17.11.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 408/8


BESCHLUSS Nr. 1/2021 DES WPA-AUSSCHUSSES EINGESETZT DURCH DAS INTERIM-WIRTSCHAFTSPARTNERSCHAFTSABKOMMEN ZWISCHEN CÔTE D’IVOIRE EINERSEITS UND DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT UND IHREN MITGLIEDSTAATEN ANDERERSEITS

vom 20. Oktober 2021

zur Annahme der Streitbeilegungsverfahren und des Verhaltenskodex für Schiedsrichter [2021/2000]

DER WPA-AUSSCHUSS —

gestützt auf das am 26. November 2008 in Abidjan unterzeichnete und seit dem 3. September 2016 vorläufig angewendete Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen Côte d’Ivoire einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits, insbesondere auf Artikel 59 Absatz 1 und Artikel 73,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.

Gemäß Artikel 59 Absatz 1 des Interims-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen Côte d’Ivoire einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (im Folgenden „Abkommen“) unterliegen die Streitbeilegungsverfahren, die in Titel V (Streitvermeidung und -beilegung) Kapitel 3 (Streitbeilegungsverfahren) des Abkommens vorgesehen sind, der dort als Geschäftsordnung bezeichneten Verfahrensordnung, die der WPA-Ausschuss annehmen wird.

2.

Nach Artikel 73 des Abkommens ist zwecks dessen Durchführung der WPA-Ausschuss für die Verwaltung aller unter dieses Abkommen fallenden Bereiche und die Durchführung aller im Abkommen genannten Aufgaben zuständig —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Die Streitbeilegungsverfahren und der denen beigefügte Verhaltenskodex für Schiedsrichter werden so, wie sie im Anhang dargelegt sind, festgelegt.

(2)   Die spezifischen Vorschriften, die im Abkommen enthalten sind oder gegebenenfalls vom WPA-Ausschuss angenommen werden, bleiben von den Bestimmungen dieser Verfahren und diesem Verhaltenskodex unberührt.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Unterzeichnung in Kraft.

Brüssel, den 20. Oktober 2021

Für die Republik Côte d’Ivoire

Kalilou SYLLA

Für die Europäische Union

Cristina MIRANDA GOZALVEZ


ANHANG

STREITBEILEGUNGSVERFAHREN

Artikel 1

Begriffsbestimmungen

In den vorliegenden Streitbeilegungsverfahren (im Folgenden „Verfahrensordnung“) bezeichnet der Ausdruck

Berater: eine natürliche Person, die von einer Vertragspartei beauftragt ist, sie im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren zu beraten oder zu unterstützen;

Schiedspanel: ein nach Artikel 50 des Abkommens eingesetztes Schiedspanel;

Schiedsrichter: ein Mitglied eines nach Artikel 50 des Abkommens eingesetzten Schiedspanels;

Assistent: eine natürliche Person, die im Rahmen des Mandats eines Schiedsrichters Nachforschungen für diesen anstellt oder ihn bei seiner Tätigkeit unterstützt;

Tag: einen Kalendertag;

arbeitsfreier Tag: den Samstag, Sonntag und jeden anderen von einer Vertragspartei im Anwendungsbereich dieser Verfahrensordnung als dienstfreien Tag bestimmten Tag;

Vertreter einer Vertragspartei: eine im Dienst eines Ministeriums, einer Regierungsbehörde oder einer sonstigen öffentlichen Stelle einer Vertragspartei stehende oder von diesen bestellte natürliche Person, welche die Vertragspartei in einer dieses Abkommen betreffenden Streitigkeit vertritt;

beschwerte Vertragspartei: die Vertragspartei, der vorgeworfen wird, dass sie gegen die in Artikel 46 des Abkommens genannten Bestimmungen verstoßen hat;

beschwerdeführende Vertragspartei: die Vertragspartei, welche die Einsetzung eines Schiedspanels nach Artikel 49 des Abkommens beantragt.

Artikel 2

Anwendungsbereich

(1)   Durch die Bestimmungen der vorliegenden Verfahrensordnung wird das Abkommen ergänzt und präzisiert, insbesondere Artikel 49 ff. betreffend das Schiedsverfahren.

(2)   Zweck dieser Verfahrensordnung ist es, den Vertragsparteien zu ermöglichen, etwaige zwischen ihnen entstehende Streitigkeiten mithilfe eines Schiedsverfahrens einvernehmlich zu lösen.

(3)   Beide Vertragsparteien können im Rahmen der Durchführung des Abkommens auf das Schiedsverfahren zurückgreifen, um etwaige zwischen ihnen entstehende Streitigkeiten zu lösen.

