21997A1030(01)

Abkommen über die Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie zwischen der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) und der Regierung der Argentinischen Republik

Amtsblatt Nr. L 296 vom 30/10/1997 S. 0032 - 0040


ABKOMMEN über die Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie zwischen der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) und der Regierung der Argentinischen Republik (97/738/Euratom)

DIE EUROPÄISCHE ATOMGEMEINSCHAFT (EURATOM),

nachstehend "Gemeinschaft" genannt,

einerseits,

UND DIE REGIERUNG DER ARGENTINISCHEN REPUBLIK,

nachstehend "Argentinien" genannt,

andererseits,

beide im folgenden allgemein auch "Vertragspartei" oder "Vertragsparteien" genannt -

IN DER ERWAEGUNG, daß sich die Vertragsparteien in dem am 2. April 1990 in Luxemburg unterzeichneten Rahmenabkommen über Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Argentinien dazu verpflichtet haben, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen ihnen unter anderem im Energiesektor zu fördern,

IN DER ERWAEGUNG, daß die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und Argentinien auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie zu einer Intensivierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit führen dürfte,

ANGESICHTS der Tatsache, daß es sich bei den für friedliche Zwecke genutzten kerntechnischen Kapazitäten und Anwendungen in der Gemeinschaft und in Argentinien, insbesondere bei der Kernenergie und den damit zusammenhängenden Tätigkeiten, um etablierte, wettbewerbsfähige Industriesektoren handelt,

IN ANBETRACHT der Tatsache, daß Argentinien Unterzeichnerstaat des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen und des Vertrags über ein Kernwaffenverbot in Lateinamerika und in der Karibik (Vertrag von Tlatelolco) ist und sich zur Einhaltung der Leitlinien für Kernlieferanten ("Nuclear Suppliers' Guidelines") verpflichtet hat; eingedenk der Tatsache, daß nach dem vierseitigen Abkommen zwischen Argentinien, der Föderativen Republik Brasilien, der Brasilianisch-Argentinischen Agentur für Kernmaterialbuchführung und -kontrolle und der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) eine Sicherheitsüberwachung in Argentinien durchgeführt wird,

IN ANBETRACHT dessen, daß alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Unterzeichnerstaaten des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen sind und sich zur Einhaltung der Leitlinien für Kernlieferanten ("Nuclear Suppliers' Guidelines") verpflichtet haben; in Anbetracht der Tatsache, daß sowohl nach Kapitel VII des Euratom-Vertrags als auch nach dem Abkommen über die Sicherheitsüberwachung zwischen der Gemeinschaft, ihren Mitgliedstaaten und der IAEO in der Gemeinschaft eine Sicherheitsüberwachung durchgeführt wird,

IN DER ERWAEGUNG, daß es sich empfiehlt, einen rechtlichen Rahmen für die Förderung der Zusammenarbeit in allen potentiellen Bereichen der friedlichen Nutzung der Kernenergie zu schaffen und sich dabei insbesondere auf die gegenwärtigen Möglichkeiten von beiderseitigem Nutzen zu konzentrieren -

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

Artikel 1

Ziele und Grundsätze

Ziel dieses Abkommens ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie, soweit zweckdienlich, zu beleben und zu entwickeln, wobei auf eine allgemeine Intensivierung der Kooperationsbeziehungen zwischen der Gemeinschaft und Argentinien abgezielt wird.

Die Zusammenarbeit beruht auf folgenden Grundsätzen:

a) beiderseitiger Nutzen und Gegenseitigkeit,

b) wirksamer Schutz des geistigen Eigentums und gerechte gemeinsame Nutzung der Rechte an geistigem Eigentum im Rahmen der geltenden Gesetze und Vorschriften gemäß den Anhängen, die Bestandteil dieses Abkommens sind.

