ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 351

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

59. Jahrgang
22. Dezember 2016


Inhalt

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

Seite

 

 

BESCHLÜSSE

 

*

Beschluss (EU) 2016/2326 der Kommission vom 21. Oktober 2015 über die staatliche Beihilfe SA.38375 (2014/C ex 2014/NN) Luxemburgs zugunsten von Fiat (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2015) 7152)  ( 1 )

1

 

*

Beschluss (EU) 2016/2327 der Kommission vom 5. Juli 2016 über die staatliche Beihilfe SA.19864 — 2014/C (ex 2009/NN54) Belgiens für die Finanzierung der öffentlichen IRIS-Krankenhäuser in der Region Brüssel-Hauptstadt (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4051)  ( 1 )

68

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

BESCHLÜSSE

22.12.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 351/1


BESCHLUSS (EU) 2016/2326 DER KOMMISSION

vom 21. Oktober 2015

über die staatliche Beihilfe SA.38375 (2014/C ex 2014/NN) Luxemburgs zugunsten von Fiat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2015) 7152)

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1 (1),

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme nach den vorgenannten Bestimmungen (2) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben vom 19. Juni 2013 übermittelte die Kommission dem Großherzogtum Luxemburg ein Auskunftsersuchen, in dem sie um detaillierte Informationen über die Praxis des Landes im Bereich der Steuervorbescheide ersuchte (3).

(2)

Mit Schreiben vom 17. Juli 2013 beantworteten die luxemburgischen Behörden dieses Auskunftsersuchen in allgemeiner Hinsicht und stellten die angeforderten Informationen teilweise zur Verfügung. Insbesondere enthielt das Antwortschreiben eine Beschreibung der Rechtsvorschriften und nationalen Regelungen, an die die Luxemburger Steuerverwaltung (Administration des contributions directes) beim Erlass von Steuervorbescheiden gebunden ist (4), eine Beschreibung des Verfahrens für die Einholung von Steuervorbescheiden, die vom Steuerzahler einzureichenden Informationen sowie Angaben darüber, ob die von der Steuerverwaltung ausgestellten Steuervorbescheide veröffentlicht wurden. Die luxemburgischen Behörden haben auf Ersuchen der Kommission, eine Liste mit von ihrer Steuerverwaltung in den Jahren 2010, 2011 und 2012 ausgestellten Steuervorbescheiden sowie relevante Informationen wie die Namen der Unternehmen, die Unternehmenstätigkeiten, Daten und Geltungsdauer der Vorbescheide und die Transaktionsarten, die durch die Steuervorbescheide abgedeckt sind, bereitzustellen, nicht geantwortet.

(3)

Mit Schreiben vom 30. August 2013 sandte die Kommission ein Erinnerungsschreiben an die luxemburgischen Behörden, in dem sie erneut um eine Liste der in den Jahren 2010, 2011 und 2012 ausgestellten Steuervorbescheide bat (5).

(4)

Mit Schreiben vom 20. und 23. September 2013 brachten die luxemburgischen Behörden ihr Bedauern darüber zum Ausdruck, dass bestimmte Informationen bezüglich des Auskunftsersuchens der Kommission in der Presse erschienen waren. Ferner stellten sie die Rechtsgrundlage für das Auskunftsersuchen der Kommission in Frage.

(5)

Mit Schreiben vom 2. Oktober antwortete die Kommission den luxemburgischen Behörden. In ihrem Schreiben gab sie die Rechtsgrundlage für ihre von Amts wegen erfolgende Untersuchung der Praxis Luxemburgs im Bereich der Steuervorbescheide an und gewährte den luxemburgischen Behörden eine weitere Fristverlängerung für die Einreichung der angeforderten Liste der Steuervorbescheide.

(6)

Am 11. Oktober 2013 fand zwischen den luxemburgischen Behörden und der Kommission ein Treffen statt. Daraufhin äußerten die luxemburgischen Behörden in einem Schreiben an die Kommission vom 14. Oktober 2013 Zweifel, dass die von der Kommission angeführte Rechtsgrundlage geeignet sei, das weit gefasste und allgemein gehaltene Auskunftsersuchen abzudecken. Die Kommission antwortete auf dieses Schreiben mit Schreiben vom 15. Oktober 2013.

(7)

Weitere Briefwechsel fanden zwischen den luxemburgischen Behörden (Schreiben vom 11. November und vom 2. Dezember 2013) und der Kommission (Schreiben vom 14. November und vom 12. Dezember 2013) statt. In ihren Schreiben erklärten die luxemburgischen Behörden, dass sie aufgrund der Regierungsneubildung nicht auf die Auskunftsersuchen der Kommission antworten konnten. Daher gewährte die Kommission eine Fristverlängerung bis zum 15. Januar 2014. Beide Schreiben der Kommission enthielten außerdem den Hinweis, dass die Kommission unter Umständen gezwungen sein könnte, eine Anordnung zur Auskunftserteilung zu erlassen, sollten die luxemburgischen Behörden dem Auskunftsersuchen nicht nachkommen.

(8)

Mit Schreiben vom 15. Januar 2014 reichten die luxemburgischen Behörden eine Liste mit 22 Steuervorbescheiden in Bezug auf die Jahre 2010-2013 ein, wobei die Namen der Steuerzahler jedoch aus den Vorbescheiden entfernt worden waren. Laut den luxemburgischen Behörden waren diese 22 Steuervorbescheide für die luxemburgische Praxis im Bereich Steuervorbescheide repräsentativ. Einer dieser Vorbescheide bezog sich auf eine Vorabvereinbarung über Verrechnungspreise mit einem als „FFT“ bezeichneten Unternehmen (im Folgenden die „FFT-Vorabvereinbarung“ oder der „angefochtene Steuervorbescheid“ genannt).

(9)

Die FFT-Vorabvereinbarung enthielt die folgenden Unterlagen (6):

a)

ein Schreiben des [Steuerberaters] (*1) im Namen seines Klienten FFT vom 14. März 2012, das einen Antrag auf die Genehmigung einer Vereinbarung über Verrechnungspreise durch die luxemburgische Steuerverwaltung enthält;

b)

einen Bericht über die Verrechnungspreisgestaltung, einschließlich einer von dem Steuerberater zur Unterstützung des Antrags von FFT auf eine Vorabvereinbarung über Verrechnungspreise erstellten Analyse der Verrechnungspreise (im Folgenden „Verrechnungspreis-Bericht“ genannt);

c)

ein Schreiben der luxemburgischen Steuerverwaltung vom 3. September 2012, in dem diese die vom Steuerberater vorgeschlagene Verrechnungspreisvereinbarung bewilligt.

(10)

Mit Schreiben vom 7. März 2014 bat die Kommission die luxemburgischen Behörden um Bestätigung, dass es sich bei dem in der FFT-Vorabvereinbarung genannten Steuerzahler „FFT“ um „Fiat Finance and Trade Ltd“ handelt. Die Kommission teilte außerdem mit, dass auf der Grundlage der bereitgestellten Information nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die FFT-Vorabvereinbarung eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe zugunsten von FFT darstellte. Die Kommission ersuchte die Luxemburger Behörden um Bereitstellung zusätzlicher, für die Bewertung der FFT-Vorabvereinbarung relevanter Informationen. Da die Luxemburger Behörden nicht auf dieses Schreiben reagierten, sandte die Kommission ein Erinnerungsschreiben am 7. April 2014 (7).

(11)

Mit Schreiben vom 24. April 2014 antworteten die Luxemburger Behörden auf das Schreiben vom 7. März 2014 und bestätigten, dass sie über keine zusätzlichen für die Bewertung der FFT-Vorabvereinbarung relevanten Informationen verfügten. Hinsichtlich der Frage, ob es sich bei FFT um Fiat Finance and Trade Ltd handele, verwiesen die Luxemburger Behörden auf ihre Schweigepflicht nach den Bestimmungen des luxemburgischen Rechts und führten an, dass diese Bestimmungen ihnen die Bestätigung der Identität des betroffenen Steuerzahlers untersagten.

(12)

Am 24. März 2014 erließ die Kommission eine Anordnung zur Auskunftserteilung auf der Grundlage des Artikels 10 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates (8), mit der sie von den luxemburgischen Behörden die in Erwägungsgrund 2 aufgeführte Liste der Steuervorbescheide anforderte.

(13)

Am 11. Juni 2014 erließ die Kommission einen Beschluss, um das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV in Bezug auf die FFT-Vorabvereinbarung einzuleiten (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“) (9). Der Einleitungsbeschluss wurde mit einer Anordnung zur Auskunftserteilung verbunden, durch die Luxemburg auferlegt wurde, innerhalb eines Monats nach Erhalt des Schreibens sämtliche für die Bewertung der Existenz und beihilferechtlichen Vereinbarkeit der möglichen Beihilfemaßnahme erforderlichen Unterlagen, Informationen und Daten bereitzustellen. Insbesondere forderte die Kommission Luxemburg auf, die Identität des Begünstigten der Maßnahme bekanntzugeben.

(14)

Mit Schreiben vom 14. Juli 2014 reichte Luxemburg seine Anmerkungen zum Einleitungsbeschluss ein. Luxemburg wies ferner darauf hin, dass es die im Einleitungsbeschluss bzw. in der Anordnung zur Auskunftserteilung gestellten Fragen nicht beantworten müsse, da die Kommission das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe nicht habe feststellen können.

(15)

Am 14. August 2014 forderte die Kommission Luxemburg dazu auf, die fehlenden Informationen in Bezug auf den Einleitungsbeschluss und die Anordnung zur Auskunftserteilung bereitzustellen. Außerdem ersuchte die Kommission Luxemburg um die Genehmigung, gemäß Artikel 6a der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 ihre noch ausstehenden Fragen direkt an FFT zu richten.

(16)

Am 3. September 2014 übermittelte Luxemburg Antworten auf einen Teil der ausstehenden Fragen und wies darauf hin, dass die von der Kommission angeforderte Information Geschäftsgeheimnisse von FFT darstelle, die sich nicht im Besitz der Luxemburger Behörden befänden. Luxemburg bestätigte, dass die Abkürzung FFT tatsächlich für „Fiat Finance and Trade Ltd.“ stehe und erteilte der Kommission die Genehmigung, ihre Fragen direkt an FFT zu richten.

(17)

Am 17. Oktober 2014 wurde der Einleitungsbeschluss im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (10). Die Kommission forderte alle Beteiligten zur Stellungnahme zu der Maßnahme auf. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2014 erhielt sie eine Stellungnahme von FFT.

(18)

Am 22. Dezember 2014 übermittelte Luxemburg eine Liste mit Steuervorbescheid-Adressaten, um dem Auskunftsersuchen im Schreiben der Kommission vom 19. Juni 2013 zu entsprechen. In dieser Liste sind die in den Jahren 2010, 2011 und 2012 von der Luxemburger Steuerverwaltung erlassenen Steuervorbescheide aufgelistet.

(19)

Mit Schreiben vom 5. Januar 2015 übermittelte Luxemburg seine Anmerkungen zu der auf den Einleitungsbeschlusshin eingegangenen Stellungnahme Dritter.

(20)

Am 12. Februar 2015 erließ die Kommission einen Beschluss, mit dem sie Luxemburg über ihre Feststellung nach Artikel 6a der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 informierte, dass das förmliche Prüfverfahren zu dem angefochtenen Steuervorbescheid bislang wirkungslos geblieben war. Auf dieser Grundlage und mit der vorliegenden Genehmigung von Luxemburg (11) konnte die Kommission ihre Fragen direkt an FFT richten.

(21)

Mit Schreiben vom 20. Februar 2015 sandte die Kommission ein Auskunftsersuchen an Luxemburg und FFT. Das an FFT gerichtete Auskunftsersuchen beruhte auf Artikel 6a Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999.

(22)

Mit Schreiben vom 24. Februar 2015 antwortete Luxemburg auf den Beschluss der Kommission vom 12. Februar 2015 und brachte sein Erstaunen über den Verlauf des Verfahrens zum Ausdruck. Ferner äußerte Luxemburg Zweifel an der Stichhaltigkeit der Feststellung von Seiten der Kommission, dass das Verfahren bislang wirkungslos geblieben sei, da Luxemburg der Kommission im Laufe der Untersuchung umfangreiche Informationen bereitgestellt habe.

(23)

Mit E-Mail vom 26. Februar und 3. März 2015 bat FFT um Erklärungen bezüglich des Auskunftsersuchens sowie um eine Fristverlängerung für die Bereitstellung der Informationen, die die Kommission dem Unternehmen mit E-Mail vom 5. März 2015 gewährte.

(24)

Mit Schreiben vom 5. März beantwortete die Kommission Luxemburgs Schreiben vom 24. Februar 2015.

(25)

Am 23. März 2015 (12) ersuchte die Kommission Luxemburg in Bezug auf die von den luxemburgischen Behörden am 22. Dezember 2014 bereitgestellte Liste der Steuervorbescheide um zusätzliche Informationen über die dort aufgeführten Steuervorbescheide der Jahre 2010, 2011 und 2012. Insbesondere bat die Kommission Luxemburg, näher auszuführen, welche der aufgelisteten Vorbescheide eine Treasury-Funktion und welche nicht integrierte Unternehmen oder Einzelunternehmen betrafen. Ferner ersuchte die Kommission Luxemburg um Übermittlung einer Reihe von Vorbescheiden, die bestimmte Unternehmensgruppen betrafen.

(26)

Mit Schreiben vom 24. März 2015 antwortete Luxemburg auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 20. Februar 2015 (13).

(27)

Mit Schreiben vom 31. März 2015 antwortete FFT auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom 20. Februar 2015. Die Antwort enthielt, unter anderem, die Leitlinien der Fiat-Gruppe im Bereich der Verrechnungspreise.

(28)

Am 23. April 2015 reichte Luxemburg zusätzliche Informationen zu 1 900 Vorbescheiden ein. Es handelte sich dabei um Vorbescheide, die im Antwortschreiben vom 22. Dezember 2014 aufgelistet waren. Luxemburg wies darauf hin, dass drei der aufgelisteten Vorbescheide, von denen zwei im Jahr 2010 und einer im Jahr 2011 erlassen worden seien, eine Treasury-Funktion betrafen. Am 23. März 2015 hatte die Kommission um Übermittlung zweier dieser Vorbescheide gebeten, da diese Unternehmen betrafen, die in ihrem Auskunftsersuchen vom 23. März 2015 aufgeführt waren.

(29)

Am 27. April 2015 fand zwischen FFT, den Luxemburger Behörden und der Kommission eine Zusammenkunft statt.

(30)

Am 4. Juni 2015 reichte Luxemburg die zusätzlichen, von der Kommission am 23. März angeforderten Informationen zu 5 327 der in seinem Antwortschreiben vom 22. Dezember aufgeführten Vorbescheide ein. Insbesondere gab Luxemburg an, dass zehn weitere Vorbescheide Treasury-Funktionen betrafen […]. Außerdem wurde der Kommission am 25. Juni ein das Unternehmen G betreffender Vorbescheid übermittelt.

(31)

Am 18. Juni 2015 übermittelte Luxemburg einen das Unternehmen E betreffenden Vorbescheid (im Folgenden „Vorbescheid aus dem Jahr 2011“).

(32)

Mit Schreiben vom 10. Juli 2015 argumentierte Luxemburg, dass es der Kommission im Fall eines endgültigen negativen Beschlusses nicht möglich sei, etwaige Beihilfen vom Begünstigten rückwirkend, d. h. ab dem Tag, an dem der Steuervorbescheid erlassen wurde, zurückzufordern.

(33)

Am 15. Juli 2015 fand zwischen dem Finanzvorstand von Fiat Chrysler Automobiles N.V., dem Nachfolger von Fiat S. p. A., den Luxemburger Behörden und der Kommission eine Zusammenkunft statt.

2.   BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

2.1.   Beschreibung des Begünstigten

(34)

FFT ist Teil der Fiat-Gruppe. Zum Zeitpunkt des angefochtenen Steuervorbescheids setzte sich die Fiat-Gruppe aus Fiat S.p.A., einer Gesellschaft italienischen Rechts mit Sitz in Turin, und allen von Fiat S.p.A. kontrollierten Unternehmen zusammen (im Folgenden zusammen „Fiat“ oder „Fiat-Gruppe“ genannt). Nach dem Zusammenschluss von Fiat S.p.A mit Fiat Investments N.V. am 12. Oktober 2014 wurde Fiat Chrysler Automobiles N.V. Nachfolger von Fiat S.p.A. (14).

(35)

Fiat übt sowohl industrielle als auch finanzielle Tätigkeiten und Dienstleistungen im Automobilsektor aus. Die Kommission verweist auf die Erwägungsgründe 20 und 21 des Einleitungsbeschlusses für eine ausführlichere Beschreibung der Aktivitäten von Fiat.

(36)

FFT stellt (vor allem) in Europa (mit Ausnahme von Italien) niedergelassenen Unternehmen der Fiat-Gruppe Treasury-Dienstleistungen und Finanzierungen zur Verfügung; es unterhält ferner mehrere Cash-Pooling-Strukturen für die im Vereinigten Königreich, in Dänemark, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz, Österreich, Deutschland und Spanien ansässigen Unternehmen der Fiat-Gruppe. FFT betreibt seine Tätigkeiten sowohl von Luxemburg aus, wo sich seine Hauptniederlassung befindet, als auch von zwei Zweigniederlassungen aus, von denen eine in London im Vereinigten Königreich und eine in Madrid in Spanien liegt.

(37)

Der von Luxemburg der Kommission am 15. Januar 2014 übermittelte Verrechnungspreis-Bericht enthält Informationen über FFT, die in den Erwägungsgründen 38 bis 51 zusammengefasst sind (15).

(38)

Fiat hat beschlossen, seine Finanz- und Treasury-Funktionen, für die sämtliche Tätigkeiten in den Bereichen Finanzierung, Finanzdienstleistungen für Unternehmen, Beziehungen zu Banken, Management der Währungs- und Zinsrisiken, Cash-Pooling, Geldmarktaktivitäten, Cash-Management sowie Einzugs- und Zahlungsinitiierung von den „Treasury-Gesellschaften“ vorgenommen werden, zu zentralisieren.

(39)

Die Treasury-Gesellschaften sind wie folgt gegliedert:

Fiat Finance S.p.A. (im Folgenden „FF“) ist die in Italien niedergelassene Treasory-Gesellschaft, die für die Koordinierung der Finanzierungsgeschäfte für die in Italien ansässigen Unternehmen der Fiat-Gruppe zuständig ist;

FFT nimmt Treasury-Funktionen für die in Europa niedergelassenen Gesellschaften der Fiat-Gruppe (mit der Ausnahme von Italien) wahr;

Fiat Finance North America, Inc. (im Folgenden „FFNA“) nimmt Treasury-Funktionen für die in den Vereinigten Staaten niedergelassenen Gesellschaften der Fiat-Gruppe war;

Fiat Finance Canada Ltd. (im Folgenden „FFC“) nimmt Treasury-Funktionen für die in Kanada ansässigen Gesellschaften der Fiat-Gruppe wahr;

Fiat Finanças Brasil Ltda (im Folgenden „FFB“) nimmt Treasury-Funktionen für die in Brasilien niedergelassenen Gesellschaften der Fiat-Gruppe wahr.

(40)

Die grenzüberschreitenden gruppeninternen Transaktionen, an denen FFT sich beteiligt, können in zwei Hauptkategorien eingeteilt werden:

Transaktionen zwischen Treasury-Gesellschaften (branchenintern)

T1 — gruppeninterne Darlehen von FFT an FF: Die Finanzierungsquellen von FFT beruhen auf Anleihen, Bankkreditlinien und gruppeninternen Einlagen;

T2 — gruppeninterne Darlehen von FFTNA an FFT: Die Finanzierungsquellen von FFNA beruhen hauptsächlich auf Anleihen mit Garantie;

Transaktionen zwischen Treasury-Gesellschaften und den Gesellschaften der Fiat-Gruppe

T3 — Transaktionen (Darlehen/Einlagen) zwischen FFT und Unternehmen der Gruppe in anderen Ländern (insbesondere in Europa);

T4 — von Fiat S.p.A gestellte Garantien (16) für von FFT und FFNA ausgegebene Anleihen, bilaterale Kreditlinien und Ad-hoc-Finanzierungsprogramme (d. h. Commercial Papers in Frankreich für FFT).

(41)

Die Abbildung stellt die Finanzierungsvorgänge dar (von T1 bis T3)

Die wichtigsten grenzüberschreitenden gruppeninternen Transaktionen

Image 1

Langfristige Kreditaufnahme

Kurzfristige Kreditaufnahme

FF

Einlagen

FF&T

Markt

FFNA

(42)

Was die ausgeführten Aufgaben betrifft, ist FFT in folgenden Bereichen tätig: Marktfinanzierungen und Liquiditätsanlagen; Beziehungen zu Finanzmarktteilnehmern; Finanzkoordinierungs- und Beratungsdienste für die Gesellschaften der Gruppe; Cash-Management-Dienste für die Unternehmen der Gruppe; kurzfristige („S/T“) und mittelfristige („M/T“) gruppeninterne Finanzierung und Koordinierung mit den anderen Finanzierungsgesellschaften.

(43)

Was Marktfinanzierung und Liquiditätsanlagen betrifft, beschafft FFT Mittel, um sie für die Geschäftstätigkeit und das Wachstum der Unternehmen der Gruppe bereitzustellen und sie entsprechend anzulegen. Was das Management der finanziellen Risiken anbelangt, so befolgt FFT die auf den jeweiligen gruppeninternen Strategien beruhenden Richtlinien (Fremdwährungsrisiko und Zinsrisiko). Die FFT-Mittel stammen von Finanzierungsinstrumenten wie Anleiheemissionen (auf der Grundlage eines Global Medium Term Note (GMTN) -Programms, bei dem FFT zusammen mit FFNA und FFC als Emittent agiert), befristeten Bankdarlehen, bestätigten und unbestätigten Kreditlinien etc. In Bezug auf das Liquiditätsmanagement investiert FFT Liquiditätsüberschüsse bei erstklassigen Kreditinstituten oder Liquiditätsfonds mit hohem Rating.

(44)

Das Fremdwährungsrisiko wird von FFT vor allem durch den Einsatz von Devisenterminkontrakten und Währungsswaps verwaltet. Das Zinsrisiko ist vor allem auf die unterschiedliche Laufzeit der Aktiva und Passiva und das Management zurückzuführen. FFT verwendet vorwiegend Zinsswaps (im Folgenden: „IRS“ = „interest rate swap“) und Forward Rate Agreements (im Folgenden: „FRA“).

(45)

Was die Beziehungen mit den Finanzmarktakteuren anbelangt, stellt FFT den Finanzmärkten und Finanzinstituten in Zusammenarbeit mit FF Informationen und Daten bezüglich der Gruppe zur Verfügung, die die Kreditwürdigkeit und die Finanzlage der Gruppe belegen.

(46)

Im Rahmen der Finanzkoordinierung und -beratung für die Unternehmen der Gruppe ist FFT dafür zuständig, letzteren finanzielle Unterstützung zu gewähren, ihren jeweiligen Bedarf an Finanzmitteln zu prüfen, die jeweils optimalen Finanzierungslösungen zu finden, Finanzierungsverträge aufzusetzen und die Leistung der Finanzprodukte hinsichtlich der Bedürfnisse der Unternehmen der Gruppe zu prüfen.

(47)

Die Geldmittelflüsse, der Finanzierungsbedarf und die Liquidität der Gesellschaften der Gruppe werden von FFT überwacht, um die Wirksamkeit und Effizienz des Managements der Eigenmittel der Gruppe zu optimieren. FFT verwaltet Cash-Pooling-Strukturen im Vereinigten Königreich, in Dänemark, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz, in Österreich, Deutschland und in Spanien. Jeden Tag werden die Salden pro Land auf einem zentralen Hauptkonto von FFT zentralisiert, damit die gesamte Finanzlage der Gruppe verwaltet werden kann. Insbesondere werden im Laufe des Tages auf den (bei Banken geführten) Konten der Gesellschaften der Gruppe im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit Zahlungseingänge und –ausgänge verbucht. Am Ende des Tages weisen die Konten der Unternehmen der Gruppe einen positiven oder negativen Saldo auf. In beiden Fällen wird der Saldo durch ein in jedem einzelnen Land eröffnetes Zentralisierungskonto von FFT gedeckt. Anschließend werden die Beträge der verschiedenen Zentralisierungskonten der einzelnen Länder auf ein einziges Zentralisierungskonto weitergeleitet (Eingang oder Ausgang). So werden die laufenden Konten der einzelnen Unternehmen der Gruppe täglich auf null zurückgeführt. Je nach der täglichen Position der laufenden Konten werden die nach einer gruppeninternen Tabelle berechneten Zinsbeträge den am Cash-Pooling-Programm beteiligten Unternehmen der Gruppe als Gutschrift oder Lastschrift verbucht.

(48)

Der Zinssatz gruppeninterner Darlehen ist als die Summe der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten zuzüglich einer Marge festgelegt. Der Einlagenzinssatz ist gemäß der Liquiditätspolitik der Gruppe auf den risikofreien Zinssatz zuzüglich einer Marge für kurzfristige Einlagen bei Banken festgelegt.

(49)

Was die gruppeninterne kurz- und mittelfristige Finanzierung und die Koordinierung mit den anderen Finanzierungsgesellschaften betrifft, geht FFT folgendermaßen vor: Bei ersterer stellt FFT den Unternehmen der Gruppe Mittel zur Verfügung, die entweder in hohen Beträgen auf den geregelten Märkten (Anleihenmarkt) zu Großhandelsbedingungen oder durch Verhandlungen mit Finanzinstituten aufgenommen wurden; bei letzterer werden Mitteltransfers zwischen den Finanzierungsgesellschaften vorgenommen, damit der Finanzbedarf der Unternehmen der Gruppe ohne Inanspruchnahme des Marktes erfüllt werden kann, wenn die Finanzposition der Gruppe insgesamt positiv ist.

(50)

Nachfolgend werden die — auch im Verrechnungspreis-Bericht dargelegten –Hauptrisiken dargelegt, mit denen Treasury-Gesellschaften im Allgemeinen konfrontiert sind:

Marktrisiko: FFT bewertet sowohl sein Zinsrisiko als auch sein Fremdwährungsrisiko (im Hinblick auf eine vollständige Absicherung) regelmäßig und sichert diese Risiken in Übereinstimmung mit der Risikomanagementpolitik der Gruppe durch den Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten ab. Bei den Finanzinstrumenten, die für diese Absicherungen eingesetzt werden, handelt es sich vorwiegend um klassische Währungsswaps, Devisenterminkontrakte und Zinsswaps.

Kreditrisiko in Bezug auf Bankeinlagen oder andere vergleichbare kurzfristige Anlagen: Dem Verrechnungspreis-Bericht zufolge wird dieses Risiko dadurch verringert, dass FFT ausschließlich mit großen Finanzinstituten arbeitet und die Liquiditätsallokation diversifiziert. Die Aktiva der Gruppe seien diesem Risiko nicht ausgesetzt, da die Gruppe daran interessiert ist, sämtliche Gruppenunternehmen zu unterstützen (17); es habe bislang keine Insolvenzfälle innerhalb der Gruppe gegeben; die Unternehmen der Gruppe verbuchten keine Rückstellungen für zweifelhafte Forderungen für die Verbindlichkeiten der Gruppe.

Kontrahentenrisiko in Bezug auf derivative Vermögenswerte, die bei Drittparteien (Banken) verwahrt werden: Das Risiko wird dadurch reduziert, dass FFT nur mit großen Finanzinstituten arbeitet und Derivatgeschäfte auf zahlreiche verschiedene Finanzinstitute verteilt werden. Die Aktiva der Gruppe sind diesen Risiken aus den oben angegebenen Gründen nicht ausgesetzt.

Operatives Risiko: FFT führt seine Finanzgeschäfte im Einklang mit den von Fiat S.p.A. festgelegten Leitlinien und Verfahren aus. Die Finanzaktivitäten unterliegen ständiger Überwachung und sind Risikomanagementkontrollen unterworfen, um das Auftreten von Problemen bei dem täglichen Verfahren zu vermeiden.

(51)

FFT verwaltet eine beträchtliche Anzahl an Finanzvermögenswerten, die vor allem mit Darlehen zwischen den Unternehmen der Gruppe, Forderungen der Gruppenunternehmen und zu einem kleineren Anteil mit Bankeinlagen verbunden sind. FFT verwendet EDV-Systeme, die für die Ausführung der täglichen Operationen und die Verfolgung der Finanzmarktperformance erforderlich sind.

2.2.   Der angefochtene Steuervorbescheid

(52)

Dieser Beschluss betrifft die FFT-Vorabvereinbarung, einen Steuervorbescheid bezüglich Verrechnungspreisen, den Luxemburg mit Schreiben vom 3. September 2012 zugunsten von FFT erlassen hat. Mit dem angefochtenen Steuervorbescheid wird eine vom Steuerberater von FFT vorgeschlagene Methode gebilligt, nach der die Gewinne innerhalb der Fiat-Gruppe FFT zugewiesen werden und auf deren Grundlage es FFT möglich ist, seine an Luxemburg zu entrichtende Körperschaftssteuer auf Jahresbasis zu bestimmen.

2.2.1.   Die FFT-Vorabvereinbarung

(53)

Die Unterlagen, die Luxemburg der Kommission als wesentliche Elemente zur Rechtfertigung des angefochtenen Steuervorbescheids zur Verfügung gestellt hat, bestehen aus zwei Schreiben und dem in Erwägungsgrund 9 erwähnten Verrechnungspreis-Bericht.

(54)

Mit Schreiben vom 3. September 2012 bestätigte die Luxemburger Steuerverwaltung, dass „die nachfolgende Verrechnungspreis-Analyse in Übereinstimmung mit Rundschreiben 164/2 vom 28. Januar 2011 durchgeführt wurde und mit dem Fremdvergleichsgrundsatz im Einklang steht“ (sic). Mit anderen Worten, die Luxemburger Steuerverwaltung erkannte an, dass die im Verrechnungspreis-Bericht enthaltene Analyse des Steuerberaters zu einer marktüblichen Vergütung für die von FFT wahrgenommenen Funktionen und das von dem Unternehmen übernommene Risiko führt. Bei der marktüblichen Vergütung („arm's length remuneration“ oder fremdvergleichskonforme Vergütung) von FFT, so wie sie im Verrechnungspreis-Bericht aufgeführt und in dem angefochtenen Steuervorbescheid anerkannt wurde, handelt es sich um Folgendes: „Die Verrechnungspreis-Studie legt eine angemessene Vergütung für das Risikokapital und das für die Vergütung der von dem Unternehmen wahrgenommenen Funktionen vorgesehene Eigenkapital von 2,542 Mio. EUR vor, wobei eine Spannweite von +/– 10 % angestrebt wird.“ Auf den von FFT auf der Grundlage dieser Vergütung erwirtschafteten Nettogewinn wird der in Luxemburg übliche Körperschaftsteuersatz von 28,80 % erhoben. Das Schreiben hält ferner fest, dass die Entscheidung der Steuerverwaltung für die Dauer von 5 Jahren bindend ist (d. h. vom Steuerjahr 2012 bis zum Steuerjahr 2016) (18).

2.2.2.   Der Verrechnungspreis-Bericht

(55)

Dem Verrechnungspreis-Bericht zufolge ist die am besten geeignete Methode zur Bestimmung des steuerpflichtigen Gewinns von FFT innerhalb der Fiat-Gruppe die geschäftsvorfallbezogene Nettogewinnmethode (transactional net margin method, im Folgenden auch: „TNMM“). Nach Angaben des Steuerberaters ist die Nettogewinnmethode besonders dann angemessen, wenn bei einer Transaktion eine der Parteien keine einzigartigen Wertbeiträge leistet. Da FFT laut Steuerberater nur Finanzdienstleistungen erbringt, wird diese Methode als am besten geeignet betrachtet, um Fremdvergleichspreise in Übereinstimmung mit den Leitlinien der OECD im Bereich der Verrechnungspreise festzusetzen. Da ferner FFT seine Funktionen ausschließlich für die Unternehmen der Fiat-Gruppe wahrgenommen, welche keine von Dritten keinerlei vergleichbare Dienstleistungen in Anspruch nehmen, sei ein interner Vergleich nicht möglich. Folglich hält der Steuerberater einen externen Vergleich für angemessener, bei dem die Nettogewinne ermittelt werden, die bei vergleichbaren Transaktionen von unabhängigen Unternehmen erzielt worden wären (19).

(56)

Im Verrechnungspreis-Bericht bestimmt der Steuerberater die FFT geschuldete Vergütung, die den steuerpflichtigen Gewinn darstellt, in Bezug auf das Kapital, das FFT benötigt, um in Bezug auf die verwendeten Vermögenswerte seine Funktionen wahrzunehmen und die entsprechenden Risiken zu übernehmen (20).

(57)

Diese Vergütung wird wie folgt festgesetzt: i) Schätzung des „Risikokapitals“ von FFT; ii) Bestimmung des Eigenkapitals, das FFT einsetzt, um die Funktionen wahrzunehmen und die Finanzinvestitionen zu unterlegen; iii) Schätzung der erwarteten Vergütung des „Risikokapitals“ von FFT auf der Grundlage des „Capital Asset Pricing Model“ (im Folgenden: „CAPM“) (21) und Bestimmung der Rendite für das für die Wahrnehmung der Funktionen eingesetzte Eigenkapital und iv) Berechnung der Gesamtrentabilität, die FFT für die Vergütung der übernommenen Risiken und die wahrgenommenen Funktionen zu lassen ist, durch Verbindung der Ergebnisse der Schritte i bis iii.

(58)

Hinsichtlich Schritt i ist festzustellen, dass der Steuerberater auf der Grundlage der im Verrechnungspreis-Bericht enthaltenen Funktionsanalyse davon ausgeht, dass FFT die folgenden Risiken trägt: operatives Risiko, Kreditrisiko und Kontrahentenrisiko, während das von FFT übernommene Wechselkursrisiko bei null liegt. Unter analoger Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel-II (22) (23) hat der Steuerberater in folgender Weise die Mindestkapitalanforderungen eingeschätzt, die FFT erfüllen muss, um die folgenden Risiken zu unterlegen: operatives Risiko Kontrahentenrisiko, Wechselkursrisiko und Kreditrisiko:

operatives Risiko: 15 %* (Habenzinsen auf Bankeinlagen) — Sollzinsen auf Bankdarlehen),

Kontrahentenrisiko: 20 %*6 %*(zukünftiges Risiko + positiver Marktwert der Derivative),

Kreditrisiko: 20 %*6 %*Forderungen gegenüber Dritten (Jahresdurchschnitt).

(59)

Das Ergebnis dieser Rechnungen ist das, was der Steuerberater als „Risikokapital“ von FFT bezeichnet; dies entspricht den hypothetischen regulatorischen Eigenmitteln von FFT gemäß der Rahmenvereinbarung Basel II, die der Steuerberater von FFT anwendet (Zusammenfassung in Tabelle 1).

Tabelle 1

Mindestkapitalanforderung an FFT

(in TEUR)

Mindestkapitalanforderung

2011

Operatives Risiko

938

Kontrahentenrisiko

2 603

Wechselkursrisiko

0

Kreditrisiko

24 982

Mindestkapitalanforderung nach der Rahmenvereinbarung Basel II

28 523

(60)

Bezüglich Schritt ii wird das, was im Verrechnungspreis-Bericht als „für die Wahrnehmung der Funktionen eingesetztes Eigenkapital“ (24) bezeichnet wird, in der Weise geschätzt, dass vom Gesamteigenkapital von FFT der Teil der sich aus der Rahmenvereinbarung Basel II ergebenden Mindestkapitalanforderungen (nach Schätzung des Steuerberaters) und der Teil des Eigenkapitals von FFT, das für die Stützung der Finanzinvestitionen von FFNA und FFC eingesetzt wird, abgezogen wird.

(61)

Dem Steuerberater von FFT zufolge betrug das Eigenkapital von FFT am Ende des Jahres 2011 287,5 Mio. EUR, davon:

bilden 28,5 Mio. EUR das durch die Rahmenvereinbarung Basel II vorgeschriebene Mindestkapital, um die von FFT übernommenen Risiken zu unterlegen („Mindestriskokapital“  (25));

werden 165,2 Mio. EUR verwendet, um die Beteiligungen von FFT an FFNA und FFC zu vergüten (26) („Eigenkapital zur Unterlegung der Beteiligungen an FFNA und FFC“);

bilden 93,7 Mio. EUR die für die Wahrnehmung der Funktionen eingesetzte Eigenkapital („Eigenkapital zur Unterlegung der wahrgenommenen Funktionen“  (27)).

(62)

Tabelle 2 zeigt die Aufschlüsselung des Gesamteigenkapitals von FFT, so wie sie der Steuerberater im Verrechnungspreis-Bericht dargestellt hat:

Tabelle 2

Aufschlüsselung des Eigenkapitals von FFT

(in TEUR)

Aufschlüsselung des Eigenkapitals von FFT durch den Steuerberater

Eigenkapital 2011

Mindestrisikokapital

28 523

Kapital zur Unterlegung der Beteiligungen an FFNA und FFC

165 244

Eigenkapital zur Unterlegung der wahrgenommenen Funktionen

93 710

Gesamtkapital

287 477

(63)

In Bezug auf Schritt iii schlägt der Steuerberater zunächst vor, den Teil des Eigenkapitals von FFT, den er als „Mindestrisikokapital“ bezeichnet und der den hypothetischen regulatorischen Eigenmitteln von FFT entspricht, so wie sie der Steuerberater in Schritt i festgelegt hat, zu vergüten, indem unter Anwendung des CAPM die Eigenkapitalrendite ermittelt wird, die Investoren erwarten würden („erwartete Rendite vor Steuern“):

Erwartete Rendite vor Steuern = (risikofreier Zinssatz + β × Eigenkapitalrisikoprämie / (1-Steuersatz)

(64)

In Anwendung des CAPM verwendete der Steuerberater von FFT die folgenden Variablen:

Risikofreier Zinssatz von 2,85 % (10-jährige Referenzanleihe des Bundes, Jahresdurchschnitt 2011);

Beta (β) von 0,29, geschätzt (28) auf der Grundlage von 66 Vergleichsunternehmen, die Finanzdienstleistungen erbringen, bereitgestellt von der Damodaran-Website (29);

Eigenkapital-Risikoprämie von 5 % für Luxemburg, bereitgestellt von der Damodaran-Webseite (Aktualisierung vom Juli 2011);

Luxemburger Steuersatz von 28,80 %.

(65)

Bei Anwendung dieser Variablen auf die Formel in Erwägungsgrund 63 gelangt der Steuerberater zu einer „Eigenkapitalrendite, die die Investoren für die eingegangenen Risiken erwarten würden“ von 6,05 %.

(66)

Tabelle 3 zeigt die Liste unabhängig im Finanzsektor tätiger Unternehmen, die der Steuerberater von FFT als Vergleichsunternehmen ausgewählt hat, sowie deren Beta-Faktoren für die Berechnung von Beta im Hinblick auf die Verwendung im Rahmen des CAPM.

Tabelle 3

Liste mit vergleichbaren Unternehmen, die Finanzdienstleistungen erbringen

Firmenname

Beta

ING Groep NV (EXTAM:INGA)

3,00

UBS AG (SWX:UBSN)

1,80

Wüstenrot & Württembergische AG (XTRA:WUW)

0,41

Deutsche Börse AG (XTRA:DB1)

1,28

Oslo Bors VPS Holding ASA (OTCNO:OSLO)

0,13

London Stock Exchange Group (LSE:LSE)

1,24

Fimalac SA (ENXTPA:FIM)

0,68

International Personal FinancePlc (LSE:IPF)

1,92

GrenkeLeasing AG (XTRA:GLJ)

0,55

Mittel S.p.A (CM:MIT)

0,93

GlobeOp Financial Services SA (LSE:GO)

0,56

KBC Ancora (ENXTBR:KBCA)

3,61

Aktiv Kapital ASA (OB:AIK)

0,25

IG Group Holdings Plc (LSE:IGG)

0,75

IFG Group plc (LSE: IFP)

1,11

Conafi Prestito S.p.A. (CM:CNP)

0,74

NEOVIA Financial Plc (AIM:NEC)

0,60

H&T Group Plc (AIM:HAT)

– 0,11

Hesse Newman Capital AG (XTRA:RTM)

0,29

Acta Holding ASA (OB:ACTA)

1,70

Manx Financial Group PLC (AIM:MFX)

0,30

PLUS Markets Group plc (AIM:PMK)

– 0,05

Law Debenture Corp. Plc (LSE:LVVDB)

0,95

Hypoport AG (DB:HYQ)

0,70

Perrot Duval Holding SA (SWX:PEDP)

0.16

Albemarie & Bond Holdings plc (AIM:ABM)

0,21

MCB Finance Group plc (AIM:MCRB)

NA

Brightside Group plc (AIM:BRT)

0,11

DF Deutsche Forfait AG (DB:DE6)

0,83

Autobank AG (DB:AW2)

NA

Ambrian capital plc (AIM:AMBR)

0,83

Gruppo MutuiOnline S.p.A (CM:MOL)

0,77

Park Group plc (AIM:PKG)

0,09

OVB Holding AG (XTRA:O4B)

– 0,19

Albis Leasing AG (DB:ALG)

0,57

Hellenic Exchanges SA (ATSE:EXAE)

1,42

FORIS AG (XTRA:FRS)

0,20

Creon Corporation Plc (AIM:CRO)

2,03

Investeringsselskabet Luxor A/S (CPSE:LUXOR B)

0,50

Univerma AG

NA

OFL AnlagenLeasing AG (DB:OFL)

0,86

Ideal GroupSA (ATSE:INTEK)

NA

Nøtterø SpareBank (OB:NTSG)

0,20

Apulia Prontoprestitio S.p.A. (CM:APP)

1,07

Ultimate Finance Group plc (AIM:UFG)

0,54

Dresdner Factoring AG (XTRA:D2F)

0,42

Heidelberger Beteiligungsholding AG (DB:IPO)

0,14

ABC Arbitrage SA (ENXTPA:ABCA)

0,48

Baydonhill plc (AIM:BHL)

0,04

London Capital Group Holdings plc (AIM:LCG)

0,72

Imarex ASA (OB:IMAREX)

0,48

Toscana Finanza S.p.A. (CM:TF)

0,49

Banca Finnat Euramerica S.p.A. (CM:BFE)

0,79

S&U plc (LSE:SUS)

0,27

Bolsas y Mercados Españoles SA(CATS:BME)

0,97

Banca IFIS S.p.A. (CM:IF)

0,69

Paris Orleans SA (ENXTPA:PAOR)

0,60

SNS Reaal NV (ENXTAM:SR)

2,37

Close Brothers Group plc (LSE:CBG)

0,94

Provident Fiancial plc (LSE:PFG)

0,35

Pohola Bank plc (HLSE:POH1S)

1,43

Investec plc (LSE:INVP)

1,73

Banque Nationale de Belgique SA (ENXTBR:BNB)

0,49

Credit Suisse Group (SWX:CSGN)

1,43

Deutsche Bank AG (DB:DBK)

1,98

Schweizerische Nationalbank (SWX:SNBN)

0,22

Quelle: Damodaran.

(67)

Tabelle 4 zeigt die durch den Steuerberater von FFT ermittelte „Fremdvergleichsbandbreite“ der Beta-Faktoren der ausgewählten Vergleichsunternehmen.

Tabelle 4

Fremdvergleichsbandbreite der Beta-Faktoren der Vergleichsunternehmen.

Fremdvergleichsbandbreite

Beta

Anzahl von Unternehmen

66

MAX

3,61

90er Perzentil

1,79

75er Perzentil

1,04

Median

0,64

25er Perzentil

0,29

10er Perzentil

0,13

MIN

0,19

(68)

Zweitens schlägt der Steuerberater von FFT vor, den Teil des Eigenkapitals von FFT zu vergüten, den er als „Eigenkapital zur Unterlegung der wahrgenommenen Funktionen“ bezeichnet (Tabelle 2) und der dem „zur Wahrnehmung der Funktionen eingesetzten Eigenkapital“ entspricht, das in Schritt ii ermittelt wird, wobei der Marktzinssatz auf kurzfristige Einlagen angewandt wird (30), welcher dem Steuerberater von FFT zufolge 0,87 % beträgt.

(69)

Der Steuerberater von FFT schlägt ferner vor, den Teil des Eigenkapitals von FFT, der seinen Angaben zufolge die Beteiligungen von FFT an FFNA und FFC unterlegt und in Tabelle 2 als „Eigenkapital zur Unterlegung der Beteiligungen an FFNA und FFC“ bezeichnet wird, nicht zu vergüten, sodass zu Steuerzwecken eine Vergütung von Null zugrunde gelegt wird.

(70)

In Bezug auf Schritt iv berechnet der Steuerberater die Gesamtvergütung, die FFT für seine Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten und für die von dem Unternehmen übernommenen Risiken geschuldet werden. Diese Vergütung setzt sich aus den folgenden, aus den Schritten i bis iii stammenden Komponenten zusammen:

einer „Risiko-Vergütung“, die berechnet wird, indem die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT, die vom Steuerberater in analoger Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II in Schritt ii auf 28 500 000 EUR geschätzt werden, mit der erwarteten Rendite vor Steuern multipliziert wird, die vom Steuerberater unter Anwendung des CAPM in Schritt iii auf 6,05 % geschätzt wird, und

einer „Vergütung für die Funktionen“, die berechnet wird, indem das, was der Steuerberater als „für die Wahrnehmung der Funktionen eingesetztes Eigenkapital von FFT“ bezeichnet und in Schritt ii auf 93,71 Mio. Euro schätzt, mit dem Marktzins für kurzfristige Einlagen multipliziert wird. Der Steuerberater geht in Schritt iii davon aus, dass dieser Marktzins 0,87 % beträgt.

(71)

Tabelle 5 zeigt die vom Steuerberater geschätzte Gesamtrentabilität, die für die Zwecke der Versteuerung in Luxemburg bei FFT zu belassen ist.

Tabelle 5

Schätzung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT

(in TEUR)

Kapitalrendite

Gewinn 2011 vor Steuern

Risikovergütung

1 726

Funktionsvergütung

816

Vergütung des Eigenkapitals zur Unterlegung der Beteiligungen an FFNA und FFC (31)

0

Gesamtgewinn vor Steuern

2 542

(72)

Der Gesamtbetrag von 2,542 Mio. EUR entspricht dem Betrag im angefochtenen Steuervorbescheid, den die Luxemburger Steuerverwaltung als marktübliche Vergütung erachtet (32).

(73)

Tabelle 6 fasst die Schlussfolgerungen zusammen, zu denen der Steuerberater von FFT im Anschluss an die Schritte i bis iv (Erwägungsgründe 58 bis 72) gelangt ist.

Tabelle 6

Zusammenfassung der Berechnung der Mindestkapitalanforderung und der Auswirkung auf das FFT-Ergebnis vor Steuern

Mindestkapitalanforderung

FFT

 

 

2011

 

(Beträge in TEURO)

 

Operatives Risiko

938

a

Kontrahentenrisiko

2 603

b

Wechselkursrisiko

0

c

Kreditrisiko

24 982

d

Mindestkapitalanforderung

28 523

e = a + b + c + d

Durch Beteiligungszinsen ausgeglichenes Eigenkapital

165 244

x

Überschusskapital

93 710

f = g – e – x

Eigenkapital

287 477

g

Nettogewinn-Indikator

 

 

Erwartete Eigenkapitalrendite

6,05 %

h

Kurzfristiger Zinssatz

0,87 %

i

Kapitalrendite

 

 

Risikovergütung

1 726

k = h * e

Funktionsvergütung

816

j = i * f

Gesamtgewinn vor Steuern

2 542

l = k + j

a

=

15 %*(Finanzerträge aus Bankguthaben — Finanzaufwendungen aus Bankdarlehen)

b

=

20 %*6 %*(zukünftiges Risiko + positiver Marktwert von Derivativen mit Drittparteien)

c

=

100 % abgedeckt durch Derivate

d

=

20 %*6 %*Forderungen gegenüber Drittparteien (Jahresdurchschnitt)

h

=

geschätzt nach CAPM („Capital Asset Pricing Model“)

i

=

Jahresdurchschnitt 2011 des EONIA-Index („euro overnight index average“)

Dabei wird angenommen, dass bei Operationen mit Gruppenunternehmen kein Kreditrisiko und kein Kontrahentenrisiko besteht.

2.3.   Beschreibung der Luxemburger Bestimmungen für Verrechnungspreise

(74)

Der Steuervorbescheid zugunsten von FFT wurde auf der Grundlage des Artikels 164 Absatz 3 des Luxemburger Einkommensteuergesetzes (loi modifiée du 4.12.1967 concernant l'impôt sur le revenu, im Folgenden „L.I.R.“) und des L.I.R.-Rundschreibens Nr. 164/2 vom 28. Januar 2011 verabschiedet (im Folgenden das „Rundschreiben“) (33).

2.3.1.   Artikel 164 des Luxemburger Einkommenssteuergesetzes

(75)

In Artikel 164(3) L.I.R. heißt es: „Steuerpflichtiges Einkommen umfasst verdeckte Gewinnausschüttung. Eine verdeckte Gewinnausschüttung entsteht insbesondere, wenn ein Aktionär oder eine interessierte Partei entweder direkt oder indirekt Gewinne von einem Unternehmen oder einem Verein bezieht, die er normalerweise nicht erhalten hätte, wenn er kein Aktionär oder keine interessierte Partei gewesen wäre.“ Diese Bestimmung verankert den Fremdvergleichsgrundsatz im Luxemburger Steuerrecht, nach dem Transaktionen zwischen Unternehmen ein und derselben Gruppe so vergütet werden sollen, wie es bei unabhängigen Unternehmen der Fall ist, die unter vergleichbaren Umständen zu Marktbedingungen Geschäfte abschließen.

2.3.2.   L.I.R-Rundschreiben. Nr. 164/2

(76)

Artikel 164(3) L.I.R. wird im Rundschreiben in folgender Weise weiter ausgeführt: In Abschnitt 1 werden die Begriffe „Gruppenfinanzierungsgesellschaften“ (34), „gruppeninterne Finanzierungstransaktionen“ (35) und „verbundene Unternehmen“ (36) definiert.

(77)

In Abschnitt 2 mit dem Titel „Allgemeine Informationen“ werden die im Rundschreiben behandelten gruppeninternen Dienstleistungen zunächst wie folgt definiert: „Eine gruppeninterne Dienstleistung (einschließlich einer gruppeninternen Finanzierungstransaktion) wurde erbracht, wenn ein unabhängiges Unternehmen unter vergleichbaren Umständen bereit gewesen wäre, ein anderes unabhängiges Unternehmen für die Ausführung dieser Tätigkeit zu bezahlen, oder wenn es diese Tätigkeit selbst ausgeführt hätte.“ Abschnitt 2 enthält ferner eine Beschreibung des Fremdvergleichsgrundsatzes, wie er in den OECD-Leitlinien im Bereich der Verrechnungspreise, die in innerstaatliches Recht umgesetzt wurden, dargelegt wird. Diesbezüglich heißt es im Rundschreiben: „wenn eine gruppeninterne Dienstleistung erbracht wurde, so muss, ebenso wie bei anderen Arten von gruppeninternen Transfers, ermittelt werden, ob die vereinbarte Vergütung dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, das heißt ob sie dem Preis entspricht, der unter vergleichbaren Umständen von unabhängigen Unternehmen vereinbart und gezahlt worden wäre“ (37).

(78)

In Bezug auf den Hinweis auf „vergleichbare Umstände“ sieht das Rundschreiben vor, dass die Vergleichbarkeitsanalyse die folgenden Faktoren einschließen muss: die Eigenschaften der Güter oder Dienstleistungen, die übertragen wurden, die von den beteiligten Parteien wahrgenommenen Funktionen, die Vertragsbedingungen, die wirtschaftlichen Gegebenheiten der Parteien sowie die von den Parteien verfolgten industriellen oder geschäftlichen Strategien (38).

(79)

Abschnitt 3 des Rundschreibens erklärt, wie eine „Arm's length-Vergütung“ (fremdvergleichskonforme Vergütung) zu bestimmen ist, insbesondere im Fall von Gruppenfinanzierungsgesellschaften. Die von diesen Gesellschaften wahrgenommenen Funktionen, die die Vergütung der einzelnen Gesellschaften bestimmen, müssen laut Rundschreiben mit Funktionen vergleichbar sein, die von unabhängigen Finanzinstituten wahrgenommen werden, welche der Aufsicht der Commission de Surveillance du Secteur Financier (Finanzaufsichtsbehörde) unterliegen. Somit sollte die „fremdvergleichskonforme Vergütung“ für die wahrgenommenen Funktionen (wobei die eingesetzten Vermögenswerte und die eingegangenen Risiken berücksichtigt werden) „basieren auf der von diesen Finanzinstituten für vergleichbare Kreditgeschäfte verlangten Vergütungen.“ (39)

(80)

Ferner führen Finanzinstitute vor der Gewährung eines Kredits oder eines Vorschusses eine Risikoanalyse durch, die eine Analyse des finanziellen Risikos in Bezug auf die Transaktion, des Kreditnehmerrisikos, des Geschäftsrisikos und des strukturellen Risikos einschließt. Was die Kosten betrifft, die durch die Gewährung von Darlehen entstehen, sollten u. a. die folgenden zusätzlichen Kosten berücksichtigt werden: „durch Solvabilitätsanforderungen entstandene zusätzliche Kosten, mit dem Kreditrisiko verbundene zusätzliche Kosten, Bearbeitungsgebühren und mit dem Währungsrisiko verbundene zusätzliche Kosten (40).“ Das Kreditrisiko wird auf der Grundlage der Bedingungen der Kreditvereinbarung und des Resultats der Risikoanalyse bestimmt.

(81)

Laut Rundschreiben setzen unabhängige Finanzdienstleister ihre Vergütung im Allgemeinen auf der Grundlage der Kredithöhe oder des tatsächlichen Marktwerts des verwalteten Vermögens fest. Ebenso wie unabhängige Dienstleister „sollten Gruppenfinanzierungsgesellschaften, die gruppeninterne Transaktionen ausführen, zunächst eine Risikoanalyse durchführen, bevor sie einem verbundenen Unternehmen ein Darlehen gewähren. Sie sollten außerdem jedwede anderen Faktoren berücksichtigen, die sich auf die Festsetzung ihrer Verrechnungspreise auswirken könnten (41).“

(82)

Abschnitt 4 des Rundschreibens sieht vor, dass die Steuerbehörden nur dann verbindliche Auskünfte erteilen, wenn das betreffende Unternehmen eine tatsächliche Präsenz in Luxemburg hat. Es folgen die Anforderungen, die eine Gruppenfinanzierungsgesellschaft erfüllen muss, um eine tatsächliche Präsenz aufzuweisen. So muss das Eigenkapital der Gesellschaft für die Ausführung der wahrgenommenen Funktionen (unter Berücksichtigung der eingesetzten Aktiva und der eingegangenen Risiken) angemessen sein und mindestens 1 % des Nominalwertes des gewährten Kredits/der gewährten Kredite oder 2 Mio. EUR betragen (ohne weitere Angaben).

(83)

Das Rundschreiben enthält außerdem Regeln bezüglich Informationen und Unterlagen, die eingereicht werden müssen, um verbindliche Auskünfte von der Steuerbehörde zu erhalten. So muss ein Antrag auf eine verbindliche Auskunft unter anderem Folgendes enthalten: „einen Verrechnungspreis-Bericht in Übereinstimmung mit den OECD-Leitlinien im Bereich der Verrechnungspreise und eine ausführliche Beschreibung der vorgeschlagenen Methodologie sowie die Methodologie unterstützende detaillierte Informationen und Analysen, z. B. die Angabe von Vergleichsdaten, sowie die erwartete Ergebnis-Bandbreite (42).“ Schließlich präzisiert das Rundschreiben, dass ein Steuervorbescheid normalerweise eine Gültigkeit von 5 Jahren hat, es sei denn, es treten Änderungen in Bezug auf die Tatsachen und Umstände, auf die dem Vorbescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften oder auf eine der wesentlichen Eigenschaften der Transaktion ein (43).

2.4.   Beschreibung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien

(84)

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (im Folgenden „OECD“ gibt ihren Mitgliedstaaten Leitlinien im Bereich der Besteuerung an die Hand, die in den Verrechnungspreisleitlinien (im Folgenden „OECD-Verrechnungspreisleitlinien“) festgehalten sind. Es handelt sich hierbei um ein nicht verbindliches Rechtsinstrument, das Orientierungshilfen bezüglich Verrechnungspreisen bietet (44).

(85)

Verrechnungspreise sind Preise, die für geschäftliche Transaktionen zwischen verschiedenen Mitgliedern derselben Unternehmensgruppe berechnet werden. Multinationale Unternehmen haben einen finanziellen Anreiz, Gebieten, in denen der Gewinn am höchsten besteuert wird, möglichst wenig Gewinn zuzuweisen. Dies kann zu übertrieben hohen Verrechnungspreisen führen, die als Grundlage für die Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens nicht akzeptabel sind. Um dieses Problem zu vermeiden, sollten Steuerverwaltungen Verrechnungspreise zwischen Gruppenunternehmen nur dann akzeptieren, wenn die Transaktionen so vergütet werden, als ob sie zwischen unabhängigen Unternehmen unter vergleichbaren Umständen zu Marktbedingungen ausgehandelt worden wären (45). Dies wird auch als Fremdvergleichsgrundsatz bezeichnet.

(86)

Die grundsätzliche Feststellung zum Fremdvergleichsgrundsatz befindet sich in Artikel 9 Absatz 1 des OECD-Musterabkommens, welches die Grundlage für bilaterale Steuerabkommen, an denen OECD-Mitgliedstaaten beteiligt sind, sowie auch einer zunehmenden Zahl von Abkommen von Nichtmitgliedstaaten bildet. Artikel 9 sieht vor: „Wenn zwei (verbundene) Unternehmen in ihren kaufmännischen und finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden sind, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so dürfen die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet und entsprechend besteuert werden.“

(87)

Am 27. Juni 1995 erließ der OECD-Ausschuss für Steuerfragen die Verrechnungspreisleitlinien in ihrer ursprünglichen Fassung (46), welche im Juli 2010 wesentlich aktualisiert wurde (47). Da die Leitlinien nicht verbindlich sind, werden die Steuerbehörden der OECD-Mitgliedstaaten lediglich ermutigt, sie zu befolgen. Tatsächlich dienen sie jedoch im Allgemeinen als Grundlage und üben einen erheblichen Einfluss auf die Steuerpraktiken der OECD-Mitglied- (und Nichtmitglied-)staaten aus. Darüber hinaus haben die Leitlinien in mehreren OECD-Staaten Gesetzeskraft erhalten oder dienen als Referenz für die Auslegung des nationalen Steuerrechts. Die Kommission zitiert die OECD-Verrechnungspreisleitlinien im vorliegenden Beschluss, weil sie ein einschlägiges Handbuch darstellen, welches das Ergebnis von Expertengesprächen im Rahmen der OECD ist, und nähere Informationen über Methoden zur Lösung gemeinsamer Probleme der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes in konkreten Situationen enthalten. Somit bieten die OECD-Verrechnungspreisleitlinien Steuerverwaltungen und multinationalen Unternehmen nützliche Orientierungshilfen bezüglich der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes. Außerdem erfassen sie den internationalen Konsens im Bereich Verrechnungspreise.

(88)

Die OECD-Verrechnungspreisleitlinien sehen fünf Methoden vor, um in Bezug auf Transaktionen und die Gewinnverteilung zwischen Unternehmen einer Gruppe eine Annäherung an die Preisgestaltung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu erreichen: i) die Preisvergleichsmethode (im Folgenden „CUP-Methode“); ii) die Kostenaufschlagsmethode; iii) die Wiederverkaufspreis-Methode; iv) die TNMM und v) die geschäftsvorfallbezogene Gewinnmethode. Die OECD-Verrechnungspreisleitlinien unterscheiden zwischen geschäftsvorfallbezogenen Standardmethoden (die ersten drei Methoden) und geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden (die beiden letzten Methoden). Es steht multinationalen Unternehmen frei, Methoden zur Festlegung von Verrechnungspreisen anzuwenden, die in diesen Leitlinien nicht beschrieben werden, vorausgesetzt, dass die ermittelten Preise dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen.

(89)

CUP-Methode und TNMM sind für den vorliegenden Beschluss entscheidend und werden deshalb in den Erwägungsgründen 90 bis 92 eingehender beschrieben.

(90)

Die CUP-Methode vergleicht den für den Transfer von Gütern oder Dienstleistungen im Rahmen einer kontrollierten Transaktion (einer Transaktion zwischen zwei Unternehmen, die miteinander verbunden sind) berechneten Preis mit dem Preis, der für den Transfer von Gütern oder Dienstleistungen im Rahmen einer vergleichbaren, unter vergleichbaren Umständen durchgeführten Transaktion auf dem freien Markt (d. h. einer Transaktion zwischen Unternehmen, die voneinander unabhängig sind) berechnet wird.

(91)

Die TNMM ist eine der „indirekten Methoden“, die verwendet wird, um in Bezug auf Transaktionen und die Gewinnzuweisung zwischen Unternehmen derselben Gruppe eine Annäherung an den Fremdvergleichspreis zu erreichen. Sie besteht in einer Schätzung der potenziellen Höhe des Gewinns nach dem Fremdvergleichsgrundsatz für eine als Ganzes betrachtete Tätigkeit und nicht für einzelne Transaktionen. Diese Methode zielt nicht darauf ab, den Preis von verkauften Gütern zu bestimmen, sondern sie schätzt die Gewinne, die unabhängige Unternehmen aus einer bestimmten Tätigkeit erwarten können, wie z. B. aus dem Verkauf von Gütern. Dazu wird eine angemessene Grundlage (ein Indikator für das Gewinn-Niveau) wie Kosten, Umsatz oder Anlageinvestition genommen, auf die eine Gewinnrate angewandt wird, die der Gewinnrate bei vergleichbaren auf dem freien Markt durchgeführten Transaktionen entspricht.

(92)

Da bei der TNMM kein Preis für einzelne Transaktionen festgelegt wird, hat das steuerpflichtige Einkommen einer Entität, auf die sie angewendet wird, unter Umständen keine direkte Auswirkung auf das steuerpflichtige Einkommen einer anderen Entität derselben Gruppe. Aus diesem Grund unterscheidet sich die TNMM von der CUP, bei der der Verrechnungspreis der Preis eines spezifischen Guts oder einer spezifischen Dienstleistung ist, der dann von dem Unternehmen der Gruppe, das die jeweiligen Güter oder Dienstleistung kauft, und von dem Unternehmen, das sie verkauft, in derselben Höhe in das steuerpflichtige Einkommen aufgenommen wird.

2.5.   Ergänzende Informationen, die nach Einleitung des förmlichen Prüfungsverfahrens eingereicht wurden

2.5.1.   Luxemburgs Schreiben vom 3. September 2014

(93)

In Beantwortung der Fragen im Einleitungsbeschluss teilt Luxemburg der Kommission mit, dass innerhalb der Fiat-Gruppe keine Kreditlimits angewendet werden.

(94)

Luxemburg stellte außerdem Informationen bezüglich der durchschnittlichen Preise von FFTs gruppeninternen Anleihen und Darlehen in den Jahren 2011 bis 2013 bereit. Der auf von FFT bereitgestellten gruppeninternen Darlehen angewendete Zinssatz betrug […]. Ende 2011 entsprach er dem Euribor zuzüglich einer Marge von [6-9 %]. Der durchschnittliche Zinssatz für die Girokontosalden der Gruppenunternehmen betrug in den Jahren 2012 und 2013 jeweils [6-9 %]. Auf gruppeninterne Einlagen bezahlte FFT in den Jahren 2011, 2012 und 2013 durchschnittlich [0-3 %], [0-3 %] bzw. [0-3 %] (bei diesen Zahlen handelt es sich um durchschnittliche Pauschalsätze).

(95)

Außerdem äußerte Luxemburg sich zu der in dem angefochtenen Steuervorbescheid gebilligten Vergütung des Kapitals. Insbesondere wies Luxemburg darauf hin, dass die Vergütung des in Beteiligungen angelegten Kapitals aus Dividenden besteht und dass Dividenden von Natur aus keiner Verrechnungspreis-Analyse unterliegen, da sie von einem Unternehmen allein aufgrund seiner Eigenschaft eines Anteilseigners eingenommen werden. Dividenden werden deshalb in Bezug auf die Festlegung des Umfangs der wahrgenommenen Funktionen und der eingegangenen Risiken nicht berücksichtigt.

(96)

Luxemburg erklärte ferner, dass der Erwerb von Beteiligungen durch FFT vollständig aus Eigenmitteln finanziert worden sei und dass diese Finanzierungsweise automatisch mit sich bringe, dass diese Mittel nicht länger verfügbar seien, um andere von FFT übernommene Risiken zu unterlegen.

(97)

Luxemburg bezog sich außerdem auf Artikel 57 der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (48) über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, demzufolge die nicht konsolidierten Eigenmittel von Kreditinstituten Beteiligungen an anderen Kreditinstituten ausschließen müssen, wenn diese mehr als 10 % des Kapitals dieser Institute ausmachen.

(98)

Luxemburg bezog sich ferner auf den in der Rahmenvereinbarung Basel II enthaltenen grundlegenden Ansatz, demzufolge ein Prozentsatz von 15 % des positiven jährlichen Bruttoertrags im Durchschnitt der letzten drei Jahre angewandt wird.

2.5.2.   Luxemburgs Schreiben vom 24. März 2015

(99)

Auf das Ersuchen der Kommission, Beispiele für Steuervorbescheide, die an andere Steuerzahler in einer vergleichbaren Situation wie FFT gerichtet wurden, zu übermitteln, wies Luxemburg in seinem Schreiben vom 24. März 2015 darauf hin, dass die Situation von FFT sehr spezifisch sei. Der Grund hierfür sei, dass FFT als Finanzierungsgesellschaft tätig sei, die finanzielle Mittel auf dem Markt aufnimmt — im Gegensatz zu den meisten anderen Finanzierungsunternehmen in Luxemburg, die Mittel, die ihnen von anderen Unternehmen ihrer Gruppe zur Verfügung gestellt werden, mit einer Marge verleihen.

(100)

Ferner ist die Situation eines jeden Steuerzahlers laut Luxemburger Steuerbehörde so spezifisch, dass es nicht möglich sei, sie mit der Situation anderer Steuerzahler zu vergleichen. Deshalb sehe das Luxemburger Recht nur eine allgemeine Rahmenbestimmung für Verrechnungspreise (Artikel 164 L.I.R.) vor, auf deren Grundlage die Steuerverwaltung die wirtschaftliche Realität eines jeden Steuerfalls so genau wie möglich erfassen könne — unabhängig davon, ob er Gegenstand eines Steuervorbescheids sei oder nicht.

(101)

Luxemburg stellte außerdem FFTs Steuerbemessungsgrundlage für den Zeitraum von 2009 bis 2013 bereit, die auf den Steuererklärungen von FFT (49) (Tabelle 7) basiert.

Tabelle 7

FFTs Steuerbemessungsgrundlage für die Jahre 2009 bis 2013

(in EUR)

2009

2 643 424

2010

2 424 869

2011

2 600 416

2012

1 684 103

2013

2 095 969

(102)

Luxemburg wies darauf hin, dass aus FFTs Steuererklärung von 2013 hervorgehe, dass die in Erwägungsgrund 64 des Einleitungsbeschlusses geäußerten Bedenken, dass die Steuerbemessungsgrundlage zwischen 2 288 000 EUR und 2 796 000 EUR festgelegt ist, in keiner Weise fundiert seien. Es sei klar, dass der angefochtene Steuervorbescheid lediglich die gewählte Methode billige und dass die Marktparameter variierten.

(103)

Schließlich stellte Luxemburg auf Anforderung der Kommission sämtliche von der Luxemburger Steuerverwaltung angenommenen Vorbescheide bereit, die sich auf Unternehmen der Fiat-Gruppe beziehen.

(104)

Erstens bezog sich ein vom 9. Dezember 2009 datierender Antrag auf einen Steuervorbescheid, der von der Luxemburger Steuerbehörde genehmigt wurde, auf die Genehmigung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT […].

(105)

Zweitens übermittelte die Luxemburger Steuerbehörde zwei Schreiben vom 3. September 2012. Das erste ist der angefochtene Steuervorbescheid, der auf einem Antrag vom 14. März 2012 beruht (siehe Erwägungsgrund 9). Dieser Antrag auf einen Steuervorbescheid wurde der Kommission erneut vollständig in Luxemburgs Schreiben vom 24. März 2015 übermittelt — einschließlich Informationen, die Luxemburg in seiner anfänglichen Vorlage dieses Vorbescheids bei der Kommission geschwärzt hatte.

