BESCHLUSS DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION (Zweite Kammer)
5. Februar 2016
Ingrid Fedtke
gegen
Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA)
„Öffentlicher Dienst — Beamte — Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen — Ruhestandsalter — Antrag auf Weiterbeschäftigung über die Altersgrenze hinaus — Art. 52 Abs. 2 des Statuts — Dienstliches Interesse — Art. 82 der Verfahrensordnung — Unverzichtbare Prozessvoraussetzung — Fehlerhaftes Vorverfahren“
Gegenstand:
Klage nach Art. 270 AEUV, der gemäß Art. 106a EA auch für den EAG-Vertrag gilt, im Wesentlichen auf Aufhebung der Entscheidung, mit der der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) den Antrag der Klägerin auf Weiterbeschäftigung bis zur Vollendung des 66. Lebensjahrs abgelehnt hat
Entscheidung:
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen. Frau Fedtke trägt ihre eigenen Kosten und wird verurteilt, die dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss entstandenen Kosten zu tragen.
Leitsätze
Beamtenklage — Vorherige Verwaltungsbeschwerde — Fristen — Zwingendes Recht — Neubeginn — Voraussetzung — Wesentliche neue Tatsache
(Art. 270 AEUV; Beamtenstatut, Art. 90 und 91)
Eine gemäß Art. 270 AEUV und Art. 91 des Statuts beim Gericht für den öffentlichen Dienst erhobene Klage ist nur zulässig, wenn das Vorverfahren ordnungsgemäß und unter Einhaltung der hierfür geltenden Fristen abgelaufen ist.
Mit den Beschwerde- und Klagefristen – die zwingend sind und nicht zur Disposition der Parteien oder des Gerichts stehen – soll innerhalb der Unionsorgane die für deren ordnungsgemäßes Funktionieren unerlässliche Rechtssicherheit gewährleistet werden, indem verhindert wird, dass Handlungen der Union mit Rechtswirkungen zeitlich unbegrenzt in Frage gestellt werden können, und jede Diskriminierung oder willkürliche Behandlung bei der Gewährung von Rechtsschutz vermieden werden. Die Möglichkeit, einen Antrag im Sinne des Art. 90 Abs. 1 des Statuts zu stellen, kann somit nicht dazu führen, dass ein Beamter die Fristen der Art. 90 und 91 des Statuts für die Einreichung der Beschwerde und die Erhebung der Klage dadurch umgeht, dass er durch einen solchen späteren Antrag eine nicht fristgerecht angefochtene frühere Entscheidung mittelbar in Frage stellt.
Nur das Vorliegen wesentlicher neuer Tatsachen kann die Einreichung eines Antrags auf Überprüfung einer Entscheidung rechtfertigen, die nicht innerhalb der in den Art. 90 und 91 des Statuts vorgesehenen Fristen angefochten wurde.
Eine Tatsache ist nur dann „neu“, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses der früheren, bestandskräftig gewordenen Entscheidung weder der Kläger noch die Verwaltung von ihr Kenntnis hatten oder Kenntnis haben konnten. „Wesentlich“ ist eine Tatsache nur dann, wenn sie die Lage des Klägers, auf der der ursprüngliche Antrag beruhte, der zu der früheren, bestandskräftig gewordenen Entscheidung führte, wesentlich verändern kann.
(vgl. Rn. 18 bis 21)
Verweisung auf:
Gericht erster Instanz: Urteil vom 6. Juli 2004, Huygens/Kommission, T‑281/01, EU:T:2004:207, Rn. 126
Gericht der Europäischen Union: Urteil vom 25. Februar 2015, Walton/Kommission, T‑261/14 P, EU:T:2015:110, Rn. 37
Gericht für den öffentlichen Dienst: Urteil vom 12. März 2009, Lafleur Tighe/Kommission, F‑24/07, EU:F:2009:24, Rn. 56 und 57; Beschlüsse vom 22. April 2015, ED/ENISA, F‑105/14, EU:F:2015:33, Rn. 27, und vom 22. Juni 2015, van Oudenaarden/Parlament, F‑139/14, EU:F:2015:64, Rn. 24 und 25 und die dort angeführte Rechtsprechung