Artikel 2

Bereiche der Zusammenarbeit

(1) Die Zusammenarbeit aufgrund dieses Abkommens erfolgt im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten der Vertragsparteien und erstreckt sich insbesondere auf folgende Bereiche:

a) Forschung im Bereich Reaktorsicherheit

Prüfung und Analyse von Sicherheitsfragen, insbesondere der Auswirkungen der Reaktorsicherheit auf die Entwicklung der Kernenergie; Ermittlung geeigneter Verfahren zur Verbesserung der Reaktorsicherheit anhand von Forschungs- und Entwicklungsstudien und Gutachten über in Betrieb befindliche Reaktoren sowie über neue Reaktortypen und Brennstoffzyklen.

b) Entsorgung radioaktiver Abfälle

Bewertung und Optimierung der geologischen Endlagerung; wissenschaftliche Aspekte der Entsorgung von Abfällen mit langer Halbwertzeit.

c) Strahlenschutz

Forschung, Ausarbeitung von Vorschriften, Entwicklung von Sicherheitsnormen, Schulung und Ausbildung; besondere Aufmerksamkeit gilt den Auswirkungen niedriger Strahlendosen, der Strahlenbelastung am Arbeitsplatz und Maßnahmen nach Unfällen.

d) Stillegung kerntechnischer Anlagen

Strategien für die Stillegung und den Abbau kerntechnischer Anlagen einschließlich Strahlenschutzaspekte.

e) Kontrollierte Kernfusion

Experimentelle und theoretische Forschung im Bereich der Plasmaphysik und der Kernfusion.

f) Erforschung der nuklearen Anwendungen in der Landwirtschaft, der Medizin und der Industrie

g) Sicherheitsüberwachung im Nuklearbereich

Entwicklung und Bewertung von Meßverfahren für Kernmaterial sowie Charakterisierung von Referenzmaterial für Schutzmaßnahmen, Entwicklung von Systemen für die Kernmaterialbuchführung und -kontrolle, Verhütung des illegalen Handels mit Kernmaterial.

h) Erforschung der Wechselwirkung zwischen Kernenergie und Umwelt

Bewertung der Möglichkeiten zur Minimierung der Umweltauswirkungen.

i) Sonstige, von den Vertragsparteien vereinbarte Bereiche von beiderseitigem Interesse.

(2) Die in diesem Artikel genannte Zusammenarbeit kann sowohl zwischen den Vertragsparteien als auch zwischen den in den jeweiligen Gebieten der Vertragsparteien ansässigen Personen und Unternehmen erfolgen.

Artikel 3

Modalitäten der Zusammenarbeit

(1) Die Zusammenarbeit erfolgt insbesondere in folgender Form:

- Teilnahme argentinischer Forschungseinrichtungen an Forschungsprojekten, die im Rahmen der einschlägigen Forschungsprogramme der Gemeinschaft durchgeführt werden und entsprechende Teilnahme von Forschungseinrichtungen der Gemeinschaft an argentinischen Projekten in ähnlichen Forschungsbereichen. Für die argentinische Teilnahme an den Forschungsprojekten der Gemeinschaft gelten die Regeln für die Teilnahme von Unternehmen, Forschungszentren und Universitäten an den Forschungsprogrammen der Gemeinschaft, wie sie in der Entscheidung des Rates der Europäischen Union vom 21. November 1994 betreffend die Beteiligung von Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen der Europäischen Atomgemeinschaft (1) niedergelegt sind;

- Austausch von Fachwissen, unter anderem durch Berichte, Besuche, Seminare, Fachkonferenzen;

- Austausch von Personal zwischen Laboratorien und/oder beteiligten Stellen beider Seiten, unter anderem auch zu Ausbildungszwecken;

- Austausch von Proben, Werkstoffen, Instrumenten und Geräten zu Versuchszwecken;

- ausgewogene Beteiligung an gemeinsamen Studien und Maßnahmen.

Die gemeinsamen Forschungsprojekte werden durchgeführt, sobald die Teilnehmer einen gemeinsamen Technologie-Managementplan (TMP) gemäß dem Anhang vereinbart haben.

