31.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 193/17


ENTSCHLIEßUNG (1)

der Parlamentarischen Versammlung EURONEST über die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen, Berufserfahrungen und Hochschulabschlüssen im Rahmen des Bologna-Prozesses

(2016/C 193/04)

DIE PARLAMENTARISCHE VERSAMMLUNG EURONEST,

unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung des Gipfeltreffens der Östlichen Partnerschaft in Riga (21. und 22. Mai 2015), die sich auf die unter ähnlichen Gegebenheiten in den vorangegangenen Jahren abgegebenen Erklärungen von Vilnius und Warschau stützt,

unter Hinweis auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. Oktober 2013 mit dem Titel „Europäische Nachbarschaftspolitik: auf dem Weg zu einer verstärkten Partnerschaft — Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu den Fortschrittsberichten 2012“,

unter Hinweis auf die Gründungsakte der Parlamentarischen Versammlung EURONEST vom 3. Mai 2011,

unter Hinweis auf das Ministerkommuniqué von Eriwan, Ergebnis des vierten Bologna Policy Forum und der Ministerkonferenz des Europäischen Hochschulraums (EHR) vom 14. und 15. Mai 2015,

unter Hinweis auf die Entschließung der Parlamentarischen Versammlung EURONEST vom 3. April 2012 zur Stärkung der Zivilgesellschaft in den Ländern der Östlichen Partnerschaft, auch im Hinblick auf die Frage der Zusammenarbeit zwischen Regierung und Zivilgesellschaft und die Frage der auf die Stärkung der Einflussmöglichkeiten der Zivilgesellschaft abzielenden Reformen,

unter Hinweis auf die am 25. Mai 1998 in Paris von den zuständigen Ministern Frankreichs, Deutschlands, Italiens und des Vereinigten Königreichs unterzeichnete Gemeinsame Erklärung zur Harmonisierung der Architektur der europäischen Hochschulbildung (Sorbonne-Erklärung),

unter Hinweis auf die am 19. Juni 1999 in Bologna von den Bildungsministern 29 europäischer Staaten unterzeichnete Gemeinsame Erklärung (Bologna-Erklärung),

unter Hinweis auf die von den Bildungsministern von 47 Staaten verabschiedete Erklärung von Budapest und Wien vom 12. März 2010, durch die der Europäische Hochschulraum (EHR) offiziell eröffnet wurde,

unter Hinweis auf das Bukarester Kommuniqué der Ministerkonferenz und des dritten Bologna Policy Forums vom 26. und 27. April 2012 in Bukarest,

unter Hinweis auf die auf der Ministerkonferenz des EHR am 26. und 27. April 2012 in Bukarest verabschiedete Mobilitätsstrategie 2020 für den Europäischen Hochschulraum,

unter Hinweis auf die Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen,

unter Hinweis auf die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. September 2005 zur Erleichterung der Ausstellung einheitlicher Visa durch die Mitgliedstaaten für den kurzfristigen Aufenthalt an Forscher aus Drittstaaten, die sich zu Forschungszwecken innerhalb der Gemeinschaft bewegen,

unter Hinweis auf den Bericht mit dem Titel „The European Higher Area for Education in 2015 — Bologna Process Implementation Report“ (Der Europäische Hochschulraum 2015 — Umsetzungsbericht zum Bologna-Prozess),

unter Hinweis auf die Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 12. Mai 2009 zu einem strategischen Rahmen für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung („ET 2020“),

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 11. Mai 2010 zur Internationalisierung der Hochschulbildung,

unter Hinweis auf die Empfehlungen des Rates vom 28. Juni 2011 für politische Strategien zur Senkung der Schulabbrecherquote sowie zur Förderung der Mobilität junger Menschen zu Lernzwecken („Jugend in Bewegung“),

unter Hinweis auf den Bericht mit dem Titel „The European Higher Area for Education in 2012 — Bologna Process Implementation Report“ (Der Europäische Hochschulraum 2012 — Umsetzungsbericht zum Bologna-Prozess),

unter Hinweis auf den Abschlussbericht der Internationalen Konferenz vom 8. und 9. September 2011 in Eriwan (Armenien) zur Finanzierung der Hochschulbildung (International Conference on Funding of Higher Education),

unter Hinweis auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. September 2008 zum Bologna-Prozess und zur Mobilität der Studierenden,

unter Hinweis auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 31. März 2015 zu der Überwachung der Umsetzung des Bologna-Prozesses,

unter Hinweis auf die zwischen der Europäischen Union und den Regierungen Georgiens, der Republik Moldau und der Ukraine unterzeichneten Assoziierungsabkommen,

unter Hinweis auf die Erasmus- und Erasmus Mundus-Stipendienprogramme,

unter Hinweis auf das Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region (SEV Nr. 165, Lissabon, 11. April 1997),

