16.11.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 295/52


BESCHLUSS Nr. 1/2022 DES ESA-EU-AUSSCHUSSES FÜR ZUSAMMENARBEIT IM ZOLLWESEN

vom 19. Oktober 2022

über eine automatische Ausnahmeregelung zu den Ursprungsregeln gemäß Protokoll 1 des Interimsabkommens zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen Staaten des östlichen und des südlichen Afrika einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits in Bezug auf die automatische Ausnahmeregelung gemäß Artikel 44 Absatz 8 für haltbar gemachten Thunfisch und „Loins“ genannte Thunfischfilets, die in die EU eingeführt werden [2022/2251]

DER AUSSCHUSS FÜR ZUSAMMENARBEIT IM ZOLLWESEN —

gestützt auf das Interimsabkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen Staaten des östlichen und des südlichen Afrika einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 4 des Protokolls 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das Interimsabkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen Staaten des östlichen und des südlichen Afrika (im Folgenden die „ESA-Staaten“) einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (im Folgenden „Interims-WPA“) (1) wird seit dem 14. Mai 2012 zwischen der Union und der Republik Madagaskar, der Republik Mauritius, der Republik Seychellen sowie der Republik Simbabwe vorläufig angewandt. Das Interims-WPA wird seit dem 7. Februar 2019 auch zwischen der Union und der Union der Komoren vorläufig angewandt.

(2)

Protokoll 1 (2) des Interims-WPA über die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in“ oder „Ursprungserzeugnisse“ und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen enthält die Ursprungsregeln für die Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in den ESA-Staaten in die Union.

(3)

Gemäß Artikel 44 Absatz 8 des Protokolls 1 des Interims-WPA werden im Rahmen eines jährlichen Kontingents von 8 000 Tonnen für Thunfisch in Dosen und 2 000 Tonnen für „Loins“ genannte Thunfischfilets automatisch Ausnahmeregelungen zu diesen Ursprungsregeln gewährt.

(4)

Am 2. Oktober 2017 nahm der ESA-EU-Ausschuss für Zusammenarbeit im Zollwesen den Beschluss Nr. 1/2017 (3) an, mit dem für haltbar gemachten Thunfisch und für „Loins“ genannte Thunfischfilets, die zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 31. Dezember 2022 in die Union eingeführt werden, eine automatische Ausnahmeregelung zu den Ursprungsregeln gemäß Protokoll 1 des Interims-WPA gewährt wird.

(5)

Am 10. Juni 2022 ging bei der Europäischen Kommission ein Antrag der Republik Seychellen im Namen der ESA-Staaten auf eine erneute automatische Ausnahmeregelung gemäß Artikel 44 Absatz 8 des Protokolls 1 des Interims-WPA ein, die ab dem 1. Januar 2023 bis zum Abschluss und zur Anwendung eines neuen Protokolls gelten soll.

(6)

Die derzeitige automatische Ausnahmeregelung läuft am 31. Dezember 2022 aus. Gemäß Artikel 44 Absatz 8 des Protokolls 1 des Interims-WPA sollte der ESA-EU-Ausschuss für Zusammenarbeit im Zollwesen den ESA-Staaten eine solche Ausnahmeregelung ohne Weiteres gewähren.

(7)

Der in Artikel 44 Absatz 8 des Protokolls 1 des Interims-WPA enthaltene Begriff „Thunfisch in Dosen“ bezeichnet in Pflanzenöl oder auf andere Weise haltbar gemachten Thunfisch. Für diese Arten von Thunfisch wird in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates (4) (im Folgenden „Kombinierte Nomenklatur“) der Begriff „haltbar gemacht“ verwendet. Der Begriff „haltbar gemachter Thunfisch“ umfasst Thunfisch in Dosen, jedoch auch in Kunststoffbeuteln oder in anderen Behältern vakuumverpackten Thunfisch. Es ist daher angebracht, den Begriff „haltbar gemachter Thunfisch“ zu verwenden.

(8)

Der Klarheit halber sollte ausdrücklich festgelegt werden, dass für die Herstellung von haltbar gemachtem Thunfisch der KN-Codes 1604 14 21, 1604 14 31 und 1604 14 41, 1604 14 28, 1604 14 38 und 1604 14 48, ex 1604 20 70 sowie von „Loins“ genannten Thunfischfilets der KN-Codes 1604 14 26, 1604 14 36 und 1604 14 46 Thunfisch der HS-Position 0302 oder 0303 ohne Ursprungseigenschaft verwenden werden muss, damit dieser haltbar gemachte Thunfisch und die „Loins“ genannten Thunfischfilets für die Ausnahmeregelung in Betracht kommen.

(9)

In der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission (5) sind Vorschriften für die Verwaltung von Zollkontingenten festgelegt. Diese Vorschriften sollten auf die Verwaltung der Menge angewandt werden, für die die Ausnahmeregelung mit dem vorliegenden Beschluss gewährt wird.

(10)

Der ESA-EU-Ausschuss für Zusammenarbeit im Zollwesen sollte die beantragte automatische Ausnahmeregelung für den Zeitraum gewähren, während dessen Artikel 44 Absatz 8 des Protokolls 1 noch in Kraft ist.