(2) Soweit erforderlich, schließen die Vertragsparteien, handelnd durch ihre zuständigen Behörden, besondere Abkommen im Rahmen und nach den Bedingungen dieses Abkommens zur Festlegung des Umfangs und der Bedingungen für bestimmte Kooperationsmaßnahmen, die von den Vertragsparteien und/oder von den Stellen getroffen werden, die die Vertragsparteien in der Folgezeit mit den genannten Aufgaben betrauen.

Diese spezifischen Abkommen können unter anderem Finanzierungsbestimmungen, die Zuweisung der Verantwortung für die Durchführung sowie ausführliche Bestimmungen über die Verbreitung von Wissen und die Rechte an geistigem Eigentum betreffen.

(3) Für die Zwecke dieses Abkommens sind die zuständigen Stellen im Falle Argentiniens die Nationale Atomenergiekommission und die "Ente Nacional Regulador Nuclear" und im Falle der Gemeinschaft die Europäische Kommission oder jede andere entsprechende Behörde, welche die betreffende Vertragspartei der anderen Vertragspartei jederzeit notifizieren kann.

(4) Bei jedem Transfer von Kernmaterial und -ausrüstungen im Rahmen der Zusammenarbeit nach Artikel 2 sind die entsprechenden internationalen und multilateralen Verpflichtungen zu beachten, welche die Vertragsparteien und die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft in bezug auf die friedliche Nutzung der Kernenergie eingegangen sind. Für diese Transfers müssen die Vertragsparteien keine spezifischen Mechanismen zur Überwachung der Transfers oder anderer Bewegungen von Kernmaterial oder -ausrüstungen einführen und aufrechterhalten.

(5) Zwecks Erreichung der größtmöglichen Synergieeffekte koordinieren die Vertragsparteien ihre Tätigkeiten im Rahmen dieses Abkommens mit anderen internationalen Tätigkeiten, die sich auf die vorgenannten Bereiche der Zusammenarbeit beziehen und an denen sie beteiligt sind.

Artikel 4

Finanzierung

(1) Die Verpflichtungen jeder Vertragspartei im Rahmen dieses Abkommens hängen von der Verfügbarkeit der erforderlichen Mittel ab.

(2) Soweit die Vertragsparteien nicht speziell etwas anderes vereinbaren, werden die Kosten aus den Kooperationsmaßnahmen von der Vertragspartei getragen, die sie veranlaßt.

Artikel 5

Durchführungsbestimmungen

(1) Bezüglich der Gemeinschaft gilt dieses Abkommen für die Gebiete, in denen der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft angewendet wird.

(2) Jede Vertragspartei verpflichtet sich, im Rahmen der geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften die Erfuellung der für die Zusammenarbeit notwendigen Formalitäten im Zusammenhang mit Freizügigkeit sowie den Transfer von Instrumenten und Material aus der anderen Vertragspartei im Rahmen dieses Abkommens oder besonderer Vereinbarungen, die gemäß Artikel 3 Absatz 2 von den Vertragsparteien getroffen werden können, weitestgehend zu erleichtern.

(3) Ersatz für Schäden, die während der Durchführung dieses Abkommens entstehen, wird in Übereinstimmung mit den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften geleistet.

Artikel 6

Schutzrechte an geistigem Eigentum

Wissen, gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrechte im Zusammenhang mit den im Rahmen dieses Abkommens durchgeführten Kooperationsmaßnahmen werden in Übereinstimmung mit den Anhängen behandelt.

Artikel 7

Streitbeilegung

(1) Vorbehaltlich der geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften bemühen sich die Vertragsparteien, alle Fragen im Zusammenhang mit diesem Abkommen durch Verhandlungen zwischen ihnen zu regeln.

(2) Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Auslegung dieses Abkommens einschließlich seiner Anhänge, die nicht durch Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien beigelegt werden können, werden auf Antrag einer Vertragspartei einem Schiedsgericht unterbreitet, das aus drei nach diesem Artikel bestellten Schiedsrichtern besteht.

(3) Jede Vertragspartei ernennt einen Schiedsrichter, der argentinischer Staatsangehörigkeit oder Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft sein kann. Die beiden Schiedsrichter, die auf diese Weise ernannt wurden, wählen einen dritten Schiedsrichter, der weder argentinischer Staatsangehöriger noch Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft ist; letzterer führt den Vorsitz.