A.

in der Erwägung, dass die gegenseitige Anerkennung von Hochschulabschlüssen zwischen der EU und den Ländern der Östlichen Partnerschaft trotz der im Zuge des Bologna-Prozesses und des EHR erzielten Fortschritte nach wie vor ein komplexes und kostspieliges Verfahren ist;

B.

in der Erwägung, dass es für Studierende aus den Ländern der Östlichen Partnerschaft schwierig und manchmal unmöglich ist, in einigen EU-Mitgliedstaaten eine ordnungsgemäße Anerkennung ihrer Qualifikationen zu erhalten, während auch Studierende aus der EU gelegentlich mit ähnlichen Schwierigkeiten in den Ländern der Östlichen Partnerschaft konfrontiert sind;

C.

in der Erwägung, dass die Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Abschlüssen und Qualifikationen dazu führen können, dass die Förderung der akademischen und beruflichen Mobilität sowie die kulturelle Bindung zwischen beiden Parteien verhindert werden und dass zudem die Unterstützung der wissenschaftlichen Forschung und der allgemeine Fortschritt in zahlreichen Bereichen der Wissenschaft erschwert werden;

D.

in der Erwägung, dass es keine Vorkehrungen für die Gleichbehandlung hinsichtlich der Anerkennung von Berufsqualifikationen für Staatsangehörige der Länder der Östlichen Partnerschaft bzw. der Mitgliedsländer des Bologna-Prozesses/EHR gibt; in der Erwägung, dass aus diesem Grund viele hoch qualifizierte Fachkräfte in zahlreichen reglementierten Bereichen — z. B. im Gesundheitswesen, in der Sozialhilfe, im Bildungsbereich, in der Architektur und im Bauwesen (z. B. dem Bauingenieurwesen) und auf vielen anderen Gebieten — davon abgehalten werden, ihre Fähigkeiten durch eine Berufsausübung in der EU weiterzuentwickeln, was wiederum dazu führt, dass sie weder wertvolle Kenntnisse in ihre Herkunftsländer zurückbringen noch die Fachkräftelücken in den EU-Mitgliedstaaten füllen;

E.

in der Erwägung, dass in den Ländern der Östlichen Partnerschaft dringend mehr forschungsorientierte Einrichtungen einschließlich Doktorandenschulen aufgebaut werden müssen, um den Studierenden vor Ort mehr Karrieremöglichkeiten in der Wissenschaft zu bieten;

F.

in der Erwägung, dass die Herangehensweisen an die Anerkennung von Qualifikationen sowohl innerhalb der EU als auch zwischen der EU und den am Bologna-Prozess/dem EHR beteiligten Ländern der Östlichen Partnerschaft unterschiedlich sind;

G.

in der Erwägung, dass das Verfahren zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen nicht harmonisiert ist und dass in den am Bologna-Prozess/dem EHR beteiligten Ländern auch kein kostenwirksamer Mechanismus für reaktive Informationen existiert;

H.

in der Erwägung, dass in über zwei Dritteln der teilnehmenden Länder die Zuständigkeit für die endgültigen Entscheidungen über die Anerkennung ausländischer Qualifikationen bei den Hochschuleinrichtungen selbst liegt;

I.

in der Erwägung, dass bezüglich zahlreicher Hochschulen in vielen Ländern der Östlichen Partnerschaft nach wie vor Bedenken im Zusammenhang mit Fairness, Transparenz, Standards und Rechenschaftspflicht bestehen;

J.

in der Erwägung, dass Korruption, Verwaltungslasten, Konservatismus, Unsicherheit und veraltete Einstellungen noch immer in Hochschulen der Länder der Östlichen Partnerschaft sowie gelegentlich auch denen der EU auftreten können und dass dieser Problematik begegnet und entgegenwirkt werden muss;

