31981D0881

81/881/EWG: Entscheidung der Kommission vom 28. September 1981 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EWG-Vertrags (IV/29.988 - Flachglas in Italien) (Nur der italienische Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 326 vom 13/11/1981 S. 0032 - 0043


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 28. September 1981 betreffend ein Verfahren nach Artikel 85 des EWG-Vertrags (IV/29.988 - Flachglas in Italien) (Nur der italienische Text ist verbindlich) (81/881/EWG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 85,

gestützt auf die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962 (1), insbesondere auf die Artikel 1, 3 und 4,

im Hinblick auf das von der Kommission am 22. Januar 1980 von Amts wegen eingeleitete Verfahren gegen die Gesellschaften Fabbrica pisana S.p.A., Pisa, Società italiana vetro S.p.A., San Salvo (Chieti), Vernante Pennitalia S.p.A., Cuneo, sowie das Istituto sviluppo vetro, Mailand, die Associazione sviluppo vetro Italia centrale, Ancona, und die Associazione meridionale del vetro in lastre, Catania, in bezug auf die Vereinbarungen und Beschlüsse von Vereinigungen, die den Flachglasmarkt in Italien betreffen,

nach Anhörung der beteiligten Unternehmen gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 und den Bestimmungen der Verordnung Nr. 99/63/EWG der Kommission vom 25. Juli 1963 (2),

im Hinblick auf die vom Beratenden Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen am 16. Juni 1981 gemäß Artikel 10 der Verordnung Nr. 17 abgegebene Stellungnahme,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I

SACHVERHALT

Der Sachverhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen:

A. DIE UNTERNEHMEN

I. Die Vereinigungen

Das Istituto sviluppo vetro (ISVE) wurde 1975 von den grössten norditalienischen Flachglasgroßhandelsunternehmen in Mailand gegründet und durch Beschluß seiner Hauptversammlung vom 13. März 1979 aufgelöst. Die der Vereinigung angeschlossenen Unternehmen kontrollierten den Flachglasmarkt in Norditalien zu über 50 %.

Die Associazione sviluppo vetro Italia centrale (ASVIC) wurde am 24. Juli 1976 von den bedeutendsten Großhändlern der Regionen Umbrien, Marken, Emilia-Romagna und Toskana in Ancona gegründet. Sie wurde mit Beschluß des Verwaltungsrats vom 20. April 1979 aufgelöst.

Nach Auflösung dieser beiden Vereinigungen wurde das ursprünglich gegen sie eingeleitete Verfahren gegen die Unternehmen fortgesetzt, die den Vereinigungen während der Gültigkeit der Vereinbarungen angehört hatten.

Der Associazione meridionale del vetro in lastre (AMVL), die am 11. September 1976 in Catania gegründet wurde, gehören die bedeutendsten Großhändler Süditaliens an. Ihr Tätigkeitsgebiet erstreckt sich auch auf einige Regionen in Mittelitalien, insbesondere die von Rom. In diesen Regionen beträgt ihr Anteil am Flachglasmarkt mehr als 50 %.

Diese Vereinigungen, die keinen Erwerbszweck verfolgen, haben gleichlautende Satzungen und Regeln angenommen, insbesondere über - die Förderung einer Einkaufspolitik, die die günstigsten Vertragsbedingungen für die Verbandsmitglieder sichert,

- die rationellste Verteilung und Verarbeitung von Flachglas.

(1) ABl. Nr. 13 vom 21.2.1962, S. 204/62. (2) ABl. Nr. 127 vom 20.8.1963, S. 2268/63. Die Dauer dieser Vereinigungen wurde auf fünf Jahre festgesetzt ; sie kann verlängert werden.

Unternehmen, die der Vereinigung beitreten möchten, müssen folgende Voraussetzungen erfuellen: - sie müssen Flachglas vertreiben und verarbeiten;

- sie müssen den Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der geschäftlichen Zuverlässigkeit erbringen;

- ihre Mitgliedschaft muß mit Zweidrittelmehrheit des Vorstandes befürwortet werden.

II. Die Gesellschaften 1. Die in Pisa ansässige Fabbrica pisana S.p.A. (nachstehend "Fabbrica pisana" genannt) mit einem Grundkapital von 11 934 500 000 Lire ist eine 100prozentige Tochtergesellschaft von Saint-Gobain Industries, einer Gesellschaft des Konzerns Saint-Gobain/Pont-à-Mousson. Diesem Konzern, der zu den grössten Industriekonzernen der Welt zählt, gehören 134 Gesellschaften an, die in 17 verschiedenen Ländern ansässig sind. Er ist in sechs industrielle und kommerzielle Abteilungen eingeteilt, wobei jede Abteilung von einer Holdinggesellschaft abhängt, die 100prozentig von Saint-Gobain/Pont-à-Mousson kontrolliert wird. Der Konzern besitzt in Italien neben der Fabbrica pisana folgende Gesellschaften, die in unterschiedlicher Weise am Glasmarkt beteiligt sind : Vetreria milanese Lucchini-Perego, Vetreria italiana Balzaretti-Modigliani, Vetreria Luigi Fontana, Vetrerie riunite Bordoni-Miva. Unter diesen Gesellschaften ist die "Vetreria Luigi Fontana", Mailand, mit ihrer Tochtergesellschaft "Felice Quentin", Florenz, der grösste Verarbeitungsbetrieb und Großhändler in Italien.

