52010DC0579

/* KOM/2010/0579 endg. */ MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS, DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN UND DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK Ein EU-Rahmen für Krisenmanagement im Finanzsektor


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Brüssel, den 20.10.2010

KOM(2010) 579 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS, DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN UND DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

Ein EU-Rahmen für Krisenmanagement im Finanzsektor

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS, DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN UND DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK

Ein EU-Rahmen für Krisenmanagement im Finanzsektor(Text von Bedeutung für den EWR)

1. EINLEITUNG

Während der Finanzkrise haben die Regierungen erkannt, dass man Banken und andere systemrelevante Finanzinstitute nicht einfach in die Insolvenz entlassen konnte. Doch ließ sich nicht ohne Weiteres ein Weg finden, der es einer Bank ermöglicht, bei Insolvenz auch weiter die elementaren Bankdienstleistungen zu erbringen, und bei Ausfall einer großen Bank konnten diese Dienste nicht ohne erheblichen Schaden für das gesamte System eingestellt werden. Mit Hilfe der Maßnahmen, zu deren Einleitung sich die Regierungen im Umgang mit den in Schieflage geratenen Banken gezwungen sahen – Kapitalspritzen, Ausgliederung problematischer Aktiva, Übernahme von Garantien für Vermögenswerte und Schulden und Liquiditätszufuhr – gelang es, das Finanzsystem zu stabilisieren. Allerdings wurden dabei auch nicht überlebensfähige Institute und Gläubiger unterstützt - all dies mit hohen Kosten für die öffentlichen Finanzen: so stellten die Regierungen der Mitgliedstaaten Beihilfen im Umfang von etwa 30 % des EU-BIP bereit; tatsächlich davon in Anspruch genommen wurden 13 %.[1] Diese staatlichen Interventionen haben sich erheblich auf die Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt ausgewirkt.[2]

Es herrscht Einigkeit darüber, dass sich dies niemals wiederholen darf. Banken müssen in Konkurs gehen können wie alle anderen Unternehmen auch. Die Behörden müssen mit einem Instrumentarium ausgestattet werden, das es ihnen ermöglicht, den durch eine ungeordnete Insolvenz solcher Institute verursachten Systemschaden abzuwenden, ohne den Steuerzahler einem unnötigen Verlustrisiko auszusetzen und weitergehenden wirtschaftlichen Schaden zu verursachen. Neben strengeren Vorschriften, die die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bank in Schieflage gerät, verringern, bedarf es einer glaubwürdigen Regelung, die die Marktdisziplin durch drohende Insolvenz wiederherstellt und das Moral-Hazard-Risiko – den impliziten Insolvenzschutz, den die Akteure im Bankensektor derzeit genießen – verringert.

Die Kommission arbeitet seit Längerem an Abhilfemaßnahmen der EU und hat bislang zwei Mitteilungen zum Thema Krisenmanagement und Abwicklung vorgelegt. In der ersten Mitteilung vom Oktober 2009[3] wurde in einer öffentlichen Konsultation die Frage zur Diskussion gestellt, welche Änderungen erforderlich seien, um ein wirksames Krisenmanagement und die Abwicklung oder geordnete Liquidation einer insolventen grenzübergreifend tätigen Bank zu ermöglichen. Die Ergebnisse dieser Konsultation wurden im März 2010 bei einer von der Kommission organisierten Konferenz zum Thema Krisenmanagement[4] vorgestellt. Im Frühjahr 2010 setzte die Kommission eine Gruppe von Insolvenzrecht-Experten ein, die bei den vorbereitenden Arbeiten helfen sollen. In der zweiten Mitteilung, die im Mai 2010 vorgelegt wurde[5], ging es um die Frage, wie eine Abwicklung so finanziert werden kann, dass das Moral-Hazard-Risiko auf ein Minimum begrenzt wird und öffentliche Mittel geschont werden.[6] Auch in einem Bericht des Europäischen Parlaments (Ferreira-Bericht)[7] wurden wichtige Empfehlungen zum grenzübergreifenden Krisenmanagement im Bankensektor ausgegeben.

Die Kommission trägt maßgeblich zu den Arbeiten des FSB und der G20 bei und verfolgt auch andere internationale Entwicklungen eingehend. Auf dem G20-Gipfel im Juni 2010 in Toronto verpflichteten sich die Teilnehmer zur Aufstellung und Umsetzung von Regelungen, die die Behörden mit den erforderlichen Befugnissen und Instrumenten ausstatten, um alle Arten in Schieflage geratener Finanzinstitute umstrukturieren oder abwickeln zu können, ohne dem Steuerzahler letztendlich die damit verbundenen Lasten aufzubürden. Die G20 forderten das FSB ferner auf, bis zum Gipfel in Seoul im November 2010 konkrete Empfehlungen auszuarbeiten, mit denen die Probleme mit systemrelevanten Finanzinstituten angegangen und gelöst werden können.[8] In den USA wurde durch die Finanzmarktreform („Dodd-Frank-Reform“)[9] ein Rahmen geschaffen, der eine Abwicklung systemrelevanter Institute auf Gruppenebene ermöglicht.

In der vorliegenden Mitteilung wird in Grundzügen dargelegt, wie die Kommission künftig ausgehend von den bisherigen Arbeiten in den Bereichen Krisenmanagement und Abwicklung verfahren will. Die Kommission wird ihre vorbereitenden Arbeiten entlang dieser Linien fortsetzen, um im Frühjahr 2011 einen Legislativvorschlag vorzulegen. Dieser Vorschlag wird von einer Folgenabschätzung begleitet sein und den letzten Schritt der Umsetzung der wichtigsten G20-Finanzmarktreformen durch die Kommission darstellen. Zu den technischen Einzelheiten des geplanten Legislativrahmens soll im Dezember 2010 eine öffentliche Konsultation stattfinden. In Abschnitt 6 dieser Mitteilung werden darüber hinaus die weiteren Arbeiten zur Reformierung des Insolvenzrechts und zur Abwicklung grenzübergreifender Gruppen skizziert.

2. GELTUNGSBEREICH UND ZIELE

Der in dieser Mitteilung skizzierte Rahmen soll für alle Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen[10] gelten, unabhängig davon, ob sie grenzübergreifend oder auf nationaler Ebene tätig sind. Doch wird sich die Kommission auch in Bezug auf andere Finanzinstitute weiter mit diesem Thema beschäftigen und ihre Ergebnisse bis Ende 2011 vorlegen. Dabei wird sie insbesondere der Frage nachgehen, welche Regelungen in Sachen Krisenmanagement und Abwicklung gegebenenfalls für Unternehmen wie Versicherungsgesellschaften, Investmentfonds und Zentrale Gegenparteien erforderlich und angemessen sind.

Das übergreifende Ziel eines europäischen Abwicklungsrahmens sollte darin bestehen, dass in Schieflage geratene Institute gleich welcher Art und Größe, insbesondere solche mit Systemrelevanz, in die Insolvenz entlassen werden können, ohne dass dies die Stabilität des Finanzsystems gefährdet und für den Steuerzahler mit Kosten verbunden ist. Um dieses Ziel im Bankensektor zu erreichen, arbeitet die Kommission derzeit an einem Rahmen für Prävention, Krisenmanagement und Abwicklung, mit dem folgende Ziele verfolgt werden:

- Prävention und Vorbereitung an erster Stelle: umfassende Planungen und Präventivmaßnahmen sollten Behörden und Unternehmen die Vorbereitung auf die Abwicklung erleichtern, und andere Reformen zur Verringerung der Risiken im Finanzsystem ergänzen.

- Bereitstellung eines glaubwürdigen Abwicklungsinstrumentariums, das gewährleistet, dass die zuständigen Behörden Institute so abwickeln können, dass die Ansteckungsrisiken auf ein Minimum begrenzt werden und die Kontinuität der wesentlichen Finanzdienstleistungen, wie ununterbrochener Zugang zu Einlagen, die von einem Sicherungssystem abgedeckt sind, sichergestellt ist.

- Ermöglichung raschen, entschlossenen Handelns durch genaue Festlegung von Befugnissen und Verfahren sowie durch Beseitigung der Rechtsunsicherheit darüber, wann Behörden eingreifen und welche Maßnahmen sie treffen können.

- Verringerung des Moral-Hazard-Risikos, indem gewährleistet wird, dass Verluste angemessen auf Anteilseigner und Gläubiger aufgeteilt werden und öffentliche Mittel verschont bleiben. Dies bedeutet, dass die Kosten der Abwicklung zumindest von den Anteilseignern und unter Einhaltung der normalen Rangfolge so weit wie möglich auch von den Gläubigern des betreffenden Instituts sowie falls notwendig vom Bankensektor insgesamt getragen werden sollten.