Artikel 3

Einleitung des Schiedsverfahrens und Notifizierungen

(1)   Das Schiedsverfahren gilt an dem Tag als eingeleitet, an dem der Antrag auf Einsetzung eines Schiedspanels im Einklang mit Artikel 49 Absatz 2 des Abkommens bei der beschwerten Vertragspartei und beim WPA-Ausschuss eingeht.

(2)   „Notifizierung“ im Sinne dieser Verfahrensordnung ist jeder Antrag, jede Mitteilung, jeder Schriftsatz oder jede sonstige mit dem Schiedsverfahren in Zusammenhang stehende Unterlage, wobei

a)

jede vom Schiedspanel ausgehende Notifizierung beiden Vertragsparteien gleichzeitig zugesandt wird;

b)

jede von einer Vertragspartei ausgehende Notifizierung an das Schiedspanel gleichzeitig in Kopie der anderen Vertragspartei zugesandt wird;

c)

jede von einer Vertragspartei ausgehende Notifizierung an die andere Vertragspartei gleichzeitig in Kopie dem Schiedspanel zugesandt wird, sofern dies angezeigt ist.

(3)   Alle Notifizierungen erfolgen per E-Mail oder gegebenenfalls mittels eines sonstigen Telekommunikationsmittels, bei dem sich die Versendung belegen lässt. Bis zum Beweis des Gegenteils gilt eine solche Notifizierung als am Tag ihrer Versendung zugestellt.

(4)   Alle Notifizierungen sind an die Generaldirektion Handel der Europäischen Kommission beziehungsweise an den von Côte d’Ivoire bestimmten Koordinator zu richten.

(5)   Geringfügige Schreibfehler in Notifizierungen im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren können durch Übermittlung einer neuen Notifizierung, in der die darin vorgenommenen Änderungen deutlich gekennzeichnet sind, berichtigt werden.

(6)   Fällt der letzte Tag der Zustellungsfrist für eine Notifizierung auf einen arbeitsfreien Tag in der Vertragspartei Côte d’Ivoire beziehungsweise in der Europäischen Union, so kann die Notifizierung am nächsten Arbeitstag zugestellt werden. Notifizierungen oder Anträge jeglicher Art gelten niemals als an einem arbeitsfreien Tag eingegangen.

(7)   Je nach Art der Streitfragen werden alle Anträge und Notifizierungen, die nach dieser Verfahrensordnung an den WPA-Ausschuss gerichtet werden, auch in Kopie an die anderen zuständigen institutionellen Gremien weitergeleitet.

Artikel 4

Bestellung der Schiedsrichter

(1)   Wird ein Schiedsrichter nach Artikel 50 des Abkommens per Losentscheid bestimmt, unterrichtet der Vorsitz des WPA-Ausschusses die Vertragsparteien unverzüglich über Datum, Zeitpunkt und Ort der Auslosung.

(2)   Die Auslosung erfolgt in Anwesenheit der Vertreter der Vertragsparteien.

(3)   Der Vorsitz des WPA-Ausschusses unterrichtet jede ausgewählte Person schriftlich von ihrer Bestellung zum Schiedsrichter. Die betreffenden Personen bestätigen beiden Vertragsparteien ihre Verfügbarkeit innerhalb von fünf Tagen ab dem Zeitpunkt des Erhalts ihrer Bestellungsbenachrichtigung.

(4)   Wurde die Liste der Schiedsrichter nicht nach Artikel 64 des Abkommens aufgestellt oder sind auf ihr zum Zeitpunkt der Einreichung eines Antrags nach Artikel 50 Absatz 2 des Abkommens nicht genügend Namen angeführt, so werden die Schiedsrichter per Los unter den Personen ausgewählt, die von einer oder beiden Vertragsparteien offiziell vorgeschlagen wurden.

Artikel 5

Koordinierungssitzung der Vertragsparteien und des Schiedspanels

(1)   Sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren, treffen sie innerhalb von sieben Tagen nach Einsetzung des Schiedspanels mit diesem zusammen, um die von den Vertragsparteien oder dem Schiedspanel für relevant erachteten Fragen zu klären; hierzu gehören unter anderem

a)

die den Schiedsrichtern nach den Sätzen der Welthandelsorganisation (WTO) zu zahlenden Honorare und zu erstattenden Auslagen;

b)

das jedem Assistenten eines Schiedsrichters zu zahlende Honorar, dessen Gesamtbetrag 50 Prozent des Gesamthonorars des Schiedsrichters nicht übersteigen darf;

c)

der Zeitplan für das Verfahren.