Hat eine Vertragspartei binnen dreißig Tagen nach dem Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens keinen Schiedsrichter ernannt, so kann die andere Vertragspartei den Vorsitzenden des Internationalen Gerichtshofs ersuchen, einen Schiedsrichter zu ernennen. Das gleiche Verfahren gilt, wenn der dritte Schiedsrichter nicht innerhalb von dreißig Tagen nach der Ernennung des zweiten Schiedsrichters ernannt wurde.

(4) Die für die Beschlußfähigkeit des Schiedsgerichts erforderliche Zahl der Schiedsrichter entspricht der Mehrheit seiner Mitglieder. Alle Beschlüsse werden mit der Stimmenmehrheit der Mitglieder des Schiedsgerichts gefaßt. Die Beschlüsse des Schiedsgerichts einschließlich aller Beschlüsse über seine Einrichtung und Einsetzung, seine Verfahrensregeln, seine Zuständigkeit und die Aufteilung der Kosten auf die Vertragsparteien sind für die beiden Vertragsparteien bindend und von ihnen durchzuführen.

Artikel 8

Gemeinsame Sitzungen

Die Vertragsparteien kommen in regelmäßigen Zeitabständen zusammen, um

- den Stand der Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens zu prüfen und zu bewerten und darüber regelmäßige Berichte zu erstellen;

- einvernehmlich die spezifischen Aufgaben zu definieren, die im Rahmen dieses Abkommens in Angriff genommen werden sollen, jedoch unbeschadet des Rechts der Vertragsparteien, über ihre jeweiligen Programme autonom zu entscheiden;

- über nukleare Fragen von beiderseitigem Interesse und über Angelegenheiten, die für die geplante Zusammenarbeit von Bedeutung sind, zu beraten.

Artikel 9

Schlußbestimmungen

(1) Dieses Abkommen tritt an dem Tag in Kraft, den die Vertragsparteien durch diplomatischen Notenwechsel festlegen, und gilt zunächst für einen Zeitraum von zehn Jahren (2).

(2) Danach wird das Abkommen automatisch für jeweils fünf Jahre verlängert, sofern nicht eine der Vertragsparteien spätestens sechs Monate vor Ablauf des Abkommens schriftlich beantragt, das Abkommen zu beenden oder neu auszuhandeln.

(3) Im Falle der Beendigung oder der Neuaushandlung bleibt dieses Abkommen in seiner bisherigen Fassung in Kraft für Kooperationsmaßnahmen, die vor dem Antrag auf Beendigung oder Neuaushandlung eingeleitet wurden, und zwar bis zum Abschluß dieser Maßnahmen und bis zur Erfuellung der dazugehörigen Durchführungsvereinbarungen oder für die Dauer eines Kalenderjahres nach Ablauf dieses Abkommens in seiner bisherigen Fassung, wenn dies das frühere Datum ist.

(4) Durch die Beendigung dieses Abkommens werden die Rechte und Pflichten gemäß Artikel 6 nicht berührt.

Artikel 10

Verbindliche Sprachfassungen

Dieses Abkommen ist in zwei Urschriften in dänischer, deutscher, englischer, finnischer, französischer, griechischer, italienischer, niederländischer, portugiesischer, spanischer und schwedischer Sprache abgefaßt, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

Geschehen zu Brüssel am 11. Juni 1996 in zwei Urschriften in spanischer Sprache,

Für die Europäische Atomgemeinschaft

Für die Regierung von Argentinien

und zu Brüssel am 27. Juni 1997 in zwei Urschriften in dänischer, deutscher, griechischer, englischer, französischer, italienischer, niederländischer, portugiesischer, finnischer und schwedischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

Für die Europäische Atomgemeinschaft

>VERWEIS AUF EINEN FILM>

Für die Regierung von Argentinien

>VERWEIS AUF EINEN FILM>

(1) ABl. L 306 vom 30. 11. 1994, S. 8.