- Erleichterung einer reibungslosen Abwicklung grenzübergreifend tätiger Gruppen , um eine Störung des Binnenmarkts weitestmöglich zu vermeiden, eine faire Kostenteilung zu gewährleisten und die Aufrechterhaltung der grundlegenden Bankdienstleistungen sicherzustellen.

- Gewährleistung von Rechtssicherheit und angemessenen Schutzmaßnahmen für Dritte sowie Beschränkung etwaiger Kollisionen mit Eigentumsrechten in einem für das öffentliche Interesse notwendigen und gerechtfertigten Maße. Der Rahmen sollte sicherstellen, dass Gläubiger die gleiche Behandlung erhalten wie es bei einer Liquidation der Bank der Fall gewesen wäre.[11]

- Beschränkung von Wettbewerbsverzerrungen , die aus Eingriffen resultieren, die die Wettbewerbsbedingungen im Finanzsektor auf europäischer Ebene verzerren. Dies bedeutet, dass die innerhalb dieses Rahmens gewährten staatlichen Beihilfen mit den Vorschriften des Vertrags und den Binnenmarkt-Grundsätzen vereinbar sein müssen.

Ein Krisenmanagement-Rahmen, der diese Ziele verfolgt, sollte gewährleisten, dass Banken, die sich in Schwierigkeiten befinden, den Markt verlassen können, ohne die Finanzstabilität zu gefährden. Ohne einen solchen Rahmen könnte es bei einer künftigen Krise keine realistische Alternative zur erneuten Bankenrettung geben.

3. HAUPTELEMENTE DES RAHMENS

Der Krisenmanagement-Rahmen, den die Kommission derzeit entwickelt, umfasst drei Maßnahmenkategorien, nämlich präparative und präventive Maßnahmen, frühzeitiges Eingreifen der Aufsichtsbehörden und Instrumente und Befugnisse für die Abwicklung. Einige dieser Instrumente bestehen in einigen Mitgliedstaaten bereits auf nationaler Ebene, wären in anderen aber neu. Damit wird ein reibungsloser Übergang zwischen den derzeitigen nationalen Regelungen und dem künftigen Rahmen sichergestellt werden müssen. Die in den Kategorien frühzeitiges Eingreifen und Abwicklung vorgesehenen Maßnahmen müssen den Behörden ein breites Handlungsspektrum bieten, und es sollte nicht im Einzelnen vorgeschrieben werden, welche Maßnahmen nach Überschreitung der auslösenden Schwellen in einem bestimmten Fall zu treffen sind.

3.1. Für das Krisenmanagement zuständige Behörden

Die Befugnis zum frühzeitigen Eingreifen soll auch weiterhin bei den Finanzaufsichtsbehörden liegen und unter die Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Directive, CRD)[12] fallen.

Innerhalb des neuen Krisenmanagement-Rahmens wird jeder Mitgliedstaat festlegen müssen, welche Behörden die Befugnis zur Abwicklung erhalten sollen. Dabei sollte es sich eher um Verwaltungs- als um Justizbehörden handeln, wenngleich es im jetzigen Stadium unnötig erscheint, genauer vorzuschreiben, welche nationale Behörde diese Befugnis erhalten sollte. Dies wird den Mitgliedstaaten die Beibehaltung bestehender nationaler Regelungen ermöglichen, wonach das Finanzministerium, die Zentralbank oder das Einlagensicherungssystem für die Abwicklung zuständig sein können. Die Kommission stellt allerdings fest, dass es in vielen Rechtskreisen eine zweckmäßige Trennung zwischen den für die Abwicklung zuständigen Behörden und den Aufsichtsbehörden gibt, was sie zur Minimierung des Risikos aufsichtsbehördlicher Nachsicht für wichtig hält.

3.2. Präparativ- und Präventivmaßnahmen

Die Kommission prüft eine Reihe von Maßnahmen, die die Chancen auf frühzeitige Erkennung und Inangriffnahme von Problemen erhöhen und dafür sorgen sollen, dass Unternehmen und Behörden besser darauf vorbereitet sind, ernsthafte Schwierigkeiten wirksam anzugehen.

Verstärkte Beaufsichtigung

Schwachstellen bei der Beaufsichtigung haben zu der jüngsten Krise beigetragen. Die Kommission will deshalb die Beaufsichtigung im Rahmen der CRD verschärfen und verlangen, dass für jedes beaufsichtigte Institut auf Basis einer Risikobewertung jährlich ein Aufsichtsplan ausgearbeitet wird, die Aufsichtsbehörden in größerem und systematischerem Umfang Vor-Ort-Prüfungen durchführen, robustere Standards aufgestellt werden und die Bewertungen der Aufsichtsbehörden invasiver und zukunftsgerichteter werden .

Übertragbarkeit von Aktiva

Die Kommission prüft derzeit, ob festgelegt werden sollte, unter welchen Umständen und Bedingungen Institute, die unter die CRD fallen, Aktiva innerhalb einer Gruppe transferieren können, und zwar auch dann, wenn einzelne Unternehmen der Gruppe mit Liquiditätsschwierigkeiten konfrontiert sind.[13] Ziel wäre die Schaffung eines Rahmens für gruppeninternes Liquiditätsmanagement, der die notwendigen Schutzvorkehrungen zur Erhaltung der Finanzstabilität in den Mitgliedstaaten, in denen die transferierenden Unternehmen ihren Sitz haben, und zum Schutz der Rechte von Gläubigern und Anteilseignern erhalten muss.

Sanierungs- und Abwicklungspläne

Da Sanierungs- und Abwicklungspläne ein wesentliches Element der Planungen für den Ausfall eines größeren Instituts darstellen und weithin als notwendiger Bestandteil eines wirksamen Krisenmanagements angesehen werden, wird auf internationaler Ebene derzeit an diesem Thema gearbeitet. Die Kommission beteiligt sich an diesen Arbeiten und bemüht sich um Kohärenz mit den auf internationaler Ebene erzielten Ergebnissen.

Alle unter die Regelung fallenden Kreditinstitute und Wertpapierfirmen wären zur Erstellung und regelmäßigen Aktualisierung eines Sanierungsplans verpflichtet, in dem dargelegt wird, welche Maßnahmen das Institut oder die Gruppe unter verschiedenen Szenarien ergreifen würde, um Liquiditätsprobleme anzugehen, Kapital zu beschaffen oder Risiken zu mindern. Diese Pläne müssten ausführlich und realistisch sein und sollten von keinerlei öffentlicher Unterstützung ausgehen. Ein solcher Sanierungsplan sollte allerdings nur vorgeschrieben sein, wenn dies mit Blick auf die Größe des Unternehmens, die Art seiner Finanzierungsquellen und den Umfang, in dem realistischerweise mit Unterstützung der Gruppe oder des Sektors gerechnet werden kann, als verhältnismäßig anzusehen ist. Die Institute müssten ihre Pläne den Aufsichtsbehörden vorlegen, die bewerten würden, ob diese Pläne vollständig und tatsächlich geeignet sind, die Existenzfähigkeit des Instituts wiederherzustellen.

Aktuelle Abwicklungspläne müssten hingegen für alle unter die Regelung fallenden Kreditinstitute und Wertpapierfirmen erstellt werden, damit bei einem Ausfall die notwendigen Planungen vorhanden sind, um die Geschäfte der Bank oder Wertpapierfirma zu transferieren oder geordnet abzuwickeln. Diese Pläne würden von der Abwicklungs- und der Aufsichtsbehörde in enger Zusammenarbeit mit den Unternehmen erstellt, die die hierfür notwendigen Angaben liefern müssten.[14] So würden für solche Pläne beispielsweise genaue Angaben zur Gruppenstruktur, zu gruppeninternen Garantien und Dienstgütevereinbarungen, zu Verträgen und Gegenparteien, zu Schulden und Verwahrvereinbarungen sowie operationelle Angaben zu IT-Systemen und Personalressourcen benötigt.