(2)   Schiedsrichter und Vertreter der Vertragsparteien können an der Sitzung per Telefon oder über eine Videokonferenz teilnehmen.

(3)   Sofern die Vertragsparteien innerhalb von fünf Tagen nach Einsetzung des Schiedspanels keine andere Vereinbarung treffen, gilt für das Schiedspanel das folgende Mandat:

„Prüfung der im Antrag auf Einsetzung des Schiedspanels vorgelegten Frage im Lichte der einschlägigen Bestimmungen des Abkommens, Beurteilung der Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahme mit den in Artikel 46 des Abkommens genannten Bestimmungen und Erlass einer Entscheidung nach den Artikeln 52, 62 und 63 des Abkommens.“

(4)   Die Vertragsparteien teilen dem Schiedspanel das vereinbarte Mandat innerhalb von drei Tagen nach Erzielung der Einigung über das Mandat mit.

Artikel 6

Schriftsätze

Die beschwerdeführende Vertragspartei übermittelt ihren Einleitungsschriftsatz spätestens zwanzig Tage nach Einsetzung des Schiedspanels. Die beschwerte Vertragspartei legt ihren Erwiderungsschriftsatz spätestens zwanzig Tage nach Eingang des Einleitungsschriftsatzes vor.

Artikel 7

Arbeitsweise des Schiedspanels

(1)   Alle Sitzungen des Schiedspanels werden vom Vorsitz geleitet. Das Schiedspanel kann den Vorsitz ermächtigen, in der jeweiligen Sache Entscheidungen in administrativen und prozeduralen Angelegenheiten zu treffen.

(2)   Gemäß Artikel 9 dieser Verfahrensordnung sind die Schiedsrichter und die geladenen Personen bei den Verhandlungen anwesend. Sofern im Abkommen oder in dieser Verfahrensordnung nichts anderes bestimmt ist und unbeschadet des Artikels 9 Absatz 5 dieser Verfahrensordnung kann sich das Schiedspanel zur Führung seiner Geschäfte jeglicher Kommunikationsmittel bedienen, dazu zählen unter anderem Telefon, Telefax und Computerverbindungen.

(3)   An den Beratungen des Schiedspanels dürfen nur die Schiedsrichter teilnehmen; allerdings kann das Schiedspanel den Assistenten gestatten, den Beratungen beizuwohnen.

(4)   Für das Abfassen von Entscheidungen ist ausschließlich das Schiedspanel zuständig; diese Befugnis ist nicht übertragbar.

(5)   Die Feststellungen, Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Schiedspanels nach den Artikeln 51 und 52 des Abkommens sollten so weit wie möglich einvernehmlich angenommen werden; kann kein Einvernehmen erzielt werden, werden sie von einer Mehrheit der Mitglieder angenommen. Die Schiedsrichter dürfen, falls es zu keiner einvernehmlichen Entscheidung kommt, keine abweichenden Stellungnahmen abgeben.

(6)   Ergibt sich eine Verfahrensfrage, die in Titel V des Abkommens (Streitvermeidung und -beilegung) nicht geregelt ist, so kann das Schiedspanel nach Konsultation der Vertragsparteien ein geeignetes Vorgehen beschließen, das mit diesen Bestimmungen vereinbar ist und die Gleichbehandlung der Vertragsparteien gewährleistet.

(7)   Muss nach Auffassung des Schiedspanels eine Verfahrensfrist, ausgenommen die Fristen in Titel V des Abkommens (Streitvermeidung und -beilegung), geändert oder eine andere prozedurale oder administrative Anpassung vorgenommen werden, so unterrichtet es die Vertragsparteien schriftlich über die Gründe für die Änderung oder die Anpassung sowie über die erforderliche Frist oder die Natur der notwendigen Anpassung. Das Schiedspanel kann solche Änderungen oder Anpassungen nach Konsultation der Vertragsparteien vornehmen.

(8)   Alle in der vorliegenden Verfahrensordnung festgelegten Fristen können im gegenseitigen Einvernehmen der Vertragsparteien geändert werden. Auf Antrag einer Vertragspartei kann das Schiedspanel die Verfahrensfristen ändern.

(9)   Auf gemeinsamen Antrag der Vertragsparteien setzt das Schiedspanel das Verfahren jederzeit während eines von den Vertragsparteien vereinbarten Zeitraums von höchstens zwölf aufeinanderfolgenden Monaten aus.