(2) Dieses Abkommen tritt am 29. Oktober 1997 in Kraft.

ANHANG I

Leitlinien für die Aufteilung von Rechten an geistigem Eigentum aus gemeinsamen Forschungsarbeiten im Rahmen des Abkommens über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kernenergie

I. INHABERSCHAFT AN RECHTEN SOWIE DEREN AUFTEILUNG UND AUSÜBUNG

1. Alle Forschungsarbeiten, die nach diesem Abkommen ausgeführt werden, sind "gemeinsame Forschungsarbeiten". Die Mitwirkenden erarbeiten zusammen gemeinsame Technologiemanagementpläne (TMP) in bezug auf die Inhaberschaft an und die Nutzung, einschließlich Veröffentlichung, von Wissen und geistigem Eigentum, das aus der gemeinsamen Forschungsarbeit hervorgeht. Diese Pläne müssen von den Vertragsparteien vor dem Abschluß von spezifischen Verträgen über wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit genehmigt werden. Bei der Ausarbeitung von TMP werden die Ziele der gemeinsamen Forschungsarbeiten, die jeweiligen Beiträge der Mitwirkenden, die Vor- und Nachteile der Gewährung einer Lizenz nach Hoheitsgebieten oder Anwendungsbereichen, die Erfordernisse der geltenden Rechtsvorschriften und andere von den Mitwirkenden als angemessen betrachtete Faktoren berücksichtigt. Auch die Rechte und Pflichten in bezug auf Forschungsarbeiten, zu denen Gastforscher den Anstoß gegeben haben, werden hinsichtlich des geistigen Eigentums in den gemeinsamen Technologiemanagementplänen geregelt.

2. Wissen oder geistiges Eigentum, das aus der gemeinsamen Forschungsarbeit hervorgeht und im Technologiemanagementplan nicht geregelt ist, wird mit Zustimmung der Vertragsparteien nach den Grundsätzen im Technologiemanagementplan aufgeteilt. Bei Uneinigkeit gehört dieses Wissen oder geistige Eigentum allen an den gemeinsamen Forschungsarbeiten Mitwirkenden, die das Wissen oder geistige Eigentum erarbeitet haben, gemeinsam. Jeder Mitwirkende, für den diese Bestimmung gilt, kann dieses Wissen oder geistige Eigentum für eigene gewerbliche Zwecke ohne geographische Begrenzung nutzen.

3. Jede Vertragspartei stellt sicher, daß die andere Vertragspartei und ihre Mitwirkenden die Rechte an dem ihnen nach diesen Leitlinien zugeteilten geistigen Eigentum erhalten können.

4. Unter Wahrung der Wettbewerbsbedingungen in den unter das Abkommen fallenden Bereichen ist jede Vertragspartei darum bemüht sicherzustellen, daß die aufgrund des Abkommens erworbenen Rechte in einer Weise genutzt werden, daß sie insbesondere folgendes fördern:

i) die Verbreitung und Verwertung von Wissen, das im Rahmen des Abkommens erworben, offenbart oder auf andere Art und Weise zur Verfügung gestellt wird,

ii) die Einführung und Umsetzung internationaler Normen.

II. URHEBERRECHTLICH GESCHÜTZTE WERKE

Urheberrechte, die den Vertragsparteien oder deren Mitwirkenden gehören, sind im Einklang mit der Berner Übereinkunft (Pariser Fassung von 1971) zu behandeln.

III. WISSENSCHAFTLICHE SCHRIFTWERKE

Unbeschadet des Abschnitts IV werden Forschungsergebnisse, soweit im Rahmen des TMP nichts anderes vereinbart wird, von den an den gemeinsamen Forschungsarbeiten beteiligten Vertragsparteien oder den daran Mitwirkenden gemeinsam veröffentlicht. Vorbehaltlich dieser Grundregel gilt folgendes Verfahren:

1. Werden von einer Vertragspartei oder von öffentlichen Stellen dieser Vertragspartei Zeitschriften, Artikel, Berichte oder Bücher wissenschaftlich-technischer Natur, einschließlich Videoaufnahmen und Software, veröffentlicht, die auf gemeinsamen Forschungsarbeiten im Rahmen des Abkommens beruhen, so hat die andere Vertragspartei Anspruch auf eine weltweite nicht ausschließliche, unwiderrufliche und gebührenfreie Lizenz zur Übersetzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Übermittlung und öffentlichen Verbreitung solcher Werke.

