31971R2358

Verordnung (EWG) Nr. 2358/71 des Rates vom 26. Oktober 1971 zur Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Saatgut

Amtsblatt Nr. L 246 vom 05/11/1971 S. 0001 - 0005
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 3 Band 4 S. 0040
Dänische Sonderausgabe: Reihe I Kapitel 1971(III) S. 0787
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 3 Band 4 S. 0040
Englische Sonderausgabe: Reihe I Kapitel 1971(III) S. 0894
Griechische Sonderausgabe: Kapitel 03 Band 7 S. 0066
Spanische Sonderausgabe: Kapitel 03 Band 5 S. 0097
Portugiesische Sonderausgabe: Kapitel 03 Band 5 S. 0097


VERORDNUNG (EWG) Nr. 2358/71 DES RATES vom 26. Oktober 1971 zur Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Saatgut

DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 42 und 43,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Arbeitsweise und Entwicklung des gemeinsamen Marktes für landwirtschaftliche Erzeugnisse müssen verbunden sein mit einer gemeinsamen Agrarpolitik, und diese muß eine gemeinsame Organisation der landwirtschaftlichen Einzelmärkte umfassen, die je nach Erzeugnis unterschiedliche Formen annehmen kann.

Die besondere Marktlage verschiedener Saatgutarten wird durch die Notwendigkeit gekennzeichnet, wettbewerbsfähige Preise im Verhältnis zu den Weltmarktpreisen für diese Erzeugnisse aufrechtzuerhalten ; daher sollte durch geeignete Maßnahmen sowohl die Stabilität des Marktes als auch ein angemessenes Einkommen für die beteiligten Erzeuger gewährleistet werden.

Zu diesem Zweck ist die Möglichkeit vorzusehen, eine Beihilfe bei der Erzeugung verschiedener Saatgutarten zu gewähren ; angesichts der Eigenart dieser Erzeugung ist für diese Beihilfe ein System der Pauschalfestsetzung je Doppelzentner erzeugten Saatguts vorzusehen.

Die gemeinsame Marktorganisation für Saatgut hat die Einführung einer einheitlichen Handelsregelung an den Aussengrenzen der Gemeinschaft zur Folge ; der Gemeinsame Zolltarif wird gemäß dem Vertrag automatisch ab 1. Januar 1970 angewandt ; diese Zollregelung ermöglicht den Verzicht auf alle sonstigen Schutzmaßnahmen ; um jedoch den Markt der Gemeinschaft gegenüber aussergewöhnlichen Störungen durch Einfuhren oder Ausfuhren nicht ungeschützt zu lassen, muß die Gemeinschaft die Möglichkeit haben, rasch die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Die zuständigen Behörden müssen in der Lage sein, zwecks Beurteilung der Marktentwicklung den Warenverkehr ständig zu verfolgen und die erforderlichen Maßnahmen zu treffen ; zu diesem Zweck ist die Möglichkeit der Erteilung von Einfuhrlizenzen in Verbindung mit der Stellung einer Kaution vorzusehen, welche die Einfuhren gewährleisten soll, für die diese Lizenzen beantragt wurden ; die Einfuhren im Rahmen von ordnungsgemäß registrierten Vermehrungsverträgen müssen von dieser Kaution befreit sein.

Bei Hybridmais zur Aussaat muß vermieden werden, daß der Markt der Gemeinschaft durch Angebote zu anomalen Preisen auf dem Weltmarkt gestört wird ; aus diesem Grunde sind für dieses Erzeugnis Referenzpreise festzusetzen und die Zölle um eine Ausgleichsabgabe zu erhöhen, wenn die Angebotspreise frei Grenze, zuzueglich der Zölle, unter den Referenzpreisen liegen.

Im Binnenhandel der Gemeinschaft sind ab 1. Januar 1970 die Erhebung von Zöllen oder Abgaben gleicher Wirkung sowie mengenmässige Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung gemäß dem Vertrag automatisch verboten.