(10)   Im Falle der Aussetzung werden die relevanten Fristen um die Dauer des Zeitraums, für den das Schiedsverfahren ausgesetzt wurde, verlängert. Das Schiedspanel nimmt das Verfahren auf gemeinsames Ersuchen der Vertragsparteien jederzeit wieder auf, ansonsten auf schriftliches Ersuchen einer Vertragspartei nach Ablauf des vereinbarten Aussetzungszeitraums. Der Antrag wird dem Vorsitz des Schiedspanels und gegebenenfalls der anderen Vertragspartei notifiziert. Wenn das Schiedsverfahren länger als zwölf aufeinanderfolgende Monate ausgesetzt war, wird die Befugnis zur Einsetzung des Schiedspanels hinfällig, und das Schiedsverfahren ist beendet. Die Vertragsparteien können jederzeit vereinbaren, das Schiedsverfahren einzustellen. Eine solche Vereinbarung wird dem Vorsitz des Schiedspanels von den Vertragsparteien gemeinsam mitgeteilt.

(11)   Die Rechte der Vertragsparteien im Rahmen eines anderen, dieselbe Angelegenheit betreffenden Verfahrens nach Titel V des Abkommens (Streitvermeidung und -beilegung) bleiben von der Einstellung der Arbeit des Schiedspanels unberührt.

Artikel 8

Ersetzung

(1)   Kann ein Schiedsrichter nicht am Verfahren teilnehmen, legt er sein Amt nieder oder muss er ersetzt werden, so wird eine Ersatzperson gemäß Artikel 50 des Abkommens bestimmt.

(2)   Ist eine Vertragspartei der Auffassung, dass ein Schiedsrichter gegen die Anforderungen des Verhaltenskodex für Schiedsrichter verstößt und aus diesem Grund ersetzt werden sollte, so teilt sie dies der anderen Vertragspartei innerhalb von fünfzehn Tagen nach dem Zeitpunkt mit, zu dem sie von den Umständen des vermeintlichen Verstoßes des Schiedsrichters gegen den Verhaltenskodex für Schiedsrichter Kenntnis erhalten hat.

(3)   Die Vertragsparteien konsultieren einander innerhalb von fünfzehn Tagen ab dem Tag der Mitteilung nach Absatz 2 des vorliegenden Artikels. Die Vertragsparteien unterrichten den Schiedsrichter über seinen vermeintlichen Verstoß und können ihn ersuchen, die notwendigen Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Bei Einvernehmlichkeit können sie den Schiedsrichter auch abberufen und gemäß Artikel 50 Absatz 2 oder gegebenenfalls Artikel 50 Absatz 3 des Abkommens einen neuen Schiedsrichter bestellen.

(4)   Erzielen die Vertragsparteien keine Einigung darüber, ob ein Schiedsrichter, der nicht den Vorsitz innehat, zu ersetzen ist, so kann jede Vertragspartei beantragen, den Vorsitz des Schiedspanels mit der Frage zu befassen; dessen Entscheidung ist endgültig.

(5)   Stellt der Vorsitz auf den betreffenden Antrag hin fest, dass der Schiedsrichter gegen die Anforderungen des Verhaltenskodex für Schiedsrichter verstößt, so wird ein neuer Schiedsrichter gemäß Artikel 50 Absatz 3 des Abkommens bestimmt.

(6)   Ist eine Vertragspartei der Auffassung, dass der Vorsitz des Schiedspanels gegen die Anforderungen des Verhaltenskodex für Schiedsrichter verstößt, entheben ihn die Vertragsparteien seines Amtes, sofern sie nach der Durchführung von Konsultationen darüber Einvernehmen erzielt haben, und bestimmen gemäß Artikel 50 des Abkommens eine Ersatzperson.

(7)   Erzielen die Vertragsparteien keine Einigung darüber, ob der Vorsitz zu ersetzen ist, so kann jede Vertragspartei beantragen, dass eine der Personen auf der gemäß Artikel 64 des Abkommens erstellten Liste mit Kandidaten für den Vorsitz des Schiedspanels mit dieser Frage befasst wird. Die Person wird vom Vorsitz des WPA-Ausschusses durch Losentscheid ausgewählt. Die so ausgewählte Person entscheidet, ob der Vorsitz gegen die Anforderungen des Verhaltenskodex verstoßen hat. Ihre Entscheidung ist endgültig.

(8)   Wird befunden, dass der Vorsitz gegen die Anforderungen des Verhaltenskodex für Schiedsrichter verstoßen hat, so wird im Einklang mit Artikel 50 Absatz 3 des Abkommens ein neuer Vorsitz bestimmt.

