30.3.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 102/8


DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2022/503 DER KOMMISSION

vom 29. März 2022

zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/953 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Ausnahme von Minderjährigen von dem einheitlichen Anerkennungszeitraum von Impfzertifikaten, die im Format des digitalen COVID-Zertifikats der EU ausgestellt werden

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2021/953 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2021 über einen Rahmen für die Ausstellung, Überprüfung und Anerkennung interoperabler Zertifikate zur Bescheinigung von COVID-19-Impfungen und -Tests sowie der Genesung von einer COVID-19-Infektion (digitales COVID-Zertifikat der EU) mit der Zielsetzung der Erleichterung der Freizügigkeit während der COVID-19-Pandemie (1), insbesondere auf Artikel 5 Absätze 2 und 4,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EU) 2021/953 legt einen Rahmen für die Ausstellung, Überprüfung und Anerkennung interoperabler Zertifikate zur Bescheinigung von COVID-19-Impfungen und -Tests sowie der Genesung von einer COVID-19-Infektion (digitales COVID-Zertifikat der EU) mit der Zielsetzung fest, den Inhabern die Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit während der COVID-19-Pandemie zu erleichtern. Sie trägt ferner dazu bei, die schrittweise und koordinierte Aufhebung der Beschränkungen, die im Einklang mit dem Unionsrecht durch die Mitgliedstaaten zur Begrenzung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 verhängt wurden, zu erleichtern.

(2)

Am 21. Dezember 2021 erließ die Kommission die Delegierte Verordnung (EU) 2021/2288 (2) zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/953, mit der für Reisezwecke ein einheitlicher Anerkennungszeitraum von 270 Tagen für Impfzertifikate festgelegt wird, die den Abschluss der ersten Impfserie bescheinigen. In der Delegierten Verordnung ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten im Interesse eines einheitlichen Vorgehens Impfzertifikate, in denen der Abschluss der ersten Impfserie bescheinigt wird, nicht anerkennen dürfen, wenn seit der Verabreichung der darin angegebenen Dosis mehr als 270 Tage vergangen sind. Gleichzeitig dürfen die Mitgliedstaaten für Reisezwecke keinen Anerkennungszeitraum von weniger als 270 Tagen vorsehen.

(3)

Es ist notwendig, die in der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2288 festgelegten Vorschriften über den einheitlichen Anerkennungszeitraum von 270 Tagen in Bezug auf Impfzertifikate, die sich auf Personen unter 18 Jahren beziehen, anzupassen. Dies folgt auf eine Neubewertung der Vorgehensweise in Bezug auf den Anerkennungszeitraum gemäß Erwägungsgrund 15 der genannten Delegierten Verordnung.

(4)

Am 24. Februar 2022 gab die Europäische Arzneimittel-Agentur (im Folgenden „EMA“) bekannt, dass ihr Ausschuss für Humanarzneimittel die Verabreichung einer Auffrischungsimpfung des COVID-19-Impfstoffs Comirnaty gegebenenfalls an Jugendliche ab 12 Jahren empfohlen hatte. (3) Der Ausschuss war der Auffassung, dass die verfügbaren Nachweise ausreichend für die Schlussfolgerung seien, dass die Immunreaktion auf eine Auffrischungsimpfung bei Jugendlichen mindestens der bei Erwachsenen entsprechen würde. Aus den verfügbaren Daten ergaben sich keine neuen Sicherheitsbedenken. Am 28. Februar 2022 erließ die Kommission einen Durchführungsbeschluss zur entsprechenden Änderung der für Comirnaty erteilten bedingten Zulassung. (4)

(5)