K.

in der Erwägung, dass das nationale Informationszentrum für die akademische Anerkennung von Studienabschlüssen (ENIC/NARIC) das führende Netzwerk ist, welches einen Informationsaustausch bezüglich der Anerkennung bietet und Instrumente für die Anerkennung von Verfahren, Strategien und Praktiken entwickelt, die dazu dienen können, die Öffentlichkeit und Partner zu informieren, die Mitgliedstaaten und wichtige politische Gremien über das Anerkennungsverfahren aufzuklären und gleichzeitig die Angleichung nationaler Rechtsvorschriften und Abläufe an die EU-Verfahren zu fördern;

L.

in der Erwägung, dass Hochschulen ein geeignetes Umfeld zur Entwicklung neuer Ideen bieten und dass die freie Meinungsäußerung und Gedankenfreiheit an Hochschulen eine Voraussetzung für die wissenschaftliche Weiterentwicklung ist; in der Erwägung, dass dies mit politisch motivierter Einflussnahme kollidieren kann und dass die Studierenden daher oft mit Einschüchterung und sogar Menschenrechtsverletzungen konfrontiert sind;

M.

in der Erwägung, dass die Erasmus+-Programme entscheidend sind, um die Hochschulen sowohl in der EU als auch in den Ländern der Östlichen Partnerschaft zu modernisieren, die internationale Zusammenarbeit mit den EU-Organen zu fördern und zur Reform des Hochschulwesens sowie zur Förderung der Mobilität der Studierenden beizutragen;

Allgemeine Grundsätze

1.

bekräftigt, dass die gegenseitige Anerkennung einer hochwertigen Hochschulbildung von Studierenden in der EU und den Ländern der Östlichen Partnerschaft sowie die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen für reglementierte Schlüsselberufe und die beiderseitige vollständige Anerkennung von Berufserfahrungen entscheidend zum Ausbau und zur Verbesserung interkultureller sozioökonomischer Bindungen sowie zur Förderung von Frieden, Entwicklung, Wohlstand und Stabilität beitragen können;

2.

begrüßt die Unterzeichnung der Assoziierungsabkommen mit drei Ländern der Östlichen Partnerschaft und sieht der Tatsache erwartungsvoll entgegen, dass sich diese Entwicklung positiv auf die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen, Qualifikationen, Fähigkeiten und Berufserfahrungen auswirken wird; ist der Ansicht, dass die Entwicklung sinnvoller und dauerhafter Wege der Zusammenarbeit mit den anderen Ländern der Östlichen Partnerschaft eine zentrale Priorität ist und dass die Fortsetzung der Zusammenarbeit in diesem und in anderen Themenbereichen sichergestellt werden muss; stellt gleichzeitig fest, dass die Assoziierungsabkommen erweiterte Instrumente der Kommunikation und Kooperation auf Regierungs- und Parlamentsebene vorsehen und als Basis für eine weitere Zusammenarbeit dienen könnten, indem unter anderem nationale Informationszentren für die Anerkennung geschaffen, ein gemeinsamer Berufsausweis von EU und Östlicher Partnerschaft eingeführt und kostenwirksame Informations- und Meldemechanismen zwischen der EU und ihren östlichen Partnern mithilfe des Binnenmarktinformationssystems entwickelt werden;

3.

betont, dass der Bologna-Prozess keineswegs ein „Einbahnstraßensystem“ ist, sondern dass er das Ziel hat, die Entwicklung der Hochschulbildung und der akademischen Mobilität zwischen der EU und den Ländern der Östlichen Partnerschaft zu fördern, und dass die Teilnehmer beider Seiten einen besseren Zugang zu Hochschulen, die Anerkennung der Abschlüsse, Stipendienprogramme sowie die volle Akzeptanz unterschiedlicher Hochschulsysteme — sofern alle erforderlichen akademischen Kriterien erfüllt sind — benötigen;

4.

betont, dass in der gegenwärtigen Situation anhaltende systembedingte Probleme dazu führen, dass viele Studierende und junge Fachkräfte aus den östlichen Partnerstaaten Schwierigkeiten mit der automatischen Anerkennung ihrer Abschlüsse bzw. beruflichen Qualifikationen in der EU haben, und dass dadurch erhebliche Hindernisse für die Freizügigkeit von Fachkräften und die Entwicklung guter Beziehungen zwischen beiden Seiten entstehen;