Artikel 9

Verhandlungen

(1)   Auf der Grundlage des nach Artikel 5 Absatz 1 festgelegten Zeitplans und nach Konsultation der Vertragsparteien und der anderen Schiedsrichter unterrichtet der Vorsitz des Schiedspanels die Vertragsparteien über das Datum, die Uhrzeit und den Ort der Anhörung. Vorbehaltlich des Artikels 11 macht die Vertragspartei, der die logistische Abwicklung des Verfahrens obliegt, diese Informationen der Öffentlichkeit zugänglich.

(2)   Ist Côte d’Ivoire die beschwerdeführende Vertragspartei, so findet die Verhandlung in Brüssel statt; ist die Europäische Union die beschwerdeführende Vertragspartei, so findet die Verhandlung in Abidjan statt, es sei denn, die Vertragsparteien treffen andere Vereinbarungen.

(3)   Das Schiedspanel kann zusätzliche Verhandlungen anberaumen, sofern die Vertragsparteien dies vereinbaren.

(4)   Alle Schiedsrichter müssen während der gesamten Dauer einer Verhandlung anwesend sein.

(5)   Unabhängig davon, ob das Verfahren öffentlich ist oder nicht, können an der Anhörung teilnehmen:

a)

Vertreter der Vertragsparteien;

b)

Berater der Vertragsparteien;

c)

administrative Mitarbeiter, Dolmetscher, Übersetzer und Schriftführer;

d)

Assistenten der Schiedsrichter;

e)

die vom Schiedspanel nach Artikel 60 des Abkommens ausgewählten Sachverständigen.

(6)   Jede Vertragspartei legt dem Schiedspanel und der anderen Vertragspartei spätestens fünf Tage vor der Verhandlung eine Liste vor, in der sowohl die Namen der natürlichen Personen aufgeführt sind, die in der Verhandlung den Standpunkt der betreffenden Vertragspartei darlegen oder erläutern werden, als auch die Namen der sonstigen Vertreter oder Berater der Vertragsparteien, die der Verhandlung beiwohnen werden.

(7)   Das Schiedspanel führt die Verhandlungen wie folgt durch und gewährleistet dabei, dass die beschwerdeführende und die beschwerte Vertragspartei über die gleiche Redezeit verfügen:

Argumentation

a)

Argumentation der beschwerdeführenden Vertragspartei;

b)

Argumentation der beschwerten Vertragspartei.

Gegenargumentation

a)

Erwiderung der beschwerdeführenden Vertragspartei;

b)

Gegenerwiderung der beschwerten Vertragspartei.

(8)   Das Schiedspanel kann während der Verhandlung jederzeit Fragen an beide Vertragsparteien richten.

(9)   Das Schiedspanel sorgt dafür, dass über die Verhandlung eine Niederschrift angefertigt und den Vertragsparteien innerhalb von fünfzehn Tagen nach der Verhandlung übermittelt wird. Die Vertragsparteien können zur Niederschrift innerhalb von fünf Tagen nach ihrer Übermittlung Stellung nehmen; das Schiedspanel kann diesen Stellungnahmen Rechnung tragen.

(10)   Innerhalb von zehn Tagen nach der Verhandlung kann jede Vertragspartei den Schiedsrichtern und der anderen Vertragspartei einen Ergänzungsschriftsatz vorlegen, in dem auf Fragen eingegangen wird, die bei der Verhandlung aufgeworfen wurden.

Artikel 10

Schriftliche Fragen

(1)   Das Schiedspanel kann während des Verfahrens jederzeit schriftlich Fragen an eine oder beide Vertragsparteien richten. Jede Vertragspartei erhält eine Kopie aller vom Schiedspanel gestellten Fragen.

(2)   Jede Vertragspartei übermittelt der anderen Vertragspartei auch eine Kopie ihrer schriftlichen Antwort auf die Fragen des Schiedspanels. Die Vertragsparteien erhalten Gelegenheit, innerhalb von fünf Tagen nach der Antwort der jeweils anderen Vertragspartei schriftlich dazu Stellung zu nehmen.

Artikel 11

Transparenz und Vertraulichkeit

(1)   Jede Vertragspartei und das Schiedspanel schützen die Vertraulichkeit aller dem Schiedspanel von der anderen Vertragspartei übermittelten Informationen, die von dieser als vertraulich eingestuft wurden. Enthält ein dem Schiedspanel von einer Vertragspartei vorgelegter Schriftsatz vertrauliche Informationen, so legt diese Vertragspartei innerhalb von fünfzehn Tagen nach Übermittlung dieses Schriftsatzes auch eine nichtvertrauliche Fassung des Schriftsatzes vor, die öffentlich gemacht werden kann.

(2)   Diese Verfahrensordnung hindert eine Vertragspartei nicht daran, ihre eigenen Standpunkte gegenüber der Öffentlichkeit offenzulegen, sofern sie bei etwaigen Bezugnahmen auf Informationen der anderen Vertragspartei keine von dieser als vertraulich eingestuften Informationen offenlegt.