Der Konzern Saint-Gobain/Pont-à-Mousson beschäftigt rund 110 000 Personen, davon 69 000 in der Abteilung für das Bauwesen, zu der auch die glaserzeugenden Werke gehören.

Die Gesellschaft Saint-Gobain Industries, die an der Spitze der Abteilung für das Bauwesen steht, kontrolliert 25 Tochtergesellschaften, darunter auch die Fabbrica pisana in Italien, die rund 3 000 Personen beschäftigt. Diese letztgenannte besitzt Werke in Caserta, Pisa, Savigliano und Turin, die folgende Glasarten herstellen: 1. Floatglas, klar und farbig (blau, bernsteinfarben, bronzefarben, grün, grau),

2. Gußglas, klar und farbig, einschließlich U-Profilglas,

3. verarbeitetes Glas für das Baugewerbe (BIVER).

2. Die Società italiana vetro S.p.A. (nachstehend "SIV" genannt), die ihren Sitz in Rom hat und ein Grundkapital von 28 Milliarden Lire besitzt, ist eine vom Staat kontrollierte Gesellschaft. Sie wurde im Mai 1962 von den Gesellschaften Ente finanziamento industria meccanica, Rom (nachstehend "EFIM" genannt), und der Società finanziamenti idrocarburi S.p.A., Mailand (nachstehend "SOFID" genannt), gegründet. Zur Zeit befindet sich das gesamte Kapital der SIV zu je 50 % im Besitz von SOFID und der Società mineraria carbonifera sarda, einer Tochtergesellschaft des EFIM-Konzerns (nachstehend "MCS" genannt).

Bis zum Mai 1974 besaß SIV lediglich Anlagen zur Herstellung von Tafelglas (gezogenes Glas). Die Kapazität wurde schrittweise bis auf 38 000 Tonnen pro Jahr verringert und die Fabrikation im September 1975 endgültig eingestellt. Ab Mai 1974 wurden eine Fertigungsstrasse für Floatglas mit einer Kapazität von 120 000 Tonnen pro Jahr sowie eine Produktionsanlage für Gußglas in Betrieb genommen. Seit 1979 läuft auch eine Floatglasstrasse im Besitz des Unternehmens Flovetro S.p.A., zu je 50 % Tochtergesellschaft der SIV und der Fabbrica pisana und mit einer Kapazität von 120 000 Tonnen pro Jahr, die die beiden Muttergesellschaften gemeinsam benutzen.

SIV kontrolliert auch zwei Verarbeitungsunternehmen, die auf die Spiegelglasherstellung spezialisierte Tochter ILVED S.p.A. in San Salvo und die auf die Herstellung von Sicherheitsglas spezialisierte Tochter Vetröuropa S.p.A. in Turin.

Die SIV, deren Anlagen sich in San Salvo (Chieti) befinden, stellt zur Zeit mit 3 500 Beschäftigten Floatglas, Gußglas und verarbeitetes Glas (Sicherheits- und Isolierglas) her.

Zu den Verkaufsstellen der SIV in Europa gehören eine Tochtergesellschaft für den östlichen Bereich (SIV-Deutschland in Frankfurt/M.) und eine Tochtergesellschaft für den westlichen Bereich (SIV-Frankreich in Paris).

3. Das in Cuneo ansässige Unternehmen Vernante Pennitalia S.p.A. mit einem Grundkapital von 16 106 700 000 Lire ging am 30. November 1974 aus der Fusion der Gesellschaft "Vernante" und der Gesellschaft "Pennitalia", einer italienischen Tochtergesellschaft von PPG-Industries Inc., Pittsburgh (USA), hervor. Das Grundkapital von Vernante Pennitalia ist unter PPG-Industries (80,5 %), den ehemaligen Aktionären von Vernante (17,5 %) und Montedison (2 %) aufgeteilt. Dieses Unternehmen stellt Floatglas, gezogenes Glas und Gußglas her und verarbeitet dieses auch zu Fertigerzeugnissen. Ausserdem kontrolliert Vernante Pennitalia zu 100 % die "Pennitalia Securglas S.p.A.", deren Sitz und Werke sich in Roccasecca di Frosinone befinden. Dieses Unternehmen stellt hauptsächlich Spezialgläser für die Kraftfahrzeugindustrie her.

B. DIE ERZEUGNISSE UND DIE MARKTSITUATION

1. In diesem Verfahren sind die verschiedenen Arten von Flachglas betroffen.

Flachglas kann je nach dem angewandten Herstellungsverfahren in drei Arten eingeteilt werden: - gezogenes Glas, eine farblose und durchsichtige Glasfolie, die zur Herstellung von Fensterglas verwendet wird;

- Gußglas, eine durch Walzen erzeugte Folie von ungleicher Oberfläche, nicht durchsichtig, sondern durchscheinend;

- Spiegelglas, eine durchscheinende Folie mit nahezu vollkommen parallelen Flächen ; es kann nach zwei Verfahren, dem kontinuierlichen Fließverfahren und dem "Float"-Verfahren hergestellt werden. Letzteres Verfahren wird von SIV, Fabbrica pisana und Vernante Pennitalia angewandt.

Alle Flachglasarten werden in verschiedener Stärke klar oder gefärbt hergestellt, doch ist es aus technischen Gründen nicht zweckmässig, für die Herstellung der beiden unterschiedlichen Qualitäten denselben Ofen zu benutzen.

