Protokoll über gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich
Amtsblatt Nr. L 127 vom 14/05/2011 S. 1415 - 1417
Protokoll über gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich Artikel 1 Begriffsbestimmungen Für die Zwecke dieses Protokolls gelten folgende Begriffsbestimmungen: a) Zollrecht ist die Gesamtheit der im Gebiet der Vertragsparteien geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Waren und deren Überführung in ein Zollverfahren, einschließlich der Verbote, Beschränkungen und Kontrollen; b) ersuchende Behörde ist eine von einer Vertragspartei zu diesem Zweck bezeichnete zuständige Verwaltungsbehörde, die ein Amtshilfeersuchen aufgrund dieses Protokolls stellt; c) ersuchte Behörde ist eine von einer Vertragspartei zu diesem Zweck bezeichnete zuständige Verwaltungsbehörde, an die ein Amtshilfeersuchen aufgrund dieses Protokolls gerichtet wird; d) personenbezogene Daten sind alle Informationen, die eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person betreffen; e) Zuwiderhandlung gegen das Zollrecht ist die Verletzung oder die versuchte Verletzung des Zollrechts. Artikel 2 Geltungsbereich (1) Die Vertragsparteien leisten einander in den unter ihre Zuständigkeit fallenden Bereichen Amtshilfe in der Form und unter den Voraussetzungen, die in diesem Protokoll festgelegt sind, um die ordnungsgemäße Anwendung des Zollrechts zu gewährleisten, insbesondere durch Verhütung, Untersuchung und Bekämpfung von Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht. (2) Die Amtshilfe im Zollbereich im Sinne dieses Protokolls betrifft alle Verwaltungsbehörden der Vertragsparteien, die für die Anwendung dieses Protokolls zuständig sind. Die Vorschriften über die gegenseitige Amtshilfe in Strafsachen bleiben davon unberührt. Sie umfasst nicht Erkenntnisse, die bei der Ausübung von Befugnissen auf Antrag einer Justizbehörde gewonnen werden, es sei denn, dass diese Behörde der Übermittlung dieser Erkenntnisse zustimmt. (3) Die Amtshilfe zur Einziehung von Zöllen, Abgaben oder Bußgeldern fällt nicht unter dieses Protokoll. Artikel 3 Amtshilfe auf Ersuchen (1) Auf Antrag der ersuchenden Behörde erteilt die ersuchte Behörde dieser Behörde alle sachdienlichen Auskünfte, die es dieser ermöglichen, die ordnungsgemäße Anwendung des Zollrechts zu gewährleisten, einschließlich Auskünften über festgestellte oder geplante Handlungen, die gegen das Zollrecht verstoßen bzw. verstoßen könnten. (2) Auf Antrag der ersuchenden Behörde teilt die ersuchte Behörde dieser Behörde mit, a) ob die aus dem Gebiet der einen Vertragsparteien ausgeführten Waren ordnungsgemäß in das Gebiet der anderen Vertragspartei eingeführt worden sind, gegebenenfalls unter Angabe des für die Waren geltenden Zollverfahrens, b) ob die in das Gebiet der einen Vertragsparteien eingeführten Waren ordnungsgemäß aus dem Gebiet der anderen Vertragspartei ausgeführt worden sind, gegebenenfalls unter Angabe des für die Waren geltenden Zollverfahrens. (3) Auf Antrag der ersuchenden Behörde veranlasst die ersuchte Behörde nach Maßgabe der für sie geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften die besondere Überwachung von a) natürlichen oder juristischen Personen, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begehen oder begangen haben, b) Orten, an denen Warenvorräte in einer Weise angelegt worden sind oder angelegt werden könnten, dass Grund zu der Annahme besteht, dass diese Waren bei Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht verwendet werden sollen, c) Waren, die in einer Weise befördert werden oder befördert werden könnten, dass Grund zu der Annahme besteht, dass sie bei Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht verwendet werden sollen, d) Beförderungsmitteln, die