(106)

Ein zweites, fast identisches Schreiben wurde als Antwort auf einen parallelen Antrag übermittelt, der […] bei der Luxemburger Steuerverwaltung am 18. April 2012 für ein Unternehmen mit dem Namen [F] eingereicht wurde. Dieses Unternehmen scheint der Firma FFT in einer anderen Gruppenfinanzierungsgesellschaftsstruktur zu entsprechen. In diesem zweiten Antrag auf einen Steuervorbescheid werden die Funktionen von [Unternehmen F] in derselben Art und Weise wie die Funktionen von FFT im Antrag vom 14. März 2012 beschrieben. Die andere Struktur scheint sich nur darin zu unterscheiden, dass das Unternehmen nur eine einzige Niederlassung im Vereinigten Königreich und keine in Spanien zu haben scheint und dass [Unternehmen F] keine [Tochtergesellschaften] zu haben scheint.

(107)

Der zweite Antrag, der von einem Verrechnungspreis-Bericht unterlegt wurde, enthält eine Schlussfolgerung, die auf dieselbe Art und Weise präsentiert wird wie die im FFT-Antrag auf einen Steuervorbescheid (wiedergegeben in Erwägungsgrund 54). Allerdings unterscheidet sich das Ergebnis der Verrechnungspreis-Analyse deutlich. Die marktübliche Vergütung [des Unternehmens F] beinhaltet laut Verrechnungspreis-Bericht Folgendes: „In der Verrechnungspreis-Studie wird eine angemessene Vergütung festgelegt, die beruht auf i) dem Risikokapital von 44,6 Mio. EUR und ii) dem Kapital für die Vergütung der vom Unternehmen wahrgenommenen Funktionen von 8,8 Mio. EUR, wobei eine Spanne von +/– 10 % besteht.“

(108)

Beide Vorbescheide befanden sich auf der Liste mit Treasury-Funktionen betreffenden Steuervorbescheiden, die Luxemburg der Kommission am 4. Juni 2015 übermittelt hatte (s. Erwägungsgrund 29).

(109)

Drittens wurden der Kommission zwei weitere Anträge auf Steuervorbescheide […], die von der Luxemburger Steuerbehörde genehmigt worden waren, übermittelt. Diese Anträge aus den Jahren 2002 und 2012 decken andere Aspekte der Struktur der Fiat-Gruppe in Luxemburg ab. Diese Vorbescheide werden in diesem Beschluss nicht geprüft.

2.5.3.   Von Fiat am 31. März 2015 übermittelte Informationen

2.5.3.1.   Informationen zu Unternehmen der Fiat-Gruppe, die in direkter Beziehung zu FFT stehen.

(110)

Fiat erinnert daran, dass FFT zu etwa 40 % von Fiat S.p.A. und zu etwa 60 % von FF gehalten wird, das eine 100 %ige Tochtergesellschaft von Fiat S.p.A ist (50). FFT wiederum hält 100 % von FFNA und FFC (51). Fiat erinnert außerdem daran, dass FFT eine der Finanzierungsgesellschaften der Fiat-Gruppe ist, die in Erwägungsgrund 39 angegeben sind.

(111)

Auf Ersuchen der Kommission stellte Fiat detaillierte Finanzdaten zu den Gruppenfinanzierungsgesellschaften bereit. Insbesondere übermittelte Fiat die Jahresberichte von FFT, FF, FFNA, FFC und FFB für die Jahre 2011 bis 2013. Fiat stellte ferner eine Beschreibung der Funktionen dieser Gesellschaften bereit. Nach diesen Informationen hat FF 52 Beschäftigte, von denen [20-30] für die Finanzierungsabteilung und [10-20] in der Buchhaltungsabteilung tätig sind. FFT hat 14 Angestellte, davon ist einer Direktor, [0-10] stehen in direktem Kontakt zu den Kunden (vom Vereinigten Königreich aus), [0-10] sind mit Verwaltungsaufgaben befasst und [0-10] Mitarbeiter kümmern sich um Rechnungswesen und Kontrolle. FFNA beschäftigt 5 Angestellte und FFC hat begrenzte Aktivitäten.

(112)

Nach den von Fiat übermittelten Informationen beträgt der Buchwert der Tochtergesellschaften von FFT (FFNA und FFC) […]. Dem Jahresbericht von FFT zufolge hat FFT sowohl FFNA als auch FFC im Jahr 2011 von Fiat S.p.A. und FF erworben. Ab dem Jahr 2011 erstellte FFC in Luxemburg konsolidierte Abschlüsse.

(113)

FF und FFT sind die Finanzierungsgesellschaften des Euro-Währungsgebiets. Finanzkennzahlen für FF und FFT für den Zeitraum von 2010-2013, die auf den bereitgestellten Jahresberichten beruhen, werden in den Tabellen 8 und 9 dargestellt (52).

Tabelle 8

Finanzkennzahlen von FFT für den Zeitraum 2010 bis 2013

(in TEURO)

 

2010

2011

2012

2013

 

 

 

 

 

Zinsen und vergleichbare Erträge

613 561

650 641

664 707

736 561

Davon von Gruppenunternehmen stammend

605 880

626 806

648 497

731 462

Andere Erträge

72 292

76 910

29 185

10 125

Gesamterträge

685 853

727 551

693 892

746 686

 

 

 

 

 

Betriebsaufwand und Abschreibungen

3 419

3 655

2 926

2 499

Geschuldete Zinsen und andere Finanzaufwendungen

625 078

640 207

631 854

666 246

Davon an Gruppenunternehmen

59 409

55 520

38 041

20 268

Davon für Schuldverschreibungen und andere Papiere

551 229

574 561

592 099

643 853

Erhaltene Provision für Garantien, die sich auf an Fiat S.p.A. gezahlte Anleihen gezahlte Anleihen beziehen (53)

3 161

2 851

2 702

3 006

Andere Ausgaben

51 709

78 211

54 702

72 805

GESAMTAUSGABEN (exklusive Körperschaftssteuer)

683 367

724 924

692 185

745 032

Gewinn vor Körperschaftssteuer

2 485

2 627

1 707

1 652

Steuer

748

776

491

508

Nettogewinn

1 737

1 851

1 217

1 146

 

 

 

 

 

Eigenkapital

285 625

287 477

288 693

289 839

Verbindlichkeiten gegenüber Gruppenunternehmen

4 354 692

2 275 578

1 530 146

1 661 930

Ausgegebene Schuldverschreibungen

7 716 844

7 746 301

9 116 345

11 030 180

Sonstige Verbindlichkeiten (Bankschulden, antizipative Passiva)

2 470 513

446 444

144 671

158 865

GESAMTBETRAG EIGENKAPITAL UND PASSIVA

14 827 674

10 755 800

11 079 855

13 140 814

 

 

 

 

 

Forderungen an Gruppenunternehmen

11 869 312

7 387 279

7 950 092

9 637 038

Liquiditäten und Wertpapiere

2 705 622

3 028 255

2 853 245

3 221 203

Beteiligungen an verbundenen Unternehmen

0

165 244

164 244

165 244

Andere Aktiva (Sachanlagen, antizipative Aktiva)

252 740

175 022

112 274

117 329

GESAMTAKTIVA

14 827 674

10 755 800

11 079 855

13 140 814

(114)

Ende 2011, 2012 und 2013 stellte FFT bei verschiedenen Banken zugunsten von Gruppenunternehmen Garantien in Höhe von insgesamt 2 560 802 EUR, 10 772 314 EUR bzw. 10 155 339 EUR aus.

Tabelle 9

Finanzkennzahlen von FF für den Zeitraum 2010 bis 2013

(in TEURO)

 

2010

2011

2012

2013

 

 

 

 

 

Finanzerträge

552 090

752 007

676 177

722 610

Davon von Gruppenunternehmen stammend

528 267

672 225

655 576

711 218

Andere Erträge (Dividenden, Finanzgewinne auf Derivate, Wechselkurse...)

29 708

18 962

18 117

8 935

Erträge aus den für die Gruppe erbrachten Dienstleistungen

6 410

7 616

2 336

2 027

Betriebsaufwendungen

14 616

13 332

8 594

9 280

Finanzaufwendungen

550 331

729 851

654 763

706 825

Davon Gruppenunternehmen

523 123

698 009

625 216

687 712

Gewinn vor Körperschaftssteuer

23 261

35 402

33 273

17 466

Steuer

5 968

10 112

8 822

6 952

Nettogewinn

17 292

25 290

24 450

10 514

 

 

 

 

 

Eigenkapital

271 047

268 610

268 837

256 053

Passiva

14 878 871

12 567 582

11 277 171

12 758 761

 

 

 

 

 

Finanzaktiva

9 267 614

8 201 011

9 164 768

9 905 386

Liquiditäten und Wertpapiere

5 519 622

4 349 837

2 201 190

2 928 409

Beteiligungen an verbundenen Unternehmen

358 362

264 116

160 833

160 833

Andere Aktiva (Sachanlagen, antizipative Aktiva)

4 320

21 228

19 217

20 186

GESAMTAKTIVA

15 149 918

12 836 192

11 546 008

13 014 814

(115)

Die Beteiligung von FF am Kapital verbundener Unternehmen bestand Ende 2013 (und Ende 2012) aus Beteiligungen an FFT in Höhe von 157 269 000 EUR (d. h. 60 % des Gesellschaftskapitals von FFT) und an FFB in Höhe von 2 013 000 EUR sowie aus Beteiligungen an anderen Gruppenunternehmen in Höhe von 725 000 EUR, die mit keinerlei Kontrollrechten verbunden waren. Ende 2011 waren 100 % der FFT-Anteile in den Beteiligungen von FF in Höhe von 262 102 000 EUR verbucht. Ende 2010, vor dem Verkauf von FFNA und FFC an FFT im Jahr 2011, hielt FF eine Beteiligung von 7 213 000 EUR an FFC, von 262 077 000 EUR an FFT, von 87 055 EUR an FFNA und von 2 013 000 EUR an FFB, d. h. eine Beteiligung von insgesamt 358 000 000 Mio. EUR an hundertprozentigen Tochtergesellschaften von Fiat, wie in Tabelle 8 dargelegt.

2.5.3.2.   Detaillierte Information zu Aktiva und Passiva von FFT

(116)

Fiat stellte die Namen von 61 gruppeninternen Gegenparteien zur Verfügung, mit denen FFT im Zeitraum 2011 bis 2013 Geschäfte abgeschlossen hat. Fiat übermittelte die Daten bezüglich der durchschnittlichen ausstehenden Positionen zwischen FFT und diesen Gegenparteien für die sechs wichtigsten Gläubiger und Schuldner für die Jahre 2011, 2012 und 2013. Die Informationen für das Jahr 2013 sind in Tabelle 10 dargestellt (die Spalte mit den Zinsen auf das durchschnittliche Volumen wurde von der Kommission hinzugefügt).

Tabelle 10

Gegenparteien von FFT im Jahr 2013

(in TEUR)

Aktiva

Durchschnittlich ausstehendes Volumen

Zinseinnahmen

Zinsbetrag geteilt durch das durchschnittlich ausstehende Volumen

Gegenpartei 1 der Fiatgruppe

[10 000 000 ]

[500 000 ]

[…]

Gegenpartei 2 der Fiatgruppe

[150 000 ]

[10 000 ]

[…]

Gegenpartei 3 der Fiatgruppe

[150 000 ]

[10 000 ]

[…]

Gegenpartei 4 der Fiatgruppe

[100 000 ]

[5 000 ]

[…]

Gegenpartei 5 der Fiatgruppe

[50 000 ]

[4 000 ]

[…]

Gegenpartei 6 der Fiatgruppe

[20 000 ]

[3 000 ]

[…]

Passiva

Durchschnittlich ausstehendes Volumen

Zinsausgaben

Zinsbetrag geteilt durch das durchschnittlich ausstehende Volumen

Gegenpartei 7 der Fiatgruppe

[450 000 ]

[10 000 ]

[…]

Gegenpartei 8 der Fiatgruppe

[250 000 ]

[400]

[…]

Gegenpartei 9 der Fiatgruppe

[200 000 ]

[1 000 ]

[…]

Gegenpartei 10 der Fiatgruppe

[50 000 ]

[200]

[…]

Gegenpartei 11 der Fiatgruppe

[50 000 ]

[150]

[…]

Gegenpartei 12 der Fiatgruppe

[50 000 ]

[150]

[…]

(117)

Fiat stellte außerdem Informationen zu der ab dem Jahr 2009 erfolgten Emission von Schuldtiteln durch FFT im Rahmen des Programms EMTN (54), der wichtigsten Finanzierungsquelle von FFT, sowie zu seinem Emissionsprospekt bereit. FFT tätigte in diesem Zeitraum 14 Emissionen mit Laufzeiten von bis zu 7 Jahren. FFT gab sowohl auf Euro lautende Anleihen mit Coupons von 5,75 % bis 7,75 % (mit Ausnahme einer Emission mit 9 %) als auch auf Schweizer Franken lautende Anleihen mit Coupons von 4 % bis 5 % aus.

(118)

Die von Fiat eingereichten Informationen zeigen die Fälligkeit der gruppeninternen Finanzierungstransaktionen auf. Forderungen in Höhe von 12 613 000 EUR wiesen Ende 2013 eine vertragliche Laufzeit von weniger als einem Jahr auf — bei einem Gesamtbetrag von 12 858 000 EUR (die Liquiditäten und Darlehen für Gruppenunternehmen sind in Tabelle 9 dargestellt).

(119)

Die bereitgestellten Informationen über einzelne gruppeninterne Transaktionen zeigen, dass viele Transaktionen auf Tagesbasis vorgenommen werden. FFT schließt jedoch auch Transaktionen mit verschiedenen Fälligkeiten ab […]. FFT gewährt der Gruppe verschiedene Arten von Darlehen […]. Fast alle Einlagen hatten Ende 2013 eine Fälligkeit von […]. Die Anleiheemissionen hatten verschiedene Fälligkeiten, […].

(120)

Fiat stellte außerdem das im Verrechnungspreis-Bericht erwähnte, dem Antrag auf einen Steuervorbescheid zugrunde liegende Dokument über die Liquiditätspolitik der Gruppe bereit. Dieses Dokument legt die internen Regeln für Treasury-Anlagen durch die Gruppe dar. […]

2.5.3.3.   Informationen zur Verrechnungspreis-Politik der Fiat-Gruppe

(121)

Mit Schreiben vom 20. Februar 2015 ersuchte die Kommission Fiat um eine Erklärung des Mechanismus, der angewandt wurde, um ein Nettoergebnis zu erreichen, das in den Jahren 2009, 2010 und 2011 einem stabilen Eigenkapitalanteil entspricht (wie Tabelle 4 in Erwägungsgrund 51 des Einleitungsbeschlusses zu entnehmen), obgleich es in Bezug auf Aktiva, Passiva sowie Finanzaufwendungen und Einkünfte erhebliche Schwankungen gab.

(122)

Fiat übermittelte auf diese Aufforderung zur Erklärung der Preispolitik in Bezug auf gruppeninterne Darlehen und Einlagen ein Dokument mit dem Titel „Transfer Pricing-Policy“ (Verrechnungspreispolitik). Daraus geht hervor, dass Fiat die Preise der von den Gruppenfinanzierungsgesellschaften gewährten gruppeninternen Darlehen in der Weise festsetzt, dass die genannten Gesellschaften eine im Voraus festgesetzte Rendite erzielen.

(123)

Die von FFT wahrgenommenen Funktionen und das eingegangene Risiko sind mit der Beschreibung im Verrechnungspreis-Bericht identisch, die in den Erwägungsgründen 38 bis 51 zusammengefasst ist; dies gilt mit Ausnahme bestimmter Informationen. […] das Dokument zur Verrechnungspreis-Politik trägt dem Kreditrisiko und dem Kontrahentenrisiko Rechnung, welche dem Antrag auf einen Steuervorbescheid zufolge in Bezug auf die Aktiva der Gruppe nicht bestehen, wohingegen diese Risiken in dem Dokument als „begrenzt“ bezeichnet werden.

(124)

Im Dokument über die Verrechnungspreispolitik wird erklärt, dass die Festsetzung der Tarife für gruppeninterne Transaktionen in folgender Weise geschätzt wird: […] der Betrag der zu finanzierenden gruppeninternen Darlehen wird geschätzt […]; auf dieser Grundlage wird eine Marge geschätzt, die auf gruppeninterne Darlehen angewandt wird, wobei die Summe der Zielrendite zuzüglich der Betriebskosten durch den Gesamtbetrag der zu finanzierenden Darlehen dividiert wird. Schließlich wird diese Marge zu den Finanzierungskosten der Finanzierungsgesellschaften addiert, um eine Schätzung der Preisgestaltung für die gruppeninternen Darlehen zu erhalten.

(125)

Das Dokument über die Verrechnungspreispolitik stellt diese Methode der Festsetzung der Tarife für gruppeninterne Darlehen anhand von Zahlen aus dem Jahr 2012 dar. Die erwartete Kapitalrendite wird für das Jahr 2012 auf [4-7 %] für FF und FFT auf einer konsolidierten Basis geschätzt. Das Dokument enthält Schätzungen von Beta-Faktoren für die Europäische Union für das Jahr 2012 sowie risikofreie Sätze und Risikoprämien für Italien und Luxemburg, die getrennt aufgeführt werden und schätzt auf dieser Grundlage die folgende erwartete Rendite:

Tabelle 11

Informationen im internen Dokument über die Verrechnungspreispolitik

Bandbreite Fremdvergleichsgrundsatz

Beta-Faktoren

Anzahl von Unternehmen

75

75er Perzentil

1,22

Median

0,80

25er Perzentil

0,34


(%)

Variable und erwartete RoE (55)

Italien

Luxemburg

Risikofreier Zinssatz

1,57

1,57

Steuersatz

31,4

28,8

Risikoprämie Eigenkapital

7,73

6,00

RoE (Eigenkapitalrendite) — 75er Perzentil

16,09

12,52

RoE (Eigenkapitalrendite) — Median

11,27

8,92

RoE (Eigenkapitalrendite) — 25er Perzentil

6,16

5,10

(126)

Das Dokument unterscheidet ferner zwischen Darlehen mit fester Laufzeit, die in der Vergangenheit gewährt wurden und bei denen die Preisbedingungen nicht geändert werden können, und veränderbaren gruppeninternen Darlehen mit variablem Zins. […]

2.5.4.   Luxemburgs Schreiben vom 10. Juli 2015

(127)

In seinem Schreiben vom 10. Juli 2015 macht Luxemburg geltend, dass die Kommission den Grundsatz der Rechtssicherheit verletzen würde, falls sie in ihrem Beschluss, das förmliche Prüfverfahren abzuschließen, die Rückforderung der mutmaßlichen Beihilfe vom Empfänger anordnen würde. Luxemburg beruft sich auf frühere einschlägige Beschlüsse der Kommission über Beihilferegelungen im Steuerbereich, in denen die Kommission anerkannte, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit einen Grund für die Nichtrückforderung von Beihilfe bilden könne (56), und mit denen sie aufgrund des Bestehens berechtigten Vertrauens eine Übergangszeit gewährte (57).

(128)

Außerdem wendet Luxemburg ein, dass es nicht möglich sei, die Rückforderung eines exakten Betrags anzuordnen, da der Fremdvergleichspreis bei der Festsetzung der Verrechnungspreise nach den Leitlinien der OECD nicht ermittelt werden könne und müsse. Ferner macht Luxemburg geltend, dass die Kommission — angesichts des neuartigen Charakters der Maßnahme und im Einklang mit früheren Beschlüssen — gemäß dem Grundsatz des Schutzes des berechtigten Vertrauens die Rückforderung der Beihilfe nicht anordnen sollte (58).

3.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS

(129)

Die Kommission beschloss, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, da sie die vorläufige Ansicht vertrat, dass FFT durch den angefochtenen Steuervorbescheid eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV gewährt wurde, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist.

(130)

Insbesondere äußerte die Kommission Zweifel daran, dass der angefochtene Steuervorbescheid dem Fremdvergleichsgrundsatz entspreche. Ihre Zweifel waren durch die Ausführungen in den Erwägungsgründen 131 bis 137 begründet.

(131)

Erstens schien der Steuervorbescheid eine feste Steuerbemessungsgrundlage von 2,542 Mio. EUR (+/– 10 %) für die Tätigkeiten von FFT in Luxemburg anzuerkennen, die nur geringfügig variieren und stabil bleiben würde, selbst wenn FFT zum Beispiel seine der Festsetzung der Steuerbemessungsgrundlage zugrundeliegenden Tätigkeiten erheblich ausbauen würde.

(132)

Zweitens brachte die Kommission Zweifel an der Angemessenheit der vom FFT-Steuerberater gewählten Methode zur Schätzung der Vergütung von FFT für die von FFT wahrgenommenen Funktionen zum Ausdruck. In seiner Verrechnungspreis-Analyse verwendete der Steuerberater für die Berechnung dieser Vergütung eine indirekte Methode, die MTMN, aber nach Ansicht der Kommission ist in Fällen, in denen vergleichbare Transaktionen auf dem Markt zu beobachten sind, der Verwendung direkter Methoden der Vorzug zu geben. Diesbezüglich bemerkte die Kommission, dass Chrysler, das US-amerikanische Unternehmen der Fiat-Gruppe, für die Finanzierung seiner Geschäftstätigkeit direkt die Kapitalmärkte in Anspruch nahm und dass einige dieser Transaktionen mit den von FFT ausgeführten vergleichbar sind.

(133)

Drittens: Bezüglich der Anwendung des CAPM zur Schätzung der erforderlichen Eigenkapitalrenditen äußerte die Kommission Zweifel hinsichtlich der korrekten Anwendung des CAPM durch den Steuerberater von FFT. Sie hob hervor, dass die beiden Elemente, welche die Vergütung von FFT auf der Grundlage des CAPM bestimmen, d. h. die Höhe des vergüteten Kapitals und die Vergütungshöhe, die auf diesen Kapitalbetrag angewandt wird, zu niedrig angesetzt worden sind.

(134)

In Bezug auf die Höhe des vergüteten Kapitals akzeptierte der Steuervorbescheid, dass das CAPM lediglich auf einen Anteil des Kapitals angewandt worden war, und zwar auf das sogenannte „Risikokapital“, während das in FFNA und FFC eingespritzte Kapital ohne überzeugende Erklärung von dem zu vergütenden Kapital abgezogen worden war (59). Ferner stellte sich heraus, dass die Berechnung des „Risikokapitals“ zur Festsetzung einer zu niedrigen Steuerbemessungsgrundlage führte, da es– wiederum ohne plausible Begründung — nicht die gruppeninternen Vermögenswerte umfasste. In ihrem Einleitungsbeschluss stellte die Kommission die Annahme infrage, dass bei Transaktionen mit Gruppenunternehmen kein Kreditrisiko bestehe. Außerdem äußerte die Kommission Zweifel bezüglich der Berechnung der Mindestkapitalanforderungen für das Kontrahenten- und das Kreditrisiko. Insbesondere war die Wahl eines relativ niedrigen Risikogewichtungsfaktors von 20 % für das Kontrahentenrisiko nicht gerechtfertigt und es war nicht festgelegt, was geschehen würde, wenn sich der Regulierungsrahmen in erheblicher Weise verändern sollte. Der Verrechnungspreis-Bericht des Steuerberaters erklärt nicht, warum die „Differenz zwischen den aufgelaufenen Habenzinsen auf Bankeinlagen und den aufgelaufenen Sollzinsen auf Bankdarlehen“ ein guter Indikator für das operative Risiko ist; ferner enthält er keine Erklärung für die Risikogewichtung von 15 %. Ebenso legt der Bericht nicht dar, warum das Kontrahentenrisiko mit 6 % multipliziert wird anstatt mit 8 %, wenngleich die Mindestkapitalanforderung für das Kontrahentenrisiko im Rahmen der Rahmenvereinbarung Basel II, auf die im Verrechnungspreis-Bericht ausdrücklich Bezug genommen wird, 8 % beträgt.

(135)

Hinsichtlich der Höhe der Vergütung, die auf dieses Kapital angewandt wird, äußerte die Kommission Zweifel in Bezug auf die Bestimmung des Beta-Faktors, da dieser im Vergleich zu anderen Unternehmen, die Finanzdienstleistungen erbringen, zu niedrig scheint. Sie äußerte außerdem Zweifel dahingehend, dass der Steuerberater das 25er Perzentil anstelle des Median für die Berechnung des Beta-Faktors gewählt hat.

(136)

Viertens äußerte die Kommission hinsichtlich der erwarteten Rendite auf das Eigenkapital, das im Antrag auf den Steuervorbescheid als überschüssig angesehen wird, Bedenken dahingehend, dass im angefochtenen Steuervorbescheid ohne jede Rechtfertigung die Verwendung eines sehr niedrigen Satzes von 0,87 % genehmigt wurde.

(137)

Angesichts der Tatsache, dass die im angefochtenen Steuervorbescheid akzeptierte Verrechnungspreis-Analyse nicht mit dem Fremdvergleichsgrundsatz im Einklang zu stehen scheint, gelangte die Kommission zu der vorläufigen Schlussfolgerung, dass der Vorbescheid FFT einen Vorteil verschaffte. Es wurde angenommen, dass dieser Vorteil jedes Jahr gewährt wurde und jedes Mal fortgeführt wurde, wenn die auf der Grundlage dieses Vorbescheids berechnete zu entrichtende jährliche Steuer von der Luxemburger Steuerverwaltung genehmigt wurde. Nach Auffassung der Kommission wurde dieser Vorteil auch in selektiver Weise gewährt, da er eine Abweichung von der Verwaltungspraxis darstellte, indem er gezielt FFT gegenüber anderen Unternehmen, die sich rechtlich und sachlich in einer vergleichbaren Situation befanden, begünstigte.

(138)

Da alle anderen Voraussetzungen des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erfüllt sind und kein Grund für eine Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt vorzuliegen scheint, gelangte die Kommission zu der vorläufigen Schlussfolgerung, dass der angefochtene Steuervorbescheid eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe darstellt. Deshalb beschloss die Kommission, in Bezug auf den Steuervorbescheid das förmliche Prüfverfahren einzuleiten.

(139)

Ferner erlegte die Kommission Luxemburg in ihrem Einleitungsbeschluss nach Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 auf, alle Dokumente, Informationen und Daten zu der in Rede stehenden Maßnahme zu übermitteln, die sie benötigte, um über das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe und gegebenenfalls über deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt zu befinden. Für den Fall, dass Luxemburg nicht alle verlangten Informationen zur Verfügung stellen sollte, forderte sie Luxemburg nach Artikel 6a Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 auf, seine Zustimmung dazu zu erteilen, dass sie den Begünstigten der streitigen Maßnahme, d. h. FFT, zur Vorlage der verlangten Informationen auffordert.

4.   STELLUNGNAHME LUXEMBURGS

(140)

Luxemburg reichte seine Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss am 19. Juli 2014 ein. Luxemburg führte aus, dass zum einen Verfahrensfehler vorlägen und dass die Kommission zum anderen materiellrechtliche Fehler im Einleitungsbeschluss begangen habe.

4.1.   Anmerkungen Luxemburgs zum Verfahren der Kommission

(141)

In Bezug auf das Verfahren macht Luxemburg geltend, dass die korrekte Vorgehensweise für den Erlass der Anordnung zur Auskunftserteilung im vorliegenden Fall nicht befolgt worden sei, da die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 es der Kommission nicht gestatte, in einem Einleitungsbeschluss Anordnungen zu erlassen. Vor dem Erlass einer derartigen Anordnung hätte das Verfahren nach Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 befolgt werden müssen.

(142)

Luxemburg wendet in Bezug auf die in der Anordnung zur Auskunftserteilung angeforderten Informationen außerdem ein, dass die Kommission nicht erklärt habe, warum die Offenlegung des Namens des Begünstigten zur Bewertung der Maßnahme auf der Grundlage der Beihilfevorschriften erforderlich sei. Angesichts der Tatsache, dass es zahlreiche Informationslecks und unbedachte Aussagen seitens der Kommission in der Öffentlichkeit gegeben habe, habe Luxemburg den Namen des Begünstigten zu diesem Zeitpunkt nicht offen legen können. Außerdem wurden in der Anordnung zur Auskunftserteilung keine spezifischen Informationen genannt, die bereitzustellen waren, während das Verfahrenshandbuch der Kommission vorsehe, dass in einer Anordnung klar aufgeführt werden muss, welche Informationen im Rahmen des jeweiligen Verfahrens erforderlich sind.

(143)

Luxemburg führt außerdem an, dass es ihm angesichts der Tatsache, dass der Einleitungsbeschluss nicht erkläre, in welcher Hinsicht der angefochtene Steuervorbescheid eine Beihilfe darstellt, nicht möglich sei, das Durchführungsverbot umzusetzen. FFT sei verpflichtet, eine Steuerklärung einzureichen und da die Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss nicht präzisiert habe, nach welcher Methode die von FFT zu entrichtenden Steuern zu berechnen seien, werde die Luxemburger Steuerverwaltung die im Steuervorbescheid vereinbarte Methode anwenden.

(144)

Luxemburg wendet außerdem ein, dass die Kommission gegen die Grundsätze der loyalen Zusammenarbeit, der Unparteilichkeit und der guten Verwaltung verstoßen habe, indem sie insbesondere nicht auf Luxemburgs Angebote, Zusammenkünfte anzuberaumen, reagiert habe; bei diesen Zusammenkünften hätten die Luxemburger Behörden der Kommission die im angefochtenen Steuervorbescheid angewandte Methode erklären können.

(145)

Luxemburg erhebt Einspruch gegen den Beschluss der Kommission, ein Verfahren bezüglich FFT (mit dem neuen Aktenzeichen SA.38375) einzuleiten, das separat von dem allgemeinen Prüfverfahren über Luxemburgs Praxis im Bereich der Steuervorbescheide, das unter dem Aktenzeichen SA.37267 eingeleitet wurde, geführt wird. Angesichts der Tatsache, dass Luxemburg die Anordnung zur Auskunftserteilung im Rahmen der Sache SA.37267 vor dem Gericht angefochten hat, habe die Kommission künstlich eine Annullierung der genannten Anordnung zur Auskunftserteilung umgehen können, indem sie ein neues Verfahren einleitete.

(146)

Schließlich macht Luxemburg geltend, dass die Kommission einen Machtmissbrauch verübt habe, da sie die Ausübung einer Ermessensbefugnis mit der einfachen Auslegung einer normalen Rechtsregel verwechselt habe. Insbesondere unterliege der FFT-Steuervorbescheid nicht der Ausübung einer Ermessensbefugnis seitens der Luxemburger Steuerbehörde, sondern stehe mit Artikel 164 Absatz 3 L.I.R. und dem Rundschreiben im Einklang. Nach Angaben Luxemburgs ist es bei der Anwendung dieser Bestimmungen unvermeidbar, dass sie vor dem Hintergrund des konkreten Einzelfalls ausgelegt werden müssen, damit Lösungen gefunden werden können, die auf die konkreten Umständen abgestimmt sind und auf ihnen beruhen. Die Kommission verkenne den Unterschied zwischen einer Ermessensbefugnis und der Auslegung von Bestimmungen, die abstrakte rechtliche Begriffe umfassen, die auf den jeweiligen Einzelfall angewandt werden müssen. Darüber hinaus verkenne die Kommission die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Besteuerung, da sie in Bezug auf die Auslegung des luxemburgischen Rechts an die Stelle der nationalen Behörden trete.

(147)

Da die Luxemburger Steuerverwaltung ihre Ermessensbefugnis im Fall FFT nicht ausgeübt habe, habe die Kommission nach Ansicht Luxemburgs nicht nachweisen können, dass der angefochtene Steuervorbescheid von der üblichen Verwaltungspraxis abweiche. Luxemburg erklärte, dass sein Verwaltungshandeln auf den Grundsätzen der Legalität und Gleichheit basiere, sodass alle Steuerzahler, deren Situationen im Wesentlichen die gleichen seien, auch gleich behandelt würden. Luxemburg macht geltend, dass der Einleitungsbeschluss nur im Lichte der OECD-Verrechnungspreisleitlinien, nicht aber im Lichte der Verwaltungspraxis Luxemburgs geprüft werde.

4.2.   Anmerkungen Luxemburgs zu materiellrechtlichen Fehlern im Einleitungsbeschluss

(148)

Luxemburg führt allgemein aus, dass die Kommission einen materiellrechtlichen Fehler begangen habe, da sie als Bezugssystem für die Feststellung des selektiven Vorteils den Fremdvergleichsgrundsatz nach den OECD-Verrechnungspreisleitlinien und nicht luxemburgisches Recht und luxemburgische Praxis herangezogen habe.

(149)

Ferner macht Luxemburg geltend, dass die Kommission die OECD-Verrechnungspreisleitlinien falsch ausgelegt habe. In Erwägungsgrund 65 des Einleitungsbeschlusses scheine die Kommission eine Hierarchie der Methoden zur Festsetzung von Verrechnungspreisen zu erstellen, indem sie darlege, dass die Anwendung von direkten Methoden, insbesondere der CUP-Methode, der Anwendung von indirekten Methoden, wie z. B. der TNMM, vorzuziehen sei. Damit trage die Kommission nicht der Tatsache Rechnung, dass in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien seit 2010 nicht mehr die Auffassung vertreten werde, dass eine Hierarchie der Methoden mit den gegenwärtigen Vorschriften und der gegenwärtigen Praxis im Einklang stehe. In Bezug auf Absatz 1.13 der genannten Leitlinien merkt Luxemburg an, dass in ihnen anerkannt werde, dass „die Verrechnungspreisgestaltung keine exakte Wissenschaft ist“ und „dass die Wahl der Methode für die Festsetzung des Fremdvergleichspreises häufig nicht eindeutig feststeht“. Angesichts der Tatsache, dass der Steuerberater von FFT die Wahl der TNMM als gerechtfertigt angesehen und Artikel 164 L.I.R. angewandt habe, habe die Luxemburger Steuerverwaltung lediglich bestätigt, dass die Analyse rechtlich korrekt sei.

(150)

Nach Aussage Luxemburgs erkennt die Kommission an, dass die Auslegung und Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes von einer Steuerverwaltung zur anderen und zwischen den Steuerverwaltungen und den Unternehmen variieren (60); deshalb könne sie nicht einerseits verschiedene Auslegungen und Anwendungen des Fremdvergleichsgrundsatzes erlauben und andererseits die Meinung vertreten, dass es nur eine korrekte Methode gebe, mit der Luxemburg den Fremdvergleichsgrundsatz hätte anwenden müssen.

(151)

Darüber hinaus wirft Luxemburg der Kommission vor, dass sie die einschlägige Vorschrift des nationalen Rechts, und zwar Artikel 164(3) L.I.R., sowie die darauf beruhende Verwaltungspraxis nicht auf den vorliegenden Fall angewendet und stattdessen als Bezug ausschließlich die OECD-Verrechnungspreisleitlinien herangezogen habe. Auf diese Weise bestimme die Kommission die Berechnungsmethode, die sie für am geeignetsten hält, während das Luxemburgische Recht die Anwendung spezifischer Methoden zur Festsetzung des Verrechnungspreises nicht vorsehe. Daher missachte die Kommission Luxemburgs Rechtsrahmen und Verwaltungspraxis auf diesem Gebiet vollständig. Ferner erstelle die Kommission für den Zweck der Analyse der Selektivität keinen Vergleich zwischen der Steuerbehandlung von FFT und der Steuerbehandlung anderer Unternehmen in einer ähnlichen rechtlichen und tatsächlichen Situation in Luxemburg.

(152)

Hinsichtlich der im Einleitungsbeschluss von der Kommission geäußerten Zweifel wirft Luxemburg der Kommission vor, sich zu sehr und zu einseitig auf die angebliche Steuerstrategie von Fiat auf Gruppenebene zu konzentrieren, ohne dabei zu berücksichtigen, dass Fiat als Gruppe andere Gründe gehabt haben mag, seine Struktur so festzulegen, wie es geschehen ist.

(153)

Erstens hätten die Luxemburger Steuerverwaltungen einer „festen Steuerbemessungsgrundlage“ wie in Erwägungsgrund 64 des Einleitungsbeschlusses angegeben, sicher nicht zugestimmt. Die steuerpflichtigen Einkünfte von FFT seien vom Umfang der Darlehensvergabe abhängig und der Verrechnungspreis-Bericht lege nur eine Bandbreite für die Basispunkte in Bezug auf die zu erreichende Marge fest.

(154)

Zweitens vertritt Luxemburg bezüglich des erforderlichen Kapitalumfangs und der von der Kommission geäußerten einschlägigen Zweifel die Auffassung, dass die Wahl der Rahmenvereinbarung Basel II und die Entscheidung, Beteiligungen nicht einzubeziehen, sinnvoll seien. Luxemburg erklärt, dass es logisch sei, Finanzbeteiligungen nicht in die Berechnungen einzubeziehen, da sie in der auf Verrechnungspreise für gruppeninterne Darlehen begrenzten Praxis keine Rolle spielten. Darüber hinaus belaufe sich der zur Finanzierung der Beteiligungen dienende Betrag auf 165 244 000 EUR, was dem Kaufpreis der von FFT gehaltenen Beteiligungen entspreche und daher nach Ansicht Luxemburgs nicht kritisiert werden könne. Da die Erträge aus den Beteiligungen nach Luxemburger Recht ferner von der Steuer freigestellt seien, seien auch die damit verbundenen Aufwendungen wie Zinsaufwendungen nicht abzugsfähig. Da Beteiligungen schließlich durch Dividenden von Tochtergesellschaften vergütet würden, deren Höhe je nach den Ergebnissen und Reinvestitionsbedürfnissen der Tochtergesellschaften variieren könne, mache das Konzept einer auf diesen Einnahmenfluss anzuwendenden Marge wirtschaftlich keinen Sinn.

(155)

Drittens wendet Luxemburg ein, dass die Nichteinbeziehung gruppeninterner Forderungen in die Berechnung auch dadurch gerechtfertigt sei, dass die Verbindlichkeiten von FFT durch eine ausdrückliche Garantie zugunsten der Kreditgeber von FFT gesichert würden. Angesichts der Branchenstrategie, der wirtschaftlichen Interessen und des mit einer möglichen Insolvenz verbundenen Reputationsrisikos sei das Ausfallrisiko von FFT sehr niedrig, und der „freie“ Betrag von 93 710 000 EUR sei mehr als ausreichend, um dieses Risiko abzudecken.

(156)

Viertens wirft Luxemburg der Kommission vor, dass sie die Art und Weise, wie der Beta-Faktor für die Festsetzung der Risikoprämie berechnet wurde, in Frage gestellt habe. Erstens seien derartige Berechnungen nicht rein mathematisch, sodass verschiedene Ergebnisse gerechtfertigt sein könnten; daher seien die im Verrechnungspreis-Bericht erreichten Ergebnisse in jeder Hinsicht gerechtfertigt und solide. Zweitens: Selbst wenn die Kommission zu anderen Ergebnissen gelange, müsse sie dennoch prüfen, ob FFT dadurch im Vergleich zu anderen in Luxemburg ansässigen Unternehmen ein Vorteil gewährt werde. Drittens: Selbst bei einer alternativen Bewertung, bei der die für FFT berechnete Risikoprämie mit der an die Anteilseigner des börsennotierten Unternehmens gezahlten Vergütung verglichen wird, die einem Prozentsatz von 3,5 %-4 % entspricht, was wesentlich niedriger ist als die für FFT berechnete Risikoprämie von 6,05 %, zeige der Vergleich, dass die Risikoprämie von 6,05 % durchaus gerechtfertigt sei und in jeder Hinsicht die Anforderungen von Artikel 164 L.I.R. erfülle.

(157)

Schließlich führt Luxemburg Folgendes aus: Da die Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) ausdrücklich bestätigt habe, dass die luxemburgische Praxis im Bereich der Steuervorbescheide mit dem Verhaltenskodex und den Leitlinien der OECD im Einklang stehe, müsse FFT aufgrund des Grundsatzes des berechtigten Vertrauens die Möglichkeit haben, sich während des gesamten Zeitraums der Gültigkeit des Steuervorbescheids vom 3. September 2012, nämlich fünf Jahre, auf den genannten Steuerbescheid zu stützen.

5.   STELLUNGNAHME VON BETEILIGTEN

(158)

FFT übermittelte seine Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss am 30. Oktober 2014. Die Stellungnahme wurde in zwei separaten Dokumenten eingereicht.

5.1.   FFTs erste Gruppe von Anmerkungen

(159)

FFTs erste Gruppe von Anmerkungen ist in zwei Teile unterteilt. Im ersten Teil legt FFT dar, aus welchen Gründen die Kommission die OECD-Verrechnungspreisleitlinien seiner Ansicht nach falsch auf die FFT-Vorvereinbarung angewandt hat. Im zweiten Teil wird dargelegt, warum der Einleitungsbeschluss den geforderten rechtlichen Standard für die Feststellung eines selektiven Vorteils nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV nicht erfüllt.

5.1.1.   Falsche Anwendung der OECD-Leitlinien

(160)

Erstens macht FFT — entgegen den Ausführungen der Kommission im Einleitungsbeschluss — geltend, dass es mit der Luxemburger Steuerbehörde kein festes steuerpflichtiges Einkommen vereinbart habe. Gegenstand der Vereinbarung sei lediglich eine Methode für die Vergütung der von FFT wahrgenommenen Treasury-Funktionen gewesen. Seit 2011 habe FFT jedes Jahr sämtliche Parameter, die es verwendet, um im Hinblick auf die Berechnung seines angestrebten Gewinns sein Risikokapital und seine Kapitalrendite zu schätzen, aktualisiert. Darüber hinaus sei die FFT-Vorabvereinbarung nur für einen Zeitraum von fünf Jahren gültig, sofern sich die Tatsachen und Umstände, auf denen die Vorabvereinbarung beruht, nicht veränderten; diese Gültigkeitsdauer stimme mit der Steuervorbescheidspraxis in anderen Mitgliedstaaten überein.

(161)

Zweitens sei nichts dagegen einzuwenden, dass der Steuerberater von FFT die TNMM-Methode gewählt habe, da es in Bezug auf die von FFT ausgeführten Transaktionen keine internen Vergleichswerte gebe, die für die Anwendung der CUP-Methode verwendet werden könnten. Dies sei darauf zurückzuführen, dass i) FFT Dritten keine Darlehen gewähre und ii) Unternehmen der Fiat-Gruppe keine vergleichbaren Darlehen von Dritten erhielten. FFT nimmt Bezug auf Absatz 2.2 der OECD-Verrechnungspreisleitlinien, dem zufolge die Auswahlmethode stets darauf abzielen solle, die im Einzelfall am besten geeignete Methode zu finden. Außerdem nimmt FFT Bezug auf Absatz 2.4 der OECD-Verrechnungspreisleitlinien, dem zufolge es Situationen gibt, in denen die geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden sich als besser geeignet erweisen als die geschäftsvorfallbezogenen Standardmethoden.

(162)

Wenn der Steuerberater zur Ermittlung der Verrechnungspreise für die Gruppenunternehmen gewährten Darlehen die Bewertung der FFT-Anleihen nach der CUP-Methode zugrunde gelegt hätte, so hätte FFT Verluste verzeichnet, da es die Kosten für die zur Abdeckung der Finanzbedürfnisse der Gruppe erforderliche Liquidität nicht hätte decken können. FFT stelle im Vergleich zu den übrigen Unternehmen der Gruppe, deren Margen mit Hilfe der TNMM geprüft werden könnten, ein weniger komplexes Unternehmen dar. Die TNMM werde mit zunehmender Häufigkeit für Verrechnungspreis-Analysen verwendet, und die OECD-Verrechnungspreisleitlinien aus dem Jahr 2010 sähen keine Hierarchisierung der verschiedenen Methoden vor.

(163)

Nach Angaben von FFT ist die Höhe des Kapitals in vielen Fällen das Ergebnis früherer Entscheidungen, die mit den Tätigkeiten eines Unternehmens verbunden sind, und steht in keinem direkten Zusammenhang mit dem Kapital, das erforderlich ist, um die mit der Tätigkeit des Unternehmens verbundenen Risiken zu decken.

(164)

Schließlich merkt FFT an, dass in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien anerkannt werde, dass die Verrechnungspreisgestaltung keine exakte Wissenschaft sei. In dieser Hinsicht verweist FFT auf Absatz 1.13 der OECD-Verrechnungspreisleitlinien, und insbesondere auf die folgende Aussage: „Wichtig ist, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, auf der Basis zuverlässiger Informationen eine angemessene Schätzung des Ergebnisses eines dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechenden Geschäftsvorfalls zu erhalten. An dieser Stelle soll aber auch daran erinnert werden, dass die Verrechnungspreisgestaltung keine exakte Wissenschaft ist, sondern Urteilsvermögen, sowohl auf Seiten der Steuerverwaltung als auch auf Seiten des Steuerpflichtigen erfordert.“ FFT macht geltend, dass es sich dennoch nach Kräften darum bemüht habe, eine fremdvergleichskonforme Vergütung für seine Tätigkeiten zu schätzen.

(165)

Drittens müsse FFT hinsichtlich der Angemessenheit seines Eigenkapitals nachweisen, dass sein Eigenkapital ausreiche, um die mit seiner Finanzierungstätigkeit verbundenen Risiken zu unterlegen. Das Rundschreiben bietet keine spezifischen Orientierungshilfen für die Bestimmung der angemessenen Höhe des Risikokapitals. Deshalb beschloss FFT, sein Eigenkapital zu analysieren, um zu ermitteln, welcher Teil seines Eigenkapitals erforderlich ist, um seine Tätigkeiten auszuführen und die Risiken vor dem Hintergrund der Rahmenvereinbarung Basel II zu unterlegen. Außerdem werden in dem Rundschreiben Unternehmen, die Finanzvermittlungstätigkeiten ausüben, mit unabhängigen Finanzinstituten verglichen. Das Rundschreiben schreibt ferner vor, dass Steuerpflichtige, die gruppeninterne Finanzierungstransaktionen ausführen, über ein Eigenkapital verfügen, das ausreicht, um die mit diesen Transaktionen verbundenen Finanzierungsrisiken zu unterlegen. Beteiligungstätigkeiten werden hingegen für die Zwecke der FFT-Vorabvereinbarung nicht berücksichtigt; aus diesem Grund war es gerechtfertigt, die Beteiligungen von FFT nicht in sein Risikokapital einzubeziehen. Ferner wurde die Höhe des Eigenkapitals, das der Beteiligung an den Tochtergesellschaften von FFT entsprach, nicht berücksichtigt, da es Nicht-Portfolio-Investitionen in Tochtergesellschaften entspricht, die durch Dividenden vergütet werden. Allerdings unterliegen Dividenden keinen Verrechnungspreis-Analysen, da sie weder dem Umfang der wahrgenommenen Funktionen noch den eingegangenen Risiken Rechnung tragen. Ein derartiger Abzug steht auch im Einklang mit der Rahmenvereinbarung Basel II (61) und Artikel 57 der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Capital Requirement Directive, im Folgenden: „CRD-III-Richtlinie“) (62).

(166)

Viertens macht FFT in Bezug auf die von der Kommission durchgeführten Analyse der Behandlung gruppeninterner Forderungen und auf die Tatsache, dass in der FFT-Vorabvereinbarung die Gesamtheit der Vermögenswerte mit Ausnahme von im Eigentum von Dritten stehenden Vermögenswerten nicht berücksichtigt werden, geltend, dass das Kreditrating der Gruppe bereits von FFT in die Finanzierungskosten der Gruppe einbezogen worden sei. Da FFT und alle verbundenen Gruppenunternehmen ein Kreditrating aufweisen, das dem von Fiat S.p.A. entspricht (63), entstehe für FFT in Bezug auf seine Darlehen an verbundene Gruppenunternehmen kein zusätzliches Kreditrisiko. Aus diesem Grund entspreche der Zinssatz, den FFT von seinen verbundenen Gruppenunternehmen verlangt, der Summe aus i) den Finanzierungskosten der Gruppe, ii) den an Fiat S.p.A. gezahlten Garantieprovisionen, iii) den operativen Kosten für die Bereitstellung der eigenen Dienstleistungen für die übrigen Unternehmen der Gruppe, iv) dem „negativen Carry“, der dadurch bedingt ist, dass erhebliche von FFT aufgenommene Beträge in kurzfristigen Anlagen zu vergleichsweise niedrigen Zinssätzen gehalten werden müssen, um die Liquiditätsbedürfnisse der Gruppe kurzfristig zu erfüllen und v) der Kapitalvergütung für die eingegangenen Risiken, die mit den von FFT im Bereich der Treasury-Verwaltung der Gruppe wahrgenommenen Funktionen zusammenhängt.

(167)

Fünftens war es nach Angaben von FFT gerechtfertigt, den auf seine risikogewichteten Vermögenswerte (risk-weighted assets, im Folgenden „RWA“) angewendeten Koeffizienten von 6 % zu verwenden, da dies FFTs Verständnis der Rahmenvereinbarung Basel II, übertragen auf nicht dem Bankensektor angehörende Finanzinstitute in bestimmten europäischen Gebieten (z. B. Italien) durch örtliche Regulierungsbehörden gemäß der CRD-Richtlinie, entspreche. Da außerdem das Vermögenswertrisiko von FFT gegenüber Dritten hauptsächlich aus Bankeinlagen besteht, wurde die Risikogewichtung von 20 % im Einklang mit dem Standardansatz der Rahmenvereinbarung Basel-II angewandt. (64) In Bezug auf die Risikogewichtung von 15 %, die auf das operative Risiko angewandt wird, verweist FFT die Kommission ferner auf den Basisindikatoransatz, bei dem gemäß Absatz 649 der Rahmenvereinbarung Basel II ein entsprechender Koeffizient angewandt werden sollte. Ebenso ist im Rahmen desselben Ansatzes der Bruttoertrag folgendermaßen zu berechnen: Nettozinsertrag zuzüglich des zinsunabhängigen Nettoertrags vor jeglichen Wertberichtigungen und betrieblichen Aufwendungen, aber ohne außerordentliche Erträge. Angesichts der Tatsache, dass FFT über kein zinsunabhängiges Einkommen verfügt, ist die Bezugnahme auf Habenzinsen auf Bankeinlagen ohne die Sollzinsen auf Bankdarlehen, als die bestmögliche Annäherung an das operative Risiko von FFT gerechtfertigt. In Bezug auf eine mögliche Änderung des Regulierungsrahmens macht FFT geltend, dass auch im Rahmen von Basel III (65) und der Richtlinie 2013/36/EU EU des Europäischen Parlaments und des Rates (66) über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (im Folgenden „CRD-IV-Richtlinie“) die entsprechenden Kriterien weiterhin gültig sind.

(168)

Sechstens: In Bezug auf die Bedenken der Kommission hinsichtlich des angewandten Beta-Faktors hält FFT fest, dass die Bandbreite im Rahmen des Fremdvergleichsgrundsatzes fast gleichbleibend sei, selbst wenn gewisse Vergleichswerte (wie z. B. die nationalen Banken) nicht einbezogen würden. Da FFT als Finanzierungsgesellschaft fungiere und nicht mit einer Bank gleichgesetzt werden könne, sind FFT und [der Steuerberater] der Auffassung, dass es sich bei den Beta-Faktoren der Finanzierungsgesellschaften um die am besten geeigneten Vergleichswerte handelt. Darüber hinaus bezieht sich das Rundschreiben eindeutig auf Finanzdienstleister. Auf dieser Grundlage sei es sinnvoll, eine Reihe von im Finanzdienstleistungsbereich tätigen Unternehmen zu berücksichtigen, um einen angemessenen Beta-Faktor zu ermitteln. Was die Wahl des 25er Perzentils der Fremdvergleichsbandbreite anbelange, so stimme dies mit den OECD-Verrechnungspreisleitlinien überein, denen zufolge alle Punkte in der Fremdvergleichsbandbreite zu fremdvergleichskonformen Preisen/Gewinnen führen. Außerdem geht FFT davon aus, dass FFT begrenzte Risiken trägt, da es ausschließlich für Gruppenunternehmen arbeite, die Tätigkeiten der Gruppe stark integriert seien und es im Interesse des Mutterunternehmens sei, die Tätigkeiten seiner Tochterunternehmen zu unterstützen.

(169)

Siebtens: FFT stimmt mit den Bedenken der Kommission, dass eine Kapitalrendite von 0,87 % zu niedrig sei, nicht überein. Das Überschusskapital, d. h. das Kapital, das für die Abdeckung der von FFT im Rahmen seiner Finanzierungstätigkeit eingegangenen Risiken nicht notwendig ist, wird entweder an ein anderes Unternehmen der Gruppe geliehen, das zusätzliche Finanzmittel benötigt oder es wird zur Finanzierung von Betriebskosten eingesetzt, die FFT bei der Erbringung von Dienstleistungen entstanden sind. Seine Vergütung sollte daher an die kurzfristiger Liquiditätsanlagen angepasst werden.

5.1.2.   Die Selektivitätsanalyse der Kommission

(170)

Selbst wenn die Analyse der Kommission hinsichtlich der Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes korrekt wäre, böte der Einleitungsbeschluss nach Aussage von FFT selbst dann keinen Beweis dafür, dass FFT im Vergleich zu den übrigen Luxemburger Steuerpflichtigen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Situation eine Vorzugsbehandlung gewährt wurde. Der Einleitungsbeschluss enthalte keinen Vergleich der Situation von FFT zu der anderer Luxemburger Steuerpflichtiger, wie etwa den 21 anderen Steuerpflichtigen, deren Vorabvereinbarungen von der Kommission geprüft wurden.

(171)

FFT hatte, ebenso wie jeder andere Luxemburger Steuerpflichtige mit einer echten Präsenz in Luxemburg, das Recht, mit der Luxemburger Steuerbehörde eine Vorabvereinbarung zu schließen.

(172)

Angesichts der Tatsache, dass FFTs Gesamtkörperschaftssteuer (im Geschäftsjahr 2011) 28,8 % betrug, während in Italien der Haupt-Körperschaftssteuersatz ungefähr 33 % beträgt, hätte ein höherer Gewinn von FFT zu erhöhten abzugsfähigen Kosten in Italien geführt, da die Mehrheit der von FFT gewährten Darlehen an Fiat Finance S.p.A. gehen. Somit ist nicht klar, welche Art von „Beihilfe“ die Gruppe als Ganze erhielt, wenn FFT einen niedrigeren Gewinn in Luxemburg verzeichnete und deshalb in Italien zu geringeren Steuerabzügen berechtigt war.

5.2.   FFTs zweite Gruppe von Kommentaren

5.2.1.   Die Vorabvereinbarung gewährt keinen „Vorteil“.

(173)

FFTs zweite Gruppe von Kommentaren beginnt mit einer Erklärung bezüglich der großen Bedeutung von Vorabvereinbarungen im Allgemeinen; sie würden als Teil des allgemeinen Steuersystems betrachtet und vom Luxemburger Steuersystem anerkannt. Die FFT-Vorabvereinbarung folge den im Rundschreiben dargelegten Leitlinien und weiche nicht vom allgemeinen Luxemburger Steuersystem ab. Die fünfjährige Dauer der FFT-Vorabvereinbarung entspreche der Standardlänge der in anderen Mitgliedstaaten vereinbarten Vorabvereinbarungen.

(174)

Die Luxemburger Verrechnungspreis-Bestimmungen, die die Grundlage des Rundschreibens bilden, seien Teil des allgemeinen Steuersystems, da sie zwischen verbundenen Unternehmen einer Gruppe angewandt werden, die an gruppeninternen Transaktionen beteiligt sind. Luxemburgs Verrechnungspreis-Bestimmungen wichen nicht vom allgemeinen Steuersystem ab, da sie die OECD-Verrechnungspreisleitlinien in der Praxis einhielten und darauf abzielten, einen Gewinn im Sinne des Fremdvergleichsgrundsatzes festzustellen.

(175)

Hinsichtlich der von der Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss in Bezug auf die Wahl der Methode zur Gestaltung der Verrechnungspreise dargelegten Bedenken führt FFT aus, dass die TNMM eine allgemein anerkannte und von der OECD genehmigte Methode sei, die mit dem allgemeinen Luxemburger Steuersystem im Einklang stehe. Der weit verbreitete Gebrauch der TNMM sei von der Kommission ebenso anerkannt worden wie die Tatsache, dass ihre Anwendung zu Problemen führen könne (67). Hinsichtlich bestimmter Einzelheiten bestehe ein Mangel an Orientierungshilfen, doch die Kommission behalte sich das Recht vor, über kontroverse Verrechnungspreis-Angelegenheiten auf der Grundlage ihrer eigenen Anschauung hinsichtlich der korrekten Anwendung der TNMM im vorliegenden Fall zu entscheiden. Außerdem stimme FFTs Steuergewinn mit dem statutarischen Gewinn überein, was weiterhin bestätige, dass die Anwendung von TNMM FFT keinen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe.

(176)

Nach Ansicht von FFT sollten die Steuerbehörden bei der Anwendung der TNMM einen gewissen Ermessensspielraum haben, da die TNMM bei der Bestimmung des steuerpflichtigen Gewinns niemals zu einem einzigen Ergebnis, sondern stets zu einer Reihe gültiger Ergebnisse führe. Dementsprechend sollte die Differenz zwischen dem von FFT errechneten steuerpflichtigen Einkommen (welches von den Luxemburger Steuerbehörden akzeptiert wurde) und dem von der Kommission berechneten vermeintlichen steuerpflichtigen Einkommen nicht als Vorteil im Sinne der Beihilfevorschriften verstanden werden. Ein solcher Vorteil liege nur dann vor, wenn die Maßnahme eine offenkundige Abweichung von den Standardregeln zur Verrechnungspreisgestaltung darstelle und über den Ermessensspielraum der Steuerbehörde hinausgehe (68). Anderenfalls würde dies einen Eingriff der Kommission in die Besteuerungsbefugnisse eines Mitgliedstaats bedeuten.

(177)

Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Vorteils hätte die Kommission nach Angaben von FFT die Gesamtauswirkungen „auf die Gruppe“ berücksichtigen müssen. In dieser Hinsicht werde der Fiat gruppe keinerlei Vorteil gewährt, denn jede Zunahme der Steuerbemessungsgrundlage in Luxemburg werde durch einen erhöhten Steuerabzug in anderen europäischen Ländern (in den letzten Jahren vor allem in Italien) kompensiert. Laut FFT wurde dieser Effekt in mehreren Beschlüssen der Kommission anerkannt (69).

5.2.2.   Nichtvorliegen von Selektivität

(178)

Laut FFT darf das Bezugssystem für die Bewertung der Selektivität nur Unternehmen einschließen, welche Verrechnungspreis-Bestimmungen unterliegen, d. h. deren Transaktionen sich auf verbundene Unternehmen beschränken. Dies werde in der Groepsrentebox-Entscheidung der Kommission anerkannt (70), in der in Bezug auf Darlehensfinanzierungstätigkeiten festgestellt werde, dass die rechtliche und tatsächliche Situation von verbundenen Unternehmen nicht mit der von unabhängigen Unternehmen vergleichbar sei. Daher müsste die Kommission zum Nachweis der Selektivität aufzeigen, dass die Bedingungen, unter denen FFT eine Vorabvereinbarung gewährt wurde, mit den auf die Unternehmen anderer Luxemburger Gruppen, die Finanzdienstleistungen erbringen, angewendeten Bedingungen, nicht vergleichbar seien. Im Rundschreiben wird jedoch erklärt, dass alle finanzdienstleistenden Gruppenunternehmen Zugang zu Vorabvereinbarungen haben. Aus diesem Grund liege keine Selektivität vor.

(179)

Die Kommission akzeptiere Steuervorbescheide im Allgemeinen als ein Mittel, den Steuerpflichtigen Rechtssicherheit und rechtliche Vorhersehbarkeit in Bezug auf ihre steuerliche Situation zu bieten. Die von der Luxemburger Steuerverwaltung verabschiedeten Steuervorbescheide sind nicht diskretionär, da sie auf den Grundsätzen des Rundschreibens beruhen, welches ausdrücklich auf den in Artikel 9 des OECD-Musterabkommens definierten Fremdvergleichsgrundsatz verweist und Orientierungshilfen und Erklärungen in Bezug auf die Mindestkapitalanforderungen und die Verrechnungspreis-Analyse bietet, die ein Luxemburger Unternehmen, das gruppeninterne Finanzierungsaktivitäten ausführt, einhalten müsse. Folglich sei der Ermessensspielraum der Luxemburger Steuerverwaltung, falls er überhaupt bestehe, durch die im Rundschreiben enthaltenen Orientierungshilfen eingeschränkt. Ferner ergebe sich dieser der Steuerverwaltung belassene eingeschränkte Ermessensspielraum aus der Anwendung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien. Dies allein könne nicht bewirken, dass eine staatliche Beihilfe vorliege. Darüber hinaus macht FFT geltend, dass die FFT-Vorabvereinbarung regelmäßig überprüft werde, wobei die Höchstgültigkeitsdauer fünf Jahre betrage.

(180)

FFT wendet ferner ein, dass die Kommission nicht bewiesen habe, dass die Anwendung der TNMM-Methode in der FFT-Vorabvereinbarung von der in anderen Steuervorbescheiden, welche von Unternehmen geschlossen wurden, die sich in einer mit FFT vergleichbaren Situation befinden, abweicht. Laut FFT besteht kein Zweifel darüber, dass ein vergleichbares Unternehmen in einer ähnlichen Situation in der Lage gewesen wäre, einen Steuervorbescheid zu beantragen und seine steuerpflichtigen Gewinne auf der Grundlage der TNMM zu ermitteln. Da FFT und die vergleichbaren Unternehmen demselben Steuersystem unterlägen, mache es keinen Sinn, festzustellen, ob die auf FFT angewandte Verrechnungspreis-Methode mit den OECD-Verrechnungspreisleitlinien im Einklang stand (was jedoch der Fall gewesen sei).

5.2.3.   FFTs tatsächliche Situation unterscheidet sich erheblich von der in den Entscheidungen bezüglich Koordinationszentren festgestellten Situation

(181)

Laut FFT zeigt der Einleitungsbeschluss eine Reihe erheblicher Unterschiede zu früheren Entscheidungen, in welchen die Kommission die Anwendung einer Methode der Verrechnungspreisgestaltung (namentlich der Cost-Plus-Methode) als steuerliche Maßnahme, die einen selektiven Vorteil bewirkte, in Frage gestellt habe (71). Bei diesen Entscheidungen stand die Regelung ausschließlich Steuerpflichtigen offen, die gewisse Voraussetzungen erfüllten, während die Kommission im Einleitungsbeschluss einzig die Anwendung der TNMM in Frage gestellt habe, d. h. die spezifische Feststellung des steuerpflichtigen Gewinns im Rahmen eines Vorabvereinbarungs-Verfahrens, das allen Luxemburger Steuerpflichtigen offen stehe, die Finanzierungstätigkeiten mit verbundenen Unternehmen ausüben.

(182)

Außerdem hätten bei diesen Entscheidungen die nach der Cost-Plus-Methode ermittelten Erträge erheblich vom statutarischen Gewinn abweichen können, was bei FFT nicht der Fall sei, da die im Rahmen der TNMM ermittelten Erträge von FFT mit dem buchhalterischen Ergebnis des Unternehmens selbst übereinstimme. Ebenso stand die Anwendung der Verrechnungspreisgestaltungs-Methode in den früheren Entscheidungen offensichtlich nicht mit den OECD-Verrechnungspreisleitlinien überein. Im vorliegenden Fall liege kein Verstoß gegen die genannten Leitlinien vor. Allerdings enthielten die OECD-Verrechnungspreisleitlinien — im Gegensatz zu dem, was in den Entscheidungen zu den Koordinierungszentren festgestellt wurde — auch keine klaren Orientierungshilfen in Bezug auf die Gestaltung der Verrechnungspreise für bestimmte von FFT ausgeübte Tätigkeiten (wie z. B. Finanzierungs- und Treasury-Aktivitäten).

(183)

Nach Angaben von FFT habe die Kommission zudem nicht berücksichtigt, dass die FFT-Vorabvereinbarung auf einer wirtschaftlichen Untersuchung beruhe, die mit den OECD-Verrechnungspreisleitlinien im Einklang stehe, was jedoch zeige, dass die Gewinnermittlung nicht willkürlich gewesen sei und dass die Luxemburger Steuerbehörden keinerlei Ermessensspielraum ausgeübt hätten.

6.   ANTWORT LUXEMBURGS AUF DIE STELLUNGNAHMEN DRITTER

(184)

Mit Schreiben vom 5. Januar 2015 teilte Luxemburg mit, dass es mit der Stellungnahme Fiats in jeder Hinsicht übereinstimme.

7.   WÜRDIGUNG DES ANGEFOCHTENEN BESCHLUSSES

7.1.   Vorliegen einer Beihilfe

(185)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(186)

Gemäß ständiger Rechtsprechung liegt nur dann eine staatliche Beihilfe vor, wenn alle in Artikel 107 Absatz 1 AEUV dargelegten Voraussetzungen erfüllt sind (72). Eine Maßnahme wird daher nur dann als staatliche Beihilfe im Sinne dieser Bestimmung eingestuft, wenn es sich erstens um eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln finanzierte Maßnahme handelt, wenn die Maßnahme zweitens geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, wenn sie drittens einem Unternehmen einen selektiven Vorteil verschafft und wenn sie viertens den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht (73).

(187)

Hinsichtlich der ersten Voraussetzung für das Vorliegen einer Beihilfe ist festzustellen, dass der angefochtene Steuervorbescheid von der „Administration des contributions directes“ erlassen wurde, welche Teil der Steuerverwaltung des Großherzogtums Luxemburg darstellt. Dieser Steuervorbescheid beinhaltet die Genehmigung einer vom FFT-Steuerberater vorgeschlagenen Methode, die vorsieht, dass FFT innerhalb der Fiat-Gruppe Gewinne zugewiesen werden, durch die Luxemburger Steuerverwaltung; der Steuervorbescheid bindet die Luxemburger Steuerverwaltung für den Zeitraum von fünf Jahren; auf der Grundlage des Steuervorbescheids berechnet FFT jedes Jahr die Höhe der Körperschaftsteuern, die es an Luxemburg zu zahlen hat. Der angefochtene Vorbescheid ist deshalb Luxemburg zuzuweisen.

(188)

Bezüglich der Finanzierung der Maßnahme aus staatlichen Mitteln ist es ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes, dass eine Maßnahme, durch die öffentliche Behörden bestimmten Unternehmen eine Steuerbefreiung gewähren, die, auch wenn sie nicht mit einer Übertragung staatlicher Mittel einhergeht, die Begünstigten in eine günstigere finanzielle Lage versetzt als andere Steuerpflichtige, eine staatliche Beihilfe darstellt (74). In Abschnitt 7.2 wird die Kommission aufzeigen, dass der angefochtene Vorbescheid eine Verringerung der von FFT in Luxemburg zu entrichtenden Steuern bewirkt, da er von den Steuern abweicht, die FFT anderenfalls kraft des allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystems zu zahlen hätte. Folglich ist die Auffassung zu vertreten, dass der angefochtene Vorbescheid für den Staat zu einer Einbuße an Einnahmen führt, da jede Steuersenkung für FFT zu einer Einbuße an Steuereinnahmen führt, die Luxemburg anderenfalls gehabt hätte.

(189)

Hinsichtlich der zweiten Voraussetzung für das Vorliegen einer Beihilfe ist festzustellen, dass FFT der Fiat gruppe zugehört, einer weltweit aktiven Entität, die in allen Mitgliedstaaten der Union tätig ist, sodass eine Beihilfe zugunsten von FFT geeignet ist, den Handel innerhalb der Union zu beeinträchtigen. Bei einer vom Staat gewährten Maßnahme wird ferner davon ausgegangen, dass sie den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht, wenn sie die Wettbewerbssituation des Begünstigten gegenüber seinen Wettbewerbern stärkt (75). Da der angefochtene Vorbescheid FFT von einer Steuerpflicht befreit, der es im Rahmen des allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystems hätte nachkommen müssen, verfälscht er den Wettbewerb oder droht er, den Wettbewerb zu verfälschen, indem er die finanzielle Lage von FFT und der Fiatgruppe stärkt, sodass die vierte Voraussetzung für das Vorliegen von Beihilfe im vorliegenden Fall ebenfalls erfüllt ist.

(190)

Hinsichtlich der dritten Voraussetzung für das Vorliegen einer Beihilfe wird die Kommission in Abschnitt 7.2 aufzeigen, warum sie der Auffassung ist, dass der angefochtene Steuervorbescheid FFT dadurch einen selektiven Vorteil verschafft, dass er eine Verringerung der von FFT in Luxemburg zu entrichtenden Steuern bewirkt, da er von den Steuern abweicht, die FFT unter dem allgemeinen Steuersystem hätte entrichten müssen. Aus diesem Grund sind alle Voraussetzungen für das Vorliegen einer Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erfüllt.

7.2.   Vorliegen eines selektiven Vorteils

(191)

Nach ständiger Rechtsprechung verlangt „Artikel 107, Absatz 1 AEUV die Feststellung, ob eine nationale Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ gegenüber anderen Unternehmen oder Produktionszweigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, zu begünstigen. Ist dies der Fall, ist die betreffende Maßnahme selektiv“ (76).