2. Floatglas wurde erstmals Anfang der 60er Jahre industriell hergestellt : Wegen der im Verhältnis zu seiner Qualität verhältnismässig geringen Herstellungskosten hat es rasch die meisten anderen Flachglasarten verdrängt. Dank seiner vielseitigen Verwendbarkeit ist in naher Zukunft mit einer weiteren Zunahme des Verbrauchs zu rechnen.

3. Obwohl das Verhältnis Qualität/Preis eindeutig zugunsten von Floatglas ausfällt, werden in Italien noch immer erhebliche Mengen Gußglas und gezogenes Glas verkauft, ersteres wegen seiner physikalischen Eigenschaften, die es für bestimmte Verwendungszwecke besonders geeignet machen, letzteres wegen der ziemlich niedrigen Herstellungskosten, weil die Investitionen inzwischen völlig amortisiert werden konnten.

4. Die Abnehmer der Flachglashersteller - mit Ausnahme der Kfz-Hersteller, die 95 % des für diese Branche bestimmten Floatglases aufnehmen - sind im wesentlichen Großhändler und verarbeitende Betriebe. Einige wenige Großhändler beschränken sich darauf, das Glas so weiterzuverkaufen, wie sie es gekauft haben, während andere ausserdem Anlagen zum Schneiden und für andere Bearbeitungsvorgänge besitzen. Die Verarbeitungsbetriebe stellen Sicherheitsglas, Isolierglas, Spiegel usw. für das Baugewerbe und die Möbelindustrie her.

5. Die nachfolgende Tabelle enthält für die drei Arten von Flachglas (Gußglas, gezogenes Glas und Floatglas) statistische Angaben über Produktion, Einfuhren und Ausfuhren in Italien in den Jahren 1974 bis 1978.

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6. Auf die italienischen Hersteller entfielen während der Dauer der Vereinbarungen mindestens folgende Anteile am gesamten Flachglasmarkt in Italien : Fabbrica pisana 20 %, SIV 14 %, Vernante Pennitalia 14 %, Fabbrica Sciarra 3 %, Vetro-Coke 3 % ; der Rest entfiel auf die Einfuhren. Diese Einfuhren, vor allem von Floatglas, stammten etwa zur Hälfte von den beiden grossen europäischen Produzenten Saint-Gobain und BSN direkt oder über belgische und deutsche Tochtergesellschaften und zur Hälfte von den Fenster- und Gußglasangeboten vor allem aus den östlichen Staatshandelsländern sowie einigen sehr unregelmässigen Floatglasimporten aus den Vereinigten Staaten.

7. Die Ausfuhren von Flachglas stellten einen bedeutenden Teil der Produktion der beteiligten Unternehmen dar, insbesondere von SIV und Vernante Pennitalia, die 1976 und 1977 rund 55 % ihrer Produkte auf anderen EWG-Märkten absetzten. Fabbrica pisana hat im Rahmen der globalen Geschäftspolitik des Konzerns Saint-Gobain ebenfalls Flachglas in die EWG-Mitgliedstaaten ausgeführt.

C. DIE VEREINBARUNGEN

I. Vereinbarungen zwischen Großhändlern und verarbeitenden Betrieben und Beschlüsse ihrer Vereinigungen

1. Diese Vereinbarungen sind in den vollkommen miteinander übereinstimmenden Satzungen und Geschäftsordnungen der drei Vereinigungen sowie in den Beschlüssen der Verwaltungsgremien dieser Vereinigungen niedergelegt, die in den Sitzungsprotokollen der Verwaltungsgremien enthalten sind. Danach vertritt die Hauptversammlung die Gesamtheit der Mitglieder, ihre Beschlüsse sind verbindlich und verpflichten alle Mitglieder der Vereinigungen, einschließlich der abwesenden und derjenigen, die den Beschlüssen nicht zugestimmt haben.

2. Gemäß den Satzungen der drei Verbände übernehmen die Mitglieder folgende Verpflichtungen: - Übermittlung einer Durchschrift aller an die Produzenten vergebenen Aufträge an die Vereinigung;

- Annahme der in der Geschäftsordnung vorgesehenen Kontrollen durch die Hersteller gleichlaufend zu deren Verpflichtung, der Vereinigung eine Durchschrift der auf die Mitglieder der Vereinigung lautenden oder von diesen selbst ausgestellten Rechnungen und etwaigen Gut- und Lastschriften zu übermitteln.

3. Die Geschäftsordnungen der drei Vereinigungen sowie die Beschlüsse der Verwaltungsräte bestimmen genau die konkreten Zielsetzungen der Vereinbarungen, die Verpflichtungen der Mitglieder, die Sanktionen für etwaige Verstösse und die praktischen Anwendungsmaßnahmen. a) Die Vorschriften der Vereinigungen nennen folgende konkreten Ziele: - eine gemeinsame Handelspolitik, zu deren Verwirklichung jede Vereinigung durch die Festlegung, Anwendung und Einhaltung eines Absatztarifs für Flachglas und Verarbeitungserzeugnisse ein gemeinsames Absatzverhalten fördern muß;