in einer Weise benutzt werden oder benutzt werden könnten, dass Grund zu der Annahme besteht, dass sie bei Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht benutzt werden sollen. Artikel 4 Amtshilfe ohne Ersuchen Die Vertragsparteien leisten einander nach Maßgabe der für sie geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften von sich aus Amtshilfe, sofern dies ihres Erachtens zur ordnungsgemäßen Anwendung des Zollrechts notwendig ist, insbesondere indem sie Erkenntnisse weitergeben über a) Handlungen, die gegen das Zollrecht verstoßen oder zu verstoßen scheinen und die für die andere Vertragspartei von Interesse sein könnten, b) neue Mittel oder Methoden, die bei Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht angewandt werden, c) Waren, von denen bekannt ist, dass sie Gegenstand von Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht sind, d) natürlichen oder juristischen Personen, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begehen oder begangen haben, e) Beförderungsmittel, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie bei Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht benutzt worden sind, benutzt werden oder werden könnten. Artikel 5 Zustellung, Bekanntgabe Auf Antrag der ersuchenden Behörde veranlasst die ersuchte Behörde nach Maßgabe der für sie geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften a) die Zustellung von Schriftstücken; oder b) die Bekanntgabe von Entscheidungen, die von der ersuchenden Behörde ausgehen und in den Geltungsbereich dieses Protokolls fallen, an einen Adressaten mit Wohnsitz bzw. Sitz im Gebiet der ersuchten Behörde. Das Ersuchen um Zustellung eines Schriftstücks oder um Bekanntgabe einer Entscheidung ist schriftlich in einer Amtssprache der ersuchten Behörde oder in einer von dieser zugelassenen Sprache zu stellen. Artikel 6 Form und Inhalt der Amtshilfeersuchen (1) Ersuchen nach diesem Protokoll sind schriftlich zu stellen. Den Ersuchen sind alle Unterlagen beizufügen, die für ihre Erledigung erforderlich sind. In dringenden Fällen können mündliche Ersuchen angenommen werden, die jedoch unverzüglich schriftlich bestätigt werden müssen. (2) Die Ersuchen nach Absatz 1 müssen folgende Angaben enthalten: a) die ersuchende Behörde, b) Maßnahme, um die ersucht wird, c) Gegenstand und Grund des Ersuchens, d) betroffene Rechts- und Verwaltungsvorschriften und sonstige rechtliche Elemente, e) möglichst genaue und umfassende Angaben zu den natürlichen oder juristischen Personen, gegen die sich die Ermittlungen richten, f) Zusammenfassung des Sachverhalts und der bereits durchgeführten Ermittlungen. (3) Die Ersuchen sind in einer Amtssprache der ersuchten Behörde oder in einer von dieser zugelassenen Sprache vorzulegen. (4) Entspricht ein Ersuchen nicht den Formvorschriften, so kann seine Berichtigung oder Ergänzung verlangt werden; in der Zwischenzeit können Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden. Artikel 7 Erledigung der Amtshilfeersuchen (1) Bei der Erledigung von Amtshilfeersuchen verfährt die ersuchte Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und Mittel so, als ob sie in Erfüllung eigener Aufgaben oder auf Ersuchen anderer Behörden der eigenen Vertragspartei handelte; zu diesem Zweck hat sie die ihr bereits vorliegenden Erkenntnisse zu übermitteln und zweckdienliche Nachforschungen anzustellen beziehungsweise zu veranlassen. Dies gilt auch für jede andere Behörde, die von der ersuchten Behörde mit dem Ersuchen befasst wurde, sofern diese nicht selbst tätig werden kann. (2) Die Erledigung von Amtshilfeersuchen erfolgt nach Maßgabe der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der ersuchten Vertragspartei. (3) Ordnungsgemäß bevollmächtigte Beamte der einen