(192)

In Steuersachen hat der Gerichtshof eine Analyse in drei Schritten entwickelt, um festzustellen, ob eine bestimmte Steuermaßnahme selektiv ist (77). Zunächst wird das allgemeine oder normale in dem jeweiligen Mitgliedstaat anwendbare Steuersystem festgestellt: das „Bezugssystem“. Zweitens ist festzustellen, ob die fragliche Steuermaßnahme eine Abweichung von diesem System darstellt, da sie Unterscheidungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern einführt, die sich im Hinblick auf die mit dem System verbundenen Zielsetzungen in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden. Wenn die Maßnahme eine Abweichung vom Bezugssystem darstellt, muss in einem dritten Schritt geprüft werden, ob die Maßnahme durch das Wesen oder den inneren Aufbau des Bezugssystems gerechtfertigt ist. Eine Steuermaßnahme, die eine Abweichung von der Anwendung des Bezugssystems darstellt, kann gerechtfertigt sein, wenn der betroffene Mitgliedstaat nachweisen kann, dass die Maßnahme sich unmittelbar aus den Grund- oder Leitprinzipien seines Steuersystems ergibt (78). Wenn dies der Fall ist, ist die Steuermaßnahme nicht selektiv. In diesem dritten Schritt liegt die Beweislast beim Mitgliedstaat.

7.2.1.   Bestimmung des Bezugssystems

7.2.1.1.   Das aus dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftsteuersystem bestehende Bezugssystem

(193)

Im Allgemeinen besteht ein Bezugssystem für die Zwecke der Analyse des selektiven Charakters einer Beihilfemaßnahme aus einem einheitlichen Regelwerk, das auf der Grundlage objektiver Kriterien auf alle Unternehmen angewendet wird, die in den durch seine Zielsetzung definierten Anwendungsbereich fallen.

(194)

Im vorliegenden Fall erachtet die Kommission, dass es sich bei dem Bezugssystem um das allgemeine Luxemburger Körperschaftssteuersystem handelt, dessen Ziel in der Besteuerung der Gewinne aller steuerpflichtigen Unternehmen in Luxemburg besteht (79). Das Luxemburger Körperschaftssteuersystem wird auf inländische und auf ausländische, in Luxemburg ansässige Unternehmen einschließlich der Luxemburger Zweigniederlassungen der ausländischen Unternehmen angewandt. Ein Unternehmen gilt als in Luxemburg ansässig, wenn es seinen Sitz oder seine Hauptniederlassung in Luxemburg hat. Inländische und ausländische, in Luxemburg ansässige Unternehmen unterliegen mit ihren weltweit erzielten Gewinnen der Körperschaftssteuer, sofern kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Nicht in Luxemburg ansässige Unternehmen unterliegen der Körperschaftsteuer nur in Bezug auf bestimmte in Luxemburg erwirtschaftete Arten von Einnahmen (80). Steuern sind zahlbar auf die erwirtschafteten Gewinne abzüglich der steuerlich abzugsfähigen Aufwendungen und Verluste, die unbegrenzt vortragsfähig sind.

(195)

Die Luxemburger Körperschaftssteuer setzt sich zusammen aus einer auf 21 % festgesetzten Steuer auf die Unternehmensgewinne („impôt sur le revenue des collectivités“ oder „IRC“) und, bei in der Stadt Luxemburg ansässigen Unternehmen, einer kommunalen Gewerbesteuer („impôt commercial communal“) in Höhe von 6,75 %. Außerdem wird ein Aufschlag von 5 % auf die IRC von 21 % erhoben, der einem Beschäftigungsfonds zufließt (81). Seit dem 1. Januar 2011 beträgt der Gesamtkörperschaftssteuersatz in Luxemburg somit 28,80 % (82) (83).

(196)

Die Berechnung des steuerpflichtigen Gewinns zum Zweck der luxemburgischen Körperschaftssteuer erfolgt grundsätzlich auf der Grundlage der Finanzbuchhaltung des Steuerpflichtigen, vorbehaltlich bestimmter vom Luxemburger Steuerrecht vorgeschriebener Anpassungen, die hauptsächlich zusammenhängen mit der Steuerbefreiung von Dividenden/Veräußerungsgewinnen, der Wiedereinbeziehung nicht abzugsfähiger Aufwendungen (84), Korrekturen des steuerlichen Ergebnisses von Transaktionen, die nicht nach dem Fremdvergleichsgrundsatz durchgeführt wurden, und der Anwendung von Abschreibungsregeln, die sich in buchhalterischer und steuerlicher Hinsicht unterscheiden.

(197)

Während die Berechnung der steuerpflichtigen Gewinne bei nicht-integrierten Einzelunternehmen, die Geschäfte am Markt abwickeln, vergleichsweise einfach ist, da sie auf der Differenz zwischen Erlösen und Aufwendungen auf einem wettbewerblichen Markt basierten, sind für die Berechnung der steuerpflichtigen Gewinne bei steuerlich integrierten Gruppenunternehmen wie FFT indirekte Daten erforderlich. Nicht-integrierte Einzelunternehmen können ihren Buchgewinn als Ausgangspunkt für die Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer verwenden, da dieser Gewinn von den vom Markt vorgeschriebenen Preise für die erworbenen Inputs und die vom Unternehmen verkauften Produkte und Dienstleistungen abhängig ist. Ein integriertes Unternehmen, das Geschäfte mit anderen Unternehmen derselben Gruppe tätigt, muss hingegen die auf diese gruppeninternen Transaktionen angewandten Preise schätzen, um seine steuerpflichtigen Gewinne für Steuerzwecke zu ermitteln, wobei diese Schätzung von dem Unternehmen durchgeführt wird, das die Gruppe kontrolliert, statt vom Markt vorgeschrieben zu werden.

(198)

Dieser Unterschied bei der Berechnung der steuerpflichtigen Gewinne von nicht-integrierten Unternehmen, d. h. Unternehmen, die zu keiner Unternehmensgruppe gehören und somit als „Einzelunternehmen“ bezeichnet werden, bzw. von integrierten Unternehmen, d. h. Unternehmen, die einer Unternehmensgruppe angehören, wirkt sich jedoch nicht auf die Zielsetzung des Luxemburger Körperschaftssteuersystems aus, das darauf abzielt, die Gewinne aller in Luxemburg ansässiger Unternehmen zu besteuern, unabhängig davon, ob es sich um integrierte oder nicht-integrierte Unternehmen handelt. Die IRC betrifft die in Luxemburg ansässigen der Körperschaftssteuer unterliegenden Unternehmen und schließt jede Wirtschaftseinheit ein, die direkt der Körperschaftsteuer unterworfen werden kann. Weder die rechtliche Form noch die Struktur des Unternehmens (Unternehmensgruppe oder nicht) stellen für die Auferlegung von Körperschaftssteuern in Luxemburg ein bestimmendes Kriterium dar. Selbst wenn davon ausgegangen werden kann, dass Finanzierungsentscheidungen im Interesse der gesamten Unternehmensgruppe getroffen werden, wird die Luxemburger Körperschaftssteuer von einzelnen Unternehmen und nicht von Unternehmensgruppen erhoben, und der angefochtene Steuervorbescheid bezieht sich ausschließlich auf den steuerpflichtigen Gewinn von FFT, sodass jedwede Minderung der Steuereinnahmen individuell auf den Ergebnissen dieses Unternehmens beruht. Wenngleich das Steuerrecht auf Unternehmensgruppen anwendbare besondere Bestimmungen enthält (z. B. das System der steuerlichen Integration (85)), zielen diese darauf ab, nicht-integrierte Unternehmen und in Gruppenform strukturierte Wirtschaftseinheiten gleichzustellen, nicht aber darauf, Gruppen vorteilhafter zu behandeln (86).

(199)

Dementsprechend hat die unterschiedliche Art und Weise, mit der der zu versteuernde Gewinn von integrierten bzw. nicht-integrierten Unternehmen ermittelt wird, keine Bedeutung für die Bestimmung des Bezugssystems für die Zwecke der Analyse des Vorliegens von Selektivität im vorliegenden Fall. Da nach dem Luxemburger Körperschaftssteuersystem die Gewinne aller in Luxemburg ansässigen Unternehmen in derselben Weise besteuert werden, ungeachtet der Tatsache, ob es sich um integrierte oder nicht-integrierte Unternehmen handelt, sollten im Hinblick auf das immanente Ziel dieses Systems beide Typen von Unternehmen als in derselben tatsächlichen und rechtlichen Situation befindlich betrachtet werden (87). Da das Ziel des angefochtenen Steuervorbescheids in der Ermittlung der steuerpflichtigen Gewinne von FFT zum Zwecke der Erhebung von Körperschaftssteuer im Rahmen des allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystems besteht, bildet dieses System das Bezugssystem, anhand dessen der Vorbescheid geprüft werden sollte, um festzustellen, ob FFT ein selektiver Vorteil zuteilwurde.

(200)

Als Antwort auf die verschiedenen Argumente, die FFT anbringt, um seine Aussage, dass Gruppenunternehmen und Einzelunternehmen nicht zu demselben Bezugssystem gehören, stellt die Kommission Folgendes fest:

(201)

Laut FFT sollte das für die Bewertung des selektiven Charakters des angefochtenen Steuervorbescheids zu betrachtende Bezugssystem nur Unternehmen einschließen, die Verrechnungspreisvorschriften unterliegen, d. h., die ausschließlich mit verbundenen Unternehmen Geschäfte abwickeln (88), sodass die Kommission beweisen müsse, dass der FFT-Steuervorbescheid unter Bedingungen erlassen wurde, die nicht den Bedingungen entsprechen, die auf andere in Luxemburg tätige Unternehmen der Gruppe, die Finanzierungstätigkeiten durchführen (89), Anwendung finden. Laut FFT wurde diese Auslegung durch die Entscheidungen der Kommission zur Groepsrentebox-Regelung und zur steuerlichen Behandlung von Zinszahlungen für Gruppen in Ungarn bestätigt (90).

(202)

Einleitend erinnert die Kommission daran, dass sie nicht durch ihre Beschlusspraxis gebunden ist. Jede potenzielle Beihilfemaßnahme muss anhand der objektiven Kriterien des Artikels 107 Absatz 1 AEUV einzeln geprüft werden, sodass selbst dann, wenn eine gegenteilige Beschlusspraxis nachgewiesen würde, dies der Gültigkeit der Schlussfolgerungen im vorliegenden Beschluss keinen Abbruch tun kann (91).

(203)

Entgegen den Ausführungen von FFT bestätigt jedoch keine dieser Entscheidungen, dass für den Fall, dass eine Steuermaßnahme einem integrierten Unternehmen zugutekommt, das Bezugssystem notwendigerweise auf diese Unternehmensart beschränkt sein muss. Darüber hinaus ist die Zielsetzung der Steuermaßnahme, die Gegenstand der Entscheidungen der Kommission ist, in beiden Fällen nicht mit der hier geprüften Maßnahme vergleichbar, sodass die Schlussfolgerungen, die aus diesen Entscheidungen gezogen werden können, nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar sind.

(204)

Die Groepsrentebox-Regelung wurde von den niederländischen Behörden mit der Zielsetzung eingeführt, den Unterschied in der steuerlichen Behandlung der Finanzierung mit Eigenkapital und der Finanzierung mit Fremdkapital im Rahmen einer Gruppe zu verringern und damit die Arbitrage zwischen diesen beiden Arten der gruppeninternen Finanzierung zu vermindern (92). Die Kommission stellt in ihrem abschließenden Beschluss fest, dass angesichts der Tatsache, dass die Zielsetzung der Maßnahme in der Verringerung des Unterschieds in der steuerlichen Behandlung der Finanzierung mit Eigenkapital und der Finanzierung mit Fremdkapital im Rahmen einer Gruppe und damit in der Verringerung der Arbitrage zwischen diesen beiden Arten der gruppeninternen Finanzierung besteht, „nur im Konzernverbund Arbitrage zwischen der Finanzierung mit Eigenkapital und der Finanzierung mit Fremdkapital möglich ist [und nicht für Einzelunternehmen]“ (93). Angesichts dieser Feststellung sowie der Zielsetzung der Regelung, die darin bestand, „den Anreiz für Arbitrage zwischen der Finanzierung durch Kapitaleinlage und durch Darlehen zu verringern und diesbezüglich steuerliche Neutralität zu gewährleisten“ (94), vertrat die Kommission die Auffassung, dass das Bezugssystem in dieser Sache ausschließlich Unternehmen umfasste, die der Körperschaftssteuer unterliegen und gruppeninterne Transaktionen durchführen (95).

(205)

Dahingegen ist die Zielsetzung des angefochtenen Steuervorbescheids die Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT, um die von FFT zu entrichtende Körperschaftssteuer zu berechnen. Erstens kann zwar argumentiert werden, dass die der Groepsrentebox-Entscheidung zugrunde liegende Zielsetzung nur in einem Gruppenkontext gültig ist (da Einzelunternehmen nicht mit der Arbitrage zwischen verschiedenen Finanzierungsformen konfrontiert sind), aber die Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage für die Berechnung der jährlichen Körperschaftsteuerschuld betrifft sowohl Unternehmen, die einer Unternehmensgruppe angehören, als auch Einzelunternehmen.

(206)

Zweitens agiert FFT als Finanzierungsgesellschaft und erbringt seine Dienstleistungen ausschließlich für andere Unternehmen der Fiatgruppe. Die ausgeführten Transaktionen könnten jedoch auch außerhalb einer Gruppe ausgeführt werden. Das Rundschreiben vergleicht diese Form von gruppeninternen Finanzierungstransaktionen mit von unabhängigen Finanzinstituten ausgeführten Transaktionen (96) und verlangt, dass die Vergütung für diese Finanzdienstleistungen entweder auf dem Darlehensbetrag oder auf dem Marktwert der verwalteten Vermögenswerte beruhen sollte, so wie es auch bei jedem unabhängigen Finanzinstitut der Fall wäre. Das Rundschreiben erkennt demnach an, dass selbst in einem Gruppenkontext ausgeführte Transaktionen direkt mit normalen Markttransaktionen vergleichbar sind.

(207)

Diese Eigenschaften des vorliegenden Falles bestätigen, dass die Feststellung in der Groepsrentebox-Entscheidung der Kommission — der zufolge verbundene Unternehmen sich in Bezug auf Darlehensfinanzierungstätigkeiten nicht in einer mit nicht verbundenen Unternehmen vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden — nicht dahingehend verallgemeinert werden kann, dass sie auf Situationen angewendet wird, bei denen mit einem Steuervorbescheid die Steuerbemessungsgrundlage zwecks Erhebung der Körperschaftsteuer bestimmt werden soll. Die im Rundschreiben aufgeführte Erklärung zur Vergleichbarkeit der Transaktionen spiegelt die dem Fremdvergleichsgrundsatz zugrunde liegenden Grundprinzipien wieder, denen zufolge kommerzielle und finanzielle Beziehungen zwischen verbundenen Unternehmen nicht von den Bedingungen abweichen dürfen, die unabhängige Unternehmen untereinander vereinbaren (97). Mit Verrechnungspreisregeln wird genau das Ziel verfolgt, Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen/Unternehmen einer Gruppe mit Transaktionen zwischen unabhängigen Unternehmen zu vergleichen und dafür zu sorgen, dass jede Abweichung korrigiert wird. Auf dieser Grundlage beruft sich FFT zu Unrecht auf die Groepsrentebox-Entscheidung, um seine Argumentation zu stützen.

(208)

Dieselbe Schlussfolgerung gilt für die Entscheidung über die steuerliche Behandlung von Zinszahlungen für Gruppen in Ungarn, auf die sich FFT ebenfalls stützt. Diese Entscheidung betraf eine Regelung, die auf die Reduzierung der Arbitrage (in den Beziehungen zwischen ungarischen Unternehmen) abzielte; dies sollte durch eine Annäherung der Besteuerung von gruppeninternen Zinsen und der Besteuerung von gruppeninternen Dividenden erreicht werden; dadurch sollte die Neutralität des Steuersystems in technischer Hinsicht gestärkt werden (98). Die Zielsetzung der Reduzierung von Arbitrage, die die Kommission damals vor allem in einem Gruppenzusammenhang sah, unterscheidet sich vom Ziel der vorliegenden Maßnahme, das darin besteht, die Steuerbemessungsgrundlage von FFT zu bestimmen, auf die die Körperschaftssteuer in Luxemburg anzuwenden ist. Das letztgenannte Ziel unterscheidet nicht zwischen FFT als Gruppenunternehmen und jedem anderen (Einzel-)Unternehmen, das sich an die Steuerbehörden in Luxemburg wendet, um seine Steuerbemessungsgrundlage bestimmen zu lassen. Allerdings ist die Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage bei FFT komplizierter, da sie mit der Anwendung von Verrechnungspreisregeln und des Fremdvergleichsgrundsatzes verbunden ist, während im Fall eines Einzelunternehmens das steuerpflichtige Einkommen grundsätzlich mit dem buchmäßigen Einkommen übereinstimmt — vorbehaltlich möglicher steuerrechtlich vorgesehener Anpassungen. Die Zielsetzung des Körperschaftssteuerrechts und der Steuervorbescheide besteht jedoch darin, sämtliche Gewinne der in Luxemburg steuerpflichtigen Unternehmen zu besteuern, unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige zu einer Unternehmensgruppe gehört oder nicht.

(209)

Deshalb zieht die Kommission den Schluss, dass das Bezugssystem, anhand dessen der angefochtene Steuervorbescheid geprüft werden sollte, das allgemeine Luxemburger Körperschaftssteuersystem sein sollte, das aus den in den Erwägungsgründen 193 bis 208 beschriebenen luxemburgischen Bestimmungen zu den Steuern auf die Unternehmensgewinne (IRC) besteht. Das Bezugssystem besteht aus einem einheitlichen Regelwerk, das auf der Grundlage objektiver Kriterien für die Besteuerung der Gewinne von Einzelunternehmen, bei denen der steuerpflichtige Gewinn in der Regel mit dem Buchgewinn übereinstimmt (vorbehaltlich bestimmter steuerrechtlich vorgesehener Anpassungen), und von Gruppenunternehmen, die bei der Zuweisung der Gewinne auf Verrechnungspreise zurückgreifen, angewendet wird. Im Hinblick auf die immanente Zielsetzung dieses Systems ist davon auszugehen, dass beide Unternehmensarten — nicht-integrierte und integrierte Unternehmen — sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden.

7.2.1.2.   Artikel 164 Absatz 3 L.I.R., das Rundschreiben und/ oder die einschlägige Verwaltungspraxis stellen kein angemessenes Bezugssystem dar.

(210)

Luxemburg ist der Ansicht, dass das Bezugssystem ausschließlich Gruppenunternehmen umfassen sollte, die unter Artikel 164 Absatz 3 L.I.R. fallen (99), während FFT weiter zu gehen scheint und der Auffassung ist, dass das Bezugssystem auf dem Rundschreiben beruhen und nur Gruppenunternehmen umfassen sollte, die Finanzierungstätigkeiten ausführen (100). Diesen Ansichten zufolge müsste hinsichtlich der Feststellung von Selektivität der Nachweis erbracht werden, dass FFT eine andere Behandlung erfahren hat als andere Gruppenunternehmen, die Finanzierungstätigkeiten ausführen und sich im Hinblick auf die Ziele des Artikels 164 Absatz 3 L.I.R. und/oder des Rundschreibens in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden wie FFT. Daher hätte die Kommission den angefochtenen Steuervorbescheid mit den ihr übermittelten Vorab-Verrechnungspreisvereinbarungen der 21 anderen Steuerpflichtigen vergleichen müssen (siehe Erwägungsgrund 8) (101). Da die Behandlung von FFT nach Ansicht von Luxemburg und FFT mit Artikel 164 Absatz 3 L.I.R., dem Rundschreiben sowie der einschlägigen Verwaltungspraxis im Einklang steht, werde durch den Steuervorbescheid kein selektiver Vorteil gewährt.

(211)

Die Kommission kann dieser Argumentation nicht zustimmen.

(212)

Wie in Erwägungsgrund 198 dargelegt, besteht die Zielsetzung des Luxemburger Körperschaftssteuersystems in der Besteuerung der Gewinne aller unter Luxemburger Steuerhoheit fallender Unternehmen, unabhängig davon, ob es sich bei diesen Unternehmen um integrierte oder nicht-integrierte Unternehmen handelt. Wie in Erwägungsgrund 194 erklärt, wird die Luxemburger Körperschaftssteuer auf die weltweiten Gewinne der inländischen und ausländischen Unternehmen, die in Luxemburg ansässig sind erhoben (sofern kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht), einschließlich Luxemburger Zweigniederlassungen von ausländischen Unternehmen, während nicht in Luxemburg ansässige Unternehmen ausschließlich in Bezug auf bestimmte in Luxemburg erzielte Erträge besteuert werden.

(213)

Die Betrachtungsweise von Luxemburg und FFT, der zufolge das Bezugssystem nur Gruppenunternehmen einschließt, da nur sie Fremdvergleichspreise anwenden müssen, um ihre Steuerberechnungsgrundlage zu bestimmen, beinhaltet, dass in Bezug auf die Bestimmung der Steuerberechnungsgrundlage auf der Grundlage der Struktur der Unternehmen eine künstliche Unterscheidung zwischen den Unternehmen vorgenommen wird, die das allgemeine Luxemburger Körperschaftssteuersystem in Bezug auf die Besteuerung der Gewinne der Luxemburger Steuerhoheit fallenden Unternehmen nicht vorsieht.

(214)

Ebenso entspricht die von FFT auf der Grundlage der von dem jeweiligen Gruppenunternehmen ausgeführten Aktivitäten getroffene Unterscheidung zwischen Gruppenunternehmen und Einzelunternehmen, wobei FFT geltend macht, dass das Bezugssystem nur Unternehmen einschließt, die das Rundschreiben anwenden, nicht der Zielsetzung des Luxemburger Körperschaftssteuersystems. Es trifft zwar zu, dass sich die Tätigkeiten von FFT fast ausschließlich auf gruppeninterne Transaktionen beziehen (102), aber die von FFT durchgeführten Finanztransaktionen könnten ebenso gut außerhalb einer Gruppe von unabhängigen Finanzinstituten ausgeführt werden, wie im Rundschreiben festgehalten. Für den Zweck der Erhebung der Luxemburger Körperschaftssteuern muss FFT deshalb mit einem beliebigen anderen integrierten oder nicht-integrierten Unternehmenstyp verglichen werden, der wirtschaftliche Tätigkeiten ausführt, da die Gewinne unabhängiger Finanzinstitute nach dem Luxemburger Körperschaftssteuerrecht denselben Körperschaftssteuerbestimmungen unterliegen wie die aus gruppeninternen Transaktionen generierten Gewinne, die auf der Grundlage des Fremdvergleichsgrundsatzes berechnet werden. Aus diesem Grund weist die Kommission das Argument von FFT zurück, dass das Bezugssystem nur gruppeninterne Transaktionen ausführende Gruppenunternehmen umfassen sollte.

(215)

Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass das Bezugssystem, anhand dessen der angefochtene Steuervorbescheid zu prüfen ist, im vorliegenden Fall das in den Erwägungsgründen 193 bis 208 beschriebene allgemeine Luxemburger Körperschaftssteuersystem ist, unabhängig davon, ob die Körperschaftssteuer auf die Gewinne von Gruppen- oder von Einzelunternehmen erhoben wird, und unabhängig von den von diesen Unternehmen ausgeführten Tätigkeiten.

7.2.2.   Selektiver Vorteil durch eine Abweichung vom allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystem

(216)

Im Anschluss an die Feststellung, dass das allgemeine Luxemburger Körperschaftssteuersystem das Bezugssystem darstellt, anhand dessen der angefochtene Steuervorbescheid zu prüfen ist, muss nun festgestellt werden, ob dieser Vorbescheid eine Abweichung von diesem Bezugssystem darstellt, die zu einer Ungleichbehandlung zwischen Unternehmen führt, die sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden.

(217)

In Bezug auf diesen zweiten Schritt der Selektivitätsanalyse, geht die Frage, ob eine Steuermaßnahme eine Abweichung vom Bezugssystem darstellt oder nicht, in der Regel mit der Feststellung eines Vorteils, der dem Begünstigten durch diese Maßnahme gewährt wird, einher. Wenn eine Steuermaßnahme zu einer ungerechtfertigten Verringerung der Steuerverbindlichkeit eines Begünstigten führt, der ohne diese Maßnahme unter dem Bezugssystem höhere Steuern entrichten müsste, stellt diese Verringerung sowohl den durch die Steuermaßnahme gewährten Vorteil als auch die Abweichung vom Bezugssystem dar.

(218)

Gemäß dem Gerichtshof ermöglicht im Fall von Einzelbeihilfen (im Gegensatz zu Beihilferegelungen) „die Feststellung des wirtschaftlichen Vorteils grundsätzlich eine Annahme der Selektivität“ (103). Im vorliegenden Fall ist die Einzelbeihilfe, von der FFT profitiert, der angefochtene Steuervorbescheid, mit dem eine Methode zur Berechnung der in Luxemburg steuerpflichtigen Gewinne von FFT für die von FFT innerhalb der Fiat-Gruppe wahrgenommenen Funktionen genehmigt wird, wobei diese Gewinne anschließend auf der Grundlage des allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystems besteuert werden.

7.2.2.1.   Selektiver Vorteil durch eine Abweichung vom Fremdvergleichsgrundsatz

(219)

Grundsätzlich besteht das Ziel eines Steuervorbescheids darin, im Voraus für einen bestimmten Zeitraum Gewissheit über die Anwendung eines allgemeinen Steuersystems auf einen konkreten Einzelfall zu erlangen, und zwar unter Berücksichtigung bestimmter Fakten und Umstände, die dem jeweiligen Fall eigen sind, vorausgesetzt, dass diese Fakten und Umstände während der Anwendungsdauer des jeweiligen Vorbescheids keine wesentlichen Veränderungen erfahren. Wenn ein Steuervorbescheid auf einer Bewertungsmethode beruht, die ohne Begründung vom Ergebnis einer normalen Anwendung des allgemeinen Steuersystems abweicht, so wird davon ausgegangen, dass der jeweilige Steuervorbescheid dem Begünstigten einen selektiven Vorteil verschafft, da diese selektive Behandlung zu einer Verringerung der Steuerschuld des Begünstigten in dem betreffenden Mitgliedstaat und zu einem Vorteil gegenüber anderen Unternehmen, die sich in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Situation befinden, führt.

(220)

Ein Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV ist ein wirtschaftlicher Vorteil, den ein Unternehmen unter normalen Marktbedingungen, d. h. ohne ein staatliches Eingreifen, nicht erhalten hätte (104). Ein Vorteil liegt somit vor, wenn die finanzielle Situation eines Unternehmens durch ein staatliches Eingreifen verbessert wird (105). Um eine derartige Verbesserung aufzuzeigen, wird die finanzielle Situation des Unternehmens, die sich aus der angefochtenen Maßnahme ergibt, mit der finanziellen Situation desselben Unternehmens verglichen, die sich ergeben hätte, wenn die Maßnahme nicht gewährt worden wäre (106). Ein Vorteil kann sowohl in der Gewährung von positiven wirtschaftlichen Vorteilen als auch in der Verringerung von Belastungen bestehen, die ein Unternehmen üblicherweise zu tragen hat (107).

(221)

Wie in den Erwägungsgründen 52 ff erklärt wird, akzeptierte Luxemburg durch den angefochtenen Steuervorbescheid eine vom FFT-Steuerberater im Verrechnungspreis-Bericht vorgeschlagene Methode für die Bestimmung des steuerpflichtigen Gewinns von FFT in Luxemburg, die es FFT ermöglicht, seine Körperschaftssteuerverbindlichkeit in Luxemburg auf jährlicher Basis für den Zeitraum festzulegen, für den dieser Vorbescheid gültig ist. Insbesondere bestimmt der mit dem angefochtenen Steuervorbescheid gebilligte Verrechnungspreis-Bericht — da keine vom Markt bestimmten Transaktionen vorliegen, wie es bei einem nicht-integrierten Einzelunternehmen der Fall wäre — die Gewinne, die diesem Unternehmen der Fiatgruppe zuzuweisen sind und die sich aus der Festsetzung der Preise der Transaktionen ergeben, die FFT mit anderen Unternehmen der Gruppe tätigt.

(222)

Der Gerichtshof hat bereits geurteilt, dass eine Verringerung der Steuerbemessungsgrundlage, die sich aus einer Steuermaßnahme ergibt, welche es einem Steuerpflichtigen erlaubt, im Rahmen von gruppeninternen Transaktionen Verrechnungspreise zu verwenden, die nicht mit den Preisen vergleichbar sind, welche von unabhängigen Unternehmen unter Bedingungen des freien Wettbewerbs nach dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbart würden, dem betroffenen Steuerpflichtigen einen selektiven Vorteil verschafft, da die Steuern, die er in Anwendung des allgemeinen Steuersystems zu entrichten hat, geringer sind als die, die unabhängige Unternehmen, welche ihre Steuerbemessungsgrundlage auf der Grundlage ihres Buchgewinns berechnen, zu entrichten haben (108).

(223)

In seinem Urteil über die von Belgien angewandte Steuerregelung für Koordinierungszentren (109) prüfte der Gerichtshof die Anfechtung einer Entscheidung der Kommission, in der diese u. a. den Schluss zog, dass die Methode zur Bestimmung des steuerpflichtigen Einkommens nach der Regelung den genannten Zentren einen selektiven Vorteil verschaffte (110). Nach dieser Regelung wurden die steuerpflichtigen Gewinne auf einen pauschalen Betrag festgelegt, der einem Prozentsatz des Gesamtbetrags der betrieblichen Ausgaben und Aufwendungen entsprach, der weder die Personalkosten noch die Finanzaufwendungen umfasste. Der Gerichtshof stellte fest: „Für die Prüfung, ob die Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens nach der Regelung für Koordinationszentren diesen einen Vorteil verschafft, ist, wie die Kommission in der 95. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung vorschlägt, diese Regelung mit der sonst anwendbaren Regelung zu vergleichen, die auf der Differenz zwischen Erträgen und Kosten eines Unternehmens beruht, das sich in freiem Wettbewerb betätigt.“ Der Gerichtshof führte weiter aus: „Der Ausschluss [dieser Personalkosten und Finanzaufwendungen] von den der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens der Zentren dienenden Kosten ermöglicht nicht, zu ähnlichen Verrechnungspreisen wie unter freien Wettbewerbsbedingungen zu gelangen“, was nach Feststellung des Gerichts „den Koordinierungszentren einen wirtschaftlichen Vorteil [verschafft]“ (111).

(224)

Der Gerichtshof hat also anerkannt, dass eine Steuermaßnahme, die ein einer Gruppe angehörendes Unternehmen dazu veranlasst, Verrechnungspreise zu berechnen, die nicht denen entsprechen, welche unter freien Wettbewerbsbedingungen berechnet würden, d. h. Preisen, die von unabhängigen Unternehmen unter vergleichbaren Umständen nach dem Fremdvergleichsgrundsatz ausgehandelt wurden, diesem Unternehmen einen Vorteil verschafft, da sie eine Verringerung seiner Steuerbemessungsgrundlage und damit der in Anwendung des allgemeinen Körperschaftssteuersystems zu entrichtenden Steuer bewirkt.

(225)

Der Grundsatz, dem zufolge Transaktionen zwischen Unternehmen derselben Gruppe so vergütet werden sollten, als ob sie zwischen unabhängigen Unternehmen unter vergleichbaren Bedingungen unter freien Wettbewerbsbedingungen ausgehandelt worden wären, wird im Allgemeinen als „Fremdvergleichsgrundsatz“ bezeichnet. In seinem Urteil über die belgischen Koordinierungszentren akzeptierte der Gerichtshof den Fremdvergleichsgrundsatz als Bezugskriterium für die Feststellung, ob ein Unternehmen der Gruppe infolge einer steuerlichen Maßnahme, die seine Verrechnungspreise und damit seine Steuerbemessungsgrundlage bestimmt, einen Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erhält.

(226)

Mit Hilfe des Fremdvergleichsgrundsatzes soll sichergestellt werden, dass zwischen den Unternehmen einer Gruppe getätigte Transaktionen auf der Grundlage der Gewinne besteuert werden, die erzielt worden wären, wenn dieselben Transaktionen zwischen unabhängigen Unternehmen abgeschlossen worden wären; andernfalls würden die Unternehmen der Gruppe unter dem normalen Körperschaftssteuersystem in Bezug auf die Berechnung ihrer steuerpflichtigen Gewinne von einer Vorzugsbehandlung profitieren, was zu einer Ungleichbehandlung von Unternehmen führen würde, die sich im Hinblick auf die Zielsetzung eines solchen Systems, die darin besteht, die Gewinne aller Unternehmen, die seiner Steuerhoheit unterliegen, zu besteuern, in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden.

(227)

Um festzustellen, ob Luxemburg FFT einen selektiven Vorteil gewährt hat, muss die Kommission folglich prüfen, ob die von der Luxemburger Steuerbehörde durch den angefochtenen Steuervorbescheid gebilligte Methode für die Bestimmung der steuerpflichtigen Gewinne von FFT in Luxemburg von einer Methode abweicht, die zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis führt und somit dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Da die von der Luxemburger Steuerbehörde durch den angefochtenen Steuervorbescheid gebilligte Methode dazu führt, dass FFT nach dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystem weniger Steuern zu entrichten hat als nicht-integrierte Unternehmen, deren steuerpflichtige Gewinne nach diesem System vom Markt bestimmt werden, vertritt die Kommission die Auffassung, dass dieser Steuervorbescheid FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschafft.

(228)

Der Fremdvergleichsgrundsatz bildet deshalb notwendigerweise einen festen Bestandteil der Prüfung von den Unternehmen einer Gruppe gewährten steuerlichen Maßnahmen auf der Grundlage des Artikels 107 Absatz 1 AEUV, unabhängig davon, ob ein Mitgliedstaat diesen Grundsatz in seinem nationalen Rechtssystem verankert hat oder nicht. Er wird angewendet, um festzustellen, ob die steuerpflichtigen Gewinne eines einer Gruppe zugehörenden Unternehmens für die Zwecke der Berechnung der Körperschaftssteuer auf der Grundlage einer Methode berechnet wurden, die mit den Marktbedingungen vergleichbar ist, sodass das jeweilige Unternehmen im Rahmen des allgemeinen Körperschaftssteuersystems gegenüber nicht-integrierten Unternehmen, deren steuerpflichtiger Gewinn vom Markt bestimmt wird, keine Vorzugsbehandlung erfährt. Um jedes Missverständnis auszuräumen: Der Fremdvergleichsgrundsatz, den die Kommission im Rahmen ihrer beihilferechtlichen Würdigung anwendet, ist nicht der, der sich aus Artikel 9 des OECD-Musterabkommens ergibt, die ein unverbindliches Instrument darstellt. Es handelt sich um einen allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung im Bereich der Besteuerung, der in den Anwendungsbereich des Artikels 107 Absatz 1 AEUV fällt, der die Mitgliedstaaten bindet und dessen Anwendungsbereich einzelstaatliche Steuerbestimmungen nicht ausschließt (112).

(229)

In Erwiderung auf Luxemburgs Argument, dass die Kommission mit der Vornahme einer solchen Prüfung in Bezug auf die Auslegung des Luxemburger Rechts an die Stelle der nationalen Steuerbehörden tritt (113), erinnert die Kommission folglich daran, dass sie nicht prüft, ob der angefochtene Steuervorbescheid mit dem in Artikel 164 Absatz 3 L.I.R bzw. im Rundschreiben definierten Fremdvergleichsgrundsatz im Einklang steht, sondern dass sie festzustellen beabsichtigt, ob die Luxemburger Steuerbehörde FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV gewährt hat, indem sie einen Steuervorbescheid billigte, mit dem eine Gewinnzuweisung genehmigt wurde, die von der Höhe der Gewinne abweicht, die im Rahmen des allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystems besteuert worden wären, wenn dieselben Transaktionen von unabhängigen Unternehmen ausgeführt worden wären, die sie unter vergleichbaren Umständen nach dem Fremdvergleichsgrundsatz ausgehandelt hätten.

(230)

Schließlich erinnert die Kommission unter Bezugnahme auf das Argument von Luxemburg und FFT, demzufolge die Prüfung der durch den angefochtenen Steuervorbescheid genehmigten Verrechnungspreisvereinbarung durch die Kommission notwendigerweise begrenzt sein müsse, da die Verrechnungspreisgestaltung keine exakte Wissenschaft sei, erinnert die Kommission daran, dass der „approximative Charakter“ der Verrechnungspreise vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung zu betrachten ist. Während in Artikel 1.13 der OECD-Verrechnungspreisleitlinien in der Tat eingeräumt wird, dass die Verrechnungspreisgestaltung keine exakte Wissenschaft ist, heißt es dort auch: „Wichtig ist, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, auf der Basis zuverlässiger Informationen eine angemessene Schätzung des Ergebnisses eines dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechenden Geschäftsvorfalls zu erhalten.“ Zielsetzung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien ist es, zugunsten von Steuerverwaltungen und multinationalen Unternehmen für Steuerzwecke die am besten geeigneten Methoden der Schätzung von fremdvergleichskonformen Preisen für grenzübergreifende Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen zu ermitteln. Die Verfolgung dieser Zielsetzung wäre nicht möglich, wenn der approximative Charakter der Festsetzung der Verrechnungspreise genutzt werden könnte, um den Konsens über angemessene Methoden der Verrechnungspreisgestaltung, den diese Leitlinien verkörpern, unbeachtet zu lassen. Der approximative Charakter des Fremdvergleichsgrundsatzes kann deshalb nicht angeführt werden, um eine Verrechnungspreis-Analyse zu rechtfertigen, die entweder methodisch inkohärent ist oder auf einer unangemessenen Auswahl von Vergleichsdaten beruht.

(231)

Abschließend kann festgestellt werden: Wenn aufgezeigt werden kann, dass die Methode, die von der Luxemburger Steuerverwaltung mit dem angefochtenen Steuervorbescheid für die Bestimmung der steuerpflichtigen Gewinne von FFT in Luxemburg genehmigt wurde, von einer Methode abweicht, die zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes und damit fremdvergleichskonformes Ergebnis führt, verschafft der Steuervorbescheid FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV, da er dazu führt, dass FFT nach dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystem weniger Steuern zahlen muss als nicht-integrierte Unternehmen, deren Steuerbemessungsgrundlage durch die Gewinne bestimmt wird, die sie zu Marktbedingungen erwirtschaften.

7.2.2.2.   Einleitende Bemerkung: Bezüglich des Vorhandensein einer festen Steuerbemessungsgrundlage geäußerte Bedenken

(232)

Der erste von der Kommission im Einleitungsbeschluss geäußerte Zweifel bezieht sich darauf, dass die mit dem angefochtenen Steuervorbescheid genehmigte Steuerbemessungsgrundlage von FFT eine feste Bandbreite aufzuweisen scheint. Ferner zeigen die während der förmlichen Prüfung eingereichten Unterlagen, dass die Steuerbemessungsgrundlage von FFT auf 2 Mio. EUR pro Jahr festgelegt war, bevor der angefochtene Steuervorbescheid genehmigt wurde. Wenngleich FFT kraft des Rundschreibens seinen vorherigen Antrag auf der Grundlage eines Verrechnungspreis-Berichts erneuern musste, führte der im Hinblick auf den angefochtenen Steuervorbescheid erstellte Verrechnungspreis-Bericht in Bezug auf die Steuerbemessungsgrundlage zu einem Ergebnis, das mit dem zuvor genehmigten Pauschalbetrag nahezu übereinstimmte.

(233)

Aufgrund einer Klarstellung, die Luxemburg während des Verwaltungsverfahrens übermittelte und in der das Land erklärte, dass mit dem angefochtenen Steuervorbescheid eine Methode, nicht aber eine feste Bandbreite genehmigt worden sei (114), sowie aufgrund von Daten, die zeigen, dass die Steuerbemessungsgrundlage von FFT in den Jahren 2012 und 2013 niedriger war als die untere Grenze der durch den angefochten Vorbescheid mutmaßlich vereinbarten Bandbreite (115), vertritt die Kommission jedoch die Ansicht, dass dieser Zweifel ausgeräumt werden konnte.

7.2.2.3.   Die dem angefochtenen Steuervorbescheid zugrunde liegenden methodologischen Entscheidungen, Parameter und Anpassungen.

(234)

Der angefochtene Steuervorbescheid akzeptiert eine Methode der Festlegung einer Zuweisung der Gewinne zugunsten von FFT, die auf einer vom Steuerberater von FFT erstellten Verrechnungspreis-Analyse beruht, in der der Steuerberater eine Vergütung für die von FFT wahrgenommenen gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Funktionen sowie für das von FFT übernommene Risiko berechnet.

(235)

Dieser Verrechnungspreis-Analyse liegen verschiedene methodologische Entscheidungen zugrunde: i) die Entscheidung, für die Schätzung des steuerpflichtigen Gewinns von FFT in Luxemburg die TNMM anzuwenden; ii) die Entscheidung, als Gewinnindikator im Rahmen der TNMM das Kapital zu verwenden; iii) die Entscheidung, die Rahmenvereinbarung Basel II für die Berechnung dieses Kapitals zugrunde zu legen und iv) die Entscheidung, das auf den Preisen der Anteile basierende CAPM für die Ermittlung einer für dieses Eigenkapital erforderlichen Rendite zu verwenden.

(236)

Wie in den Erwägungsgründen 241 bis 301 erläutert, wurde (Entscheidung i) die TNMM unter den fünf in den OECD-Leitlinien beschriebenen und ausführlich untersuchten Methoden ausgewählt. Die OECD-Leitlinien behandeln auch die Entscheidung ii eines Gewinnindikators für die Zwecke der Anwendung der TNMM. Allerdings werden die nachfolgenden methodologischen Entscheidungen iii und iv nicht von den OECD-Leitlinien abgedeckt.

(237)

Der Steuerberater von FFT fährt dann mit einer Auswahl mehrerer Parameter fort, d. h., mit konkreten Zahlen, die zur Schätzung des zu vergütenden Eigenkapitals (in Bezug auf Entscheidung iii) und der Höhe der für dieses Eigenkapital erforderlichen Rendite für dieses Kapital (in Bezug auf Entscheidung iv) verwendet werden. Hinsichtlich des zu vergütenden Kapitalbetrags wählt der Steuerberater Parameter für die Gewichtung der Risiken und die Mindestkapitalanforderung, um die hypothetische regulatorische Eigenmittelausstattung von FFT zu schätzen. Hinsichtlich der erforderlichen Höhe der Rendite, die auf dieses Kapital anzuwenden ist, wählt der Steuerberater die für die Zwecke der Anwendung des CAPM erforderlichen Parameter für einen risikofreien Satz, einen Beta-Faktor und eine Marktprämie (116).

(238)

Schließlich optiert der Steuerberater dafür, nicht die Gesamthöhe des Eigenkapitals von FFT bei der Berechnung einer fremdvergleichskonformen Vergütung zu berücksichtigen: So zieht er von dem Eigenkapital den Betrag der Beteiligungen ab, die FFT an FFNA und FFC hält, und berechnet auf den verbleibenden Betrag eine Vergütung für die wahrgenommenen Funktionen (117). Diese Entscheidungen scheinen sich jedoch nicht auf Parameter zu beziehen. Sie scheinen vielmehr Anpassungen in der Methode für die Bestimmung der Zuweisung der Gewinne zugunsten von FFT darzustellen, die keiner der allgemein verwendeten Methoden entsprechen.

(239)

Auf der Grundlage dieser methodologischen Entscheidungen, der Wahl der Parameter für deren Anwendung und der Anpassungen […] ermittelt der Steuerberater die Vergütung für die gruppeninternen Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten von FFT; im angefochtenen Steuervorbescheid wird anerkannt, dass diese Vergütung mit dem Rundschreiben und dem Fremdvergleichsgrundsatz im Einklang steht.

(240)

In den Erwägungsgründen 241 bis 301 erläutert die Kommission, warum sie erachtet, dass mehrere dieser Entscheidungen über Methoden, Parameter und Anpassungen […] dazu führen, dass die von FFT nach dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftsteuersystem zu entrichtenden Steuern niedriger sind als die Steuern, die nicht-integrierte Unternehmen, deren steuerpflichtige Gewinne auf der Grundlage von zu Marktbedingungen abgeschlossenen Transaktionen bestimmt werden, zu entrichten hätten, und warum der angefochtene Steuervorbescheid damit durch Genehmigung dieser Entscheidungen und Anpassungen FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV gewährt, indem er vom Fremdvergleichsgrundsatz abweicht.

7.2.2.4.   Die Wahl der TNMM und die Funktionsanalyse im Verrechnungspreis-Bericht

(241)

Im Hinblick auf Entscheidung i wird die mit dem angefochtenen Steuervorbescheid gebilligte Vergütung für die wahrgenommenen Funktionen und das von FFT übernommene Risiko vom Steuerberater anhand der TNMM geschätzt (118). Diese Methode ist eine der fünf in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien beschriebenen und ausführlich behandelten Methoden. Die genannten Leitlinien schreiben grundsätzlich vor, dass die Methode auszuwählen ist, die für die Schätzung von auf dem Fremdvergleichsgrundsatz beruhenden Verrechnungspreisen am besten geeignet ist (119).

(242)

Damit eine Methode zu einem effektiven Resultat führt, sind für ihre Anwendung außerdem einer oder mehrere Parameter erforderlich. Die Wahl der Methode und der Parameter darf keine willkürliche Entscheidung darstellen. Wenn diese Entscheidung dem alleinigen Ermessen des Steuerpflichtigen überlassen wird, würde dies integrierte, grenzübergreifende Gruppen gegenüber Unternehmen, die Transaktionen auf dem Markt durchführen, begünstigen. Die Ersteren könnten die Methode und die Parameter der Festsetzung der Preise für gruppeninterne Transaktionen zu Zwecken der Berechnung ihrer Steuerbemessungsgrundlage selbst wählen, während die Letzteren Transaktionen zu Marktkonditionen ausführen und nicht die Möglichkeit haben, ihre Steuerbemessungsgrundlage anzupassen. Diesen Entscheidungen muss deshalb das Ziel zugrunde liegen, für gruppeninterne Transaktionen einen fremdvergleichskonformen Preis zu gewährleisten.

(243)

Wenn jedoch ein fremdvergleichskonformer Preis für den Zweck der Verrechnungspreisgestaltung geschätzt wird, bedeutet die Anwendung einer zweitbesten Methode nicht automatisch einen Vorteil für integrierte, länderübergreifende Gruppen. Wenn eine solche Methode gewählt wird, die Methode aber mit einem übertrieben konservativen Parametersatz angewandt wird, kann die berechnete Vergütung zu einem Ergebnis führen, das in diesem spezifischen Fall dem marktbasierten Ergebnis entspricht, oder zu einer übertriebenen Steuerlast führen, sodass ein Steuervorbescheid, der diese zweitbeste Methode akzeptiert, keinen Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschaffen würde.

(244)

Selbst wenn dagegen die am besten geeignete Methode gewählt wird, kann die mit dieser Methode ermittelte Vergütung die vom Steuerpflichtigen zu entrichtende Steuerhöhe unterschätzen und ihm damit einen Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschaffen, wenn die Methode in Verbindung mit übertrieben günstigen Parametern angewandt wird.

(245)

Im Einleitungsbeschluss äußerte die Kommission Bedenken, dass die TNMM möglicherweise nicht die am besten geeignete Methode für die Bestimmung einer fremdvergleichskonformen Vergütung und somit des steuerpflichtigen Gewinns von FFT ist. Im Vergleich zu den anderen vier in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien dargelegten Methoden ist die CUP-Methode direkter und würde im Falle ihrer Anwendung eine verlässlichere Annäherung an ein Marktergebnis ermöglichen.

(246)

Angesichts der im Laufe des förmlichen Prüfverfahrens eingereichten Informationen akzeptiert die Kommission jedoch FFTs Argument, dass die CUP-Methode im Fall von FFT möglicherweise nicht die am besten geeignete Methode sein könnte. Aus diesen Informationen geht hervor, dass FFT Transaktionen mit verschiedenen Gegenparteien der Fiatgruppe abschließt und dass die anwendbaren Zinsen, die Form und die Fälligkeit der bereitgestellten Darlehen und der von FFT emittierten Anleihen variieren, selbst wenn der Rang der einschlägigen Instrumente einheitlich zu sein scheint. Da folglich die Anwendung der CUP-Methode für den Zweck der Verrechnungspreisgestaltung erfordern würde, für jedes einzelne von FFT bereitgestellte Darlehen vergleichbare Transaktionen zu finden, scheint die Entscheidung des Steuerberaters, die TNMM anzuwenden, um eine fremdvergleichskonforme Vergütung für die wahrgenommenen Funktionen und das von FFT übernommene Risiko zu schätzen, angemessen.

(247)

Darüber hinaus erkennt die Kommission an, dass die Verrechnungspreis-Analyse im Falle von FFT auf einer Eigenkapitalrendite basiert, was einen akzeptablen Leistungsindikator für den Finanzsektor darstellt, und dass die von FFT wahrgenommenen Funktionen mit denen von Finanzinstituten vergleichbar sind. Die Komplexität der Aktiva- und Passivastruktur von FFT zeigt in der Tat, dass FFT eine Funktion der Fristentransformation sowie eine Finanzvermittlerfunktion wahrnimmt, da FFT sich im Hinblick auf die Erfüllung des Finanzierungsbedarfs der Gruppe an externe Investoren wendet (120). So betrachtet die Kommission die Verwendung der TNMM für Zwecke der Verrechnungspreisfestsetzung im Fall von FFT als eine angemessene Entscheidung.

7.2.2.5.   Der zu vergütende Eigenkapitalbetrag

(248)

Wenngleich die Kommission erachtet, dass die Verwendung der TNMM durch den Steuerberater im Fall von FFT angemessen ist, ist sie der Auffassung, dass mehrere der methodologischen Entscheidungen sowie der Entscheidungen für bestimmte Parameter und […] Anpassungen, die der Steuerberater bei der Anwendung der Methode getroffen hat, für die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT in Luxemburg unangebracht sind.

7.2.2.6.   Die Verwendung der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel als Indikator für die Gewinnhöhe

(249)

Die Kommission ist nicht der Auffassung, dass die regulatorischen Eigenmittel, die der Steuerberater bei der Anwendung der TNMM zur Schätzung einer fremdvergleichskonformen Vergütung für die von FFT wahrgenommenen Funktionen gewählt hat, einen geeigneten Indikator für die Gewinnhöhe bilden. Sie ist vielmehr der Ansicht, dass die Entscheidung des Steuerberaters, die TNMM in Verbindung mit einer anhand des CAPM geschätzten Kapitalrendite zu verwenden, bedingt, dass das bilanzielle Eigenkapital von FFT als Indikator für die Gewinnhöhe verwendet wird, auf den eine Kapitalrendite angewandt wird, um diese Vergütung zu berechnen, wenn das Resultat eine verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis darstellen soll.

(250)

Um sicherzustellen, dass die Steuerbemessungsgrundlage von FFT eine verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis in Übereinstimmung mit dem Fremdvergleichsgrundsatz wiedergibt, sollte die Methode, die angewandt wird, um eine fremdvergleichskonforme Vergütung für die von FFT wahrgenommenen Funktionen zu ermitteln, aus bilanzieller Sicht methodisch kohärent sein, was bei den vom Steuerberater getroffenen Entscheidungen nicht der Fall ist.

(251)

Im Verrechnungspreis-Bericht heißt es, dass die geschätzte Steuerbemessungsgrundlage von FFT aus zwei Komponenten besteht: einer „Risikovergütung“ und einer „Vergütung für die wahrgenommenen Funktionen“ (121). Der Steuerberater bestimmt die erste Komponente, die Risikovergütung von FFT, durch Multiplikation eines geschätzten zu vergütenden Kapitalbetrags — wobei die Schätzung auf der Berechnung der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT in Analogie zur Rahmenvereinbarung Basel II beruht — (122) mit einer auf der Grundlage des CAPM geschätzten erforderlichen Kapitalrendite.

(252)

Die Schätzung auf der Grundlage des CAPM beruht jedoch auf einer theoretischen erforderlichen Rendite auf Eigenkapitalanlagen, und der bei dieser Berechnung verwendete Beta-Faktor basiert auf einer Variation der Rendite des Aktienkurses der Unternehmen (oder der Eigenkapitalrenditen) (123). Aus diesem Grund ist das Ergebnis der CAPM-Berechnung im Aufbau eher eine Eigenkapitalrendite als eine Rendite auf andere Arten von Eigenkapital, wie hypothetische regulatorische Eigenmittel, die durch analoge Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II ermittelt werden (124).

(253)

Eine Eigenkapitalrendite ist eine Rentabilitätskennzahl. Das Eigenkapital wird durch den Nettogewinn eines Unternehmens vergütet, das heißt der Einnahmen abzüglich aller im Geschäftsverlauf anfallenden Aufwendungen, aber auch abzüglich aller an die Gläubiger gezahlten finanziellen Aufwendungen. Dieser Nettogewinn ist somit der Gewinn, der dem Unternehmen bleibt, um seine Anteilseigner zu vergüten: Er stellt eine Eigenkapitalrendite dar, die entweder durch Ausschüttung oder durch Erhöhung des Unternehmenswertes zum Ausdruck kommt. Aus Gründen der Kohärenz sollte die Eigenkapitalrendite daher dem Nettobuchgewinn, der nach Zahlung aller anderen Aufwendungen für die Anteilseigner verbleibt, geteilt durch den Buchwert der Anteile, die durch den Gewinn vergütet werden, entsprechen.

(254)

Dagegen ist es nicht kohärent, für die Vergütung der regulatorischen Eigenmittel den Nettobuchgewinn des Unternehmens zu berücksichtigen. Die regulatorischen Eigenmittel sind die durch eine Regulierungsbehörde vorgenommene Schätzung einer Mindestkapitalausstattung, die eine Bank oder ein anderes Finanzinstitut aufrechterhalten muss; sie begründen als solche keinen Anspruch in demselben Verhältnis auf die Gewinne des beaufsichtigten Unternehmens. Darüber hinaus müssen Finanzinstitute diese Kapitalausstattung jederzeit aufrechterhalten. In der Praxis verfügen sie im Allgemeinen über mehr Eigenkapital als die erforderliche Kapitalausstattung, um einen Puffer zu haben, mit dem sie sicherstellen, im Fall von Verlusten nicht gegen die Eigenkapitalvorschriften zu verstoßen, was wiederum zu einer Verringerung der verfügbaren Eigenmittel führt. Das gesamte Eigenkapital, das über die Mindestanforderung hinausgeht, muss aus der Perspektive der Investoren in gleicher Weise vergütet werden.

(255)

Um folglich in buchhalterischer Hinsicht eine methodologische Kohärenz und somit eine verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis sicherzustellen, hätte der Steuerberater von FFT auf das bilanzielle Eigenkapital von FFT die nach dem CAPM berechnete Eigenkapitalrendite anwenden müssen. Die horizontalen Pfeile in der nachfolgenden Abbildung illustrieren die Ansätze, die aus methodologischer Sicht kohärent wären: der diagonale Pfeil zeigt den von FFTs Steuerberater angewandten Ansatz:

Image 2

Renditemaßnahmen

Kapitalbasis

Kapitalrendite (RoE) = Gewinn / IFRS Eigenkapital

Geschätzt von FFT anhand des CAPM, wobei das β auf einer Stichprobe von 66 Unternehmen basiert

IFRS Eigenkapital

In der Bilanz von FFT verfügbar

Rendite der regulatorischen Eigenmittel = Gewinn / Regulatorische Eigenmittel

Keine Schätzungen übermittelt

Regulatorische Eigenmittel entsprechend der Rahmenvereinbarung Basel II

FTT hat eine inkorrekte Schätzung der regulatorischen Eigenmittel übermittelt

(256)

Durch Anwendung einer inkohärenten Methodologie, die darin besteht, eine Eigenkapitalrendite auf die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT anzuwenden, gelangt der Steuerberater von FFT zu einer geschätzten Höhe der Vergütung für die von FFT ausgeführten Funktionen und für die vom Unternehmen übernommenen Risiken, die keine verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis darstellt. Die mangelnde Kohärenz hat eine erhebliche Auswirkung auf die von FFT in Luxemburg zu versteuernde Vergütung. Im Jahr 2011 betrug das bilanzielle Eigenkapital von FFT 287,5 Mio. EUR, aber der Steuerberater von FFT verwendet bei der Anwendung der TNMM die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel in Höhe von 28,5 Mio. EUR als Indikator für die Gewinnhöhe. Dadurch, dass der Steuerberater die von ihm auf der Grundlage des CAPM geschätzte Eigenkapitalrendite auf die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT und nicht auf das bilanzielle Eigenkapital anwendet, erreicht er, dass die von FFT in Luxemburg steuerpflichtige Vergütung durch zehn geteilt wird (125). Mit anderen Worten: Die vom Steuerberater gewählte Methodik führt dazu, dass die Steuerbemessungsgrundlage von FFT in Luxemburg geringer ist als die von nicht-integrierten Unternehmen, deren steuerpflichtigen Gewinne von Marktbedingungen bestimmt werden.

(257)

Da die Höhe der Eigenmittel von FFT feststellbar sind und das CAPM eine Schätzung der Eigenkapitalrendite ermöglicht, hätte der Steuerberater bei der Anwendung der TNMM das bilanzielle Eigenkapital von FFT anstelle einer hypothetischen Höhe seiner regulatorischen Eigenmittel verwenden müssen, um die Steuerbemessungsgrundlage von FFT in Luxemburg nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu bestimmen.

(258)

Die Kommission weist das von FFT vorgebrachte einschlägige Argument zurück, demzufolge die tatsächliche Höhe der Eigenmittel von FFT für die Zwecke der Ermittlung der Verrechnungspreise nicht berücksichtigt werden sollte, da sie aus historischen Entscheidungen resultiere (126). Dieses Argument impliziert, dass die Höhe des bilanziellen Eigenkapitals von FFT aus historischen Gründen zu hoch sei und nicht entsprechend vergütet werden müsse. Dieses Argument ist jedoch mit den Marktanforderungen nicht vereinbar, da eine suboptimale Höhe des Eigenkapitals auf einem Wettbewerbsmarkt nicht tragfähig ist. Tatsächlich ist es für Unternehmen teurer, Eigenkapital zu vergüten als Fremdkapital. Wenn also ein dem freien Wettbewerb unterliegendes Unternehmen aus historischen Gründen überkapitalisiert ist, so wie von FFT angegeben, so würde es das überschüssige Eigenkapital an seine Anteilseigner zurückgeben (zum Beispiel durch Aktienrückkauf oder -ausgabe), da solche Mittel in alternativen Investitionsmöglichkeiten wirksamer eingesetzt werden könnten. Unternehmen, die dem freien Wettbewerb unterliegen, sind verpflichtet, bei der Berechnung ihrer Steuerbemessungsgrundlage die Gesamtheit des von ihren Aktionären bereitgestellten Eigenkapitals in einer Höhe zu vergüten, die mit den Marktanforderungen übereinstimmt.

(259)

Die OECD-Verrechnungspreisleitlinien zeigen ihrerseits, dass die Kapitalrendite bei der Anwendung der TNMM auf kapitalintensive Finanztätigkeiten ein guter Indikator für die Gewinnhöhe (127) ist. Die OECD-Verrechnungspreisleitlinien nehmen ferner Bezug auf das „eingesetzte Kapital“ als möglichen Indikator für die Gewinnhöhe bei der Anwendung der TNMM (128). Wenngleich der Begriff „eingesetztes Kapital“ in den OECD-Leitlinien nicht genauer definiert wird, scheint es keiner in den Rahmenvereinbarungen Basel II- oder Basel III oder den einschlägigen Umsetzungsrichtlinien verwendeten Definition für die regulatorischen Eigenmittel zu entsprechen.

(260)

Das Rundschreiben definiert auch das Kapital, das bei der Anwendung der TNMM als Indikator für die Gewinnhöhe zu verwenden ist, nicht näher (129). Das Rundschreiben unterscheidet zwischen zwei möglichen Grundlagen für die Vergütung der Finanzierungs- und Treasury-Funktionen. Hierbei handelt es sich um den Wert der gewährten Darlehen und das Volumen der verwalteten Vermögenswerte (130). Wenngleich FFT die TNMM mit hypothetischen regulatorischen Eigenmitteln als Grundlage wählt, entscheidet sich FFT nicht für eine Vergütung, die direkt auf dem Wert der gewählten Darlehen beruht, während die verwalteten Vermögenswerte sich auf Aktiva beziehen, die im Namen von Drittparteien (z. B. Fondmanager) gehalten werden, eine Funktion, die von FFT grundsätzlich nicht wahrgenommen wird.

(261)

Während das bilanzielle Eigenkapital im Finanzsektor gemeinhin als Grundlage für die Berechnung der Rentabilität eines Unternehmens verwendet wird, akzeptiert die Kommission grundsätzlich, dass eine andere Kapitalgrundlage für die Anwendung der TNMM zum Zweck der Ermittlung der Verrechnungspreise verwendet wird, sofern die für die Ermittlung der Vergütung für gruppeninterne Transaktionen angewandte Methode kohärent ist. Allerdings ist die Kommission im konkreten Fall von FFT der Ansicht, dass die Entscheidung des Steuerberaters, für diesen Zweck die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT zu verwenden, aus den nachfolgend dargelegten Gründen nicht geeignet ist, um eine verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis zu erzielen.

(262)

Erstens: Da FFT keine regulierte Finanzentität ist, auf die die Rahmenvereinbarung Basel II anwendbar ist, ist es schwierig, die Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II für die Schätzung der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel zu prüfen, wenn die Rahmenvereinbarung Basel II nur zu Steuerzwecken verwendet wird. In der Rahmenvereinbarung Basel II werden die verlangten regulatorischen Eigenmittel als Anteil an den von dem Institut gehaltenen Vermögenswerten definiert, die nach dem jedem einzelnen Vermögenswert zugrunde liegenden Risiko gewichtet werden. Die zu regulatorischen Zwecken durchgeführte Gewichtung der mit jedem einzelnen Vermögenswert verbundenen Risiken ist vor allem vom Rating der Gegenpartei abhängig, aber auch von anderen Kriterien, die jeweils Vermögenswert für Vermögenswert bewertet werden. Der Aufwand, der für die Verwaltung damit verbunden ist, die Gewichtung der mit jedem einzelnen Vermögenswert verbundenen Risiken zu prüfen, übersteigt den Rahmen ihrer Beaufsichtigung, wenn diese Gewichtung dazu dient, die Steuerbemessungsgrundlage für Zwecke der Verrechnungspreisgestaltung und nicht die Mindestkapitalanforderungen zu berechnen. Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass die so ermittelten Ergebnisse von der Steuerverwaltung leicht überprüft werden und als verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis, das mit dem Fremdvergleichsgrundsatz im Einklang steht, betrachtet werden können.

(263)

Zweitens: Da die Rendite der regulatorischen Mindesteigenmittel kein allgemein verwendeter Leistungsindikator im Finanzsektor ist, werden Mittelwerte der Rendite auf regulatorische Mindesteigenmittel in der Regel nicht analysiert und sind nicht verfügbar (131). Aus diesem Grund würde ein Ergebnis, das durch Anwendung dieser Kapitalbasis erzielt wurde, mit Sicherheit eine weniger verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis bieten als die Anwendung des bilanziellen Eigenkapitals als Indikator für die Gewinnhöhe, auf die eine den Branchenstandards entsprechende Kapitalrendite angewandt wird.

(264)

Drittens: Die 66 Vergleichswerte, die vom Steuerberater für die Schätzung einer Eigenkapitalrendite anhand des CAPM ausgewählt wurden, sind eindeutig nicht geeignet, um die durchschnittlichen regulatorischen Eigenmittel in der Branche oder die erforderliche Rendite dieses Kapitals zu schätzen. Mehrere dieser Unternehmen sind keine regulierten Entitäten, die den Baseler Rahmenvereinbarungen unterliegen (wie z. B. Börsen). Deshalb könnten diese Unternehmen keine Schätzung ihrer regulatorischen Eigenmittelanforderungen berechnen, und es wäre nicht möglich, die regulatorischen Mindestanforderungen für jedes nicht regulierte Institut allein auf der Grundlage der veröffentlichen Informationen zu schätzen.

(265)

Darüber hinaus hätte der Steuerberater bei Anwendung des bilanziellen Eigenkapitals als Gewinnindikator im vorliegenden Fall keine separate „Vergütung für die wahrgenommenen Funktionen“ berechnen müssen, die die zweite Komponente der geschätzten Steuerbemessungslage von FFT in Luxemburg ist und die an sich auf keiner soliden Methode zu beruhen scheint, wie in Erwägungsgrund 80 des Einleitungsbeschlusses erklärt wird. Tatsächlich scheint das Kapital, das der Steuerberater von FFT im Verrechnungspreis-Bericht als „für die Wahrnehmung der Funktionen eingesetzte Eigenmittel“ bezeichnet, keiner gebräuchlichen Eigenkapitalkomponente, die bei der Berechnung der Renditeanforderung im Rahmen einer Marktbewertung verwendet werden, zu entsprechen. Dieser Begriff wird im Verrechnungspreis-Bericht nicht definiert und es gibt keinen Hinweis darauf, dass ein solches, auf der vom Steuerberater verwendeten Bezeichnung basierendes Risiko, nicht durch eine der anderen Kategorien der regulatorischen Eigenmittel abgedeckt würde, z. B. das Eigenkapital zur Unterlegung des operativen Risikos, und insbesondere des Verfahrensrisikos, wenn die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT vom Steuerberater korrekt bewertet worden wären, was nicht der Fall ist. Weitere Bedenken bezüglich der Aufschlüsselung des Eigenkapitals in verschiedene Komponenten, auf die verschiedene Renditeniveaus, die bis Null gehen, angewandt werden, werden nachstehend in den Erwägungsgründen 277 bis 289 dargelegt.

(266)

Die Kommission kommt deshalb zu dem Schluss, dass der angefochtene Steuervorbescheid von einem marktbasierten, fremdvergleichskonformen Ergebnis abweicht, weil er die Entscheidung des Steuerberaters billigt, die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT bei der Anwendung der TNMM als Gewinnindikator zu verwenden, indem er auf sie eine auf der Grundlage des CAPM geschätzte Kapitalrendite anwendet, um eine Komponente der in Luxemburg steuerpflichtigen Gewinne von FFT zu berechnen. Da diese Methode dazu führt, dass die von FFT zu entrichtende Steuer nach dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystem geringer ist als die Steuer von nicht steuerlich integrierten Unternehmen, die Transaktionen zu Marktbedingungen tätigen (132), wäre die Auffassung zu vertreten, dass der angefochtene Steuervorbescheid FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschafft.

7.2.2.7.   Die inkohärente Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II in Bezug auf die Berechnung des Eigenkapitals

(267)

Unbeschadet der Einwände der Kommission gegen die Verwendung der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT bei der Anwendung der TNMM, ist die Kommission ferner der Auffassung, dass die inkohärente Art und Weise, mit der der Steuerberater von FFT die Rahmenvereinbarung Basel II in Analogie anwandte, um diese hypothetische Höhe der regulatorischen Eigenmittel zu ermitteln, FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschafft, da dies außerdem bewirkte, dass die von FFT nach dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystem zu entrichtenden Steuern niedriger waren als die von steuerlich nicht-integrierten Unternehmen, die ihre Transaktionen zu Marktbedingungen ausführen.

(268)

Eine korrekte Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II erfordert zunächst eine Schätzung der risikogewichteten Vermögenswerte von FFT und anschließend die Anwendung einer angemessenen regulatorischen Eigenmittelquote auf diese Schätzung. Der Steuerberater von FFT schätzt beide Elemente im Verrechnungspreis-Bericht zu niedrig ein.

(269)

Erstens sind die hypothetischen risikogewichteten Vermögenswerte von FFT falsch berechnet worden, da der Steuerberater den gruppeninternen Vermögenswerten ein Nullrisiko zuordnet (133). Wie aus Erwägungsgrund 123 klar hervorgeht, sind gruppeninterne Darlehen, die den größten Teil der Vermögenswerte von FFT darstellen, trotz der gegenteiligen Ausführungen von Luxemburg und FFT nicht risikofrei, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass diese Darlehen mit einem niedrigeren Risiko verbunden sind als Darlehen, die von Banken bereitgestellt werden. In Anbetracht der Tatsache, dass das Kredit- und das Kontrahentenrisiko in Fiats internem Dokument über die Verrechnungspreispolitik als „begrenzt“ und nicht als nichtexistent bezeichnet werden, ist eine Gewichtung der Risiken mit Null eindeutig unangemessen. Außerdem sind die hypothetischen risikogewichteten Vermögenswerte von FFT falsch berechnet worden, denn die Gewichtung von 20 % der Vermögenswerte Dritter ist weder von Luxemburg noch von FFT jemals begründet worden.