- die Zusammenarbeit der Produzenten, "um eine Produktionspolitik zu fördern, die zur Steigerung des Glasverbrauchs geeignet ist, und um durch eine angemessene Absatzpolitik die Verarbeitungserzeugnisse aufzuwerten". Zu diesem Zweck müssen die Vereinigungen mit den Produzenten einen abgestuften Nachlaß "vertraglich vereinbaren", der nur den Verbandsmitgliedern als Gegenleistung für ihre Verpflichtungen gewährt wird ; zugleich bemühen sie sich darum, die Aufträge ihrer Mitglieder an die Hersteller nach einem im voraus festgesetzten Verteilungsplan weiterzugeben.

b) Folgende Verpflichtungen der Mitglieder sind zu erwähnen: - die Verpflichtung, die Erzeugnisse nur von Unternehmen zu beziehen, die die Vereinigungen ausgewählt haben. Zu diesem Zweck muß jedes Mitglied eine Abschrift seiner Aufträge mit folgenden Angaben übermitteln: - Menge und Qualität der Erzeugnisse,

- Preise und eingeräumte Nachlässe,

- Name des Lieferanten (unverbindlich);

- die Verpflichtung, ohne vorherige Genehmigung durch den Vorstand weder direkt noch indirekt Lieferungen von ausländischen Herstellern zu beziehen, ausser im Falle der Einfuhr: a) aus Ländern, für die eine Kontingentierung durch den italienischen Staat vorgesehen ist, im Rahmen dieser Kontingentierung,

b) von Spezialerzeugnissen, die von anderen als den von der Vereinigung ausgewählten Herstellern gefertigt werden;

- die Verpflichtung der Mitglieder, die Einfuhren aus den Ostblockstaaten tätigen, diese zu 25 % dem Verband zur Verfügung zu stellen, der sie in angemessener Weise unter den Mitgliedern aufzuteilen hat, die von dieser Versorgungsquelle "ausgeschlossen", jedoch an der Lieferung interessiert sind. Weigert sich der Einführer, dieser Verpflichtung nachzukommen, so muß er die Differenz zwischen seinem Bezugspreis und dem Bezugspreis für ein gleiches inländisches Erzeugnis an die Vereinigung abführen. Dies gilt nicht, wenn der Einführer sich zum Wiederverkauf des Einfuhrerzeugnisses zum Inlandspreis verpflichtet;

- die Verpflichtung der Vereinigung, die zu Sonderpreisen verkauften Erzeugnismengen im Verhältnis zu den in den vorangegangenen zwölf Monaten getätigten Käufen zu Normalpreisen unter den Mitgliedern aufzuteilen;

- die Zahlung einer Kaution in Höhe von 3 Millionen Lire in bar oder in Höhe von 6 Millionen Lire mit Schecks;

- die Vorlage eines detaillierten Inventars, das den Lagerbestand vor Aufnahme in die Vereinigung (nicht früher als 30 Tage) wiedergibt.

c) Zu den "Verstössen" der Mitglieder, die von den Vereinigungen geahndet werden können, gehören - die Nichtübersendung einer Auftragskopie an die Vereinigung,

- die Nichteinwilligung in die regelmässigen Kontrollen durch die Vereinigung,

- die Lieferung oder das Lieferangebot von Erzeugnissen zu niedrigeren als den von der Vereinigung festgesetzten Preisen,

- die Weigerung, die vom Vorstand der Vereinigung festgelegte Einkaufspolitik zu befolgen.

Im Verstoßfall kann der Vorstand Geldbussen in Höhe von 250 000 bis 3 Millionen Lire verhängen und in bestimmten "schweren" Fällen den Produzenten empfehlen, die Lieferungen an den "Widerspenstigen" eine Zeitlang auszusetzen, oder seinen Ausschluß verkünden.

II. Vereinbarungen zwischen den Vereinigungen des Großhandels und der Verarbeitungsunternehmen und den Produzenten

1. Fabbrica pisana, Vernante Pennitalia und SIV waren von Anfang an an der Gründung der Vereinigungen von Großhändlern und Verarbeitungsunternehmen interessiert. Das erste Sitzungsprotokoll des Vorstands von ISVE vom 25. Juli 1975 erwähnt die Bereitschaft der drei Hersteller, den Forderungen der Vereinigung nachzukommen ; diese Forderungen betreffen - die angewandten Preise und den nur für Mitglieder vorgesehenen abgestuften Nachlaß,

- die Garantie der Aufrechterhaltung des Preisniveaus bei Lieferungen an die Vertriebshändler,

- die Einhaltung der Nachlasstarife und die Beachtung der Kundenliste.

Als Gegenleistung für diese Verpflichtungen, welche die Hersteller in der Folgezeit eingingen, verpflichteten sich die Großhändler und Verarbeitungsunternehmen ab September 1975 zu einer regelrechten Auftragsplanung.

Das vorgenannte Protokoll erwähnt die von der ISVE beschlossene Aufteilung des Gesamtbetrags der laufenden Aufträge (3 200 Millionen Lire): - 56 % für Fabbrica pisana,

- 27 % für Vernante Pennitalia,

- 17 % für SIV.

Die der Fabbrica pisana zugeteilten 56 % umfassen auch die Aufträge der Gesellschaft Fontana, einer Verkaufsfiliale dieses Herstellers, auf die 37 % des Gesamtbetrags entfallen, so daß sich folgende Restverteilung ergibt: - 32 % für Fabbrica pisana,

- 42 % für Vernante Pennitalia,

- 26 % für SIV.

2. Die Vereinbarungen über die ISVE wurden nach einer Sitzung, die am 27. Februar 1976 in Mailand stattfand, formell getroffen.

