen angeregt), um die in den Gemeinschaftsbestimmungen vorgesehene amtliche Anmeldung vorzunehmen damit die Freistellungserklärung erlangt werden kann."

Diese Absichtserklärung des BNIC ist nicht in die Tat umgesetzt worden.

F. Die Anwendung der Vereinbarungen

(29) Die UGEL stützte sich bei ihrer Beschwerde darauf, daß ihre Mitglieder 1979 in verschiedenen EG-Ländern, insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland und in Italien bedeutende Steigerungen (bis zu ca. 10 %) der Absatzpreise des zum Vertrieb und Verbrauch bestimmten Cognacs festgestellt haben.

(30) Mit Schreiben vom 20. November 1979 teilte das BNIC der Kommission mit, es sei hinsichtlich der Einhaltung der von diesem Verfahren betroffenen Vereinbarungen keine Strafe verhängt worden, doch würden regelmässig Umfragen vorgenommen, von denen mehrere im Gange seien. In demselben Brief hat das BNIC der Kommission die Ausfuhrpreise für Cognac, so wie sie aus den Zollstatistiken hervorgehen, sowie die Preislisten bestimmter Cognac-Hersteller übermittelt.

(31) Die Prüfung der vom BNIC zusammengestellten Zollstatistiken zeigt folgende Entwicklung des Durchschnittspreises für ausgeführte Cognacs: >PIC FILE= "T0022448">

(32) Laut BNIC "zeigen diese Unterlagen, daß die Verkaufspreise weit über den Mindestpreisen liegen, die durch die aus der Vereinbarung resultierenden Preisspannen bestimmt werden". Es betonte, daß "der Preis, der die Mindestqualität gewährleistet, bei Sendungen in Kisten zu 10,40 ffrs je Flasche von 70 cl mit 40 % Volumen (d.h. 3 714 ffrs (1) je hl reinen Alkohols) (...) sinken kann, während der Durchschnittspreis (aufgrund dessen der Zollwert ermittelt wird) für das Jahr 1978 um 8 789 ffrs je hl reinen Alkohols, also um mehr als das Doppelte anstieg".

Für Cognac in Fässern macht das BNIC folgende Angaben : "Ebenso ist aus den Zollstatistiken (...) ganz genau ein beträchtlicher Unterschied zwischen dem Hoechstpreis der nicht abgefuellten Sendungen (Fässer) in Höhe von 3 095 ffrs und dem angewandten Ausfuhrpreis von 3 835 ffrs je hl reiner Alkohol ersichtlich" (2).

(33) Das BNIC zog aus diesen Angaben folgenden Schluß : "So kommt deutlich der Charakter der Qualitätsgarantie, die sich mit den von dieser Vereinbarung betroffenen Preisen verbindet, zum Ausdruck. Diese sollte eigentlich nur eine Schranke setzen, eine Art Hoechstschwelle, unterhalb derer es nicht möglich ist, der Kundschaft ; Cognac anzubieten, der seiner herkömmlichen Qualität und seinem Renommée als einem Erzeugnis mit einer kontrollierten Ursprungsbezeichnung entspricht."

(34) Aus den vom BNIC mitgeteilten Preistafeln, die nur ganz bekannte Marken betrafen (Remy Martin, Martell, Hennessy, Courvoisier usw.), war zu entnehmen, daß für 70-cl-Flaschen des Dreisterne-Cognacs stets Preise (ohne Steuern und Abgaben) über 20 ffrs Anwendung fanden, was die Schlußfolgerung von BNIC bestätigte.

(35) Auf Verlangen der Kommission übermittelte das BNIC mit Schreiben vom 26. Januar 1980 neue Preislisten, diesmal für weniger bekannte Marken ; daraus wurde ersichtlich, daß für eine Flasche Dreisterne-Cognac (70 cl) der Preis (ohne Steuern und Abgaben) bis 11,48 ffrs hinunterreichte.

(36) Ausserdem prüfte die Kommission Preislisten für andere Cognac-Marken ; dabei ergab sich, daß gewöhnlich gleichhohe oder kaum höhere Preise als die vom BNIC festgesetzten Mindestpreise angewandt werden. Dieser Fall trat zum Beispiel ein, als 1979 der Dreisterne-Cognac André Dorbert für 10,75 ffrs je Flasche 70 cl und die Cognacs Henry de Brière und Chandelac für 10,40 ffrs (Mindestpreis : 10,40 ffrs) verkauft wurden ; und 1980, als der Cognac Comte Joseph von der Firma Grands Chais de France zu 11,95 ffrs je Flasche 70 cl oder der Dreisterne-Cognac Beausoleil zu 11,75 ffrs je Flasche 70 cl (Mindestpreis : 11,75 ffrs) verkauft wurden. Das BNIC erhält von diesen Preisen zwangsläufig Kenntnis, da ihr die Begleitscheine mit Angabe der Verkaufspreise mitgeteilt werden müssen.