(270)

Wäre die im Jahr 2010 geltende durchschnittliche europäische Risikogewichtung der Bank-Vermögenswerte von 36 % als einschlägiges Vergleichssystem (134) (welches zum Zeitpunkt der Annahme des angefochtenen Steuervorbescheids zur Verfügung stand) auf das Gesamtvermögen von FFT in Höhe von 14 827 674 000 EUR angewendet worden, um zu veranschaulichen, was das korrekte Niveau der hypothetischen risikogewichteten Vermögenswerte von FFT hätte sein können, hätten diese hypothetischen risikogewichteten Vermögenswerte von FFT rund 5 338 000 000 EUR betragen. Wäre die Eigenmittelanforderungsquote von 8 %, die in der Baseler Rahmenvereinbarung vorgesehen ist, als Mindestkapitalausstattung gewählt worden, hätte FFT der Rahmenvereinbarung Basel II zufolge über hypothetische regulatorische Eigenmittel von mindestens 427 Mio. EUR verfügen müssen, und nicht über den vom FFT-Steuerberater geschätzten Mindestbetrag von 28,5 Mio. EUR, der im Verrechnungspreis-Bericht angegeben wurde.

(271)

Zweitens: Die Berechnung des von FFT eingegangenen Kredit- und Kontrahentenrisikos, die der Steuerberater in Analogie zur Rahmenvereinbarung Basel II (135) durchführt, der zufolge die Banken verpflichtet sind, Eigenmittel im Verhältnis zu ihren risikogewichteten Vermögenswerten zu halten, steht im Widerspruch zu dieser Rahmenvereinbarung. Um das Risikokapital von FFT im Rahmen der Verrechnungspreis-Analyse zu bestimmen, verwendet der Steuerberater von FFT für die Berechnung dieser Risiken eine Eigenmittelquote von 6 %, während die in der Rahmenvereinbarung vorgesehene korrekte Quote 8 % beträgt.

(272)

In Erwiderung auf die von der Kommission im Einleitungsbeschluss geäußerten einschlägigen Bedenken (136) begründete FFT die Quote von 6 % unter Verweis auf die Umsetzung der Anforderung auf nicht dem Bankensektor angehörende Finanzinstitute in Italien (137). Allerdings übermittelte FFT keine weiteren Angaben zu dieser Umsetzung und erläuterte auch nicht, warum eine Umsetzung durch den italienischen Gesetzesgeber in Luxemburg anzuwenden oder als Referenz zu verwenden sein sollte.

(273)

Während der Rahmenvereinbarung Basel II zufolge die Hälfte der geforderten 8 % aus Tier 2 Kapital bestehen konnte, scheint FFT über keine derartigen Eigenmittel zu verfügen, die zu regulatorischen Zwecken hätten verwendet werden können, wenn die Anforderung angewandt worden wäre. In Ermangelung anderer in Frage kommender Formen von verfügbarem Kapital hätten die 8 % durch Eigenmittel abgedeckt werden müssen.

(274)

Deshalb erhält die Kommission ihre Auffassung aufrecht, dass die Quote der Eigenmittelanforderung nach der Rahmenvereinbarung Basel II 8 % betragen muss, und dass die Tatsache, dass der Steuerberater eine Quote von 6 % verwendet hatte und dies von der Luxemburger Steuerverwaltung akzeptiert wurde, die in dem angefochtenen Steuervorbescheid erreichte Schlussfolgerung in Frage stellt, dass die sich daraus ergebende Zuweisung der Gewinne an FFT eine verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes, fremdvergleichskonformes Ergebnis bilde.

(275)

Hinsichtlich der vom Steuerberater durchgeführten Berechnung des operativen Risikos akzeptiert die Kommission zwar die Anwendung des Satzes von 15 % auf der Grundlage der von FFT (138) und Luxemburg (139) übermittelten Erklärungen, aber die Basis, auf die diese Marge von 15 % angewendet wurde, scheint nicht einer korrekten Schätzung des Bruttojahreseinkommens von FFT zu entsprechen. Der Steuerberater von FFT wendet diesen Prozentsatz lediglich auf das aus Bankeinlagen und Darlehen stammende Nettoeinkommen an (140), was nicht mit der von Luxemburg vorgegebenen Methode übereinstimmt (141), während alle gruppeninternen Tätigkeiten bei der Berechnung des jährlichen Bruttoeinkommens unberücksichtigt bleiben. Darlehen und Bankeinlagen machen jedoch nur einen kleinen Anteil der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von FFT aus.

(276)

Zusammengefasst gelangt die Kommission zu folgendem Schluss: Selbst wenn die hypothetischen regulatorischen Mindesteigenmittel bei der Anwendung der TNMM als Gewinnindikator hätten akzeptiert werden können, hat der Steuerberater diese Eigenmittel zu niedrig eingeschätzt, da er auf die Aktiva einen willkürlichen und niedrigen Gewichtungsfaktor anwendet (wobei er den größten Teil der Aktiva von der Risikogewichtung ausnimmt), da er eine niedrigere Quote als die von der Rahmenvereinbarung Basel II vorgegebene Mindestquote anwendet und da er das Einkommen aus den Vermögenswerten und Verbindlichkeiten der Gruppe nicht in das jährliche Bruttoeinkommen von FFT einbezieht. Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass der angefochtene Steuervorbescheid durch die Annahme dieser Entscheidungen von einem marktbasierten, fremdvergleichskonformen Ergebnis abweicht. Da diese Entscheidungen bewirken, dass die von FFT zu entrichtenden Steuern nach dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystem im Vergleich zu den von steuerlich nicht-integrierten Unternehmen, die Transaktionen zu Marktkonditionen ausführen, zu entrichtenden Steuern geringer ausfallen, wäre die Auffassung zu vertreten, dass der angefochtene Steuervorbescheid FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschafft.

7.2.2.8.   Unangemessene Abzüge von den zu vergütenden Eigenmitteln

(277)

Zusätzlich zur Unterschätzung der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT nimmt der Steuerberater mehrere Abzüge von den verbleibenden Eigenmitteln von FFT vor, die dazu führen, dass kein marktbasiertes Ergebnis erzielt wird. Wie aus Tabelle 2 hervorgeht, berechnet der Steuerberater einen von ihm als „Eigenmittel zur Unterlegung der wahrgenommenen Funktionen“ bezeichneten Betrag, indem er von den verbleibenden Eigenmitteln von FFT abzüglich der zu niedrig eingeschätzten hypothetischen regulatorischen Eigenmittel die vom Steuerberater als „Eigenmittel zur Unterlegung der Beteiligungen an FFNA und FFC“ bezeichneten Eigenmittel abzieht. Wären die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT jedoch richtig geschätzt worden, wäre das Eigenkapital wahrscheinlich nicht über die regulatorischen Eigenmittel hinausgegangen (142). Aus diesem Grund wäre keine dieser beiden geschätzten Eigenmittelkomponenten anwendbar gewesen.

(278)

Ungeachtet dieser Feststellung ist die Kommission ferner der Ansicht, dass die Entscheidung des Steuerberaters, die von ihm als „Eigenmittel zur Unterlegung der Beteiligungen an FFNA und FFC“ bezeichnete Eigenmittelkomponente bei der Schätzung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT zu isolieren und ihr eine Vergütung von „Null“ zuzuweisen, unangemessen ist (143), da sie dazu führt, dass die Steuerverbindlichkeiten von FFT nach dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystem geringer sind als die von steuerlich nicht-integrierten Unternehmen, die ihre Transaktionen zu Marktbedingungen abwickeln.

(279)

Vorab ist festzustellen, dass es nicht klar ist, ob es sich bei der Entscheidung des Steuerberaters, die beiden Eigenkapitalkomponenten zu trennen, um eine vermeintliche Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II handelt, oder ob der Abzug der Beteiligungen an FFNA und FFC durch den Steuerberater eine Ad-hoc-Berichtigung war, wobei er die Beteiligungen zwecks Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage auch dann vom Eigenkapital von FFT abgezogen hätte, wenn er bei der Anwendung der TNMM korrekterweise das bilanzielle Eigenkapital von FFT als Gewinnindikator gewählt hätte. Wie in Erwägungsgrund 238 ausgeführt, ist dies darauf zurückzuführen, dass der Steuerberater sich bei der Aufschlüsselung des Eigenkapitals von FFT in drei Komponenten auf keine üblicherweise verwendete Methode zu stützen scheint (144).

(280)

Jedenfalls ist die Entscheidung des Steuerberaters, dem als „Eigenmittel zur Unterlegung der Beteiligungen an FFNA und FFC“ bezeichneten Komponente des Eigenkapitals eine Vergütung von „Null“ zuzuweisen, aus den in Erwägungsgründen 281 bis 290 erläuterten Gründen nicht angemessen. Da diese Entscheidung zu einer ungerechtfertigten Verringerung des zu vergütenden Eigenkapitals und damit auch der Steuerbemessungsgrundlage von FFT führt, kann keine auf dieser Entscheidung beruhende Methode der Verrechnungspreisermittlung als verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes und fremdvergleichskonformes Ergebnis angesehen werden.

(281)

Erstens: Luxemburgs Argumente bezüglich der Abzugsfähigkeit der Beteiligungen an anderen Kreditinstituten nach der Rahmenvereinbarung Basel II sind im Fall von FFT nicht zutreffend (145). Dies ist nicht nur deshalb der Fall, weil FFT kein reguliertes Institut ist, wie in Erwägungsgrund 262 dargelegt, sondern auch, weil die von Luxemburg und FFT zitierten Abschnitte der Rahmenvereinbarung Basel II auf nichtkonsolidierte Entitäten anwendbar sind, während FFNA und FFC im vorliegenden Fall konsolidierte Entitäten sind. Wie in Erwägungsgrund 112 erklärt, erstellt FFT in Luxemburg einen konsolidierten Jahresabschluss. Grundsätzlich wären die konsolidierten Eigenmittel höher als die Eigenmittel in den nicht konsolidierten Abschlüssen von FFT vor Abzug von Beteiligungen. Wenn Luxemburg und Fiat die regulatorischen Abzüge richtig und systematisch vorgenommen hätten, wäre das geschätzte Eigenkapital, auf das die Eigenkapitalrendite anwendbar gewesen wäre, höher gewesen und damit wäre auch die daraus resultierende Steuerbemessungsgrundlage von FFT in Luxemburg höher gewesen.

(282)

Zweitens ist in Bezug auf die Abzüge vom Eigenkapital auf der Grundlage der Rahmenvereinbarung Basel II und der Bewertung des bilanziellen Eigenkapitals von FFT in allgemeiner Hinsicht festzuhalten, dass Luxemburgs Argument, der Erwerb der Beteiligungen durch FFT sei ausschließlich mit Eigenkapital finanziert worden (146) und diese Form der Finanzierung führe automatisch dazu, dass diese Mittel nicht mehr für die Absicherung anderer, von FFT übernommener Risiken zur Verfügung stünden, von der Kommission nicht akzeptiert werden kann. Die Finanzierungsquellen werden — unabhängig davon, ob es sich um Eigenkapital oder um auf der Passivseite der Bilanz verbuchte Verbindlichkeiten handelt –keinem spezifischen Vermögenswert zugeordnet, es sei denn, dass besondere Rechtsvorschriften den Passivposten an einen Aktivposten oder eine Gruppe bestimmter Aktiva binden (dies ist z. B. bei Pfandbriefen der Fall). Wenn keine spezifische Forderung an die Passiva des Unternehmens gebunden ist, so tragen das Eigenkapital und die Passiva gemeinsam zur Finanzierung der Aktiva eines Unternehmens bei. Im Falle einer Insolvenz stünden diese Mittel zur Verfügung, um die sich aus den Aktiva von FFT ergebenden Verluste zu absorbieren — entgegen dem vorstehenden, von Luxemburg angeführten Argument. Die Tatsache, dass die im Verrechnungspreis-Bericht aufgeführten Beträge, die vom Eigenkapital von FFT abgezogen werden, dem Kaufpreis von FFNA und FFC entsprechen (147), hat keine Auswirkungen auf die Tatsache, dass Finanzierungsquellen grundsätzlich nicht spezifischen Aktiva zugeordnet werden können, was auf jeden beliebigen Beteiligungsbetrag zutreffen würde. Das Eigenkapital von FFT steht für die Gewährleistung der Solvenz von FFT voll zur Verfügung und müsste in Abhängigkeit von den Risiken, mit denen die Aktiva von FFT behaftet sind, voll vergütet werden.

(283)

Die Jahresberichte von FFT scheinen die Ausführungen Luxemburgs, dass diese Erwerbe aus Eigenkapital finanziert wurden, nicht zu bestätigen, wenn diese Ausführungen bedeuten sollen, dass die Gruppe FFT zusätzliches Eigenkapital bereitstellte, um FFNA und FFC zu erwerben. Tatsächlich betrug FFTs Eigenmittelausstattung (d. h. Gesellschaftskapital und Rücklagen) im Jahr 2010, vor dem Erwerb, 286 000 000 Mio. EUR und blieb im Jahr 2011, nachdem der Erwerb stattgefunden hatte, auf einem Niveau von 287 000 000 Mio. EUR.

(284)

Luxemburg macht ferner geltend, dass sich aus Beteiligungen ergebende Aufwendungen in Luxemburg nicht steuerlich abzugsfähig seien und dass Dividenden nicht besteuert würden (148). Da die Beteiligungen an FFNA und FFC durch Dividenden vergütet werden, dürften sie nicht besteuert und bei der Bewertung der wahrgenommenen Funktionen und der übernommenen Risiken berücksichtigt werden (149). Dieses Argument muss ebenso wie das ähnliche Argument von FFT zurückgewiesen werden (150). Die Kommission stellt in diesem Zusammenhang fest, dass FFNA und FFC während des Anwendungszeitraums des angefochtenen Steuervorbescheids keinerlei Dividenden gezahlt haben. Wenn allerdings eines der beiden Unternehmen Dividenden gezahlt hätte, so hätte dies nichts an der Berechnung der steuerpflichtigen Vergütung von FFT geändert, da diese Vergütung vom Steuerberater anhand der auf das Eigenkapital angewandten TNMM berechnet wurde. Bei der TNMM handelt es sich um eine geschäftsvorfallbezogene Gewinnmethode, die auf der Ebene des Eigenkapitals für die von FFT wahrgenommenen Treasury-Funktionen angewandt wird. Hätte der Steuerberater von FFT die CUP-Methode für die Festsetzung der Verrechnungspreise verwendet, so wären die einzelnen Transaktionen oder Vergütungsflüsse, wie individuelle Darlehen, oder wie im Fall von FFT, die Dividendenzahlungen für die Berechnung der steuerpflichtigen Vergütung von FFT relevant gewesen. Die CUP-Methode basiert auf der Festsetzung der Preise individueller Transaktionen, während die TNMM darauf abzielt, die Rentabilität einer Funktion einzuschätzen. Aus den in Erwägungsgrund 161 genannten Gründen ist der Steuerberater von FFT jedoch der Ansicht, dass die TNMM im Falle von FFT eine angemessenere Methode ist. Unter Verweis auf die Angemessenheit bestimmter Arten von Vergütungen, die für bestimmte Aktiva von FFT gezahlt werden (Dividenden), versuchen Luxemburg und FFT die CUP- und die TNMM-Methode zu kombinieren, um die steuerpflichtige Vergütung von FFT zu berechnen, ohne diese kombinierte Methode im Verrechnungspreis-Bericht zu begründen. In Anbetracht der Tatsache, dass der Steuerberater die Anwendung der TNMM in dem genannten Bericht begründete, würde die ohne weitere Begründung erfolgende Anwendung dieser Kombination nicht zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis führen.

(285)

Drittens: Bei der Anwendung der auf dem Eigenkapital basierenden TNMM sollte bei jeder Schätzung dieses Eigenkapitals sichergestellt werden, dass FFT im Einklang mit den Branchenstandards über eine ordnungsmäßige Kapitalausstattung verfügt. Dies ergibt sich auch aus dem im Rundschreiben befürworteten Ansatz, nach dem die von den gruppeninternen Finanzierungsgesellschaften wahrgenommenen Funktionen im Wesentlichen mit den von unabhängigen Finanzinstituten wahrgenommenen Funktionen vergleichbar sind.

(286)

Ende 2011, das heißt zu dem im Verrechnungspreis-Bericht genannten Bezugszeitpunkt, betrug die durchschnittliche Leverage-Ratio (Verschuldungsquote), die als das Verhältnis zwischen den Eigenmitteln der Kategorie 1 (Tier-1) zum Gesamtengagement definiert ist (151), nach der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde 2,9 % für die Banken der überwachten Gruppe 1 (größere europäische Banken) und 3,3 % für die Banken der überwachten Gruppe 2 (kleinere europäische Banken). Die Anwendung einer Leverage-Ratio (Eigenmittel/Gesamtaktiva) in Übereinstimmung mit den Branchenstandards (und der neuen Rahmenvereinbarung Basel III) zeigt, dass das IFRS-Eigenkapital von FFT den Markt nicht überstieg. Auf der Grundlage dieser Berechnung betrug die Leverage-Ratio von FFT [2-3 %] (152), […]. Mit anderen Worten: Die […] Höhe des Eigenkapitals von FFT erlaubt keinen Abzug, sei es für geschätzte überschüssige Eigenmittel oder jede andere Beteiligung, da solche Abzüge die Höhe des Eigenkapitals von FFT […] bringen würden.

(287)

Folglich erlaubte die Höhe der Kapitalausstattung von FFT keinerlei Verringerung des Eigenkapitals oder der hypothetischen regulatorischen Eigenmittel für Steuerzwecke (153), […]. Die in Erwägungsgrund 80 des Einleitungsbeschlusses bezüglich der Höhe des reduzierten Vergütungssatzes für überschüssige Eigenmittel geäußerten Bedenken sind in Anbetracht dieser Schlussfolgerung gegenstandslos, da eine differenzierte Vergütung nicht relevant ist.

(288)

Viertens: Die Tatsache, dass der bei der Berechnung einer Schätzung des zu vergütenden Kapitals im Rahmen der Verrechnungspreis-Analyse erfolgende Abzug der FFT-Beteiligungen an FFNA und FFC vom Eigenkapital von FFT inkohärent ist, zeigt sich in vollem Umfang bei der Anwendung derselben Methode auf die Konten von FF. Nach Fiats internem Dokument über die Verrechnungspreispolitik (154) wird die Vergütung von FFT und von FF für die Festsetzung der Darlehenspreise nach derselben Methode bestimmt, aber das Dokument beschreibt nur die Anwendung dieser Methode zum Zweck der genauen Schätzung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT. Wenn das zu vergütende Eigenkapital von FF nach der im Verrechnungspreis-Bericht auf FFT angewandten Methode geschätzt würde, hätte diese Schätzung im Jahr 2010, als FF die Beteiligungen an FFNA und FFC hielt, ergeben, dass das geschätzte Eigenkapital von FF negativ war (155). Ende 2010 betrug das Eigenkapital von FF 271 Mio. EUR, während der Gesamtwert der Beteiligungen, die von diesem Eigenkapital hätten abgezogen werden müssen, wenn die im angefochtenen Steuervorbescheid genehmigte Methode angewandt worden wäre, 358 Mio. EUR betrug. Das zu vergütende Eigenkapital von FF hätte daher minus 87 Mio. EUR betragen. Da der Wert der Beteiligungen höher war als das Gesamteigenkapital von FF, hätte die Schätzung des zu vergütenden Eigenkapitals nach der im Verrechnungspreis-Bericht für die Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT in Luxemburg verwendeten Methode ein negatives Eigenkapital ergeben, wie es bei insolventen Unternehmen der Fall ist. Da FF damals nicht insolvent war, reicht dies um aufzuzeigen, dass der Abzug der Beteiligungen vom Eigenkapital von FFT nicht die geeignete Methode für die Berechnung einer Schätzung des zu vergütenden Kapitals zwecks Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT in Luxemburg zu sein scheint.

(289)

Darüber hinaus würde sich dieses inkohärente Ergebnis auch dann ergeben, wenn FFT während der Laufzeit des angefochtenen Steuervorbescheids neue Beteiligungen erwirbt. Durch Genehmigung eines methodisch fehlerhaften Abzugs der Beteiligungen, könnte der angefochtene Steuervorbescheid dazu führen, dass FFT in Luxemburg überhaupt nicht besteuert wird, sofern der Wert der später erworbenen Beteiligungen dazu führt, dass das zu vergütende Kapital von FFT auf null oder sogar auf einen negativen Betrag gebracht wird. In diesem Fall könnten die von FFT wahrgenommenen gruppeninternen Finanzierungsfunktionen gleich bleiben, doch die Besteuerung wäre deutlich niedriger oder sogar gleich Null, wenn die mit dem angefochtenen Steuervorbescheid validierte Methode angewandt würde.

(290)

Wenn der Steuerberater von FFT die Rahmenvereinbarung Basel II für den Zweck der Verrechnungspreisgestaltung richtig angewandt hätte, wären diese Abzüge angesichts der gegenwärtigen Kapitalausstattung von FFT nicht möglich gewesen. Da es sich bei FFT jedoch nicht um eine regulierte Entität handelt, verfügen wir nicht über Informationen darüber, welche Höhe an risikogewichteten Vermögenswerten eine Regulierungsbehörde für Finanzinstitute für annehmbar gehalten hätte. Dieses hypothetische Niveau von regulatorischem Eigenmitteln würde es FFT auch nicht ermöglichen, Beteiligungen zu halten, wenn deren Wert von diesen Eigenmitteln abgezogen werden muss (156).

(291)

Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen zieht die Kommission den Schluss, dass der angefochtene Steuervorbescheid dadurch vom Fremdvergleichsgrundsatz abweicht, dass er den Vorschlag des Steuerberaters akzeptiert, eine auf der Grundlage des CAPM geschätzte Rendite auf hypothetische regulatorische Eigenmittel anzuwenden, wobei diese hypothetischen regulatorischen Eigenmittel infolge einer fehlerhaften Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II sowie unangemessener Abzüge, zu niedrig eingeschätzt werden. Da diese Abweichung dazu führt, dass die Steuerbemessungsgrundlage von FFT nach dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystem im Vergleich zu steuerlich nicht-integrierten Unternehmen, die ihre Transaktionen zu Marktbedingungen ausführen, verringert wird, ist die Auffassung zu vertreten, dass der angefochtene Steuervorbescheid FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschafft.

7.2.2.9.   Die Höhe der erforderlichen Rendite, welche auf das zu vergütende Kapital anzuwenden ist

(292)

Neben ihrer Schlussfolgerung, dass die Art und Weise, wie der Steuerberater von FFT bei der Anwendung der TNMM die geschätzte Höhe des zu vergütenden Kapitals ermittelt, inkohärent ist, vertritt die Kommission außerdem die Auffassung, dass die Art und Weise, wie der Steuerberater von FFT die geschätzte Höhe der auf diese Kapitalbasis anzuwendenden erforderlichen Rendite ermittelt, nicht zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis führt und deshalb aus den in den Erwägungsgründen 293 bis 300 dargelegten Gründen nicht im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz steht.

(293)

Erstens: Der vom Steuerberater gewählte Beta-Faktor von 0,29 für die Anwendung beim CAPM scheint nicht mit dem Beta-Faktor der Finanzsektor-Unternehmen im Einklang zu stehen, die in der Verrechnungspreis-Analyse als relevante Vergleichswerte betrachtet werden und die für die geschätzte Höhe der erforderlichen Rendite als Referenz hätten zugrunde gelegt werden müssen. Der Beta-Faktor dieser Unternehmen ist in vielen Fällen sehr hoch (s. Tabelle 3), oft deutlich höher als der Marktdurchschnitt von 1. So verweist die Kommission z. B. auf den Beta-Faktor des Banken-Teilindex Stoxx 50, der sich im Zeitraum vom 31. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2011 auf 1,36 belief (157), und auf die Tatsache, dass fast alle an diesem Teilindex teilnehmenden Banken einen Beta-Faktor von über 1 aufwiesen.

(294)

Zweitens: Die Liste mit 66 Unternehmen in Tabelle 3 enthält Unternehmen, die in Branchen tätig sind, die sich von der von FFT stark unterscheiden, und sie enthält sogar zwei Zentralbanken: die Banque Nationale de Belgique und die Schweizerische Nationalbank. Viele der in der Stichprobe enthaltenen Unternehmen führen spezielle Finanzierungstätigkeiten wie Leasing und Factoring durch, oder es handelt sich um Börsen und nicht um Banken (158), während viele europäische Banken, die grundsätzlich im Bereich der Großhandelsfinanzierungsgeschäfte tätig sind, nicht in der Stichprobe enthalten sind. Die vom Steuerberater für die Berechnung des Beta-Faktors ausgewählten Vergleichswerte sind deshalb für den Zweck, eine verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis zu erzielen, nicht angemessen.

(295)

Drittens: Ungeachtet der Eignung der Vergleichswerte in der von FFTs Steuerberater gewählten Stichprobe wird in der Verrechnungspreis-Analyse für die Berechnung des Beta-Faktors ohne jede Begründung nicht der Median, sondern das 25er Perzentil verwendet. Dadurch erhält FFT einen relativ niedrigen Beta-Faktor von 0,29, während der Median der Stichprobe einen Beta-Faktor von 0,64 ergeben hätte (159). Je größer die Probleme mit der Vergleichbarkeit sind, umso mehr sollte die Fremdvergleichs-Bandbreite, wie in Abschnitt 3.57 der OECD-Verrechnungspreisleitlinien dargelegt, der zentralen Tendenz der Stichprobe entsprechen.

(296)

Die Kommission stellt in dieser Hinsicht fest, dass der Beta-Faktor das nicht diversifizierbare Risiko einer Eigenkapitalrendite darstellt. Vor diesem Hintergrund dürften die Kreditportfolios von Banken grundsätzlich stärker diversifiziert sein als das von FFT, welches vor allem Automobilgesellschaften der Fiatgruppe umfasst. Deshalb kann die Auffassung vertreten werden, dass der Steuerberater von FFT für die Bestimmung des Beta-Faktors statt des 25er Perzentils ein höheres Element auf der Liste der Vergleichselemente hätte wählen müssen, das vermutlich über dem Median liegt.

(297)

Das Rundschreiben verweist in Bezug auf die Bestimmung einer angemessenen Vergütung ausdrücklich auf das Kontrahentenrisiko und speziell auf das Branchenrisiko, das hier durch FFTs Konzentration auf einen einzigen Sektor verstärkt wird. Obgleich im Rundschreiben nicht näher ausgeführt wird, wie diese Risiken bei der effektiven Berechnung der Vergütung zu berücksichtigen sind, steht die von FFTs Steuerberater gewählte Methode, der zufolge den mit gruppeninternen Darlehen (im Gegensatz zu Forderungen gegen Dritte) verbundenen Risiken keine Risikogewichtung zugewiesen wird, sodass sie keinerlei Anforderung in Bezug auf die Eigenmittel und keinerlei Vergütung nach sich ziehen, nicht mit dem Rundschreiben im Einklang. Aus diesem Grund können die Argumente bezüglich des reduzierten Risikos der Tätigkeiten von FFT nicht akzeptiert werden.

(298)

Ferner ist Fiats internem Dokument über die Verrechnungspreispolitik eine wichtige, im Verrechnungspreis-Bericht nicht aufgeführte Funktion zu entnehmen. Wie in Erwägungsgrund 123 angegeben, nimmt FFT nicht nur die im Bericht aufgeführten Funktionen wahr, sondern stellt auch Garantien zugunsten der Unternehmen der Fiat-Gruppe. Im Jahr 2013 beliefen sich diese Garantien auf insgesamt 10 Mio. EUR (160). Darüber hinaus wird im Dokument über die Verrechnungspreispolitik entgegen der Darstellung im Verrechnungspreis-Bericht ferner eingeräumt, dass die gruppeninternen Darlehen mit einem bestimmten Kontrahenten- und Kreditrisiko verbunden sind (161). […]

(299)

Was die FFT von Fiat S.p.A. bereitgestellten Garantien, die in Luxemburgs Anmerkungen genannt werden (162) betrifft, decken sie die Passiva von FFT, nicht aber seine Aktiva. Deshalb kommen sie den Inhabern der emittierten garantierten Schuldverschreibungen zugute, reduzieren das mit den Aktiva von FFT verbundene Risiko jedoch nicht. Der sich durch die Garantie auf die von Fiat S.p.A. emittierten Anleihen und Schuldverschreibungen ergebende Gewinn wird mittels des in Erwägungsgrund 124 beschriebenen Preisgestaltungsmechanismus an die Unternehmen der Gruppe weitergeleitet. Die Preise der Darlehen für die Unternehmen werden unter Anwendung einer Marge der Finanzierungskosten der Finanzierungsgesellschaften berechnet, die den durch die Garantie des Mutterunternehmens unter Umständen generierten Gewinn widerspiegelt.

(300)

Angesichts dieser Feststellungen ist die Kommission der Ansicht, dass weder die impliziten noch die expliziten Garantien die von FFT bei der Wahrnehmung seiner Funktionen übernommenen Risiken wesentlich verringern. Dieses Risiko ist höher als im Verrechnungspreis-Bericht angegeben, da den Unternehmen der Gruppe Garantien gewährt werden, die zu erheblichen außerbilanziellen Risiken führen, sodass ein Beta-Faktor oberhalb des 25er Perzentils hätte gewählt werden müssen.

(301)

Abschließend vertritt die Kommission die Auffassung, dass der angefochtene Steuervorbescheid durch Genehmigung der Entscheidung des Steuerberaters für einen Beta-Faktors von 0,29 für die Anwendung des CAPM für die Bestimmung der auf die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von FFT anzuwendenden Eigenkapitalrendite, zu einer Gewinnzuweisung zugunsten von FFT führt, die von fremdvergleichskonformen Marktbedingungen abweicht. Da diese Abweichung dazu führt, dass die von FFT nach dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystem zu entrichtenden Steuern im Vergleich zu nicht-integrierten Unternehmen, die ihre Transaktionen zu Marktbedingungen ausführen, geringer ausfallen, ist davon auszugehen, dass der angefochtene Steuervorbescheid FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschafft.

7.2.2.10.   Schlussfolgerung bezüglich des zu vergütenden Kapitalbetrags und der erforderlichen Kapitalrendite

(302)

Angesichts der Entscheidung des Steuerberaters, für die Verrechnungspreis-Analyse die TNMM zu verwenden und angesichts der vorstehenden Ausführungen ist die Kommission folgender Ansicht: Um zu gewährleisten, dass für FFT eine angemessene marktbasierte und fremdvergleichskonforme Vergütung für die Finanzierungs- und Treasury-Funktionen, die es innerhalb der Fiatgruppe wahrnimmt, festgelegt wird, muss diese Vergütung unter Berücksichtigung der bilanziellen Eigenmittel von FFT auf der Grundlage seiner besonderen Umstände und Gegebenheiten festgelegt werden.

(303)

Die Kommission akzeptiert das Jahr 2012 als Bezugsjahr für die Bewertung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT in Luxemburg. Ferner erhebt die Kommission keine Einwände dagegen, dass für die Schätzung der fremdvergleichskonformen Renditen Vergleichsgesellschaften herangezogen werden, aber sie erhält ihre in Erwägungsgrund 294 dargelegten Einwände in Bezug auf die angemessene Wahl der Vergleichswerte aufrecht.

(304)

Tatsächlich weist die Analyse in Abschnitt 7.2.2.9 darauf hin, dass die bei der Berechnung einer fremdvergleichskonformen Vergütung zu berücksichtigenden von FFT übernommenen Risiken höher sind als die im Verrechnungspreis-Bericht aufgeführten Risiken und dass aus diesem Grund die mit dem angefochtenen Steuerbescheid genehmigte Eigenkapitalrendite vor Steuern von 6,05 % (und nach Steuern von 4,3 %), die der Steuerberater von FFT anhand des CAPM berechnet hat, wesentlich niedriger ist als die im Finanzsektor erforderliche Eigenkapitalrendite, die stets bei mindestens 10 % lag, was die Schlussfolgerung der Kommission, dass die Wahl der Vergleichsdaten durch den Steuerberater nicht angemessen war, bestätigt.

(305)

Darüber hinaus lässt ein Vergleich zwischen der ausgewiesenen Rendite von FF und FFT, Fiats Finanzierungsgesellschaften für das Euro-Währungsgebiet, darauf hin, dass die Differenz zwischen den Gewinnen von FF und FFT trotz ihrer Ähnlichkeiten in Bezug auf die Struktur der Aktiva, der Funktionen und der Einkommen auf die Absicht schließen, das in Luxemburg ausgewiesene Renditeniveau zu senken. Wenn man von der Struktur der Aktiva und der Passiva und der Gewinn- und Verlustrechnung von FF und FFT ausgeht (163), verfügen die beiden Unternehmen sowohl über eine sehr ähnliche Bilanzsumme als auch über eine sehr ähnliche Aktivastruktur. Auch die Höhe ihrer Zinserträge und ihrer Aufwendungen sind sehr ähnlich. FF ist die wichtigste Gegenpartei von FFT, das auf dem Markt Finanzmittel aufnimmt und einen Teil dieser Mittel an FF weiterleitet, das sie seinerseits an die italienischen Gesellschaften der Fiat-Gruppe weiter verleiht. […]

(306)

Fiats internes Dokument über die Verrechnungspreispolitik scheint darauf abzuzielen, beide Unternehmen mit vergleichbaren Renditen zu vergüten (164). Jedoch sind die verzeichneten steuerpflichtigen effektiven Eigenkapitalrenditen auf Unternehmensebene bei FF wesentlich höher als bei FFT. Auf der Grundlage der Zahlen in den Tabellen in den Erwägungsgründen 113 und 114 stellen die nachfolgenden Tabellen die erzielte Eigenkapitalrendite (RoE) dar, berechnet für FF und FFT.

FF

2010

2011

2012

2013

Nettogewinn in TEUR

17 292

25 290

24 450

10 514

Eigenkapital in TEUR

271 047

268 610

268 837

256 053

RoE (%)

6,4

9,4

9,1

4,1


FFT

2010

2011

2012

2013

Nettogewinn in TEUR

1 737

1 851

1 217

1 146

Eigenkapital in TEUR

285 625

287 477

288 693

289 839

RoE (%)

0,6

0,6

0,4

0,4

(307)

Wie aus den Tabellen in Erwägungsgrund 306 hervorgeht, lag die durchschnittliche Eigenkapitalrendite im Zeitraum 2010-2013 bei 7,2 % für FF und 0,5 % für FFT, was wiederum bestätigt, dass die Wahl der Vergleichswerte im Verrechnungspreis-Bericht durch den Steuerberater und die daraus resultierende Eigenkapitalrendite nicht angemessen waren.

(308)

Im Hinblick auf die Festlegung einer angemessenen Eigenkapitalrendite für die Anwendung auf das bilanzielle Eigenkapital von FFT scheinen die aggregierten Statistiken des Bankensektors angemessener zu sein als die Gruppe von 66 Finanzunternehmen, die größtenteils spezielle Finanztätigkeiten durchführen. Die erstere Lösung würde in jedem Fall eine bessere Annäherung an einen zentralen Trend ermöglichen.

(309)

Wie in Erwägungsgrund 304 angemerkt, liegt die gegenwärtig geforderte Eigenkapitalrendite für europäische Banken bei rund 10 %; dieses Niveau wurde sogar während der Finanzkreise beibehalten. Tatsächlich bestätigen die Informationen aus der Zeit des angefochtenen Steuervorbescheids eine geforderte Eigenkapitalrendite in dieser Höhe. Zum Beispiel hieß es in einer Veröffentlichung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich aus dem Jahr 2011: „Auf längere Sicht erreichen Finanzunternehmen Eigenmittelrenditen von 11-12 %“ (165). Ferner ergab eine Studie der EZB aus dem Jahr 2011, dass „bei einer durchschnittlichen Eigenkapitalausstattung in der Stichprobe [von 54 internationalen Banken] die geforderte Eigenkapitalrendite rund (…) 10,3 % beträgt“ (166). Auch einschlägige Studien aus dem Jahr 2011 bestätigen dieses Niveau; so heißt es in einer Veröffentlichung der Deutschen Bank: „[Die Deutsche Bank] verfolgt ein [Kursziel], das nachhaltige Eigenkapitalrenditen von knapp über 10 % und Eigenmittelkosten widerspiegelt, die [die Deutsche Bank] in diesem Zyklus bei über 10 % zu halten hofft“ (167), während eine Studie von Morgan Stanley und Oliver Wyman vom 19. März 2015 die Zielrendite auf 10-12 % festlegte.

(310)

Die Kommission stellt außerdem fest, dass eine fremdvergleichskonforme Vergütung nicht niedriger angesetzt sein darf als die Differenz zwischen dem Einkommen und den Aufwendungen des Unternehmens. Wenn somit die Vergütung der von FFT gewährten Darlehen und der von FFT hereingenommenen Einlagen angepasst werden müsste und wenn die daraus resultierende Vergütung von FFT höher wäre als eine über die Verrechnungspreise berechnete Vergütung, müsste der gesamte verzeichnete Gewinn besteuert werden, da eine Drittpartei eine Reduzierung ihrer Vergütung nicht akzeptieren würde, wenn keiner ihrer Kontrahenten gerechtfertigte Ansprüche geltend machen würde, die Vergütung auf seine Einlagen zu erhöhen oder die auf seine erhaltenen Darlehen gezahlte Vergütung zu verringern.

(311)

Die Kommission ist deshalb folgender Ansicht: Wenn die TNMM für Zwecke der Verrechnungspreisgestaltung verwendet wird, um eine angemessene Vergütung für die von FFT für seine innerhalb der Fiatgruppe wahrgenommenen Funktionen zu berechnen, würde die korrekte Schätzung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT in Luxemburg mindestens 10 % nach Steuern entsprechen, angewandt auf den Gesamtbetrag seines bilanziellen Eigenkapitals, das im Hinblick auf die Leverage-Ratio als insgesamt dem Branchendurchschnitt entsprechend betrachtet wird. Eine auf dieser Basis berechnete Steuerbemessungsgrundlage würde zu einer Gewinnzuweisung führen, die fremdvergleichskonforme Marktbedingungen widerspiegelt, da es sich hierbei um eine Gewinnhöhe handelt, die Einzel-Finanzinstitute am Markt erwarten würden, sodass jeder Steuervorbescheid, der diese Basis für die Bestimmung von FFTs Steuerverbindlichkeit nach dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystem akzeptiert, keinen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV gewähren würde.

7.2.3.    „Vorteil für die Gruppe“

(312)

In seinen Anmerkungen zum Einleitungsbeschluss führt FFT das Argument an, dass die Kommission die Auswirkungen der Maßnahme auf die Gruppe berücksichtigen sollte. Der Fiatgruppe sei kein Vorteil entstanden, da jede Erhöhung der Steuerbemessungsgrundlage in Luxemburg vollständig durch eine Erhöhung des steuerlichen Abzugs in anderen Mitgliedstaaten ausgeglichen werde (168). Laut FFT wurde dieser Effekt in einer Reihe von Entscheidungen der Kommission anerkannt (169).

(313)

Die Kommission erinnert einleitend daran, dass sie nicht an ihre Beschlusspraxis gebunden ist und dass jede Maßnahme einzeln auf der Grundlage des Artikels 107 Absatz 1 AEUV zu würdigen ist (170). In jedem Fall beruht die Bezugnahme von FFT auf die Entscheidung über die steuerliche Behandlung von Zinszahlungen für Gruppen in Ungarn, in der die Kommission eine solche „Auswirkung auf die Gruppe“ anerkannt haben soll, auf einer falschen Auslegung dieser Entscheidung. In der Entscheidung wies die Kommission Ungarns Argument in Bezug auf die Berücksichtigung des Vorliegens eines Vorteils auf Gruppenebene zurück und zog den Schluss, dass der Vorteil auf Ebene eines jeden Unternehmens zu bewerten ist.

(314)

Im vorliegenden Beschluss wird geprüft, ob Luxemburg durch den Erlass des angefochtenen Steuervorbescheids FFT einen selektiven Vorteil gewährt hat, indem es seine in Luxemburg zu entrichtenden Steuern senkte. Aus diesem Grund muss die Prüfung, ob durch den Vorbescheid ein Vorteil gewährt wird, auf der Behandlung beruhen, die das Unternehmen in dem jeweiligen Mitgliedstaat erfährt, d. h. FFT in Luxemburg, und darf nicht der Möglichkeit Rechnung tragen, dass die Auswirkung auf der Ebene anderer Gesellschaften der Fiat-Gruppe infolge ihrer Behandlung in anderen Mitgliedstaaten neutral sein könnte (171). Der Rechtsprechung zufolge (172) kann eine spezifische Steuerbefreiungsmaßnahme aufgrund der alleinigen Tatsache, dass sie durch die Erhöhung einer besonderen Belastung kompensiert werde, die eigenständig ist und in keiner Beziehung zu ersterer Maßnahme steht, der Einstufung als staatliche Beihilfe nicht entgehen. Mit anderen Worten: Ein Vorteil, den ein Mitgliedstaat einem Unternehmen gewährt, kann nicht durch einen Nachteil kompensiert werden, den ein anderes Unternehmen erfährt, selbst wenn beide Unternehmen derselben Gruppe angehören.

7.2.4.   Hilfsweise Argumentation: Selektiver Vorteil aufgrund einer Abweichung von Artikel 164 L.I.R. und/oder dem Rundschreiben

(315)

Luxemburg und FFT machten geltend, dass Artikel 164 L.I.R. oder das Rundschreiben das Bezugssystem bilden, anhand dessen das Bestehen eines durch den angefochtenen Steuervorbescheid gewährten selektiven Vorteils geprüft werden muss. Luxemburg machte ferner geltend, dass die Luxemburger Steuerverwaltung die Bestimmungen lediglich ausgelegt habe, und dass es im Falle von FFT keine Anhaltspunkte dafür gegeben habe, dass die Luxemburger Steuerverwaltung von den allgemein anwendbaren Steuerbestimmungen abgewichen sei, soweit sie von der Kommission untersucht worden seien (173).

(316)

Wie in den Erwägungsgründen 210 bis 215 ausgeführt, stimmt die Kommission den von Luxemburg und FFT vorgebrachten Argumenten bezüglich des anwendbaren Bezugssystems nicht zu. Hilfsweise zieht die Kommission den Schluss, dass der angefochtene Steuervorbescheid FFT auch im Rahmen des begrenzteren Bezugssystems, das aus Gruppenunternehmen besteht, die Verrechnungspreise anwenden und unter Artikel 164 Absatz 3 L.I.R. und das Rundschreiben fallen, einen selektiven Vorteil verschafft. Diese Bestimmungen verankern den Fremdvergleichsgrundsatz im Luxemburger Steuerrecht, demzufolge Transaktionen zwischen Unternehmen einer Gruppe in einer Höhe vergütet werden müssen, die auch von unabhängigen Unternehmen akzeptiert worden wäre, die die Preise unter vergleichbaren Umständen unter freien Wettbewerbsbedingungen aushandeln. Abschnitt 2 des Rundschreibens enthält insbesondere eine Beschreibung des Fremdvergleichsgrundsatzes, wie er in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien, die in innerstaatliches Recht umgesetzt wurden, dargelegt wird (174).

(317)

Angesichts der Tatsache, dass die Kommission bereits in Abschnitt 7.2.2 aufgezeigt hat, dass der angefochtene Steuervorbescheid bestimmte methodologische Entscheidungen sowie Entscheidungen zugunsten von Parametern und Ad-hoc-Anpassungen billigt, die der Steuerberater von FFT für Zwecke der Festsetzung von Verrechnungspreisen vorgenommen hat, die nicht als eine verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis angesehen werden können, kann die Kommission ebenso den Schluss ziehen, dass der genannte Steuervorbescheid FFT auch bei Zugrundelegung des begrenzteren Bezugssystems nach Artikel 164 Absatz 3 L.I.R. oder dem Rundschreiben einen restriktiven Vorteil verschafft, da er dazu führt, dass die Steuerverbindlichkeit von FFT geringer ist als sie es bei korrekter Anwendung des in dieser Bestimmung dargelegten Fremdvergleichsgrundsatzes gewesen wäre.

7.2.5.   Die Kommission hat keine auf dem Rundschreiben basierende kohärente Praxis im Bereich der Steuervorbescheide festgestellt, die ein geeignetes Bezugssystem darstellten könnte

(318)

Um zu beweisen, dass FFT infolge des angefochtenen Steuervorbescheids eine selektive Behandlung zu seinen Gunsten zuteilwerde, müsste die Kommission nach Angaben von FFT diesen Vorbescheid mit der Verwaltungspraxis der Luxemburger Steuerverwaltung auf der Grundlage des Rundschreibens vergleichen, insbesondere mit den Steuervorbescheiden, die anderen Finanzierungs- und Treasury-Unternehmen gewährt worden waren und die Luxemburg der Kommission als repräsentative Stichprobe seiner Praxis im Bereich der Steuervorbescheide übermittelt hatte (175).

(319)

Die Kommission stimmt mit dieser Argumentation nicht überein, da dies bedeuten würde, dass es sich bei dem Bezugssystem, auf dessen Grundlage der angefochtene Steuervorbescheid geprüft werden müsste, um die auf dem Rundschreiben basierende Luxemburgs Praxis im Bereich der Steuervorbescheide handelt, die sich auf andere Finanzierungs- und Treasury-Unternehmen beziehen. Die Kommission hat bereits aufgezeigt, warum das allgemeine Luxemburger Körperschaftsteuersystem das geeignete Bezugssystem für die Selektivitätsanalyse darstellt (176).

(320)

Dessen ungeachtet wird die Kommission hilfsweise aufzeigen, warum Luxemburgs auf dem Rundschreiben basierende Praxis im Bereich der Steuervorbescheide ein angemessenes Bezugssystem für die Feststellung darstellt, ob der angefochtene Steuervorbescheid FFT einen selektiven Vorteil verschafft. Dies ist zunächst darauf zurückzuführen, dass das Rundschreiben zu allgemein gehalten ist, sodass es nicht möglich ist, objektive Kriterien festzustellen, die auf alle Finanzierungs- und Treasury-Unternehmen anwendbar sind, die für Zwecke der Verrechnungspreisgestaltung einen Steuervorbescheid beantragen. Ferner zeigt die Prüfung der von Luxemburg übermittelten Vorbescheide durch die Kommission, dass es kein einheitliches Regelwerk gibt, das auf der Grundlage von objektiven Kriterien allgemein anwendbar wäre und auf dessen Grundlage der angefochtene Steuervorbescheid geprüft werden könnte, um festzustellen, ob FFT aus dem Steuervorbescheid ein selektive Vorteil entstanden ist.

7.2.5.1.   Das Rundschreiben ist zu allgemein gehalten, um ein angemessenes Bezugssystem zu bilden

(321)

Wie in Erwägungsgrund 193 dargelegt besteht ein Bezugssystem aus einem allgemein anwendbaren einheitlichen Regelwerk, das auf der Grundlage objektiver Kriterien auf alle Unternehmen anwendbar ist, die unter seinen durch seine Zielsetzung definierten Anwendungsbereich fallen. Nach Ansicht der Kommission kann das Rundschreiben für Finanzierungs- und Treasury-Gruppenunternehmen kein derartiges Bezugssystem darstellen, da keine objektiven Kriterien bestehen, die eine kohärente Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf die gruppeninternen Finanzierungstransaktionen ermöglichen würden.

(322)

Das Rundschreiben ist sehr allgemein gehalten und die Faktoren, die von der Steuerverwaltung für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf gruppeninterne Finanzierungsgesellschaften berücksichtigt werden müssen, werden nur knapp dargelegt. Diese Faktoren umfassen die Vorschrift, dass die Gesellschaften eine Analyse der eingegangen Risiken durchführen und die zusätzlichen Kosten in Verbindung mit der Gewährung von Darlehen bestimmen, die zu den Basiskosten hinzukommen, was wiederum eine Analyse des Kreditrisikos erfordert. Das Rundschreiben erläutert weiter, dass „eine Gruppenfinanzierungsgesellschaft über ein ausreichendes Eigenkapital verfügen muss, um die mit seiner Tätigkeit verbundenen Risiken übernehmen zu können“ und dass „auf der Grundlage der Gegebenheiten und Umstände eines jeden einzelnen Falls geprüft werden muss, welche Risiken übernommen wurden […] und ob die Gruppenfinanzierungsgesellschaft über eine angemessenes Eigenkapital verfügt, um diese Risiken zu übernehmen“ (177).

(323)

Das Rundschreiben enthält jedoch keine Informationen zu der Art und Weise, wie die erwartete Eigenkapitalrendite zu ermitteln ist, zu der Frage, ob die Anwendung des CAPM akzeptabel ist, und gegebenenfalls zur Festlegung der relevanten Komponenten des CAPM. Das Rundschreiben enthält ferner nur wenige Informationen bezüglich der zu berücksichtigenden Eigenmittel, außer, dass sie „für die Übernahme der Risiken ausreichen müssen“.

(324)

In seinen Anmerkungen zum Einleitungsbeschluss legt Luxemburg dar, dass der „Steuervorbescheid auf der Ausübung eines eingeschränkten Ermessungsspielraums beruhe“, der auf Artikel 164 Absatz 3 L.I.R. basiere, mit dem der Fremdvergleichsgrundsatz im Luxemburger Steuerrecht verankert werde (178), aber Luxemburg weist auch darauf hin, dass die „Steuerregeln […] vor dem Hintergrund der Umstände eines jeden Einzelfalls auszulegen sind, was naturgemäß die Berücksichtigung der Merkmale der Tätigkeiten, die tatsächlich vom Steuerzahler ausgeführt werden, und des Zusammenhangs, in dem sie ausgeführt werden, erfordert“ (179). Luxemburg räumt also einerseits ein, dass die Regeln auf der Grundlage der Fakten des Einzelfalls ausgelegt werden müssen, erklärt jedoch andererseits weder, wie die allgemein gehaltenen Kriterien des Rundschreibens sich in eine konkrete Prüfung der steuerlichen Situation von FFT umsetzen lassen, noch, wie eine einheitliche Behandlung aller Steuerzahler bei der Anwendung des Rundschreibens gewährleistet werden kann. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass der Verrechnungspreis-Bericht von FFT mit Ausnahme eines Verweises auf das Rundschreiben am Anfang, weder weitere Bezugnahmen auf die Kriterien im Rundschreiben enthält, noch erklärt, wie das Rundschreiben im Verrechnungspreis-Bericht auf den spezifischen Fall von FFT anwendet.

(325)

Bei der Schlussfolgerung, dass die Verrechnungspreis-Analyse „in Übereinstimmung mit dem Rundschreiben 164/2 vom 28. Januar 2011 und im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz“ durchgeführt wurde, hat sich die Luxemburger Steuerverwaltung auf keine im Rundschreiben festgelegten Kriterien gestützt, da das Rundschreiben keine präzisen und objektiven Kriterien enthält, die angewandt werden könnten, um eine einheitliche Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf gruppeninterne Finanzierungstransaktionen zu ermöglichen.

7.2.5.2.   Luxemburgs Praxis im Bereich der Steuervorbescheide ist zu inkonsistent, als dass es ein angemessenes Bezugssystem darstellen könnte.

(326)

Neben der weit gefassten Formulierung des Rundschreibens hat die Kommission die ihr von Luxemburg übermittelten Steuervorbescheide geprüft und festgestellt, dass die einschlägige Luxemburger Praxis in Bezug auf Gruppenfinanzierungs- und Treasury-Gesellschaften auch zeigt, dass kein einheitliches Regelwerk besteht, das auf der Grundlage objektiver Kriterien auf alle Steuerpflichtigen anzuwenden wäre, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden.

(327)

Von den 21 Vorbescheiden, die gleichzeitig mit der FFT-Vorabvereinbarung eingereicht wurden, betreffen nur zwei auf der Grundlage des Rundschreibens genehmigte Finanzierungstätigkeiten und gehen mit einem Verrechnungspreis-Bericht einher:

Ein Vorbescheid vom […] 2013 (Nr. 2) (180) betrifft die Anwendung des Rundschreibens auf Finanzvermittlungstätigkeiten […].

Ein Vorbescheid vom […] 2013 (Nr. 4) befasst sich auch mit der Analyse der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach dem Rundschreiben auf gruppeninterne Finanzierungsaktivitäten. […]

(328)

Eine flüchtige Lektüre dieser beiden Vorbescheide und ein Vergleich mit dem angefochtenen Steuervorbescheid zeigt die mangelnde Kohärenz bei der Behandlung von Finanzierungsunternehmen im Rahmen des Rundschreibens und bei der Prüfung des steuerpflichtigen Gewinns durch die Luxemburger Steuerverwaltung. Unabhängig davon, ob die beiden Vorbescheide die CUP-Methode korrekt anwenden, wird in beiden ausdrücklich anerkannt, dass die CUP-Methode bei Finanzvermittlungstransaktionen in jedem Falle die am besten geeignete Methode ist, und zwar im Hinblick auf die Funktionsanalyse und die Verfügbarkeit von Vergleichswerten, die unter anderem Banken einschließen. Dies steht auch im Einklang mit dem Rundschreiben, nach dem die von gruppeninternen Finanzierungsgesellschaften wahrgenommenen Funktionen im Wesentlichen mit den von unabhängigen Finanzinstituten wahrgenommenen Funktionen vergleichbar sind. Im Gegensatz zu der Vorgehensweise bei diesen beiden Vorbescheiden wurde die CUP-Methode im angefochtenen Steuervorbescheid nicht angewandt, weil der Steuerberater von FFT der Ansicht war, dass die TNMM die am besten geeignete Methode war und „angemessen schien“ (181).

(329)

Drei weitere von Luxemburg eingereichte Vorbescheide betreffen auch auf dem Rundschreiben basierende gruppeninterne Finanzierungstätigkeiten, enthalten aber keinen begleitenden Verrechnungspreis-Bericht, um den Antrag zu begründen:

Ein Vorbescheid vom […] 2012 (Nr. 1) betrifft eine Finanzierungstätigkeit […].

Ein Vorbescheid vom […] 2012 (Nr. 5) betrifft u. a. ein Darlehen mit indexiertem Zinssatz […].

Ein Vorbescheid vom […] 2013 (Nr. 22) betrifft u. a. eine Finanzierungstätigkeit […].

(330)

Was den Vergleich zwischen den Vorbescheiden 1, 5 und 22 und dem angefochtenen Steuervorbescheid betrifft, besteht der eindeutige Unterschied in der Behandlung durch die Luxemburger Steuerverwaltung darin, dass die Vorbescheidanträge Nr. 1, 5 und 22 im Gegensatz zum angefochtenen Steuervorbescheid nicht von einem Verrechnungspreis-Bericht begleitet waren, obgleich dies ausdrücklich im Rundschreiben verlangt wird (182).

(331)

Zwei weitere der Kommission von Luxemburg übermittelte Steuervorbescheide betreffen Finanzierungstätigkeiten, beruhen jedoch nicht auf dem Rundschreiben:

Ein Vorbescheid vom […] 2012 (Nr. 6) betrifft eine Unternehmensumstrukturierung […]. Unter anderem enthält er ein Darlehen mit indexiertem Zins […].

Ein Vorbescheid vom […] 2012 (Nr. 21) betrifft den Erwerb von […].

(332)

Schließlich prüfte die Kommission die beiden Vorbescheide, die zu den 13 von Luxemburg übermittelten Vorbescheiden zählen, welche sich auf eine Treasury-Funktion beziehen. Diese 13 Vorbescheide stammen aus der Liste mit 5 323 Vorbescheiden, die Luxemburg am 22. Dezember 2014 übermittelte (183). Beide Vorbescheide beruhen auf dem Rundschreiben.

Ein Vorbescheid zu den Treasury-Funktionen des Unternehmen Es besteht aus vom Steuerberater des Unternehmens E übermittelten Besprechungsnotizen, die am […]von Vertretern der Luxemburger Steuerverwaltung unterzeichnet wurden. […]

Ein Vorbescheid zu den Treasury-Funktionen des Unternehmens G vom […], mit dem ein an demselben Tag von Unternehmen G eingereichter Antrag genehmigt wird. […]

(333)

Die Kommission stellt fest, dass im Gegensatz zum angefochtenen Steuervorbescheid keiner dieser beiden Vorbescheide die TNMM-Methode oder das CAPM anwendet, und dass in keinem der beiden Vorbescheide der steuerpflichtige Gewinn des Unternehmens als Rendite für hypothetische regulatorische Eigenmittel bestimmt zu werden scheint. Wenngleich im Antrag von Unternehmen G von einem noch zu übermittelnden Verrechnungspreis-Bericht die Rede ist, scheint es, dass ein solcher Bericht der Luxemburger Steuerverwaltung nicht übermittelt wurde (184). Obwohl der Vorbescheid des Unternehmens G keine eindeutige Angaben zu der Höhe der Marge oder zu ihrem Gegenstand enthält, unterscheidet er sich vom angefochtenen Steuervorbescheid, da die Marge dem Vorbescheid-Antrag zufolge auf den Aktiva basiert und zu einer Eigenkapitalrendite hinzukommt. Kurz gesagt, die steuerliche Behandlung dieser beiden Unternehmen in Bezug auf ihre Treasury-Funktionen scheint somit auf keinerlei Ansatz und auf keinerlei Methode zu beruhen, der/die mit dem angefochtenen Steuervorbescheid im Einklang steht.

(334)

Luxemburg macht geltend, dass FFT nicht mit anderen Finanzierungsgesellschaften verglichen werden könne, da FFT Finanzmittel am Markt aufnimmt, während andere Finanzierungsgesellschaften im Allgemeinen gruppeninterne Finanzierungen erhalten. Luxemburg führt ferner aus, dass FFT mit keinem anderen steuerpflichtigen Unternehmen in Luxemburg verglichen werden könne: „die Situation eines jeden Steuerpflichtigen ist so spezifisch, dass kein sinnvoller Vergleich mit dem Fall anderer Steuerpflichtiger möglich ist.“ (185)

(335)

Die Kommission stimmt mit diesen Argumenten nicht überein und führt aus, dass das Fehlen eines einheitlichen Regelwerks, das in allgemeiner Weise auf Finanzierungs- und Treasury-Gesellschaften anwendbar ist, die auf der Grundlage von objektiven Kriterien einen Steuervorbescheid beantragt haben, durch das Bestehen eines anderen Steuervorbescheids zugunsten von [Unternehmen F] veranschaulicht wird. Der Steuervorbescheid zu [Unternehmen F], der am selben Tag erlassen wurde und dieselben Funktionen abdeckt wie der angefochtene Steuervorbescheid (wobei [Unternehmen F] das Industriesegment […] in einer anderen Struktur von Gruppenfinanzierungsgesellschaften finanziert), gelangt in Bezug auf die verschiedenen Steuerbemessungsgrundlagen der Unternehmen zu einem völlig anderen Ergebnis, ohne dass ein Grund für eine derartige Gleichbehandlung vorzuliegen scheint. Mit dem angefochtenen Steuervorbescheid wird eine Steuerbemessungsgrundlage von rund 2,5 Mio. EUR genehmigt, während der Steuervorbescheid zugunsten von [Unternehmen F] eine Vergütung von vergleichbaren Finanzierungs- und Treasury-Tätigkeiten genehmigt, die zu einer Steuerbemessungsgrundlage von […] führt. Diese ohne ersichtlichen Grund erfolgende Ungleichbehandlung von praktisch identischen Unternehmen zeigt ferner, dass die auf den allgemein gefassten Formulierungen des Rundschreibens basierende Luxemburger Praxis im Bereich der Steuervorbescheide kein angemessenes Bezugssystem für den Zweck der Selektivitätsanalyse darstellt.

(336)

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei der Prüfung der Praxis Luxemburgs im Bereich der Steuervorbescheide kein einheitliches Regelwerk festzustellen ist, das auf der Grundlage objektiver Kriterien in allgemeiner Weise auf alle Unternehmen anwendbar ist, die unter seinen von seiner Zielsetzung bestimmten Anwendungsbereich fallen. Diese Praxis kann deshalb nicht den Rahmen bilden, auf dessen Grundlage der angefochtene Steuervorbescheid geprüft wird, um festzustellen, ob FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erhalten hat.

7.2.6.   Rechtfertigung durch das Wesen oder den inneren Aufbau des Steuersystems

(337)

Weder Luxemburg noch FFT haben Gründe angeführt, die die selektive Behandlung von FFT infolge des angefochtenen Steuervorbescheids rechtfertigen könnten. Die Kommission erinnert daran, dass die Pflicht, derartige Gründe anzuführen, dem Mitgliedstaat obliegt.

(338)

Es war kein Grund festzustellen, der die Vorzugsbehandlung von FFT als Folge des angefochtenen Steuervorbescheids gerechtfertigt hätte und bei dem hätte anerkannt werden können, dass er unmittelbar auf den Grund- oder Leitprinzipien des Bezugssystems beruhte oder dass er das Ergebnis von dem System inhärenten Mechanismen ist, die für das Funktionieren und die Wirksamkeit dieses Systems erforderlich sind (186), unabhängig davon, ob das Bezugssystem das allgemeine Luxemburger Körperschaftssteuersystem ist, wie die Kommission feststellte, oder Artikel 164 L.I.R. und das Rundschreiben, wie von Luxemburg und Fiat geltend gemacht.

7.2.7.   Schlussfolgerung zum Vorliegen eines selektiven Vorteils

(339)

Die Kommission zieht die Schlussfolgerung, dass der angefochtene Steuervorbescheid durch Genehmigung einer Methode, auf deren Grundlage FFT innerhalb der Fiatgruppe Gewinne in einer Weise zugewiesen werden können, die von einem marktbasierten, fremdvergleichskonformen Ergebnis abweicht und dazu führt, dass FFT nach dem allgemeinen Luxemburger Körperschaftssteuersystem weniger Steuern zahlen muss als in Luxemburg steuerpflichtige nicht-integrierte Unternehmen, die Transaktionen zu Marktbedingungen ausführen, FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschafft.

(340)

Die Kommission zieht hilfsweise den Schluss, dass der angefochtene Steuervorbescheid durch Genehmigung einer Methode, auf deren Grundlage FFT innerhalb der Fiatgruppe Gewinne in einer Weise zugewiesen werden können, die von einem marktbasierten, fremdvergleichskonformen Ergebnis abweicht und dazu führt, dass FFT nach Artikel 164 Absatz 3 L.I.R und dem Rundschreiben weniger Steuern zahlen muss als in Luxemburg steuerpflichtige nicht-integrierten Unternehmen, die Transaktionen zu Marktbedingungen ausführen, FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschafft.

7.3.   Begünstigter der angefochtenen Maßnahme

(341)

Die Kommission ist der Auffassung, dass der angefochtene Steuervorbescheid FFT einen selektiven Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschafft, da er zu einer Verringerung des steuerpflichtigen Gewinns dieser Entität in Luxemburg gegenüber nicht-integrierten Unternehmen führt, deren steuerpflichtige Gewinne auf der Grundlage von Transaktionen ermittelt werden, die zu Marktbedingungen durchgeführt wurden. Die Kommission stellt allerdings fest, dass FFT einer multinationalen Unternehmensgruppe angehört, und zwar der Gruppe Fiat Chrysler Automobiles (im Folgenden „FCA“), und dass FFTs Aufgabe innerhalb der Gruppe darin besteht, für die anderen Unternehmen der Fiat-Gruppe Finanzierungs- und Treasury-Dienstleistungen zu erbringen, wobei die Vergütung für diese Funktion Gegenstand des angefochtenen Steuervorbescheids ist.

(342)

Getrennte rechtliche Entitäten können für den Zweck der Anwendung der Beihilfevorschriften als eine wirtschaftliche Einheit betrachtet werden. Diese wirtschaftliche Einheit wird dann als das relevante Unternehmen angesehen, das von der Beihilfemaßnahme profitiert. So urteilte der Gerichtshof in der Vergangenheit: „Im Wettbewerbsrecht ist unter dem Begriff des Unternehmens eine … wirtschaftliche Einheit zu verstehen, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird“ (187). Um festzustellen, ob mehrere Entitäten zusammen eine wirtschaftliche Einheit bilden, prüft der Gerichtshof das Vorliegen von Kontrollbeteiligungen oder funktioneller, wirtschaftlicher oder institutioneller Verbindungen (188). Im vorliegenden Fall steht FFT im Eigentum von Fiat S.p.A. (jetzt Fiat Chrysler Automobiles, NV) und von FF, das seinerseits vollständig im Eigentum von Fiat, S.p.A. steht (189). FFT wird also vollständig von der Gesellschaft Fiat S.p.A kontrolliert, die seinerseits die Fiatgruppe kontrolliert (190).

(343)

Darüber hinaus ist es die Fiatgruppe, die die Entscheidung getroffen hat, FFT in Luxemburg anzusiedeln, und somit ist es auch die Fiatgruppe, die von dem angefochtenen Steuervorbescheid profitiert, da dieser Vorbescheid, wie in Erwägungsgrund 52 festgestellt, den Gewinn bestimmt, der FFT innerhalb der Unternehmensgruppe für die von ihm für die Unternehmen der Gruppe erbrachten Finanzierungs- und Treasury-Dienstleistungen zuzuweisen ist. Der angefochtene Steuervorbescheid ist letztendlich ein Beschluss, mit dem eine Methode zur Festsetzung der Verrechnungspreise für innerhalb des Fiatgruppe durchgeführte Transaktionen genehmigt wird, sodass jede steuerliche Vorzugsbehandlung durch die Luxemburger Steuerverwaltung der Fiatgruppe als Ganzes zugutekommt, da nicht nur FFT sondern die ganze Gruppe zusätzliche Mittel erhalten. Mit anderen Worten, wie in Erwägungsgrund 221 dargelegt: Wenn Verrechnungspreise festgesetzt werden müssen, um die Preise für Güter und Dienstleistungen, die innerhalb verschiedener rechtlicher Entitäten einer und derselben Gruppe bereitgestellt werden, wirkt sich die Methode der Festsetzung der Verrechnungspreise naturgemäß auf mehr als eine Gesellschaft der Gruppe aus (ein Preisanstieg in einem Unternehmen verringert den Gewinn in einem anderen).

(344)

Trotz der Tatsache, dass die Gruppe aus verschiedenen Rechtspersönlichkeiten besteht, müssen diese Unternehmen im Rahmen einer Vereinbarung von Verrechnungspreisen folglich als eine einzige Gruppe angesehen werden, der die angefochtenen Beihilfemaßnahme zugutekommt (191).

(345)

Schließlich beeinflusst im vorliegenden Fall die Höhe der von FFT in Luxemburg entrichteten Steuern die Preisgestaltung der gruppeninternen Darlehen, die FFT den Unternehmen der Fiat-Gruppe gewährt, da sie auf den gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten und einer Marge basieren (192), sodass Verringerungen der von FFT zu entrichtenden Steuern zwangsläufig zu einer Verringerung der Preise für gruppeninterne Darlehen führen. Eine Verringerung der von FFT in Luxemburg zu entrichtenden Steuern kommt nicht nur FFT zugute, sondern auch allen Unternehmen der Gruppe, die eine Finanzierung von FFT erhalten, und damit der Fiat-Gruppe.

7.4.   Schlussfolgerung zum Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

(346)

Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen zieht die Kommission den Schluss, dass der von Luxemburg zugunsten von FFT erlassende angefochtene Steuervorbescheid FFT und der Fiatgruppe einen selektiven Vorteil verschafft, der Luxemburg zuzurechnen ist und aus staatlichen Mitteln finanziert wird, der den Wettbewerb verfälscht oder ihn zu verfälschen droht und der geeignet ist, den Handel innerhalb der Union zu beeinträchtigen. Der angefochtene Steuervorbescheid stellt daher eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV dar.

(347)

Da der angefochtene Steuervorbescheid eine Verringerung von Belastungen bewirkt, die FFT normalerweise im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit tragen müsste, ist festzustellen, dass er FFT und der Fiat-Gruppe eine Betriebsbeihilfe gewährt.

8.   VEREINBARKEIT DER BEIHILFE MIT DEM BINNENMARKT

(348)

Staatliche Beihilfe ist mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn sie unter eine der in Artikel 107 Absatz 2 AEUV genannten Kategorien fällt (193). Sie kann ebenfalls für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, wenn die Kommission aufgezeigt hat, dass sie unter eine der in Artikel 107 Absatz 3 AEUV genannten Kategorien fällt. Dabei ist es Aufgabe des Beihilfe gewährenden Mitgliedstaats aufzuzeigen, dass die von ihm gewährte staatliche Beihilfe auf der Grundlage des Artikels 107 Absätze 2 und 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

(349)

Luxemburg hat keine der in den in Erwägungsgrund 345 genannten Bestimmungen aufgeführten Ausnahmen geltend gemacht, um die Vereinbarkeit der FFT und der Fiat-Gruppe mit dem angefochtenen Steuervorbescheid gewährten Beihilfe aufzuzeigen.

(350)

Wie in Erwägungsgrund 347 dargelegt, wird FFT und der Fiat-Gruppe mit dem angefochtenen Steuervorbescheid eine Betriebsbeihilfe gewährt. In der Regel kann eine solche Beihilfe nicht auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, da sie nicht die Entwicklung bestimmter Tätigkeiten oder bestimmter Wirtschaftsregionen fördert und da die Steueranreize nicht zeitlich begrenzt und degressiv sind und nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem stehen, was zur Behebung einer spezifischen wirtschaftlichen Störung in den betroffenen Regionen erforderlich ist.