Mit drei Schreiben gleichen Datums (9. April 1976), die die wesentlichen Bestandteile der durch Briefwechsel angenommenen Vereinbarungen zusammenfassten, forderte die ISVE sodann Fabbrica pisana, Vernante Pennitalia und SIV auf, eine Verpflichtung einzugehen. Diese Verpflichtung wurde auch gegenüber den beiden anderen Verbänden verlangt, die sich damals noch im Gründungsstadium befanden. a) Fabbrica pisana antwortete der ISVE am 21. April 1976, der ASVIC und der AMVL am 29. September 1976.

b) Die Antwortschreiben von Vernante Pennitalia wurden am 9. Juni 1976 an die ISVE und am 15. November 1976 an die ASVIC und an die AMVL gerichtet.

c) SIV antwortete der ISVE am 5. Mai 1976 und der AMVL und der ASVIC am 8. November 1976.

3. Der Inhalt der Vereinbarungen zwischen der ISVE einerseits und den Herstellern andererseits, so wie er aus dem vorerwähnten Briefwechsel und aus den Protokollen der Hauptversammlungen der Vereinigung hervorgeht, kann wie folgt zusammengefasst werden: a) Die Hersteller räumen den angeschlossenen Vertriebshändlern einen abgestuften Nachlaß ein, dessen Höhe vorerst auf 7 % festgesetzt wurde (für Spezialglas sind einige Ausnahmen vorgesehen).

b) Sämtliche Aufträge der Mitglieder müssen über die Vereinigung vergeben werden ; nur für so vergebene Aufträge wird der abgestufte Nachlaß gewährt.

c) Die Verrechnung des abgestuften Nachlasses erfolgt sechsmonatlich.

d) Das Kundenverzeichnis jedes Herstellers muß jährlich nach objektiven Maßstäben unter Berücksichtigung des Einkaufs- (oder Verkaufs-)volumens, der Beschäftigtenzahl und der Investitionen überarbeitet werden (diese Klausel wurde von Vernante Pennitalia nicht angenommen).

e) Die Großhandels- und Verarbeitungsunternehmen verpflichten sich zur Einhaltung der Sätze für die Verarbeitungserzeugnisse nach den mit den Herstellern abgesprochenen Tarifen.

f) Die Vereinigungen verpflichten sich, für jeden Hersteller Bezugsquoten ihrer Mitglieder zu reservieren.

g) Die den Vereinigungen angeschlossenen Verarbeitungs- und Großhandelsunternehmen müssen in Kontrollen ihres Rechnungswesens durch eine von den Herstellern benannte Kommission einwilligen.

h) Die Mitglieder verpflichten sich, den Herstellern bei Abschluß der Vereinbarungen die Listen der bei anderen Herstellern ausserhalb Italiens in Auftrag gegebenen Bestellungen zu übermitteln.

i) Mitglieder, die die von den Herstellern festgelegten Bedingungen nicht beachten, erhalten keinen abgestuften Nachlaß. Diese Sanktion kommt zu den von den Vereinigungen vorgesehenen Sanktionen hinzu (siehe vorstehend Ziffer C I 3 c).

4. Was die AMVL und die ASVIC angeht, so wurden die Vereinbarungen zwischen diesen Vereinigungen und den Herstellern einfacher gestaltet, ohne darin alle vorgenannten Klauseln vorzusehen. Aber auch diese Vereinbarungen enthalten die Verpflichtung für die Großhändler und Verarbeitungsunternehmen, ihre Bezuege nur unter den italienischen Herstellern angemessen aufzuteilen sowie die Verpflichtung für letztere, den Mitgliedern ihrerseits einen abgestuften Nachlaß zu gewähren, der praktisch dem abgestuften Nachlaß für die ISVE-Mitglieder entsprach.

III. Anwendung der Vereinbarungen

Aus der Prüfung der eingeholten Unterlagen - insbesondere der Protokolle der Versammlungen - ergibt sich, daß die vorerwähnten Vereinbarungen angewandt wurden, wenngleich häufig nur zum Teil und unregelmässig. a) Die ISVE und die AMVL teilten den Mitgliedern entweder durch Verteilung von Tarifen oder durch die Mitteilung von "Produktionskosten" die von den Großhändlern und Verarbeitungsunternehmen einzuhaltenden Preise mit. Laut Protokoll Nr. 26 von ISVE vom 11. Februar 1977 handelt es sich um die höchsten Preise der Welt. Die Verbände können prozentuale, nach Glasqualitäten und Liefermodalitäten gestaffelte Aufschläge auf diese Preise genehmigen.

b) Die Nachlässe, welche die Mitglieder ihren Kunden gewähren können, sind ebenfalls Gegenstand von Vereinbarungen im Rahmen der drei Vereinigungen. Die Gewährung weiterer Nachlässe erfolgte in dem Masse, wie die Marktlage dies erforderte, entsprechend der Herkunft des Glases sowie der Qualität des Produkts und der Liefermodalitäten.

c) Die Vereinigungen, die befugt waren, als Einkaufskontore zu handeln, bemühten sich, die Flachglaseinfuhren nach Italien zu kontrollieren. Dies war beispielsweise der Fall bei Einfuhren aus Deutschland (Protokoll Nr. 6 von ISVE vom 18. November 1975), aus Belgien (Protokoll Nr. 2 von ISVE vom 6. Oktober 1976) und aus Spanien (Protokoll Nr. 25 von ISVE vom 13. Januar 1977).

d) Mit Beschluß vom 8. April 1976 verpflichtete die ISVE ihre Mitglieder, ihre Bestellungen künftig unmittelbar an die Vereinigung zu richten, die sie dann an die Hersteller weitergeben wollte.

e) Die Vereinigungen erteilten ihren Mitgliedern die erforderlichen Weisungen, um die in den Vereinbarungen vorgesehenen statistischen Erhebungen zu ermöglichen, die auch die Einfuhren betrafen.

f) Unternehmen, die den Vereinigungen angehörten, wurde der abgestufte Nachlaß regelmässig gewährt und zu den vereinbarten Zeitpunkten ausgezahlt.