5.

stellt fest, dass die sozioökonomische Entwicklung der Länder der Östlichen Partnerschaft erheblich davon profitieren kann, dass Hochschulabsolventen, Fachkräfte und Unternehmer zur Verfügung stehen, die in einer ausländischen Umgebung neue Erfahrungen gesammelt haben, und dass hierdurch wiederum die Entwicklung neuer Ideen und Verfahren ermöglicht und die Verbreitung von Werten und Know-how gefördert wird, lokale Universitäten gestärkt werden, das Vertrauen ausländischer Investoren gewonnen und Stillstand vermieden wird;

6.

ist der Ansicht, dass der Trend der Abwanderung talentierter junger Menschen aus der Region der Östlichen Partnerschaft in den Westen unbedingt umgekehrt werden muss, da die betroffenen Herkunftsländer dadurch der Kenntnisse beraubt werden, die sie für Verbesserungen in ihrer Gesellschaft und eine nachhaltige Entwicklung dringend benötigen;

7.

betont, dass alle an der Östlichen Partnerschaft beteiligten Parteien den uneingeschränkten Zugang aller zur Hochschulbildung in Gesetzgebung und Praxis sicherstellen müssen, und zwar ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Religionszugehörigkeit, der ethnischen Herkunft oder der politischen Überzeugungen; weist darauf hin, dass Universitäten universell anerkannte Orte des Lernens und der Redefreiheit sind und dass der Förderung herausragender akademischer Leistungen am ehesten dadurch gedient ist, dass die Studierenden vor jeder Form der Verfolgung oder Einschüchterung geschützt werden;

8.

ist der Ansicht, dass die Kommission vorrangig mit den einschlägigen akademischen, administrativen und staatlichen Stellen sowie mit Studentenorganisationen bzw. Studentenvertretern zusammenarbeiten sollte, um die Anliegen der Studierenden und der Fachkräfte aus den Ländern der Östlichen Partnerschaft aufzuzeigen, damit die für die Region spezifischen Probleme ermittelt und entsprechende Lösungen erarbeitet werden;

9.

betont, dass die Regierungen der Länder der Östlichen Partnerschaft ihre Bemühungen um Einführung geeigneter Systeme für die Qualitätskontrolle und -sicherung verstärken müssen, und dabei mit Hochschulen und nationalen Behörden zusammenarbeiten sollten, die für bestimmte reglementierte Berufe zuständig sind, um ihren Staatsangehörigen passende Möglichkeiten für die Vertiefung ihrer Studien und Erfahrungen auch in der EU anzubieten;

10.

stellt mit Besorgnis fest, dass in einigen Ausbildungsbereichen in den Ländern der Östlichen Partnerschaft noch immer ein ausgeprägtes Geschlechterungleichgewicht herrscht, und ist der Auffassung, dass der gleichberechtigte Zugang beider Geschlechter zu allen Ebenen, insbesondere zur Hochschulbildung, aktiv gefördert und mithilfe gezielter Stipendienprogramme zur Unterstützung der positiven Diskriminierung vorangebracht werden muss;

11.

betont, dass mit der Visaliberalisierung für alle Länder der Östlichen Partnerschaft, mit Ausnahme der Republik Belarus, nun mehr Studierende aus der Region daran interessiert sind, ihre Studien in der EU zu vertiefen; fordert die EU-Organe daher nachdrücklich auf, die Verhandlungen mit der Republik Belarus über die Visaliberalisierung zu intensivieren, um die Mobilität der Studierenden zwischen der EU und ausnahmslos allen Ländern der Östlichen Partnerschaft zu fördern;

12.

betont, dass die Unabhängigkeit der Hochschulen und ihre vollständige Trennung von Staat und Politik vorrangige und unabdingbare Voraussetzungen für ein leistungsfähiges und mit der EU kompatibles Bildungssystem sind; betont, dass die Finanzierung von Hochschulen auf fairer Basis ein notwendiger Schritt in diese Richtung ist, der unbeeinflusst von Staat und Politik erfolgen und stattdessen an Leistung, die Zahl der Studierenden und wissenschaftliche Erfolge geknüpft werden sollte;

13.