(351)

Folglich ist die FFT und der Fiatgruppe von Luxemburg durch den angefochtenen Steuervorbescheid gewährte staatliche Beihilfe nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar.

9.   RECHTSWIDRIGKEIT DER BEIHILFE

(352)

Nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung von Beihilfen zu unterrichten (Anmeldepflicht), und sie dürfen die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss bezüglich der jeweiligen Beihilfe erlassen hat (Durchführungsverbot).

(353)

Die Kommission stellt fest, dass Luxemburg die Kommission weder über den geplanten Erlass des angefochtenen Steuervorbescheid unterrichtet noch das in Artikel 108 Absatz 3 AEUV dargelegte Durchführungsverbot eingehalten hat. Deshalb stellt der angefochtene Steuervorbescheid nach Artikel 1 Buchstabe f der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates (194) eine rechtswidrige Beihilfe dar, die unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV durchgeführt wurde.

10.   RÜCKFORDERUNG

(354)

Nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 ist die Kommission verpflichtet, die Rückforderung aller rechtswidrigen und mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfen anzuordnen. Diese Bestimmung sieht außerdem vor, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die rechtswidrige, für mit dem Binnenmarkt unvereinbare erklärte Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern. Artikel 16 Absatz 2 der genannten Verordnung legt fest, dass die zurückzufordernde Beihilfe Zinsen umfasst, die von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung zahlbar sind. In der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (195) sind die Methoden zur Berechnung der zurückzufordernden Zinsen im Einzelnen dargelegt. Schließlich heißt es in Artikel 16 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2015/1589, dass „die Rückforderung unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden Mitgliedstaats erfolgt, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung des Beschlusses der Kommission ermöglicht wird“.

10.1.   Berechtigtes Vertrauen und Rechtssicherheit

(355)

Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 sieht außerdem vor, dass die Kommission die Rückforderung der Beihilfe nicht verlangt, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verstoßen würde.

(356)

Luxemburg macht zunächst geltend, dass ein Beschluss zum Vorliegen einer Beihilfe infolge des Grundsatzes des berechtigten Vertrauens nicht vor Ende des Zeitraums der Gültigkeit des betreffenden Steuerbescheids in Kraft treten kann, d. h. im vorliegenden Fall nicht vor dem Ende des Steuerjahres 2016. Nach Angaben von Luxemburg haben die Gruppe „Verhaltenskodex“ und das OECD-Forum über schädliche Steuerpraktiken dem Land versichert, dass seine auf dem Rundschreiben basierende Praxis im Bereich der Steuervorbescheide mit dem OECD-Verhaltenskodex und den OECD-Leitlinien im Einklang stünden. Luxemburg macht daher geltend, dass auf der Ratssitzung vom 27. Mai 2011 ausdrücklich bestätigt worden sei, dass Luxemburgs Praxis im Bereich der Steuervorbescheide aufgrund des Erlasses des Rundschreibens nicht auf der Grundlage des Verhaltenskodex geprüft werden müsse (196).

(357)

Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Mitgliedstaat, dessen Behörden unter Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften in Artikel 108 Absatz 3 AEUV eine Beihilfe gewährt haben, sich nicht auf das berechtigte Vertrauen eines Empfängers berufen, um sich der Verpflichtung zu entziehen, die notwendigen Maßnahmen zur Durchführung eines Beschlusses der Kommission zu ergreifen, der die Rückforderung der Beihilfe anordnet. Andernfalls wären die Artikel 107 und 108 AEUV insoweit wirkungslos, als die nationalen Behörden sich auf ihr eigenes rechtswidriges Verhalten stützen könnten, um Beschlüsse der Kommission nach diesen Bestimmungen ihrer Wirkung zu berauben (197). Daraus folgt, dass sich nicht der betreffende Mitgliedstaat, sondern das begünstigte Unternehmen auf außergewöhnliche Umstände berufen muss, die bei ihm ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe begründen konnten, wenn er der Rückzahlung einer rechtswidrigen Beihilfe entgegentreten will (198). Da FFT in seinen der Kommission übermittelten Anmerkungen keinerlei einschlägiges Argument vorgebracht hat, vertritt die Kommission die Auffassung, dass das auf dem Grundsatz des Vertrauensschutzes beruhende Argument Luxemburgs für die Zwecke des vorliegenden Beschlusses nicht berücksichtigt werden kann.

(358)

Der Vertrauensschutz kann jedoch nur dann berücksichtigt werden, wenn das berechtigte Vertrauen durch eine vorherige Handlung der Kommission geweckt wurde, durch die konkrete Zusicherungen gegeben wurden (199). Luxemburg argumentiert, dass eine bei einer Sitzung der Gruppe „Verhaltenskodex“ erzielte Einigung dahingehend, dass nicht die Notwendigkeit bestehe, die Luxemburger Steuermaßnahme für Unternehmen, die gruppeninterne Finanzierungstätigkeiten ausführen, anhand der Kriterien des Verhaltenskodex zu prüfen, eine konkrete Zusicherung darstelle, die ein berechtigtes Vertrauen begründe. Die Kommission verweist darauf, dass es sich bei dem vom ECOFIN-Rat (200) verabschiedeten Verhaltenskodex um ein rechtlich unverbindliches Instrument handelt, das darauf abzielt, den Mitgliedstaaten ein Diskussionsforum zu bieten, in dem Maßnahmen besprochen werden können, die eine erhebliche Auswirkung auf den Standort der Wirtschaftstätigkeiten von Unternehmen innerhalb der Union haben oder haben könnten. Der Verhaltenskodex und die Beihilfevorschriften verfolgen unterschiedliche Ziele: Während der Verhaltenskodex darauf abzielt, den schädlichen Steuerwettbewerb zwischen Mitgliedstaaten zu bekämpfen, sollen die Beihilfevorschriften Wettbewerbsverzerrungen angehen, die dadurch entstehend, dass Mitgliedstaaten bestimmten Unternehmen eine Vorzugsbehandlung, insbesondere in Form einer Steuererleichterung, gewähren. Während die Gruppe „Verhaltenskodex“ zudem über einen gewissen Ermessensspielraum verfügt, hat die Kommission keinen Entscheidungsspielraum in Bezug auf ihre Feststellung, ob eine Maßnahme unter den Begriff der staatlichen Beihilfen fällt oder nicht, da dieser Begriff objektiv ist. Somit kann eine bei der Sitzung der Verhaltenskodex-Gruppe getroffene Vereinbarung weder die Kommission binden noch das Handeln der Kommission bei der Ausübung der ihr vom AEUV im Bereich der staatlichen Beihilfen übertragenen Befugnisse begrenzen (201).

(359)

Dasselbe gilt für die im OECD-Forum „Schädliche Steuerpraktiken“ erzielten Einigungen. In seiner Sitzung vom 6. Dezember 2011 beschloss das OECD-Forum Folgendes (auf Englisch): „[…] die folgenden 10 Regelungen brauchten nicht weiter geprüft zu werden […] Luxemburg — Vorab-Steueranalyse für gruppeninterne Finanzierung“ (freie Übersetzung). Weder ist die OECD ein Organ der Union noch ist die Union ein Mitglied der OECD (202). Die Beschlüsse der OECD, die nicht verbindlich sind, können die Organe der Union nicht binden. Das OECD-Forum hat in keiner Weise eine präzise Zusicherung gegeben, sondern lediglich beschlossen, die Luxemburger Steueranalyse gruppeninterner Finanzierungstätigkeiten weiter zu untersuchen. Deshalb ist es nicht möglich, auf der Grundlage dieses Zitats eine Schlussfolgerung in Bezug auf die Anwendung der Beihilfevorschriften auf den angefochtenen Steuerbescheid zu ziehen.

(360)

Zweitens macht Luxemburg geltend, dass die Kommission den Grundsatz der Rechtssicherheit verletzt habe. Luxemburg verweist auf frühere Beschlüsse der Kommission, in denen die Kommission akzeptiert habe, die Rückforderung auf der Grundlage dieses Grundsatzes zu begrenzen.

(361)

Allerdings existieren keine früheren Beschlüsse, die zu Unsicherheit darüber geführt haben könnten, dass Steuervorbescheide zur Gewährung einer staatlichen Beihilfe führen können. Tatsächlich hat die Kommission die Rückforderung in dem von Luxemburg angeführten Beschluss aufgrund der durch einen vorangegangenen Beschluss der Kommission erzeugten Unsicherheit begrenzt. Im vorliegenden Fall wird in der Mitteilung über direkte Unternehmensbesteuerung hingegen ausdrücklich Bezug genommen auf Steuervorbescheide und auf die Umstände, unter denen sie zur Gewährung einer staatlichen Beihilfe führen können.

(362)

In Bezug auf Luxemburgs Argument, dass die Höhe der Beihilfe sich nicht genau feststellen lasse, da es sich um einen neuartigen Ansatz handele, sodass eine Rückforderung ausgeschlossen werden müsse, stellt die Kommission fest, dass sie den Fremdvergleichsgrundsatz in früheren Beschlüssen angewandt hat, und zwar insbesondere in Bezug auf von Luxemburg erlassene Maßnahmen, und dabei zu dem Schluss gelangt ist, dass eine Verletzung dieses Grundsatzes eine staatliche Beihilfe darstellen konnte (203). Diese Schlussfolgerung ist zudem vom Gerichtshof bestätigt worden (204). Somit ist die Herangehensweise der Kommission an den angefochtenen Steuervorbescheid nicht neu. Den Mitgliedstaaten kann nicht unbekannt sein, dass eine Vereinbarung zwischen einer Steuerbehörde und einem Unternehmen, auf deren Grundlage dem Unternehmen eine Vorzugsbehandlung gewährt wird, die darin besteht, dass seine Steuerbemessungsgrundlage dadurch künstlich verringert wird, dass die verwendeten Verrechnungspreise keine zuverlässige Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis darstellen, zu einem Verstoß gegen die Beihilfevorschriften führt und bei Bestehen von Zweifeln bei der Kommission anzumelden ist.

(363)

Hinsichtlich der vermeintlichen Schwierigkeit einer Ermittlung der genauen Höhe der Beihilfe, die eine Nichtanordnung der Rückforderung rechtfertigen soll, hat der Gerichtshof in früheren Rechtssachen geurteilt (205), dass die Kommission nicht verpflichtet ist, die genaue Höhe der zurückzufordernden Beihilfe anzugeben. Das Unionsrecht fordert lediglich die Rückforderung von rechtswidrig gewährter Beihilfe, mit dem Ziel, den früheren Zustand wieder herzustellen, und dass die Rückzahlung in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Landesrechts erfolgt (206). Dementsprechend kann die Kommission sich auf die Feststellung der Verpflichtung zur Rückzahlung der jeweiligen Beihilfen beschränken und es den nationalen Behörden überlassen, die genaue Höhe der zurückzuzahlenden Beihilfe zu berechnen (207).

(364)

Die Kommission kann deshalb feststellen, dass die von Luxemburg angeführten Argumente bezüglich des berechtigten Vertrauens und der Rechtssicherheit in Bezug auf die Rückforderung der Beihilfe, die Luxemburg FFT mit Hilfe des angefochtenen Steuerentscheids gewährt hat, unbegründet sind.

10.2.   Rückforderungsmethode

(365)

Nach dem AEUV und der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Kommission befugt, im Anschluss an die Feststellung der Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu beschließen, dass der betroffene Mitgliedstaat die Beihilfe aufheben oder umgestalten muss. Der Gerichtshof hat ferner wiederholt festgestellt, dass die Verpflichtung eines Mitgliedstaats, eine von der Kommission für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärte Beihilfe aufzuheben, darauf abzielt, die vorherige Situation wiederherzustellen. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof geurteilt, dass das Ziel erreicht ist, wenn der Empfänger die rechtswidrig gewährte Beihilfe zurückgezahlt hat und so den Vorteil verliert, den er gegenüber seinen Wettbewerbern auf dem Markt genossen hat, sodass die Situation vor Zahlung der Beihilfe wiederhergestellt ist.

(366)

In Bezug auf rechtswidrige staatliche Beihilfen in Form einer steuerlichen Maßnahme sieht die Mitteilung über die direkte Unternehmensbesteuerung (208) unter Randnummer 35 vor, dass der Betrag, der zurückgefordert werden muss, anhand eines Vergleichs zwischen der tatsächlich gezahlten Steuer und der Steuer, die in Anwendung der allgemeinen Regelung hätte gezahlt werden müssen, berechnet wird. Um den Steuerbetrag zu ermitteln, der in Anwendung der allgemeinen Regelung hätte gezahlt werden müssen, das heißt wenn der Fremdvergleichsgrundsatz im Hinblick auf die Festsetzung der Steuerbemessungsgrundlage von FFT in Luxemburg korrekt angewandt worden wäre, muss die Luxemburger Steuerverwaltung die von FFT eingesetzte Methode für die jährliche Berechnung im Rahmen der TNMM-Methode auf der Grundlage des CAPM ändern, d. h. i) den Betrag des zu vergütenden Eigenkapitals und ii) die Höhe der auf diesen Eigenkapitalbetrag angewendeten Vergütung, die nach Erwägungsgrund 311 erforderlich ist.

(367)

Keine Bestimmung des Unionrechts verlangt von der Kommission, bei der Anordnung der Rückzahlung einer mit dem Binnenmarkt für unvereinbar erklärten staatlichen Beihilfe den genauen Betrag der zu erstattenden Beihilfe festzusetzen. Es genügt, dass der Beschluss der Kommission Angaben enthält, die es seinem Adressaten ermöglichen, diesen Betrag ohne übermäßige Schwierigkeiten selbst zu bestimmen (209).

(368)

Die Kommission hat in Abschnitt 7.2.2.10 und insbesondere in Erwägungsgrund 311 eine Methode vorgeschlagen, die geeignet ist, den selektiven Vorteil, der FFT durch den angefochtenen Steuervorbescheid gewährt wird, zu beseitigen (210), wenn Luxemburg die Steuerbemessungsgrundlage von FFT weiterhin auf der Grundlage der TNMM ermittelt. Allerdings erkennt die Kommission an, dass andere Methoden der Festsetzung der Verrechnungspreise ebenfalls zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis, das dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, führen können. Sollte Luxemburg daher vor dem Datum der Durchführung des vorliegenden Beschlusses eine Rückforderungsmethode vorschlagen, die auf einer anderen Methode der Verrechnungspreisgestaltung beruht, wäre die Kommission bereit, diese Methode zu akzeptieren, sofern ihre Anwendung zu einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis führt und sofern sie unabhängig von der getroffenen Entscheidung nicht zu einer Wiederholung der Entscheidungen und Anpassungen führt, die der Steuerberater von FFT im Verrechnungspreis-Bericht vorgenommen hat und die die Kommission als Abweichung vom Fremdvergleichsgrundsatz betrachtet.

(369)

Insbesondere sieht die Kommission keinerlei Grund, warum für die Berechnung der Höhe der zu vergütenden Eigenmittel Anpassungen an den bilanziellen Eigenmitteln von FFT vorgenommen werden sollten. Was die geschätzte fremdvergleichskonforme Vergütung dieser Eigenmittel betrifft, ist festzustellen, dass die Anwendung des CAPM zwar unnötig umständlich erscheinen mag, dass es jedoch keinen Grund dafür gibt, es nicht für Zwecke der Verrechnungspreisgestaltung einzusetzen, es sei denn, es wird eingesetzt, um eindeutig von einem marktbasierten Ergebnis abzuweichen, das an der bei vergleichbaren Unternehmen zu beobachtenden Eigenkapitalrendite abzulesen ist.

10.3.   Entität, von der die Beihilfe zurückzufordern ist

(370)

Angesichts der Ausführungen in den Erwägungsgründen 341 bis 345 vertritt die Kommission die Auffassung, dass Luxemburg zunächst die rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe, die durch den angefochtenen Steuervorbescheid gewährt wurde, von FFT zurückfordern muss. Sollte FFT nicht in der Lage sein, den vollen Betrag der durch den angefochtenen Steuervorbescheid gewährten staatlichen Beihilfe zurückzuzahlen, muss Luxemburg den verbleibenden Betrag dieser Beihilfe von Fiat Chrysler Automobiles N.V., dem Rechtsnachfolger von Fiat S.p.A., zurückfordern, da es sich bei diesem Unternehmen um die Entität handelt, die die Fiatgruppe kontrolliert; damit wird das Ziel verfolgt, die zuvor auf dem Markt bestehende Wettbewerbssituation wiederherzustellen.

11.   SCHLUSSFOLGERUNG

(371)

Die Kommission stellt fest, dass Luxemburg durch den angefochtenen Steuervorbescheid FFT und der Fiatgruppe unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig eine staatliche Beihilfe gewährt hat, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist; deshalb ist Luxemburg nach Artikel 16 der Verordnung (EU) 2015/1589 verpflichtet, die Beihilfe von FFT zurückzufordern; sollte FFT nicht den Gesamtbetrag der Beihilfe nicht zurückzahlen, ist Luxemburg verpflichtet, den verbleibenden von Fiat Chrysler Automobiles N.V. zurückzufordern —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Der von Luxemburg am 3. September 2012 erlassene Steuervorbescheid zugunsten von Fiat Finance and Trade Ltd., welcher es dem genannten Unternehmen ermöglicht, seine Steuerverpflichtungen in Luxemburg auf jährlicher Basis für einen Zeitraum von fünf Jahren zu bestimmen, stellt eine Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV dar, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist und von Luxemburg unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig durchgeführt worden ist.

Artikel 2

(1)   Luxemburg fordert die in Artikel 1 genannte, mit dem Binnenmarkt unvereinbare und rechtswidrige Beihilfe von Fiat Finance and Trade Ltd. zurück.

(2)   Etwaige Beträge, die nach der in Absatz 1 beschriebenen Rückforderung nicht von Fiat Finance und Trade Ltd. beigetrieben werden können, werden von Fiat Chrysler Automobiles N.V. zurückgefordert.

(3)   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Tag, an dem die Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung gestellt wurde, bis zur tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden.

(4)   Die Zinsen werden nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 anhand der Zinseszinsformel berechnet.

Artikel 3

(1)   Die in Artikel 1 genannte Beihilfe wird sofort in wirksamer Weise zurückgefordert.

(2)   Luxemburg stellt sicher, dass dieser Beschluss innerhalb von vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 4

(1)   Luxemburg übermittelt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses Informationen zu der Methode, nach der der genaue Beihilfebetrag berechnet wird.

(2)   Luxemburg unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Luxemburg unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen.

Artikel 5

Dieser Beschluss ist an Luxemburg gerichtet.

Brüssel, den 21. Oktober 2015

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Mitglied der Kommission


(1)  Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag die Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) getreten. Die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag und die Artikel 107 und 108 AEUV sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen dieses Beschlusses sind Bezugnahmen auf die Artikel 107 und 108 AEUV als Bezugnahmen auf die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag zu verstehen, wo dies angebracht ist. Der AEUV hat auch bestimmte terminologische Änderungen wie zum Beispiel die Ersetzung von „Gemeinschaft“ durch „Union“ und von „Gemeinsamer Markt“ durch „Binnenmarkt“ mit sich gebracht. Die Terminologie des AEUV wird in diesem Beschluss verwendet.

(2)   ABl. C 369 vom 17.10.2014, S. 37.

(3)  Dieses Schreiben trug das Aktenzeichen HT.4020 — Pratiques en matière de ruling fiscal.

(4)  In ihren Schreiben verwenden die luxemburgischen Behörden den Begriff „décision anticipative“ und nicht „ruling fiscal“. Tatsächlich beziehen sich aber beide Begriffe auf dieselbe Verfahrensweise, die dem Steuerzahler ein gewisses Maß an Sicherheit dahingehend gibt, wie das Körperschaftssteuerrecht in einem bestimmten Fall angewendet wird. Im vorliegenden Beschluss wird der Ausdruck „Steuervorbescheid“ verwendet, doch diesem wird dieselbe Bedeutung gegeben wie „decision anticipative“.

(5)  Dieses Schreiben wurde unter der Sache SA.37267 — Pratiques en matière de ruling fiscal versandt.

(6)  Die luxemburgischen Behörden hatten ausgewählte Informationen geschwärzt, insbesondere die Namen von Unternehmen und Tochtergesellschaften.

(*1)  Bestimmte Stellen des vorliegenden Textes wurden gestrichen, um keine vertraulichen Informationen preiszugeben; diese Stellen sind in eckige Klammern gesetzt.

(7)  Was die Untersuchung der Kommission zu FFT betrifft, erteilte die Kommission ein neues Aktenzeichen und verschickte das Erinnerungsschreiben vom 7. April und alle folgenden Mitteilungen unter dem Aktenzeichen SA.38375 (2014/CP) — Luxembourg — Aide présumée à FFT.

(8)  Die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1 ). Die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 wurde mit Wirkung vom 14. Oktober 2015 durch die Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 9) aufgehoben. Sämtliche während des Verfahrens durchgeführten Schritte wurden auf der Grundlage der Verordnung (EC) Nr. 659/1999 angenommen. Jede Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 ist als Bezugnahme auf die Verordnung (EU) 2015/1589 zu verstehen und nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang II der letzteren Verordnung zu lesen.

(9)  Siehe Fußnote 2.

(10)  Siehe Fußnote 2.

(11)  Siehe Erwägungsgrund 16.

(12)  Unter Aktenzeichen SA.37267 — Pratiques en matières de ruling fiscal — Luxembourg.

(13)  Das Schreiben vom 24. März wurde der Kommission zunächst am 24. März übermittelt und erneut am 26. März 2015.

(14)  Siehe Jahresbericht von Fiat Chrysler Automobiles zum Geschäftsjahr 2014. Im vorliegenden Beschluss gelten Bezugnahmen auf Fiat S.p.A. als Bezugnahmen auf Fiat Chrysler Automobiles N.V. und umgekehrt.

(15)  Im Verrechnungspreis-Bericht ist sowohl von FFT als auch von „FF&T“ die Rede, wobei dasselbe Unternehmen gemeint ist.

(16)  Die Beschreibung der „von Fiat S.p.A.“ ausgeübten Funktionen, die in der von Luxemburg eingereichten Version des angefochtenen Steuervorbescheids (wie im Einleitungsbeschluss beschrieben) enthalten ist, war teilweise geschwärzt worden. Der Ausdruck „von Fiat S.p.A.“ wurde dieser Beschreibung auf der Grundlage der nicht bearbeiteten Version dieses Vorbescheids, die Luxemburg am 24. März übermittelte, hinzugefügt.

(17)  Der Verrechnungspreis-Bericht enthält keine Begründung für diese Erklärung.

(18)  Der Steuervorbescheid verliert jedoch seine Gültigkeit, wenn die im Antrag beschriebenen Tatsachen oder Umstände sich als unvollständig oder unrichtig erweisen, wenn zentrale Elemente der tatsächlichen Transaktionen von der Beschreibung im Auskunftsersuchen abweichen oder wenn die Vorabvereinbarung über Verrechnungspreise nicht mehr mit nationalem oder internationalem Recht im Einklang steht.

(19)  Die Erwägungsgründe 44 bis 46 des Einleitungsbeschlusses enthalten eine eingehendere Erklärung für die vom Steuerberater genannten Gründe für seine Entscheidung, den steuerpflichtigen Gewinn von FFT auf der Grundlage der TNMM zu ermitteln.

(20)  Siehe Erwägungsgrund 51.

(21)  Das CAPM wird eingesetzt, um einen erforderlichen theoretischen Renditesatz für Vermögenswerte zu ermitteln, insbesondere für das Eigenkapital. Die Erwägungsgründe 39 bis 42 des Einleitungsbeschlusses bieten eine detaillierte Beschreibung des CAPM.

(22)  Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen — Überarbeitete Rahmenvereinbarung, Juni 2004 (im Folgenden „Rahmenvereinbarung Basel II“).

(23)  Da es sich bei FFT nicht um ein beaufsichtigtes Unternehmen handelt, wurde die Auslegung der Rahmenvereinbarung Basel II durch den Steuerberater im Fall FFT, mit der das Ziel verfolgt wurde, den angefochtenen Steuervorbescheid zu erwirken, von einer Regulierungsbehörde für Finanzinstitute weder geprüft noch bestätigt.

(24)  Der Begriff „Für die Ausübung der Funktionen eingesetztes Eigenkapital“ scheint keiner spezifisch definierten Eigenkapitalkategorie zu entsprechen.

(25)  Die Begriffe „Risikokapital“, „Mindestkapitalanforderung“, „erforderliches Mindestkapital im Rahmen von Basel II“ und „Mindestrisikokapital“ werden im gesamten Verrechnungspreis-Bericht austauschbar verwendet und bezeichnen dasselbe Konzept, nämlich die hypothetische regulatorische Kapitalausstattung von FFT, wie der Steuerberater sie unter Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II geschätzt hat.

(26)  Das Eigenkapital von FFT ist um den Wert der Beteiligungen an FFNA und FFC reduziert worden, wobei letztere durch Dividenden vergütet werden.

(27)   „Eigenkapital zur Unterlegung der ausgeübten Funktionen“ ist eine weitere Bezeichnung des Steuerberaters für den von ihm im Bericht eingeführten Begriff „für die Ausübung der Funktionen eingesetztes Kapital“.

(28)  Das 25. Perzentil der Betas wurde vom Steuerberater bei der Anwendung des CAPM verwendet, da er davon ausging, dass FFT begrenzte Risiken trug.

(29)  Daten zusammengestellt von Professor A. Damodaran, abrufbar unter http://pages.stern.nyu.edu/~adamodar/.

(30)  Jahresdurchschnitt 2011 des Eonia-Index (Euro OverNight Index Average).

(31)  Der Begriff „Beteiligung“ bezieht sich auf eine Investition in die Anteile, d. h. das Eigenkapital, eines Unternehmens.

(32)  Erwägungsgrund 54.

(33)  Abrufbar unter: http://www.impotsdirects.public.lu/legislation/legi11/Circulaire_L_I_R__n___164-2_du_28_janvier_2011.pdf.

(34)  Der Begriff „Gruppenfinanzierungsgesellschaften“ bezieht sich auf Entitäten, die vorrangig gruppeninterne Finanzierungstransaktionen durchführen (unter Ausschluss von Unternehmensbeteiligungen) (S. 1 des Rundschreibens).

(35)  Der Begriff „gruppeninterne Finanzierungstransaktionen“ bezieht sich auf jedwede Aktivität, die die Vergabe von Darlehen oder Vorschüssen an verbundene Unternehmen zum Gegenstand hat, wobei diese Leistungen durch Mittel und Finanzinstrumente wie Börsennotierungen, private Darlehen, Vorschüsse oder Bankdarlehen refinanziert werden (S. 1 des Rundschreibens).

(36)  Zwei Unternehmen sind „verbundene Unternehmen“, wenn eines von ihnen direkt oder indirekt an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital des anderen Unternehmens beteiligt ist, oder wenn dieselben Personen direkt oder indirekt an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital beider Unternehmen beteiligt sind (S. 1 des Rundschreibens).

(37)  Rundschreiben, S. 2.

(38)  Ebenda.

(39)  Ebenda.

(40)  Rundschreiben, S. 3.

(41)  Rundschreiben, S. 4.

(42)  Rundschreiben, S. 7.

(43)  Rundschreiben, S. 5 bis 8 ff.

(44)  Die Steuerverwaltungen der OECD-Mitgliedstaaten sind aufgefordert, diese Richtlinien zu befolgen. Tatsächlich stellen die OECD-Verrechnungspreisleitlinien einen Anhaltspunkt dar und üben einen deutlichen Einfluss auf die Steuerpraktiken der OECD-Mitglied- (sowie Nichtmitglied-)staaten aus.

(45)  Steuerverwaltungen und Gesetzgeber sind sich dieses Problems bewusst, und die Steuergesetzgebung erlaubt den Steuerverwaltungen im Allgemeinen, Steuererklärungen von integrierten Gesellschaften, die Verrechnungspreise nicht korrekt angewendet haben, zu berichtigen. Dabei werden die Verrechnungspreise durch Preise ersetzt, welche einer verlässlichen Annäherung an jene Preise entsprechen, die von unabhängigen Unternehmen unter vergleichbaren Umständen nach dem Fremdvergleichsgrundsatz ausgehandelt werden.

(46)  OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen, OECD, Juli 1995.

(47)  OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen, OECD, Juli 2010.

(48)  Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. L 177 vom 30.6.2006, S. 1).

(49)  Diese Zahlen wurden von Luxemburg in den am 24. März 2015 eingereichten Unterlagen bereitgestellt. Die Werte zur Steuerbemessungsgrundlage stimmen nicht vollständig mit dem im Abschluss gemeldeten steuerpflichtigen Gewinn überein.

(50)  S. Erwägungsgrund 21 des Einleitungsbeschlusses.

(51)  S. Erwägungsgrund 24 des Einleitungsbeschlusses.

(52)  S. Erwägungsgrund 51 des Einleitungsbeschlusses zu den Finanzkennzahlen von FFT für den Zeitraum 2009-2011, die im Verrechnungspreis-Bericht dargestellt sind. In Tabelle 8 wird auf die im Jahresbericht und in Fiats Vorlage vom 31. März 2015 verwendete Terminologie Bezug genommen, die unter Umständen nicht in jeder Hinsicht mit der vom Steuerberater im Verrechnungspreis-Bericht verwendeten Terminologie übereinstimmt.

(53)  Luxemburg gab an, dass die Garantiegebühr für die Jahre von 2011 bis 2013 an Fiat S.p.A. gezahlt wurde; diese Information ist dem Jahresbericht nicht zu entnehmen.

(*2)  Bei den in eckigen Klammern stehenden Zahlen handelt es sich um ungefähre Angaben. Die entsprechenden Zahlen wurden zu Vielfachen von 50, 500, 5 000, 50 000, 500 000 bzw. 5 000 000 000 gerundet.

(54)  EMTN steht für Euro Medium Term Note — Europäisches Programm für die Emission mittelfristiger Commercial Papers.

(55)  Eigenkapitalrendite.

(56)  Beschluss 2014/200/EU der Kommission vom 17. Juli 2013 über die staatliche Beihilfe SA.21233 C/11 (ex NN/11, ex CP 137/06) Spaniens — Auf bestimmte Finanzierungs-Leasingvereinbarungen anwendbares Steuersystem, das auch als spanisches True-Lease-Modell bezeichnet wird (ABl. L 114 vom 16.4.2014, S. 1).

(57)  Entscheidung 2008/283/EG der Kommission vom 13. November 2007 über die von Belgien geschaffene Beihilferegelung zugunsten der in Belgien niedergelassenen Koordinierungszentren und zur Änderung der Entscheidung 2003/757/EG (ABl. L 90 vom 2.4.2008, S. 7).

(58)  Entscheidung 2006/621/EG der Kommission vom 2. August 2004 über die von Frankreich durchgeführte staatliche Beihilfe zugunsten von France Télécom (ABl. L 257 vom 20.9.2006, S. 11).

(59)  Dies wird im Verrechnungspreis-Bericht damit erklärt, dass die Beteiligungen an FFNA und FFC mit Dividenden vergütet werden.

(60)  In dieser Hinsicht bezieht sich Luxemburg auf die Mitteilung der Kommission vom 4. Juni 2014 an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums im Zeitraum Juli 2012 bis Januar 2014 (COM(2014) 315 final).

(61)  Der folgende Abschnitt wird zitiert: „49(xv). Es wurde beschlossen, dass bei der Berechnung der risikogewichteten Eigenkapitalquote folgende Abzüge vorzunehmen sind: […] Investitionen in Tochtergesellschaften, die im Bank- und Finanzgeschäft tätig sind und die im nationalen Aufsichtssystem nicht konsolidiert erfasst werden. Übliche Praxis ist die Konsolidierung von Tochterinstituten für die Beurteilung der Eigenkapitalausstattung eines Bankkonzerns. Wird dies nicht getan, ist der Abzug unerlässlich, um die Mehrfachbelegung derselben Eigenkapitalelemente in verschiedenen Teilen des Konzerns zu verhindern. Der Abzug für solche Investitionen erfolgt entsprechend Absatz 37 oben. Aktiva, welche Investitionen in Tochterinstituten entsprechen, deren Eigenkapital von demjenigen des Mutterinstituts abgezogen wird, werden nicht in die gesamten Aktiva für die Berechnung der Eigenkapitalquote einbezogen.“

(62)  Artikel 57 sieht vor, dass nicht konsolidierte Eigenmittel eines Kreditinstituts „(1) Beteiligungen an anderen Kredit- und Finanzinstituten von mehr als 10 % ihres Kapitals“ nicht umfassen.

(63)  Der Grund hierfür sind das hohe Integrationsniveau der Tätigkeiten der Gruppe und die historische Unterstützung von Fiat S.p.A für seine Tochtergesellschaften. FFT zufolge verwenden Kreditagenturen Konzernabschlüsse, um das Kreditrating von Fiat S.p.A festzulegen.

(64)  FFT arbeitet ausschließlich mit großen, im Bereich des Euro-Währungsgebiets ansässigen Finanzinstituten, bei denen „Option 1“ (die Option, die eine Bezugnahme auf das Länderrating anstelle des Ratings der Bank erlaubt) von den nationalen Aufsichtsbehörden gebilligt wurde. Darüber hinaus sieht die CRD-III-Richtlinie eine Risikogewichtung von 0 % für Länder vor, die Anleihen in ihren eigenen Währungen ausgeben (ungeachtet des Ratings) (Anhang VI, Teil 1, Punkt 1.2, Absatz 4). Daher könnte nach dem Verständnis, das FFT und [sein Steuerberater] von der Rahmenvereinbarung Basel II und den Bestimmungen der CRD-Richtlinie haben, auf die betroffenen Banken eine Risikogewichtung angewendet werden, die um eine Stufe niedriger ist als die, die auf den Staat, in dem die Bank tätig ist, anwendbar ist. Eine solche Anwendung der Rahmenvereinbarung Basel II führt zur Wahl der Risikogewichtung von 20 % für das Risiko von FFT gegenüber Banken. Diese Argumentation wird sowohl für das Kredit- als auch für das Kontrahentenrisiko von FFT gegenüber Banken angewandt.

(65)  Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht, Internationaler Regulierungsrahmen für Banken (Basel III).

(66)  Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

(67)  FFT stützt diese Auffassung durch einen Verweis auf Abschnitt 5.3.2. der Mitteilung der Kommission über die Körperschaftsteuer im Binnenmarkt ( COM(2001) 582 endg. vom 23. Oktober 2001).

(68)  In diesem Zusammenhang nimmt FFT Bezug auf den Beschluss der Kommission zu Umicore (Beschluss der Kommission vom 26. Mai 2010 über eine staatliche Beihilfe für Umicore S.A., C 76/2003 (ex NN 69/2003), in dem die Kommission feststellte, dass lediglich „unverhältnismäßige“ Steuervorteile einer beihilferechtlichen Prüfung unterzogen werden.

(69)  Insbesondere in der Entscheidung der Kommission vom 28. Oktober 2009 über die von Ungarn durchgeführte staatliche Beihilfe C 10/07 (ex NN 13/07) in Bezug auf Steuerabzüge für gruppeninterne Zinserträge (im Folgenden „Entscheidung über die steuerliche Behandlung von Zinszahlungen für Gruppen in Ungarn“).

(70)  Entscheidung 2009/809/EG der Kommission vom 8. Juli 2009 über die „Groepsrentebox“-Regelung, die die Niederlande durchzuführen beabsichtigen (C 4/07 (ex N 465/06)) (ABl. L 288 vom 4.11.2009, S. 26) (im Folgenden „Groepsrentebox-Entscheidung“).

(71)  Entscheidung 2004/77/EG der Kommission vom 24. Juni 2003 über die von Belgien durchgeführte Beihilferegelung in Form eines Steuervorbescheids für US Foreign Sales Corporations (ABl. L 23 vom 28.1.2004, S. 14); Entscheidung 2003/755/EG der Kommission vom 17. Februar 2003 über eine von Belgien durchgeführte Beihilferegelung zugunsten von Koordinierungszentren mit Sitz in Belgien (ABl. L 282 vom 30.10.2003, S. 25); Entscheidung 2003/501/EG der Kommission vom 16. Oktober 2002 über die von Luxemburg durchgeführte Beihilferegelung C 49/2001 (ex NN 46/2000) — Koordinierungszentren (ABl. L 170 vom 9.7.2003, S. 20); Entscheidung 2004/76/EG der Kommission vom 13. Mai 2003 über die von Frankreich durchgeführte Beihilferegelung zugunsten von Verwaltungs- und Logistikzentren (ABl. L 23 vom 28.1.2004, S. 1); Entscheidung 2003/512/EG der Kommission vom 5. September 2002 über die von Deutschland durchgeführte Beihilferegelung für Kontroll- und Koordinierungszentren (ABl. L 177 vom 16.7.2003, S. 17).

(72)  S. Urteil des Gerichtshofs vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post, C-399/08 P, ECLI:EU:C:2010:481, Randnummer 38 und die dort zitierte Rechtsprechung.

(73)  S. Urteil des Gerichtshofs vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post, C-399/08 P, ECLI:EU:C:2010:481, Randnummer 38 und die dort zitierte Rechtsprechung.

(74)  S. Urteil des Gerichtshofs vom 15. November 2011 in den verbundenen Rechtssachen C-106/09 P und C-107/09 P, Kommission/Regierung von Gibraltar und Vereinigtes Königreich, ECLI:EU:C:2011:732, Randnummer 72 und die dort zitierte Rechtsprechung.

(75)  S. Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 1980, Philip Morris, C 730/79, ECLI:EU:C:1980:209, Randnummer 11 und das Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2000 in den verbundene Rechtssachen T-298/97, T-312/97 usw., Alzetta, ECLI:EU:T:2000:151, Randnummer 80.

(76)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 3. März 2005, Heiser, C-172/03, ECLI:EU:C:2005:130, Randnummer 40.

(77)  S. Urteil des Gerichtshofs vom 8. September 2011, Paint Graphos u. a., verbundene Rechtssachen C-78/08 bis C-80/08, ECLI:EU:C:2011:550.

(78)  S. Urteil des Gerichtshofs vom 8. September 2011, Paint Graphos u. a., verbundene Rechtssachen C-78/08 bis C-80/08, ECLI:EU:C:2011:550, Randnummer 65.

(79)  S. Urteil des Gerichtshofs vom 8. September 2011, Paint Graphos u. a., verbundene Rechtssachen C-78/08 bis C-80/08, ECLI:EU:C:2011:550, Randnummer 50.

(80)  Zu dieser Kategorie von Einnahmen, die einer stabilen Niederlassung in Luxemburg zuzuweisen sind, zählen Einnahmen aus im Land erbrachte professionellen Dienstleistungen, Dividenden, Zinsen aus Beteiligungsdarlehen und Anleihenzinsen, wenn die Zahlstelle der Staat, eine in Luxemburg ansässige natürliche Person oder ein in Luxemburg ansässiges Unternehmen ist, Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen von mindestens 10 % an in Luxemburg ansässigen Unternehmen (mit Ausnahme von Risikokapitalfonds).

(81)  Im Jahr 2012. Der Solidaritätszuschlag wurde mit Wirkung vom Steuerjahr 2013 von 5 % auf 7 % erhöht.

(82)  Mit den für das Steuerjahr 2013 vorgenommenen Änderungen ist die Gesamtkörperschaftsteuer für die Stadt Luxemburg von 28,80 % auf 29,22 % gestiegen.

(83)  Außerdem unterliegen die Luxemburger Unternehmen einer jährlichen Vermögenssteuer auf ihr Nettovermögen, die in einer Abgabe von 0,5 % auf den Nettowert des weltweiten Vermögens des Unternehmens zum 1. Januar eines jeden Jahres besteht.

(84)  Z. B. Zinsaufwendungen für Vermögenswerte, die steuerfreie Einnahmen generieren, oder Sitzungsgelder, die nicht mit der täglichen Geschäftsführung des Unternehmens zusammenhängen.

(85)  Das System der steuerlichen Integration ist anwendbar, wenn eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sind: Vom Beginn des ersten Rechnungslegungszeitraums, während dessen der Antrag auf Anwendung des Systems der steuerlichen Integration gestellt wurde, hält die Muttergesellschaft direkt oder indirekt eine Beteiligung von 95 % oder mehr am Kapital der Tochtergesellschaft; die Tochtergesellschaft ist eine in Luxemburg ansässige, vollumfänglich in Luxemburg steuerpflichtige Kapitalgesellschaft; die Muttergesellschaft ist ebenfalls eine in Luxemburg ansässige, vollumfänglich in Luxemburg steuerpflichtige Kapitalgesellschaft oder eine Zweigniederlassung eines nicht in Luxemburg ansässigen Unternehmens, das am Ort seiner Niederlassung in vollem Umfang einer Steuer unterliegt, die der Körperschaftsteuer in Luxemburg entspricht; das System der steuerlichen Integration wurde für mindestens fünf Rechnungsjahre beantragt.

(86)  Ein integriertes Unternehmen kann die in einigen seiner Anlagen entstandenen Verluste mit den in anderen Anlagen erzielten Gewinnen kompensieren. Beim System der steuerlichen Integration wird eine Unternehmensgruppe mit einem einzigen Steuerpflichtigen gleichgesetzt. Dadurch lassen sich die Nachteile, die Unternehmensgruppen im Vergleich zu integrierten Unternehmen hinsichtlich der Einkommensbesteuerung erfahren, beseitigen. Das System der steuerlichen Integration ist keine Beihilfemaßnahme, sofern die Unternehmensgruppe nach der Integration nicht günstiger behandelt wird als ein integriertes Unternehmen.

(87)  Im Allgemeinen wird hinsichtlich der direkten Besteuerung von Unternehmen davon ausgegangen, dass sich alle Unternehmen, die Einnahmen erzielen, in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Situation befinden.

(88)  Anmerkungen von FFT zum Einleitungsbeschluss, Abschnitt 2.1.

(89)  Anmerkungen von FFT zum Einleitungsbeschluss, Abschnitt 2.1.3.

(90)  Siehe Fußnoten 66 und 67.

(91)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 20. Mai 2010, Todaro Nunziatina & C., C-138/09, ECLI:EU:C:2010:291, Randnummer 21.

(92)  Die Regelung sah vor, dass der positive Saldo zwischen den auf Darlehen der Gruppe erhaltenen Zinsen und den im Rahmen von gruppeninternen Finanzierungstransaktionen entrichteten Zinsen nicht zum damaligem normalen Körperschaftssteuersatz von 25,5 %, sondern in einer Groepsrentebox mit 5 % besteuert wurde.

(93)  Groepsrentebox-Entscheidung, Erwägungsgrund 85.

(94)  Groepsrentebox-Entscheidung, Erwägungsgrund 101.

(95)  Groepsrentebox-Entscheidung, Erwägungsgrund 107.

(96)  In dem Rundschreiben heißt es: „Bei Gruppenfinanzierungsgesellschaften sind die für die Gewährung von Darlehen an Gruppenunternehmen ausgeübten Funktionen im Wesentlichen mit den Funktionen vergleichbar, die unabhängige Finanzinstitute ausführen, welche der Aufsicht durch die Überwachungskommission des Finanzsektors (CSSF) unterliegen.“

(97)  S. Artikel 9 des OECD-Musterabkommens

(98)  In diesem Fall sah die Maßnahme für Unternehmen die Möglichkeit vor, von ihrer Steuerbemessungsgrundlage in Ungarn 50 % des Betrags der von verbundenen Unternehmen erhaltenen Nettozinsen abzuziehen — d. h. 50 % der Differenz zwischen den von verbundenen Unternehmen erhaltenen Zinsen und den Zinsen, die sie an verbundene Unternehmen entrichten. Folglich wird nur die Hälfte der erhaltenen Nettozinsen versteuert, während bei der normalen Anwendung des Steuersystems die gesamten Zinsen besteuert werden müssten. Der Steuerbemessungsgrundlage des verbundenen Unternehmens, das die Nettozinsen gezahlt hat, werden hingegen 50 % des Gesamtbetrags der gezahlten Nettozinsen hinzugefügt, d. h. statt eines vollen Abzugs der gezahlten Nettozinsen, der im Rahmen des normalen Steuersystems erfolgen würde, können die Unternehmen nur die Hälfte dieses Betrags von ihrer Steuerbemessungsgrundlage abziehen. Die Regelung gilt nur für die von verbundenen Unternehmen gezahlten Zinsen und an verbundene Unternehmen gezahlte Zinsen und verfolgt das Ziel, den Unterschied zwischen der Eigenfinanzierung und der Finanzierung durch gruppeninterne Darlehen zu verringern.

(99)  Anmerkungen Luxemburgs zum Einleitungsbeschluss, Randnummer 73.

(100)  FFTs zweite Gruppe von Anmerkungen, Abschnitte 2.1.3. und 2.1.4.

(101)  FFTs erste Gruppe von Anmerkungen, Punkt 60.

(102)  Wie in Erwägungsgrund 206 festgestellt.

(103)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juni 2015, Kommission/MOL, C-15/14 P, ECLI:EU:C:2015:362, Randnummer 60; siehe außerdem Urteil des Gerichts vom 26. Februar 2015, Orange/Kommission, T-385/12, ECLI:EU:T:2015:117.

(104)  Siehe Urteil des Gerichtshofs, SFEI u. a., C-39/94, ECLI:EU:C:1996:285, Randnummer 60; Urteil des Gerichtshofs, Spanien/Kommission, C-342/96, ECLI:EU:C:1999:210., Randnummer 41.

(105)  Dieser Vorteil braucht nicht „unverhältnismäßig“ zu sein, wie FFT in seinen Anmerkungen geltend macht (Abschnitte 1.7.1 und 1.7.2). Im Hinblick auf den Beihilfecharakter eines Vorteils reicht es aus, dass der Vorteil die übrigen Voraussetzungen des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erfüllt. Der von FFT zitierte Umicore-Beschluss (Beschluss der Kommission vom 26.5.2010 über staatliche Beihilfe für Umicore S.A., C 76/2003 (ex NN 69/2003)) ist für den vorliegenden Fall nicht relevant, da die Kommission durch ihre Beschlusspraxis nicht gebunden ist (s. Erwägungsgrund 202). In jedem Falle ist es angesichts der Unterschiede zwischen dem vorliegenden Fall und dem Umicore-Fall nicht möglich, Parallelen zwischen den beiden Fällen zu ziehen. Der Umicore-Fall betraf die Anwendung von MwSt-Befreiungen für Umicore im Zusammenhang mit bestimmten Silberverkäufen an in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Unternehmen. Im Dezember 2000 schloss die zuständige belgische Steuerbehörde (Inspection Spéciale des Impôts — ISI) eine Vereinbarung mit dem Unternehmen. Der Abschluss einer derartigen Vereinbarung war eine Verwaltungspraxis der belgischen Steuerbehörden, aber nur soweit sie sich auf Sachfragen bezog und nicht auf die Steuerhöhe. „Allerdings sind nach Artikel 84 MwStGB Vergleiche nur möglich, insofern diese nicht eine Steuerbefreiung oder -ermäßigung zur Folge haben. In Anwendung dieses Grundsatzes kann sich ein Vergleich also nicht auf den sich aus den Feststellungen ergebenden Steuerbetrag, jedoch sehr wohl auf Sachfragen beziehen“ (Randnummer 154).

(106)  Siehe Urteil Italien/Kommission, 173/73, ECLI:EU:C:1974:71, Randnummer 13.

(107)  Siehe z. B. Urteil Banco Exterior de Espana, C-397/92, ECLI:EU:C:1994:100.

(108)  Siehe Urteil Belgien und Forum 187 ASBL/Kommission, verbundene Rechtssachen C-182/03 und C-217/03, ECLI:EU:C:2006:416.

(109)  Ebenda.

(110)  Entscheidung der Kommission 2003/757 vom 17. Februar 2003 über die von Belgien durchgeführte Beihilferegelung für in Belgien ansässige Koordinierungszentren (ABl. L 282 vom 30.10.2003, S. 25).

(111)  Siehe Urteil Belgien und Forum 187 ASBL/Kommission, verbundene Rechtssachen C-182/03 und C-217/03, ECLI:EU:C:2006:416, Randnummern 96 und 97.

(112)  Siehe Urteil Belgien und Forum 187 ASBL/Kommission, verbundene Rechtssachen C-182/03 und C-217/03, ECLI:EU:C:2006:416, Randnummer 81.

(113)  Luxemburgs Anmerkungen zum Einleitungsbeschluss, Absatz 38 bis 40.

(114)  Siehe Erwägungsgrund 102.

(115)  Siehe Tabelle 7.

(116)  Siehe Erwägungsgrund 64.

(117)  Siehe Erwägungsgrund 70.

(118)  Für eine Beschreibung des TNMM siehe Erwägungsgrund 91.

(119)  Die Kommission erkennt FFTs Argument in Erwägungsgrund 162 nicht an, dass die Tatsache, dass immer häufiger auf die TNMM zurückgegriffen wird, ihren Gebrauch rechtfertigt. Dieses Argument steht im Widerspruch zu FFTs Bezugnahme auf den Abschnitt 2.2 der OECD-Transferpreisleitlinien, wie in Erwägungsgrund 161 angegeben, in dem es heißt „die Wahl einer Verrechnungspreismethode zielt darauf ab, die am besten geeignete Methode für einen konkreten Fall zu finden.“ Die Zielsetzung der OECD-Leitlinien ist mit der Auslegung, dass der Steuerpflichtige unbeachtet der Tatsachen und Umstände des jeweiligen Falls unter verschiedenen Methoden frei wählen kann, nicht vereinbar.

(120)  Dies unterscheidet sich deutlich von einer Situation, in der ein Unternehmen zwar gruppeninterne Darlehen gewährt, sich aber auf Back-To-Back-Geschäfte beschränkt, für die ein Einzelunternehmen nicht akzeptieren würde, eine dritte Partei zu vergüten, da solche Transaktionen ohne andere Funktionen und Operationen wirtschaftlich nicht gerechtfertigt sind (Back-To-Back-Geschäfte können für die Unterlegung von Risiken verwendet werden, die sich aus einer anderen Tätigkeit ergeben). Aus diesem Grund können derartige Transaktionen sowie andere Funktionen nicht mit den wichtigsten Funktionen eines Finanzinstituts verglichen werden. Ihr Preis kann auf der Grundlage der Eigenmittel nicht ordnungsgemäß festgesetzt werden, da in anderen Sektoren andere Indikatoren, wie z. B. die Gesamtkapitalrentabilität oder die Umsatzrendite, angemessener sein können.

(121)  Siehe Fußnote 114.

(122)  Siehe die Erwägungsgründe 58 und 59.

(123)  Siehe auch Erwägungsgrund 68 des Einleitungsbeschlusses.

(124)  Zu weiteren Beispielen zu den Unterschieden zwischen verschiedenen eigenkapitalbasierten Gewinnindikatoren siehe insbesondere McKinsey Working Papers on Risk, Nummer 24, „The use of economic capital in performance management for banks“, Januar 2011, insbesondere Abbildung 10 auf Seite 13.

(125)  Im Verrechnungspreis-Bericht ermittelt der Steuerberater eine Risikovergütung von 1 726 000 EUR, während die Anwendung der Rendite auf das Kapital zu 6,05 % auf die bilanziellen Eigenmittel von FFT zu einer Risikovergütung von 17 392 000 EUR führen würde.

(126)  Erwägungsgrund 163.

(127)  Siehe Abschnitt 2.97 der OECD-Leitlinien.

(128)  Siehe Abschnitt 2.86 der OECD-Leitlinien.

(129)  Dem Rundschreiben zufolge nehmen die Dienstleister, auf die das Rundschreiben abzielt, im Wesentlichen Funktionen wahr, die mit den von regulierten Instituten wahrgenommenen Funktionen vergleichbar sind. Das Rundschreiben verweist außerdem auf mögliche Aufschläge, die die mit der Kreditgewährung verbundenen Kosten erhöhen und mit der Erfüllung der Solvabilitätsanforderungen verbunden sind. Allerdings beschränkt das Rundschreiben die zu vergütenden Eigenmittel nicht auf diese Solvabilitätsanforderungen.

(130)  Siehe Erwägungsgrund 81.

(131)  Die Verwendung der Rendite der regulatorischen Eigenmittel wird in der Praxis erschwert durch die verschiedenen Arten von regulatorischen Eigenmitteln, die von den regulierten Instituten gehalten werden, wie z. B. Tier-1- und Tier-2-Kapital, während die Eigenmittel der einzige Kapitaltyp sind, über den FFT verfügt. Diese Komplexität wird bei der Rahmenvereinbarung Basel III verstärkt. Regulierte Finanzinstitute melden die Höhe ihrer regulatorischen Mindestkapitalanforderungen in der Regel nicht, wenngleich sie indirekt nachgerechnet werden können. Sie melden vielmehr die tatsächliche Höhe der regulatorischen Eigenmittel, die sie halten, welche immer höher ist als das erforderliche Minimum. Schließlich wird die risikoberichtigte Rendite des Eigenkapitals, die als mit einer Rendite der regulatorischen Eigenmittel vergleichbar betrachtet werden kann, zuweilen von regulierten Instituten für interne Preisgestaltungszwecke verwendet. Allerdings wird sie im vorliegenden Fall Vermögenswert für Vermögenswert angewandt und nicht insgesamt als Indikator für die Gesamtgewinne des Instituts, sodass sie grundsätzlich auch nicht offengelegt wird.

(132)  Siehe Erwägungsgrund 256.

(133)  Siehe Tabelle 6.

(134)  IWF WP/12/36, „How Risky Are Banks' Risk Weighted Assets“ Sonali Das und Amadou N.R. Sy, 2012, S. 6.

(135)  Erwägungsgründe 58 und 59.

(136)  Einleitungsbeschluss, Erwägungsgrund 72.

(137)  Erwägungsgrund 167.

(138)  Ebenda.

(139)  Siehe Erwägungsgrund 98.

(140)  Siehe Erwägungsgrund 58.

(141)  Siehe Fußnote 136.

(142)  In Ermangelung ausreichender Daten für die Berechnung einer korrekten Schätzung der regulatorischen Mindesteigenmittel von FFT kann festgestellt werden, dass der Branchendurchschnitt zu regulatorischen Mindesteigenmitteln von 427 Mio. EUR geführt hätte (siehe Erwägungsgrund 270), was über den Gesamteigenmitteln von FFT in Höhe von 287 Mio. EUR liegt.

(143)  Siehe Erwägungsgrund 69 und Tabelle 1.

(144)  Siehe Erwägungsgrund 61.

(145)  Siehe Erwägungsgrund 97.

(146)  Siehe Erwägungsgrund 96.

(147)  Wie von Luxemburg in Erwägungsgrund 154 dargestellt.

(148)  Siehe Erwägungsgrund 154.

(149)  Siehe Erwägungsgrund 95.

(150)  Siehe Erwägungsgrund 165.

(151)  Der Leverage ist der Anteil der durch Eigenmittel finanzierten Aktiva. Da die übrigen Aktiva durch Verbindlichkeiten finanziert werden, ist der Leverage ein Maßstab für die Verschuldung und umgekehrt für die Kapitalausstattung eines Unternehmens.

(152)  Im Fall von FFT sind alle Eigenmittel der Kategorie 1 (Tier 1), da FFT keine Instrumente anderer Kategorien einsetzt.

(153)  Siehe Erwägungsgrund 268.

(154)  Dargestellt in den Erwägungsgründen 121 bis 126.

(155)  Auf der Grundlage der Rechnungslegungszahlen von FF, die in der Tabelle in Erwägungsgrund 114 dargestellt werden.

(156)  Die hypothetischen regulatorischen Eigenmittel von 427 Mio. EUR wären auch höher als die Eigenmittel in Höhe von 286 Mio. EUR, die FFT zum Zeitpunkt des Erwerbs von FFNA und FFC hielt.

(157)  Der Verrechnungspreis-Bericht ist von 2011; aus diesem Grund wird dieser Bezugszeitraum gewählt. Zum Vergleich: Im Zeitraum vom 12. Mai 2012 bis zum 12. Mai 2014 betrug der Beta-Faktor des Index 1,3.

(158)  Siehe Tabelle 6 des Einleitungsbeschlusses.

(159)  Siehe Tabelle 4

(160)  Siehe Erwägungsgrund 114.

(161)  Wie angegeben in Erwägungsgrund 123.

(162)  Siehe Erwägungsgrund 155.

(163)  Wie in den Erwägungsgründen 113 und 114 dargestellt.

(164)  Siehe Tabelle in Erwägungsgrund 125.

(165)  Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, 81. Jahresbericht, 1. April 2010-31. März 2011, 26. Juni 2011, Seite 81

(166)  EZB, Finanzstabilitätsbericht, Dezember 2011, Seite 130.

(167)  Deutsche Bank, European Banks: Running the Numbers: Frühjahrsausgabe vom 5. April 2011. In einem Bericht der Deutschen Bank vom 20. März 2015 werden die impliziten Eigenmittelkosten für europäische Banken auf 10 % geschätzt.

(168)  FFTs erste Gruppe von Anmerkungen, Absatz 64; FFTs zweite Gruppe von Anmerkungen, Absatz 1.81. ff., Absatz 3.1.8.

(169)  Insbesondere die Entscheidung über die steuerliche Behandlung von Zinszahlungen für Gruppen in Ungarn.

(170)  Siehe Erwägungsgrund 202.

(171)  Siehe außerdem die Groepsrentebox-Entscheidung, Erwägungsgründe 80 bis 82; Erwägungsgründe 131 und 132.

(172)  Siehe Urteil France Télécom/Kommission, C-81/10 P, ECLI:EU:C:2011:811, Randnummer 43, Urteil Italien/Kommission, C-66/02, ECLI:EU:C:2005:768, Randnummer 34; siehe auch Urteile Frankreich und France Télécom/Kommission, T-427/04 und T-17/05, ECLI:EU:T:2009:474, Randnummern 207 und Artikel 215.

(173)  Luxemburgs Anmerkungen zum Einleitungsbeschluss, Absatz 28.

(174)  Siehe Erwägungsgrund 77.

(175)  FFTs erste Gruppe von Anmerkungen, Absatz 60; FFTs zweite Gruppe von Anmerkungen, Absatz 1.4.

(176)  Sektion 7.2.1.1.

(177)  Rundschreiben, S. 3 und 4 ff.

(178)  Luxemburgs Anmerkungen zum Einleitungsbeschluss, Absatz 34.

(179)  Luxemburgs Anmerkungen zum Einleitungsbeschluss, Absatz 36.

(180)  Die Nummerierung bezieht sich auf die Nummerierung der Vorbescheide, wie sie von Luxemburg bei der Kommission eingereicht wurden.

(181)  Seite 34 des FFT-Verrechnungspreis-Berichts.

(182)  Siehe Erwägungsgrund 83.

(183)  Davon betreffen zwei Vorbescheide die Anträge von FFT und [Unternehmen F], siehe Erwägungsgründe 28 und 29.

(184)  Das Ersuchen der Kommission vom 23. Juni 2015 deckt alle von der Gesellschaft übermittelten Verrechnungspreis-Berichte ab, und die Vorlage von Luxemburg vom 25. Juni 2015 enthält keine nachträglich eingereichten Verrechnungspreis-Berichte.

(185)  Luxemburgs Schreiben vom 24. März 2015, Antwort auf Frage 6.

(186)  Siehe Urteil Paint Graphos u. a., C-78/08 bis C-80/08, ECLI:EU:C:2011:550, Randnummer 69.

(187)  Urteil Hydrotherm, C-170/83, ECLI:EU:C:1984:271, Randnummer 11. Siehe Urteil Paint Graphos, verbundene Rechtssachen T-137/02 bis C-80/08, ECLI:EU:C:2004:304, Randnummer 50.

(188)  Urteil Acea Electrabel Produzione SpA/Kommission, C-480/09 P, ECLI:EU:C:2010:787, Randnummern 47 bis 55; Urteil Cassa di Risparmio di Firenze SpA u. a., C-222/04, ECLI:EU:C:2006:8, Randnummer 112.

(189)  Siehe Erwägungsgrund 110.

(190)  Siehe Erwägungsgrund 34.

(191)  Siehe in Analogie Urteil Intermills, C-323/82, ECLI:EU:C:1984:345, Randnummer 11: „Aus dem Vorbringen der Klägerin und der Streithelferinnen ergibt sich, dass sowohl die Firma Intermills als auch die drei Industriegesellschaften von der Region Wallonien kontrolliert werden und dass die Klägerin auch nach der Übertragung der Produktionsanlagen auf die drei neu gegründeten Gesellschaften noch an diesen beteiligt ist. Zwar ist jede der drei Produktionsgesellschaften eine von der alten Intermills-Gesellschaft unabhängige juristische Person, doch bilden alle diese Gesellschaften zusammen, zumindest hinsichtlich der von den belgischen Behörden gewährten Beihilfe, eine einheitliche Gruppe. […]“.

(192)  Siehe Erwägungsgrund 48.

(193)  Die in Artikel 107 Absatz 2 AEUV vorgesehenen Ausnahmen, die Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher, Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, und Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter Gebiete der Bundesrepublik Deutschlands betreffen, sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

(194)  Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 248 vom 24.9. 2015, S. 9).

(195)  Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1).

(196)  Luxemburgs Anmerkungen zum Einleitungsbeschluss, Artikel 104 f. Luxemburg zitiert Artikel 19 des Berichts der Gruppe „Verhaltenskodex“ (direkte Unternehmensbesteuerung) des ECOFIN-Rats, in dem es (auf Englisch) heißt: „With respect to the Luxembourg tax measure concerning companies engaged in intra-group financing activities the Group discussed the agreed description at the meeting on 17 February 2011. Luxembourg informed the Group that Circular No 164/2 dated 28 January 2011 determines the conditions for providing advance pricing agreements confirming the remuneration of the transactions. At the meeting on 11 April 2011, Luxembourg informed that Group that Circular No 164/2 bis dated 8 April 2011 ensured that advance confirmations granted prior to the entry into force of Circular No 164/2 would cease to be valid by 31 December 2011. With the benefit of this information, the Group agreed that there was no need for this measure to be assessed against the criteria of the Code of Conduct.“

(197)  Siehe Urteil Kommission/Deutschland, C-5/89, ECLI:EU:C:1990:320, Randnummer 17, und Urteil Italien/Kommission, C-310/99, ECLI:EU:C:2002:143, Randnummer 104.

(198)  Siehe Urteil Ladbroke Racing/Kommission, T-67/94, ECLI:EU:T:1998:7, Randnummer 183; siehe ferner Urteil P&O European Ferries (Vizcaya) SA und Diputacion Floral de Vizcaya/Kommission, T-116/01 und T-118/01, ECLI:EU:T:2003:217, Randnummer 203.

(199)  Siehe Urteil Mehibas Dordtselaan/Kommission, T-290/97, ECLI:EU:T:2000:8, Randnummer 59, und Urteil Belgien und Forum 187 ASBL/Kommission, C-182/03 und C-217/03, ECLI:EU:C:2006:416, Randnummer 147.

(200)  Schlussfolgerungen des Rates „Wirtschafts- und Finanzfragen“ vom 1. Dezember 1997 zur Steuerpolitik (ABl. C 2 vom 6.1.1998, S. 1). Weitere Unterlagen unter folgender Adresse: http://ec.europa.eu/taxation_customs/business/company-tax/harmful-tax-competition_de#code_conduct.

(201)  Siehe dazu die Schlussanträge des Generalanwalts Philippe Léger in der Rechtssache C-217/03, Belgien und Forum 187 ASBL/ Kommission, ECLI:EU:C:2006:89, Randnummer 376.

(202)  Im Zusatzprotokoll Nr. 1 zum OECD-Übereinkommen vom 14. Dezember 1960 vereinbarten die Zeichner des Übereinkommens, dass sich die Europäische Kommission an der Arbeit der OECD beteiligen wird. Vertreter der Europäischen Kommission nehmen zusammen mit den Mitgliedern an Gesprächen über das Arbeitsprogramm der OECD teil und werden in die Arbeit der gesamten Organisation und ihrer verschiedenen Organe einbezogen. Wenngleich die Teilnahme der Europäischen Kommission weit über die Teilnahme eines Beobachters hinausgeht, hat sie kein Stimmrecht und beteiligt sich nicht an der Annahme rechtlicher Instrumente, die dem Rat zur Verabschiedung vorgelegt werden.

(203)  Entscheidung der Kommission vom 11. Juli 2001 in der Rechtssache C 47/2001 (ex NN 42/2000) — Deutschland: Kontroll- und Koordinierungsstellen ausländischer Konzerne (ABl. C 304 vom 30.10.2001, S. 2). Entscheidung 2003/501/EG.

(204)  Siehe Fußnote 105.

(205)  Wenn auch im Zusammenhang mit einer „Unmöglichkeit einer Rückforderung“ und nicht „Schwierigkeiten bei der genauen Feststellung der Höhe der Beihilfe“.

(206)  Urteil Frankreich/Kommission, verbundene Rechtssachen T-427/04 und T-17/05, ECLI:EU:T:2009:474, Randnummer 297.

(207)  Urteil Frankreich/Kommission, verbundene Rechtssachen T-427/04 und T-17/05, ECLI:EU:T:2009:474, Randnummer 299.

(208)  Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung (ABl. C 384 vom 10.12.1998, S. 3).

(209)  Siehe Urteil Kommission/Frankreich, C-441/06, ECLI:EU:C:2007:616, Randnummer 29 und die dort angeführte Rechtsprechung.

(210)  Siehe insbesondere die Erwägungsgründe 308 bis 311.


22.12.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 351/68


BESCHLUSS (EU) 2016/2327 DER KOMMISSION

vom 5. Juli 2016

über die staatliche Beihilfe SA.19864 — 2014/C (ex 2009/NN54) Belgiens für die Finanzierung der öffentlichen IRIS-Krankenhäuser in der Region Brüssel-Hauptstadt

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4051)

(Nur der französische und der niederländische Text sind verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1 (1),

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Artikel (2) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben vom 7. September 2005 und vom 17. Oktober 2005, die am 12. September 2005 bzw. am 19. Oktober 2005 registriert wurden, ging bei der Kommission eine Beschwerde gegen den belgischen Staat ein, der zufolge den fünf öffentlichen Krankenhäusern (3) (im Folgenden „IRIS-Krankenhäuser“), (4) die dem IRIS-Netz (5) (im Folgenden „IRIS“) der Region Brüssel-Hauptstadt angegliedert sind, seit 1995 rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen gewährt worden sein sollen. Eingereicht wurde die Beschwerde von zwei Verbänden (nämlich der Brüsseler Koordinationsstelle für soziale Institutionen und Gesundheitseinrichtungen (Coordination bruxelloise d'institutions sociales et de santé, CBI) und dem Brüsseler Verband der privaten Gesundheitseinrichtungen (Association bruxelloise des institutions de soins privées, ABISP)), die von juristischen Personen des Privatrechts verwaltete Krankenhäuser (im Folgenden „Privatkliniken“) vertreten, sowie einzeln von mehreren Mitgliedern dieser Verbände (6).

(2)

Gegenstand der Beschwerde sind insbesondere i) die fehlende bzw. nicht eindeutige Definition der spezifischen Gemeinwohlaufgaben und die Betrauung mit selbigen; die Aufgaben wurden ausschließlich den IRIS-Krankenhäusern übertragen, jedoch nicht den Brüsseler Privatkliniken; ii) der Ausgleich der Verluste der IRIS-Krankenhäuser durch die öffentliche Hand; iii) die Überkompensation der mit den Gemeinwohlaufgaben der IRIS-Krankenhäuser verbundenen Kosten aus dem Fonds régional bruxellois de refinancement des trésoreries communales (Brüsseler Regionalfonds zur Refinanzierung der Gemeindekassen); iv) die mangelnde Transparenz bei der öffentlichen Finanzierung der IRIS-Krankenhäuser und v) die Quersubventionierung krankenhausfremder Tätigkeiten der IRIS-Krankenhäuser aus den für die Erfüllung ihrer Krankenhausaufgaben bereitgestellten öffentlichen Mitteln (7).

(3)

Gestützt auf die zusätzlichen Informationen, die von den belgischen Behörden am 10. Januar 2008 übermittelt wurden, haben die Kommissionsdienststellen den Beschwerdeführern per Post ihre vorläufige Beurteilung der Beschwerde zukommen lassen (8) und die Beteiligten gebeten, neue Informationen zu übermitteln, um die vorläufige Beurteilung überprüfen zu können; andernfalls gelte die Beschwerde als zurückgezogen. Nach Erhalt der Antwort der Beschwerdeführer haben die Kommissionsdienststellen ihre vorläufige Beurteilung mit Schreiben vom 10. April 2008 bestätigt.