Die Vertragsbestimmungen, die die Möglichkeit bieten, die von den Mitgliedstaaten gewährten Beihilfen zu beurteilen und bei deren Unvereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu untersagen, müssen auf den Saatgutsektor angewandt werden können.

Um die Durchführung der geplanten Maßnahmen zu erleichtern, ist ein Verfahren für eine enge (1)ABl. Nr. C 11 vom 5.2.1971, S. 30. (2)ABl. Nr. C 36 vom 19.4.1971, S. 38. Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission im Rahmen eines Verwaltungsausschusses vorzusehen.

Der Übergang von den zur Zeit in den Mitgliedstaaten geltenden Regelungen zu der in dieser Verordnung vorgesehenen Regelung muß sich unter den günstigsten Bedingungen vollziehen ; daher können sich Übergangsmaßnahmen als notwendig erweisen -

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Es wird eine gemeinsame Marktorganisation für Saatgut errichtet, die nachstehende Erzeugnisse betrifft: >PIC FILE= "T0002844">

Artikel 2

Das Vermarktungsjahr für Saatgut beginnt am 1. Juli eines jeden Jahres und endet am 30. Juni des folgenden Jahres.

Artikel 3

(1) Gewährleisten die in der Gemeinschaft bestehende Marktlage für eines oder mehrere der im Anhang erwähnten Erzeugnisse und deren voraussichtliche Entwicklung den Erzeugern keine angemessenen Einkünfte, so kann eine Beihilfe für die Herstellung dieser Erzeugnisse gewährt werden, sofern es sich um Basissaatgut oder zertifiziertes Saatgut handelt.

Diese für jede Art oder Sortengruppe in der ganzen Gemeinschaft einheitliche Beihilfe wird jedes Jahr vor dem 1. August für das im folgenden Jahr beginnende Vermarktungsjahr festgesetzt. Die Höhe der Beihilfe für das Vermarktungsjahr 1972/1973 wird jedoch vor dem 1. Juli 1972 festgesetzt.

(2) Die Beihilfe wird je Doppelzentner erzeugten Saatguts unter Berücksichtigung folgender Faktoren festgesetzt: a) der Notwendigkeit, das Gleichgewicht zwischen dem für die Gemeinschaft erforderlichen Produktionsumfang und den Absatzmöglichkeiten für diese Produktion sicherzustellen;

b) der Preise dieser Erzeugnisse auf den Aussenmärkten.

(3) Die Beihilfe wird nach dem Verfahren des Artikels 43 Absatz 2 des Vertrages festgelegt.

(4) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission nach dem Abstimmungsverfahren des Artikels 43 Absatz 2 des Vertrages die allgemeinen Vorschriften zur Gewährung der Beihilfe und beschließt gegebenenfalls die Änderung des Anhangs.

(5) Die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel werden nach dem Verfahren des Artikels 11 erlassen.

Artikel 4

(1) Für alle Einfuhren der in Artikel 1 genannten Erzeugnisse in die Gemeinschaft kann eine Einfuhrlizenz verlangt werden, die jedem Antragsteller unabhängig vom Ort seiner Niederlassung in der Gemeinschaft von den Mitgliedstaaten erteilt wird.

Diese Lizenz gilt für Einfuhren in die Gemeinschaft.

Ausser bei Einfuhren, die im Rahmen von Verträgen über in einem dritten Land vermehrtes Saatgut getätigt und ordnungsgemäß registriert werden, werden die Lizenzen nur bei Hinterlegung einer Kaution erteilt, die die Gewähr dafür bietet, daß die Einfuhr während der Gültigkeitsdauer der Lizenz erfolgt ; diese Kaution verfällt ganz oder teilweise, wenn die Einfuhr nicht fristgerecht oder nur teilweise erfolgt.

(2) Die Liste der Erzeugnisse, für die Einfuhrlizenzen erforderlich sind, wird nach dem Verfahren des Artikels 11 festgelegt.

Die Gültigkeitsdauer der Lizenzen und die sonstigen Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel werden nach dem gleichen Verfahren festgelegt.