(3)   Enthalten der Schriftsatz und die Argumentation einer Vertragspartei vertrauliche Geschäftsinformationen, so tagt das Schiedspanel in nichtöffentlicher Sitzung. Die Vertragsparteien wahren die Vertraulichkeit der Verhandlungen des Schiedspanels, wenn diese in nichtöffentlicher Sitzung stattfinden.

Artikel 12

Einseitige Kontakte

(1)   Das Schiedspanel kommuniziert nicht mit einer Vertragspartei und kommt nicht mit ihr zusammen, ohne auch die andere Vertragspartei hinzuzuziehen.

(2)   Ein Schiedsrichter darf keine den Verfahrensgegenstand betreffenden Aspekte mit einer Vertragspartei oder den beiden Vertragsparteien erörtern, ohne die anderen Schiedsrichter hinzuzuziehen.

Artikel 13

Amicus-curiae-Schriftsätze

(1)   In einer Vertragspartei niedergelassene Personen des Nichtregierungssektors dürfen dem Schiedspanel im Einklang mit den Absätzen 2 bis 5 Amicus-curiae-Schriftsätze vorlegen.

(2)   Sofern die Vertragsparteien innerhalb von fünf Tagen nach Einsetzung des Schiedspanels nichts anderes vereinbaren, kann das Schiedspanel unaufgefordert übermittelte Schriftsätze zulassen, vorausgesetzt, diese werden innerhalb von zehn Tagen nach Einsetzung des Schiedspanels vorgelegt, sind für die vom Schiedspanel zu prüfende Frage unmittelbar von Belang und umfassen auf keinen Fall mehr als fünfzehn maschinengeschriebene Seiten einschließlich etwaiger Anhänge.

(3)   Jeder Schriftsatz muss Angaben zu der natürlichen oder juristischen Person enthalten, die den Schriftsatz einreicht, unter anderem zur Art ihrer Tätigkeit und ihrer Finanzquellen, und muss darlegen, welches Interesse die Person an dem Schiedsverfahren hat. Der Schriftsatz wird in den von den Vertragsparteien nach Artikel 16 Absätze 1 und 2 gewählten Sprachen abgefasst.

(4)   Die Schriftsätze werden den Vertragsparteien zur Stellungnahme vorgelegt. Die Vertragsparteien können dem Schiedspanel innerhalb von zehn Tagen nach Übermittlung des Schriftsatzes Stellungnahmen vorlegen.

(5)   Das Schiedspanel führt in seiner Entscheidung alle eingegangenen Schriftsätze auf, welche die Voraussetzungen dieser Verfahrensordnung erfüllen. Das Schiedspanel ist nicht verpflichtet, in seiner Entscheidung auf die in diesen Schriftsätzen vorgebrachten Argumente einzugehen.

Artikel 14

Dringlichkeit

In dringenden Fällen im Sinne des Artikels 52 Absatz 2 und des Artikels 55 Absatz 2 des Abkommens passt das Schiedspanel nach Konsultation der Vertragsparteien in geeigneter Weise die in dieser Verfahrensordnung vorgeschriebenen Fristen an und unterrichtet die Vertragsparteien über diese Anpassungen.

Artikel 15

Kosten

(1)   Jede Vertragspartei trägt die Kosten für ihre Teilnahme am Schiedsverfahren.

(2)   Die logistische Abwicklung des Schiedsverfahrens, insbesondere die Organisation der Verhandlungen, obliegt der beschwerten Vertragspartei; diese trägt auch die Kosten der logistischen Abwicklung der Verhandlung. Die übrigen Verwaltungskosten des Schiedsverfahrens sowie die Honorare und sämtliche Auslagen der Schiedsrichter und ihrer Assistenten werden hingegen zu gleichen Teilen von den Vertragsparteien getragen.

Artikel 16

Arbeitssprache für das Verfahren, Übersetzung und Verdolmetschung

(1)   Die Vertragsparteien bemühen sich während der Konsultationen gemäß Artikel 50 Absatz 2 des Abkommens und spätestens auf der in Artikel 5 Absatz 1 dieser Verfahrensordnung genannten Sitzung, eine gemeinsame Arbeitssprache festzulegen, die eine gemeinsame offizielle Sprache der beiden Vertragsparteien ist.