(37) Bei Cognacs in Fässern geht aus den Antworten der Händler in der Cognac-Region auf die Auskunftsverlangen der Kommission hervor, daß bei einem Dreisterne-Cognac ca. 90 % der Selbstkosten des vom Händler verkauften Produkts auf die Beschaffungskosten für Branntweine entfallen

Folglich lag entsprechend der Kaufpreisnotierung für junge und ausgebaute Branntweine (1) 3 750 ffrs laut dem BNIC. (2) Das BNIC vergleicht den ab 1.2.1979 gültigen Hoechstpreis mit dem Durchschnittspreis von 1978. der Mindestselbstkostenpreis für einen Dreisterne-Cognac in Fässern erheblich unter dem vom BNIC festgesetzten Mindestpreis für die Sorten Fins bois, Bons bois und Bois ordinaires (siehe Anlage IV) ; diese Cognacs hätten also unter diesen Mindestpreisen verkauft werden können.

(38) Mehrere deutsche Cognac-Importeure teilten der Kommission mit, sie hätten 1979 und 1980 von Händlern der Cognac-Region Cognac in Fässern zu annähernd den vom BNIC festgesetzten Mindestpreisen und mitunter sogar billiger bezogen. Das war vor allem möglich, weil gesondert Nachlässe gewährt wurden. Ein deutscher Zwischenhändler, die Firma ... (1) gab insbesondere an, der von BNIC festgesetzte Mindestpreis "ist nur für Firmen annehmbar, die einen grossen Werbehaushalt haben und über ein eigenes Liefernetz verfügen. Um die für den Verkauf ihrer Ernte nötigen Verträge abzuschließen (...), mussten unsere Lieferanten Ausfuhrgeschäfte unter diesem Mindestpreis tätigen".

(39) Bei einer Nachprüfung gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr. 17, die am 5. Oktober 1981 von Beamten der Kommission in seinem Unternehmen vorgenommen wurde, erklärte ein Händler : "Es trifft zu, daß in den letzten Jahren Kontrollen und Nachprüfungen vom BNIC bei mir durchgeführt worden sind, um insbesondere die Einhaltung der durch die Branchenvereinbarungen zwingend vorgeschriebenen Ausfuhrmindestpreise nachzuprüfen.

Bei meinem Verkaufsangebot an die Firma ... in Deutschland vom 7. April 1981 (von der sie eine Fotokopie angefertigt haben) habe ich Preise vorgeschlagen, die ich wegen des Drucks, der vom BNIC ausgeuebt wurde, nicht einhalten konnte. Zu meinem Bedauern konnte ich meinen Absatz, der notwendig gewesen wäre, damit meine Firma gut läuft, nicht steigern. Diese Absätze hätten in Deutschland und Belgien getätigt werden können". Die Preise, die ... vorgeschlagen wurden (für Sendungen in Fässern) betrugen für einen Dreisterne-Cognac 2 900 ffrs je hl reiner Alkohol (Mindestpreis : 3 905 ffrs) und für einen V.S.O.P 3900 ffrs je hl reiner Alkohol (Mindestpreis : 4 301 ffrs).

(40) Die Unterlagen, die vom BNIC bei einer Nachprüfung gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 durch Beamte der Kommission vorgelegt wurden, zeigen, daß das BNIC sich wiederholt einschaltete, um die Unternehmen zur Einhaltung der Mindesthandelspreise für Cognac zu verpflichten.

(41) Am 27. März 1979 schrieb der Direktor des BNIC an den Präsidenten der ... bezueglich eines Angebotes dieser Firma unterhalb des Mindestpreises folgendes : "Ich kann nicht umhin (...), Sie darauf hinzuweisen, daß ich mich im Falle der Nichteinhaltung der (Branchen-) Vereinbarungen zu meinem grossen Bedauern veranlasst sähe, gerichtlich vorzugehen und die Anwendungen der Strafmaßnahmen gemäß Artikel 4 des Gesetzes vom 10. Juli 1975, insbesondere die Aussetzung der Erteilung von Begleitscheinen zu verlangen."