Artikel 5

Vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen dieser Verordnung oder vorbehaltlich einer vom Rat auf Vorschlag der Kommission nach dem Abstimmungsverfahren des Artikels 43 Absatz 2 des Vertrages beschlossenen Ausnahme ist beim Handel mit dritten Ländern folgendes untersagt: - die Erhebung von Abgaben gleicher Wirkung wie Zölle,

- die Anwendung von mengenmässigen Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung.

Artikel 6

(1) Für jeden zur Aussaat bestimmten Typ von Hybridmais wird jährlich vor dem 1. Juli ein Referenzpreis festgesetzt.

Diese Referenzpreise, die in Rechnungseinheiten je Doppelzentner ausgedrückt werden, werden auf der Grundlage der in den letzten drei Wirtschaftsjahren festgestellten Frei-Grenze-Preise festgesetzt, allerdings mit Ausnahme der anomal niedrigen Preise. Die Referenzpreise gelten vom 1. Juli des Jahres, in dem sie festgesetzt werden, bis zum 30. Juni des darauffolgenden Jahres.

(2) Für jeden Typ von Hybridmais, für den ein Referenzpreis festgesetzt wird, wird an Hand aller verfügbaren Angaben für jede Herkunft ein Angebotspreis frei Grenze festgesetzt.

(3) Für den Fall, daß bei einem Typ von Hybridmais mit Herkunft aus einem dritten Land der Angebotspreis frei Grenze, zuzueglich der Zölle, unter dem Referenzpreis liegt, wird bei der Einfuhr dieses Erzeugnisses aus dem betreffenden dritten Land unter Einhaltung der sich aus der Konsolidierung im GATT ergebenden Verpflichtungen eine Ausgleichsabgabe erhoben. Diese Ausgleichsabgabe ist gleich dem Unterschied zwischen dem Referenzpreis und dem Frei-Grenze-Preis, zuzueglich der Zölle.

Die Ausgleichsabgabe wird nicht gegenüber dritten Ländern erhoben, die bereit und in der Lage sind, zu garantieren, daß der Preis, der bei der Einfuhr von Saatgut von Hybridmais mit Ursprung in und Herkunft aus ihrem Hoheitsgebiet angewandt wird, nicht unter dem Referenzpreis, abzueglich der Zölle, liegen wird und daß Verkehrsverlagerungen vermieden werden.

(4) Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission nach dem Abstimmungsverfahren des Artikels 43 Absatz 2 des Vertrages die allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel.

(5) Die Referenzpreise, die Ausgleichsabgaben und die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel werden nach dem Verfahren des Artikels 11 festgelegt.

Artikel 7

(1) Wird der Markt in der Gemeinschaft für eines oder mehrere der in Artikel 1 genannten Erzeugnisse auf Grund von Einfuhren oder Ausfuhren ernstlichen Störungen ausgesetzt oder von ernstlichen Störungen bedroht, die die Ziele des Artikels 39 des Vertrages gefährden könnten, so können im Handel mit dritten Ländern geeignete Maßnahmen angewandt werden, bis die tatsächliche oder die drohende Störung behoben ist.

Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission nach dem Abstimmungsverfahren des Artikels 43 Absatz 2 des Vertrages die Durchführungsbestimmungen zu diesem Absatz fest und bestimmt, in welchen Fällen und innerhalb welcher Grenzen die Mitgliedstaaten Schutzmaßnahmen treffen können.

(2) Tritt die in Absatz 1 erwähnte Lage ein, so beschließt die Kommission auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von sich aus die erforderlichen Maßnahmen ; diese werden den Mitgliedstaaten mitgeteilt und sind unverzueglich anzuwenden. Ist die Kommission mit einem Antrag eines Mitgliedstaats befasst worden, so entscheidet sie hierüber innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach Eingang des Antrags.

(3) Jeder Mitgliedstaat kann dem Rat die Maßnahmen der Kommission binnen einer Frist von höchstens drei Arbeitstagen nach dem Tag ihrer Mitteilung vorlegen. Der Rat tritt unverzueglich zusammen. Er kann die betreffende Maßnahme nach dem Abstimmungsverfahren des Artikels 43 Absatz 2 des Vertrages ändern oder aufheben.