(2)   Können sich die Vertragsparteien nicht auf eine gemeinsame Arbeitssprache einigen, obliegt jeder Vertragspartei die Übersetzung ihrer Schriftsätze in die von der anderen Vertragspartei gewählte Sprache, es sei denn, die Schriftsätze sind in einer der Arbeitssprachen der WTO verfasst. Die Verdolmetschung der mündlichen Ausführungen in die von den Vertragsparteien gewählten Sprachen obliegt der beschwerten Vertragspartei.

(3)   Die Berichte und Entscheidungen des Schiedspanels werden in der oder den von den Vertragsparteien gewählten Sprache(n) vorgelegt. Sofern sich die Vertragsparteien nicht auf eine gemeinsame Arbeitssprache geeinigt haben, werden der Zwischen- und der Abschlussbericht des Schiedspanels in einer der Arbeitssprachen der WTO vorgelegt.

(4)   Alle im Zusammenhang mit der Übersetzung einer Entscheidung des Schiedspanels in die von den Vertragsparteien gewählte(n) Sprache(n) entstehenden Kosten werden von den Vertragsparteien zu gleichen Teilen getragen.

(5)   Eine Vertragspartei kann Stellungnahmen zur Korrektheit der übersetzten Fassung einer Unterlage abgeben, die gemäß dieser Verfahrensordnung erstellt wurde.

(6)   Jede Vertragspartei trägt die Kosten für die Übersetzung ihrer Schriftsätze. Die Kosten für die Übersetzung einer Entscheidung des Schiedspanels werden von den Vertragsparteien zu gleichen Teilen getragen.

Artikel 17

Berechnung der Fristen

Alle in Titel V des Abkommens (Streitvermeidung und -beilegung) und in dieser Verfahrensordnung festgelegten Fristen, einschließlich der Fristen für die Bekanntgabe der Entscheidungen der Schiedspanels, können im gegenseitigen Einvernehmen der Vertragsparteien geändert werden und werden, sofern nichts anderes bestimmt ist, in Tagen ab dem Tag gerechnet, der auf die Handlungen oder Ereignisse folgt, auf die sie sich beziehen.

Artikel 18

Andere Verfahren

Die in dieser Verfahrensordnung festgelegten Fristen werden nach Maßgabe der besonderen Fristen angepasst, die für die Annahme einer Entscheidung des Schiedspanels in den Verfahren der Artikel 54 bis 57 des Abkommens gelten.


Anhang der Streitbeilegungsverfahren

VERHALTENSKODEX FÜR SCHIEDSRICHTER

Artikel 1

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Verhaltenskodex bezeichnet der Ausdruck

„Schiedsrichter“ ein Mitglied eines nach Artikel 50 des Abkommens eingesetzten Schiedspanels;

„Assistent“ eine natürliche Person, die im Rahmen des Mandats eines Schiedsrichters Nachforschungen für diesen anstellt oder ihn bei seiner Tätigkeit unterstützt;

„Kandidat“ eine Person, deren Name auf der Schiedsrichterliste nach Artikel 64 des Abkommens aufgeführt ist und die für die Bestellung als Schiedsrichter gemäß Artikel 50 des Abkommens in Betracht gezogen wird;

„Vermittler“ eine natürliche Person, die nach Maßgabe des Artikels 48 des Abkommens vermittelt;

„Mitarbeiter“, bezogen auf einen Schiedsrichter die unter der Leitung und Aufsicht des Schiedsrichters arbeitenden natürlichen Personen, die keine Assistenten sind.

Artikel 2

Grundsätze

(1)   Damit Integrität und Unparteilichkeit des Streitbeilegungsmechanismus gewahrt sind, müssen alle Kandidaten und Schiedsrichter

a)

von diesem Verhaltenskodex Kenntnis nehmen;

b)

unabhängig und unparteiisch sein;

c)

direkte und indirekte Interessenkonflikte vermeiden;

d)

ein der Funktion nicht angemessenes Verhalten und den Anschein eines solchen Verhaltens oder von Befangenheit vermeiden;

e)

hohe Verhaltensstandards einhalten und

f)

sie dürfen sich weder von eigenen Interessen noch durch Druck von außen, aus politischen Erwägungen, durch Forderungen der Öffentlichkeit, aus Loyalität gegenüber einer der Vertragsparteien oder aus Angst vor Kritik beeinflussen lassen.

(2)   Ein Schiedsrichter darf weder direkt noch indirekt Verpflichtungen eingehen noch Vergünstigungen annehmen, die in irgendeiner Weise die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben beeinträchtigen oder zu beeinträchtigen scheinen.

(3)   Die Schiedsrichter dürfen ihre Stellung im Schiedspanel nicht dazu nutzen, persönlichen oder privaten Interessen nachzukommen. Die Schiedsrichter sehen von Handlungen ab, die den Eindruck erwecken könnten, dass sich Dritte in einer Position befinden, aus der heraus sie sie beeinflussen könnten.