fordert die Hochschulen in den Ländern der Östlichen Partnerschaft auf, ihr Bildungsangebot an die Anforderungen des Arbeitsmarkts anzupassen;

14.

ermutigt die Hochschulen sowohl in der EU als auch in den Ländern der Östlichen Partnerschaft dazu, aktiv eine gegenseitige Zusammenarbeit anzustreben, Erfahrungen auszutauschen und Mechanismen für einen permanenten Dialog einzuführen, um den Wandel in den Ländern der Östlichen Partnerschaft zu fördern;

15.

erkennt die wichtige Rolle an, die das ENIC/NARIC-Netzwerk für die verschiedenen Aspekte der akademischen Anerkennung und der Anerkennung reglementierter und nicht reglementierter Berufe spielt, und ist der Ansicht, dass dieses Netzwerk einschließlich der Entwicklung der Arbeitsweise und Rolle nationaler Zentren in den Ländern der Östlichen Partnerschaft weiterentwickelt werden muss;

Hochschulabschlüsse im Rahmen des Bologna-Prozesses

16.

begrüßt, dass alle Länder der Östlichen Partnerschaft auch Mitglieder des EHR sind und dass sie trotz diverser Unterschiede bei der Umsetzung der Grundsätze des Bologna-Prozesses alle danach streben, die Standards in der Hochschulbildung zu erreichen, die auch in der übrigen EU gelten (die Normen und Richtlinien zur Qualitätssicherung im europäischen Hochschulraum), und ist der Ansicht, dass eine automatische und sofortige Anerkennung aller Hochschulabschlüsse das Hauptziel für die gesamte Region sein sollte;

17.

begrüßt den Beschluss der Ministerkonferenz aus dem Jahr 2015 über den Beitritt der Republik Belarus zum EHR und sieht in dieser Entwicklung einen Beleg für den inklusiven Charakter des Bologna-Prozesses; ermutigt die Republik Belarus, ihr Hochschulsystem und ihre Praxis in der Hochschulbildung mit denen anderer Länder des EHR in Einklang zu bringen;

18.

ist der Ansicht, dass die Instrumente des Bologna-Prozesses, insbesondere der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) und das Europäische System zur Übertragung und Akkumulierung von Studienleistungen (ECTS), von den Ländern der Östlichen Partnerschaft im Rahmen ihrer jeweiligen, mit den Bologna-Instrumenten harmonisierten nationalen Qualifikationsrahmen und nationalen Systeme zur Übertragung von Studienleistungen zurzeit korrekt angewendet werden; ist ferner der Ansicht, dass noch Verbesserungsbedarf besteht und dass die Kriterien, die von den EU-Partnerbehörden innerhalb der European Area of Recognition (EAR) für die automatische Anerkennung von Hochschuldiplomen anerkannt werden müssen, zu einer beschleunigten und höheren Anerkennungsquote der Abschlüsse von Studierenden aus den Ländern der Östlichen Partnerschaft führen sollten;

19.

betont die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen in der EU und in den Ländern der Östlichen Partnerschaft mit dem Ziel des Erfahrungsaustauschs zu verstärken, da in den meisten Ländern die Anerkennung ausländischer Abschlüsse zu akademischen Zwecken durch diese Einrichtungen erfolgt;

20.

erkennt an, dass bei der Höhe der staatlichen Ausgaben für die Hochschulbildung zwischen den Ländern der Östlichen Partnerschaft — ebenso wie zwischen den EU-Mitgliedstaaten selbst — erhebliche Unterschiede bestehen; bedauert dennoch die Tatsache, dass der prozentuale Anteil der Ausgaben für Hochschulbildung am BIP in vielen Ländern der Östlichen Partnerschaft und den benachbarten EU-Mitgliedstaaten zu den niedrigsten des EHR gehört, sodass eine angemessene Entwicklung in dem Bereich erschwert oder unmöglich gemacht wird;

21.

weist darauf hin, dass die dreistufige Struktur der Hochschulbildung (BA, MA und Doktorat) zwar nicht in gleicher Weise im gesamten EHR umgesetzt wird, sie aber in den Ländern der Östlichen Partnerschaft überwiegend eingehalten wird, und dass allerdings in diesen Ländern eindeutig nicht genügend Doktorandenschulen vorhanden sind bzw. eine angemessene Finanzierung für Studierende in diesen Ländern fehlt, sodass insbesondere aus diesem Grund die meisten potenziellen Kandidaten versuchen, ihren Doktorgrad in anderen Ländern zu erwerben;