Artikel 8

Vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen dieser Verordnung sind die Artikel 92 bis 94 des Vertrages auf die Herstellung der in Artikel 1 genannten Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen anwendbar.

Artikel 9

Die Mitgliedstaaten und die Kommission teilen sich gegenseitig die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Angaben mit. Die Einzelheiten der Mitteilung und Bekanntgabe dieser Angaben werden nach dem Verfahren des Artikels 11 festgelegt.

Artikel 10

(1) Es wird ein Verwaltungsausschuß für das Saatgutwesen - im folgenden "Ausschuß" genannt - eingesetzt, der aus Vertretern der Mitgliedstaaten besteht und in dem ein Vertreter der Kommission den Vorsitz führt.

(2) In diesem Ausschuß werden die Stimmen der Mitgliedstaaten nach Artikel 148 Absatz 2 des Vertrages gewogen. Der Vorsitzende nimmt an der Abstimmung nicht teil.

Artikel 11

(1) Wird auf das in diesem Artikel festgelegte Verfahren Bezug genommen, so befasst der Vorsitzende entweder von sich aus oder auf Antrag des Vertreters eines Mitgliedstaats den Ausschuß.

(2) Der Vertreter der Kommission unterbreitet einen Entwurf der zu treffenden Maßnahmen. Der Ausschuß nimmt zu diesen Maßnahmen innerhalb einer Frist, die der Vorsitzende entsprechend der Dringlichkeit der zu prüfenden Fragen bestimmen kann, Stellung. Die Stellungnahme kommt mit einer Mehrheit von zwölf Stimmen zustande.

(3) Die Kommission erlässt Maßnahmen, die sofort anwendbar sind. Entsprechen diese Maßnahmen jedoch nicht der Stellungnahme des Ausschusses, so werden sie dem Rat von der Kommission alsbald mitgeteilt ; in diesem Fall kann die Kommission die Anwendung der von ihr beschlossenen Maßnahmen bis zur Dauer von höchstens einem Monat nach dieser Mitteilung aussetzen.

Der Rat kann nach dem Abstimmungsverfahren des Artikels 43 Absatz 2 des Vertrages binnen einer Frist von einem Monat anders entscheiden.

Artikel 12

Der Ausschuß kann jede andere Frage prüfen, die ihm der Vorsitzende von sich aus oder auf Antrag des Vertreters eines Mitgliedstaats vorlegt.

Artikel 13

Bei der Durchführung dieser Verordnung ist zugleich den in Artikel 39 und 110 des Vertrages genannten Zielen in geeigneter Weise Rechnung zu tragen.

Artikel 14

Die Bestimmungen über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik gelten vom Inkrafttreten dieser Verordnung an für den Markt der in Artikel 1 genannten Erzeugnisse.

Artikel 15

In Artikel 1 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 120/67/EWG (1) wird die Tarifnummer "10.05 : Mais" durch die Tarifstelle "10.05 B : anderer als Hybridmais zur Aussaat" ersetzt.

Artikel 16

Sind Übergangsmaßnahmen zur Erleichterung des Übergangs von der in den Mitgliedstaaten geltenden Regelung oder, für Hybridmais zur Aussaat, von der durch die Verordnung Nr. 120/67/EWG eingeführten Regelung zu der in dieser Verordnung vorgesehenen Regelung erforderlich, insbesondere falls die Anwendung dieser Regelung bei gewissen Erzeugnissen auf erhebliche Schwierigkeiten stösst, so werden diese Maßnahmen nach dem Verfahren des Artikels 11 erlassen. Sie sind höchstens bis zum 30. Juni 1973 anzuwenden.

Artikel 17

Diese Verordnung tritt am 1. Mai 1972 in Kraft.

Sie wird ab 1. Juli 1972 angewandt.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Luxemburg am 26. Oktober 1971.

Im Namen des Rates

Der Präsident

L. NATALI (1)ABl. Nr. 117 vom 19.6.1967, S. 2269/67.

ANHANG

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