(4)

Anschließend haben die Beschwerdeführer die Kommission darüber informiert, dass sie beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (das mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 zum Gericht der Europäischen Gemeinschaft, im Folgenden „Gericht“, geworden ist) eine Aufhebungsklage gegen das Schreiben vom 10. Januar 2008 erhoben hätten, das sie als Entscheidung der Kommission betrachteten (9). Des Weiteren haben die Beschwerdeführer am 20. Juni 2008 eine Aufhebungsklage gegen das Schreiben der Kommissionsdienststellen vom 10. April 2008 eingeleitet (10). Beide beim Gericht eingeleiteten Verfahren wurden von diesem bis zum 31. Oktober 2009 ausgesetzt, da die Kommission dem Gericht ihre Absicht mitgeteilt hatte, eine Entscheidung nach der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates (11) zu erlassen. Im Hinblick auf diese Entscheidungsfassung haben die Kommissionsdienststellen von den belgischen Behörden und den Beschwerdeführern zusätzliche Informationen angefordert.

(5)

Am 28. Oktober 2009 (12) entschied die Kommission (im Folgenden „Entscheidung der Kommission von 2009“, siehe auch Abschnitt 4.1), keine Einwände gegen die Beihilfe zur Finanzierung der öffentlichen Krankenhäuser des IRIS-Netzes der Region Brüssel-Hauptstadt zu erheben, da sie die einschlägige öffentliche Finanzierung auf der Grundlage der Entscheidung 2005/842/EG der Kommission (im Folgenden „DAWI-Entscheidung von 2005“) (13) bzw. — hinsichtlich der vor dem Inkrafttreten der DAWI-Entscheidung von 2005 am 19. Dezember erfolgten Betrauungen — direkt auf der Grundlage des Artikels 86 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 106 Absatz 2 AEUV) als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtete.

(6)

Daraufhin haben die Beschwerdeführer beim Gericht Klage auf Nichtigkeit dieser Kommissionsentscheidung erhoben. Mit Urteil vom 7. November 2012 erklärte das Gericht in der Sache T-137/10 (14) (siehe auch Abschnitt 4.2) die Entscheidung der Kommission für nichtig und stellte fest, dass sie unter Verletzung der Verfahrensrechte der Beschwerdeführer erlassen wurde. Das Gericht äußerte insbesondere die Auffassung, dass die Kommission, ausgehend von den Gründen, die von den Beschwerdeführern diesbezüglich angeführt worden seien, ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahmen mit dem Binnenmarkt hätte haben müssen. Infolge des genannten Gerichtsurteils ist die Kommission nun verpflichtet, ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten, um alle Gesichtspunkte zusammenzutragen, die für die Prüfung der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfen mit dem Binnenmarkt relevant sind, und den Beschwerdeführern und Beteiligten zu ermöglichen, im Rahmen des Verfahrens Stellungnahmen abzugeben (15).

(7)

Mit Schreiben vom 1. Oktober 2014 setzte die Kommission Belgien über ihren Beschluss in Kenntnis, in Bezug auf die öffentlichen Finanzierungsmaßnahmen zugunsten der IRIS-Krankenhäuser in der Region Brüssel-Hauptstadt das Prüfverfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV einzuleiten.

(8)

Der Beschluss der Kommission, das Prüfverfahren einzuleiten (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“), wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (16) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten auf, zu der Beihilfemaßnahme Stellung zu nehmen.

(9)

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2014 beantragten die belgischen Behörden eine Verlängerung der Frist für die Vorlage einer Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss. Die Kommission gewährte diese Fristverlängerung mit Schreiben vom 23. Oktober 2014. Eine weitere Fristverlängerung wurde per E-Mail vom 1. Dezember 2014 erbeten und von der Kommission mit Schreiben vom 2. Dezember 2014 gewährt. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 hat das Königreich Belgien seine Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss übermittelt.

(10)

Die Kommission hat am 15. Dezember 2014, am 5. Januar 2015 und am 9. Januar 2015 Stellungnahmen von Beteiligten erhalten (siehe Abschnitt 5 unten). Mit Schreiben vom 13. und 20. Februar 2015 hat die Kommission diese Stellungnahmen an Belgien übermittelt, das die Möglichkeit hatte, sich dazu zu äußern. Belgien übermittelte seine Stellungnahme mit Schreiben vom 13. März 2015, das am 17. März 2015 registriert wurde.

(11)

Auf dieser Grundlage hat die Kommission das Dossier einer erneuten Prüfung unterzogen und dabei einige Gesichtspunkte anders ausgelegt als in ihrer für später für nichtig erklärten Entscheidung von 2009.

2.   HINTERGRUND

(12)

Die IRIS-Krankenhäuser sind in einem komplexen legislativen und regulatorischen Rahmen tätig, der von verschiedenen staatlichen Stellen festgelegt wird. Für eine umfassende Beurteilung der Vereinbarkeit der öffentlichen Finanzierung dieser Krankenhäuser mit den Beihilfevorschriften ist zunächst eine kurze Beschreibung des legislativen und regulatorischen Rahmens erforderlich, der auf die IRIS-Krankenhäuser anwendbar ist. Diese Beschreibung beinhaltet eine Präsentation des ÖSHZ-Gesetzes (auf dessen Grundlage die IRIS-Krankenhäuser gegründet wurden; „ÖSHZ“ steht für „öffentliche Sozialhilfezentren“ — Centres Publics d'Action Sociale, CPAS), einen kurzen historischen Überblick über die Gründung der IRIS-Krankenhäuser, eine Übersicht über die gesetzlichen und anderen Unterlagen für die Dienstleistungen der IRIS-Krankenhäuser, eine kurze Beschreibung der wichtigsten Aufgaben der IRIS-Krankenhäuser sowie eine Aufzählung der verschiedenen Finanzierungsmechanismen, die zur Anwendung kommen.

2.1.   Das Recht auf soziale Hilfe und das ÖSHZ-Gesetz

(13)

In Belgien ist das Recht auf soziale Hilfe in der Verfassung verankert. Artikel 23 der belgischen Verfassung besagt insbesondere Folgendes:

„Jeder hat das Recht, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Zu diesem Zweck gewährleistet das Gesetz, das Dekret oder die in Artikel 134 erwähnte Regel unter Berücksichtigung der entsprechenden Verpflichtungen die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte und bestimmt die Bedingungen für ihre Ausübung. Diese Rechte umfassen insbesondere:

[…]

2.

das Recht auf soziale Sicherheit, auf Gesundheitsschutz und auf sozialen, medizinischen und rechtlichen Beistand.“

(14)

Für den Zugang der Bürger zu sozialem Beistand ist hauptsächlich das belgische Grundlagengesetz vom 8. Juli 1976 (17) (im Folgenden „ÖSHZ-Gesetz“) maßgebend, mit dem die öffentlichen Sozialhilfezentren (im Folgenden „ÖSHZ“) eingeführt wurden. Es handelt sich dabei um öffentliche Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die in jeder belgischen Gemeinde vertreten sind. Die ÖSHZ werden von einem Rat verwaltet, dessen Mitglieder vom Gemeinderat der jeweiligen Gemeinde gewählt werden. Artikel 1 ÖSHZ-Gesetz besagt:

„Jede Person hat ein Anrecht auf Sozialhilfe. Der Zweck dieser Sozialhilfe besteht darin, jedem die Möglichkeit zu bieten, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Es wurden öffentlichen Sozialhilfezentren geschaffen, die unter den durch vorliegendes Gesetz festgelegten Bestimmungen die Aufgabe haben, diese Hilfe zu gewährleisten.“

(15)

In der Praxis bietet das ÖSHZ den Personen Sozialhilfe an, die nicht über die notwendigen Mittel verfügen, um ein menschenwürdiges Leben führen zu können und die über keine anderen Formen der sozialen Sicherheit (z. B. Arbeitslosengeld) verfügen. In diesem Zusammenhang haben die ÖSHZ gemäß Artikel 57 Absatz 1 des ÖSHZ-Gesetzes die Aufgabe, Einzelpersonen und Familien die Unterstützung zu gewährleisten, die die Gemeinschaft ihnen schuldig ist. Diese Aufgabe wird wie folgt beschrieben:

„Sie gewährleisten nicht nur lindernde und heilende, sondern auch vorbeugende Unterstützung. Sie fördern die Teilhabe der Menschen am gesellschaftlichen Leben. Diese Unterstützung kann materieller, sozialer, medizinischer, sozialmedizinischer oder psychologischer Art sein.“

(16)

Jedes ÖSHZ ist gehalten, Einzelpersonen und Familien soziale Unterstützung zu gewähren, verfügt jedoch über einen gewissen Ermessensspielraum bezüglich der Art, wie diese Hilfe geleistet wird. Ein ÖSHZ kann konkret folgende Hilfe leisten:

entweder selbst, auf direkte Art,

oder „dort, wo es sich als notwendig erweist, ggf. im Rahmen einer bestehenden Planung“ (siehe auch Erwägungsgrund 19), über Einrichtungen oder Dienststellen, die es gründet (auf der Grundlage von Artikel 60 Absatz 6, Artikel 79 und Artikel 118 ÖSHZ-Gesetz) und für die das ÖSHZ, das diese Einrichtung bzw. Dienststelle gründet, auch den Zweck dieser Stelle festlegen muss. Jede soziale Aufgabe, die das ÖSHZ dieser Einrichtung bzw. Dienststelle überträgt, muss an diesem Sinn und Zweck ausgerichtet werden;

oder über Einrichtungen oder Dienststellen, mit denen es zusammenarbeitet (Artikel 61 ÖSHZ-Gesetz). In diesem Fall müssen die betreffenden Einrichtungen oder Dienststellen geschaffen worden sein:

entweder vom ÖSHZ selbst (siehe oben);

oder von einem Dritten, der ebenfalls den Zweck dafür festgelegt hat.

(17)

In den letzten beiden Fällen überträgt das ÖSHZ die Aufgaben zur sozialen Unterstützung (teilweise) nur in dem Maße, wie diese Übertragung dem Zweck der zusammenarbeitenden Einrichtung entspricht. Wenn die Einrichtung vom ÖSHZ geschaffen wurde, kontrolliert dieses auch den Zweck der Einrichtung. Für den Fall, dass es sich um eine Sondereinrichtung (Einrichtung eines Dritten) handelt, ist die Zusammenarbeit auf den Zweck dieser Einrichtung beschränkt.

(18)

Die gesetzliche Verpflichtung des ÖSHZ eine soziale Unterstützung zu leisten, sei es materieller, sozialer, medizinischer, sozialmedizinischer oder psychologischer Art, ist identisch, unabhängig davon, ob das ÖSHZ diese Hilfe selbst oder über eine Einrichtung leistet, die es schafft oder mit der es zusammenarbeitet. Gemäß Artikel 57 ÖSHZ-Gesetz ist das ÖSHZ (und nur das ÖSHZ selbst!) verpflichtet, diese Hilfe in jedem Fall zu gewährleisten. Jede Art von Aufgabenübertragung ist eine Form der Ausführung dieser Verpflichtung und befreit das ÖSHZ nicht von seiner Verantwortung, seine Verpflichtung zu erfüllen und ihr auch weiterhin nachzukommen.

(19)

Die Voraussetzungen für die Fälle, in denen ein ÖSHZ eine Einrichtung oder eine Dienststelle (zum Beispiel ein Krankenhaus) errichten möchte, um (einen Teil) seiner Aufgabe der sozialen Unterstützung zu erfüllen, sind in Artikel 60 Absatz 6 ÖSHZ-Gesetz festgelegt:

„Die öffentlichen Sozialhilfezentren schaffen dort, wo es sich als notwendig erweist, ggf. im Rahmen einer bestehenden Planung, Einrichtungen oder Dienststellen mit sozialen, kurativen oder vorbeugenden Funktionen, erweitern diese und verwalten sie.

Die Notwendigkeit der Schaffung oder Erweiterung einer Einrichtung bzw. einer Dienststelle muss aus einer Akte hervorgehen, die Folgendes enthält: eine Untersuchung über den Bedarf der Gemeinde und/oder der Region und über ähnliche bereits bestehende Einrichtungen oder Dienststellen, eine Beschreibung der Arbeitsweise, eine genaue Schätzung des Selbstkostenpreises und der zu tätigenden Ausgaben sowie, wenn möglich, Auskünfte, die einen Vergleich mit ähnlichen Einrichtungen oder Dienststellen ermöglichen.

Die Schaffung oder Erweiterung von Einrichtungen bzw. Dienststellen, die Zuschüsse für Investitionen oder den Betrieb erhalten können, kann nur aufgrund einer Akte beschlossen werden, aus der hervorgeht, dass die Rechtsvorschriften bzw. die grundlegenden Regelungen für die Gewährung dieser Zuschüsse eingehalten werden.

Unbeschadet der bei anderen öffentlichen Behörden einzuholenden Genehmigungen werden Beschlüsse zur Schaffung oder Erweiterung einer Einrichtung bzw. Dienststelle dem Gemeinderat zur Billigung unterbreitet, sobald diese Beschlüsse eine Beteiligung zulasten des Gemeindehaushalts oder eine Erhöhung dieser Beteiligung mit sich bringen können.“

(20)

Der Verpflichtung nach Artikel 57 ÖSHZ-Gesetz, Einzelpersonen oder Familien (soziale, medizinische, sozialmedizinische oder psychologische) Unterstützung zu gewähren, muss folgendermaßen nachgekommen werden:

allgemein: Die Unterstützung ist unabhängig von ideologischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen der Begünstigten (Artikel 59 des ÖSHZ-Gesetz) und von einem etwaigen Mangel an finanziellen Mitteln der betreffenden Person zu leisten. Das ÖSHZ hat insbesondere die Aufgabe, Betroffenen abhängig von ihrer Bedürftigkeit Unterstützung zu gewähren. Auf dieser Grundlage ist jedes ÖSHZ gehalten, jedem Bedürftigen Unterstützung anzubieten. Wenn es eine Einrichtung oder eine Dienststelle schafft, um diese Aufgabe zu erfüllen, unterliegt diese Einrichtung bzw. Dienststelle derselben Verpflichtung;

ohne zeitliche Begrenzung: Die Unterstützung muss so lange gewährt werden, wie das soziale Bedürfnis besteht. Das ÖSHZ muss daher die Kontinuität der Hilfe und somit der Einrichtung bzw. Dienststelle sicherstellen, die diese Hilfe leistet.

(21)

Auf der Basis des Grundsatzes der Gemeindeautonomie kann jedes ÖSHZ in der jeweiligen Gemeinde unter Einhaltung des ÖSHZ-Gesetzes eigenständig entscheiden, auf welche Weise die Sozialhilfe-Verpflichtung (einschließlich der medizinischen Verpflichtung) am besten zu erfüllen ist. Hinter der verfassungsrechtlichen Entscheidung, die Sozialhilfe auf kommunaler Ebene zu organisieren, stehen auch der Wunsch und die Notwendigkeit, soziale Unterstützung möglichst bürgernah zu leisten. Wenn ein ÖSHZ beschließt, ein Gesundheitszentrum mit kurativem Charakter einzurichten, um den Bedürfnissen der Bevölkerung vor Ort nachzukommen, unterliegt diese Einrichtung sowohl dem ÖSHZ-Gesetz als auch den föderalen Rahmenbedingungen für Krankenhäuser (vgl. Erwägungsgrund 32), die auf alle Krankenhäuser, unabhängig von deren Status (öffentlich oder privat), anzuwenden sind und gewährleistet einen gemeinsamen Organisationsrahmen für das gesamte Land. Allerdings besteht das wichtigste Ziel der von ÖSHZ eingerichteten Krankenhäuser wie den IRIS-Krankenhäusern im Gegensatz zu Privatkliniken darin, dass sie einen permanenten Beitrag zur sozialen Unterstützung leisten. Die Verpflichtungen, die den IRIS-Krankenhäusern im Bereich der sozialen Unterstützung auferlegt werden (siehe auch Abschnitt 7.3.4.1 unten), sind im Einklang mit dem ÖSHZ-Gesetz (insbesondere Artikel 120 und 135 quinquies) in den Statuten der IRIS-Krankenhäuser und in den Strategieplänen des IRIS-Verbands genau festgelegt.

(22)

Und schließlich sind nach Artikel 106 ÖSHZ-Gesetz die Gemeinden verpflichtet, das Defizit ihrer ÖSHZ zu decken, wenn diese nicht über genügend Mittel verfügen, um die Ausgaben für ihre Verpflichtung zur sozialen Unterstützung zu decken.

2.2.   Die Gründung der IRIS-Krankenhäuser

(23)

Wie bereits oben ausgeführt (vgl. Erwägungsgrund 15), umfasst die soziale Unterstützung der ÖSHZ die medizinische und sozialmedizinische Versorgung und kann sowohl vorbeugenden als auch kurativen Charakter annehmen. Diese Unterstützung kann wie folgt geleistet werden: i) direkt durch das ÖSHZ oder ii) über einen Dritten (zum Beispiel ein Privatkrankenhaus) unter Wahrung der rechtlichen Eigenständigkeit oder iii) durch die Schaffung einer Einrichtung oder einer Dienststelle, der ein Teil der Aufgaben übertragen wird, insbesondere wenn das ÖSHZ die Art und Weise kontrollieren möchte, wie die Ziele erreicht werden (die Aufgabe wird dann in den Statuten der Einrichtung bzw. Dienststelle festgehalten sowie, im Falle der IRIS-Krankenhäuser, in den Strategieplänen des IRIS-Dachverbands (vgl. Erwägungsgründe 16 und 21). Die ÖSHZ haben Krankenhäuser in mehreren belgischen Städten und Gemeinden gegründet und verwalten diese allein oder als Mitverwalter, um ihre Aufgabe der medizinischen Betreuung zu erfüllen.

(24)

In der Vergangenheit haben die ÖSHZ der sechs betroffenen Brüsseler Gemeinden (18) selbst eine soziale Betreuung mit medizinischem oder sozio-medizinischem Charakter über acht öffentliche Krankenhäuser geleistet (19), die an acht unterschiedlichen Standorten liegen. Diese Krankenhäuser wurden direkt von ihren jeweiligen ÖSHZ verwaltet und hatten keine Rechtspersönlichkeit. Es war daher klar, dass diese Krankenhäuser zur Erfüllung der Verpflichtung zur sozialen Betreuung ihrer jeweiligen ÖSHZ beitrugen. Im Laufe der ersten Hälfte des Jahres 1990 gelangten die staatlichen Stellen von Brüssel jedoch der Auffassung, dass der Fortbestand dieser Krankenhäuser durch ihre strukturellen Defizite gefährdet sei. Um den langfristigen Fortbestand und die Tragfähigkeit der öffentlichen Krankenhäuser in Brüssel sicherzustellen, beschlossen diese staatlichen Stellen daher, die Krankenhäuser umzustrukturieren.

(25)

Die erste Umstrukturierungsphase begann am 19. Mai 1994 mit der Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung zur Krankenhauspolitik zwischen der föderalen belgischen Regierung, der Region Brüssel-Hauptstadt und der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission von Brüssel. In dieser Vereinbarung wurde die Umsetzung eines Umstrukturierungspakts beschlossen, um den Fortbestand der öffentlichen Krankenhausdienstleistungen vor Ort zu gewährleisten. Artikel 2 dieser Kooperationsvereinbarung besagt:

„Dieser Umstrukturierungspakt muss folgende Bedingungen erfüllen:

1.

Es müssen Garantien vorgelegt werden, einerseits zum Erhalt der Besonderheit der öffentlichen Krankenhäuser, u. a. durch die Wahl der rechtlichen Strukturen und der Koordinationsstruktur, die ein Übergewicht des öffentlichen Sektors in den Verwaltungsorganen und in den Entscheidungsverfahren sicherstellen, und andererseits bezüglich der lokalen Verankerung durch überwiegend direkt gewählte Vertreter in der Zusammensetzung der Verwaltungsorgane (20).“

(26)

Zu diesem Zweck besagt die Präambel der Kooperationsvereinbarung Folgendes:

„Das finanzielle Defizit der öffentlichen Krankenhauseinrichtungen in der Region Brüssel-Hauptstadt hat tatsächlich beunruhigende Ausmaße angenommen.

Trotz einiger Sanierungspläne hat sich das finanzielle Gleichgewicht dieser Institutionen als sehr prekär herausgestellt und führt daher zu einer strukturellen Belastung der kommunalen Haushalte.

Unter diesen Umständen ist es notwendig, die Einführung von Koordinations- und Kooperationsmechanismen zwischen den Gemeinden und den öffentlichen Sozialhilfezentren und Verbänden zu fördern, die in Anwendung des Kapitels XII des Grundgesetzes über die öffentlichen Sozialhilfezentren vom 8. Juli 1976 gegründet wurden und die für einige öffentliche Krankenhäuser in der Region Brüssel-Hauptstadt verantwortlich sind.

Diese Koordinations- und Kooperationsmechnismen sind dazu bestimmt, den Fortbestand der öffentlichen Krankenhäuser sicherzustellen, indem sie die Nutzung von Synergien in Bezug auf Ausstattung und Infrastruktur sowie im Bereich der Verwaltung und Entwicklung fördern und auf diese Weise einen Beitrag zur Reduzierung des Defizits der kommunalen Haushalte leisten.

Diese Vereinbarung lässt die Regeln der Finanzierung der Krankenhäuser unberührt: sie ist lediglich dazu bestimmt, dem strukturellen Defizit der öffentlichen Sozialhilfezentren und der Gemeinden zu begegnen.“  (21)

(27)

Auf dieser Grundlage hat die Gemeinsame Gemeinschaftskommission von Brüssel am 22. Dezember 1995 eine Ordonnanz erlassen und ein Kapitel XII bis in das ÖSHZ-Gesetz eingefügt, das auf die Region Brüssel-Hauptstadt Anwendung findet. In den vorbereitenden Arbeiten dieser Ordonnanz (22) wird auf die Kooperationsvereinbarung vom 19. Mai 1994 (siehe Erwägungsgrund 25) verwiesen, deren Hauptziel darin besteht, mithilfe der vorgeschlagenen Umstrukturierung den Fortbestand der öffentlichen Krankenhäuser in Brüssel zu gewährleisten (23).

(28)

Die Kernaspekte der Umstrukturierung waren:

Abtretung der direkten Verwaltung der öffentlichen Krankenhäuser durch die ÖSHZ an neugegründete juristische Personen („Verbände nach Kapitel XII“ genannt), die von den ÖSHZ (zusammen mit den jeweiligen Gemeinden, dem Verband der Krankenhausärzte sowie ggf. der Université libre de Brüssel (ULB) und/oder der Vrijen Universiteit Brussel (VUB)) geschaffen wurden.

Dabei verzichteten die ÖSHZ auf ihre vorherige Entscheidung, ihre eigenen Krankenhäuser selbst zu verwalten. Wie es in Artikel 60 Absatz 6 und Artikel 118 ÖSHZ-Gesetz (vgl. Erwägungsgrund 19) vorgesehen ist, haben die ÖSHZ beschlossen, einen Verband zu gründen, mit dem sie der Ortsgemeinde eine medizinische und sozialmedizinische Betreuung anbieten können.

Daher wurden die öffentlichen Krankenhäuser in Brüssel abgewickelt und ihre Tätigkeiten acht Krankenhausvereinigungen vor Ort übertragen, die auf der Grundlage des Kapitels XII ÖSHZ-Gesetz gegründet wurden. Die IRIS-Krankenhäuser erhielten auf diese Weise am 1. Januar 1996 Rechts- und Haushaltsautonomie (24). Folgende acht Krankenhausvereinigungen wurden eingerichtet: Universitätsklinik Brugmann — HUDERF, Krankenhaus Brien, Universitätsklinik Saint-Pierre (CHU-SP), Krankenhaus Etterbeek-Ixelles, Krankenhaus Baron Lambert, Krankenhaus Bracops, Krankenhaus Molière und das Bordet-Institut (IB).

Diese acht Krankenhäuser wurden anschließend, wie nachstehend dargelegt, zu fünf IRIS-Krankenhäusern zusammengefasst, wie sie noch heute existieren. Dabei wurden alle bestehenden Standorte beibehalten: Die Universitätsklinik Brugmann (UHU-B) und die Universitätskinderklinik Königin Fabiola (Hôpital universitaire des enfants Reine Fabiola, HUDERF) wurden am 1. Januar 1997 in zwei rechtlich eigenständige Körperschaften aufgespalten. Am 1. Juli 1999 wurden die Universitätsklinik Brugmann und das Krankenhaus Brien zu einem Krankenhausbetrieb unter dem Namen Universitätsklinik Brugmann zusammengelegt. Am gleichen Tag wurden das Krankenhaus Etterbeek-Ixelles, das Krankenhaus Baron Lambert, das Krankenhaus Bracops und das Krankenhaus Molière zur Krankenhausgruppe Iris-Süd zusammengefasst. Für die Zwecke dieses Beschlusses sind unter dem Begriff „IRIS-Krankenhäuser“ diese fünf, heute noch bestehenden ortsansässigen Krankenhausvereinigungen (25) zu verstehen, sofern nichts anderes angegeben ist;

Gründung eines Dachverbands mit dem Namen IRIS (auf der Grundlage des Kapitels XII bis des ÖSHZ-Gesetzes), dem es obliegt, die Koordination der Krankenhausdienstleistungen jedes einzelnen Verbands im Einklang mit Kapitel XII zu überwachen (26). Das wichtigste Ziel des IRIS-Dachverbands ist ein langfristig ausgeglichener Finanzhaushalt für die Krankenhausaufgaben der IRIS-Krankenhäuser. Die wichtigsten Aufgaben bestehen darin, die Tätigkeiten der IRIS-Krankenhäuser zu koordinieren, einen Strategieplan für das IRIS-Netz festzulegen, die Qualität der Dienstleistungen zu verbessern und das Budget des Netzwerks zu kontrollieren.

(29)

Im Einklang mit Kapitel XII des ÖSHZ-Gesetzes ist jeder der lokalen Krankenhausverbände auf der Basis von Statuten gegründet, in denen u. a. der Zweck, die Rechte und die Verpflichtungen seiner Mitglieder sowie die Entscheidungsorgane festgelegt sind (27). Jeder der Verbände verfügt über eine Generalversammlung und einen Verwaltungsrat, in denen die verschiedenen Parteien, die den Verband (vgl. Erwägungsgrund 28) gegründet haben, vertreten sind, wobei die Vertreter der öffentlichen Hand (d. h. die Gemeinde und das ÖSHZ) jedoch die Mehrheit der Sitze in diesen Entscheidungsorganen innehaben (28). Es besteht daher kein Zweifel daran, dass jedes der IRIS-Krankenhäuser von staatlichen Stellen kontrolliert wird. Ebenso haben die Gemeinden und die ÖSHZ eine große Mehrheit in der Generalversammlung und im Verwaltungsrat des IRIS-Dachverbands.

(30)

Im Kapitel XII bis des ÖSHZ-Gesetzes sind u. a. die aufsichtsrechtlichen Bestimmungen und Kontrollbefugnisse definiert, die für die lokalen Krankenhausverbände gelten. Der IRIS-Dachverband ist konkret verpflichtet, einen Strategieplan aufzustellen, der von den lokalen Verbänden nach dem Kapitel XII einzuhalten ist. Auf der Grundlage dieses Plans ist jeder lokale Verband dazu verpflichtet, Verwaltungs- und Finanzpläne aufzustellen und sie dem IRIS-Dachverband zur Genehmigung (siehe Artikel 135 quinquies des ÖSHZ-Gesetzes) vorzulegen. Die lokalen Verbände benötigen auch für bestimmte wichtige Entscheidungen (siehe Artikel 135 sexies) die Genehmigung des IRIS-Dachverbands und unterliegen seiner vierteljährlichen Kontrolle (siehe Artikel 135 octies). Der IRIS-Dachverband ernennt auch einen Beauftragten für jede örtliche Krankenhausvereinigung, der an den Versammlungen der Entscheidungsorgane teilnimmt und ein Vetorecht bei Entscheidungen hat, mit denen der IRIS-Dachverband (siehe Artikel 135 novies) nicht einverstanden ist.

(31)

Wie in den Erwägungsgründen 31 und 32 des Einleitungsbeschlusses dargelegt, hatte die Umstrukturierung der öffentlichen Krankenhäuser Brüssels, die von den ÖSHZ beaufsichtigt und verwaltet werden, letztendlich auch eine finanzielle Komponente. Die Region Brüssel-Hauptstadt hat den Gemeinden, die (über ihre jeweiligen ÖSHZ) (29) ein öffentliches Krankenhaus führten, aus dem Brüsseler Regionalfonds für die Refinanzierung der Gemeindekassen (Fonds régional bruxellois de refinancement des trésoreries communales, FRBRTC) ein Darlehen von 4 Milliarden belgischen Francs (ungefähr 100 Mio. EUR) über einen Zeitraum von 20 Jahren gewährt. Diese Gemeinden haben diese Gelder anschließend ihren öffentlichen Krankenhäusern zugeführt, um einen Teil ihrer finanziellen Verbindlichkeiten zu decken (30). Am 6. Juni 1996 beschloss die Region Brüssel-Hauptstadt, das Darlehens einschließlich der Zinsen unter der Voraussetzung nicht zurückzufordern, dass die Vereinbarungen über die Umstrukturierung vollständig umgesetzt und die Finanzierungspläne eingehalten werden.

2.3.   Der regulatorische Rahmen für die IRIS-Krankenhäuser

(32)

Aus dem vorhergehenden Abschnitt geht eindeutig hervor, dass die IRIS-Krankenhäuser auf der Grundlage des ÖSHZ-Gesetzes gegründet wurden, damit die ÖSHZ ihren Verpflichtungen im Bereich der sozialen Hilfe nachkommen können. Diese Krankenhäuser unterliegen daher in erster Linie dem ÖSHZ-Gesetz. Als Krankenhäuser fallen sie jedoch auch unter das koordinierte Krankenhausgesetz (KhG — Loi coordonnée sur les hôpitaux, LCH) (31) vom 7. August 1987, und zwar unter Artikel 147 (jetzt Artikel 163 KhG in der Fassung vom 10. Juli 2008) (32), Folgendes besagt:

„Die Bestimmungen dieses koordinierten Gesetzes sind, was die Krankenhäuser, die von einem öffentlichen Sozialhilfezentrum (Centre Public d'Aide Sociale) verwaltet werden, und die Ärzte angeht, die in diesen Krankenhäusern arbeiten, eine Ergänzung zum Grundgesetz vom 8. Juli 1976 über die öffentlichen Sozialhilfezentren und insbesondere zu den Artikeln 48, 51, 52, 53, 54, 55, 56 und 94 dieses Gesetzes.“

(33)

Im KhG wird u. a. Folgendes festgelegt: welche Art von Krankenhäusern offiziell zugelassen werden können (33); die Bedingungen für die Verwaltung eines Krankenhauses und die Strukturierung der medizinischen Tätigkeiten (34); die Krankenhausplanung (35); die Regeln und Bedingungen für die Zulassung der Krankenhäuser und Krankenhausdienste (36); die rechtlichen Beziehungen zwischen einem Krankenhaus und den Krankenhausärzten, der finanzielle Status der Krankenhausärzte, einschließlich der Zahlung und der Festsetzung der Honorare, der Umfang der Honorare und die Zuordnung der Honorare, die zentral gezahlt werden (37).

(34)

Zudem unterliegen die IRIS-Krankenhäuser auch den Satzungsbestimmungen der lokalen Krankenhausverbände, in denen u. a. der Zweck der IRIS-Krankenhäuser sowie die Rechte und Pflichten der Mitglieder des Verbands (vgl. auch Erwägungsgrund 29) festgelegt sind.

(35)

Schließlich unterstehen die lokalen Krankenhausverbände der Aufsicht des IRIS-Dachverbands, wodurch sie bei bestimmten finanziellen und verwaltungstechnischen Entscheidungen eingeschränkt sind (vgl. Erwägungsgrund 30). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der IRIS-Dachverband nach den Bestimmungen des Artikel 135 quinquies des ÖSHZ-Gesetzes mehrjährige Strategiepläne verabschiedet, die von den lokalen Krankenhausverbänden einzuhalten sind.

(36)

Zusammenfassend besteht der regulatorische Rahmen, in dem die IRIS-Krankenhäuser bewirtschaftet werden, aus dem ÖSHZ-Gesetz, dem KhG, den Statuten der lokalen Krankenhausverbände und den verbindlichen Strategieplänen des IRIS-Dachverbands.

2.4.   Die wichtigsten Aufgaben der IRIS-Krankenhäuser

(37)

Die wichtigste Aufgabe der IRIS-Krankenhäuser besteht darin, den Patienten der Region Brüssel-Hauptstadt Krankenhausdienstleistungen anzubieten. Die IRIS-Krankenhäuser beschäftigen insgesamt etwa 10 000 Personen, die mehr als eine Million Konsultationen pro Jahr gewährleisten und den größten Notfalldienst Belgiens bilden. Sie bieten medizinische Komplettversorgungen in allen wichtigen Bereichen der Medizin an. Zwei dieser Krankenhäuser sind auf bestimmte Fachbereiche spezialisiert (die Universitätskinderklinik der Königin Fabiola ist eine Fachklinik für Kinderheilkunde und das Bordet-Institut ist auf Onkologie spezialisiert).

(38)

Über die medizinischen Dienstleistungen hinaus erfüllen die IRIS-Krankenhäuser auch eine Reihe von sozialen Nebenaufgaben. Vor allem die Sozialarbeiter der IRIS-Krankenhäuser bieten benachteiligten Patienten und ihren Familien Hilfe bei administrativen, finanziellen, zwischenmenschlichen und sozialen Schwierigkeiten an.

(39)

Die fünf IRIS-Krankenhäuser erfüllen über ein Netzwerk von elf Standorten in Brüssel medizinische und damit verbundene soziale Nebenaufgaben. Diese Standorte sind auf sechs Gemeinden verteilt (und zwar Anderlecht, Brüssel-Stadt, Etterbeek, Forest, Ixelles und Schaerbeek).

(40)

Die Aufgabe der IRIS-Krankenhäuser wird wie folgt beschrieben: „Von der Geburt bis zum Ende des Lebens stehen unsere Krankenhäuser jedem zu jedem Zeitpunkt seiner Existenz zur Verfügung, unabhängig davon, welche medizinischen Probleme er hat.“ (38) Zehn der elf IRIS-Krankenhäuser befinden sich in Gemeinden, in denen das durchschnittliche Einkommen nicht über das Medianeinkommen (39) der Region Brüssel-Hauptstadt hinausgeht. Auf der Grundlage einer Klassifikation des Föderalen Öffentlichen Dienstes Volksgesundheit (vgl. Tabelle mit dieser Klassifikation in Erwägungsgrund 185) sind die drei großen IRIS-Krankenhäuser, die eine Krankenhausvollversorgung bieten (Universitätsklinik Saint-Pierre, Universitätsklinik Brugmann und Krankenhausgruppe Iris-Süd (HIS)), auch gleichzeitig die drei Krankenhäuser, deren Patienten eines der schwächsten sozioökonomischen Profile Belgiens haben. Außerdem hatten im Jahre 2012 ungefähr 11 % aller Patienten, die in der Universitätsklinik Saint-Pierre und in der Universitätsklinik Brugmann aufgenommen wurden, keine Krankenversicherung, die in Belgien obligatorisch ist, und waren nicht in der Lage, ihre Behandlung zu bezahlen, und 15 % der Patienten dieser Krankenhäuser war (auch) auf die Unterstützung der ÖSHZ angewiesen.

(41)

Schließlich erbringen die IRIS-Krankenhäuser auch eine Reihe von Zusatzleistungen (zum Beispiel den Transport von Patienten im Krankenwagen zwischen Krankenhäusern, ein Kindergarten für die Kinder der Angestellten, Erholungs- und Pflegeheime für ältere Personen, Krankenpflegeschulen, Forschung, Wohnformen mit Serviceleistungen, psychiatrische Pflegeeinrichtungen, eine Boutique für Patienten und Besucher, Vermietung von Fernsehern für die Patienten, Zimmervermietung an Dritte, eine Kantine und Parkplätze). Diese Nebenaufgaben machen nur einen sehr geringen Prozentsatz aller Tätigkeiten der IRIS-Krankenhäuser aus, wie der geringe Anteil (durchschnittlich weniger als 2 %) an den Gesamteinnahmen der IRIS-Krankenhäuser belegt.

(42)

Die Kosten und Einnahmen der IRIS-Krankenhäuser ergeben sich aus der Gesamtheit der Aufgaben. Ein Faktor für die Kosten, welche diese zu tragen haben, ist neben ihren Sonderaufgaben auch ihr Status als öffentlich-rechtliche Krankenhäuser, durch den sie an gewisse Auflagen gebunden sind, denen Privatkliniken nicht unterliegen. Die Betriebskosten, welche die IRIS-Krankenhäuser im Rahmen ihrer Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (im Folgenden „DAWI“) und ihrer zusätzlichen Aufgaben tragen, sind insbesondere durch folgende Faktoren gestiegen:

Die Verpflichtung, den zweisprachigen Angestellten (40) Zulagen für Sprachkompetenzen zu zahlen, was einen jährlichen Kostenfaktor von ungefähr (41) […] (42) Mio. EUR zulasten der IRIS-Krankenhäuser darstellt.

Das Pensionssystem, das für Mitarbeiter mit Beamtenstatut gilt (43) (ernannte Beamte), ist großzügiger als das Rentensystem für Angestellte im Privatsektor, und die IRIS-Krankenhäuser müssen Beiträge von ungefähr […] Mio. EUR pro Jahr einzahlen.

Die Kosten für Langzeiterkrankungen der nach dem Beamtenstatut beschäftigten Mitarbeiter (44), die von den IRIS-Krankenhäusern (und nicht vom Sozialversicherungssystem) getragen werden müssen, belaufen sich jährlich auf etwa […] Mio. EUR.

Die dienstaltersbedingten Gehaltserhöhungen, die den IRIS-Krankenhäusern in der Region Brüssel-Hauptstadt auferlegt werden (45), welche für die Tarife der Angestellten der Gemeinde, der ÖSHZ und der IRIS-Krankenhäuser maßgeblich sind, und die nur zu 60 % gedeckt sind, verursachen jährliche Kosten in Höhe von ungefähr […] Mio. EUR zulasten der IRIS-Krankenhäuser.

Die obligatorischen Beiträge der IRIS-Krankenhäuser zu den Kosten des IRIS-Dachverbands (46) belaufen sich auf jährlich ungefähr […] Mio. EUR.

(43)

Die verbleibenden Kosten müssen von den IRIS-Krankenhäusern getragen werden und sind nicht durch andere staatliche Finanzierungsquellen gedeckt (wie zum Beispiel den BMF (Budget des moyens financiers — Finanzmittelhaushalt), siehe Erwägungsgrund 46 Buchstabe a).

2.5.   Die Finanzierungs- und Buchführungsmechanismen der IRIS-Krankenhäuser

2.5.1.   Finanzierungsmechanismen

(44)

Der wichtigste Finanzierungsgrundsatz der IRIS-Krankenhäuser ist in den Statuten nach Artikel 46 (47) der einzelnen fünf lokalen Krankenhausverbände verankert (vgl. Erwägungsgründe 28-29) und lautet wie folgt:

„Unbeschadet des Artikels einhundertneun des Krankenhausgesetzes vom siebten August neunzehnhundertsiebenundachtzig, wird das Ergebnis des Geschäftsjahres durch Beschluss der Generalversammlung unter den Gesellschaftern aufgeteilt, die über mindestens ein Fünftel der gesamten Stimmen in der Generalversammlung verfügen.“  (48)

Somit sind die Gemeinden und die ÖSHZ dazu verpflichtet, das Defizit, das durch die IRIS-Krankenhäuser entstanden und in ihren Rechnungsabschlüssen angegeben ist, vollständig aus eigener Kraft zu decken. Zudem sind die Gemeinden nach Artikel 106 ÖSHZ-Gesetz dazu verpflichtet, das erwirtschaftete Defizit ihrer ÖSHZ zu decken (vgl. Erwägungsgrund 22). Folglich garantieren die Gemeinden (direkt und aufgrund ihrer Finanzierungsverpflichtung gegenüber ihren jeweiligen ÖSHZ) letztendlich den Fortbestand der IRIS-Krankenhäuser, indem sie die Defizite, die diese Krankenhäuser erwirtschaften, vollständig decken.

(45)

Es versteht sich von selbst, dass der Eingriff der Gemeinden und der ÖSHZ zur Deckung eventueller Defizite, die von den IRIS-Krankenhäusern nach Artikel 46 ihrer jeweiligen Statuten erwirtschaftet werden, davon abhängig ist, inwieweit die IRIS-Krankenhäuser in der Lage sind, ihre Kosten durch andere Finanzierungsquellen zu decken.

(46)

Im KhG werden fünf Finanzierungsquellen aufgeführt, die öffentlichen Krankenhäusern und Privatkliniken gleichermaßen zugänglich sind. Die Betriebskosten der belgischen Krankenhäuser werden hauptsächlich durch die ersten drei Finanzierungsquellen gedeckt (49), während sich die vierte und die fünfte Finanzierungsquelle auf die Investitionskosten der Krankenhäuser beziehen.

a)

Die erste Finanzierungsquelle ist der Finanzmittelhaushalt (Budget des moyens financiers, im Folgenden „BMF“) (50), der vom föderalen Minister für Volksgesundheit aufgestellt wird und nur die Krankenhausbehandlungen berücksichtigt, die von der Sozialversicherung erstattet werden. Der BMF wird für jedes Krankenhaus im Rahmen des verfügbaren Gesamtbudgets des föderalen Staates aufgestellt. Das verfügbare föderale Budget wird unter allen Krankenhäusern aufgeteilt und deckt nicht unbedingt alle genehmigten Kosten ab. Seit 2002 werden die finanziellen Mittel für jedes Krankenhaus hauptsächlich nach der Zahl der Behandlungstage im vorhergehenden Jahr festgelegt. Dieser Betrag wird dann auf zwei verschiedene Arten an jedes Krankenhaus gezahlt. Genauer gesagt werden ungefähr 85 % (Festbetrag) dieses Betrags monatlich an die Krankenhäuser gezahlt, während die restlichen 15 % (variabler Betrag) von den tatsächlichen Aufnahmen und den Behandlungstagen im Krankenhaus im Laufe des Jahres abhängig sind. Am Ende eines jeden Jahres wird der BMF auf der Grundlage der tatsächlichen Zahlen des Jahres erneut kalkuliert, und in Abhängigkeit vom Kalkulationsergebnis erhält das Krankenhaus Geld oder muss einen bestimmten Betrag zurückzahlen. Der BMF unterliegt konkret dem Königlichen Erlass vom 25. April 2002, in dem die Regeln definiert sind, die bei der Festlegung des BMF für die Krankenhäuser anzuwenden sind. Insbesondere werden die Modalitäten zur Festlegung des BMF, die Kostenarten, die vom Staat gedeckt werden, und die Kriterien für deren Anwendung in diesem Königlichen Erlass bestimmt (51). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der BMF nicht unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten eines jeden Krankenhauses aufgestellt wird, sondern dass er in Form einer Pauschalfinanzierung auf historischen Kosten der Krankenhäuser basiert. Daher ist es möglich, dass der BMF im Falle einer deutlichen Erhöhung der Kosten oder anderer Entwicklungen in Bezug auf die Organisation und die Kostenstruktur eines Krankenhauses nicht ausreicht.

b)

Die zweite Finanzierungsquelle resultiert aus den Sozialversicherungsbeiträgen. Die entsprechenden Beträge werden den Krankenhäusern für die Behandlungen der Patienten vom Landesinstitut für Kranken- und Invalidenversicherung (im Folgenden „LIKIV“, Institut national d'assurance maladie-invalidité, INAMI) überwiesen. Diese Finanzierung beruht auf dem Gesetz der Kranken- und Invalidenversicherung (52) bzw. der konsolidierten Fassung des Gesetzes vom 14. Juli 1994 (53), in dem das belgische Sozialversicherungssystem für Krankheit und Invalidität definiert ist und in dem die medizinischen Dienstleistungen und Medikamente aufgeführt sind, die von der Sozialversicherung bezahlt werden. Die Krankenhäuser fakturieren der LIKIV direkt einen Teil der Arzthonorare und der Kosten für die Arzneimittel, die den Patienten übergeben werden. Die Beträge, die von der LIKIV gezahlt werden, decken jedoch nicht alle Kosten, die den Krankenhäusern durch ihre Dienstleistungen entstehen. Krankenhäuser, die über keine anderen ausreichenden Finanzierungsquellen verfügen, laufen daher Gefahr, Verluste zu machen.

c)

Die dritte Finanzierungsquelle besteht aus den direkten Zahlungen der Patienten oder ihrer privaten Kranken- und Invalidenversicherung an die Krankenhäuser. Diese Zahlungen sind notwendig, weil die Sozialversicherung nicht die volle Deckung aller Arzthonorare und Kosten für Medikamente und anderer Leistungen (wie Implantate) übernimmt. Darüber hinaus können Zuschläge auf den normalen Preis für die Krankenhausaufnahme und die normalen Arzthonorare in Rechnung gestellt werden, wenn die Patienten ein Einzelzimmer wählen (die Standardtarife für jede Behandlung werden erhöht). Schließlich werden den Patienten auch Zuschläge für die Inanspruchnahme bestimmter zusätzlicher Dienstleistungen in Rechnung gestellt (zum Beispiel Verleih eines Fernsehers, Benutzung des Krankenhausparkplatzes, usw.).

Alle Zahlungen von Patienten oder Dritten zur Vergütung der Dienstleistungen der Krankenhausärzte, die den eingewiesenen Patienten zugeordnet werden können, müssen zentral vom Krankenhaus eingezogen werden (54). Die Krankenhäuser und die Ärzte schließen Verträge ab, in denen der Prozentsatz der Abzüge festgesetzt wird, den die Krankenhäuser anwenden können, um die Kosten für die Zahlung der Honorare und die anderen Kosten abzudecken, die nicht durch den Finanzmittelhaushalt finanziert werden (55). Ebenso können die Krankenhäuser bei den normalen Arzthonoraren Rückübertragungen von einem Teil der oben genannten Zuschläge vornehmen, um einen Teil ihrer Kosten zu decken (laut Vertrag zwischen dem Krankenhaus und den Ärzten). Ein Teil der Arzthonorare dient daher nicht zur Vergütung der Ärzte, sondern wird zur Deckung der Betriebskosten der Krankenhäuser verwendet.

d)

Die Gelder aus der vierten Finanzierungsquelle werden insbesondere zur Deckung von Investitionskosten der Krankenhäuser verwendet. Die Investitionen der Krankenhäuser werden im Wesentlichen durch den Staat finanziert (die föderale Regierung und die jeweilige Region zahlen jeweils einen Teil), und der verbleibende Betrag wird aus dem Eigenkapital der Krankenhäuser in Kombination mit Bankdarlehen finanziert. Die von staatlicher Seite genehmigte Finanzierung dient zur Deckung der Baukosten und der Umstrukturierungskosten eines Krankenhauses oder einer Abteilung sowie der Kosten für die Erstausstattung und erste Anschaffungen von medizinischen Geräten (56). Die Investitionszuschüsse sind auf einen Höchstbetrag begrenzt (zum Beispiel einen Pauschalbetrag pro Quadratmeter oder pro Stück).

e)

Die fünfte und letzte staatliche Finanzierungsquelle bezieht sich auf Investitionen und betrifft die Kosten für Studien und die Ausarbeitung von Bauprojekten, aber auch die Kosten für die Schließung oder Nichtnutzung eines Krankenhauses oder einer Abteilung (57). In der Praxis kommt diese Finanzierungsart nicht sehr häufig vor.

(47)

In Artikel 109 KhG (jetzt Artikel 125 KhG in der Fassung vom 10. Juli 2008 (58)) ist ein zusätzlicher Finanzierungsmechanismus vorgesehen, den nur die öffentlichen Krankenhäuser (wie die IRIS-Krankenhäuser) in Anspruch nehmen können. Nach diesen Bestimmungen müssen die Defizite der öffentlichen Krankenhäuser, die aus ihren Aufgaben hervorgehen, von den Gemeinden gedeckt werden, welche diese kontrollieren (über ihre ÖSHZ oder eine zentrale Struktur wie IRIS). Der Grundsatz der (partiellen) Deckung der Defizite durch die Gemeinden war bereits in dem Gesetz verankert, das dem KhG vorausging, d. h. dem Gesetz vom 23. Dezember 1963 (59), und wurde durch Artikel 34 des Gesetzes vom 28. Dezember 1973 bestätigt (60). Die Kriterien für die Höhe der Defizite, die die Gemeinden decken müssen, werden durch Königlichen Erlass festgelegt. (61) Der zuständige föderale Minister für Volksgesundheit bestimmt auf dieser Basis jedes Jahr die Höhe des Defizits für jedes öffentliche Krankenhaus. In der Praxis entspricht das Defizit, das nach den Vorgaben des Ministers gedeckt werden muss, nicht genau dem Defizit, das in den Verwaltungskonten des Krankenhauses erscheint, da einige Kostenfaktoren (zum Beispiel das Ergebnis der krankenhausfremden Aufgaben, die, wie in Erwägungsgrund 155 (62) erläutert, im Falle der IRIS-Krankenhäuser reine Nebenkosten zu den Krankenhausaufgaben darstellen), die in diesen Konten aufgeführt sind, nicht in der Defizitdeckung nach Artikel 109 KhG enthalten sind.

(48)

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass den IRIS-Krankenhäusern ein Finanzierungsmechanismus zur Verfügung steht, der die erwirtschafteten Defizite vollständig abdeckt. Mit den fünf allgemeinen Finanzierungsmaßnahmen, die im KhG (vgl. Erwägungsgrund 46) vorgesehen sind, ist der größte Teil der Betriebskosten und Investitionskosten der Krankenhäuser abgedeckt. Insofern diese Finanzierungsquellen nicht ausreichen, um die Kosten zu decken, die mit den Aufgaben dieser Krankenhäuser verbunden sind, sind die Gemeinden nach Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser dazu verpflichtet, das Defizit der IRIS-Krankenhäusern vollständig zu decken (siehe Erwägungsgründe 44-45). Im Rechnungsdefizit nach Artikel 46 der Statuten ist zwangsläufig die Defizitdeckung nach Artikel 109 KhG (63) eingeschlossen (siehe Erwägungsgrund 47). Durch die vollständige Deckung des Rechnungsdefizits ist die Verpflichtung der Gemeinden nach Artikel 109 KhG erfüllt. Die Zahlungsmodalitäten dieses Mechanismus zum Defizitausgleich werden unten beschrieben (vgl. Abschnitt 7.3.5).

2.5.2.   Buchführungspflichten

(49)

Alle Krankenhäuser (sowohl die öffentlichen als auch die privaten) sind zur Buchführung und zur Transparenz verpflichtet. Jedes Krankenhaus muss vor allem eine eigene Buchführung machen, aus welcher der Selbstkostenpreis jeder Dienstleistung hervorgeht und in der bestimmte Vorschriften des Gesetzes vom 17. Juli 1975 (64) bezüglich der Buchführung und der Jahresabschlüsse der Unternehmen eingehalten werden (65). Die krankenhausfremden Aufgaben müssen in separaten Konten aufgezeichnet werden. Die Krankenhäuser sind zudem verpflichtet, einen Rechnungsprüfer zu ernennen, der damit beauftragt wird, die Buchführung und die Jahresabschlüsse zu bestätigen (66). Und schließlich müssen die Krankenhäuser dem föderalen Minister für Volksgesundheit bestimmte (finanzielle) Informationen übermitteln (67) und der Föderale Öffentliche Dienst Volksgesundheit ist gleichfalls damit beauftragt, zu überprüfen, ob die Bestimmungen des KhG eingehalten worden sind (68).

3.   BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN, GEGEN DIE BESCHWERDE EINGELEGT WURDE

(50)

Den Beschwerdeführern zufolge hat die Region Brüssel-Hauptstadt in Bezug auf den Ausgleich der Defizite der IRIS-Krankenhäuser de facto die Rolle der betreffenden Brüsseler Gemeinden übernommen. Die Beschwerdeführer verweisen in diesem Zusammenhang besonders auf die Eingriffe des Brüsseler Regionalfonds zur Refinanzierung der Gemeindekassen (Fonds régional bruxellois de refinancement des trésoreries communales, im Folgenden „FRBRTC“), der von der Region Brüssel-Hauptstadt eingerichtet wurde (69). Sie machen ferner geltend, dass die Region Brüssel-Hauptstadt selbst den Gemeinden Sonderzuschüsse (70) (bis zu 10 Mio. EUR pro Jahr seit 2003) gewährt habe, die ihrer Auffassung nach als Hilfe in die IRIS-Krankenhäuser geflossen seien.

(51)

Die Beschwerdeführer stellen die Zuständigkeit der Region Brüssel-Hauptstadt für diese Gemeinden zwar nicht infrage, vertreten aber die Auffassung, dass die ihrer Ansicht nach vorliegende regionale Finanzierung der IRIS-Krankenhäuser weit über die Defizitdeckung hinausgehe, wie sie in Artikel 109 KhG (siehe auch Erwägungsgrund 47) vorgesehen sei. Die Beschwerdeführer tragen vor, dass die IRIS-Krankenhäuser in hohem Maße von den regionalen Finanzierungsmitteln profitiert hätten, die den Gemeinden gewährt worden seien, in denen sie sich befinden, und dass diese Finanzierungen auf der Grundlage der Bestimmungen des KhG nicht zu rechtfertigen seien. Die Beschwerdeführer erwähnen nicht die in Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser vorgesehene Verpflichtung zur Defizitdeckung.

(52)

Die Beschwerdeführer verweisen schließlich auf die Gewährung von etwa 100 Mio. EUR über den FRBRTC im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der öffentlichen Brüsseler Krankenhäuser, die zur Einrichtung der IRIS-Krankenhäuser (siehe auch Abschnitt 2.2) geführt habe. Die Beschwerdeführer behaupten, dass dieses Vorgehen zu einer Überkompensation der IRIS-Krankenhäuser geführt habe.

4.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES PRÜFVERFAHRENS

4.1.   Die Entscheidung der Kommission von 2009

(53)

Wie bereits ausgeführt (vgl. Erwägungsgrund 5), kam die Kommission in ihrer Entscheidung vom 28. Oktober 2009 zu dem Ergebnis, dass keine Einwände zu erheben seien (71), da die staatliche Finanzierung der IRIS-Krankenhäuser in der Region Brüssel-Hauptstadt eine staatliche Beihilfe darstelle, die als Ausgleich für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Die Kommission erließ diese Entscheidung auf der Grundlage der DAWI-Entscheidung von 2005 sowie direkt auf der Grundlage des Artikels 86 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 106 Absatz 2 AEUV).

(54)

In ihrer Entscheidung stellte die Kommission fest, dass die IRIS-Krankenhäuser mit drei Krankenhausaufgaben betraut sind: erstens mit der grundlegenden Krankenhausaufgabe eines jeden Krankenhauses (öffentlich oder privat) gemäß KhG (72); zweitens mit der Verpflichtung zur Annahme eines jeden Patienten unter allen Umständen, auch solcher, die keine Notfälle seien (73); und drittens mit der Verpflichtung, eine Krankenhausvollversorgung an mehreren Standorten anzubieten (74). Die Kommission kam außerdem zu dem Schluss, dass die IRIS-Krankenhäuser krankenhausfremde Aufgaben erbringen müssten, die, zusätzlich zu den medizinischen Behandlungen, aus einer sozialen Betreuung bestünden (75). Abschließend wird in der Entscheidung auch auf die Verpflichtung zur Zweisprachigkeit hingewiesen (76). Es wurde festgestellt, dass diese Aufgaben den IRIS-Krankenhäusern über das KhG, das ÖSHZ-Gesetz, die Strategiepläne des IRIS-Dachverbands sowie über eine von den IRIS-Krankenhäusern und dem ÖSHZ unterzeichnete Vereinbarung übertragen worden seien. Die Kommission stellte ferner fest, dass die Ausgleichsparameter ex ante festgelegt wurden (77) und dass die ergriffenen Maßnahmen ausreichend sind, um Überkompensationen zu vermeiden bzw. zu korrigieren (78). Außerdem kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass die IRIS-Krankenhäuser ihre Konten für die Krankenhausaufgaben von den krankenhausfremden Tätigkeiten trennten (79) und auf diese Weise sicherstellten, dass bei den IRIS-Krankenhäusern keine Quersubventionen zugunsten kommerzieller Tätigkeiten (d. h. DAWI-fremder Tätigkeiten) vorlagen (80).

(55)

Die Kommission hat auch untersucht, ob den IRIS-Krankenhäusern in der Vergangenheit (d. h. zwischen 1996 und 2007) (81) ein übermäßiger Ausgleich gewährt wurde, und kam zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall war (82). Ferner untersuchte die Kommission, neben der Beurteilung der Finanzierungsmaßnahmen in ihrer Gesamtheit, auch einen mutmaßlichen Mechanismus zur Gewährung von Vorschüssen. Da die Ausgleichszahlung nach Artikel 109 KhG angeblich häufig mit erheblicher Verspätung eintrifft, die bis zu 10 Jahre betrage, hätten die IRIS-Krankenhäuser über den FRBRTC einen Vorschuss auf diese ausstehenden Zahlungen erhalten. Da diese angeblichen Vorschusszahlungen nach der Zahlung zur Defizitdeckung gemäß Artikel 109 KhG ohnehin zurückgezahlt werden mussten, kam die Kommission zu dem Schluss, dass sie nicht zu einer Überkompensation der IRIS-Krankenhäuser führen konnten (83).

4.2.   Nichtigkeitsurteil des Gerichts von 2012

(56)

Nach Erlass der Entscheidung der Kommission von 2009 erhoben die Beschwerdeführer eine Nichtigkeitsklage gegen diese Entscheidung beim Gericht (84). Nach Auffassung der Beschwerdeführer hatte die Kommission ihre Verfahrensrechte verletzt, indem sie kein förmliches Prüfverfahren einleitete, da die Kommission hätte feststellen müssen, dass im Rahmen der in Rede stehenden Untersuchung ernsthafte Bedenken bestanden (85).

(57)

Das Gericht erklärte in seinem Urteil vom 7. November 2012 in der Rechtssache T-137/10 die Entscheidung der Kommission aus dem Jahr 2009 für nichtig und kam zu dem Schluss, dass die Kommission verpflichtet ist, ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten (86).

(58)

Das Gericht befasste sich zunächst mit der Frage, ob die Krankenhausdienstleistungen der IRIS-Krankenhäuser eindeutig definiert waren (87). Zwischen den Parteien sei unstreitig gewesen, dass allen Krankenhäusern, ob öffentlich oder privat, nach dem KhG eine Gemeinwohlaufgabe zukomme (88). Der einzige Zweifel bestehe daher hinsichtlich der Frage, ob die Kommission einen Fehler begangen habe, als sie bei ihrer Vorprüfung zu dem Schluss kam, dass die IRIS-Krankenhäuser mit Gemeinwohlaufgaben und zusätzlichen krankenhausfremden Aufgaben betraut worden seien (89). Das Gericht kam zu dem Schluss, dass Zweifel bestünden, ob die Bestimmungen, auf deren Grundlage die Kommission ihre Entscheidung gestützt habe, ausreichend seien, um die IRIS-Krankenhäuser mit den Nebenaufgaben zu betrauen, die darin bestünden, jeden Patienten unter allen Umständen anzunehmen (90), die Krankenhausversorgung an mehreren Standorten anzubieten (91) und zusätzliche soziale Dienste einzurichten (92). In Bezug auf die in Rede stehende Aufgabe, Krankenhausbehandlungen an mehreren Standorten anzubieten, hat das Gericht zudem darauf hingewiesen, dass es schwierig sei, zu erkennen, worin sich diese Aufgabe von den allgemeinen Planungs- und Betriebsanforderungen unterscheide, die für alle unter das KhG fallenden Krankenhäuser gelten (93).

(59)

Anschließend hat das Gericht geprüft, ob die Kommission das Bestehen eindeutiger Ausgleichsparameter nachgewiesen hat (94). Im Hinblick auf die Krankenhausaufgaben hat sich das Gericht mit dem Mechanismus für die Defizitdeckung nach Artikel 109 KhG befasst (95), dabei jedoch auch darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführer diesen Mechanismus nicht infrage gestellt hätten (96), sowie mit dem mutmaßlichen Mechanismus der regionalen Finanzierung über den FRBRTC, der eingerichtet wurde, um vorübergehend die zur Deckung der Defizite der IRIS-Krankenhäuser erforderlichen Beträge vorzustrecken, bevor die Defizitdeckung gemäß Artikel 109 KhG wirksam wird (97). Mit Bezug auf Artikel 109 hat das Gericht festgestellt, dass die Beschwerdeführer keine Argumente vorgebracht hätten, die die positive Bewertung dieses Artikels durch die Kommission hätten infrage stellen können (98). Beim Thema der mutmaßlichen Vorschusszahlungen über den Mechanismus des FRBRTC hingegen kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Kommission die Kalkulationsparameter dieser Vorschüsse nicht zahlenmäßig erfasst habe (99) und daher die Prüfung dieser Vorschusszahlungen nicht vollständig sei (100). Das Gericht fügte hinzu, dass die Kommission ihrer eigenen Entscheidung widersprochen habe, indem sie bei den Anhörungen behauptete, dass der FRBRTC nur ein Mechanismus sei, durch den die Region Brüssel-Hauptstadt die Brüsseler Gemeinden finanzieren würde und nicht die IRIS-Krankenhäuser (101).

(60)

Im Hinblick auf die mutmaßliche staatliche Finanzierung der zusätzlichen Sozialdienste der IRIS-Krankenhäuser (102) hat das Gericht darauf hingewiesen, dass auch in diesem Fall die Finanzierung offenbar aus dem FRBRTC stamme, der eine Vereinbarung mit den betreffenden Brüsseler Gemeinden abgeschlossen habe, die vorsah, dass ihnen die Sondersubvention gewährt würde, mit der sie die über die IRIS-Krankenhäuser erfüllten Sozialaufgaben finanzieren könnten (103). Das Gericht kam zu dem Schluss, dass in dieser Vereinbarung die Parameter für die Ausgleichszahlungen für die zusätzlichen Sozialaufgaben der IRIS-Krankenhäuser nicht vorab festgelegt worden seien (104).

(61)

Weiterhin hat sich das Gericht mit der Frage befasst, ob die Kommission geprüft hat, ob Vorkehrungen zur Vermeidung von Überkompensationen getroffen wurden (105). Das Gericht hat zunächst den Schluss gezogen, dass das KhG ausreichende Vorkehrungen gegen etwaige Überkompensationen bietet, die sich aus dem Verfahren nach Artikel 109 KhG ergeben könnten (106). Es kam jedoch ferner zu dem Ergebnis, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass ein ähnlicher Mechanismus bezüglich der mutmaßlichen Vorschusszahlung vonseiten der Gemeinden besteht (107), und wies besonders darauf hin, dass es für die IRIS-Krankenhäuser offenbar keine rechtliche Verpflichtung gibt, diese Vorschüsse nach Erhalt der Defizitfinanzierung gemäß Artikel 109 KhG zurückzuzahlen (108). In Bezug auf die Sondersubventionen, die nach Ansicht der Kommission der Finanzierung der zusätzlichen Sozialaufgaben dienen, kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Kommission die Vorkehrungen zur Vermeidung von Überkompensationen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Sozialaufgaben nicht hinreichend geprüft hat (109).

(62)

In Bezug auf die Frage, ob die IRIS-Krankenhäuser in der Praxis Überkompensationen erhalten haben (110), stellte das Gericht zunächst fest, dass die Analyse sehr umfangreich sei, da dafür alle Geschäftsergebnisse der IRIS-Krankenhäuser über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren überprüft werden mussten (111). Ohne auf die Schlussfolgerung der Kommission einzugehen, der zufolge keine Überkompensation vorliegt, kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Umfang und die Komplexität der von der Kommission zu diesem Zweck vorgenommenen Beurteilungen an sich bereits einen Anhaltspunkt für das Bestehen der von den Beschwerdeführern behaupteten ernsthaften Schwierigkeiten darstellen (112).

(63)

Ferner haben die Beschwerdeführer das Argument angeführt, dass die Kommission bei ihren Untersuchungen das Kriterium der wirtschaftlichen Effizienz des DAWI-Leistungserbringers hätte berücksichtigen müssen (113). Das Gericht hat dieses Argument jedoch abgewiesen und kam zu folgendem Schluss:

„[D]ie Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens bei der Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse [ist] kein Kriterium für die Beurteilung der Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe im Hinblick auf Artikel 86 Absatz 2 EG [jetzt Artikel 106 Absatz 2 AEUV], sodass die Entscheidung der nationalen Stellen über die Wirtschaftlichkeit des öffentlichen Betreibers in diesem Punkt nicht rügefähig ist.“  (114)

(64)

Als Fazit aus diesen Schlussfolgerungen kam das Gericht zu folgendem Ergebnis:

„[Der Beschwerdeführer] macht nämlich eine Reihe von übereinstimmenden Anhaltspunkten dafür geltend, dass es ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der untersuchten Maßnahmen gab, wenn man die Kriterien für die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG [jetzt Artikel 106 Absatz 2 AEUV] betrachtet, die erstens das Bestehen eines klar definierten Auftrags in Bezug auf die im Gemeinwohl liegenden Krankenhaus- und Sozialaufgaben, die speziell den IRIS-Krankenhäusern obliegen, betreffen, zweitens das Bestehen von im Voraus aufgestellten Ausgleichsparametern und drittens das Bestehen von Vorkehrungen zur Vermeidung einer Überkompensation bei der Finanzierung dieser Gemeinwohlaufgaben“. (115)

4.3.   Einleitungsbeschluss der Kommission vom 1. Oktober 2014  (116)

(65)

In Anbetracht der Schlussfolgerungen des Gerichts (117), denen zufolge die Kommission auf der Grundlage des Artikels 106 Absatz 2 AEUV Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden staatlichen Finanzierung der IRIS-Krankenhäuser hätte haben müssen, war die Kommission verpflichtet, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, was sie mit dem Beschluss vom 1. Oktober 2014 getan hat. Im Einleitungsbeschluss wies die Kommission darauf hin, dass die Gemeinden und die betreffenden Brüsseler ÖSHZ nach Angaben der belgischen Behörden den IRIS-Krankenhäusern, jedoch nicht den Privatkliniken, die folgenden zusätzlichen Verpflichtungen auferlegt hätten, (118) mit denen die Maßnahmen zur Defizitdeckung zugunsten der IRIS-Krankenhäuser zu rechtfertigen seien:

a)

Die Verpflichtung zur Annahme jedes Patienten unter allen Umständen: Die IRIS-Krankenhäuser dürfen Patienten die nicht in der Lage sind, die in Anspruch genommenen Dienstleistungen zu bezahlen, und/oder die nicht versichert sind, die Aufnahme nicht verweigern, auch wenn diese Patienten keine Notfallpatienten sind. Die Privatkliniken seien nur verpflichtet, Patienten aufzunehmen, die dringende ärztliche Hilfe benötigen, hätten diese Verpflichtung aber nicht, wenn es sich nicht um einen Notfall handele.

b)

Die Verpflichtung zur Krankenhausvollversorgung an vielen Standorten: Die Gemeinden und die ÖSHZ haben die bewusste Entscheidung getroffen, ihre Krankenhäuser an vielen Standorten aufrechtzuerhalten und eine Krankenhausvollversorgung anzubieten, um den Zugang aller Patienten zu ärztlichen Behandlungen zu gewährleisten. Von der Alternative, die Betten und begleitenden Dienstleistungen auf weniger Standorte zu verteilen und auf diese Weise die Kosten zu reduzieren, wurde bewusst Abstand genommen. Diese Entscheidung hat sich besonders für benachteiligte Patienten und ihre Familien als sinnvoll erwiesen, da die IRIS-Krankenhäuser größtenteils in Vierteln mit hohem Anteil an benachteiligten Bevölkerungsgruppen oder in deren Umgebung liegen.

c)

Die Verpflichtung, den Patienten und ihren Familien Sozialdienste anzubieten: Die Sozialarbeiter bieten benachteiligten Patienten und ihren Familien Unterstützung bei administrativen, finanziellen, zwischenmenschlichen und sozialen Problemen an. Sie nehmen schon vorher soziale Kontakte auf, um eine etwaige finanzielle Unterstützung vonseiten der ÖSHZ vorzubereiten. Zwar müssen alle öffentlichen und privaten Krankenhäuser Sozialarbeiter in bestimmten Abteilungen beschäftigen (im Bereich Geriatrie und Psychiatrie zum Beispiel), die belgischen Behörden bekräftigen jedoch, dass die IRIS-Krankenhäuser eine Nebenaufgabe hätten, durch die verstärkt soziale Dienstleistungen in Anspruch genommen würden und diese daher höhere Kosten verursachten und zu den Ausgleichszahlungen nach dem KhG führten.

(66)

Die Kommission hat die belgischen Behörden, die Beschwerdeführer und alle Beteiligten in Anbetracht der Bedenken des Gerichts (119) dazu aufgefordert, ihr alle relevanten Informationen zukommen zu lassen, die sie benötigt, um die Vereinbarkeit der in Rede stehenden staatlichen Finanzierung mit dem Binnenmarkt vor allem im Hinblick auf folgende Punkte zu prüfen:

Wie sind die mutmaßlichen Nebenaufgaben der IRIS-Krankenhäuser genau festgelegt worden und auf welche Unterlagen stützt sich die Betrauung mit diesen Aufgaben (vgl. Erwägungsgründe 87-89 des Einleitungsbeschlusses)?