Indessen traten während der Laufzeit der Vereinbarungen ständig Spannungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten auf. So belieferten die Hersteller weiter einige selbständige Großhändler zu gleichen oder sogar besseren Bedingungen als die Mitglieder der Verbände, während die Großhändler und Verarbeitungsunternehmen ihrerseits noch vereinzelt im Ausland einkauften. Aber diese Ausnahmen waren selten und nahmen erst nach Beendigung der Vereinbarungen spürbar zu.

Zum Inhalt der Vereinbarungen, der unter Ziffer 3 zusammengefasst wird, ist zu bemerken, daß der abgestufte Nachlaß bis zum 30. April 1976 7 % und ab 1. Mai 1976 5 % betrug. Im Protokoll Nr. 32 der ISVE vom 29. Juni 1977 ist ein Vorschlag zur Anhebung des abgestuften Nachlasses um 5 % auf 10 % enthalten, den die Vereinigung der Fabbrica pisana und der SIV zur Wiederbelebung der Vereinbarungen machte.

Die Beteiligten, die zunächst eine vierteljährliche Zahlung des abgestuften Nachlasses vereinbart hatten, einigten sich schließlich auf eine halbjährliche Zahlung.

IV. Dauer der Vereinbarungen

Die zwischen den Vereinigungen und den Herstellern bestehenden Vereinbarungen wurden im zweiten Halbjahr 1977 allmählich aufgegeben, da die Hersteller die Verpflichtung, den abgestuften Nachlaß ausschließlich Mitgliedern der Vereinigungen vorzubehalten, nicht mehr anerkannten. Formell wurden diese Vereinbarungen lediglich von der Fabbrica pisana am 21. November 1977 gekündigt.

Die Satzungen und die Geschäftsordnungen der ISVE und der ASVIC sowie die Beschlüsse, die von den Versammlungen dieser beiden Vereinigungen gefasst worden waren, blieben bis zur Auflösung der genannten Vereinigungen in Kraft. Die AMVL behielt die Befugnis, als Einkaufskontor zu fungieren und Preise und Verkaufsbedingungen für ihre Mitglieder festzusetzen. Doch wurden die Vereinbarungen und Beschlüsse innerhalb der Vereinigungen praktisch schon nicht mehr angewandt, als die Vereinbarungen mit den Herstellern ausliefen. Sogar die AMVL hatte eine starke Lockerung ihrer internen Bindungen zu verzeichnen, nachdem sie von den anderen Vereinigungen und von den Herstellern nicht mehr unterstützt wurde.

II

RECHTLICHE BEURTEILUNG

A. ANWENDBARKEIT VON ARTIKEL 85 ABSATZ 1

Nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten. 1. Die Unternehmen Fabbrica pisana, SIV und Vernante Pennitalia sowie die Mitgliedsgesellschaften der Vereinigungen SIV, ASVIC und AMVL sind Unternehmen im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag.

2. Die Beschlüsse der Vereinigungen ISVE, ASVIC und AMVL sowie die von diesem Verfahren betroffenen Vereinbarungen zwischen den Mitgliedern der genannten Vereinigungen untereinander sowie mit den Gesellschaften Fabbrica pisana, SIV und Vernante Pennitalia sind Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen sowie Vereinbarungen zwischen Unternehmen im Sinne des Artikels 85 Absatz 1.

3. Die betreffenden Beschlüsse und Vereinbarungen bezwecken und bewirken eine Verhinderung, Einschränkung und Verfälschung des Wettbewerbs zwischen den beteiligten Unternehmen auf dem Flachglasmarkt.

(a) Vereinbarungen der Großhändler und Verarbeitungsunternehmen untereinander und Beschlüsse der Vereinigungen

(a) 1. Die Vereinbarungen der Großhändler und der Verarbeitungsunternehmen untereinander und die Beschlüsse der Vereinigungen ISVE, ASVIC und AMVL können zusammen betrachtet werden, da die Zielsetzungen, die Mittel und die Wirkungen bei allen drei Vereinigungen gleich sind. Sie bezwecken eine Einschränkung des Wettbewerbs zwischen den grössten italienischen Vertriebshändlern für dieses Erzeugnis. Hierzu ist zu bemerken, daß Flachglas trotz verschiedener Qualitäten (Floatglas, gezogenes Glas, Gußglas) in qualitativer Hinsicht nach wie vor ein besonders homogenes Erzeugnis ist, so daß ein Wettbewerb praktisch nur bei den Preisen und Absatzbedingungen möglich ist. Die Befugnisse der satzungsmässigen Organe der drei Vereinigungen, die Preise der Erzeugnisse auszuhandeln und im Namen ihrer Mitglieder die Lieferanten auszuwählen, beschränken somit die Freiheit der Mitglieder der Vereinigungen, im Zeitpunkt des Einkaufs miteinander in Wettbewerb zu treten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Ebenso sollen das Einfuhrverbot und die Verpflichtung, etwaige Einfuhren aus Staatshandelsländern wenigstens teilweise aufzuteilen, die Mitglieder davon abhalten, miteinander in Wettbewerb zu treten.