(42) Bei derselben Firma führte das BNIC am 13. Mai 1980 eine Untersuchung durch, die mit der Feststellung endete, daß der Preis für Frankreich je Flasche um 0,16 ffrs und für die Ausfuhr je Flasche um 0,90 ffrs unter dem Mindestpreis lag ; bei den Faßlieferungen betrug der Unterschied 89,15 ffrs und 449 ffrs je hl reiner Alkohol bei Lieferungen in Frankreich und 450 ffrs je hl reiner Alkohol bei Exporten. Dieser Fall wurde insbesondere in der Sitzung des erweiterten Ständigen Ausschusses vom 23. Juni 1980 erörtert, bei der ein gerichtliches Vorgehen ins Auge gefasst wurde. Mit Schreiben vom 24. September 1980 teilte der Direktor von BNIC der Firma den Beschluß des Ständigen Ausschusses wie folgt mit : "Die fraglichen Sendungen erfolgten während der Anwendung der Branchenvereinbarung und nach der Veröffentlichung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung und (...) stellen folglich Zuwiderhandlungen gegen die Branchenvereinbarung dar. Nachdem Ihre Firma bereits wegen ähnlicher Zuwiderhandlungen gemahnt wurde, richtet der Ständige Ausschuß nun eine letzte Aufforderung an Sie, wobei selbstverständlich bei Fortsetzung der Zuwiderhandlung gerichtlich gegen Sie vorgegangen werden kann, was dem guten Ruf Ihres Hauses bestimmt schaden wird."

(43) In der Sitzung des erweiterten Ständigen Ausschusses vom 23. Juni 1980 wurde ferner der Fall eines Händlers ausserhalb des bestimmten Cognac-Gebietes geprüft, der den Mindestpreis nicht einhielt. Dieser Händler hatte sich beschwert, er verlöre seine Kundschaft, wenn er seine Preise zu hoch festsetzen müsse. In einem weiteren Fall, in dem ein Händler Flaschen insbesondere in die Niederlande unterhalb des Mindestpreises geliefert hatte, wurden Strafmaßnahmen gegen diesen erwogen.

(44) In der Sitzung des erweiterten Ständigen Ausschusses vom 21. Januar 1981 wurden zwei Fälle, in denen der Mindestpreis nicht (1) In der veröffentlichten Fassung dieser Entscheidung wurden gemäß Artikel 21 der Verordnung Nr. 17/62 bezueglich der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen nachfolgend einige Angaben ausgelassen. eingehalten worden war, geprüft. Es wurde beschlossen, einen Großhändler, der Cognac unter dem Mindestpreis geliefert und angegeben hatte, durch die Einhaltung des Mindestpreises verlöre er seinen kleinen Markt, zur Einhaltung der Regelung aufzufordern und für den Fall der Wiederholung mit Strafmaßnahmen zu drohen. Zu dem Fall einer Kellerei, die Cognac in Flaschen um 0,69 ffrs unter dem Mindestpreis lieferte, wurde bemerkt:

"Es dürfte psychologisch nicht ratsam sein, diesen Winzer zu belangen, während sehr viele Firmen am Markt dauernd unter der Notierung verkaufen, ohne daß man es ihnen nachweisen kann".

Der Direktor des BNIC wurde beauftragt, dem Betroffenen mündlich mitzuteilen, er werde in dieser Sache nicht belangt, doch würde sein Fall erneut geprüft werden, wenn er sich weiter wie bisher verhalte.

(45) Wenn das BNIC aufgrund der ihm übersandten Zahlungsbestätigungen feststellt, daß Branntweine billiger als zu den Mindestpreisen geliefert werden, richtet es an das betreffende Unternehmen ein Formularschreiben, in dem diese Sendungen aufgeführt sind, mit dem Hinweis, die Branchenkommission werde mit dieser Sache befasst. Das Unternehmen wird gebeten, sich möglichst rasch zu äussern. Ein derartiges Schreiben wurde insbesondere am 15. September 1980 an die Firma ..., am 30. Oktober 1980 an das Unternehmen ... am 4. November 1980 and die ... und am 1. September 1981 an das Unternehmen ... gerichtet. Alle diese Fälle wurden zu den Akten gelegt, ohne daß Strafen verhängt wurden, da die Unternehmen einwilligten, ihre Preislisten zu ändern oder den Beweis dafür erbrachten, daß der Kaufvertrag vor Abschluß der Branchen vereinbarung geschlossen worden war (so im Falle des Unternehmens ...).

(46) Wenn ein Unternehmen es ablehnt, seine Preise zu erhöhen, um sie dem Mindestpreis anzugleichen, entzieht ihm das BNIC die Hefte mit den Auslieferungs- und Verkaufszetteln für Cognac, die es an das Unternehmen ausgegeben hat. Zugleich fordert es die Steuerbehörden auf, die Ausstellung von Begleitscheinen für Cognac an das Unternehmen abzulehnen. Diese Maßnahmen wurden insbesondere gegen die Firma ... getroffen, nachdem der Direktor der Steuerbehörde von Rochelle durch ein Schreiben des Direktors des BNIC vom 24. Februar 1981 hierzu aufgefordert worden war. Diese Maßnahmen haben zur Folge, daß das betroffene Unternehmen daran gehindert wird, Geschäfte mit Cognac zu tätigen.