2. Die Vertragsparteien sorgen dafür, daß Schriftwerke wissenschaftlicher Natur, die auf gemeinsamen Forschungsarbeiten im Rahmen des Abkommens beruhen und von unabhängigen Verlegern veröffentlicht werden, soweit wie möglich verbreitet werden.

3. Alle Exemplare eines urheberrechtlich geschützten Werks, das öffentlich verbreitet werden soll und aufgrund dieser Bestimmung entstanden ist, müssen den Namen des Verfassers (der Verfasser) des Werks aufweisen, es sei denn, daß der (die) Verfasser die Erwähnung seines (ihres) Namens ausdrücklich ablehnt (ablehnen). Außerdem müssen sie eine deutlich sichtbare Bestätigung der Unterstützung durch die Vertragsparteien enthalten.

IV. NICHT OFFENBARTES WISSEN

A. Nicht offenbartes Dokumentationswissen

1. Jede Vertragspartei beziehungsweise ihre Mitwirkenden erklären zum frühestmöglichen Zeitpunkt, vorzugsweise im Technologiemanagementplan, welches Wissen im Rahmen des Abkommens nicht offenbart werden darf; dabei sind unter anderem folgende Kriterien zu berücksichtigen:

- Geheimhaltung des Wissens in dem Sinne, daß das Wissen in seiner Gesamtheit oder Teile des Wissens in bestimmter Zusammensetzung den Sachverständigen dieses Gebiets im allgemeinen weder bekannt noch rechtmäßig ohne weiteres zugänglich ist;

- tatsächlicher oder potentieller gewerblicher Wert des Wissens durch seine Geheimhaltung;

- früherer Schutz des Wissens in dem Sinne, daß die gesetzlich Berechtigten sachlich angemessene Maßnahmen getroffen haben, um die Geheimhaltung zu wahren.

Die Vertragsparteien und die Mitwirkenden können in bestimmten Fällen vereinbaren, daß, sofern nichts anderes angegeben wird, das Wissen - oder Teile davon -, das im Laufe der gemeinsamen Forschungsarbeiten im Rahmen des Abkommens geliefert, ausgetauscht oder erarbeitet wird, nicht offenbart werden darf.

2. Jede Vertragspartei trägt dafür Sorge, daß das im Rahmen des Abkommens nicht offenbarte Wissen und dessen entsprechend schutzwürdiger Charakter von der anderen Vertragspartei ohne weiteres als solches zu erkennen ist, beispielsweise durch eine entsprechende Kennzeichnung oder eine einschränkende Erklärung. Dies gilt auch für jede vollständige oder teilweise Wiedergabe dieses Wissens.

Eine Vertragspartei, die aufgrund des Abkommens von nicht offenbartem Wissen Kenntnis erhält, beachtet dessen schutzwürdigen Charakter. Diese Beschränkungen werden automatisch hinfällig, wenn der Eigentümer dieses Wissen den Sachverständigen des Gebiets uneingeschränkt offenbart.

3. Eine Vertragspartei kann nicht offenbartes Wissen, von dem sie im Rahmen des Abkommens Kenntnis erhält, an Personen, die in oder von der empfangenden Vertragspartei beschäftigt werden, und an andere beteiligte Abteilungen oder Behörden der empfangenden Vertragspartei, die entsprechende Befugnisse für die besonderen Zwecke der laufenden gemeinsamen Forschungsarbeiten erhalten, weitergeben, sofern nicht offenbartes Wissen im Rahmen einer Vereinbarung über die Vertraulichkeit weitergegeben wird und entsprechend dem Vorstehenden ohne weiteres als solches zu erkennen ist.