22.

betont, dass die Hochschuleinrichtungen selbst überwiegend für die Kriterien der Qualitätskontrolle und die Verfahren der Ausstellung von Abschlusszeugnissen in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Bologna-Prozesses und des Übereinkommens von Lissabon über die Anerkennung von Qualifikationen zuständig sind und dass deshalb in den Ländern der Östlichen Partnerschaft dringend autonomere und stärkere Hochschuleinrichtungen entwickelt werden müssen; fordert die Kommission und den EAD auf, zusammen mit den nationalen Behörden Möglichkeiten zur Förderung dieser Entwicklung zu prüfen;

23.

fordert die Regierungen und Parlamente sowohl der Länder der Östlichen Partnerschaft als auch der EU-Mitgliedstaaten dringend dazu auf, auf eine bessere Durchsetzung der Grundsätze des Übereinkommens von Lissabon über die Anerkennung von Qualifikationen bezüglich der Qualität der im nationalen Kontext verliehenen Abschlusszeugnisse sowie der Erleichterung der automatischen Anerkennung ausländischer Qualifikationen hinzuwirken;

24.

weist darauf hin, dass die sogenannten „Titelmühlen“ und „Akkreditierungsmühlen“ sowie der Mangel an vergleichbaren, kompatiblen und kohärenten nationalen Systemen bezüglich der Umsetzung der Bologna-/EHR-Instrumente weiterhin die wesentlichen Ursachen dafür sind, dass es für viele Gremien in der EU nicht möglich ist, in den Ländern der Östlichen Partnerschaft verliehene Qualifikationen automatisch anzuerkennen;

25.

fordert die Regierungen beider Seiten dazu auf, sich mehr um die Sicherstellung des Vertrauens in das Hochschulsystem zu bemühen, indem insbesondere die Wettbewerbsgleichheit im Bereich der Zulassungen und Examen sowie beim Zugang zu Ressourcen und Einrichtungen gewährleistet und für gleiche Rechte für Stipendien gesorgt wird, und indem vor allem sichergestellt wird, dass Abschlüsse nur an Studierende verliehen werden, die alle Anforderungen erfüllen bzw. Lernergebnisse im Sinne des Europäischen Qualifikationsrahmens vorweisen, die für die jeweilige Qualifikation erforderlich sind;

26.

fordert die EU-Einrichtungen, aber auch die Hochschulen nachdrücklich auf, sinnvolle Wege zur Unterstützung von Studierenden aus den Ländern der Östlichen Partnerschaft zu prüfen und zu ermitteln, indem die Zahl und Sichtbarkeit der Stipendienprogramme für Studierende in den Ländern der Östlichen Partnerschaft erhöht wird; ist der Ansicht, dass dazu die verschiedenen Instrumente der Union genutzt und zudem die nationalen Regierungen, Stiftungen und NRO dazu ermutigt werden sollten, die Bedürfnisse von Studierenden aus den Ländern der Östlichen Partnerschaft zu berücksichtigen, die möglicherweise in vielen Fällen aus wirtschaftlich benachteiligten Umfeldern stammen und für die es trotz guter akademischer Leistungen finanziell schwierig sein kann, in der EU zu studieren;

27.

begrüßt die aktive Teilnahme der östlichen Partner an Erasmus+ und die Tatsache, dass sie gut in der Lage sind, Haushaltsmittel zu absorbieren; bedauert daher, dass die den Ländern der Östlichen Partnerschaft im Rahmen dieser Programme für den Zeitraum 2014 bis 2020 zur Verfügung stehenden Mittel etwa auf dem gleichen Niveau wie im vorangegangenen Finanzierungszeitraum geblieben sind;

28.

ist der Ansicht, dass es für das Ziel der Förderung einer engeren Kooperation ausgesprochen wichtig ist, die für Stipendienprogramme der EU (wie Erasmus+) verfügbaren und gezielt auf Studierende aus den Ländern der Östlichen Partnerschaft ausgerichteten Finanzmittel aufzustocken und ein spezifisches Kapitel innerhalb der Finanzierungsprogramme der EU für diese Region zu schaffen, die für die Union eine herausragende strategische und kulturelle Bedeutung hat;