Sanierungs- und Abwicklungspläne müssten sowohl für die Unternehmens- als auch die Gruppenebene erstellt werden und würden von zu diesem Zweck eingesetzten Abwicklungskollegien vereinbart.[15]

Präventivbefugnisse

Ergänzend zu den Maßnahmen im Zusammenhang mit der Abwicklungsplanung sollten die Behörden nach Auffassung der Kommission auch über klare Präventivbefugnisse verfügen, die in Fällen ausgeübt werden können, in denen die Abwicklungsbehörden der Auffassung sind, dass im Rahmen der geltenden Regelungen Hindernisse für die Abwicklung eines Instituts oder einer Gruppe bestehen. Das Ziel bestünde darin, die Aufsichtsbehörden[16] zu befugen, den Instituten nach Konsultation der Abwicklungsbehörden Maßnahmen vorzuschreiben, die auch Änderungen an Geschäftsbereichen und Unternehmensstruktur umfassen können und die notwendig sind, um zu gewährleisten, dass eine Abwicklung im geltenden Rechtsrahmen möglich ist. Die Präventivbefugnisse könnten u.a. darin bestehen, eine Begrenzung oder Änderung von Risiken, eine Ausweitung der Berichterstattung, die Beschränkung oder das Verbot bestimmter Tätigkeiten oder den Übergang zu einer Gruppenstruktur (einschließlich der Dokumentierung spezieller Tätigkeiten bei juristischen Personen) zu verlangen. Da die Befugnis, Änderungen an Rechtsstruktur und Geschäftsorganisation zu verlangen, ganz ohne Frage einen erheblichen Eingriff darstellt, würde sie angemessene gegenseitige Kontrollen erfordern. Dazu würde beispielsweise das Recht des Unternehmens zählen, eine von der Aufsichts- oder Abwicklungsbehörde verlangte Umstrukturierung anzufechten.

3.3. Auslöser

Die Auslöser für ein frühzeitiges Eingreifen und die Abwicklung müssen gewährleisten, dass die jeweils zuständigen Behörden rechtzeitig Maßnahmen einleiten können, und sollten klar und transparent genug sein, um die Unsicherheit der Aufsichtsbehörden, Unternehmen und Gegenparteien im Hinblick darauf, ob die Voraussetzungen für ein Eingreifen erfüllt sind, auf ein Minimum zu begrenzen.

Auslöser für ein frühzeitiges Eingreifen

Nach der CRD sind die Aufsichtsbehörden derzeit zu einem frühzeitigen Eingreifen befugt, wenn ein Kreditinstitut eine der Anforderungen dieser Richtlinie nicht erfüllt.[17] Um zu gewährleisten, dass die Aufsichtsbehörden früh genug eingreifen können, um einem aufkommenden Problem wirksam zu begegnen, könnte die Befugnis zur Verhängung solcher Maßnahmen auf Fälle ausgeweitet werden, in denen ein Kreditinstitut oder eine Wertpapierfirma eine der Anforderungen der CRD wahrscheinlich nicht erfüllt. Da die Anforderungen der CRD sehr umfassend sind, bedeutet ein Verstoß oder ein wahrscheinlicher Verstoß gegen eine Anforderung nicht zwangsläufig, dass sich das betreffende Institut in ernsten Schwierigkeiten befindet, die, wenn man ihnen nicht entgegenwirkt, zum Niedergang und potenziellen Ausfall des Instituts führen. Im Rahmen der CRD könnten unterschiedlich invasive Frühinterventionsmaßnahmen vorgesehen werden, so dass von den Aufsichtsbehörden erwartet würde, dass sie bei der Wahl der Maßnahme der Art und Schwere des Verstoßes angemessen Rechnung tragen.

Auslöser für die Abwicklung

Aus Gründen der Finanzstabilität müssen die Schwellen, bei deren Überschreitung Abwicklungsinstrumente und –befugnisse eingesetzt werden können, in einer Weise festgelegt werden, die gewährleistet, dass die Abwicklungsbehörden tätig werden können, bevor eine Bank ihrer Bilanz nach insolvent ist[18]. Ein Hinauszögern des Eingreifens bis die Bank diesen Punkt erreicht hat, dürfte die Auswahl an wirksamen Optionen für die Abwicklung einschränken oder den mit einer solchen Option einhergehenden Finanzbedarf erhöhen. Da eine Abwicklung jedoch einen erheblichen Eingriff in die Eigentumsrechte von Anteilseignern und Gläubigern bedeuten kann, muss gewährleistet sein, dass sie erst dann ausgelöst wird, wenn alle anderen realistischen Sanierungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind und ein solcher Eingriff im öffentlichen Interesse liegt.

Die Kommission prüft derzeit eine Reihe von Optionen, die die Anforderung widerspiegeln sollen, dass sich ein Institut in einer schweren Schieflage befinden sollte und keinerlei realistische Aussicht auf eine Sanierung innerhalb eines zeitlichen Rahmens besteht, der angesichts der Risiken, die die Schieflage und wahrscheinliche Insolvenz des Instituts für die Finanzstabilität darstellen, angemessen ist. Eine Möglichkeit für die Festlegung von Schwellen für Solvenz oder Liquidität eines Instituts ist die Einschätzung der Aufsichtsbehörden, dass das Institut Verluste in einer Höhe verzeichnet hat oder verzeichnen dürfte, die sein aufsichtsrechtlich vorgeschriebenes Eigenkapital aufzehren; dass seine Schulden seine Vermögenswerte übersteigen dürften; dass es nicht in der Lage sein dürfte, seine Verbindlichkeiten im Zuge seiner normalen Unternehmenstätigkeit zu begleichen; oder es allgemeiner gesagt nicht über ausreichende Mittel zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit verfügt. Eine eher qualitative Option wäre beispielsweise die Einschätzung der Aufsichtsbehörden, dass das Institut die Voraussetzungen für seine Zulassung zum Bank- oder Wertpapiergeschäft nicht mehr erfüllt oder bald nicht mehr erfüllen dürfte. Zwischen diesen Optionen gibt es natürlich gewisse Überschneidungen, und die Kommission wird weiter prüfen, welche dieser Optionen den besten Mittelweg zwischen Flexibilität und Objektivität darstellen.

Die Kommission schlägt vor, zusätzlich zu den oben genannten qualitativen und quantitativen Auslösern als weitere Bedingung die Notwendigkeit der Abwicklung im öffentlichen Interesse aufzunehmen. Die Frage nach Notwendigkeit im öffentlichen Interesse wäre beispielsweise dann zu bejahen, wenn die Liquidation des Instituts im Rahmen des herkömmlichen Insolvenzverfahrens die Stabilität des Finanzsystems oder die Kontinuität der wesentlichen Finanzinfrastrukturdienste nicht gewährleisten würde. Sollte das Kriterium des öffentlichen Interesses nicht erfüllt sein, sollte das Institut abgewickelt werden, sobald die Schwelle für eine Liquidation bei Insolvenz erreicht ist.

Selbst wenn die Auslöser für frühzeitiges Eingreifen und Abwicklung harmonisiert sind, bleibt doch das Risiko, dass die Behörden den Eingriff hinauszögern oder vielleicht noch nicht einmal rechtzeitig erkennen, dass die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Dieses Risiko lässt sich durch die Aufstellung gemeinsamer Indikatoren und die Vereinbarung von Methoden minimieren, die eine weitere Orientierungshilfe im Hinblick darauf liefern würden, zu welchem Zeitpunkt der Eingriff stattfinden sollte. Auch die kritische Prüfung durch andere Aufsichtsbehörden im Kollegium dürfte zur Verringerung des Risikos beitragen, dass aufkommende Probleme nicht erkannt oder in Angriff genommen werden.

3.4. Frühzeitiges Eingreifen

In diesem Abschnitt wird dargelegt, welche Maßnahmen derzeit geprüft werden, um aufkommenden Problemen auf Unternehmens- und Gruppenebene frühzeitig zu begegnen, ihre Verschlimmerung zu verhindern und die Sanierung sicherzustellen.

Befugnisse der Aufsichtsbehörden

Die Befugnisse der Aufsichtsbehörden zum frühzeitigen Eingreifen sollen ausgeweitet und präzisiert werden. So könnten die Aufsichtsbehörden künftig befugt sein, die Auszahlung von Dividenden und – falls möglich – auch von Kupons hybrider Instrumente, die als Eigenkapital anerkannt werden können, zu untersagen; die Auswechslung der Geschäftsleitung zu verlangen oder einer Bank vorzuschreiben, sich von Geschäften oder Geschäftsbereichen zu trennen, die ein übermäßiges Risiko für ihre finanzielle Solidität darstellen. Wie bereits dargelegt, könnten diese Befugnisse bei einem Verstoß oder einem wahrscheinlichen Verstoß gegen die Anforderungen der CRD in Anspruch genommen werden, weswegen sie von den im vorangegangenen Abschnitt erörterten Präventivbefugnissen zu unterscheiden sind.