Vertragspartei können mit Zustimmung der anderen Vertragspartei und unter den von dieser festgelegten Voraussetzungen in den Diensträumen der ersuchten Behörde oder einer nach Absatz 1 zuständigen anderen Behörde Auskünfte über festgestellte oder vermutete Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht einholen, die die ersuchende Behörde für die Zwecke dieses Protokolls benötigt. (4) Ordnungsgemäß bevollmächtigte Beamte der einen Vertragspartei können mit Zustimmung der anderen Vertragspartei und unter den von dieser festgelegten Voraussetzungen bei in deren Gebiet durchgeführten Ermittlungen anwesend sein. Artikel 8 Form der Auskunftserteilung (1) Die ersuchte Behörde teilt der ersuchenden Behörde das Ergebnis der Ermittlungen schriftlich mit und fügt zweckdienliche Schriftstücke, beglaubigte Kopien und dergleichen bei. (2) Diese Auskünfte können auf elektronischem Wege erteilt werden. (3) Originalunterlagen werden nur auf Ersuchen übermittelt, wenn beglaubigte Kopien nicht ausreichen würden. Die Originalunterlagen werden so bald wie möglich zurückgegeben. Artikel 9 Ausnahmen von der Verpflichtung zur Amtshilfe (1) Die Amtshilfe kann abgelehnt oder von der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig gemacht werden, wenn nach Auffassung einer Vertragspartei durch die Amtshilfe nach diesem Protokoll a) die Souveränität eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder Koreas, der nach diesem Protokoll Amtshilfe leisten müsste, beeinträchtigt werden könnte; oder b) die öffentliche Ordnung, die Sicherheit oder andere wesentliche Interessen beeinträchtigt werden könnten, insbesondere in den Fällen des Artikels 10 Absatz 2; oder c) ein Betriebs-, Geschäfts- oder Berufsgeheimnis verletzt würde. (2) Die Amtshilfe kann von der ersuchten Behörde mit der Begründung zurückgestellt werden, dass sie laufende Ermittlungen, Strafverfahren oder sonstige Verfahren beeinträchtigen würde. In diesem Fall berät sich die ersuchte Behörde mit der ersuchenden Behörde, um zu entscheiden, ob die Amtshilfe unter bestimmten von der ersuchten Behörde festgelegten Voraussetzungen oder Bedingungen geleistet werden kann. (3) Ersucht eine Behörde um Amtshilfe, die sie selbst im Falle eines Ersuchens nicht leisten könnte, so weist sie in ihrem Ersuchen auf diesen Umstand hin. Die Erledigung eines solchen Ersuchens steht dann im Ermessen der ersuchten Behörde. (4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 muss die Entscheidung der ersuchten Behörde der ersuchenden Behörde unter Angabe der Gründe unverzüglich mitgeteilt werden. Artikel 10 Informationsaustausch und Datenschutz (1) Die Auskünfte nach diesem Protokoll, gleichgültig in welcher Form sie erteilt werden, sind nach Maßgabe der Vorschriften der jeweiligen Vertragspartei vertraulich oder nur für den Dienstgebrauch bestimmt. Sie unterliegen dem Dienstgeheimnis und genießen den Schutz sowohl der für solche Auskünfte geltenden Rechtsvorschriften der Vertragspartei, die sie erhalten hat, als auch der entsprechenden für Behörden der Europäischen Union geltenden Rechtsvorschriften. (2) Personenbezogene Daten dürfen nur ausgetauscht werden, wenn die Vertragspartei, die sie erhalten soll, zusagt, diese Daten mindestens in gleichem Maße zu schützen, wie es die Vertragspartei, die sie übermitteln soll, in dem betreffenden Fall getan hätte. (3) Die Verwendung der nach diesem Protokoll erlangten Auskünfte in wegen Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht eingeleiteten Gerichts- oder Verwaltungsverfahren gilt als Verwendung für die Zwecke dieses Protokolls. Die Vertragsparteien können daher die nach diesem Protokoll erlangten Auskünfte und eingesehenen Schriftstücke als Beweismittel in ihren Protokollen, Berichten und für