(11)

Im Interesse einer effizienten Überwachung der Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung sollten die Behörden der ESA-Staaten die Europäische Kommission regelmäßig von den gemäß diesem Beschluss ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 oder angegebenen Erklärungen auf der Rechnung in Kenntnis setzen —

BESCHLIEẞT:

Artikel 1

Abweichend von Anhang II des Protokolls 1 des Interims-WPA verleiht die Regel im Anhang dieses Beschlusses in Bezug auf haltbar gemachten Thunfisch und „Loins“ genannte Thunfischfilets der HS-Position 1604 den aus einem ESA-Staat in die Union ausgeführten Erzeugnissen die Ursprungseigenschaft gemäß den Bestimmungen der Artikel 2 bis 5 dieses Beschlusses.

Artikel 2

Die Ausnahmeregelung gemäß Artikel 1 gilt auf Jahresbasis für die im Anhang dieses Beschlusses genannten Waren und Mengen, die aus einem ESA-Staat zum zollrechtlich freien Verkehr in die Union angemeldet werden. Sie endet, wenn Artikel 44 Absatz 8 des Protokolls 1 des Interims-WPA nicht mehr in Kraft ist oder geändert oder ersetzt wird.

Artikel 3

Die im Anhang aufgeführten Mengen werden nach den Artikeln 49 bis 54 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission verwaltet.

Artikel 4

Die Zollbehörden der ESA-Staaten überwachen die Ausfuhrmengen der in Artikel 1 genannten Waren.

Vor Ende des Monats, der auf jedes Kalenderquartal folgt, übermitteln die Zollbehörden dieser Länder der Kommission über das Sekretariat des Ausschusses für Zusammenarbeit im Zollwesen eine Aufstellung der Warenmengen, für die nach diesem Beschluss Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 ausgestellt oder Erklärungen auf der Rechnung angegeben wurden, sowie die laufenden Nummern dieser Bescheinigungen oder die Einzelheiten dieser Erklärungen auf der Rechnung.

Artikel 5

In Feld 7 der nach diesem Beschluss ausgestellten Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 oder Erklärungen auf der Rechnung ist einer der folgenden Vermerke anzugeben:

„Derogation — Decision No 1/2022 of the ESA-EU Customs Cooperation Committee of 19 October 2022“

„Dérogation — Décision n° 1/2022 du Comité de Coopération Douanière AfOA-UE du 19 October 2022“

Artikel 6

Die ESA-Staaten und die Union treffen jeweils die zur Durchführung dieses Beschlusses erforderlichen Maßnahmen.

Artikel 7

Hat die Union auf der Grundlage objektiver Informationen Unregelmäßigkeiten, Betrug oder eine wiederholte Verletzung der Verpflichtungen gemäß Artikel 4 festgestellt, so kann sie die in Artikel 1 genannte Ausnahmeregelung nach dem Verfahren des Artikels 22 Absätze 5 und 6 des Interims-WPA zeitweilig aussetzen.

Artikel 8

Dieser Beschluss tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 19. Oktober 2022.

Beryl Shirley SAMSON

ESA-Vertreterin

im Namen der ESA-Staaten

Matthias PETSCHKE

Europäische Kommission

im Namen der Europäischen Union


(1)  ABl. L 111 vom 24.4.2012, S. 2.

(2)  Beschluss Nr. 1/2020 DES WPA-Ausschusses vom 14. Januar 2020 zur Änderung einiger Bestimmungen des Protokolls 1 über die Bestimmung des Begriffs „Erzeugnisse mit Ursprung in“ oder „Ursprungserzeugnisse“ und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen zum Interimsabkommen zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen Staaten des östlichen und des südlichen Afrika einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits [2020/425] (ABl. L 93 vom 27.3.2020, S. 1).

(3)  Beschluss Nr. 1/2017 des ESA-EU-Ausschusses für Zusammenarbeit im Zollwesen vom 2. Oktober 2017 über eine Ausnahmeregelung zu den Ursprungsregeln gemäß Protokoll 1 des Interimsabkommens zur Festlegung eines Rahmens für ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen Staaten des östlichen und des südlichen Afrika einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits zur Berücksichtigung der besonderen Lage der Staaten des östlichen und südlichen Afrika in Bezug auf haltbar gemachten Thunfisch und „Loins“ genannte Thunfischfilets [2017/1923] (ABl. L 271 vom 20.10.2017, S. 44).

(4)  Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256 vom 7.9.1987, S. 1).

(5)  Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24. November 2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 343 vom 29.12.2015, S. 558).


ANHANG

Laufende Nummer

Kombinierte Nomenklatur

Waren-bezeichnung

Zeitraum

Jahres-kontingent für Ausfuhren aus ESA-WPA-Staaten in die Europäische Union (in Tonnen, Nettogewicht)

Erzeugnisspezifische Ursprungsregel

09.1618

1604 14 21 , 31 und 41

1604 14 28 , 38 und 48

ex 1604 20 70  (1)

Haltbar gemachter Thunfisch (2)

1. Januar bis 31. Dezember

8 000

Herstellen, bei dem alle verwendeten Vormaterialien in ein anderes Kapitel als das Erzeugnis einzureihen sind

09.1619

1604 14 26 , 36 und 46

„Loins“ genannte Thunfisch-filets

1. Januar bis 31. Dezember

2 000

Herstellen, bei dem alle verwendeten Vormaterialien in ein anderes Kapitel als das Erzeugnis einzureihen sind


(1)  TARIC-Codes 1604207030, 1604207040, 1604207050, 1604207092 und 1604207094.

(2)  In jeglicher Verpackungsform, wobei die Ware im Sinne der HS-Position 1604 als haltbar gemacht zu betrachten ist.