Auf welche Rechtsgrundlage stützt sich die Deckung des Defizits der IRIS-Krankenhäuser (zu dem die Kosten für jede mutmaßliche Nebenaufgabe beitragen) (vgl. Erwägungsgrund 91 des Einleitungsbeschlusses)?

Wurden (ausreichende) Maßnahmen getroffen, um Überkompensationen im Zusammenhang mit den mutmaßlichen Nebenaufgaben zu vermeiden, und gibt es insbesondere einen Mechanismus zur Defizitdeckung in Kombination mit (etwaigen) rückzahlbaren Vorschüssen; sind die IRIS-Krankenhäuser rechtlich zur Rückzahlung der erhaltenen Vorschüsse verpflichtet, um Überkompensationen zu vermeiden (vgl. Erwägungsgrund 95 des Einleitungsbeschlusses)?

Wenn Sondersubventionen in Höhe von maximal 10 Mio. EUR pro Jahr (vgl. Erwägungsgrund 50) nicht als Zahlung zur Deckung der Defizite der IRIS-Krankenhäuser zu betrachten sind, stellt sich die Frage, ob ausreichende Vorkehrungen getroffen wurden, um sicherzustellen, dass die Ausgleichszahlung nicht über den Betrag hinausgeht, der notwendig ist, um die Kosten zu decken, die durch die Verpflichtung zu Gemeinwohldiensten entstehen (vgl. Erwägungsgrund 96 des Einleitungsbeschlusses).

Haben die IRIS-Krankenhäuser tatsächlich eine irgendwie geartete Überkompensation erhalten, seit sie als rechtlich unabhängige Einrichtungen in Betrieb genommen wurden (vgl. Erwägungsgrund 97 des Einleitungsbeschlusses)?

Die Kommission benötigt konkrete, spezifische und detaillierte Argumente und Unterlagen zu der Frage, ob, warum und inwieweit die öffentlichen Finanzierungsmaßnahmen für die IRIS-Krankenhäuser unter den DAWI-Beschluss von 2012 oder den DAWI-Rahmen von 2012 (vgl. Erwägungsgrund 98 des Einleitungsbeschlusses) bzw. der DAWI-Entscheidung von 2005 (vgl. Erwägungsgrund 100 des Einleitungsbeschlusses) fallen und ob, warum und inwieweit die darin festgelegten Kriterien für die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gegebenenfalls erfüllt sind.

(67)

Im Rahmen des Einleitungsbeschlusses bittet die Kommission außerdem um Angaben zu folgenden Sachfragen:

Sind Gelder aus dem FRBRTC (vgl. Erwägungsgrund 50 unten) als Sondersubventionen direkt an die IRIS-Krankenhäuser geflossen und stellen der FRBRTC und die Sondersubventionen einfache Finanzierungsmechanismen zwischen der Region Brüssel-Hauptstadt und den Brüsseler Gemeinden (vgl. Erwägungsgrund 17 des Einleitungsbeschlusses) dar?

Wie sind die Verpflichtung nach Artikel 60 Absatz 6 ÖSHZ-Gesetz (siehe Erwägungsgrund 19 unten), die Möglichkeiten zur Schließung eines öffentlichen Krankenhauses und der Unterschied zu den Planungsbedingungen von Krankenhäusern einzuschätzen (siehe Erwägungsgrund 26 des Einleitungsbeschlusses)?

Haben die zusätzlichen Sozialdienste der IRIS-Krankenhäuser wirtschaftlichen Charakter (siehe Erwägungsgrund 48 des Einleitungsbeschlusses)?

Kann die Weitergabe der Sondersubventionen (der Region Brüssel-Hauptstadt an die Gemeinden) von den Gemeinden an die IRIS-Krankenhäusern als ein vom Mechanismus zur Defizitdeckung getrennter Vorgang betrachtet werden (siehe Erwägungsgrund 92 des Einleitungsbeschlusses) und, wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage basieren die genauen Modalitäten?

Besteht ein Mechanismus für Vorschusszahlungen? Wenn ja: Auf welcher Rechtsgrundlage beruht dieser und wie werden solche Zahlungen ggf. geleistet? Sind sie als eine vom Mechanismus zur Defizitdeckung getrennte Beihilfemaßnahme zu betrachten? Werden derartige Vorschüsse (gegebenenfalls) über den FRBRTC finanziert (siehe Erwägungsgrund 93 des Einleitungsbeschlusses)?

Es werden weitere Angaben zum Begriff der pérennité (d. h. Fortbestand und langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Krankenhäuser, siehe auch Erwägungsgrund 91 unten) und zur rechtlichen Grundlage (besonders für den IRIS-Dachverband und die IRIS-Krankenhäuser) benötigt; in welchem Maße und auf welche Art sind die Mechanismen zur Defizitdeckung dieser Krankenhäuser mit dem Fortbestand zu rechtfertigen (siehe Erwägungsgründe 102 und 103 des Einleitungsbeschlusses)?

Gibt es andere Gründe außer den ausdrücklich in diesem Einleitungsbeschluss genannten (das Bestehen zusätzlicher DAWI und der Fortbestand der öffentlichen Krankenhäuser), welche die zusätzliche Finanzierung der IRIS-Krankenhäuser rechtfertigen (siehe Erwägungsgrund 103 des Einleitungsbeschlusses)?

5.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(68)

Die Kommission hat Stellungnahmen von vier Beteiligten (CBI, ABISP, Zorgnet Vlaanderen und UNCPSY) erhalten, die nachfolgend zusammengefasst sind:

5.1.   CBI (Coordination bruxelloise d'institutions sociales)

(69)

In Reaktion auf diesen Einleitungsbeschluss weist die Beschwerdeführerin CBI (Coordination bruxelloise d'institutions sociales — Brüsseler Koordinationsstelle für soziale Institutionen) darauf hin, dass es keine neuen Argumente oder Erklärungen gebe, die darauf hindeuteten, dass die IRIS-Krankenhäuser eine Sonderaufgabe hätten, dass es Ausgleichsmechanismen für diese angebliche Aufgabe gebe oder dass diesbezüglich Kontrollen eingerichtet worden seien. Die Beschwerdeführerin bezieht sich somit hauptsächlich auf Argumente, die in den vorherigen Stellungnahmen vorgebracht wurden.

(70)

CBI bekräftigt ihre Position: 1. Die IRIS-Krankenhäuser seien nicht mit speziellen DAWI beauftragt, die zu den Aufgaben hinzukämen, die alle belgischen Krankenhäuser (öffentliche oder private) zu bewältigen haben, und 2. selbst wenn die Kommission zum Schluss käme, dass zusätzlich Aufgaben dieser Art bestünden, seien diese Aufgaben nicht eindeutig genug festgelegt, um den diesbezüglichen Kriterien der Gesetzgebung der Union zu genügen. CBI macht ferner darauf aufmerksam, dass die neue Brüsseler Regierung gemäß ihrem politischen Programm (im Juli 2014 veröffentlicht) die Absicht habe, „die Ordonnanz vom 13. Februar 2003 zu reformieren, um die Dienste für das Gemeinwohl festzulegen, die spezielle Gemeindezuschüsse rechtfertigen“ . Nach Ansicht der Beschwerdeführer deutet dieser Wortlaut darauf hin, dass es derzeit keine Aufgabe dieser Art gebe, dass sie jedoch in Zukunft festgelegt werden soll.

(71)

Hinsichtlich der Vorgaben nach Artikel 60 Absatz 6 ÖSHZ-Gesetz ist CBI der Auffassung, dass diese über die Bestimmungen des KhG hinaus keine Festlegung zusätzlicher bzw. besonderer Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse enthielten, die nur für öffentliche Krankenhäuser wie die IRIS-Krankenhäuser gelten würden. Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, dass die sozialen Aufgaben offenbar nur vom Umfang her größer seien als die anderer Krankenhäuser und bezeichnet sie als „grundlegende Sozialaufgaben, die öffentliche und private Krankenhäuser gleichermaßen“ obliegen. CBI ist der Auffassung, dass dies nicht ausreiche, um zu der Ansicht zu gelangen, dass die IRIS-Krankenhäuser eine zusätzliche Sozialaufgabe hätten. Im Hinblick auf die Frage, ob diese Dienste wirtschaftlicher Art sind, erklärt CBI, dass nur aus der Tatsache, dass es sich um kostenlose Dienstleistungen handele, nicht abzuleiten sei, dass diese keinen wirtschaftlichen Charakter hätten. Abschließend meint CBI, dass die zusätzlichen Sozialdienste nicht von umfassenden Gesundheitsdienstleistungen zu trennen seien, die zweifellos an sich schon wirtschaftlichen Charakter hätten, denn dies sei niemals angezweifelt worden.

(72)

CBI zufolge haben sowohl Privatkliniken als auch öffentliche Krankenhäuser die Aufgabe der allgemeinen Gesundheitsversorgung. Ihrer Auffassung nach besteht kein Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Krankenhäusern im Hinblick auf die Behandlung von „Sozialpatienten“, die sich in einer Notfallsituation oder in der Situation „Post-urgence“ (Notfall-Nachsorge) befinden. In diesem Zusammenhang beruft sich CBI auf ein Urteil des Gerichts erster Instanz von Brüssel (120) bezüglich dringend notwendiger medizinischer Hilfe (121) von Ausländern, die sich illegal in Belgien aufhalten (im Folgenden „Migranten ohne Papiere“). Das Urteil belege in diesem Zusammenhang, dass diese Hilfe sowohl von öffentlichen als auch von privaten Krankenhäusern geleistet werden könne. CBI fügt hinzu, dass die Privatkliniken, wie aus einer Veröffentlichung (122) der Christlichen Krankenkassen (Mutualités Chrétiennes) aus dem Jahre 2004 hervorgehe (123), mehr als 60 % der „Sozialpatienten“ in der Region Brüssel-Hauptstadt aufnehmen. Die Beschwerdeführerin vertritt weiterhin die Ansicht, dass weder durch das ÖSHZ-Gesetz noch durch die Strategiepläne des IRIS-Dachverbands oder die „Domicile-de-secours“-Rahmenabkommen (in Bezug auf den für die Zwecke das Anspruchs auf Sozialversicherungsleistungen als Wohnsitz geltenden Ort) eine Nebenaufgabe auferlegt werde (124).

(73)

In Bezug auf die Aufgabe zur Versorgung an mehreren Standorten ist CBI der Auffassung, dass weder die Verpflichtung zur Krankenhausvollversorgung an vielen Standorten bis jetzt inhaltlich hinreichend erklärt worden sei noch die Frage, inwieweit aus dieser Verpflichtung Nebenaufgaben für die IRIS-Krankenhäuser abzuleiten wären. Was die soziale Nebenaufgabe angeht, so ist CBI der Auffassung, dass aus Artikel 57 ÖSHZ-Gesetz für die IRIS-Krankenhäuser keine Verpflichtung zu ergänzenden Sozialaufgaben hervorgeht und dass diese zumindest nicht eindeutig definiert sind (nicht deutlicher als die Strategiepläne des IRIS-Dachverbands oder die „Domicile-de-secours“-Abkommen).

(74)

Im Hinblick auf eine klare Definition der Ausgleichsparameter weist CBI darauf hin, dass die IRIS-Krankenhäuser nach Angaben der belgischen Behörden eine andere Sonderaufgabe hätten als die Privatkliniken und dass diese Sonderaufgabe nicht im KhG festgelegt sei, sondern auf einer anderen rechtlichen Grundlage basiere. Nach Auffassung von CBI ist es eindeutig ausgeschlossen, dass die Ausgleichsparameter für eine oder mehrere Gemeinwohlaufgaben im KhG festgelegt werden könnten, da in diesem Gesetz keine Gemeinwohlaufgaben vorgesehen seien. Ferner unterstreicht CBI, dass es keine Korrespondenz zu den behaupteten Rechtsgrundlagen für die in Rede stehenden Sonderaufgaben und die Ausgleichsmechanismen gebe. Die Beschwerdeführerin macht darauf aufmerksam, dass offenbar nicht zwischen den Defiziten unterschieden werde, die aufgrund der Kosten für die angeblichen Sonderaufgaben entstanden seien, und denen, die der Grundversorgung zugeordnet werden könnten. Abschließend nimmt CBI auf einige Stellungnahmen des Interföderalen Korps der Finanzinspektion (Inspection belge des finances) Bezug, die zu dem Ergebnis kommen, dass es nicht möglich sei, die Verwendung der Sondersubventionen zu überwachen, die auf der Grundlage der Ordonnanz vom 13. Februar 2003 gewährt worden seien, weil in dieser Ordonnanz keine Aufgaben von kommunalem Interesse vorgesehen seien, für die diese Subventionen gewährt werden.

(75)

CBI wiederholt auch ihre vorherigen Behauptungen, denen zufolge keine Vorkehrungen getroffen wurden, um Überkompensationen zu vermeiden. Sie fügt hinzu, dass es aufgrund der fehlenden genauen Definition der Sonderaufgaben der IRIS-Krankenhäuser nicht möglich sei zu bestimmen, für welche Tätigkeiten eine Ausgleichszahlung erfolgen solle. Nach Auffassung der CBI ist es daher nicht möglich zu überprüfen, ob es einen Kontrollmechanismus gibt, der Überkompensationen verhindert.

(76)

Abschließend weist CBI darauf hin, dass der Fortbestand der Krankenhäuser zwar in der Kooperationsvereinbarung vom 19. Mai 1994 angesprochen werde, in dieser Vereinbarung jedoch keine derartige Aufgabe definiert und als Auftragsübertragung zu betrachten sei. CBI hebt insbesondere hervor, dass es in dieser Vereinbarung keinen Hinweis darauf gibt, dass eine Gemeinde oder Stadt verpflichtet ist, über ein öffentliches Krankenhaus in ihrem Gemeindebezirk zu verfügen, und dass die Vereinbarung keine Vorschrift zur Planung von Krankenhausdiensten in Belgien enthält, nach der das Betreiben eines öffentlichen Krankenhauses erforderlich wäre.

5.2.   ABISP (Association bruxelloise des institutions de soins privées)

(77)

Der Brüsseler Verband der privaten Gesundheitseinrichtungen ABISP (Association bruxelloise des institutions de soins privées), einer der ursprünglichen Beschwerdeführer (siehe Erwägungsgrund 1), macht in seiner Stellungnahme zum Einleitungsbeschlusses darauf aufmerksam, dass alle belgischen Krankenhäuser, unabhängig von ihrem Status oder ihren Eigentümern, gesetzlich verpflichtet seien, eine Gemeinwohlaufgabe zu erfüllen. In diesem Zusammenhang nimmt ABISP Bezug auf Artikel 2 KhG (125). Abschließend erinnert ABISP daran, dass er seine Beschwerde zurückgezogen hat.

5.3.   Zorgnet Vlaanderen (Dachverband der Krankenhäuser in Flandern)

(78)

Zorgnet Vlaanderen vertritt mehr als 500 flämische Gesundheitsversorgungseinrichtungen (z. B. allgemeine Krankenhäuser, psychiatrische Einrichtungen und Altersheime). In seiner Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss unterstreicht Zorgnet Vlaanderen, dass alle belgischen Krankenhäuser, sowohl öffentliche als auch private, im Rahmen des KhG die gleiche Verpflichtung hätten, zum Gemeinwohl beizutragen. Der Verband weist darüber hinaus darauf hin, dass im KhG keine Auflagen hinsichtlich der rechtlichen Form (öffentlich oder privat) für die Anerkennung der Einrichtung als Krankenhaus gemacht würden. Im Übrigen führt Zorgnet Vlaanderen aus, dass die Festlegung der Gemeinwohlverpflichtungen der Krankenhäuser nicht an eine regionale Besonderheit geknüpft sei. Abschließend versichert der Dachverband, dass die Krankenhäuser in Flandern dieselben Sozialaufgaben hätten wie die Krankenhäuser der Region Brüssel-Hauptstadt.

5.4.   UNCPSY (Union nationale des cliniques psychiatriques privées)

(79)

Die Union nationale des cliniques psychiatriques privées (UNCPSY) ist der Verband der psychiatrischen Privatkliniken in Frankreich. In ihrer Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss versichert UNCPSY, dass die Beurteilung, ob staatliche Mittel über die Nettokosten der öffentlichen Versorgungsleistung hinausgingen, nur erfolgen könne, wenn diese Nettokosten nicht unbegrenzt seien. Bei dieser Beurteilung müsse ihrer Auffassung nach zudem die Qualität der Geschäftsführung des Dienstleisters berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang äußert UNCPSY die Auffassung, dass die Kommission die öffentlichen und privaten Krankenhäuser miteinander vergleichen müsse, um festzustellen, ob die Beihilfe im Sinne des Artikels 106 Absatz 2 AEUV angemessen ist.

(80)

In diesem Zusammenhang weist die Kommission darauf hin, dass die Stellungnahme von UNCPSY nicht mit dem Ergebnis des Gerichts im Urteil vom 7. November 2012 (T-137/10, Rn. 300) übereinstimmt, dem zufolge die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens bei der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse kein Kriterium für die (nach Artikel 106 Absatz 2 AEUV erfolgende) Beurteilung der Vereinbarkeit der von ihm erhaltenen staatlichen Mittel mit den Beihilfevorschriften ist (siehe Erwägungsgrund 63).

6.   STELLUNGNAHMEN DES KÖNIGREICHS BELGIEN

6.1.   Stellungnahmen Belgiens zum Einleitungsbeschluss

(81)

In ihrer Stellungnahme zum Beschluss der Kommission vom 1. Oktober 2014, insbesondere zu Erwägungsgrund 17 des Beschlusses, betonen die belgischen Behörden, dass die finanziellen Mittel der Region Brüssel-Hauptstadt (d. h. die Sondersubventionen von maximal 10 Mio. EUR pro Jahr) und des FRBRTC lediglich den Gemeinden und nicht den IRIS-Krankenhäuser zugeführt worden seien. Daher sind die belgischen Behörden der Auffassung, dass diese Geldmittel als finanzielle Transfers zwischen staatlichen Behörden zu betrachten seien, die nicht unter Artikel 107 Absatz 1 AEUV fallen. Nach Angaben der belgischen Behörden haben weder die Region Brüssel-Hauptstadt noch der FRBRTC den IRIS-Krankenhäusern einen Zuschuss gewährt. Sie geben an, dass diese Transfers im Rahmen der Zuständigkeit der Region für die allgemeine Finanzierung der Gemeinden stattgefunden hätten, damit diese ihre Gemeinwohlaufgaben erfüllen könnten, vor allem die Aufgaben der ÖSHZ. Die Stellungnahme der Finanzinspektion, auf welche die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang verweisen, sei nur auf die Region Brüssel-Hauptstadt und die Gemeinden zu beziehen, jedoch nicht auf IRIS-Krankenhäuser. Abschließend bekräftigen die belgischen Behörden, dass die Region Brüssel-Hauptstadt auf der Grundlage des Sondergesetzes vom 8. August 1980 über die institutionellen Reformen und der Stellungnahme des belgischen Staatsrates (Conseil d'Etat) (126) nur die Gemeinden finanzieren dürfe, jedoch keine IRIS-Krankenhäuser, da die Finanzierung von speziellen Krankenhausaufgaben nicht in die Zuständigkeit der Regionen falle.

(82)

Im Hinblick auf die Bedenken, die in Erwägungsgrund 26 des Einleitungsbeschlusses geäußert wurden, erläutern die belgischen Behörden den Unterschied zwischen dem Kriterium nach Artikel 60 Absatz 6 ÖSHZ-Gesetz einerseits und den Möglichkeiten zur Schließung eines öffentlichen Krankenhauses nach der Krankenhausbedarfsplanung andererseits. Ihrer Ansicht nach sind in Artikel 60 Absatz 6 ÖSHZ-Gesetz (127) die Bedingungen festgelegt, nach denen ein ÖSHZ ein Krankenhaus gründen kann. Ein ÖSHZ müsse in erster Linie analysieren, ob ein solches Krankenhaus unter Berücksichtigung des regionalen Bedarfs und insbesondere der medizinisch-sozialen Erfordernisse sowie der bestehenden vergleichbaren Infrastrukturen tatsächlich notwendig sei. Die belgischen Behörden unterstreichen ferner, dass die Krankenhausplanung darin besteht, dass die Föderalregierung die maximale Bettenkapazität pro Region bestimmt. Die Föderalregierung gründe ihre Entscheidung ausschließlich auf den zahlenmäßig erfassten Krankenhausbedarf, ohne den sozialen Bedarf in jeder Region zu berücksichtigen (128). Die belgischen Behörden erklären, dass die maximale Bettenkapazität der Krankenhäuser in der Region Brüssel-Hauptstadt für die gesamte Region festgelegt werde und nicht einzeln für jede der 19 Gemeinden. Jede der 19 ÖSHZ der Region Brüssel-Hauptstadt entscheide hingegen selbstständig, ein Krankenhaus entsprechend dem örtlichen Bedarf in ihrer Gemeinde einzurichten.

(83)

Die belgischen Behörden haben auch erklärt, dass weder das KhG noch das ÖSHZ-Gesetz förmliche oder besondere Vorschriften für die Schließung eines öffentlichen Krankenhauses oder die Übertragung auf einen Partner des Privatsektors enthalte (129). Der belgische Staatsrat habe jedoch in seiner Rechtsprechung die Modalitäten und Bedingungen für eine Schließung und/oder Übertragung der von einem ÖSHZ geschaffenen Einrichtungen festgelegt. So habe der Staatsrat in seinem Urteil Nr. 113.428 vom 9. Dezember 2002 die Übertragung eines Pflegeheims, das einem ÖSHZ gehöre, auf einen privaten Betreiber für nichtig erklärt. Er habe insbesondere die Auffassung vertreten, dass auch beurteilt werden müsse, wie notwendig die Erbringung von medizinisch-sozialen Dienstleistungen sei, bevor die Entscheidung getroffen werden könne, eine Einrichtung zu schließen oder zu übertragen. In dieser Beurteilung seien die Bewertung der Gründung der Einrichtung sowie alle Änderungen gebührend zu berücksichtigen, die seit der Gründungsentscheidung eingetreten seien. Weiterhin weisen die belgischen Behörden darauf hin, dass diese Beurteilung nicht nur auf die finanzielle Lage der Einrichtung oder die Instandhaltungskosten gestützt werden dürfe. Auf dieser Basis kommen die belgischen Behörden zu dem Schluss, dass ein ÖSHZ kein Krankenhaus schließen darf, ohne vorher festzustellen, dass der medizinische und soziale Bedarf nicht mehr vorhanden ist, der für die Gründung des Krankenhauses maßgeblich war.

(84)

Nach Angaben der belgischen Behörden ist es bei der Einrichtung eines öffentlichen Krankenhauses notwendig, sowohl die Verpflichtungen nach Artikel 60 Absatz 6 ÖSHZ-Gesetz als auch die Krankenhausplanung der staatlichen Stellen einzuhalten, während für die Privatkliniken nur die Bedarfsplanung relevant sei. Nach Artikel 60 Absatz 6 ÖSHZ-Gesetz muss die Eröffnung eines öffentlichen Krankenhauses durch den realen Bedarf gerechtfertigt sein. Wenn ein öffentliches Krankenhaus mit einer Bettenkapazität entsprechend der Krankenhausplanung eröffnet wird, ist nach den Ausführungen der belgischen Behörden im Rahmen dieser Planung kein Platz mehr für ein anderes (öffentliches oder privates) Krankenhaus in der Umgebung; in diesem Fall gibt es kein anderes Mittel mehr, um den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden. Wenn ein ÖSHZ zu einem bestimmten Zeitpunkt ein öffentliches Krankenhaus schließen möchte, muss es den belgischen Behörden zufolge zunächst im Einklang mit der Rechtsprechung des Staatsrates sicherstellen, dass dieses Krankenhaus nicht mehr notwendig ist. Im Gegensatz zu einem ÖSHZ sei ein privater Betreiber, der sich für die Schließung seines Krankenhauses entscheide, gesetzlich nicht verpflichtet, auch in der Zukunft eine Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Eine Privatklinik bleibe nur durch aufgrund ihrer eigenen Entscheidung in Betrieb, und diese Entscheidung könne sich jederzeit ändern. Als Beispiel führen die belgischen Behörden die plötzliche Schließung des französischen Krankenhauses Hôpital Français im Jahr 2008 an, einer Privatklinik in Berchem-Sainte-Agathe (Brüssel) (130). Anschließend erklären die belgischen Behörden, dass die Freiheit der öffentlichen und privaten Betreiber, ein Krankenhaus einzurichten, ferner durch die Krankenhausplanung begrenzt werde (die Gründung eines Krankenhauses sei erst möglich, wenn die maximale Bettenkapazität in der Umgebung noch nicht erreicht sei). Nach ihren Angaben unterliegen die ÖSHZ jedoch durch das ÖSHZ-Gesetz zusätzlichen Auflagen bezüglich der Öffnung und Schließung von öffentlichen Krankenhäusern, während die Privatkliniken zu jeder Zeit schließen könnten.

(85)

Was die Verpflichtungen angeht, denen angeblich nur die IRIS-Krankenhäuser unterliegen (siehe Erwägungsgründe 87 bis 89 des Einleitungsbeschlusses), so machen die belgischen Behörden geltend, dass diese direkt daraus abzuleiten seien, dass die IRIS-Krankenhäuser lediglich zu dem Zweck gegründet werden, Sozialaufgaben für die ÖSHZ zu übernehmen (siehe Abschnitt 2.2). Wie die belgischen Behörden ausführen, gehen diese Verpflichtungen auf das ÖSHZ-Gesetz zurück, auf dessen Grundlage die IRIS-Krankenhäuser eingerichtet werden, und werden den IRIS-Krankenhäusern über ihre Satzungen und die Strategiepläne des IRIS-Dachverbands auferlegt. Die belgischen Behörden verweisen auf diese Unterlagen auch für die eindeutige Definition dieser Verpflichtungen. Aus Gründen der Kürze und zur Vermeidung von Wiederholungen zitiert die Kommission in ihrer Beurteilung nur die relevanten Passagen (siehe Abschnitt 7.3.4.1).

(86)

Die Kommission hat in ihrem Einleitungsbeschluss (siehe Erwägungsgrund 48) Bedenken am wirtschaftlichen Charakter der ergänzenden Sozialdienste geäußert, die von den IRIS-Krankenhäusern geleistet werden. In ihrer Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss führen die belgischen Behörden aus, dass diese Sozialdienste keinen wirtschaftlichen Charakter hätten. Sie machen insbesondere geltend, dass die Sozialbetreuung der Brüsseler ÖSHZ in Form einer materiellen, sozialen, medizinischen, medizinisch-sozialen und psychologischen Unterstützung geleistet werde und nicht dem Wettbewerbsmarkt unterliege, und das bleibe auch weiterhin der Fall, selbst wenn ein Teil der Sozialbetreuung (und zwar die ergänzenden Sozialdienste) durch die IRIS-Krankenhäuser auf der Grundlage einer Aufgabenübertragung gewährleistet werde.

(87)

In Bezug auf die Rechtsgrundlage der Defizitdeckungen (siehe Rn. 91 des Einleitungsbeschlusses) vertreten die belgischen Behörden die Auffassung, dass sich die Verpflichtung der Gemeinden, die Defizite der öffentlichen Krankenhäuser zu decken, auf Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser sowie Artikel 109 KhG stützt. Sie erklären, dass in Artikel 109 KhG der allgemeine Grundsatz verankert sei, der für alle belgischen öffentlichen Krankenhäuser gelte und in dem die Mindestauflage für die Gemeinden festgelegt sei (da diese nur einen Teil des Defizits decken müssen, siehe auch Erwägungsgrund 47). Die belgischen Behörden weisen ferner darauf hin, dass in Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser eine Sonderverpflichtung genannt sei, die nur für die sechs Gemeinden gelte, in denen die IRIS-Krankenhäuser eingerichtet wurden; diese hätten beschlossen, über die Mindestauflage nach Artikel 109 KhG hinauszugehen und das gesamte Rechnungsdefizit der IRIS-Krankenhäuser zu decken.

(88)

In Erwägungsgrund 92 des Einleitungsbeschlusses wirft die Kommission die Frage auf, ob die Weiterleitung der Sondersubventionen (welche die Region Brüssel-Hauptstadt den Gemeinden gewährt) über die Gemeinden an die IRIS-Krankenhäuser als ein Vorgang betrachtet werden kann, der sich von der Defizitdeckung unterscheidet. In ihrer Stellungnahme betonen die belgischen Behörden, dass die Brüsseler Gemeinden die Sondersubventionen nur zur (teilweisen) Erfüllung ihrer Verpflichtung verwenden, das Defizit der IRIS-Krankenhäuser auszugleichen. Wie unten näher ausgeführt wird (siehe Abschnitt 7.3.5), erfolgt die Zahlung für den Defizitausgleich in mehreren Schritten, u. a. durch die Weiterleitung der Sondersubventionen der Gemeinde an das IRIS-Krankenhaus, jedoch werden alle Zahlungen auf der gleichen Grundlage geleistet, nämlich der Verpflichtung der Gemeinden, das Defizit auszugleichen.

(89)

Die Kommission hat zudem um Erläuterungen gebeten zu einem mutmaßlichen Mechanismus für die Zahlung von (etwaigen) Vorschüssen, zur Rechtsgrundlage für diesen Mechanismus und zu seiner Funktionsweise, zum Unterschied im Vergleich zum Mechanismus der Defizitdeckung und zur Rolle des FRBRTC bei der Finanzierung (siehe Erwägungsgrund 93 des Einleitungsbeschlusses). Den belgischen Behörden zufolge gibt es keinen Mechanismus zur Zahlung von Vorschüssen. Sie erklären, dass die Verpflichtung der IRIS-Krankenhäuser zur Deckung des Defizits erst bei Auftreten des Defizits entstehe. Nach Angaben der belgischen Behörden bezieht sich der Artikel 46 der Satzungen der IRIS-Krankenhäuser auf das Rechnungsdefizit, das in den Rechnungsabschlüssen der Krankenhäuser sechs Monate später am Ende des Geschäftsjahres ausgewiesen werde. Die Kalkulation des Föderalen Öffentlichen Dienstes Volksgesundheit nach Artikel 109 KhG hingegen dauere deutlich länger (bis zu 10 Jahre). Da das Defizit nach Artikel 109 KhG, wie die belgischen Behörden versichern, jedoch ein Teil des Rechnungsdefizits sei, das nach Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser sofort abgedeckt werde, erhielten letztere keine Vorschüsse, die als Beihilfen zu betrachten wären und sich von den Beihilfen des Deckungsmechanismus unterscheiden würden. Die belgischen Behörden bekräftigen, dass der FRBRTC den Gemeinde Mittel bereitstelle, die dazu beitragen, dass die Gemeinden ihrer der Verpflichtung zur Deckung des Defizits nachkommen können; dies sei, wie oben ausgeführt, nicht als Vorschusszahlung zu betrachten.

(90)

Was die Maßnahmen zur Vermeidung von Überkompensationen und das tatsächliche Nichtvorliegen von Überkompensationen betrifft (siehe Rn. 95-97 des Einleitungsbeschlusses), so argumentieren die belgischen Behörden wie folgt: Sie erklären zunächst, dass die Entscheidungen zur Deckung des Defizits jährlich getroffen würden, sobald das Defizit für das jeweilige Haushaltsjahr bekannt sei, sodass keine Gefahr der Überkompensation bestehe. Sie fügen hinzu, dass die Gemeinden über den Rechtsrahmen in Belgien (vor allem das Gesetz vom 14. November 1983 und das ÖSHZ-Gesetz) sicherstellen würden, dass diese staatliche Beihilfe von den IRIS-Krankenhäusern ordnungsgemäß eingesetzt werde und dass sie diese Beihilfe im Falle einer Nichteinhaltung der Bedingungen oder einer Überkompensation zurückfordern können. Die belgischen Behörden verweisen auf einige Tabellen, die sie der Kommission als Nachweis dafür übermittelt haben, dass keine Überkompensation entstanden ist, in denen das Defizit und die Eingriffe der Gemeinden für jedes der fünf IRIS-Krankenhäuser im Zeitraum 1996-2014 aufgeführt sind (die Zahlen sind Abschnitt 7.3.5 zu entnehmen).

(91)

Wie verlangt, geben die belgischen Behörden in ihrer Antwort auch einige zusätzliche Erläuterungen zum Begriff der „pérennité“ (Fortbestand der Krankenhäuser) (siehe Erwägungsgründe 102-103 des Einleitungsbeschlusses). Ihren Ausführungen zufolge gründet sich die Verpflichtung, den Fortbestand der IRIS-Krankenhäuser zu gewährleisten, direkt auf das ÖSHZ-Gesetz. Wie bereits aus der obigen Erklärung hervorgeht (siehe Abschnitt 2.1), könne jedes ÖSHZ Einrichtungen ins Leben rufen, die damit beauftragt werden, soziale Unterstützung zu leisten, einschließlich medizinischer und medizinisch-sozialer Betreuung, wenn das öffentliche Sozialhilfezentrum nachweisen könne, dass dieses Vorgehen notwendig ist, um einen realen Bedarf nach Artikel 60 Absatz 6 ÖSHZ zu decken. Sie erklären, dass sechs der 19 ÖSHZ der Region Brüssel-Hauptstadt in der Vergangenheit Krankenhäuser (ohne eigene Rechtspersönlichkeit) gegründet hätten, um soziale Hilfe anzubieten, und dass sie diese Krankenhäuser bis Ende 1995 selbst verwaltet hätten. Ihren Angaben zufolge hat die Umstrukturierung dieser öffentlichen Krankenhäuser zur Schaffung der öffentlichen IRIS-Krankenhäuser geführt, die ab 1. Januar 1996 (siehe auch Abschnitt 2.2) aus rechtlicher Sicht von den ÖSHZ unabhängig seien, wobei die ÖSHZ jedoch weiterhin dazu verpflichtet seien, entweder direkt oder über die IRIS-Krankenhäuser soziale Hilfe anzubieten. In diesem Zusammenhang weisen die belgischen Behörden darauf hin, dass durch die Umstrukturierung und die Schaffung des IRIS-Netzes und der IRIS-Krankenhäuser in erster Linie der Fortbestand der öffentlichen Krankenhausdienste in der Region Brüssel-Hauptstadt gewährleistet werden solle (siehe auch Erwägungsgrund 27). Sie heben hervor, dass die Gemeinden und die ÖSHZ auf der Grundlage des Artikels 46 der Satzung der IRIS-Krankenhäuser verpflichtet seien, ein etwaiges Defizit dieser Krankenhäuser zu decken, um den Fortbestand der IRIS-Krankenhäuser zu gewährleisten und auf diese Weise die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Die belgischen Behörden kommen darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass die staatlichen Stellen die IRIS-Krankenhäuser nicht schließen oder an einen Eigentümer aus dem Privatsektor abtreten dürfen, solange dieser Bedarf nach der Rechtsprechung des Staatsrates tatsächlich vorhanden ist (siehe Erwägungsgrund 83).

(92)

Schließlich stellt die Kommission in Erwägungsgrund 103 des Einleitungsbeschlusses die Frage, ob es andere Gründe gebe, welche die zusätzlichen Finanzmittel der IRIS-Krankenhäuser rechtfertigen könnten. Diesbezüglich weisen die belgischen Behörden darauf hin, dass das Ziel der IRIS-Krankenhäuser nicht nur darin bestehe, „tragfähige“ Dienstleistungen, Tätigkeiten und Krankenhausplanungen zu schaffen, wie unter Umständen die belgischen Privatkliniken. Die IRIS-Krankenhäuser müssten auch ein möglichst breites Spektrum an Gesundheitsversorgungsleistungen anbieten, insbesondere um jeder Person, vor allem auch den von Armut am stärksten betroffenen Bevölkerungsschichten, zu jedem Zeitpunkt den Zugang zu Behandlungen zu gewährleisten, die durch ihre Pathologie erforderlich seien, auch wenn diese Behandlung weit über die Planungs- und Genehmigungsvorschriften hinausgehe, die für alle Krankenhäuser im KhG vorgesehen seien. In diesem Zusammenhang weisen die belgischen Behörden auch auf die Randnummer 162 des Gerichtsurteils vom 7. November 2012 hin, dem zufolge sich „der Ausgleich der Defizite der öffentlichen Krankenhäuser insbesondere aus Gründen des Gesundheits- und Sozialwesens als notwendig erweisen [kann], um den Fortbestand und die Lebensfähigkeit des Krankenhaussystems sicherzustellen“. Die belgischen Behörden weisen ferner darauf hin, dass mit dem Status eines öffentlichen Krankenhauses Kosten verbunden sind, die nicht vollständig von den föderalen Finanzierungsmaßnahmen abgedeckt seien. Sie merken an, dass in diesen Kosten u. a. die Zuschläge für die sprachlichen Kompetenzen der zweisprachigen Mitarbeiter, die Pensionskosten, die Deckung der erhöhten Krankenversicherung für die Mitarbeiter mit Beamtenstatus sowie die vorgeschriebenen dienstaltersbedingten Gehaltserhöhungen enthalten seien, die von der Region Brüssel-Hauptstadt auferlegt (aber nur teilweise bezahlt) würden.

6.2.   Stellungnahmen Belgiens zu den Stellungnahmen Dritter

(93)

Die belgischen Behörden beginnen ihre Argumentation damit, dass die Stellungnahmen von CBI, ABISP und Zorgnet Vlaanderen zum Einleitungsbeschluss der Kommission allesamt auf dem gleichen Argument beruhten, nämlich dass die IRIS-Krankenhäuser nach Ansicht dieser Organisationen nicht zusätzlich mit zusätzlichen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) beauftragt seien, die über die DAWI hinausgingen, die allen Krankenhäusern (öffentliche oder private) in Belgien auferlegt würden. Ihrer Auffassung nach basiert diese Behauptung auf der gleichen Grundlage, nämlich dass das KhG den privaten und öffentlichen Krankenhäusern die gleiche Gemeinwohlverpflichtung auferlege, unabhängig von regionalen Gesichtspunkten. Nach Ansicht der belgischen Behörden haben die Beteiligten jedoch nicht erklärt, in welcher Hinsicht das ÖSHZ-Gesetz nicht für die IRIS-Krankenhäuser gilt, obwohl dieses Gesetz nach Angaben Belgiens die Rechtsgrundlage für die Existenz der IRIS-Krankenhäuser bildet. Die belgischen Behörden machen geltend, dass es nach Artikel 147 KhG ausdrücklich zulässig ist, das KhG in Bezug auf Krankenhäuser, die von einem ÖSHZ verwaltet werden (wie die IRIS-Krankenhäuser (131)), als eine Ergänzung zum ÖSHZ-Gesetz zu verstehen, wodurch bestätigt sei, dass das KhG nicht die einzige relevante Rechtsgrundlage ist, die für von ÖSHZ verwaltete Krankenhäuser gilt.

(94)

Die belgischen Behörden halten die Behauptung von CBI für falsch, dass die angekündigte Absicht der Brüsseler Regierung, die Ordonnanz vom 13. Februar 2003 dahingehend umzuformulieren, dass die Gemeinwohlaufgaben, die die Zahlung von Sondersubventionen an die Gemeinden rechtfertigen genau definiert werden (siehe Erwägungsgrund 70), ein Anhaltspunkt dafür wäre, dass es derzeit keine (nur auf IRIS-Krankenhäuser anwendbare) Sonderaufgabe gebe. Die belgischen Behörden betonen insbesondere, dass die Sondersubventionen, die in dieser Ordonnanz vorgesehen seien, nur den Gemeinden und nicht den IRIS-Krankenhäusern gewährt würden. Belgien bestätigt zudem, dass die Finanzmittel aus dem FRBRTC und von der Region Brüssel-Hauptstadt selbst (in Höhe von maximal 10 Mio. EUR pro Jahr (132)) zur Unterstützung der Gemeinden finanzielle Transfers zwischen staatlichen Behörden darstellten, die nicht in den Anwendungsbereich des Artikels 107 Absatz 1 AEUV fielen. Die belgischen Behörden wiederholen, dass den IRIS-Krankenhäusern keiner dieser Beträge von der Region oder aus dem FRBRTC gewährt worden sei. Es handle sich vielmehr lediglich um Transfers zwischen der Region und den Gemeinden, die auf die allgemeine Zuständigkeit der Region zur Finanzierung der Gemeinden zurückzuführen sei. Mit dieser allgemeinen Finanzausstattung könnten die Gemeinden ihre kommunalen Gemeinwohlaufgaben erfüllen, zu denen auch die Aufgaben der ÖSHZ gehörten. Nach Auffassung der belgischen Behörden ist die angekündigte Reform der Ordonnanz vom 13. Februar 2003 in keinem Fall als ein Eingeständnis dafür zu betrachten, dass den IRIS-Krankenhäusern keine zusätzlichen Gemeinwohlaufgaben übertragen wurden. Es obliege den Gemeinden, die DAWI inhaltlich genau festzulegen, mit denen die Krankenhäuser, die sie gründen, beauftragt seien, und die Ordonnanz sei in diesem Zusammenhang nicht relevant, da sie sich lediglich auf die innerstaatliche Finanzierung beziehe.

(95)

Die belgischen Behörden weisen auch die Beschreibung der Sozialaufgaben zurück, wie sie die CBI in ihrer Stellungnahme dargestellt hat, da diese ihrer Auffassung nach nicht richtig sei. CBI behaupte vor allem, dass im KhG eine „grundlegende Sozialaufgabe“ definiert sei, die sowohl die öffentlichen als auch die privaten Krankenhäuser hätten, die jedoch von den IRIS-Krankenhäusern lediglich in größerem Umfang erfüllt werde. Von diesem Standpunkt aus könnten die „ergänzenden“ Sozialaufgaben der IRIS-Krankenhäuser nicht von den Krankenhausdiensten getrennt werden und seien somit ein Bestandteil dieser. Diese Sichtweise weisen die belgischen Behörden zurück. Sie sind der Ansicht, dass CBI ausdrücklich einen intrinsischen Unterschied zwischen den öffentlichen und den privaten Krankenhäuser einräumt (nämlich den größeren Umfang der Sozialdienste der IRIS-Krankenhäuser), abgesehen davon jedoch nicht festlege, was sie genau unter „grundlegender Sozialaufgabe“ verstehe, die sie als Gemeinwohlaufgabe der Krankenhäuser ansehe, und dass sie weder die Rechtsgrundlage definiere, auf die sich diese Aufgabe stützt, noch die spezielle Beauftragung, die dafür nötig wäre. Die belgischen Behörden sind der Auffassung, dass nur das ÖSHZ-Gesetz für die Betrauung der öffentlichen Krankenhäuser mit „grundlegenden Sozialaufgaben“ maßgebend ist. Ihrer Auffassung nach ist das KhG allein in Bezug auf die öffentlichen Krankenhäuser tatsächlich nur eine Ergänzung zum ÖSHZ-Gesetz (siehe Artikel 147 KhG). Die Hauptaufgabe bzw. „grundlegende Aufgabe“ der IRIS-Krankenhäuser werde in dem ÖSHZ-Gesetz bzw. auf dessen Grundlage definiert und sei daher keine, die alle Krankenhäuser „gemeinsam“ hätten. Nach Auffassung der belgischen Behörden hat diese Aufgabe keinen wirtschaftlichen Charakter. Die IRIS-Krankenhäuser seien daher nach dem ÖSHZ-Gesetz gegründet und daraufhin verpflichtet, nach ihrer Gründung die zusätzlichen Vorschriften des KhG einzuhalten (133).

(96)

Was die Stellungnahme von CBI bezüglich der Aufgabe zur Gesundheitsversorgung aller Patienten betrifft, so weisen die belgischen Behörden darauf hin, dass CBI diese allen Krankenhäusern zuschreibe, sie jedoch auf lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen während und im unmittelbaren Anschluss an Notfallsituationen beschränke. Daher machen die belgischen Behörden geltend, dass CBI implizit einräume, dass die Brüsseler Privatkliniken nicht verpflichtet seien, Patienten zu behandeln, die weder ein „Notfall“ seien noch sich in einer Situation unmittelbar nach einem Notfall befänden — was jedoch den überwiegenden Teil der Behandlungen benachteiligter Personen darstelle. Die belgischen Behörden erklären ferner, dass die Gemeinwohlaufgabe nach Artikel 2 KhG, auf die CBI verweist, nicht die Grundlage dieser Verpflichtung sei. Die Übernahme grundlegender Krankenhausaufgaben bedeute nicht, dass man in gleicher Weise den Auftrag habe, jede Person, unter allen Umständen und unabhängig von ihrer Zahlungsfähigkeit zu behandeln. Die Tatsache, dass es spezifische Vorschriften für die Notaufnahme gibt, sei ein eindeutiger Beweis dafür. Nach Ansicht der belgischen Behörden kann die Gemeinwohlaufgabe nicht stillschweigend inbegriffen sein, sondern muss ausdrücklich auferlegt werden. Ihres Erachtens war es notwendig, spezifische Kriterien für die Notaufnahme festzulegen, weil sie in der Definition der grundlegenden Krankenhausaufgabe nach dem KhG nicht erwähnt sind. Die belgischen Behörden machen geltend, dass sich das Gesetz vom 8. Juli 1964 (134) und seine Durchführungsbestimmungen auf Notfallmaßnahmen (135) und Einrichtungen der notärztlichen Versorgung (einschließlich Krankenwagen) bezieht. Auf dieser Grundlage erfüllten bestimmte Krankenhäuser, sowohl öffentliche als auch private, bestimmte Aufgaben im Bereich der ärztlichen Versorgung in Notfällen.

(97)

Die belgischen Behörden sind jedoch der Ansicht, dass die Verpflichtung zur Notfallbehandlung in den öffentlichen und privaten Krankenhäusern nicht aus dem KhG hervorgeht. Sie ergebe sich vielmehr aus der allgemeinen Pflicht, jeder Person zu helfen, die in Gefahr ist. Den belgischen Behörden zufolge sind die Krankenhäuser in medizinischen Notfällen verpflichtet, abhängig von ihrer verfügbaren Struktur und ihrer Fachkompetenz Hilfe zu leisten (136). Diese Verpflichtung betrifft sowohl öffentliche als auch private Krankenhäuser und im Übrigen auch jede andere Person — und zwar aufgrund der allgemeinen Pflicht, einer Person, die sich in Gefahr befindet, Hilfe zu leisten. Die belgischen Behörden erklären ferner, dass diese Pflicht sich nach Artikel 422 ter des belgischen Strafgesetzes nur auf Notfallsituationen bezieht, und insbesondere auf medizinische Notfälle, bei denen das Leben in Gefahr ist. Die belgischen Behörden weisen darauf hin, dass die Krankenhäuser hingegen in allen anderen Situationen (d. h. in Situationen, die keine Notfälle sind) keine Gemeinwohlaufgabe hätten und nicht verpflichtet seien, Patienten zu behandeln, die nicht in der Lage seien, für ihre Behandlung aufzukommen. Schließlich weisen die belgischen Behörden darauf hin, dass die belgischen Krankenhäuser zwar kein Recht zur Diskriminierung aufgrund der finanziellen Situation der Patienten hätten (etwa nur aufgrund der Tatsache, dass eine Person arm ist), sie könnten jedoch nicht zur Behandlung außerhalb von Notfällen verpflichtet werden, wenn ein Patient nicht zahlen kann oder nicht zahlen will.

(98)

In ihrer Erwiderung auf die Stellungnahme von CBI erläutern die belgischen Behörden den Kontext des Urteils des Gerichts erster Instanz von Brüssel (siehe Erwägungsgrund 72, auf das CBI verweist. Nach Ansicht der belgischen Behörden betrifft das von CBI zitierte Urteil einen ganz besonderen Fall dringend notwendiger medizinischer Hilfe (137) für einen Migranten ohne Papiere, der eine psychiatrische Behandlung benötigte. Sie weisen darauf hin, dass die IRIS-Krankenhäuser diese Art der Behandlung nicht anbieten. Dieses Urteil bestätige, dass dringend notwendige medizinische Hilfe für Migranten ohne Papiere normalerweise entweder von Krankenhäusern geleistet werde, die von einem ÖSHZ gegründet wurden, oder von Krankenhäusern, mit denen die ÖSHZ ein Abkommen haben (138). Schließlich weisen die belgischen Behörden darauf hin, dass CBI eine mutmaßliche Verpflichtung der Privatkliniken, alle Patienten auch außerhalb von unmittelbaren Notfallsituationen zu behandeln, weder rechtfertige noch überhaupt zu rechtfertigen versuche. Den belgischen Behörden zufolge besteht für Privatkliniken keine Behandlungsverpflichtung, wenn kein lebensbedrohlicher Notfall vorliegt, während die IRIS-Krankenhäuser verpflichtet seien, alle Patienten unter allen Umständen aufzunehmen, selbst wenn keine medizinische Dringlichkeit bestehe.

7.   BEURTEILUNG DER MASSNAHMEN

7.1.   Gegenstand dieses Beschlusses

(99)

Die Beschwerde bezog sich auf eine Beihilfemaßnahme von etwa 100 Mio. EUR, die im Zusammenhang mit der Umstrukturierung gewährt wurde, die zur Gründung der IRIS-Krankenhäuser (siehe Abschnitt 2.2) geführt hat. Wie in Abschnitt 3.1 des Einleitungsbeschlusses erklärt, hat die Kommission jedoch erst nach Ablauf der Verjährungsfrist für die Rückforderung der Umstrukturierungsbeihilfe eine Maßnahme bezüglich dieser Beihilfe ergriffen. Folglich ist diese Beihilfemaßnahme nicht Bestandteil des förmlichen Prüfverfahrens, das von der Kommission eingeleitet wurde und sie wird daher in diesem Beschluss nicht berücksichtigt.

(100)

Abgesehen von der Maßnahme, die unter die Verjährungsfrist fällt, war die Beschwerde formell auf Folgendes gerichtet: i) die Geldmittel aus dem FRBRTC an die Gemeinden, die für die IRIS-Krankenhäuser verantwortlich sind, und ii) die Sondersubventionen (in Höhe von 10 Mio. EUR pro Jahr), die die Region Brüssel-Hauptstadt den Gemeinden auf der Grundlage der Ordonnanz vom 13. Februar 2003 gewährt hat.

(101)

Diese zwei Arten von Zuwendungen wurden jedoch nur den Gemeinden gewährt, die für die Krankenhäuser IRIS verantwortlich sind, und nicht den IRIS-Krankenhäuser selbst. Sie stellen in Wirklichkeit nur den Finanzierungsstrom zwischen der Region Brüssel-Hauptstadt und den sechs Brüsseler Gemeinden dar, die für die IRIS-Krankenhäuser verantwortlich sind, und stellen daher keine staatlichen Beihilfen zugunsten der IRIS-Krankenhäuser dar.

(102)

Es ist richtig, dass die Kommission in ihrer für nichtig erklärten Entscheidung von 2009 dazu tendierte, die Zahlungen aus dem FRBRTC mit dem Ausgleichsmechanismus für Defizite nach Artikel 109 KhG zu verwechseln, und dass sie die Ausgleichsparameter anders als diese beiden Maßnahmen hätte beurteilen müssen (139). Zudem wurden die Geldmittel aus dem FRBRTC von den Gemeinden zum Ausgleich des Defizits der IRIS-Krankenhäuser (140) verwendet und die Gemeinden hatten die Pflicht, die Geldmittel aus dem FRBRTC binnen einer Frist von höchstens sieben Werktagen an die IRIS-Krankenhäuser zu zahlen (141).

(103)

Wie die Reaktionen auf den Einleitungsbeschluss bestätigen und wie unten ausgeführt (siehe Erwägungsgrund 230), sind die finanziellen Transfers aus dem FRBRTC und der Region Brüssel-Hauptstadt an die Gemeinden, die für die IRIS-Krankenhäuser verantwortlich sind, notwendig, da die Eigenmittel, über die diese Gemeinden verfügen, nicht ausreichen, um der Verpflichtung zum kommunalen Defizitausgleich der IRIS-Krankenhäuser nachzukommen. In diesem Zusammenhang haben der FRBRTC und die Region Brüssel-Hauptstadt von den Brüsseler Gemeinden verlangt, dass sie den IRIS-Krankenhäusern die Gelder aus dem FRBRTC und die Sondersubventionen beinahe sofort nach Erhalt dieser Zahlungen zur Verfügung stellen. Unabhängig von dieser Transferverpflichtung obliegt die Verpflichtung zum Ausgleich der Defizite der IRIS-Krankenhäuser allein den betreffenden Gemeinden, und die Krankenhäuser haben keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung von der Region Brüssel-Hauptstadt oder aus dem FRBRTC. Den IRIS-Krankenhäusern wurden auch einige Verpflichtungen einzig und allein von den Gemeinden auferlegt und nicht von der Region Brüssel-Hauptstadt (siehe Abschnitt 7.3.4.1). Folglich können die Zahlungen der Gemeinden zugunsten der IRIS-Krankenhäuser zum Ausgleich ihrer Defizite, entweder aus Eigenmitteln der Gemeinden oder aus der Finanzierung der Gemeinden durch die Gelder der Region Brüssel-Hauptstadt, als staatliche Beihilfe im Sinne des Artikel 107 Absatz 1 AEUV betrachtet werden.

(104)

Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass die innerstaatliche Finanzierung (der Gemeinden von der Region Brüssel-Hauptstadt, sei es auf direktem Wege oder indirekt über den FRBRTC) nur eine Finanzierungsquelle der Gemeinden für den Defizitausgleich darstelle und keine Maßnahme, die den IRIS-Krankenhäuser zusätzlich zu diesem Defizitausgleich zugutekomme. Daher werden der Finanzstrom zwischen der Region Brüssel-Hauptstadt und den betreffenden Brüsseler Gemeinden sowie ihre Rechtsgrundlagen (u. a. die Ordonnanz vom 13. Februar 2003) als solche nicht in diesem Beschluss beurteilt. In diesem Beschluss der Kommission werden vielmehr die Zahlungen der Gemeinden an die IRIS-Krankenhäuser zum Defizitausgleich untersucht, bei denen die Gemeinden in hohem Maße von der innerstaatlichen Finanzierung der Region Brüssel-Hauptstadt abhängen (142). Wenngleich die offiziell von den Beschwerdeführern genannten Maßnahmen nicht mehr Gegenstand der Untersuchung sind, trägt die beihilferechtliche Beurteilung zum Ausgleich des Defizits der Krankenhäuser durch die Gemeinden den Bedenken der Beschwerdeführer voll Rechnung, dass es sich um eine staatliche Beihilfe handele, da sie de facto ebenfalls die Geldmittel decke, die den Gemeinden von der Region Brüssel-Hauptstadt, auf direktem Wege oder indirekt über den FRBRTC, gewährt würden, und die Gemeinden sie komplett für den Defizitausgleich der IRIS-Krankenhäuser verwendeten. Aus diesem Grund werden in der unten beschriebenen Analyse zur Überkompensation (siehe Tabellen 9 bis 13 in Abschnitt 7.3.5) auch die Zahlungen für den Defizitausgleich erfasst, die aus dem FRBRTC und den Sondersubventionen von der Region Brüssel-Hauptstadt finanziert worden sind. Und schließlich sollte berücksichtigt werden, dass der Teil der Defizitausgleichszahlungen der Gemeinden, der von der Region Brüssel-Hauptstadt oder über den FRBRTC (143) finanziert wurde, nicht ausreichend war, um die Defizite der IRIS-Krankenhäuser vollständig zu decken, und dass diese Zahlungen zu keinem Zeitpunkt im Zeitraum 1996-2014 zu einer Situation geführt haben, in der ein IRIS-Krankenhaus tatsächlich überkompensiert worden wäre und die Ausgleichszahlung (teilweise) hätte zurückerstatten müssen (siehe auch die Erwägungsgründe 234 und 238).

(105)

Daher wird die Kommission die Ausgleichszahlungen der Gemeinden zur Deckung der Defizite der IRIS-Krankenhäuser ab 1996 beurteilen (144). Auf dieser Grundlage sind in Schaubild 1 unten die öffentlichen Finanzierungen zusammengefasst, die Gegenstand dieses Beschlusses sind (im Rechteck mit der durchgehenden Umrisslinie) sowie auch die innerstaatlichen Finanzierungsmaßnahmen, die Gegenstand der Beschwerde sind (im Rechteck mit der gepunkteten Umrisslinie). Weitere Angaben zu den Maßnahmen können dem nachfolgenden Abschnitt 7.3.5 entnommen werden.

Schaubild 1

Finanzierungsströme und Gegenstand dieses Beschlusses

Image 3

100 %ige Deckung der Defizite (Art. 46 Statuten der IRIS-Krankenhäuser)

Offizieller Gegenstand der Beschwerde

Teilweise Deckung der Defizite (Art. 109 KhG) aber sofortige Rückerstattung

Sondersubven-tionen (max. 10 Mio. EUR/Jahr)

Finanzierung über FRBRTC (1)

Fünf IRIS- Kranken- häuser (4)

Sechs Gemeinden (2) und ÖSHZ (3) von Brüssel

Region Brüssel- Hauptstadt

Gegenstand des Beschlusses

(1) Fonds Régional Bruxellois de Refinancement des Trésoreries Communales (Brüsseler Regionalfonds für die Refinanzierung der Gemeindekassen).

(2) Brüssel-Stadt, Anderlecht, Etterbeek, Ixelles, Saint-Gilles und Schaerbeek (bis Ende 2013)

(3) Öffentliche Sozialhilfezentren (an die Gemeindengebunden)

(4) CHU Saint-Pierre, CHU Brugmann, Institut Bordet, Universitätskinderklinik Königin Fabiola (HUDERF), Krankenhausgruppe IRIS-Süd (HIS)

7.2.   Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV

(106)

Artikel 107 Absatz 1 AEUV besagt, dass „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar [sind], soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“. Eine Maßnahme ist demnach als staatliche Beihilfe einzustufen, wenn folgende vier Bedingungen kumulativ erfüllt sind (145):

a)

Sie muss dem Unternehmen einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil bringen;

b)

sie muss mit staatlichen Mittel finanziert werden;

c)

sie muss den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen;

d)

sie muss den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

7.2.1.   Selektiver wirtschaftlicher Vorteil für ein Unternehmen

7.2.1.1.   Der Begriff des „Unternehmens“

Allgemeine Grundsätze

(107)

Die Bereitstellung öffentlicher Mittel an eine Einheit kann nur dann als staatliche Beihilfe angesehen werden, wenn diese Einheit ein „Unternehmen“ im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist ein Unternehmen jede Einheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt (146). Die Einstufung einer bestimmten Einheit als Unternehmen hängt damit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung, von der Art ihrer Tätigkeiten ab (147). Eine Tätigkeit wird grundsätzlich immer dann als wirtschaftliche Tätigkeit betrachtet, wenn Waren und Dienstleistungen auf dem Markt angeboten werden (148). Eine Einheit, die sowohl wirtschaftliche als auch nichtwirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, darf nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Tätigkeiten als Unternehmen betrachtet werden (149). Allein aus der Tatsache, dass eine Einheit keinen Erwerbszweck verfolgt, kann nicht zwangsläufig abgeleitet werden, dass sie keinen wirtschaftlichen Charakter hat (150).

Medizinische Dienste

(108)

Gesundheitsdienstleistungen und Behandlungen, die von Krankenhäusern und anderen Dienstleistern im Gesundheitswesen gegen Vergütung erbracht werden (151), ob diese nun direkt von den Patienten oder aus anderen Quellen stammen, sind grundsätzlich als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen (152). Mit der Finanzierung zugunsten der IRIS-Krankenhäuser über die verschiedenen Subventionen des föderalen Gesamtstaats oder die Teilkörperschaften (siehe zum Beispiel Erwägungsgrund 46 Buchstaben a, d und e, was die öffentliche Finanzierung der Krankenhäuser insgesamt angeht, und Erwägungsgrund 44 hinsichtlich des Defizitausgleichs für die IRIS-Krankenhäuser), zu denen noch die direkten Zahlungen der Patienten hinzukommen (siehe Erwägungsgrund 46 Buchstabe c) und die Zahlungen durch die LIKIV (siehe Erwägungsgrund 46 Buchstabe b) erhalten die IRIS-Krankenhäuser für die geleisteten medizinischen Dienste eine Vergütung und sie kann folglich in diesem Zusammenhang als wirtschaftliche Gegenleistung für Krankenhausdienstleistungen betrachtet werden. In derartigen Systemen herrscht zwischen den Krankenhäusern ein gewisser Wettbewerb um die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen. In diesem Fall reicht die Tatsache, dass eine Gesundheitsdienstleistung von einem öffentlichen Krankenhaus erbracht wird, nicht aus, um die Tätigkeit als nichtwirtschaftlich einzustufen (153).

(109)

Im vorliegenden Fall bestehen die Haupttätigkeiten der IRIS-Krankenhäuser in der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen. Diese Tätigkeiten werden auch von anderen Einrichtungen ausgeübt, vor allem von Kliniken, Privatkliniken und anderen Fachzentren, darunter auch den Privatkliniken der Beschwerdeführer. Diese Krankenhaustätigkeiten, die von den IRIS-Krankenhäusern gegen Vergütung in einem wettbewerbsorientierten Umfeld ausgeübt werden, sind daher als rein wirtschaftliche Tätigkeiten anzusehen.

(110)

Die Solidaritätsgesichtspunkte des nationalen belgischen Gesundheitssystems stellen daher den wirtschaftlichen Charakter dieser Krankenhaustätigkeiten nicht infrage. So ist daran zu erinnern, dass das Gericht hinsichtlich der Verwaltungsstellen, d. h. der Ministerien und anderen Stellen, die das nationale Gesundheitssystem verwalten, festgestellt hat, das dieses System „auf dem Solidaritätsprinzip“ basiere; die Krankenhäuser würden „direkt über die Sozialversicherungsbeiträge sowie aus staatlichen Mitteln finanziert und erbringen ihre Dienste für Versicherte unentgeltlich nach dem Prinzip der allgemeinen Gesundheitsversorgung“; in diesem Fall würden die betreffenden Organisationen nicht als Unternehmen handeln (154). Die Kommission ist dennoch der Auffassung, dass es Anlass gibt, zwischen der Verwaltung des nationalen Gesundheitswesens, das von staatlichen Stellen verwaltet wird und dabei unter dem Vorrecht von staatlichen Behörden stehe, und entgeltlichen Krankenhausdienstleistungen in einem wettbewerbsorientierten Umfeld zu unterscheiden (die im vorliegenden Fall infrage stehen, wie in Erwägungsgründen 108 und 109 ausgeführt).

(111)

Folglich sind die IRIS-Krankenhäuser, was die Erbringung von Gesundheitsleistungen anbelangt, als Unternehmen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV zu betrachten.

Sozialdienste

(112)

Wie bereits in Erwägungsgrund 38 erklärt, bieten die IRIS-Krankenhäuser ihren bedürftigen Patienten und Familien eine ganze Palette von Sozialdienstleistungen an. Diese Sozialdienste umfassen, in Abhängigkeit von den Bedürfnissen der Patienten, eine psycho-soziale, sozio-administrative und sozio-materielle Betreuung. Aufgrund des besonderen Charakters dieser Sozialdienste bedeutet dies, dass die berechtigten Akteure, die diese anbieten, über besondere Ressourcen verfügen, wie beispielsweise speziell zu diesem Zweck ausgebildetes Personal.

(113)

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die ergänzenden Sozialtätigkeiten, zu denen die IRIS-Krankenhäuser angeblich verpflichtet sind, ausschließlich einem sozialen Zweck dienen. Wie jedoch aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes hervorgeht, hat der rein soziale Sinn und Zweck eines Systems, aufgrund dessen eine Einheit bestimmte Aufgaben übertragen bekommt, an sich nicht zur Folge, dass der wirtschaftliche Charakter dieser Aufgaben ausgeschlossen wäre (155).

(114)

Die Kommission hat im Einleitungsbeschluss die Frage aufgeworfen, ob die ergänzenden Sozialtätigkeiten, welche die IRIS-Krankenhäuser vorgeblich ausüben, eine wirtschaftliche Dimension haben. Die belgischen Behörden haben in ihrer Erwiderung auf den Einleitungsbeschluss bekräftigt, dass die Sozialdienste keinen wirtschaftlichen Charakter hätten, da sie nicht auf einem wettbewerblichen Markt erbracht würden. Die Beschwerdeführer vertreten hingegen die Ansicht, dass es nicht möglich sei, die sozialen Tätigkeiten von den Krankenhaustätigkeiten zu trennen, die wirtschaftlichen Charakter hätten. Wenngleich die Kommission die Argumente der belgischen Behörden sorgfältig untersucht hat, kann sie nicht ausschließen, dass die ergänzenden Sozialtätigkeiten eine wirtschaftliche Dimension haben. Die Kommission ist zudem der Auffassung, dass die ergänzenden Sozialdienste, wie oben ausgeführt (siehe Erwägungsgrund 165), in Wirklichkeit nicht von den Krankenhausaufgaben zu unterscheiden sind, die wirtschaftlichen Charakter haben.

(115)

Im Hinblick auf die weitere Beurteilung wird daher in diesem Beschluss davon ausgegangen, dass die zusätzlichen Sozialdienste eine wirtschaftliche Dimension haben.

Nebenaufgaben

(116)

Wie bereits in Erwägungsgrund 41 erwähnt, sind die IRIS-Krankenhäuser auch an einer Reihe von Nebenaufgaben beteiligt. Die Kommission weist darauf hin, dass bestimmte Tätigkeiten offenbar keinen wirtschaftlichen Charakter haben, wenn sie getrennt von den Hauptaufgaben der IRIS-Krankenhäuser beurteilt werden (zum Beispiel Forschungsaufgaben), während andere auf den ersten Blick wirtschaftliche Tätigkeiten zu sein scheinen (zum Beispiel Kantine oder Laden für Patienten und Besucher). Daher kann jedoch geltend gemacht werden, dass die erwähnten Nebenaufgaben in ihrer Gesamtheit aufgrund der engen Verbindung mit den (wirtschaftlichen) Hauptaufgaben der IRIS-Krankenhäuser auch zu den wirtschaftlichen Tätigkeiten gehören.

(117)

Im Hinblick auf die weitere Beurteilung wird daher in diesem Beschluss davon ausgegangen, dass die Nebenaufgaben eine wirtschaftliche Dimension haben.

7.2.1.2.   Wirtschaftlicher Vorteil

Allgemeine Beurteilung

(118)

Ein Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV ergibt sich aus jedem wirtschaftlichen Vorteil, den ein Unternehmen unter normalen Marktbedingungen, d. h. ohne Eingriff des Staates, nicht gehabt hätte. (156) Allein die Wirkung der Maßnahme auf das Unternehmen ist maßgeblich, und nicht der Grund oder das Ziel des staatlichen Eingriffs (157). Ein Vorteil entsteht, sobald sich die finanzielle Lage des Unternehmens durch den staatlichen Eingriff verbessert.

(119)

Im vorliegenden Fall ist es zweckmäßig, darauf hinzuweisen, dass die verschiedenen staatlichen Finanzierungssysteme (wie in Abschnitt 2.5.1 beschrieben), welche die allgemeinen und ergänzenden Krankenhausaufgaben abdecken, darunter auch der Defizitausgleich, es den IRIS-Krankenhäusern ermöglicht haben, eine Reihe von Maßnahmen in Anspruch zu nehmen, die darauf ausgerichtet sind, die Belastung zu verringern, welche diese Art von Dienstleistern normalerweise zu tragen haben. Vorbehaltlich der Analyse im Hinblick auf die Grundsätze des Altmark-Urteils, die in den folgenden Erwägungsgründen durchgeführt wird, kann der Ausgleichsmechanismus, der Gegenstand dieses Beschlusses ist, folglich als ein Mittel betrachtet werden, das den IRIS-Krankenhäusern einen wirtschaftlichen Vorteil bringt, den diese unter normalen Marktbedingungen, d. h. ohne den Eingriff des Staates, nicht gehabt hätten.

Altmark

(120)

Die Kommission weist darauf hin, dass man die Auffassung vertreten könnte, dass die staatliche Finanzierung für die IRIS-Krankenhäuser insofern zu keinem Vorteil geführt habe, als die Maßnahme lediglich in der Gewährung einer Ausgleichszahlung für die Dienstleistungen bestehe, die diese Krankenhäuser aufgrund ihrer Gemeinwohlverpflichtung erbringen müssten, sofern die Kriterien des Altmark-Urteils erfüllt seien.

(121)

Der Gerichtshof hat im Altmark-Urteil konkretisiert, dass Ausgleichszahlungen mit staatlichen Mitteln für Kosten, die durch die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse entstanden sind, solange keinen Vorteil darstellen, wie folgende vier Bedingungen kumulativ erfüllt sind (158):

a)

Das Unternehmen muss tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein.

b)

Die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, sind zuvor objektiv und transparent aufzustellen.

c)

Der Ausgleich darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der Einnahmen sowie eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken.

d)

Wenn die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betraut werden soll, nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes und angemessen ausgestattetes Unternehmen bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte.