Zeugenvernehmungen sowie in Gerichts- und Ermittlungsverfahren verwenden. Die zuständige Behörde, die die betreffende Auskunft erteilt oder Einsicht in die betreffenden Schriftstücke gewährt hat, wird über eine solche Verwendung unterrichtet. (4) Die erlangten Auskünfte dürfen nur für die Zwecke dieses Protokolls verwendet werden. Will eine Vertragspartei diese Auskünfte zu anderen Zwecken verwenden, so muss sie die vorherige schriftliche Zustimmung der Behörde einholen, die die Auskunft erteilt hat. Die Verwendung unterliegt dann den von dieser Behörde festgelegten Beschränkungen. Artikel 11 Sachverständige und Zeugen Beamten der ersuchten Behörde kann gestattet werden, im Rahmen der erteilten Genehmigung in Gerichts- oder Verwaltungsverfahren, die unter dieses Protokoll fallende Angelegenheiten betreffen, als Sachverständige oder Zeugen aufzutreten und dabei Gegenstände, Schriftstücke oder beglaubigte Kopien von Schriftstücken vorzulegen, sofern dies für das Verfahren erforderlich ist. In der Ladung ist genau anzugeben, vor welcher Justiz- oder Verwaltungsbehörde der Beamte erscheinen muss und in welcher Angelegenheit und in welcher Eigenschaft oder mit welcher Berechtigung der Beamte befragt werden soll. Artikel 12 Kosten der Amtshilfe Die Vertragsparteien verzichten auf gegenseitige Ansprüche auf Erstattung der bei der Durchführung dieses Protokolls anfallenden Kosten; hiervon ausgenommen sind gegebenenfalls Aufwendungen für Sachverständige und Zeugen sowie Aufwendungen für Dolmetscher und Übersetzer, die nicht dem öffentlichen Dienst angehören. Artikel 13 Durchführung (1) Die Durchführung dieses Protokolls wird den Zollbehörden Koreas einerseits und den zuständigen Dienststellen der Europäischen Kommission und gegebenenfalls den Zollbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union andererseits übertragen. Sie treffen alle für seine Anwendung erforderlichen praktischen Maßnahmen und Vereinbarungen und tragen dabei insbesondere den geltenden Datenschutzvorschriften Rechnung. Sie können den zuständigen Stellen Änderungen empfehlen, die ihres Erachtens an diesem Protokoll vorgenommen werden müssen. (2) Die Vertragsparteien konsultieren und unterrichten einander über die Einzelheiten der Durchführungsbestimmungen, die sie nach diesem Protokoll erlassen. Artikel 14 Andere Übereinkünfte (1) Unter Berücksichtigung der Zuständigkeiten der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten der Europäischen Union a) lässt dieses Protokoll die Verpflichtungen der Vertragsparteien aus anderen internationalen Übereinkünften unberührt; b) gilt dieses Protokoll als Ergänzung der Abkommen über gegenseitige Amtshilfe, die zwischen einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Korea geschlossen worden sind oder geschlossen werden; und c) lässt dieses Protokoll die Vorschriften der Europäischen Union über den Austausch von nach diesem Protokoll erhaltenen Auskünften, die für die Europäische Union von Interesse sein könnten, zwischen den zuständigen Dienststellen der Europäischen Kommission und den Zollbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union unberührt. (2) Ungeachtet des Absatzes 1 gehen die Bestimmungen dieses Protokolls den Bestimmungen der bilateralen Abkommen über gegenseitige Amtshilfe, die zwischen einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Korea geschlossen worden sind oder geschlossen werden, vor, soweit letztere mit den Bestimmungen dieses Protokolls unvereinbar sind. (3) Bei Fragen zur Anwendbarkeit dieses Protokolls nehmen die Vertragsparteien Konsultationen auf, um die Angelegenheit im Rahmen des nach Artikel 6.16 (Zollausschuss) dieses Abkommens eingesetzten Zollausschusses zu klären. --------------------------------------------------