Umsetzung von Sanierungsplänen

Um zu gewährleisten, dass Institute rechtzeitig Schritte unternehmen, um Problemen frühzeitig entgegenzuwirken, sollten die unter den Rahmen fallenden Banken und Wertpapierfirmen verpflichtet werden, der Aufsichtsbehörde auf Verlangen einen Plan vorzulegen, aus dem hervorgeht, welche Maßnahmen sie in einer bestimmten finanziellen Notlage zu ihrer Sanierung einleiten würden. Dieser neu eingeführten Pflicht müsste ein Institut nachkommen, wenn es die Solvenzanforderungen der CRD oder etwaige andere künftige Liquiditätsanforderungen nicht erfüllt. Dieser Plan dürfte sich in den meisten Fällen auf die im Sanierungsplan des Unternehmens dargelegten Notfallmaßnahmen stützen und diese umsetzen.

Sonderverwalter

Neben den erweiterten Aufsichtsbefugnissen im Rahmen der CRD sollten die Aufsichtsbehörden die Befugnis erhalten, für begrenzte Zeit (maximal ein Jahr) einen Sonderverwalter einzusetzen, der die Geschäftsführung übernimmt oder die vorhandene Geschäftsleitung eines Instituts, das die Anforderungen der CRD nicht erfüllt und entweder keinen glaubwürdigen Sanierungsplan (siehe vorangegangener Abschnitt) vorgelegt hat oder diesen nicht wirkungsvoll umsetzt, unterstützt. Der Sonderverwalter hätte alle Befugnisse eines Geschäftsführers, seine Hauptaufgabe bestünde aber darin, die Solidität des Instituts wiederherzustellen. Die Rechte der Anteilseigner blieben ansonsten unberührt und der Sonderverwalter müsste für jede Maßnahme die Zustimmung der Anteilseigner einholen, die auch bei der normalen Geschäftsleitung zustimmungsbedürftig gewesen wäre. Der Beschluss zur Einsetzung eines Sonderverwalters sollte nicht mit einer staatlichen Garantie verbunden sein oder die Aufsichtsbehörde für die Handlungen des Sonderverwalters haftbar machen. Die Frage des Haftungsumfangs des Sonderverwalters sollte weiter geprüft werden.

3.5. Abwicklung

Generell sollten insolvente Kreditinstitute im Rahmen des herkömmlichen Insolvenzverfahrens liquidiert werden. Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen wurden im Finanzsektor aber in jüngster Zeit insolvente Institute, insbesondere solche mit Systemrelevanz, nicht dem herkömmlichen Insolvenzverfahren unterzogen. Die Kommission wird prüfen, welche Reformen beim Bankeninsolvenzrecht erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass ausfallende Banken in einem zweiten Schritt wie in Abschnitt 5 dargelegt liquidiert werden können, wobei sie letztendlich das Ziel verfolgt, dass die Liquidation zu einer realistischen Option wird.

Allerdings wird es nicht immer möglich sein, eine Bank oder Wertpapierfirma im Rahmen des herkömmlichen Insolvenzverfahrens zu liquidieren. In einigen Fällen wird es im öffentlichen Interesse aus Gründen der Finanzstabilität notwendig sein, das Institut geordnet abzuwickeln, um das Ansteckungsrisiko auf ein Minimum zu begrenzen, die Kontinuität grundlegender wirtschaftlicher Funktionen sicherzustellen, den Wert der verbleibenden Vermögenswerte zu maximieren und deren Rückführung zu einer produktiven Verwendung im Privatsektor zu erleichtern.[19]

Auf Maßnahmen, die auf den Erhalt des Unternehmens und die Fortführung der Geschäftstätigkeit abzielen, wie die Abschreibung von Schulden oder deren Umwandlung in Eigenkapital[20], sollte nur in allerletzter Instanz zurückgegriffen werden und dies auch nur in angemessen begründeten Fällen. Dies würde zur Förderung der Marktdisziplin beitragen.

Dieser Abwicklungsrahmen verbunden mit den Präventivbefugnissen, die darauf abzielen, rechtliche und geschäftliche Strukturen von Unternehmen, die ansonsten nicht abgewickelt werden könnten, zu vereinfachen, wird nach Auffassung der Kommission gewährleisten, dass die Abwicklungsbehörden den Ausfall aller unter den Rahmen fallender Institute unabhängig von deren Größe und gegenseitigen Verbindungen bewältigen können, ohne die Stabilität des Finanzsystems zu gefährden.

Abwicklung und Insolvenz

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Der Abwicklungsrahmen wird aus einem Instrumentarium bestehen müssen, das mehrere Abwicklungsbefugnisse miteinander kombiniert. Der Rahmen wird sowohl das Instrumentarium als auch die Befugnisse festlegen müssen und die Bedingungen nennen, die erfüllt sein müssen, bevor beide zur Anwendung gebracht bzw. ausgeübt werden können.

Das Abwicklungsinstrumentarium umfasst die Möglichkeit zur Unternehmensveräußerung, so dass die Behörden ein Kreditinstitut oder einzelne Geschäftsbereiche ohne Zustimmung der Anteilseigner an einen oder mehrere Käufer veräußern könnten[21], die Möglichkeit zur Einrichtung einer Brückenbank, so dass die Behörden die Gesamtheit oder einen Teil der Geschäftsbereiche eines insolventen Kreditinstituts (einschließlich seines Einlagen- oder Hypothekenkreditbestands) auf eine provisorische Brückenbank übertragen könnten[22], die Möglichkeit zur Abtrennung von Aktiva, so dass die Behörden schlecht abschneidende oder „toxische“ Aktiva auf eine Zweckgesellschaft (eine „bad bank“) übertragen könnten, um die Bilanz einer strauchelnden Bank zu bereinigen, und die Möglichkeit zur Abschreibung, auf die in Abschnitt 3.6 näher eingegangen wird. Die Abwicklungsbefugnisse sind die verschiedenen rechtlichen Befugnisse, die die Behörden bei der Anwendung des Abwicklungsinstrumentariums in verschiedenen Kombinationen ausüben. Dazu zählen die Kernbefugnis, Anteile an einer insolventen Bank oder Vermögenswerte, Rechte oder Schulden dieser Bank auf ein anderes Unternehmen, z. B. ein anderes Finanzinstitut oder eine Brückenbank zu übertragen; die Befugnis, Anteile abzuschreiben oder zu löschen oder Schulden einer insolventen Bank abzuschreiben oder umzuwandeln; die Befugnis, die Geschäftsleitung zu ersetzen und die Befugnis für die Begleichung von Forderungen ein vorübergehendes Moratorium zu verhängen. Darüber hinaus könnten noch weitere Befugnisse erforderlich sein, wie die Befugnis, von anderen Teilen der Gruppe die Fortführung grundlegender Bankdienste zu verlangen.

Da die Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten und Befugnisse mit den Rechten der Anteilseigner und in den meisten Fällen auch der Gläubiger kollidieren könnte, würde der Rahmen Sicherheitsvorkehrungen und Entschädigungsmechanismen für den Bedarfsfall umfassen. Das Leitprinzip, das die Kommission in Sachen Entschädigung in Betracht zieht, ist, dass die betroffenen Anteilseigner keinen größeren Verlust erleiden sollten als es bei einer Liquidation nach geltendem Insolvenzrecht der Fall gewesen wäre.[23]

Zusätzlich dazu soll der Rahmen auch Schutzmaßnahmen für Gegenparteien und Marktvereinbarungen umfassen, die von einer Übertragung von Eigentum, Vermögenswerten oder Schulden betroffen wären, und eine gerichtliche Überprüfung vorsehen, um zu gewährleisten, dass betroffene Parteien über angemessene Rechte zur Anfechtung der behördlichen Maßnahmen und zur Beantragung von Schadenersatz verfügen. Auch sollte der Rahmen nach Auffassung der Kommission eine vorübergehende Aussetzung der Rechte auf Liquidations-Netting vorsehen, wenn die Behörden als Teil einer Abwicklungsmaßnahme die einschlägigen Kontrakte übertragen. Zu den Einzelheiten einer solchen Bestimmung wird die Kommission das Urteil von Experten einholen. Eingehender geprüft werden müsste die Wahrnehmung von Liquidationsrechten u.U. auch im Zusammenhang mit dem frühzeitigen Eingreifen.

In Bezug auf die rechtlichen Mittel für die Wahrnehmung der Befugnisse sollte der Rahmen nicht zu rigide und präskriptiv sein. In den Mitgliedstaaten existieren derzeit verschiedene Modelle, wie Verwaltung, Zwangsverwaltung oder die einfache Ausübung von Exekutivbefugnissen. Für eine effiziente Zusammenarbeit scheint es zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich, ein bestimmtes Modell vorzuschreiben.

Die genannten Instrumente und Befugnisse müssen so angewandt und ausgeübt werden, dass es mit dem EU-Vertrag und gegebenenfalls den Beihilfevorschriften vereinbar ist.