Die Befugnis der Vereinigungen, einheitliche Preise einzuführen und die Absatzbedingungen für Flachglas zu bestimmen, bezweckte und bewirkte eine Schwächung des Interesses und der Fähigkeit der Mitglieder, miteinander in Wettbewerb zu treten, und folglich die Aufrechterhaltung der Flachglaspreise auf einem anomal hohen Stand.

(a) 2. Die genannten Vereinbarungen und Beschlüsse sind geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar zu beeinträchtigen. Das Verbot, die betreffenden Erzeugnisse von ausländischen Herstellern zu beziehen, betrifft angesichts des Umfangs des innergemeinschaftlichen Handels und der Produktion der genannten Hersteller, die grossteils für die Ausfuhr bestimmt ist, in erster Linie die Hersteller der EG-Länder. Ausserdem haben diese Vereinbarungen und Beschlüsse den innergemeinschaftlichen Handel auch mittelbar beeinträchtigt, da die Mitglieder verpflichtet wurden, die aus Drittländern eingeführten Flachglasmengen zumindest teilweise unter den Mitgliedern aufzuteilen und zu den von den Vorständen der Vereinigungen festgesetzten Preisen weiterzuverkaufen. Dieses Verhalten steht insofern im Widerspruch zu den Grundsätzen des Gemeinsamen Marktes als es dazu beiträgt, daß auf dem italienischen Markt künstlich eine andere Preisregelung eingeführt wird als auf den anderen Märkten der Gemeinschaft, wo das freie Spiel der Kräfte sich auch bei Einfuhrerzeugnissen frei entfalten kann.

(b) Vereinbarungen zwischen den Herstellern und den Vereinigungen

(b) 1. Vereinbarungen, welche die Großhändler und Verarbeitungsunternehmen verpflichten, bei ihren Flachglasbezuegen zugunsten der betreffenden Händler (die ihnen dafür einen abgestuften Nachlaß einräumen) im voraus festgesetzte Quoten zu beachten, stellen von Artikel 85 Absatz 1 Buchstabe c) des Vertrages unmittelbar erfasste Wettbewerbsbeschränkungen dar. Auch die Klauseln über die Weitergabe geschäftlicher Informationen sowie die Einführung von Kontrollen über die Anwendung der Vereinbarungen fallen unter das Verbot des Artikels 85 Absatz 1, da sie es den Herstellern ermöglichen, sich zu vergewissern, daß die vereinbarten Regeln von allen beteiligten Unternehmen eingehalten werden.

(b) 2. Die Vereinbarungen zwischen den Herstellern und den Vereinigungen waren aus folgenden Gründen geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen: a) Jeder der betroffenen Hersteller beschränkt seine Tätigkeit nicht auf den italienischen Markt, sondern ist auch an den Märkten der anderen Mitgliedstaaten beteiligt. Dadurch, daß die einzelnen Hersteller wegen der vorherigen Festsetzung der Quoten für den italienischen Markt ihre eigene Produktions- und Absatzpolitik nicht mehr autonom bestimmen können, werden die Handelsströme zwischen den Mitgliedstaaten zwangsläufig beeinträchtigt.

b) Die Hersteller gewährten den abgestuften Nachlaß für die Mitglieder der Vereinigungen unter anderem als Ausgleich für das den Mitgliedern auferlegte Ausfuhrverbot. Insofern wurden die Handelsströme zwischen Italien und den anderen Mitgliedstaaten durch diese Vereinbarungen spürbar beeinträchtigt, da den Herstellern der anderen Mitgliedstaaten auf künstliche Weise rund 60 % der Absatzmöglichkeiten auf dem italienischen Flachglasmarkt genommen wurden.

4. Die betreffenden Vereinbarungen und Beschlüsse waren dazu geeignet, den Wettbewerb auf dem italienischen Flachglasmarkt spürbar zu beeinträchtigen, nicht allein wegen der Art der vorgesehenen Beschränkungen, sondern auch wegen der Stellung der beteiligten Unternehmen auf dem genannten Markt. Auf die Vereinigungen, denen die Mehrzahl der grössten italienischen Vertriebshändler in diesem Sektor angehören, entfallen nämlich etwa 60 % des gesamten Flachglasabsatzes auf dem italienischen Markt. Die betreffenden Hersteller vereinigen etwa 94 % der italienischen Produktion auf sich und decken rund 60 % des italienischen Flachglasbedarfs.

B. NICHTANWENDBARKEIT VON ARTIKEL 85 ABSATZ 3

Nach Artikel 85 Absatz 3 EWG-Vertrag können die Bestimmungen des Absatzes 1 für nicht anwendbar erklärt werden auf Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne daß den beteiligten Unternehmen Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele unerläßlich sind, oder Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten. 1. Gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 sind Vereinbarungen, für welche die Beteiligten Artikel 85 Absatz 3 in Anspruch nehmen wollen, bei der Kommission anzumelden. Solange sie nicht angemeldet worden sind, kann eine Erklärung nach Artikel 85 Absatz 3 nicht abgegeben werden. Im vorliegenden Fall wurde diese Anmeldung nicht vorgenommen. Mithin kann nicht geprüft werden, ob die Voraussetzungen für eine Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 von den betreffenden Vereinbarungen erfuellt werden.