(47) Das BNIC hat die oben unter Nr. 36 bis 46 aufgeführten Tatsachen weder in seiner vom 8. April 1982 datierenden Erwiderung auf die Beschwerdepunkte noch in der Anhörung am 19. April 1982 bestritten. Es hat stattdessen geltendgemacht, das BNIC sei keine Vereinigung von Unternehmen im Sinne von Artikel 85 EWG-Vertrag und die in den Beschwerdepunkten angegriffenen Bestimmungen fielen nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 85, da sie Hoheitsakte seitens des französischen Staates darstellten.

II. RECHTLICHE WÜRDIGUNG

A. Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag

(48) Die Entscheidung des Regierungskommissars beim BNIC vom 9. April 1976 zur Festsetzung der Mindestpreise für Cognac in Fässern und Flaschen wurde von den staatlichen Behörden getroffen und stellt keine Vereinbarung zwischen Unternehmen oder Entscheidung einer Unternehmensvereinigung im Sinne des Artikels 85 des Vertrages dar.

(49) Bei den Mindestpreisfestsetzungen für 1979, 1980 und 1981 ist zwischen den Branchenvereinbarungen über diese Maßnahmen und den entsprechenden Allgemeinverbindlichkeitserklärungen zu unterscheiden. Die Branchenvereinbarungen im Rahmen des BNIC sind Beschlüsse einer Unternehmensvereinigung im Sinne des Artikels 85, wie nachstehend dargelegt wird.

(50) Der Umstand, daß die Mitglieder des BNIC vom Landwirtschaftsminister ernannt werden, schließt nicht aus, daß sie auf Vorschlag der betroffenen Berufsorganisationen und in ihrer Eigenschaft als Vertreter der Berufsorganisation oder -gruppe der sie angehören, ernannt werden ; aufgrund dieser Ernennung vertreten sie diese Berufsorganisationen oder -gruppen die ihrerseits von Unternehmen gebildet werden.

(51) Das BNIC stellt also eine Vereinigung von Unternehmensvereinigungen dar, die bei der Anwendung des Artikels 85 einer Unternehmensvereinigung gleichgestellt werden kann.

(52) Die Art der Finanzierung des BNIC und der Umstand, daß es die Rechtspersönlichkeit besitzt und durch Rechtsbestimmungen zu Qualitätskontrollen befugt ist, können nichts an seiner Klassifizierung als Unternehmensvereinigung ändern. Jedenfalls gehören die betreffenden Branchenvereinbarungen nicht in den Rahmen der Durchführung der Aufgaben gemäß den Bestimmungen über die Befugnisse des BNIC. Selbst wenn nämlich diese Branchenvereinbarungen besagen, daß "ein Mindesthandelspreis eingeführt" wurde, "um die herkömmliche Qualität des Cognac zu wahren und dem Verbraucher eine Gewähr gegen künstliche Preissenkungen auf Kosten der besonderen Eigenschaften des Erzeugnisses zu bieten", betreffen die in Frage stehenden Mindestpreise in Wirklichkeit die Absatzpolitik der Hersteller, Genossenschaften, Kellereien und Cognac-Händler, die über ihre Berufsorganisationen durch das BNIC vertreten werden. Das Ziel einer Qualitätskontrolle kann derartige Maßnahmen nicht rechtfertigen, wie nachstehend dargelegt wird (Nr. 69 bis 71).

(53) Die in Frage stehenden Maßnahmen wurden nicht von den Behörden vorgeschrieben. Sie wurden nicht im Rahmen der dem Regierungskommissar übertragenen Verordnungsbefugnisse getroffen, und dieser schaltete sich zu keinem Zeitpunkt in das Verfahren zur Verabschiedung dieser Maßnahmen ein. Die in Frage stehenden Branchenvereinbarungen wurden von der Vollversammlung des BNIC verabschiedet, nachdem sie von jeder der beiden Berufsgruppen der Winzer und Händler erörtert und gebilligt worden waren. Die Vollversammlung beantragte zugleich die Allgemeinverbindlichkeitserklärung, die sich auf das Gesetz vom 10. Juli 1975 stützt (siehe oben Nr. 19). Dabei handelt es sich also um eine Entscheidung des BNIC, vertreten durch seine Vollversammlung.