3.6. Abschreibung von Schulden

Die Schwierigkeit der Abwicklung großer, komplexer Finanzinstitute (large, complex financial institutions, LCFI) steht derzeit im Zentrum der internationalen Diskussionen. Die politischen Entscheidungsträger räumen ein, dass das oben beschriebene Instrumentarium in bestimmten Fällen nicht ausreichen könnte, um ein LCFI so abzuwickeln, dass die Stabilität des Finanzsystems nicht gefährdet ist. So haben die Behörden im Rahmen der traditionellen Abwicklungsverfahren bei einer Systemkrise u. U. nicht die Möglichkeit, die für das System essentiellen Funktionen einer großen Geschäftsbank, wie Zahlungsverkehrssysteme und Kreditvergabe, aufrechtzuerhalten. Eine solche Bank könnte zu groß sein, um sie unter solchen Umständen ohne staatliche Unterstützung oder ohne erheblichen Schaden für den Wettbewerb an andere Banken zu veräußern; würde sie liquidiert, können ihre Marktfunktionen möglicherweise nicht sofort durch vorhandene oder neue Marktteilnehmer übernommen werden. Die Kommission denkt deshalb über zusätzliche Mechanismen nach, die dem Institut die Fortführung seiner Geschäftstätigkeit ermöglichen sollen, um eine Umstrukturierung oder gegebenenfalls geordnete Abwicklung bestimmter Geschäftsbereiche zu ermöglichen und so die Ansteckungsgefahr auf ein Minimum zu begrenzen.

Geprüft wird beispielsweise die Möglichkeit, das gesamte Eigenkapital abzuschreiben und die Schulden eines in Schieflage geratenen Instituts in Eigenkapital umzuwandeln, seine Eigenkapitalbasis wiederherzustellen um ihm so die (vorübergehende oder dauerhafte) Fortführung seiner Geschäftstätigkeit zu ermöglichen. Hier stellen sich allerdings erhebliche rechtliche und politische Fragen. Dazu zählt u. a.,

- ob der Mechanismus auf einer gesetzlichen Befugnis der Behörden, unter bestimmten Bedingungen Schulden abzuschreiben oder umzuwandeln beruhen sollte, oder die Abschreibung oder Umwandlung vertraglich geregelt werden müsste, was in einen Teil der Schuldtitel, die von den unter den Krisenmanagement-Rahmen fallenden Finanzinstituten emittiert werden, aufgenommen werden müsste;

- wenn es sich um eine gesetzliche Befugnis handelt, auf welche Schuldklassen sich diese Befugnis erstrecken sollte (große rechtliche und politische Fragen stellen sich beispielsweise im Hinblick auf Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, Derivate, Geldmarktanlagen, abgesicherte Schulden, gruppeninterne Verbindlichkeiten[24]) und welche Auswirkungen die Reichweite dieser Befugnis auf die Rangordnung der Schulden hätte;[25]

- die Auswirkungen, die dies auf die Finanzierungskosten hätte, das Risiko, dass die Finanzierung in kurzfristige oder abgesicherte Schulden gelenkt wird, die Notwendigkeit, die Passiv-Seite der Bilanz zu regeln, und die etwaige Notwendigkeit, die Rangstufe bestimmter Gläubiger zu ändern;

- die Schwierigkeiten, mit denen die Anwendung dieses Instrumentarium auf eine grenzübergreifend tätige Gruppe verbunden ist, und die Notwendigkeit, die Anerkennung etwaiger Abschreibungen oder Umwandlungen durch ausländische Gerichte sicherzustellen, wenn die Schuld in einem Drittland verbucht wird oder unter das Recht eines Drittlandes fällt.

Die Kommission stellt fest, dass derzeit über eine Reihe von Maßnahmen mit ähnlichen Zielen nachgedacht wird, nämlich die Verlustübernahme durch Umwandlung von Schulden in Eigenkapital oder durch Abschreibung von Schulden vor Einstellung der Geschäftstätigkeit zu verbessern. Dazu zählt auch die im Konsultationspapier des Basler Ausschusses vom 19. August vorgeschlagene Anforderung, wonach alle nachrangigen Schulden in Eigenkapital umwandelbar sein sollten, wenn festgestellt wird, dass das Unternehmen nicht mehr existenzfähig ist oder die Behörden eingreifen. Die Kommission wird zur Umsetzung etwaiger neuer Regelungen des Ausschusses für bedingt wandelbares Kapital weitere Konsultationen durchführen und sicherstellen, dass jeder Vorschlag zur Abschreibung von Schulden als Instrument für die Abwicklung damit abgestimmt wird.

Trotz der technischen Schwierigkeiten, die mit der Entwicklung eines Abschreibungsmechanismus verbunden sind, stellt ein solcher Mechanismus nach Auffassung der Kommission doch ein zusätzliches Instrument dar, das die Fähigkeit der Behörden zur Abwicklung von LCFI erheblich verbessern würde. In Ermangelung wirksamer Mechanismen für den Umgang mit der Insolvenz solcher Institute ohne Störung des Gesamtsystems erhält zumindest das Argument, dass alternativ zu einer verbesserten Verlustübernahme zusätzliche aufsichtsrechtliche Anforderungen festgelegt werden und gleichzeitig strukturelle Maßnahmen zur Gewährleistung der Abwicklungsfähigkeit eingeleitet werden sollten, größeres Gewicht.

4. GRENZÜBERGREIFENDE KOORDINIERUNG DES KRISENMANAGEMENTS

4.1. Koordinierte Abwicklung von EU-Bankengruppen

Die in Abschnitt 2 skizzierten Maßnahmen werden dafür sorgen, dass die Abwicklungsbehörden über dieselben Instrumente und Befugnisse verfügen. Dadurch wird im Falle der Insolvenz einer grenzübergreifenden Gruppe ein koordiniertes Vorgehen erleichtert, doch scheinen weitere Maßnahmen notwendig, um die Zusammenarbeit zu fördern und nationale Alleingänge zu vermeiden.

Grundsätzlich würde ein integrierter Rahmen für die Abwicklung grenzübergreifender Unternehmen durch eine einzige europäische Stelle ein zügiges, energisches und faires Abwicklungsverfahren für europäische Finanzgruppen sicherstellen und dem gesamteuropäischen Charakter der Bankenmärkte besser entsprechen. Die Kommission sieht jedoch ein, dass sich ein EU-weit integriertes Abwicklungsmodell für grenzübergreifende Bankengruppen schwerlich verwirklichen lässt, solange es für diese Unternehmen noch keine harmonisierte Insolvenzordnung und keine allein zuständige europäische Aufsichtsbehörde gibt. Nach Auffassung der Kommission sollte der europäische Abwicklungsansatz dem bei der Aufsicht verfolgten breiteren Ansatz entsprechen.

Aus diesem Grund befürwortet die Kommission als ersten Schritt einen Koordinierungsrahmen auf der Grundlage harmonisierter Abwicklungsinstrumente und einer Verpflichtung der Behörden, bei der Abwicklung verbundener Unternehmen Rücksprache zu nehmen und zusammenzuarbeiten. Um dies zu erreichen, erwägt die Kommission zwei grundsätzliche Reformen.

Erstens würden um die bestehenden Aufsichtskollegien herum Abwicklungskollegien gebildet, indem die Abwicklungsbehörden für Gruppenunternehmen hinzugezogen würden. In diesen Abwicklungskollegien würde die für das EU-Mutterinstitut zuständige Abwicklungsbehörde („Abwicklungsbehörde auf Gruppenebene“) den Vorsitz führen; sie wäre für die Krisenplanung und die Ausarbeitung von Abwicklungsplänen zuständig, in denen gegebenenfalls auch die Lastenteilung im Grundsatz zu regeln wäre. Im Krisenfall wäre das Abwicklungskollegium ein Forum für den Informationsaustausch und die Koordinierung von Abwicklungsmaßnahmen.

Zweitens sollten die Abwicklungsbehörden auf Gruppenebene die Entscheidungsbefugnis in der Frage besitzen, ob im Falle einer Gruppeninsolvenz ein Gruppenabwicklungskonzept angebracht ist. Solange diese Entscheidung, die rasch zu treffen wäre, nicht ergangen ist, dürften die nationalen Behörden keine nationalen Maßnahmen beschließen, die die Wirksamkeit des Gruppenabwicklungskonzepts beeinträchtigen könnten. Die Abwicklungsbehörde auf Gruppenebene kann in Zusammenarbeit mit den anderen am Abwicklungskollegium beteiligten Behörden zu dem Ergebnis gelangen, dass eine getrennte Abwicklung der zur Gruppe gehörenden Unternehmen angesichts der Struktur und Organisation der Gruppe die beste Lösung ist; in diesem Fall würden die einzelnen nationalen Behörden eigenständig über den weiteren Fortgang entscheiden. Ein Gruppenabwicklungskonzept würde auf dem von den jeweiligen Behörden bereits vorbereiteten Gruppenabwicklungsplan aufbauen und von den nationalen Behörden mittels der im neuen Rahmen zur Verfügung stehenden Instrumente und Befugnisse umgesetzt.