Auf jeden Fall ist zumindest eine der Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 nicht erfuellt. Durch diese Vereinbarungen und Beschlüsse konnten nämlich wegen der sich ergänzenden Wirkungen von einheitlichen Preisen und Absatzquoten nahezu die gesamte italienische Flachglasproduktion und rund 60 % des italienischen Flachglasverbrauchs sowohl dem Wettbewerb zwischen den Herstellern als auch dem Wettbewerb zwischen den italienischen Großhändlern entzogen werden, wodurch während der Gültigkeitsdauer der Vereinbarungen für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren der Wettbewerb ausgeschaltet wurde.

Der Zugang zu diesen 60 % des italienischen Bedarfs wurde aufgrund des Verbots, im Ausland zu kaufen, sowie aufgrund der Kaufverpflichtungen der Vereinigungen gegenüber den italienischen Herstellern und aufgrund des abgestuften Nachlasses zugunsten der Großhändler und Verarbeitungsunternehmen, bei dem von Herstellern und Vertriebshändlern der anderen Mitgliedstaaten stammenden Flachglas erschwert.

2. Es bleibt noch zu prüfen, ob bei den betreffenden Vereinbarungen davon ausgegangen werden kann, daß sie von der Verpflichtung zur Anmeldung nach Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17/62 ausgenommen sind, wonach diese Verpflichtung nicht für Vereinbarungen und Verhaltensweisen gilt, wenn an ihnen nur Unternehmen aus einem Mitgliedstaat beteiligt sind und sie nicht die Ein- und Ausfuhr zwischen Mitgliedstaaten betreffen.

Im vorliegenden Fall ist die zweitgenannte Bedingung nicht erfuellt, da die Mitglieder der drei Vereinigungen vereinbart haben, den Vertriebsunternehmen als Gegenleistung für die Verpflichtung der Hersteller, ihrerseits den Großhändlern, die eine solche Verpflichtung eingehen, einen abgestuften Nachlaß zu gewähren, die Flachglaseinfuhr ohne ausdrückliche Genehmigung durch die Vorstände der Vereinigungen zu untersagen.

Daher ist der genannte Artikel 4 Absatz 2 nicht anwendbar.

C. ANWENDBARKEIT VON ARTIKEL 15 ABSATZ 2 DER VERORDNUNG Nr. 17

Nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 kann die Kommission gegen die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen Geldbussen festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen Artikel 85 Absatz 1 verstossen.

Im vorliegenden Fall besteht keine Veranlassung, Geldbussen zu verhängen, da die Kommission festgestellt hat, daß die Gültigkeitsdauer der betreffenden Vereinbarungen und Beschlüsse, gemessen an der Art und den Zielen der Beschränkungen, relativ kurz und die Durchführung der wettbewerbsbeschränkenden Klauseln dieser Vereinbarungen und Beschlüsse von vornherein begrenzt war und nur teilweise erfolgte, sogar in der Zeit, als sie offiziell bestanden -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Vereinbarungen zwischen den Mitgliedsgesellschaften der Vereinigungen ISVE, ASVIC und AMVL und die Beschlüsse dieser Vereinigungen sowie die von ihnen über ihre satzungsmässigen Organe mit den italienischen Flachglasherstellern Fabbrica pisana S.p.A, Società italiana vetro S.p.A und Vernante Pennitalia S.p.A geschlossenen Vereinbarungen stellen wegen der folgenden Klauseln Zuwiderhandlungen gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft dar: a) Satzungen, Durchführungsverordnungen und Beschlüsse der genannten Vereinigungen: - Verpflichtung für die Mitglieder, nur über die Vereinigungen zu beziehen,

- Einfuhrverbot für die Mitglieder und Verpflichtung, die nach vorheriger Genehmigung durch die Vereinigung gegebenenfalls aus Staatshandelsländern eingeführten Erzeugnisse aufzuteilen,

- Aufstellung und Einhaltung einer gemeinsamen Preisliste;

b) Vereinbarungen zwischen den Vereinigungen und den Herstellern: - Festlegung von Absatzquoten,

- Gewährung eines abgestuften Nachlasses,

- Übermittlung von Geschäftsinformationen,

- Kontrolle der Tätigkeit der Mitglieder der Vereinigungen.

Artikel 2

Diese Entscheidung ist an die nachstehenden Unternehmen gerichtet:

Fabbrica pisana S.p.A., Pisa, Società italiana vetro S.p.A., San Salvo (Chieti), Vernante Pennitalia S.p.A., Cuneo, Associazione meridionale vetro in lastre, Catania, im Namen und für Rechnung ihrer Mitglieder,

sowie an die dem Istituto sviluppo vetro in Mailand und der Associazione sviluppo vetro Italia centrale, Ancona, angeschlossenen Unternehmen, die in den Anlagen A und B namentlich aufgeführt sind.

Brüssel, den 28. September 1981

Für die Kommission

Frans ANDRIESSEN

Mitglied der Kommission

ANLAGE A Mitglieder der ISVE

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ANLAGE B Mitglieder der ASVIC

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