Mit der Stellungnahme der EMA werden die nationalen Impfkampagnen der Mitgliedstaaten unterstützt, die Auffrischungsimpfungen für Jugendliche beschließen. Wie von der EMA angeführt, müssen jedoch gleichzeitig bei der Entscheidung darüber, ob und wann in dieser Altersgruppe Auffrischungsimpfungen angeboten werden sollen, Faktoren wie die Ausbreitung und wahrscheinliche Schwere der Erkrankung bei jüngeren Menschen, insbesondere bei der Omikron-Variante, das bekannte Risiko von Nebenwirkungen, insbesondere die sehr seltene, aber schwerwiegende Komplikation von Myokarditis, und das Vorhandensein anderer Schutzmaßnahmen und Einschränkungen berücksichtigt werden. Es obliegt somit den Sachverständigen, die die Impfkampagne in den einzelnen Mitgliedstaaten leiten, Empfehlungen über die beste Entscheidung und den optimalen Zeitplan für ihr Land auszusprechen.

(6)

Das Europäische Zentrum für die Prävention von Krankheiten (ECDC) kam in seinem technischen Bericht über die Wirksamkeit von COVID-19-Impfstoffen bei Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren und dem Zwischenstand der Erwägungen zur öffentlichen Gesundheit in Bezug auf die Verabreichung von Auffrischungsimpfungen vom 8. Februar 2022 (5) zu dem Schluss, dass verfügbare Studien zur Wirksamkeit des COVID-19-Impfstoffs bei der ersten Impfserie ein sehr hohes Schutzniveau bei Jugendlichen vor Infektion, symptomatischer Erkrankung und schwerer Erkrankung aufgrund der besorgniserregenden Delta-Variante aufzeigen. Nach Angaben des ECDC gab es nur wenige Belege dafür, dass die Immunität bei Jugendlichen nach der Impfung abnimmt. Die verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass sich die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen eine symptomatische Infektion fünf bis sechs Monate nach Abschluss der ersten Impfserie verringert, allerdings lagen zu diesem Zeitpunkt keine Nachweise für eine nachlassende Immunität gegen eine schwere Erkrankung vor. Mathematische Modelle des ECDC deuten darauf hin, dass erhebliche Auswirkungen auf die Übertragung von SARS-CoV-2 auf die Gesamtbevölkerung durch Auffrischungsimpfungen für Jugendliche unwahrscheinlich sind.

(7)

In Konsultationen mit der Kommission vertrat eine große Zahl von Sachverständigen der Mitgliedstaaten in dem mit Artikel 17 des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (6) eingesetzten Gesundheitssicherheitsausschuss die Auffassung, dass es angemessen ist, Minderjährige von dem in der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2288 festgelegten einheitlichen Anerkennungszeitraum auszunehmen, selbst wenn einige Mitgliedstaaten auf der Grundlage der verschiedenen von der EMA dargelegten Erwägungen Auffrischungsimpfungen für Minderjährige beschließen könnten. Nicht alle Mitgliedstaaten bieten derzeit Auffrischungsimpfungen für Personen unter 18 Jahren an.

(8)

Der einheitliche Anerkennungszeitraum sollte daher auf Personen ab 18 Jahren begrenzt werden.

(9)

Wie dies bei dem in der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2288 festgelegten einheitlichen Anerkennungszeitraum der Fall ist, sollte die Ausnahme für Personen unter 18 Jahren auf der Überprüfungsebene durch die Anpassung der mobilen Anwendungen zur Überprüfung der digitalen COVID-Zertifikate der EU umgesetzt werden. Da in den Impfzertifikaten das Geburtsdatum der Inhaber angegeben ist, kann anhand der für die Überprüfung verwendeten mobilen Anwendungen festgestellt werden, ob der einheitliche Anerkennungszeitraum anzuwenden ist oder nicht. In diesem Zusammenhang sollte die Ausnahme für Personen gelten, die am Tag der Überprüfung des Zertifikats das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(10)

Die Kommission sollte die Vorgehensweise in Bezug auf den Anerkennungszeitraum weiterhin überwachen und regelmäßig neu bewerten, um zu beurteilen, ob auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse Anpassungen erforderlich sein könnten, auch in Bezug auf den Anerkennungszeitraum für Zertifikate, in denen die Verabreichung einer Auffrischungsimpfung bescheinigt wird.