(54) Diese Entscheidung stellt einen Rechtsakt dar, der zu trennen ist von der späteren Allgemeinverbindlichkeitserklärung seitens staatlicher Stellen, welche den Zweck verfolgt, die Bestimmungen der Branchenvereinbarungen, die die Mitgliedsunternehmen der im BNIC vertretenen Berufsgruppen binden, für den Rest der Branche zwingend vorzuschreiben. Seit 1978 wurden die Branchenvereinbarungen in zeitlicher Hinsicht jedes Jahr vor den Allgemeinverbindlichkeitserklärungen getroffen. In jedem Jahr gab es einen Zeitraum von drei Wochen bis 21/2 Monaten, in dem die im Rahmen des BNIC getroffenen Branchenvereinbarungen nur für die Mitglieder der im BNIC zusammengeschlossenen Berufsorganisationen verbindlich waren. Das BNIC hat dies übrigens ausdrücklich bestätigt und darauf hingewiesen, daß die Preisvereinbarung vor der Allgemeinverbindlichkeitserklärung "lediglich vertragsrechtlicher Natur und daher ohne staatliche Genehmigung" war (siehe oben Nr. 23).

(55) Überdies wurden von 1957 bis 1978 jedes Jahr Branchenvereinbarungen, die lediglich solch vertraglicher Natur waren, getroffen, angewandt und beachtet, ohne daß anschließend eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung erfolgte (siehe oben Nr. 12).

(56) Schließlich setzt der Begriff Allgemeinverbindlichkeitserklärung voraus, das es schon davor Bestimmungen gab, die für die Unterzeichner verbindlich waren. Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung bewirkt nur, daß diese Bestimmungen auch für andere als die Unterzeichner zwingend vorgeschrieben werden. Artikel 2 des Gesetzes vom 10. Juli 1975 (siehe oben Nr. 19) bestimmt ausdrücklich, daß in erster Linie eine Vereinbarung getroffen werden muß, deren Erweiterung nicht zwingend ist und im übrigen auch nur einen Teil dieser Bestimmungen betreffen kann.

(57) Bei der Festsetzung eines Schwellenverkaufspreises in der Zeit vom 4. Januar 1982 und 31. März 1982 handelt es sich ebenfalls um einen Beschluß des BNIC, der von den Behörden weder vorgeschrieben noch für allgemeinverbindlich erklärt wurde und in den Anwendungsbereich des Artikels 85 EWG-Vertrag fallen kann.

(58) Die Festsetzung eines Mindesthandelspreises für Cognac übt einen unmittelbaren Einfluß auf die Preise aus, zu denen der Cognac von den verschiedenen Herstellern geliefert wird. Diese Maßnahme betrifft sowohl die Lieferungen innerhalb Frankreichs als auch die Ausfuhr. In beiden Fällen ist sie dazu angetan, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen, denn die Erzeugnisse, die in Frankreich von den Mitgliedern der Vereinbarung verkauft werden, können anschließend ausgeführt werden. Aufgrund dieser Maßnahmen könnten die Handelsströme von der natürlichen Richtung, der sie folgen würden, wenn die Preisbildung frei wäre, abgelenkt werden. Die Beibehaltung hoher Preise zielt somit darauf ab, die Nachfrage künstlich auf andere Spirituosen, insbesondere auf andere Branntweine zu lenken.

(59) Der Handel zwischen Mitgliedstaaten wird so wegen des Ausmasses der Cognac-Lieferungen in die verschiedenen Länder des Gemeinsamen Marktes spürbar beeinträchtigt (siehe oben Nr. 1).

(60) Obgleich sie so dargestellt werden, als sei ihr Ziel nur die Gewährleistung der Cognac-Qualität, haben die beanstandeten Maßnahmen zur Festsetzung von Cognac-Mindestpreisen das Ziel und die Wirkung, den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt einzuschränken. Diese Maßnahmen verhindern nämlich die freie individuelle Preisbildung durch die Cognac-Produzen- ten und zielen darauf ab, den Wettbewerb zwischen diesen einzuschränken, indem sie sie daran hindern, Angebote unterhalb der Mindestpreise zu machen.

(61) Die Erklärungen des BNIC, wonach die Einführung des Mindestpreises durch Zunahme der Lagerbestände begründet war (siehe oben Nr. 9), zeigen, daß der freie Wettbewerb verhindert oder zumindest eingeschränkt werden sollte : Um die Preissenkung, die sich normalerweise aus der Zunahme des Angebots infolge der wachsenden Bestände gegenüber einer gleichbleibenden oder rückläufigen Nachfrage hätte ergeben müssen, zu vermeiden oder zu begrenzen, wurde ein verbindlicher Mindestpreis eingeführt. Deshalb konnten die Cognac-Verkaufspreise von den Herstellern nicht mehr beliebig entsprechend den Marktbedingungen festgesetzt werden.