Durch die Erstellung von Gruppenabwicklungskonzepten in geeigneten Fällen dürfte eine koordinierte Abwicklung, die für die Gruppe eher zum bestmöglichen Ergebnis führen dürfte, erleichtert werden. Da sich die Abwicklungsbefugnisse jedoch auf einzelne juristische Personen erstrecken und die Zuständigkeit für die Abwicklung weiterhin in nationaler Hand bliebe, wäre das Gruppenabwicklungskonzept nicht verbindlich. Nationale Behörden, die damit nicht einverstanden wären, hätten nach wie vor die Möglichkeit, davon unabhängig Maßnahmen zu ergreifen, die sie aus Gründen der nationalen Finanzstabilität für erforderlich halten; jedoch müssten sie dabei berücksichtigen, wie sich diese Maßnahmen auf die Finanzstabilität in anderen Mitgliedstaaten auswirken, ihre Entscheidung gegenüber dem Abwicklungskollegium begründen und – sofern zeitlich machbar – die Gründe mit den anderen Mitgliedern des Kollegiums erörtern, bevor sie Einzelmaßnahmen ergreifen.

Dieser Rahmen würde einen angemessenen Ausgleich zwischen der für einen kohärenten Umgang mit insolventen Gruppen erforderlichen Koordinierung nationaler Maßnahmen und der nachweislich bestehenden Notwendigkeit schaffen, bei Bedarf rasch und energisch zu handeln.

4.2. Rahmen für die Koordinierung mit Drittländern

Eine wirksame Abwicklung international tätiger Gruppen setzt als Minimum die gegenseitige Anerkennung und Durchsetzung der von den Abwicklungsbehörden in den jeweiligen Rechtsräumen ergriffenen Maßnahmen voraus. Die hierfür erforderlichen internationalen Vereinbarungen werden sich leichter erzielen lassen, wenn die Abwicklungsordnungen auf gemeinsamen Grundsätzen und Ansätzen fußen; die diesbezüglichen Arbeiten des FSB und der G20 werden von der Kommission mit Nachdruck unterstützt. Die Kommission unterstützt auch die Entwicklung fester spezifischer Kooperationsvereinbarungen zwischen den für die Insolvenz weltweiter Firmen zuständigen nationalen Behörden, um eine erfolgreiche Planung, Entscheidungsfindung und Koordinierung bei internationalen Gruppen sicherzustellen.

4.3. Rolle der europäischen Aufsichtsbehörden bei der Krisenbewältigung

Der in dieser Mitteilung skizzierte Rahmen steht voll und ganz mit den unlängst vereinbarten Verordnungen zur Errichtung der europäischen Aufsichtsbehörden in Einklang. Infolge der Verhandlungen im Europäischen Parlament und im Rat sollen die europäischen Aufsichtsbehörden nach den einschlägigen Verordnungen auch verschiedene Aufgaben unter anderem im Bereich der Krisenbewältigung, -vorbereitung und –prävention übernehmen. So könnte insbesondere der EBA (ggf. in Zusammenarbeit mit der ESMA) innerhalb der EU-rechtsbedingten Grenzen bei den Bestandteilen des Rahmens, die die Vorbereitung, Prävention, Frühintervention und Koordinierung betreffen, die Aufsicht und bestimmte Aufgaben übertragen werden, einschließlich der Befugnis, mutmaßliche Verstöße gegen EU-Recht zu untersuchen, als Vermittlerin tätig zu werden und im Notfall Entscheidungen zu treffen.[26] Außerdem würde die EBA bei der grenzübergreifenden Koordinierung in diesem Rahmen eine zentrale Rolle spielen, indem sie als Beobachterin in den Abwicklungskollegien vertreten ist und maßgeblich an der Entwicklung und Koordinierung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen mitwirkt.[27] In Bereichen, in denen die Vermittlungs- und Notfallentscheidungsbefugnisse der ESA zur Anwendung kommen, würde außerdem der finanzpolitische Vorbehalt[28] gelten, wonach mit etwaigen ESA-Beschlüssen in keiner Weise in die haushaltspolitischen Befugnisse der Mitgliedstaaten eingegriffen werden darf.

Sind an einer Abwicklung unter Umständen andere Behörden als die Aufsichtsbehörden beteiligt, wird die Kommission sorgfältig prüfen, an welcher Stelle die EBA am besten Unterstützung leisten könnte. So könnte die EBA beispielsweise als Koordinierungsstelle auf EU-Ebene in ganz ähnlicher Weise aktiv werden wie die Aufsichtsbehörden, wenn diese die Abwicklungsbehörden auf nationaler Ebene unterstützen. Allerdings darf dabei auch die Gefahr von Interessenkonflikten nicht außer Acht gelassen werden: Ein Grund für die in vielen Rechtsordnungen bestehende Trennung von Aufsichts- und Abwicklungsbehörden besteht darin, dass so das Risiko aufsichtsbehördlicher Nachsicht verringert werden soll.

5. ABWICKLUNGSFINANZIERUNG

Die Kosten der Abwicklung sollten in erster Linie von den Anteilseignern und Gläubigern getragen werden, doch in den meisten Fällen dürfte dies nicht ausreichen. Soll die Abwicklung eine glaubhafte Option sein, sollten angemessene Finanzierungsregelungen getroffen werden. Wie schon in der Kommissionsmitteilung vom 26. Mai angekündigt, will die Kommission die Einrichtung nationaler Bankenabwicklungsfonds vorschlagen.

Nach Auffassung der Kommission ist ein koordiniertes Vorgehen auf EU-Ebene erforderlich, um eine klare Verknüpfung zwischen den Finanzierungsmechanismen und dem neuen Abwicklungsrahmen herzustellen. Glaubhafte Regelungen für die Abwicklungsfinanzierung dürften zur Stärkung der Finanzstabilität beitragen und das System widerstandsfähiger machen. Durch Ausschaltung etwaiger Unterschiede und Verzerrungen würde ein gemeinsamer Ansatz auch die Aussichten für eine wirksame grenzübergreifende Zusammenarbeit verbessern. Nach Überzeugung der Kommission würde ein System ex-ante-finanzierter Abwicklungsfonds auf lange Sicht auch die Kosten für die Allgemeinheit senken.

Außerdem könnte ein gemeinsamer Ansatz für die privatwirtschaftliche Finanzierung nach Auffassung der Kommission auch die Einigung auf eine angemessene Lastenverteilung bei den Abwicklungskosten erleichtern, die für die effiziente Abwicklung grenzübergreifender Unternehmen eine große Rolle spielen wird.

5.1. Nutzung der Abwicklungsfonds

Durch die Existenz von Abwicklungsfonds wird die Abwicklung zur glaubhaften Option. Bedenken, der Moral Hazard könne durch das Vorhandensein solcher Fonds zunehmen, werden abnehmen, wenn die Fonds ausschließlich zur Finanzierung von Abwicklungsinstrumenten genutzt werden dürfen, beispielsweise um eine vorläufige Brückenbank zu finanzieren oder Verbindlichkeiten durch eine Garantie abzusichern und so einen Kreditentzug zu vermeiden.

Zielen Abwicklungsmaßnahmen (wie Schuldenabschreibungen) darauf ab, die Fortführung eines in Schwierigkeiten geratenen Unternehmens zu ermöglichen, muss jede Bereitstellung vorübergehender Finanzierungsmittel mit geeigneten Maßnahmen zur Restrukturierung des Unternehmens, Ablösung der verantwortlichen Geschäftsleitung, Abschreibung ungesicherter Gläubiger und Verwässerung oder Abschreibung der Forderungen bestehender Anteilseigner kombiniert werden.

Jede Bereitstellung finanzieller Abwicklungshilfe (einschließlich Kapital, Liquidität, Garantien oder sonstiger Maßnahmen) muss dem Vertrag und insbesondere den EU-Beihilfevorschriften entsprechen, wenn dabei staatliche Mittel[29] zum Einsatz kommen und ein Unternehmen, das weiterhin am Markt tätig ist, einen Vorteil erhält, der den Wettbewerb verzerren und den Handel innerhalb der EU beeinträchtigen könnte, auch wenn dies nur eingeschränkt der Fall ist.

