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Amtsblatt
der Europäischen Union

DE

Serie L


2023/2409

24.10.2023

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2023/2409 DES RATES

vom 19. Oktober 2023

zur Verlängerung des mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 eingeführten vorübergehenden Schutzes

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (1), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Richtlinie 2001/55/EG werden Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen aus Drittländern, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, und die Richtlinie fördert eine ausgewogene Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten festgelegt.

(2)

Am 4. März 2022 hat der Rat den Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 (2) zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes angenommen.

(3)

Gemäß der Richtlinie 2001/55/EG galt der vorübergehende Schutz zunächst ein Jahr lang bis zum 4. März 2023; anschließend verlängerte er sich automatisch um ein weiteres Jahr bis zum 4. März 2024.

(4)

Im Zusammenhang mit der Aktivierung des vorübergehenden Schutzes kamen die Mitgliedstaaten überein, Artikel 11 der Richtlinie 2001/55/EG nicht auf Personen anzuwenden, die gemäß dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 in einem bestimmten Mitgliedstaat vorübergehenden Schutz genießen und sich unrechtmäßig in einen anderen Mitgliedstaat begeben, es sei denn, die Mitgliedstaaten treffen anderslautende bilaterale Vereinbarungen.

(5)

Derzeit genießen rund 4,1 Mio. Vertriebene vorübergehenden Schutz in der Union. Aufgrund der Lage in der Ukraine sind die Voraussetzungen für eine sichere und dauerhafte Rückkehr in die Ukraine nicht gegeben. Die Zahl der Binnenvertriebenen in der Ukraine liegt zum 25. Mai 2023 Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration zufolge bei 5,1 Mio. Mehr als die Hälfte aller Binnenvertriebenen wurden nach eigenen Angaben vor einem Jahr oder früher vertrieben. Schätzungen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge zufolge gibt es in der Ukraine mehr als 5 Mio. Vertriebene, und mehr als 17 Mio. Menschen benötigen dringend humanitäre Hilfe. Im Juni 2023 wiederholte der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge angesichts der damaligen Lage in der Ukraine seinen früheren Standpunkt zur Rückkehr in die Ukraine, wonach die Staaten aufgefordert sind, ukrainische Staatsangehörige und Menschen, die ihren vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine hatten, einschließlich derjenigen, deren Asylanträge abgelehnt wurden, nicht zwangsweise zurückzuführen.

(6)

Die Gesamtzahl der registrierten Menschen, die vorübergehenden Schutz genießen, ist mit rund 4,1 Mio. stabil geblieben; nur eine geringe Anzahl gibt an, dauerhaft in die Ukraine zurückgekehrt zu sein. Da die Lage in der Ukraine infolge feindseliger Handlungen seitens Russlands instabil und unsicher ist, besteht darüber hinaus das Risiko eines künftigen Massenzustroms und der Vertreibung von weiteren Menschen, die aus der Ukraine in die Union fliehen. In vielen Gebieten finden nach wie vor schwere Kämpfe statt und es besteht immer noch die Gefahr einer Eskalation. In Verbindung mit der schwierigen humanitären Lage in der Ukraine könnte dies zu einem plötzlichen weiteren Anstieg der in die Union einreisenden Menschen bis hin zu einem Massenzustrom führen. Gleichzeitig wäre die Funktionsweise der nationalen Asylsysteme weiterhin bedroht, wenn der vorübergehende Schutz bald enden würde und all diese Menschen auf einmal internationalen Schutz beantragen würden.

(7)

Die hohe Zahl der Vertriebenen, die vorübergehenden Schutz in der Union genießen, wird voraussichtlich nicht sinken, solange der Krieg gegen die Ukraine anhält. Eine Verlängerung des vorübergehenden Schutzes ist daher erforderlich, um die Lage der Menschen anzugehen, die derzeit vorübergehenden Schutz in der Union genießen oder ab dem 4. März 2024 benötigen werden, da er sofortigen Schutz und einheitliche Rechte gewährt und zugleich die Formalitäten im Falle eines Massenzustroms in die Union auf ein Minimum reduziert. Die Verlängerung des vorübergehenden Schutzes wird auch dazu beitragen, dass die Asylsysteme der Mitgliedstaaten nicht durch einen erheblichen Anstieg der Anträge auf internationalen Schutz überlastet werden, die von den Personen, die bis zum 4. März 2024 vorübergehenden Schutz genießen, oder danach von Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen und vor dem 4. März 2025 in der Union ankommen, gestellt werden könnten, wenn der vorübergehende Schutz an diesem Tag enden würde.

(8)

Da die Gründe für den vorübergehenden Schutz nach wie vor bestehen, sollte er für die im Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 genannten Gruppen von Vertriebenen bis zum 4. März 2025 verlängert werden.

(9)

Dieser Beschluss steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind.

(10)

Irland ist durch die Richtlinie 2001/55/EG gebunden und beteiligt sich daher an der Annahme dieses Durchführungsbeschlusses.

(11)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieses Durchführungsbeschlusses und ist weder durch diesen Beschluss gebunden noch zu seiner Anwendung verpflichtet —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Der vorübergehende Schutz wird für Vertriebene aus der Ukraine nach Artikel 2 des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/382 um ein Jahr bis zum 4. März 2025 verlängert.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Luxemburg am 19. Oktober 2023.

Im Namen des Rates

Der Präsident

F. GRANDE-MARLASKA GÓMEZ


(1)   ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12.

(2)  Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes (ABl. L 71 vom 4.3.2022, S. 1).


ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_impl/2023/2409/oj

ISSN 1977-0642 (electronic edition)