(62) Diese Preisfestsetzungsmaßnahmen bewirkten eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung. Entgegen den Behauptungen des BNIC in seinem Schreiben vom 20. November 1981 (siehe oben Nrn. 32 und 33) werden in der Tat laufend Preise in Höhe der Mindestpreise oder leicht darüber angewandt (siehe oben Nrn. 35 bis 38) ; ausserdem musste das BNIC wiederholt einschreiten, um Händler, die niedrigere Preise anwenden wollten, zur Anhebung ihrer Preise zu zwingen. In einem Fall gingen die Interventionen so weit, daß einem Händler die ihm zugeteilten Ausliefer- und Verkaufsscheine für Cognac entzogen wurden, so daß er seine Tätigkeit nicht fortsetzen konnte (siehe oben Nrn. 39 bis 46). Die Vereinbarungen wurden also von BNIC tatsächlich zwingend angewandt.

(63) Durch die künstliche Aufrechterhaltung hoher Preise begrenzte das BNIC also die Erhöhung der Nachfrage, zu der es möglicherweise hätte kommen können. Sie trug dazu bei, daß die Cognac-Vorräte stark zunahmen ; diese stabilisierten sich erst, nachdem Zwangsmaßnahmen getroffen werden konnten, welche die Produktions- und Absatzmöglicheiten begrenzten (siehe oben Nr. 8).

(64) Diese Beschränkungen waren besonders spürbar bei Cognac der Sorten Fin bois, Bons bois und Bois ordinaire. Die Prüfung der Statistiken über die Cognac-Bestände zeigt übrigens, daß die Lagerbestände bei diesen Sorten am stärksten zugenommen haben (siehe oben Nr. 8).

(65) Mit der Festsetzung eines Schwellenverkaufspreises durch das Informationsbulletin vom 4. Januar 1982 wurde eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckt, indem Cognac-Lieferungen zu Preisen unter dem genannten Schwellenpreis sehr erschwert wurden und für jeden Geschäftsabschluß eine automatische Qualitätsprüfung sowohl bei dem Lieferanten als auch bei seinem Abnehmer vorgesehen wurde. Der systematische und automatische Charakter dieser Kontrollen und somit die Unannehmlichkeiten, die sie für die Verkäufer und ihre Abnehmer zur Folge haben, sind dazu angetan, Kunden abzuschrecken, die Cognac von Händlern, die unter dem Schwellenpreis verkaufen, beziehen wollen. Obgleich diese Maßnahmen so dargestellt wurden, als dienten sie nur zur Gewährleistung der Qualität, bezweckten sie in Wirklichkeit, die Cognac-Hersteller davon abzuhalten, ihre Produkte unter dem Schwellenpreis anzubieten. Diese Beschränkung war spürbar, da sie die Händler zwang, ihren Cognac zu einem erheblich über ihrem Selbstkostenpreis liegenden Verkaufspreis abzusetzen (siehe oben Nr. 37 und Anlage IV). Diese Maßnahme war aus den unter Nrn. 58 und 59 dargelegten Gründen geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen.

B. Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag

(66) Damit eine Freistellungsentscheidung gemäß Artikel 85 Absatz 3 ergehen kann, muß die Vereinbarung bei der Kommission gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 angemeldet worden sein, es sei denn, diese Verpflichtung entfällt aufgrund des Artikels 4 Absatz 2 dieser Verordnung. Die von dieser Entscheidung betroffenen Branchenvereinbarungen fallen jedoch nicht unter die Gruppe der in Artikel 4 Absatz 2 dieser Verordnung genannten Absprachen, da sie die Einfuhr zwischen Mitgliedstaaten betreffen und da mehr als zwei Unternehmen an ihnen beteiligt sind ; sie wurden bei der Kommission nicht angemeldet, obgleich das BNIC in seinem Schreiben vom 20. November 1979 angab, diese Anmeldung sei geplant. Jedenfalls könnte die Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 aus den nachstehenden Gründen nicht gewährt werden, auch wenn die Vereinbarungen angemeldet worden wären.

(67) Das BNIC macht in seinem Schreiben vom 20. November 1979 geltend, das Ziel der Vereinbarung sei, "die qualitative Verbesserung der Produktion (...), ein Vertrieb ohne Verfälschungen und (...) die Förderung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts, der unmittelbar den Verbrauchern zugute kommt, insbesondere durch die verlängerte Reifung bei allen Qualitätsarten".