5.2. Abwicklungsfonds und Einlagensicherungssysteme

Abwicklungsfonds und Einlagensicherungssysteme dienen nicht demselben Zweck. Gleichwohl bieten die Einlagensicherungssysteme einiger Mitgliedstaaten schon heute bestimmte Formen der Abwicklungsfinanzierung an. Die Kommission hat im Juli[30] vorgeschlagen, dass die Ex-ante-Fonds der Einlagensicherungssysteme für Bankenabwicklungsmaßnahmen genutzt werden könnten, bei denen Einlagen auf ein anderes Unternehmen übertragen werden (z.B. Verkauf an ein anderes privatwirtschaftliches Unternehmen, Zusammenschluss mit einem anderen privatwirtschaftlichen Unternehmen oder Auslagerung auf eine Brückenbank), sofern dabei nicht mehr Mittel aufgewandt werden müssen als für die Entschädigung der Einleger erforderlich gewesen wären.

Die Einführung eines neuen Rahmens für das Krisenmanagement könnte über die Maßnahmen zum Schutz garantierter Einlagen hinaus weiteren Finanzierungsbedarf schaffen. Die Kosten solcher weiterer Maßnahmen könnten dann vom Abwicklungsfonds getragen werden. Außerdem würde eine Abwicklungsfinanzierung, die ausschließlich auf abgesicherten Einlagen fußt, kleinere und stärker spezialisierte Einlageninstitute gegenüber größeren Universalbanken, die eine diversifiziertere Bilanzstruktur aufweisen und möglicherweise systemrelevanter sind, ungerechterweise benachteiligen. Gleichwohl sollen die potenziellen Synergien zwischen Einlagensicherungs- und Abwicklungsfonds weiter untersucht werden.

5.3. Gestaltung der Abwicklungsfonds

Auch wenn die Kommission keine Notwendigkeit sieht, die Funktionsweise der Fonds bis ins Letzte vorzuschreiben, sollten folgende Aspekte aus ihrer Sicht doch abgestimmt werden:

- Die unter den Krisenbewältigungsrahmen fallenden Banken würden in Ex-Ante-Fonds einzahlen, die durch Ex-Post-Finanzierungsvereinbarungen ergänzt würden, um die Verfügbarkeit der Finanzierung unabhängig von der Größe des insolventen Instituts in jedem Fall sicherzustellen; über die Kapazität des Fonds hinausreichende Kosten würden anschließend vom Bankensektor zurückgeholt.

- Die Beitragspflicht zu den Fonds sollte die Verteilung der Verantwortung für Aufsicht und Krisenbewältigung widerspiegeln. Wie die Einlagensicherungssysteme würde sich jeder Abwicklungsfonds aus den Beiträgen der in seinem Mitgliedstaat zugelassenen Institute speisen, wobei mit diesen Beiträge auch deren Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten abgedeckt wären.

- Über die Beitragsbemessungsgrundlage wird gründlich nachgedacht werden müssen. Auch wenn die Kommission eine vollständige Harmonisierung, bei der in erster Linie die Verbindlichkeiten zugrunde gelegt werden, grundsätzlich als besten Näherungswert für die potenziell entstehenden Abwicklungskosten ansieht, könnten zum jetzigen Zeitpunkt auch andere Optionen in Erwägung gezogen werden, bis man später zu einer Harmonisierung der Beitragsbemessungsgrundlage gelangt. Sofern die Struktur des Finanzsystems, der breitere finanzpolitische Kontext oder die potenziellen Abwicklungskosten dies rechtfertigen, könnte den Mitgliedstaaten auch die Möglichkeit eingeräumt werden, eine andere Beitragsbemessungsgrundlage festzulegen, sofern der Binnenmarkt dadurch nicht verzerrt wird. Die Kommission wird Kosten und Nutzen der einzelnen Ansätze abwägen und den Auffassungen der verschiedenen Beteiligten aufmerksam Gehör schenken.

Auch wenn es angebracht erscheint, in einem ersten Schritt zunächst ein Netz aus nationalen Abwicklungsfonds anzustreben, würde ein einziger EU-weiter Fonds dem Ziel einer effizienten EU-Abwicklungsordnung nach Überzeugung der Kommission doch besser dienen. Ein solcher Fonds würde eine harmonisierte Beitragsbemessungsgrundlage voraussetzen.

5.4. Größe der Fonds

Der Kommission ist bewusst, dass die Größe der harmonisierten nationalen Fonds den durch andere Finanzmarktreformen entstehenden Belastungen Rechnung tragen muss. Die Fonds sollten schrittweise eingeführt und die Beiträge zunächst niedriger angesetzt und dann mit Festigung des Wirtschaftsaufschwungs angehoben werden.

Um die Zielausstattung der Fonds festzulegen, wird die Kommission im Rahmen ihrer Folgenabschätzung insbesondere die Kosten jüngerer Abwicklungsmaßnahmen analysieren und auch berücksichtigen, dass die Fondsgröße auch von den Auswirkungen von Reformen wie höheren Eigenkapitalanforderungen und Verbesserungen bei der Verlustausgleichsqualität des Kapitals sowie der Wirksamkeit anderer Puffer (z.B. der Einlagensicherungssysteme) abhängen muss, die sowohl die Wahrscheinlichkeit als auch die Auswirkungen von Bankenpleiten verringern können. Da die Ausgaben eines Abwicklungsfonds zum Teil möglicherweise wieder hereingeholt werden können (z.B. durch Verkauf einer Brückenbank), kann die Zielgröße vermutlich noch etwas niedriger angesetzt werden. Zu guter Letzt wird die Möglichkeit bestehen, die Mittelausstattung der Fonds den jeweils aktuellen Erfahrungen anzupassen, damit sie den zu erwartenden Finanzierungsbedarf exakter widerspiegelt.

6. WEITERE SCHRITTE UND KÜNFTIGE ARBEITEN

6.1. Weitere Schritte: Koordinierungsrahmen (2011)

Die Kommission arbeitet zurzeit an einem Krisenmanagement-Rahmen und an der Folgenabschätzung, die dessen Entwicklung zugrunde liegen und dem förmlichen Vorschlag im Frühjahr 2011 beigefügt werden soll. Bevor die Kommission ihren Vorschlag annimmt, wird sie im Dezember 2010 eine Konsultation zu den technischen Einzelheiten etwaiger Bestimmungen durchführen. Der Krisenmanagement-Rahmen wird sich auf die in dieser Mitteilung skizzierten Politikbereiche erstrecken: Harmonisierung der Instrumente, Koordinierung nationaler Maßnahmen und Finanzierungsregelungen.

Die nationalen Insolvenzgesetze werden für diesen Rahmen nur insoweit geändert, wie es zur Unterstützung der vorstehend skizzierten Maßnahmen notwendig ist. Dies könnte Änderungen beinhalten, die erforderlich sind, um bei einer Vermögensübertragung zwischen Unternehmen einer Gruppe (Abschnitt 3.3) den notwenigen Schutz der Gläubiger und Anteilseigner des Erwerbers sowie die Vorrangsstellung der Einleger zu gewährleisten, falls dies angesichts einer gesetzlichen Schuldenabschreibungsbefugnis wünschenswert ist.

6.2. Künftige Arbeiten

Insolvenzrahmen (mittelfristig)

Die Kommission wird prüfen, ob die Insolvenzordnungen für Banken weiter harmonisiert werden müssen, mit dem möglichen Ziel, dass Banken verfahrenstechnisch und inhaltlich nach denselben Insolvenzvorschriften abgewickelt und liquidiert werden. Dies beinhaltet:

Ein Verwaltungsverfahren für die Liquidation von Banken als wünschenswerte Alternative zum üblichen Gerichtsverfahren, um eine zügigere und geordnetere Liquidation zu ermöglichen. Eine Harmonisierung der Kerngrundsätze des Bankeninsolvenzrechts, einschließlich Rangordnung und Regelungen für Rückholmaßnahmen.

Die Kommission wird bis Ende 2012 einen Bericht über die weitere Harmonisierung des Insolvenzrechts vorlegen.

Integrierter Rahmen (längerfristig)

Parallel zu der 2014 anstehenden Überprüfung der EBA-Verordnung wird die Kommission prüfen, wie sich ein stärker integrierter Rahmen für die Abwicklung grenzübergreifender Gruppen am besten verwirklichen ließe. Dies könnte eine EU-Behörde beinhalten; deren operationelle Kapazität würde allerdings von der Schaffung einer EU-Abwicklungs- und Insolvenzordnung sowie eines auf harmonisierter Basis finanzierten EU-Abwicklungsfonds abhängen.