Berufsqualifikationen und Berufserfahrung

29.

ist der Ansicht, dass die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen erforderlich ist, um für beide Seiten des Projekts der Östlichen Partnerschaft mehrere entscheidende Entwicklungsschritte sicherzustellen, darunter die Verbesserung der befristeten Mobilität zum Zweck der beruflichen Qualifizierung; ist ferner der Ansicht, dass die Staatsangehörigen der Länder der Östlichen Partnerschaft dadurch Chancen für den Erwerb neuer Fähigkeiten erhalten, die sie nutzen können, um in ihrer Heimat beruflich mehr zu erreichen, aber auch um grundlegende Fachkräftelücken auf beiden Seiten zu füllen;

30.

stellt fest, dass Berufsqualifikationen zwar eng mit der Verbesserung der Anerkennung von Abschlüssen im Rahmen des Bologna-Prozesses verbunden sind, dass aber zurzeit kein spezifisches Dokument existiert, das mit der Richtlinie 2013/55/EU zur Regulierung des Sachverhalts in der EU, dem Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz vergleichbar wäre und das die Länder der Östlichen Partnerschaft mit einschließt; ermutigt daher zur Einleitung neuer Initiativen, um dieser wichtigen Thematik eine wirklich kontinentale Dimension zu verleihen;

31.

fordert die Kommission und den EAD auf, mit den Regierungen der Länder der Östlichen Partnerschaft die Möglichkeiten zur Schaffung eines neuen Rahmens für die Europäische Nachbarschaft zu prüfen, um das System des Europäischen Berufsausweises auf diese Partner auszuweiten; hofft, dass dieses Instrument zu einer erneuerten und dynamischeren beruflichen Mobilität in Europa und seinen Nachbarstaaten führt und generell zur Schließung von Fachkräftelücken in den unterschiedlichen Berufszweigen beiträgt, wovon alle Beteiligten wechselseitig profitieren würden;

32.

betont, dass die Zusammenarbeit bezüglich der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen immer zum Ziel haben sollte, Fachkräfte auf beiden Seiten besser in die Lage zu versetzen, ihre Kompetenzen, praktischen Fähigkeiten und ihre Mobilität weiterzuentwickeln, ohne die Arbeitskräfteverfügbarkeit in den Ländern der Östlichen Partnerschaft zu gefährden oder Ungleichgewichte in der EU zu schaffen;

33.

fordert die Entwicklung einer gemeinsamen Vorgehensweise bei Anerkennungsverfahren für Berufsqualifikationen für alle und ermutigt die Regierungen der Länder der Östlichen Partnerschaft, zuverlässige und transparente Verfahren für die Anerkennung von Berufsqualifikationen zu entwickeln und umzusetzen, und zwar als Erstes für die reglementierten Berufe;

34.

ist der Ansicht, dass die gegenseitige Anerkennung der Berufserfahrung qualifizierter Arbeitnehmer ein entscheidendes Element für die Entwicklung eines dynamischen Arbeitsmarkts in Europa ist und dass grundlegende Kriterien festgelegt werden sollten, die zwischen den Mitgliedstaaten und anderen Partnern ausgetauscht werden können, um sinnvolle Berufserfahrungen von Arbeitnehmern zu erfassen und zu quantifizieren;

35.

ist der Ansicht, dass die EU-Mitgliedstaaten und die Länder der Östlichen Partnerschaft neben der Anwendung von Qualitäts-, Transparenz- und Integritätskriterien auch sicherstellen sollten, dass ihre nationalen Behörden, die mit Berufsqualifikationen befasst sind, sowie alle Vereinigungen und Arbeitgeberverbände, die sich mit der Anerkennung von Berufserfahrungen beschäftigen, ihr Möglichstes tun, um jede Form der Diskriminierung aus welchen Gründen auch immer zu vermeiden (Geschlecht, Religionszugehörigkeit, ethnische Herkunft, Herkunftsland, einschließlich aller Länder der Östlichen Partnerschaft);

36.

beauftragt seine Kopräsidenten, diese Entschließung dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission, dem EAD sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Länder der Östlichen Partnerschaft zu übermitteln.


(1)  Angenommen am 22. März 2016 in Brüssel, Belgien.