(68) In erster Linie ist festzustellen, daß dieses Argument sich im wesentlichen auf die Behauptung stützt, die angewandten Preise seien sehr viel oder beträchtlich höher als die festgesetzten Mindestpreise, während die Prüfung des Sachverhalts im Gegenteil zeigt, daß annhähernd so hohe oder ebenso hohe Preise wie die vorgeschriebenen Mindestpreise angewandt werden.

(69) Die Festsetzung von Mindestpreisen lässt sich keinesfalls mit einem angeblichen Qualitätsgewährleistungszweck rechtfertigen. Eine solche Maßnahme ist dafür überfluessig und unwirksam. Sie ist überfluessig, denn die Rechtsbestimmungen über Herstellung, Lagerung, Reifung und Vermarktung von Cognac gestatten eine hinreichende Ahndung etwaiger Betrugsfälle. Sie ist unwirksam, denn für die Produkte, deren Preis den vorgeschriebenen Mindestpreis überschreitet, wird keine zusätzliche Kontrolle eingeführt ; folglich würde die Festlegung eines Mindestpreises - angenommen die Rechtsbestimmungen zum Schutz der Verwendung der Ursprungsbezeichnung "Cognac" wären unwirksam - nicht verhindern, daß Erzeugnißse, die den durch diese Rechtsbestimmungen festgesetzten Qualitätsmaßstäben nicht entsprechen, ungestraft vermarktet werden, sobald ihre Preise die vorgeschriebenen Mindestpreise überschreiten.

(70) Ausserdem stuenden die beanstandeten Maßnahmen auf alle Fälle in keinem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel, denn sie untersagen ohne Ausnahme, daß Branntwein, der die notwendigen Voraussetzungen erfuellt, um die Ursprungsbezeichnung "Cognac" zu führen, unter den durch die Branchenvereinbarung festgesetzten Mindestpreisen vermarktet wird. Überdies gibt es keine Bestimmung, aufgrund derer der Beweis dafür erbracht werden kann, daß ein Produkt, welches unter dem festgesetzten Mindestpreis verkauft wird, nicht gleichwohl die durch die Rechtsbestimmungen festgelegten Qualitätsvoraussetzungen erfuellt (1).

(71) Der Verbraucher erlangt zum einen nicht den Vorteil einer Verbesserung der Qualität, wie vorstehend dargelegt wurde. Ebensowenig werden ihm die sonstigen angeblichen Vorteile zuteil, die von BNIC geltend gemacht werden (siehe oben Nr. 67), denn die beanstandeten Maßnahmen haben zur Folge, daß die Preise höher festgesetzt werden, als es im freien Spiel von Angebot und Nachfrage der Fall wäre.

C. Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17

(72) Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß das BNIC Zuwiderhandlungen gegen Artikel 85 EWG-Vertrag begangen hat. Das BNIC hat diese Zuwiderhandlungen vorsätzlich, zumindest aber fahrlässig begangen. Ihm können die diesbezueglichen Entscheidungen der Kommission und die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht unbekannt gewesen sein. Es ist insbesondere bekannt, daß die Vereinbarungen oder Beschlüsse, in denen Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen Preise oder Bedingungen vereinbaren, die in mit Dritten abgeschlossenen Verträgen anzuwenden sind, von den Gemeinschaftsbehörden regelmässig verfolgt und verurteilt werden, wenn sie geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Dem BNIC konnte es ebenfalls nicht unbekannt sein, daß es eine Vereinigung von Unternehmen im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 darstellt, denn die Kommission hat bereits mit Entscheidung 76/684/EWG (2) einer ähnlichen Organisation, dem "Bureau national interprofessionel de l'armagnac (BNIA)", diese Eigenschaft zugesprochen.

(73) Es ist festzuhalten, daß das Problem der Vereinbarkeit der Preisfestsetzungsmaßnahmen mit den Wettbewerbsregeln auf den Sitzungen des Ständigen Ausschusses angesprochen worden ist (siehe oben Nr. 27). Seit dem 4. September 1979 war die Aufmerksamkeit des BNIC durch die Dienststellen der Kommission auf die Tatsache gelenkt worden, daß die fragliche Berufsvereinbarung dem Verbot des Artikels 85 Absatz 1 unterfallen dürfte.

Der Direktor des BNIC hat in seiner Erwiderung die Kommission von der Absicht der Mitglieder des BNIC in Kenntnis gesetzt, die betreffende Vereinbarung anzumelden, um eine Freistellung gemäß Artikel 85 Absatz 3 zu erlangen.

(74) Infolgedessen ist dem BNIC eine Geldbusse gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 aufzuerlegen. Zur Bestimmung der Höhe dieser Geldbusse hat die Kommission den nachfolgenden Umständen Rechnung getragen.