7. SCHLUSSFOLGERUNG

Die in dieser Mitteilung skizzierten künftigen Politikmaßnahmen würden die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems signifikant erhöhen, indem sichergestellt würde, dass Unternehmen und Behörden besser auf Probleme vorbereitet und besser in der Lage wären, sie frühzeitig abzuwenden. Die Kommission wird diese Maßnahmen entsprechend dem beigefügten Arbeitsprogramm vorantreiben, damit die Behörden in Europa über die nötigen Instrumente und Finanzmittel verfügen, um wirksam eingreifen und die Insolvenz einer Bank oder Wertpapierfirma auf so geordnete Weise abwickeln zu können, dass die Auswirkungen auf das System und letztlich die Kosten für Staatshaushalte und Steuerzahler auf ein Mindestmaß beschränkt werden.

Künftige Politikmaßnahmen

Ziele | Vorgeschlagene Maßnahmen | Zeithorizont |

Koordinierungsrahmen |

Sicherstellen, dass alle Mitgliedstaaten über eine wirksame Krisenbewältigungsordnung für Banken und bestimmte Wertpapierfirmen verfügen, mit ausreichenden harmonisierten Befugnissen für Früheingriffe und Abwicklung | Richtlinienvorschlag zum Krisenmanagement mit: - erweiterten Befugnissen für die Aufsichtsbehörden - Vorschriften für eine angemessene Planung, einschließlich Sanierungs- und Abwicklungsplänen - harmonisierten Abwicklungsinstrumenten | Frühjahr 2011 |

Gewährleistung einer wirksamen Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Behörden bei Insolvenz eines grenzübergreifenden Unternehmens | Richtlinienvorschlag zum Krisenmanagement mit einem grenzübergreifenden Koordinierungsrahmen | Frühjahr 2011 |

Sicherstellen, dass für Krisenbewältigungsmaß-nahmen Unterstützung durch privatwirtschaftliche Mittel bereitsteht | Richtlinienvorschlag zum Krisenmanagement mit der Vorgabe, nationale Abwicklungsfonds einzurichten | Frühjahr 2011 |

Prüfung, welches Krisenmanagement für andere Finanzinstitute erforderlich ist | Bericht an den Rat und das Europäische Parlament | Ende 2011 |

Insolvenz |

Prüfung, welche EU-Reform der Bankeninsolvenzordnungen erforderlich ist, um zu gewährleisten, dass die Liquidation eine realistische Option für insolvente Banken darstellt, und um die gegenwärtigen Schwachstellen der Insolvenzverfahren für grenzübergreifende Bankengruppen zu beheben. | Bericht an den Rat und das Europäische Parlament, gegebenenfalls mit einem Gesetzgebungs-vorschlag | Ende 2012 |

Integrierte Abwicklung grenzübergreifender Bankengruppen |

Prüfung, wie ein Rahmen für die integrierte Abwicklung grenzübergreifender Bankengruppen am besten zu verwirklichen ist, u.a. durch Einschaltung einer EU-Behörde in die Abwicklung | Parallel zur Überprüfung der EBA-Verordnung | 2014 |

Prüfung der Notwendigkeit eines EU-Abwicklungsfonds zur Vervollständigung eines integrierten Ansatzes für die Abwicklung grenzübergreifender Bankengruppen | Parallel zur Überprüfung der EBA-Verordnung | 2014 |

[1] Informationen der Kommissionsdienststellen und Angaben der Mitgliedstaaten im Wirtschafts- und Finanzausschuss, Stand Dezember 2009.

[2] Die Europäische Kommission hat deshalb – wo sinnvoll – Lastenteilung und Maßnahmen zur Begrenzung solcher Wettbewerbsverzerrungen im Einklang mit dem EU-Vertrag gefordert.

[3] KOM(2009) 561.

[4] Informationen über diese Konferenz, einschließlich der Präsentationen und Vorträge sind auf der Kommissionswebsite abrufbar unter: http://ec.europa.eu/internal_market/bank/crisis_management/index_de.htm#conference .

[5] KOM(2010) 254.

[6] Die beiden Kommissionsmitteilungen können abgerufen werden unter: http://ec.europa.eu/internal_market/bank/crisis_management/index_de.htm.

[7] Europäisches Parlament, A7-0213/2010, Ausschuss für Wirtschaft und Währung, Berichterstatterin: Elisa Ferreira.

[8] Die hier geäußerten Vorstellungen stehen mit den Empfehlungen, die das FSB derzeit ausarbeitet, in Einklang.

[9] Wall-Street-Reform und Verbraucherschutzgesetz (Pub.L. 111-203, H.R. 4173).

[10] Die Kommission will all die Wertpapierfirmen erfassen, deren Insolvenz das gesamte System destabilisieren könnte, und denkt derzeit darüber nach, wie diese Kategorie definiert werden könnte.

[11] Dies bedeutet, dass kein Gläubiger besser oder schlechter gestellt sein darf als im Falle einer Liquidation.

[12] Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG.

[13] Wie ein solcher Transfer nach den geltenden steuerlichen Bestimmungen zu behandeln ist, wird geprüft werden müssen. Auch die Bilanzierungsmethoden müssten u. U. gesondert untersucht werden.

[14] Aufsichtsbehörden und andere Behörden würden den üblichen Beschränkungen bei der Offenlegung vertraulicher Informationen unterliegen.

[15] Vgl. Abschnitt 4.1.

[16] Die konsolidierende Aufsichtsbehörde im Sinne der Richtlinie 2006/48/EG wäre dafür zuständig, über die auf Gruppenebene erforderlichen Änderungen zu entscheiden.

[17] Artikel 136 der Richtlinie 2006/48/EG. Kraft Artikel 37 der Richtlinie 2006/49/EG erstrecken sich diese Befugnisse auch auf Wertpapierfirmen.

[18] Buchmäßige Insolvenz ist im allgemeinen der Punkt, an dem das herkömmliche Insolvenzverfahren eingeleitet wird.

[19] Sowohl bei einer herkömmlichen Liquidation als auch bei einer geordneten Abwicklung erlischt das Unternehmen ganz oder teilweise, weswegen nicht von der Fortführung der Geschäftstätigkeit ausgegangen wird.

[20] Vgl. Abschnitt 3.6.

[21] Verkäufe von Instituten oder Geschäftsbereichen sollten – soweit unter den gegebenen Umständen möglich – auf offene, transparente und diskriminierungsfreie Weise erfolgen. Dies ist die beste Gewähr dafür, dass ein fairer Marktpreis gezahlt wird, d.h. der Käufer keine staatliche Beihilfe erhält. Die Kommission räumt allerdings ein, dass ein Verkauf unter bestimmten Umständen in außerordentlich kurzer Zeit abgewickelt werden muss, damit die Finanzstabilität erhalten bleibt. Auch wenn ein normales öffentliches Angebotsverfahren in solchen Fällen nicht möglich sein wird, werden die Anforderungen Transparenz, Offenheit und Nichtdiskriminierung doch so weit wie möglich eingehalten werden müssen.

[22] Mit einer Brückenbankkonstruktion wird das Ziel verfolgt, den anhaltenden Zugang zu abgesicherten Einlagen und die Aufrechterhaltung der grundlegenden Bankdienstleistungen für begrenzte Zeit zu erleichtern, um das Geschäft nach Stabilisierung der Marktbedingungen an den privaten Sektor zu veräußern.

[23] Nach diesem Grundsatz wird derzeit in einer Reihe von Ländern verfahren.

[24] Die Regelung sollte so gestaltet werden, dass bestimmte Anlegerkategorien, wie Kleinanleger und KMU, nicht benachteiligt werden.

[25] Die Kommission ist der Auffassung, dass bei jeder Abschreibung von Schulden grundsätzlich der Rangordnung der Gläubiger Rechnung getragen werden sollte.

[26] Artikel 9, 10 und 11 der von Rat und Europäischem Parlament vereinbarten Kompromissfassungen der ESA-Verordnungen.

[27] Artikel 12c ff. der von Rat und Europäischem Parlament vereinbarten Kompromissfassung der EBA-Verordnung.

[28] Artikel 23 der von Rat und Europäischem Parlament vereinbarten Kompromissfassungen der ESA-Verordnungen.

[29] Nach allgemeiner Auffassung sind Fonds dann als staatliche Mittel zu betrachten, wenn sie nach innerstaatlichen Rechtsvorschriften durch Zwangsbeiträge gespeist werden und gemäß diesen Rechtsvorschriften verwaltet und verteilt werden, selbst wenn ihre Verwaltung nichtstaatlichen Organen anvertraut ist (siehe beispielsweise Rs. 173/73 Italien/Kommission Slg. [1974] 709 Randnummer 16).

[30] KOM(2010) 368.