(11)

Die Verordnung (EU) 2021/953 sollte daher entsprechend geändert werden.

(12)

Angesichts neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Verabreichung von Auffrischungsimpfungen an Jugendliche ab 12 Jahren und unter Berücksichtigung insbesondere von Faktoren wie der Ausbreitung und wahrscheinlichen Schwere der Erkrankung bei jüngeren Menschen und dem bekannten Risiko von Nebenwirkungen sowie der Wirksamkeit der ersten Impfserie des COVID-19-Impfstoffs in dieser Altersgruppe erfordern Gründe äußerster Dringlichkeit die Anwendung des Verfahrens gemäß Artikel 13 der Verordnung (EU) 2021/953. Eine Verzögerung der sofortigen Maßnahmen würde auch das Risiko erhöhen, dass die Impfzertifikate von Minderjährigen trotz dieser Entwicklungen nicht mehr akzeptiert werden. Daher findet das Dringlichkeitsverfahren nach Artikel 13 der Verordnung (EU) 2021/953 Anwendung.

(13)

Diese Verordnung berührt nicht die Entscheidungen der Mitgliedstaaten über ihre nationalen Impfkampagnen.

(14)

Damit genügend Zeit für die technische Umsetzung dieser Verordnung bleibt, sollte es den Mitgliedstaaten bis zum 6. April 2022 gestattet sein, den in der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2288 festgelegten einheitlichen Anerkennungszeitraum auch auf Zertifikate von Personen unter 18 Jahren anwenden.

(15)

Angesichts der Dringlichkeit der Lage infolge der COVID-19-Pandemie sollte diese Verordnung am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Nummer 1 Buchstabe h des Anhangs der Verordnung (EU) 2021/953 erhält folgende Fassung:

„h)

Datum der Impfung unter Angabe des Datums der zuletzt erhaltenen Dosis (Zertifikate von Personen ab 18 Jahren, in denen der Abschluss der ersten Impfserie bescheinigt wird, werden nur anerkannt, wenn nicht mehr als 270 Tage seit dem Datum der Verabreichung der letzten Dosis in dieser Impfserie vergangen sind);“.

Artikel 2

Bis zum 6. April 2022 können die Mitgliedstaaten Nummer 1 Buchstabe h des Anhangs der Verordnung (EU) 2021/953 in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/2288 geänderten Fassung auch auf Zertifikate von Personen unter 18 Jahren anwenden.

Artikel 3

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 29. März 2022

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)  ABl. L 211 vom 15.6.2021, S. 1.

(2)  Delegierte Verordnung (EU) 2021/2288 der Kommission vom 21. Dezember 2021 zur Änderung des Anhangs der Verordnung (EU) 2021/953 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des Anerkennungszeitraums von Impfzertifikaten, die im Format des digitalen COVID-Zertifikats der EU ausgestellt werden und den Abschluss der ersten Impfserie bescheinigen (ABl. L 458 vom 22.12.2021, S. 459).

(3)  https://www.ema.europa.eu/en/news/ema-recommends-authorisation-booster-doses-comirnaty-12-years-age

(4)  Durchführungsbeschluss der Kommission vom 28. Februar 2022 zur Änderung der mit dem Beschluss C(2020) 9598 final erteilten bedingten Zulassung für das Humanarzneimittel „Comirnaty — tozinameran, COVID-19-mRNA-Impfstoff (Nukleosid-modifiziert)“, C(2022) 1351 final. (Beschluss liegt nur auf Englisch vor.)

(5)  https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/COVID-19-considerations-for-booster-doses-in-adolescents-Feb%202022.pdf

(6)  Beschluss Nr. 1082/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 2119/98/EG (ABl. L 293 vom 5.11.2013, S. 1).