(4)   Die Schiedsrichter lassen nicht zu, dass frühere oder derzeitige finanzielle, geschäftliche, berufliche, persönliche oder gesellschaftliche Beziehungen oder Verpflichtungen ihr Verhalten oder ihre Entscheidungen beeinflussen.

(5)   Die Schiedsrichter sehen von der Aufnahme von Beziehungen oder dem Erwerb finanzieller Beteiligungen ab, die ihre Unparteilichkeit beeinträchtigen oder die Vermutung eines der Funktion nicht angemessenen Verhaltens oder von Befangenheit begründen könnten.

Artikel 3

Offenlegungspflicht

(1)   Bevor die Bestellung von Kandidaten zum Schiedsrichter nach Artikel 50 des Abkommens angenommen wird, müssen die Kandidaten sämtliche Interessen, Beziehungen und Angelegenheiten offenlegen, die ihre Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit im Verfahren beeinträchtigen oder die Vermutung eines der Funktion nicht angemessenen Verhaltens oder von Befangenheit im Verfahren begründen könnten.

(2)   Die Kandidaten unternehmen im Rahmen des Möglichen alle Anstrengungen, um über derartige Interessen, Beziehungen und Angelegenheiten Klarheit zu gewinnen; dies umfasst insbesondere finanzielle und berufliche sowie beschäftigungsbezogene und familiäre Interessen.

(3)   Die Offenlegungspflicht nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels besteht fort und verpflichtet die Schiedsrichter dazu, Interessen, Beziehungen und Angelegenheiten der genannten Art, die sich in irgendeiner Phase des Verfahrens ergeben, offenzulegen.

(4)   Die Kandidaten oder Schiedsrichter übermitteln dem WPA-Ausschuss Fragen im Zusammenhang mit tatsächlichen oder potenziellen Verstößen gegen diesen Verhaltenskodex zwecks Prüfung durch die Vertragsparteien, sobald sie davon Kenntnis genommen haben.

Artikel 4

Pflichten der Schiedsrichter

(1)   Nach Annahme seiner Bestellung hat ein Schiedsrichter zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung zu stehen und diese während des gesamten Verfahrens sorgfältig und zügig, fair und gewissenhaft wahrzunehmen.

(2)   Ein Schiedsrichter prüft nur die Fragen, die im Verfahren aufgeworfen wurden und im Hinblick auf eine Entscheidung relevant sind; er überträgt diese Aufgabe keinem anderen.

(3)   Ein Schiedsrichter trifft alle erforderlichen Vorkehrungen dafür, dass sein Assistent und seine Mitarbeiter die Artikel 2, 3, 4 und 6 dieses Verhaltenskodex kennen und beachten.

Artikel 5

Pflichten ehemaliger Schiedsrichter

Ehemalige Schiedsrichter haben von Handlungen abzusehen, die die Vermutung aufkommen lassen könnten, dass sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben befangen waren oder aus der Entscheidung des Schiedspanels Nutzen gezogen haben.

Artikel 6

Vertraulichkeit

(1)   Ein Schiedsrichter oder ehemaliger Schiedsrichter darf zu keinem Zeitpunkt nichtöffentliche Informationen, die ein Verfahren betreffen oder ihm während eines Verfahrens bekannt wurden, offenlegen oder nutzen, es sei denn für die Zwecke des betreffenden Verfahrens; ein Schiedsrichter oder ehemaliger Schiedsrichter darf derartige Informationen unter keinen Umständen offenlegen oder nutzen, um sich selbst oder anderen einen Vorteil zu verschaffen oder die Interessen anderer zu schädigen.

(2)   Ein Schiedsrichter darf eine Entscheidung des Schiedspanels weder ganz noch teilweise offenlegen, bevor sie nach Artikel 63 des Abkommens veröffentlicht wurde.

(3)   Ein Schiedsrichter oder ehemaliger Schiedsrichter darf zu keinem Zeitpunkt Auskunft über die Beratungen eines Schiedspanels oder über den Standpunkt einzelner Mitglieder geben.

Artikel 7

Auslagen

Jeder Schiedsrichter führt Aufzeichnungen über die Zeit, die er oder sein Assistent für das Verfahren aufgewendet haben, sowie über die Auslagen, die ihm oder seinem Assistenten entstanden sind, und legt den Vertragsparteien eine Schlussabrechnung darüber vor.

Artikel 8

Vermittler

Dieser Verhaltenskodex gilt sinngemäß auch für Vermittler.