(75) Die Festlegung von Mindestpreisen durch Vereinbarung oder durch Entscheidung einer Vereinigung von Unternehmen ist eine schwere Verletzung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft. Die Festlegung von Verkaufspreisen ist ausdrücklich in Artikel 85 Absatz 1 Buchstabe a) EWG-Vertrag als eine der (1) Die Entscheidung des Regierungskommissars vom 9. April 1976 (siehe oben Nrn. 13 und 14) bestimmte hingegen in einem solchen Fall, die Vermarktung sei erst nach einer Kostprobe und Zustimmung des Ausschusses zur Qualität möglich. (2) ABl. Nr. L 231 vom 21.8.1976, S. 24. Maßnahmen erwähnt, die das freie Spiel des Wettbewerbs verhindern, beschränken oder verfälschen. Die Kommission hat in ihren Entscheidungen bereits wiederholt Preisvereinbarungen als mit Artikel 85 Absatz 1 unvereinbar bezeichnet und der Gerichtshof hat diesen Standpunkt bestätigt.

(76) Die durch die Berufsvereinbarungen hinsichtlich der destillierbaren Weißweine und der Cognac-Branntweine eingeführten Mindesthandelspreise, die am 12. Dezember 1978, am 18. Oktober 1979 und am 7. November 1980 vereinbart wurden, haben vom 1. Februar 1979 bis zum 31. Dezember 1981 Anwendung gefunden. Ein weiterer Verstoß ist vom BNIC im Zeitraum vom 4. Januar 1982 bis zum 31. März 1982 durch die Aufstellung eines Schwellenpreises begangen worden. Diese vom BNIC der Kommission nicht mitgeteilte Maßnahme ist erst auf deren erneutes Einschreiten hin aufgehoben worden. Die Zuwiderhandlung hat daher praktisch mehr als drei Jahre lang angedauert.

(77) Die vorgenannten wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen sind insofern in einem besonderen juristischen Rahmen insbesondere deshalb ergriffen worden, weil die betreffenden Berufsvereinbarungen hinterher jedes Jahr durch Ministererlaß für allgemeinverbindlich erklärt worden sind. Daraus folgt, daß ein Teil der festgestellten wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen sich aus der zwingenden Anwendung der betreffenden Berufsvereinbarungen durch die Unternehmen ergibt, die nicht Mitglied der im BNIC vertretenen Berufsverbände sind -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Bestimmungen der Branchenvereinbarungen über die Preise für destillierbare Weißweine und Cognac-Branntweine, die im Rahmen der BNIC für die Wirtschaftsjahre 1978/79,1979/80 und 1980/81 abgeschlossen wurden und in denen die Mindestpreise für den Absatz von Cognac festgelegt wurden, haben vom 1. Februar 1979 bis 31. Dezember 1981 Verstösse gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dargestellt. Hierunter fallen insbesondere Artikel 7 der am 12. Dezember 1978 geschlossenen Branchenvereinbarung, Artikel 7 der am 18. Oktober 1979 geschlossenen Branchenvereinbarung und Artikel 8 der am 7. November 1980 geschlossenen Branchenvereinbarung.

Artikel 2

Der BNIC-Beschluß, der im Informationsbulletin des BNIC Nr. 929 vom 4. Januar 1982 unter dem Titel "Kontrolle der Cognac-Qualität - Schwellenverkaufspreis" veröffentlicht und am 31. März 1982 aufgehoben wurde, stellte eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dar.

Artikel 3

(1) Gegen das "Bureau national interprofessionnel du Cognac" wird eine Geldbusse in Höhe von 160 000 (einhundertsechzigtausend) ECU oder 1 049 144 ffrs festgesetzt.

(2) Dieser Betrag ist binnen drei Monaten nach dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung auf das Konto Nr. 5.770.006.5 der Kommission der Europäischen Gemeinschaften bei der Société Générale, Agence Internationale, 23, rü de la Paix, 75002 - Paris zu überweisen.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist gemäß Artikel 192 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ein vollstreckbarer Titel.

Artikel 5

Diese Entscheidung ist an das Bureau national interprofessionnel du cognac, 3, rü Georges Briand, F-16100 Cognac (Frankreich), gerichtet.

Brüssel, den 15. Dezember 1982.

Für die Kommission

Frans ANDRIESSEN

Mitglied der Kommission

ANHANG I

>PIC FILE= "T0022449">

ANHANG II

>PIC FILE= "T0022450">

ANHANG III

>PIC FILE= "T0022451">

ANHANG IV

>PIC FILE= "T0022452">