4. Mit der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Vertragspartei, die nicht offenbartes Wissen im Rahmen des Abkommens weitergibt, kann die empfangende Vertragspartei nicht offenbartes Wissen weiter verbreiten, als dies sonst nach Nummer 3 zulässig wäre. Die Vertragsparteien arbeiten bei der Entwicklung von Verfahren für die Einholung und Erteilung einer vorherigen schriftlichen Zustimmung zu einer weiteren Verbreitung zusammen, wobei jede Vertragspartei diese Zustimmung erteilt, soweit die eigenen Politiken, Gesetze und sonstige Regelungen dies zulassen.

B. Nicht offenbartes Wissen mit nichtdokumentarischem Charakter

Nicht offenbartes Wissen mit nichtdokumentarischem Charakter oder sonstiges vertrauliches oder schutzwürdiges Wissen, das in Seminaren oder anderen Veranstaltungen im Rahmen dieses Abkommens zur Verfügung gestellt wird, oder Wissen, das auf der Beschäftigung von Personal, der Benutzung von Einrichtungen oder gemeinsamen Projekten beruht, wird von den Vertragsparteien oder ihren Mitwirkenden nach den in dem Abkommen niedergelegten Leitlinien für Dokumentationswissen behandelt, sofern dem Empfänger des nicht offenbarten oder sonstigen vertraulichen oder schutzwürdigen Wissens die Vertraulichkeit des mitgeteilten Wissens zum Zeitpunkt der Mitteilung bekanntgemacht worden ist.

C. Überwachung

Jede Vertragspartei ist darum bemüht sicherzustellen, daß nicht offenbartes Wissen, von dem sie im Rahmen dieses Abkommens Kenntnis erhält, in der darin geregelten Art und Weise überwacht wird. Stellt eine der Vertragsparteien fest oder ist aus begründetem Anlaß davon auszugehen, daß sie die Bestimmungen über die Nichtweitergabe gemäß den Abschnitten A und B nicht mehr einhalten kann, so unterrichtet sie davon unverzüglich die andere Vertragspartei. Die Vertragsparteien beraten danach über geeignete Maßnahmen.

ANHANG II

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

1. "GEISTIGES EIGENTUM": hat die Bedeutung im Sinne von Artikel 2 des Stockholmer Übereinkommens vom 14. Juli 1967 zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum.

2. "MITWIRKENDER": eine natürliche oder juristische Person, einschließlich der Vertragsparteien selbst, die an einem Projekt im Rahmen des Abkommens mitwirkt.

3. "GEMEINSAME FORSCHUNGSARBEITEN": Forschung, die durch gemeinsame Beiträge der Vertragsparteien und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Mitwirkenden beider Vertragsparteien betrieben und/oder finanziert wird.

4. "WISSEN": wissenschaftliche oder technische Daten, Forschungs- und Entwicklungsergebnisse oder -verfahren aus den Gemeinsamen Forschungsarbeiten oder anderes Wissen, das nach Ansicht der Vertragsparteien und/oder Mitwirkenden an den gemeinsamen Forschungsarbeiten im Rahmen des Abkommens oder der darauf beruhenden Forschungsarbeiten bereitzustellen oder auszutauschen ist.

ANHANG III

HAUPTMERKMALE EINES TECHNOLOGIEMANAGEMENTPLANS (TMP)

Der TMP ist eine besondere Vereinbarung der Mitwirkenden über die Durchführung der gemeinsamen Forschungsarbeiten und die jeweiligen Rechte und Pflichten der Mitwirkenden. In bezug auf die Rechte an geistigem Eigentum wird im TMP normalerweise unter anderem folgendes geregelt: Inhaberschaft, Schutz, Nutzerrechte für FuE-Zwecke, Auswertung und Verbreitung einschließlich der Regelungen für gemeinsame Veröffentlichung, Rechte und Pflichten von Gastforschern und Schlichtungsverfahren. Im TMP können auch Fragen im Zusammenhang mit primärem und sekundärem Wissen, der Lizenzvergabe und den Endergebnissen geregelt werden.