(122)

Die Grundsätze und Erwägungen im Altmark-Urteil werden ex tunc angewandt, d. h. sie werden ebenso auf die vor dem Urteil bestehenden rechtlichen Beziehungen angewandt (159). Folglich sind die Beurteilungskriterien des Altmark-Urteils auf die faktische und rechtliche Situation im vorliegenden Fall anwendbar, selbst auf die Zuwendungen, die den IRIS-Krankenhäusern vor dem Altmark-Urteil gewährt wurden (160).

(123)

Für diesen Beschluss hat die Kommission beschlossen, in erster Linie das vierte Altmark-Kriterium zu untersuchen (für das ermittelt werden muss, ob das Unternehmen, das die DAWI erbringt, im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens betraut wurde oder, falls dies nicht der Fall ist, ob die Ausgleichszahlung für die DAWI auf der Grundlage einer Analyse der Kosten erfolgte, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen zu tragen hat). Die Kommission stellt fest, dass den IRIS-Krankenhäusern die Gemeinwohlverpflichtungen von den belgischen Behörden nicht im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens übertragen wurden. Daraus folgt, dass der erste Teil des vierten Kriteriums im vorliegenden Fall erfüllt ist.

(124)

In Bezug auf den zweiten Teil des untersuchten Kriteriums weist die Kommission zunächst darauf hin, dass die belgischen Behörden nicht geltend gemacht haben, dass die IRIS-Krankenhäuser in diesem Sinne effiziente Unternehmen seien. Die Kommission stellt ferner fest, dass die Auskünfte sowohl der belgischen Behörden als auch der Beschwerdeführer nicht ausreichen, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass die Ausgleichsmechanismen für die Gemeinwohlverpflichtungen, mit denen die IRIS-Krankenhäuser betraut worden sind, das Kriterium eines effizienten Betreibers im Sinne der vierten Bedingung des Altmark-Urteils erfüllen. Nichts deutet darauf hin, dass sich die Ausgleichszahlung auf eine Analyse der Kosten eines durchschnittlichen Unternehmens mit den erforderlichen Merkmalen stützt, die von der einschlägigen Rechtsprechung der Unionsgerichte gefordert werden. Es gibt darüber hinaus nicht genügend Anhaltspunkte, um nachzuweisen dass die IRIS-Krankenhäuser selbst als durchschnittliche, gut geführte und angemessen ausgestattete Unternehmen anzusehen sind. Bei der Festsetzung der zu gewährenden Ausgleichszahlung wurden offenbar keine Erwägungsgründe herangezogen, die auf eine gesunde Verwaltung oder eine angemessene Ausstattung hindeuteten. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass ein Ausgleichsmechanismus zur Deckung des Defizits der IRIS-Krankenhäuser, das sich aus den DAWI und Nebenaufgaben ergibt, ohne Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit, mit der diese Krankenhäuser verwaltet werden, das vierte Altmark-Kriterium nicht erfüllen kann.

(125)

Die Kommission ist daher der Auffassung, dass das vierte Kriterium des Altmark-Urteils im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist. Da sämtliche Kriterien des Altmark-Urteils erfüllt sein müssen, führt die Nichterfüllung eines der vier Kriterien notwendigerweise zu dem Schluss, dass der Mechanismus zum Defizitausgleich, der in diesem Beschluss untersucht wird, einen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV mit sich bringt.

7.2.1.3.   Selektivität

(126)

Um in den Geltungsbereich des Artikels 107 Absatz 1 AEUV zu fallen, muss eine staatliche Maßnahme „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ begünstigen. Folglich können nur solche Maßnahmen als Beihilfe angesehen werden, die den Unternehmen einen selektiv übertragenen Vorteil verschaffen.

(127)

Die Kommission stellt fest, dass der Mechanismus, der zur Deckung des Defizits der öffentlichen Krankenhäuser in Brüssel (siehe Erwägungsgrund 44), jedoch nicht der Privatkliniken, eingesetzt wird, als selektiv zu bezeichnen ist, da Privatkliniken und alle anderen Gesundheitsdienstleister sowie die Akteure anderer Branchen ausgeschlossen sind.

7.2.2.   Staatliche Mittel

(128)

Eine Maßnahme kann nur dann als staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV angesehen werden, wenn sie vom Staat oder mit staatlichen Mitteln gewährt wurde. Staatliche Mittel umfassen sämtliche Mittel des öffentlichen Sektors (161), einschließlich der Mittel innerstaatlicher (dezentraler, föderaler, regionaler oder sonstiger) Stellen (162).

(129)

Im vorliegenden Fall erhalten die IRIS-Krankenhäuser die Ausgleichszahlungen für die Defizite von den jeweiligen Gemeinden für DAWI und Nebenaufgaben aus öffentlichen Mitteln, die dem Staat zuzuschreiben sind.

7.2.3.   Wettbewerbsverfälschung und Auswirkungen auf den Handel

(130)

Die öffentlichen Beihilfen für die Unternehmen stellen nur dann Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV dar, wenn sie „den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen“, jedoch nur, soweit sie „den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.

7.2.3.1.   Wettbewerbsverzerrung

(131)

Eine von einem Staat gewährte Beihilfemaßnahme verfälscht den Wettbewerb oder droht, ihn zu verfälschen, wenn sie die Wettbewerbsposition des Begünstigten im Vergleich zu Konkurrenzunternehmen stärkt (163). In der Praxis wird von einer Wettbewerbsverzerrung gesprochen, wenn der Staat einem Unternehmen in einem liberalisierten Wirtschaftssektor, in dem Wettbewerb herrscht oder herrschen könnte, einen finanziellen Vorteil verschafft.

(132)

In Anbetracht der Tatsache, dass es einen gewissen Grad an Wettbewerb zwischen den öffentlichen Krankenhäusern, den Privatkliniken und anderen Gesundheitseinrichtungen gibt, kann die öffentliche Finanzierung, die bestimmten Gesundheitseinrichtungen (u. a. den IRIS-Krankenhäusern) für die Finanzierung der Krankenhaustätigkeiten, die sie ausüben, gewährt wird, zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. Dasselbe gilt für die ergänzenden Sozialaufgaben der IRIS-Krankenhäuser.

7.2.3.2.   Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten

Allgemeine Grundsätze

(133)

Nach Auffassung der Unionsgerichte muss, „wenn eine von einem Mitgliedstaat gewährte Finanzhilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im [unionsinternen] Handel verstärkt, dieser als von der Beihilfe beeinflusst erachtet werden“ (164).

(134)

Staatliche Beihilfen können auch dann als Beihilfen angesehen werden, die den unionsinternen Handel beeinträchtigen, wenn die Begünstigten nicht direkt am grenzüberschreitenden Handel beteiligt sind. So kann es beispielsweise für Betreiber aus anderen Mitgliedstaaten durch die Subvention schwieriger sein, in den Markt einzutreten oder von ihrem Niederlassungsrecht Gebrauch zu machen, wenn das lokale Angebot beibehalten oder ausgeweitet wird (165).

(135)

Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Kommission nicht verpflichtet, eine wirtschaftliche Analyse der tatsächlichen Situation auf den betreffenden Märkten, des Marktanteils der durch die Beihilfe begünstigten Unternehmen, der Stellung der Konkurrenzunternehmen oder des Handels unter den Mitgliedstaaten (166) durchzuführen. Im Falle rechtswidrig gewährter Beihilfen braucht die Kommission nicht die tatsächlichen Auswirkungen der Beihilfen auf den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten nachzuweisen.

(136)

Eine Auswirkung auf den unionsinternen Handel darf jedoch nicht nur hypothetisch sein oder vorausgesetzt werden. Es muss nachgewiesen werden, warum die Maßnahme den Wettbewerb verzerrt oder zu verzerren droht, und anhand der voraussehbaren Auswirkungen der Maßnahme darzulegen, dass sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt (167).

(137)

Die Kommission hat in mehreren Sachen die Auffassung vertreten (168), dass bestimmte Tätigkeiten rein lokaler Natur sind und keine solchen Auswirkungen haben. Es sollte insbesondere geprüft werden, ob der Begünstigte Waren oder Dienstleistungen lediglich auf einem begrenzten Gebiet eines Mitgliedsstaates anbietet und keine Kunden aus anderen Mitgliedstaaten anzieht und ob vorhersehbar ist, dass die Beihilfe sich nur geringfügig auf die Bedingungen für die Investitionen oder für die grenzüberschreitende Niederlassung auswirken wird.

Würdigung

(138)

Nach den oben ausgeführten Grundsätzen weist die Kommission darauf hin, dass die Wirkung auf den Handel anhand einiger Anhaltspunkte festgelegt werden kann, hauptsächlich unter Bezugnahme auf den „Kunden“ (in Verbindung mit dem Gebiet, in dem die Waren und Dienstleistungen angeboten werden, und dem Gebiet, aus dem die Kunden kommen) und unter Bezugnahme auf den „Lieferanten“ (wobei die Frage ist, ob die Beihilfe für Akteure, die tatsächlich oder potenziell im Wettbewerb stehen, zu Hindernissen für die Investition und die grenzüberschreitende Niederlassung führt). Um nachzuweisen, dass eine Beihilfe den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt, muss nur einer dieser Faktoren festgestellt werden.

(139)

In Bezug auf die Auswirkungen der Beihilfe auf den „Kunden“ weist die Kommission im vorliegenden Fall darauf hin, dass der Sektor der Gesundheitsversorgung im Allgemeinen und die stationäre Gesundheitsversorgung im Krankenhaus im Besonderen Gegenstand von unionsinternem Handel ist. Die Kommission stellt ferner fest, dass die grenzüberschreitende Mobilität der Patienten zunimmt. Die Gesundheitsversorgung fällt zwar weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und die Mobilität der Patienten wird hinsichtlich der Eingriffe in die nationalen Sozialversicherungssysteme strikter gehandhabt. In der Praxis werden Krankenhausbehandlungen in der Regel in der Umgebung des Wohnsitzes des Patienten erbracht, in einer kulturellen Umgebung, mit der er vertraut ist und in der er ein Vertrauensverhältnis mit den behandelnden Ärzten aufbauen kann. Zu grenzüberschreitender Mobilität kommt es vor allem in grenznahen Gebieten oder wenn die Patienten eine sehr spezielle Fachbehandlung für ein besonderes Gesundheitsproblem wünschen.

(140)

Im vorliegenden Fall ist die Kommission der Ansicht, dass die in Rede stehenden Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten führen können. Diese Sache unterscheidet sich hinsichtlich ihrer Besonderheiten von anderen Sachen, bei denen davon ausgegangen wurde, dass staatliche Beihilfen für Krankenhäuser den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigten (169). Bei dieser Schlussfolgerung stützt sich die Kommission insbesondere auf die Kombination folgender Punkte:

a)

Zu den IRIS-Krankenhäusern gehören hochspezialisierte, international renommierte Krankenhäuser. Das Universitäts-Kinderkrankenhaus Königin Fabiola und das Bordet-Institut, die auf Kinderheilkunde bzw. die Behandlung von Krebserkrankungen spezialisiert sind, sowie die Universitätskliniken Saint-Pierre und Brugmann bieten eine breites Spektrum an hochspezialisierten Behandlungen an und genießen einen internationalen Ruf. Krankenhäuser mit diesem Ruf können internationale Patienten, vor allem aus anderen Mitgliedstaaten, anziehen, unabhängig von der Tatsache, dass die Aufgabe der IRIS-Krankenhäuser darin besteht, der lokalen Gemeinschaft von Brüssel eine soziale Gesundheitsversorgung anzubieten (siehe Abschnitt 7.3.4.1).

b)

Die Brüsseler IRIS-Krankenhäuser liegen relativ nahe an großen Städten in Frankreich, in den Niederlanden und in Deutschland. Die Städte Aachen, Lille, Eindhoven und Rotterdam befinden sich in einer Entfernung von weniger als 150 Kilometern. Außerdem ist Brüssel von europäischen Großstädten wie Paris, London, Amsterdam oder Köln mit Hochgeschwindigkeitszügen in höchstens zwei Stunden zu erreichen. Und schließlich gibt es in Brüssel einen internationalen Flughafen mit Flugverbindungen zu allen wichtigen europäischen und internationalen Zentren. Aufgrund der geografischen Lage und der zahlreichen Verbindungen nach Brüssel können die internationalen Patienten, die sich von den IRIS-Krankenhäusern angezogen fühlen, die Stadt schnell erreichen, vor allem wenn sie in der Nähe der belgischen Grenze wohnen oder in einer der Städte, die über eine Hochgeschwindigkeitsstrecke mit Brüssel verbunden sind.

c)

Die Region Brüssel-Hauptstadt im Allgemeinen und die IRIS-Krankenhäuser sind mehrsprachig. Französisch und Niederländisch sind offizielle Sprachen, und die IRIS-Krankenhäuser sind verpflichtet, Dienstleistungen in diesen beiden Sprachen anzubieten. Diese Krankenhäuser sind somit für Bürger Frankreichs und der Niederlande besonders attraktiv. Darüber hinaus ist die englische Sprache in der Region Brüssel-Hauptstadt weit verbreitet, was den Zugang von Patienten aus anderen Kulturen erleichtert.

d)

Die Region Brüssel-Hauptstadt nimmt viele Bürger aus den Mitgliedstaaten auf. Von den 321 europäischen Städten, die von den Städtestatistiken von Eurostat erfasst werden, hatte Brüssel die zweithöchste Quote von Bürgern aus Drittländern (33,8 % im Jahre 2012) und die zweithöchste Quote von Bürgern aus anderen EU-Mitgliedstaaten (20,3 % im Jahre 2012) (170). Die Bürger aus anderen Mitgliedstaaten der Union können häufig wählen, wo sie behandelt werden möchten, im Allgemeinen entweder in ihrem Herkunftsland oder in dem Land, in dem sie ihren Wohnsitz haben.

(141)

Da nicht auszuschließen ist, dass die Ausübung der ergänzenden Sozialaufgaben der IRIS-Krankenhäuser eine wirtschaftliche Dimension aufweist, sowie angesichts der engen Beziehung zwischen diesen Tätigkeiten der IRIS-Krankenhäuser und ihren allgemeinen Krankenhausaufgaben weist die Kommission darauf hin, dass die oben ausgeführte Argumentation auch in Bezug auf die ergänzenden Sozialaufgaben der IRIS-Krankenhäuser anwendbar sein kann. In Anbetracht der nachfolgenden Erwägungen (siehe Abschnitt 7.3) ist die Kommission jedoch der Auffassung, dass die staatlichen Mittel für die ergänzenden Sozialaufgaben, selbst wenn es durch deren Finanzierung aus der öffentlichen Hand zu einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten käme, als staatliche Beihilfe zu betrachten wären, die mit dem Binnenmarkt vereinbar wäre. Aus verfahrenstechnischen Gründen ist es daher letztlich nicht notwendig zu entscheiden, ob die staatliche Finanzierung der ergänzenden Sozialaufgaben den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt oder nicht.

(142)

Die gleichen Erwägungen sind auf die Nebenaufgaben der IRIS-Krankenhäuser anwendbar (siehe Erwägungsgründe 41, 116 und 117). Wenn die (etwaige) Finanzierung des überwiegenden Teils der Nebenaufgaben der IRIS-Krankenhäuser (zum Beispiel ein Kindergarten für die Kinder der Mitarbeiter, die Vermietung von Zimmern, eine kleine Boutique für Patienten und Besucher, die Kantine, der Parkplatz, die Vermietung von Fernsehern an Patienten) separat beurteilt würde, könnte nach Ansicht der Kommission die Auffassung vertreten werden, dass diese keine Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten hat. In Anbetracht der engen Verbindung zwischen den Nebenaufgaben und den Hauptaufgaben der IRIS-Krankenhäuser ist jedoch davon auszugehen, dass die staatliche Finanzierung dieser (etwaigen) Nebenaufgaben den Handel zwischen Mitgliedstaaten gleichermaßen beeinträchtigt. Da eine staatliche Finanzierung, die den Nebenaufgaben zugutekommt, in jedem Fall eine staatliche Beihilfe darstellen würde, die mit dem Binnenmarkt vereinbar wäre (siehe Abschnitt 7.3), kann diese Frage nach Ansicht der Kommission letztlich offengelassen werden.

(143)

Im Hinblick auf die weitere Beurteilung wird daher in diesem Beschluss davon ausgegangen, dass die öffentliche Finanzierung der ergänzenden Sozialtätigkeiten und der Nebenaufgaben den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt.

(144)

Da die Kommission zu dem Schluss gekommen ist, dass die Maßnahmen, die Gegenstand der Untersuchung waren, im vorliegenden Fall den Handel zwischen Mitgliedstaaten zumindest in einem Gesichtspunkt („Kundenseite“) beeinträchtigen, hält sie es nicht für notwendig zu entscheiden, ob sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten im Hinblick auf grenzüberschreitende Investitionen und das Niederlassungsrecht ebenfalls beeinträchtigen (siehe Erwägungsgrund 138).

7.2.4.   Fazit

(145)

In Anbetracht der obigen Ausführungen stellt die Kommission fest, dass die untersuchten Maßnahmen im vorliegenden Fall die kumulativen Bedingungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe erfüllen und dass diese Maßnahmen folglich eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellen.

7.3.   Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt

7.3.1.   Rechtsgrundlage

7.3.1.1.   Allgemeine Grundsätze

(146)

Da der Defizitausgleich, der auf die IRIS-Krankenhäuser angewandt wird, eine Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellt, ist es zweckmäßig, die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt zu beurteilen. Die Gründe, aus denen eine staatliche Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden kann oder muss, sind in Artikel 106 Absatz 2 und Artikel 107 Absätze 2 und 3 AEUV aufgeführt.

(147)

Da die belgischen Behörden stets bekräftigt haben, dass die staatliche Finanzierung der IRIS-Krankenhäuser einen Ausgleich für die Ausübung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse darstelle, ist die Vereinbarkeit der Defizitdeckung mit dem Binnenmarkt hauptsächlich unter Bezugnahme auf Artikel 106 Absatz 2 AEUV zu prüfen. Dieser Artikel lautet wie folgt:

„Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Vorschriften dieses Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft.“

7.3.1.2.   Anwendung des Artikels 106 Absatz 2 AEUV in der maßgeblichen Zeit: Vorbemerkungen

(148)

Die Kommission hat die Bedingungen, unter denen sie Artikel 106 Absatz 2 AEUV anwendet, in einer ganzen Reihe von Rechtsakten festgelegt, so zuletzt u. a im DAWI-Rahmen 2012 (171) und im DAWI-Beschluss von 2012 (172) (im Folgenden zusammen als „DAWI-Paket von 2012“ bezeichnet); vorher hat die Kommission den DAWI-Rahmen von 2005 (173) und die DAWI-Entscheidung von 2005 veröffentlicht und angewandt (174). Jede Beihilfe, welche die Kriterien des DAWI-Beschlusses von 2012 erfüllt, wird als Maßnahme betrachtet, die mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, und muss nicht angemeldet werden. Beihilfen, die nicht in den Anwendungsbereich des DAWI-Beschlusses von 2012 fallen, weil sie nicht alle Kriterien erfüllen, die in diesem Beschluss festgelegt sind, sind nach dem DAWI-Rahmen von 2012 zu prüfen und müssen zuvor angemeldet werden.

(149)

Im vorliegenden Fall geht die geprüfte Ausgleichszahlung für die Defizite der IRIS-Krankenhäuser bis zum Jahr 1996 zurück und begann daher noch vor dem Beschluss und dem DAWI-Rahmen von 2012. Jedoch sind im DAWI-Paket von 2012 — Artikel 10 des DAWI-Beschlusses von 2012 und Randnummer 69 des DAWI-Rahmens von 2012 — Anwendungsvorschriften auch für Beihilfen festgelegt, die vor seinem Inkrafttreten am 31. Januar 2012 gewährt wurden. So lautet Artikel 10 Buchstabe b des DAWI-Beschlusses von 2012 wie folgt:

„Beihilfen, die vor dem Inkrafttreten dieses Beschlusses wirksam wurden [d. h. vor dem 31. Januar 2012] und weder mit dem Binnenmarkt vereinbar waren noch von der Anmeldungspflicht nach Entscheidung 2005/842/EG befreit waren, jedoch die Voraussetzungen dieses Beschlusses erfüllen, gelten als mit dem Binnenmarkt vereinbar und sind von der vorherigen Anmeldepflicht befreit.“

In den Randnummern 68 und 69 des DAWI-Rahmens von 2012 ist festgelegt, dass die Kommission die Grundsätze dieses Gemeinschaftsrahmens auf alle ihr gemeldeten Beihilfevorhaben anwendet, unabhängig davon, ob die Anmeldung vor oder nach dem Inkrafttreten dieses Rahmens, also dem 31. Januar 2012, erfolgte, sowie auf alle rechtswidrigen Beihilfen, über die sie nach dem 31. Januar 2012 zu entscheiden hat, auch wenn diese Beihilfen vor dem 31. Januar 2012 gewährt wurden.

(150)

Nach den Vorschriften für die Anwendung des DAWI-Beschlusses von 2012 und des DAWI-Rahmens von 2012, wie oben beschrieben, kann die staatliche Finanzierung der IRIS-Krankenhäuser ab 1996 daher auf der Grundlage des DAWI-Pakets von 2012 geprüft werden. Wenn der Mechanismus für den Ausgleich des Defizits die Bedingungen des DAWI-Beschlusses von 2012 oder des DAWI-Rahmens von 2012 erfüllt, ist er für den ganzen Zeitraum ab 1996 mit dem Binnenmarkt vereinbar.

(151)

Schließlich sollte auf die Übergangsbestimmung in Artikel 10 Buchstabe a des DAWI-Beschlusses von 2012 aufmerksam gemacht werden, nach der jede Beihilfe, die vor dem Inkrafttreten des Beschlusses wirksam wurde (also vor dem 31. Januar 2012), mit dem Binnenmarkt vereinbar war und von der Anmeldungspflicht nach der Entscheidung 2005/842/EG befreit war, für einen weiteren Zeitraum von zwei Jahren (d. h. bis einschließlich 30. Januar 2014) mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Anmeldungspflicht befreit ist. Das bedeutet, dass die Beihilfe, die im Rahmen der in Rede stehenden Beihilferegelung im Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten der DAWI-Entscheidung von 2005 am 19. Dezember 2005 und dem Inkrafttreten des DAWI-Beschlusses von 2012 am 31. Januar 2012 gewährt wurde, als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet wird, jedoch erst ab dem Zeitpunkt, zu dem sie gewährt wurde, und bis einschließlich 30. Januar 2014. Für Beihilfen, die ab dem 31. Januar 2012 gewährt wurden, ist die Übergangsbestimmung nach Artikel 10 Buchstabe a des DAWI-Beschlusses von 2012 nicht anwendbar und die Vereinbarkeit auf der Grundlage des DAWI-Beschlusses von 2012 zu prüfen.

(152)

Die Kommission beurteilt daher zunächst, ob die staatliche Finanzierung, die Gegenstand dieses Beschlusses ist und den IRIS-Krankenhäusern ab 1996 gewährt wurde, die Bedingungen des DAWI-Beschlusses von 2012 erfüllt. Nur, wenn dies nicht der Fall ist, prüft die Kommission diese Finanzierung auf der Grundlage der DAWI-Entscheidung von 2005 (bezüglich der Beihilfe, die zwischen dem 19. Dezember 2005 und dem 31. Januar 2012 gewährt wurde) und des DAWI-Rahmens von 2012.

7.3.2.   Anwendbarkeit des Artikels 106 Absatz 2 AEUV: echte DAWI

(153)

Artikel 106 Absatz 2 AEUV und der DAWI-Beschluss von 2012, der auf diesem Artikel beruht, gelten nur für Ausgleichszahlungen an Unternehmen, die mit einer „echten Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ beauftragt wurden (175). Der Gerichtshof hat entschieden, dass an den DAWI ein allgemeines wirtschaftliches Interesse besteht, das sich von dem Interesse an anderen Tätigkeiten des Wirtschaftslebens besonders unterscheidet (176). Darüber hinaus ist bekannt, dass die Mitgliedstaaten — in Ermangelung einer einheitlichen Regelung auf Unionsebene zur Festlegung der Kriterien für das Vorliegen einer DAWI — bei der Festlegung dessen, was sie als DAWI ansehen, und bei der Gewährung des Ausgleichs an den jeweiligen Dienstleister über ein weites Ermessen verfügen (177). Die Zuständigkeit der Kommission beschränkt sich diesbezüglich darauf, zu überprüfen, dass der Mitgliedsstaat bei der Einstufung einer Leistung als DAWI keinen offenkundigen Fehler begangen hat.

(154)

Die Kommission ist der Auffassung, dass alle wirtschaftlichen Tätigkeiten der IRIS-Krankenhäuser, denen eine staatliche Finanzierung zukommt (d. h. das Spektrum sozialer und krankenhausspezifischer Aufgaben, die diese Krankenhäuser wahrnehmen), entweder echte Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sind, wie die belgischen Behörden versichern, oder Nebenaufgaben darstellen, die unmittelbar damit verbunden sind. Insbesondere weisen im vorliegenden Fall alle medizinischen und sozialen Dienstleistungen im Vergleich zu den anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten spezifische Merkmale auf; so haben sie insbesondere eine wesentliche Bedeutung für das medizinische und soziale Wohlergehen der Gesellschaft. Folglich ist den belgischen Behörden kein offenkundiger Fehler unterlaufen, als sie diese Dienstleistungen als DAWI einstuften.

(155)

Was die Nebenaufgaben angeht, die in Erwägungsgrund 41 beschrieben sind, weist die Kommission darauf hin, dass eine Tätigkeit als eine mit einer DAWI verbundene Tätigkeit betrachtet werden kann, wenn sie direkt mit ihr zusammenhängt und notwendig ist, um diese DAWI zu erbringen, oder wenn sie mit ihr untrennbar verknüpft ist. In letzterem Fall werden für diese Tätigkeiten dieselben Inputs eingesetzt wie für die DAWI (wie Material, Ausrüstung, Personal und Anlagekapital). Die Nebenaufgaben müssen ferner in ihrem Umfang begrenzt bleiben. Die Kommission stellt fest, dass die in Erwägungsgrund 41 beschriebenen Tätigkeiten alle als Nebentätigkeiten betrachtet werden können, die mit der DAWI-Hauptaufgabe der IRIS-Krankenhäuser verbunden sind. Die Tätigkeiten, die als Nebenaufgaben betrachtet werden, sind 1. direkt mit den Hauptaufgaben verbunden und für die Erbringung der DAWI der IRIS-Krankenhäuser notwendig, denn es handelt sich um Aufgaben, die ein modernes Krankenhaus zusätzlich zur Erbringung von medizinischen und sozialen Dienstleistungen erfüllen muss, und/oder 2. sie sind untrennbar mit ihnen verknüpft, da sie die Infrastrukturen der Krankenhäuser nutzen (d. h. die Gebäude und Grundstücke). Angesichts des geringen Anteils, den die Nebenaufgaben an den Gesamteinnahmen der IRIS-Krankenhäuser haben (im Durchschnitt weniger als 2 %), ist die Kommission der Auffassung, dass alle diese Nebenaufgaben vom Umfang her sehr begrenzt sind.

7.3.3.   Anwendbarkeit des DAWI-Beschlusses von 2012

(156)

Die Kommission ist darüber hinaus der Auffassung, dass die Gelder der öffentlichen Hand, die den IRIS-Krankenhäusern für die Ausübung der DAWI gewährt werden, in den sachlichen Anwendungsbereich des DAWI-Beschlusses von 2012 fallen, wie es in Artikel 2 dieses Beschlusses vorgesehen ist. Nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstaben b und c gilt der DAWI-Beschluss von 2012 für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichszahlungen für die Erbringung von DAWI durch Krankenhäuser, die medizinische Versorgung leisten (was Nebenaufgaben insbesondere, aber nicht ausschließlich, in der Forschung einschließt, die unmittelbar mit der Haupttätigkeit verbunden sind), und für Ausgleichszahlungen für die Erbringung von DAWI durch Unternehmen zur Deckung des sozialen Bedarfs im Hinblick u. a. auf Gesundheitsdienste und die soziale Einbindung sozial schwacher Bevölkerungsgruppen. Da die DAWI und die Nebenaufgaben, denen eine staatliche Finanzierung zugutekommt und die von den IRIS-Krankenhäusern erfüllt werden, alle diesem Tätigkeitsprofil entsprechen, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der in Rede stehende Mechanismus für die Defizitdeckung in den sachlichen Anwendungsbereich des DAWI-Beschlusses von 2012 fällt. Daher können die Kosten, die aus den gesamten Tätigkeiten der IRIS-Krankenhäuser (DAWI und Nebenaufgaben) resultieren, mit den Ausgleichszahlungen gemäß DAWI-Beschluss von 2012 gedeckt werden.

7.3.4.   Betrauungsakt

(157)

Die erste Bedingung für die Vereinbarkeit, die im DAWI-Beschluss von 2012 vorgesehen ist, besteht darin, dass die Erbringung der DAWI dem Unternehmen im Wege eines oder mehrerer Betrauungsakte übertragen werden muss, deren Form von den einzelnen Mitgliedstaaten bestimmt werden kann (178). In diesem oder diesen Akten muss Folgendes klar erwähnt werden:

Gegenstand und Dauer der Gemeinwohlverpflichtung (179);

das betraute Unternehmen und ggf. das betreffende Gebiet; (180)

Art etwaiger dem Unternehmen durch die Bewilligungsbehörde gewährter ausschließlicher oder besonderer Rechte; (181);

Beschreibung des Ausgleichsmechanismus und Parameter für die Berechnung, Überwachung und Änderung der Ausgleichsleistungen; (182)

Maßnahmen zur Vermeidung und Rückforderung von Überkompensationszahlungen. (183)

(158)

Zudem ist es nach dem DAWI-Beschluss von 2012 erforderlich, dass im Betrauungsakt auf diesen Beschluss verwiesen wird (184).

7.3.4.1.   Gegenstand und Obliegen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen für die IRIS-Krankenhäuser

(159)

Im Nichtigkeitsurteil vom 7. November 2012 äußert das Gericht in der Vorbemerkung: „Insbesondere müssen, wenn an die — öffentlichen und privaten — Einrichtungen, die mit der gleichen Gemeinwohldienstleistung betraut sind, verschiedene Anforderungen gestellt werden, was ein unterschiedliches Niveau der Kosten und des Ausgleichs bedingt, diese Unterschiede klar aus ihren jeweiligen Aufträgen hervorgehen, um namentlich die Überprüfung der Vereinbarkeit der Subvention mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung zu gestatten. Eine staatliche Beihilfe, die wegen bestimmter Modalitäten gegen allgemeine Grundsätze des Unionsrechts wie den Grundsatz der Gleichbehandlung verstößt, kann nämlich von der Kommission nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden. (Urteil des Gerichtshofs vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C-390/06, Slg. 2008. S. I-2577, Rn. 51).“ (185)

(160)

In Randnummer 66 des Urteils in der Sache Nuova Agricast (186) heißt es, dass „[d]ie Beachtung des Grundsatzes der Gleichheit verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. insbesondere Urteil vom 26. Oktober 2006, Koninklijke Coöperatie Cosun, C-248/04, Slg. 2006, S. I-10211, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).“

(161)

Die Kommission weist jedoch darauf hin, dass das Diskriminierungsverbot im DAWI-Beschluss von 2012 nicht als Kriterium für die Vereinbarkeit erwähnt ist. Dennoch wird die Kommission prüfen, ob sich die Lage der öffentlichen IRIS-Krankenhäuser rechtlich und faktisch von der der Brüsseler Privatkliniken unterscheidet oder mit ihr vergleichbar ist. Die Kommission wird in diesem Zusammenhang bei der Beschreibung des Gegenstands einer Gemeinwohlverpflichtung, die den IRIS-Krankenhäusern übertragen wurde, angeben, ob eine vergleichbare Verpflichtung auch den Brüsselern Privatkliniken übertragen wurde.

(162)

Wie oben ausgeführt (siehe Abschnitt 2.3), unterliegen die IRIS-Krankenhäuser einem regulatorischen Rahmen, der sich aus dem ÖSHZ-Gesetz (auf dessen Grundlage die IRIS-Krankenhäuser geschaffen wurden), dem KhG, den Statuten der lokalen Krankenhausverbände und den Strategieplänen des IRIS-Dachverbands zusammensetzt. Da die öffentliche Hand (und zwar die Gemeinden und die ÖSHZ) die lokalen Vereinigungen nach Kapitel XII ÖSHZ-Gesetz und den IRIS-Dachverband durch eine Mehrheit kontrolliert, sind die Statuten und die Strategiepläne für die IRIS-Krankenhäuser verbindlich und können daher als gültige Betrauungsakte betrachtet werden, deren Gegenstand im Folgenden konkretisiert wird (siehe Erwägungsgründe 164, 170 und ff.). In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass die öffentliche Hand das Tagesgeschäft der IRIS-Krankenhäuser direkt überwachen und erforderlichenfalls zusätzliche Anweisungen erteilen kann.

(163)

Es wurde auch darauf hingewiesen (siehe Erwägungsgrund 24), dass die IRIS-Krankenhäuser ursprünglich direkt von den ÖSHZ verwaltet und kontrolliert wurden und von ihnen gegründet worden sind, um ihrer Verpflichtung zur sozialen Hilfe nach dem ÖSHZ-Gesetz nachzukommen. Um den Fortbestand und die Tragfähigkeit der öffentlichen Brüsseler Krankenhäuser zu gewährleisten (siehe Erwägungsgrund 24), wurde eine Umstrukturierung notwendig, die zur Gründung der IRIS-Krankenhäuser geführt hat (in Form von lokalen Vereinigungen nach Kapitel XII ÖSHZ-Gesetz, die finanziell und rechtlich unabhängig sind). Durch diese Umstrukturierung wurde die grundlegende Aufgabe der öffentlichen Brüsseler IRIS-Krankenhäuser (187) jedoch nicht geändert, die weiterhin darin besteht, medizinische und sozio-medizinische Dienstleistungen zu erbringen und auf diese Weise zur Erfüllung der Verpflichtung zur sozialen Hilfe der ÖSHZ, von denen sie geschaffen wurden, beizutragen.

(164)

Die medizinische Versorgung der IRIS-Krankenhäuser ist auch durch das KhG definiert, das den Rahmen festlegt, der für die Organisation des belgischen Krankenhaussektors maßgeblich ist. Auf dieser Grundlage überträgt das KhG eine grundlegende Krankenhausaufgabe auf alle belgischen Krankenhäuser, sowohl öffentliche als auch private, so auch auf die IRIS-Krankenhäuser. In Artikel 2 KhG sind insbesondere die Einrichtungen festgelegt, die als Krankenhäuser betrachtet werden können, während in den Artikeln 68 bis 76 sexies die Zulassungsbedingungen für Krankenhäuser und Krankenhausdienste definiert sind (die in den Anwendungsverordnungen in allen Einzelheiten mit den Bedingungen hinsichtlich der Qualität und den Personalanforderungen etc. aufgeführt sind). In den Artikeln 23 bis 45 KhG sind die Kriterien für die Krankenhausplanung festgelegt, in denen die Grenzen der Bettenkapazität, der Krankenhausdienste und bestimmter medizinischer Ausrüstungen (wie Scanner) definiert sind, die in Betrieb genommen und verwendet werden können. Nur die zugelassenen Krankenhausdienste, welche die Bedingungen der Krankenhausplanung erfüllen, werden zur staatlichen Finanzierung zugelassen. Wie im Einleitungsbeschluss angegeben (188) und durch das Fehlen von diesbezüglichen Stellungnahmen Beteiligter bestätigt, gab es und gibt es keinen Zweifel an der Eindeutigkeit der grundlegenden Krankenhausaufgabe, wie sie durch das KhG definiert ist. Es ist ebenso klar, dass die IRIS-Krankenhäuser diesen Anforderungen entsprechen, da sie alle erforderlichen Genehmigungen haben und ihr Betrieb im Rahmen der Krankenhausplanung zugelassen ist.

(165)

Über die grundlegende Krankenhausaufgabe hinaus, die allen belgischen öffentlichen und privaten Krankenhäusern übertragen wurde, beziehen sich die Entscheidung der Kommission vom 28. Oktober 2009 (siehe Abschnitt 4.1 oben), die Nichtigkeitserklärung des Gerichts vom 7. November 2012 (siehe Abschnitt 4.2 oben) und der Einleitungsbeschluss der Kommission vom 1. Oktober 2014 (siehe Abschnitt 4.3 oben) auf drei ergänzende (oder besondere) Gemeinwohlaufgaben, die sich in der Hauptsache auf 1. den allgemeinen Zugang zu medizinischer Versorgung, 2. die Verpflichtung zur Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen an mehreren Standorten und 3. ergänzende Sozialdienste beziehen, die allein und ausschließlich den IRIS-Krankenhäusern übertragen wurden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die grundlegende Krankenhausaufgabe und die ergänzenden DAWI unbedingt voneinander getrennt zu prüfen sind. In dieser Hinsicht wurde in Erwägungsgrund 23 des Einleitungsbeschlusses erwähnt, dass die belgischen Behörden geltend machten, dass die grundlegende Krankenhausaufgabe sich aus einer weiter gefassten DAWI ergebe, und zwar der Verpflichtung zur Erbringung der sozialen Hilfe, die nach dem ÖSHZ-Gesetz erforderlich sei oder diese DAWI ergänze.

(166)

In diesem Zusammenhang ist die Kommission der Auffassung, dass die Verbindung der grundlegenden Krankenhausaufgabe, mit der alle Krankenhäuser nach KhG betraut sind, mit den drei ergänzenden DAWI, die nur den IRIS-Krankenhäusern auferlegt sind (189), de facto als „DAWI der sozialen Gesundheitsfürsorge“ bezeichnet werden kann, die eine Besonderheit der IRIS-Krankenhäuser darstellt und nur von diesen erfüllt wird. Die Kommission ist durch die Untersuchung der tatsächlich vorhandenen DAWI, die den IRIS-Krankenhäusern insgesamt auferlegt wurden, und auf der Basis der Analyse des Gegenstands und der Merkmale all dieser Verpflichtungen der Ansicht, dass es nicht angebracht wäre, die drei ergänzenden DAWI auf kommunaler Ebene unabhängig von der grundlegenden Krankenhausaufgabe zu prüfen, die nach dem KhG übertragen wurde. Die ergänzenden DAWI basieren einerseits auf der grundlegenden Krankenhausaufgabe, die den IRIS-Krankenhäusern nach dem KhG zukommt, und gehen andererseits weit über diese Grundverpflichtung hinaus, indem die IRIS-Krankenhäuser verpflichtet sind, 1. allen Patienten ein breites Spektrum an Gesundheitsdienstleistungen anzubieten, ohne Berücksichtigung ihrer Zahlungsfähigkeit (allgemeiner Zugang zur Gesundheitsfürsorge) (siehe Erwägungsgründe 170-190), 2. an mehreren Standorten (für eine Gesundheitsversorgung in der näheren Umgebung) (siehe Erwägungsgründe 191-204), und 3. unter besonderer Berücksichtigung der sozialen Bedürfnisse der Patienten (mithilfe von ergänzenden Sozialdiensten) (siehe Erwägungsgründe 205-214). In Bezug auf die grundlegende Krankenhausaufgabe nach dem KhG (siehe Erwägungsgrund 164) können die drei ergänzenden Verpflichtungen nicht als eigenständige Tätigkeiten betrachtet werden, wie ganz klar aus der Tatsache hervorgeht, dass diese Verpflichtungen niemals übertragen worden wären ohne die Basisverpflichtung zur Krankenhaustätigkeit nach dem KhG. Schließlich wird dieser Ansatz auch von den Beschwerdeführern in gewisser Weise bestätigt, wenn sie vorbringen (siehe Erwägungsgrund 71), dass die ergänzenden Sozialdienste nicht von einem allgemeinen Gesundheitsdienst getrennt werden könnten.

(167)

In Bezug auf den Ansatz in den vorhergehenden Erwägungsgründen (siehe Erwägungsgründe 162 bis 166) unterstreicht die Kommission folgende drei Punkte. Zunächst setzt sich die DAWI der sozialen Gesundheitsfürsorge, die von den IRIS-Krankenhäusern erfüllt wird, aus nicht weniger und nicht mehr als der grundlegenden Krankenhausaufgabe zusammen, die ihnen übertragen wird (siehe Erwägungsgrund 164) sowie den drei ergänzenden DAWI, die ihnen obliegen (siehe Erwägungsgrund 170 ff.). Zweitens ist die Lage der Brüsseler IRIS-Krankenhäuser, wie nachfolgend noch gezeigt wird, nicht mit der Situation der Privatkliniken vergleichbar, und zwar vor allem, weil die IRIS-Krankenhäuser die einzigen sind, denen die drei ergänzenden DAWI obliegen (siehe Erwägungsgrund 170 ff.) und daher die einzigen, welche die DAWI der sozialen Gesundheitsfürsorge erfüllen, wie sie oben definiert ist (siehe Erwägungsgründe 166 bis 167). Drittens haben die IRIS-Krankenhäuser auch Auflagen, die sich auf die Erfüllung der DAWI der sozialen Gesundheitsfürsorge auswirken, nämlich ihr öffentlich-rechtlicher Status (siehe Erwägungsgrund 42) und die Notwendigkeit, die fortwährende Erbringung dieser DAWI zu gewährleisten (siehe Erwägungsgründe 91 und 168). Im Schaubild 2 sind diese beiden Bestandteile dargestellt.

Schaubild 2

Verpflichtungen, Auflagen und Mechanismen der staatlichen Finanzierung, die für die IRIS-Krankenhäuser im Vergleich zu den Privatkliniken gelten

Image 4

Soziale Gesundheitsfürsorge DAWI

Finanzierung des Defizits durch die Gemeinden (Art. 46 der Statuten IRIS- Kranken-häuser)

Fortbestand (öffentliche Krankenhaus-dienste)

Öffentlich-rechtlicher Status (Zweis-prachigkeit)

Privatkliniken

Öffentliche IRIS-Krankenhäuser

Allgemeine Behandlungspflicht

Föderale Finanzierung (KhG)

Grundlegender Krankenhausauftrag (KhG)

Grundlegender Krankenhausauftrag (KhG)

„Multisite“ Verpflichtung

Ergänzende soziale Verpflichtung

(168)

Da die drei ergänzenden DAWI über die Minimalanforderungen hinausgehen, die für alle Krankenhäuser gelten (öffentlich-rechtlich oder privat in Belgien), entstehen Kosten, die gar nicht oder nur teilweise durch den Finanzmittelhaushalt (BMF) (siehe Abschnitt 2.5.1) und das Sozialversicherungssystem gedeckt sind. Wenn dann noch die höheren Kosten aus dem öffentlich-rechtlichen Status hinzukommen (Beamte, Zweisprachigkeit, etc., siehe auch Erwägungsgrund 42), versteht man, warum die IRIS-Krankenhäuser in den meisten Jahren des Zeitraums 1996 bis 2014 Verluste gemeldet haben. Die Defizite der IRIS-Krankenhäuser im Zeitraum 1996-2014 belaufen sich auf etwa 250 Mio. EUR (siehe Erwägungsgrund 234). Die ÖSHZ und die betreffenden Brüsseler Gemeinden wollen und müssen (190) den Fortbestand ihrer IRIS-Krankenhäuser gewährleisten, um die Erfüllung der DAWI der sozialen Gesundheitsfürsorge sicherzustellen und zu gewährleisten, dass die Verpflichtung der sozialen Hilfe des ÖSHZ erfüllt wird (siehe auch Abschnitt 2.2). Aus diesem Grund sorgen sie für eine vollständige Deckung der Defizite, sodass die verbleibenden Kosten der DAWI der sozialen Gesundheitsfürsorge (die sich aus der grundlegenden Krankenhausaufgabe und den drei ergänzenden DAWI zusammensetzt) (191) ausgeglichen werden und auf diese Weise der Fortbestand der IRIS-Krankenhäuser (siehe Erwägungsgrund 91) gewährleistet wird. Beim Ausgleich des Defizits wird nicht zwischen den verschiedenen DAWI unterschieden. In diesem Zusammenhang ist es angebracht, zu prüfen, ob man global jegliche Überkompensation ausschließen kann (zum Beispiel für die verschiedenen DAWI in Kombination), wie es unten erklärt ist (siehe Tabellen 9 bis 13 im Abschnitt 7.3.5).

(169)

Wie bereits in den Erwägungsgründen 165 bis 167 angegeben, ist die Kommission zu dem Schluss gekommen, dass die ergänzenden Verpflichtungen der IRIS-Krankenhäuser und die grundlegende Krankenhausaufgabe zusammen de facto als DAWI der sozialen Gesundheitsfürsorge betrachtet werden müssen. Während die grundlegende Krankenhausaufgabe oben definiert ist (siehe Erwägungsgrund 164), wird der genaue Gegenstand einer jeden ergänzenden DAWI im Weiteren festgelegt. Zudem wird auch erklärt, wie die ergänzenden DAWI miteinander verbunden sind und wie sie zur DAWI der sozialen Gesundheitsfürsorge beitragen.

I.   Verpflichtung zur Annahme jedes Patienten unter allen Umständen, unabhängig davon, ob er für die Behandlung aufkommen kann (allgemeine Behandlungspflicht)

(170)

Den belgischen Behörden zufolge sind die IRIS-Krankenhäuser verpflichtet, alle Patienten zu behandeln, auch wenn diese nicht in der Lage sind, zu zahlen und/oder nicht versichert sind, und zwar unter allen Umständen, auch wenn diese Patienten keine medizinische Notversorgung benötigen. Die Beschwerdeführer bezweifeln, dass diese Verpflichtung für die IRIS-Krankenhäuser gelte und behaupten, die Brüsseler Privatkliniken dürften keine Patienten zurückweisen und würden eine große Zahl von sogenannten „Sozialpatienten“ behandeln. Zur Untermauerung dieses Vorbringens weisen die Beschwerdeführer darauf hin, dass nach dem KhG die gleiche Krankenhausaufgabe für alle Krankenhäuser gelte, und, wie in Randnummer 150 des Nichtigkeitsurteils vom 7. November 2012 angegeben, beziehen sie sich auf das allgemeine Diskriminierungsverbot, das die Krankenhäuser daran hindere, die Patienten nach ihren ideologischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen oder ihrer Bedürftigkeit auszuwählen. Ihrer Auffassung nach gelte für die öffentlichen und privaten Krankenhäuser die gleiche Verpflichtung, die Patienten sowohl im akuten Notfall als auch im Anschluss daran zu behandeln.

(171)

Zunächst betont die Kommission, dass es keine Formulierung im KhG gebe, die für die Krankenhäuser (öffentlich oder privat) so ausgelegt werden könne, dass Patienten unter allen Umständen und unabhängig von ihrer Zahlungsfähigkeit zu behandeln seien. Jedoch gibt es nach dem belgischen Recht eine allgemeine Verpflichtung, der zufolge man einer Person helfen muss, die sich in Gefahr befindet. Wie die belgischen Behörden unterstreichen, gelte diese Verpflichtung nach Artikel 422 ter des belgischen Strafgesetzbuches für Notfälle, und insbesondere für medizinische Notfälle, die lebensbedrohend seien. Die Krankenhäuser sind daher verpflichtet, im Notfall, in Abhängigkeit von ihrer Organisation und ihrer verfügbaren Fachkenntnisse, medizinische Hilfe zu leisten. Sowohl die öffentlichen Krankenhäuser als auch die privaten Krankenhäuser haben diese Verpflichtung, wie übrigens jeder Bürger die Pflicht hat, Personen, die in Gefahr sind, zu helfen. Es besteht daher kein Zweifel daran, dass die öffentlichen und privaten Krankenhäuser in Brüssel die Pflicht haben, Patienten im akuten Notfall unabhängig von ihrer Zahlungsfähigkeit zu helfen. Ebenso ist es den Ärzten nach dem berufsethischen Kodex ausdrücklich erlaubt, Patienten, außer im akuten Notfall, zurückweisen (192).

(172)

Anschließend stützen die Beschwerdeführer ihre Argumentation auf ein Urteil des Gerichts der ersten Instanz von Brüssel (193), um zu rechtfertigen, dass es keinen Unterschied zwischen den öffentlichen Krankenhäusern und den Privatkliniken hinsichtlich der Behandlung von „Sozialpatienten“ gebe, sei es in einer „akuten Notfall“-Situation oder bei der „Nachbetreuung nach einem Notfall“. Dieses Urteil betrifft einen sehr spezifischen Fall von dringender medizinischer Hilfe, den das ÖSHZ nach Artikel 57 Absatz 2 ÖSHZ leisten muss. Das Gericht der ersten Instanz von Brüssel hat darauf hingewiesen, dass die dringende medizinische Hilfe niemals von dem ÖSHZ selbst geleistet werde, sondern eher von medizinischen Fachdiensten, und es gebe diesbezüglich keinen triftigen Grund für die Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Dienstleistungen. Die Kommission weist dennoch darauf hin, dass die Pflicht zur dringenden medizinischen Hilfe für die ÖSHZ gilt und nicht für die Krankenhäuser, welche die Behandlungen vornehmen. Im vorliegenden Fall wurde ein Migrant ohne Papiere in der Notaufnahme einer Brüsseler psychiatrischen Privatklinik aufgenommen, die das ÖSHZ aufforderte, für die dringende medizinische Hilfe aufgrund der Situation offensichtlicher Bedürftigkeit des Migranten zu zahlen. Das Brüsseler Gericht kam zu dem Schluss, dass ein ÖSHZ für die Kosten der Behandlung in einer Privatklinik aufkommen müsse, wenn es die dringende medizinische Hilfe nicht in einem von ihm verwalteten Krankenhaus leiste und der Notfalldienst beschlossen habe, den Patienten aufgrund der Dringlichkeit der Situation in eine Privatklinik zu bringen. Dieses Urteil bezieht sich ganz klar auf eine Ausnahmesituation, die aus dem Rahmen der normalen Sozialbetreuung herausfällt, bei der sich die ÖSHZ auf die eigenen (öffentlichen) Krankenhäuser stützen. Im vorliegenden Fall kam es zu dieser Ausnahmeregelung, weil die öffentlichen Krankenhäuser die psychiatrische Behandlung nicht leisten, die in dieser Situation notwendig war. Darüber hinaus hat das Brüsseler Gericht bekräftigt, dass „zwar die Hilfeleistung zumeist durch eine Einrichtung erfolgt, die von dem betreffenden ÖSHZ abhängig ist oder mit diesem ein Abkommen hat, dass es jedoch aufgrund der Dringlichkeit, die sich aus der Situation der einzuweisenden Person ergibt, vorkommen kann, dass die Einweisung in ein anderes Krankenhaus erfolgt“. Das Gericht hat ferner darauf hingewiesen, dass die Privatklinik den Migranten ohne Papiere in dem Fall, dass das betreffende ÖSHZ (hier das von Uccle) über sein eigenes psychiatrisches Krankenhaus verfügt oder ein Abkommen mit einem solchen Krankenhaus hat, nicht hätte behandeln müssen, sondern eine Verlegung in dieses Krankenhaus hätte verlangen können. Da dies nicht der Fall war, gab es keine andere Lösung; folglich wurde das ÖSHZ angewiesen, der Privatklinik die Kosten für die Behandlung des Patienten zurückzuerstatten. Aus dem Urteil des Brüsseler Gerichts, das die Beschwerdeführer zitiert haben, ist abzuleiten, dass die Privatkliniken Migranten ohne Papiere in einigen Fällen aufgrund der Dringlichkeit ebenfalls ärztlich versorgen können und dass das ÖSHZ diesen Privatkliniken die Kosten zurückerstatten muss, wenn es von seiner Pflicht zur dringenden medizinischen Hilfe auf diese besondere Art befreit ist. Folglich ist die Tatsache, dass die Brüsseler Privatkliniken in einer begrenzten Zahl von Fällen einen ärztlichen Notdienst anbieten können (194), nicht dahingehend zu interpretieren, dass diese Krankenhäuser allgemein verpflichtet wären, alle Patienten zu behandeln, unabhängig von ihrer Zahlungsfähigkeit.

(173)

In Bezug auf das Diskriminierungsverbot (von den Beschwerdeführern erwähnt, siehe Erwägungsgrund 170) ist es offensichtlich, dass kein Krankenhaus in Belgien einen Patienten aufgrund seiner finanziellen Lage diskriminieren darf (einfach weil er reich oder arm ist), oder aus anderen persönlichen Gründen (zum Beispiel ethischen oder religiösen). Wenn es sich jedoch nicht um einen Notfall handelt, ist kein Krankenhaus wegen des Diskriminierungsverbots gezwungen, kostenlos zu behandeln, wenn ganz klar vorhersehbar ist, dass ein Patient nicht in der Lage ist, zu zahlen. Unter diesen Umständen haben die Krankenhäuser in Situationen, die keine Notfälle sind, eine objektive Rechtfertigung, eine klare Linie zu ziehen und diese Patienten zurückzuweisen (195). Wie bereits oben erwähnt (siehe Erwägungsgrund 171), ist es den belgischen Ärzten nach dem Berufskodex ausdrücklich erlaubt, Patienten zurückzuweisen, die keine akuten Notfälle sind. Eine Umfrage unter Vermittlern zwischen Schuldnern und Gläubigern (196) hat ergeben, dass Ärzte und Krankenhäuser Patienten manchmal zurückweisen, die in der Vergangenheit Zahlungsschwierigkeiten gehabt haben. In diesem Zusammenhang ist es interessant, zu betonen, dass die Krankenhäuser die Patienten nicht schonungslos zurückweisen, sondern von ihnen eine Abschlagszahlung verlangen, was die mittellosen Patienten abschrecken kann. Empirischen Erkenntnissen zufolge schicken Privatkliniken Patienten manchmal in ein Krankenhaus, das einem ÖSHZ untersteht (197). Daher wurde 2013 ein Gesetzesentwurf im belgischen Senat vorgelegt (aber nicht verabschiedet), um zu verhindern, dass Patienten, deren Zahlungsschwierigkeiten bekannt sind, die Gesundheitsversorgung verweigert wird, und um den Einzug von Abschlagszahlungen zu verbieten (198). Man kann sich daher nicht auf das Diskriminierungsverbot berufen, als würde es allen belgischen Krankenhäusern (öffentlichen und privaten) die Pflicht auferlegen, alle Patienten unter allen Umständen (die keine akuten Notfälle sind) zu behandeln, auch wenn diese Patienten die Behandlung nicht bezahlen können.

(174)

Nach diesen Ausführungen ist die Kommission zu dem Schluss gekommen, dass es zweckmäßig ist, zwischen akuten Notfällen und anderen Fällen zu unterscheiden. Die öffentlichen und privaten Krankenhäuser unterliegen der gleichen allgemeinen Pflicht (auf der Grundlage des belgischen Strafgesetzes), Patienten im akuten medizinischen Notfall zu behandeln. Jedoch gibt es keine rechtliche Grundlage dafür, dass die Privatkliniken verpflichtet sind, Patienten in Fällen zu behandeln, die keine akuten Notfälle sind, unabhängig davon, ob diese bezahlen können oder nicht. Tatsächlich ist weder im KhG noch im Strafgesetz eine derartige Verpflichtung vorgesehen und das Diskriminierungsverbot kann auch nicht für eine solche Verpflichtung herangezogen werden. Die Pflicht, den Migranten ohne Papiere, dringende medizinische Hilfe anzubieten, gilt letztendlich für die ÖSHZ und nicht für die Krankenhäuser, welche diese Behandlungen vornehmen.

Die allgemeine Behandlungspflicht, die den IRIS-Krankenhäusern obliegt.

(175)

Im Gegensatz zu den Privatkliniken sind die IRIS-Krankenhäuser verpflichtet, (199) alle Patienten unter allen Umständen zu behandeln, einschließlich der Fälle, die keine akuten Notfälle sind, unabhängig von ihrer Zahlungsfähigkeit und/oder ihrer Situation in Versicherungsangelegenheiten, auf der Grundlage der speziellen Bestimmungen, die nur für die IRIS-Krankenhäuser gelten, nämlich ihrer Statuten und der Strategiepläne des IRIS-Dachverbands, wie unten aufgeführt. Wie oben ausgeführt (siehe Erwägungsgrund 24) wurden die IRIS-Krankenhäuser von den ÖSHZ gegründet, um diesen zu ermöglichen, ihre Aufgabe der sozialen Hilfe für alle, die sie benötigen, zu erfüllen. Die ÖSHZ sind verpflichtet, eine solche Hilfe (einschließlich der medizinischen und sozio-medizinischen Behandlungen) jeder Person und jeder Familie zukommen zu lassen, die sie benötigt (200). Die ÖSHZ erbringen diese Dienstleistungen gratis und wurden insbesondere gegründet, um mittellosen Personen zu helfen. In diesem Kontext lautet der Artikel 5 der Satzung der IRIS-Krankenhäuser wie folgt:

„(1)

Unbeschadet der Kompetenzen des IRIS-Dachverbands und der Kompetenzen des IRIS-Einkaufs sowie der anderen Einrichtungen, welche der IRIS-Dachverband nach Artikel einhundertfünfunddreißig j des Gesetzes der öffentlichen Sozialhilfezentren vom achten Juli neunzehnhundertsechsundsiebzig gründen könnte, und unter Einhaltung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, verfügt der Verband über die umfassendsten Befugnisse bei der Erfüllung seiner Krankenhausaufgabe.

Er erfüllt seine Aufgabe mit dem Ziel, einerseits eine Qualitätssicherung in der Medizin, zu den geringsten Kosten für jede Person, ungeachtet ihres Einkommens, ihrer Versicherungsbedingungen, ihrer Herkunft und philosophischen Überzeugungen zu gewährleisten und andererseits ein langfristiges finanzielles Gleichgewicht des Verbands zu erreichen.“  (201)

(176)

Ebenso heißt es in der Einführung des Strategieplans des IRIS-Dachverbands 1996-2001:

„Das öffentliche Krankenhaus des IRIS-Netzes bietet ein Spektrum an Dienstleistungen an, um diese Sozialaufgabe zu jedem Zeitpunkt zu erfüllen und eine optimale Behandlung von hoher Qualität für jede Person zu finanziellen Bedingungen zu gewährleisten, die allgemein für alle akzeptabel sind, Dienstleistungen, die für alle Patienten zugänglich sind, unabhängig von ihrem Einkommen, ihren Versicherungsbedingungen, ihrer Herkunft und ihren ideologischen Überzeugungen.“  (202)

(177)

In dieser Einführung heißt es auch:

„Das Hauptziel des Iris-Plans ist der Erhalt eines gestärkten, öffentlichen Krankenhausnetzes in Brüssel, das für jede Person zugänglich ist, unabhängig von ihrem Einkommen, ihren Versicherungsbedingungen, ihrer Herkunft und ihren ideologischen und philosophischen Überzeugungen.“  (203)

(178)

In einem anderen Abschnitt dieses Plans ist darauf hingewiesen, dass die Patientencharta Folgendes gewährleistet:

Den Zugang aller Patienten, ungeachtet ihrer Herkunft, des Einkommens, der philosophischen und ideologischen Überzeugungen, der Versicherungslage.“  (204)

(179)

Darüber hinaus umfasst der Strategieplan des IRIS-Dachverbands 1996-2001 einen Unterabschnitt 2.5.4 mit dem Titel „Aufnahme und Behandlung jeder Person, die sich in einem Krankenhaus des Iris-Netzes präsentiert“, in dem folgende Bestimmungen enthalten sind:

„Die öffentlichen Krankenhäuser [d. h. die IRIS-Krankenhäuser] haben als Grundlage eine sozial-medizinische Orientierung, der zufolge sie verpflichtet sind, den Anforderungen der Sozialaufgaben nachzukommen, auch wenn diese Funktion in den Rechts- und Verwaltungsstrukturen im Krankenhaussektor nicht vorgesehen ist.

Die öffentlichen Krankenhäuser beruhen auf dem Grundgedanken, alle Patienten aufzunehmen und zu behandeln, unabhängig von ihrer Herkunft, ihren Umständen, ihrer Kultur, ihren Überzeugungen und ihren Pathologien. Daher müssen sich die Krankenhäuser, aufgrund ihres öffentlich-rechtlichen Status, an den Grundsätzen der Universalität, Gleichheit, Kontinuität und Veränderung orientieren.

1.

Entsprechend dem Grundsatz der Universalität müssen alle Patienten aufgenommen werden, wer auch immer sie sind. Das Krankenhaus muss daher eine Medizin auf dem höchstmöglichen Niveau anbieten, um den Bedürfnissen aller gerecht zu werden.

2.

Nach dem Grundsatz der Gleichheit, der in der Verfassung verankert ist, müssen alle Personen, ohne Diskriminierung, aufgenommen werden. […]“ (205)

(180)

Aus den obigen Ausführungen folgt eindeutig, dass die Zahlungsfähigkeit der Patienten und ihre Versicherungssituation bei der Aufnahme in den IRIS-Krankenhäusern keine Rolle spielen, sodass der Zugang zur Gesundheitsfürsorge für alle gewährleistet ist, einschließlich der Fälle, die keine akuten Notfälle sind. Mehrere Bestandteile des Strategieplans IRIS 1996-2001 weisen zudem auf den sozialen Charakter der Krankenhausbehandlung hin, die von den IRIS-Krankenhäusern vorgenommen wird (zum Beispiel, „um in der Lage zu sein, eine medizinische Versorgung ohne jegliche kaufmännische Logik sicherzustellen“ (206)) und auf den starken Willen, eine hochwertige Gesundheitsversorgung für alle Schichten der Brüsseler Bevölkerung anzubieten, insbesondere für Bedürftige (207).

(181)

Im Strategieplan des IRIS-Dachverbands für den Zeitraum 2002-2014 sind bestimmte wesentliche Grundsätze aufgenommen (Zugang für alle Patienten, Verbesserung des Zugangs für die Armen), insbesondere ein Zitat des Artikels 5 der Satzung der IRIS-Krankenhäuser (208) (siehe auch Erwägungsgrund 175) und das Hauptziel des Strategieplans des IRIS-Dachverbands im Zeitraum 1996-2001 (209) (siehe Erwägungsgrund 177) und unter Bezugnahme auf die IRIS-Patientencharta (210) (siehe Erwägungsgrund 178) wird Folgendes hinzugefügt:

„Die öffentlichen Dienstleistungen werden nach drei wesentlichen Grundsätzen definiert, und zwar nach Universalität, Gleichheit und Kontinuität. Nach diesen drei Grundsätzen und aufgrund des öffentlich-rechtlichen Status der Krankenhäuser des IRIS-Netzes

werden alle Patienten aufgenommen, wer auch immer sie sind,

werden alle Patienten behandelt, ohne jede Diskriminierung,

verpflichten sie sich, die Versorgung der Patienten zu organisieren und alle Behandlungsmöglichkeiten zu gewährleisten, die erforderlich sind.“  (211)

(182)

Auf der Grundlage der obigen Ausführungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die IRIS-Krankenhäuser verpflichtet sind, alle Patienten unter allen Umständen zu behandeln, (sowohl in akuten Notfällen als auch in anderen Fällen), auch wenn sie wirklich nicht für ihre Behandlung zahlen können oder nicht können werden, und/oder nicht versichert sind. Diese Verpflichtung ist den IRIS-Krankenhäusern über ihre Statuten und die Strategiepläne des IRIS-Dachverbands auferlegt, die oben angeführt sind, die für die IRIS-Krankenhäuser bindend sind und die sich auf der Verpflichtung gründen, eine soziale Hilfe nach dem ÖSHZ-Gesetz zu leisten (eine Verpflichtung, die von den ÖSHZ auf die IRIS-Krankenhäuser über die Statuten und Strategiepläne delegiert ist).

Praktische Auswirkung der allgemeinen Behandlungspflicht, die den IRIS-Krankenhäusern obliegt

(183)

Die Kommission weist ebenso darauf hin, dass die oben ausgeführte Schlussfolgerung, nämlich die Tatsache, dass die IRIS-Krankenhäuser verpflichtet sind, alle Patienten unter allen Umständen (d. h., sowohl in akuten Notfällen als auch in anderen Fällen) und unabhängig von ihrer Zahlungsfähigkeit zu behandeln, während die Privatkliniken nur verpflichtet sind, alle Patienten in akuten Notfällen zu behandeln (wenn nämlich die Behandlung in einer lebensbedrohenden Situation sofort notwendig ist), wird darüber hinaus durch die unterschiedlichen Profile der Patienten bestätigt, die in den IRIS-Krankenhäusern und in den Privatkliniken der Region Brüssel-Hauptstadt behandelt wurden, sowie durch die jeweilige Preispolitik dieser Krankenhäuser.

(184)

Es ist angebracht, zunächst darauf hinzuweisen, dass im Strategieplan 2002-2014 auch die niedrigeren Einnahmen (212) und die höheren Kosten aufgeführt sind (213), die mit der Behandlung von Patienten verbunden sind, die sich in sozioökonomischer Hinsicht in einer prekären Lage befinden, die einen Großteil der Patienten der IRIS-Krankenhäuser ausmachen. In diesem Kontext ist es interessant, dass die IRIS-Krankenhäuser mit den Ärzten eine Vereinbarung getroffen haben, dass die Zuschläge (siehe Erwägungsgrund 46 Buchstabe c für weitere Informationen) weder den Patienten des ÖSHZ noch den Patienten mit niedrigem Einkommen (d. h. diejenigen, die ein Recht auf einen höheren Rückerstattungsbetrag von der LIKIV haben) in Rechnung gestellt werden können. Zudem liegt die Quote der Aufnahme in Einzelzimmern (nämlich den einzigen Zimmern, bei denen die Zuschläge in Rechnung gestellt werden können) in der Region Brüssel-Hauptstadt deutlich unter dem Durchschnitt (214). Aus den verfügbaren Zahlen einer der Mutuelles (215) (Versicherung auf Gegenseitigkeit) geht zudem hervor, dass der Zuschlag, der ggf. durch die IRIS-Krankenhäuser in Rechnung gestellt wird, auch weit unter dem Durchschnittsbetrag der Region liegt (zwischen 25 % und 67 % weniger). Im Vergleich dazu haben einige Brüsseler Privatkliniken im gleichen Zeitraum ihren Patienten einen Betrag in Rechnung gestellt, der um 180 % über dem durchschnittlichen Preis liegt, der vom Sozialversicherungssystem festgelegt ist.

(185)

Den IRIS-Krankenhäusern wurde die allgemeine Behandlungspflicht übertragen, damit sie dafür sorgen können, dass die Patienten, die nicht in der Lage sind, für ihre Behandlung zu zahlen, und die keine private Versicherung haben und auch keine Rückerstattung (wenigstens teilweise) der Sozialversicherung bekommen, die medizinische Behandlung bekommen, die sie benötigen. Eine wichtige Unterrubrik dieser Patienten bilden die oben genannten Migranten ohne Papiere, denn sie sind nicht durch das belgische Sozialversicherungssystem gedeckt und sind im Allgemeinen nicht in der Lage, für ihre Behandlungen zu bezahlen. In 85 % der Fälle der Region Brüssel-Hauptstadt erhalten diese Migranten eine dringende medizinische Hilfe in den IRIS-Krankenhäusern (siehe Erwägungsgrund 172), obwohl diese Krankenhäuser nur 35 % der Betten der Krankenhäuser dieser Region bewirtschaften. Ein anderer aussagekräftiger Indikator ist die Klassifikation (216) des Föderalen Öffentlichen Dienstes Volksgesundheit (Service Public Fédéral de la Santé Publique), der eine Klassifikation aller belgischen Krankenhäuser auf der Basis des sozioökonomischen Profils ihrer Patienten vornimmt (siehe Tabelle 1 und Erwägungsgrund 40). Diese Klassifikation spiegelt u. a. den Anteil der Patienten wider, der nicht zahlungsfähig ist und nicht von der Sozialversicherung gedeckt ist, und für welche die ÖSHZ (217) die Behandlungskosten erstatten können (siehe auch Erwägungsgründe 187 bis 188) (218). Die ersten drei Plätze der Klassifikation belegen IRIS-Krankenhäuser im Zeitraum 2007-2013 im gesamten belgischen Staatsgebiet (das Bordet-Institut und die Kinderklinik HUDERF bilden eine Ausnahme aufgrund ihrer fachlichen Spezialisierung). Im gleichen Zeitraum wird hingegen keiner der ersten 20 Plätze von Brüsseler Privatkliniken eingenommen, was darauf hindeutet, dass das sozioökonomische Profil ihrer Patienten im Durchschnitt deutlich besser ist als das der Patienten der IRIS-Krankenhäuser. Auch wenn die verwendeten Kriterien zur Aufstellung der Klassifikation sich nicht nur auf Patienten beziehen, die nicht zahlen können oder die nicht versichert sind, widerlegt dies auch die Behauptung der Beschwerdeführer, dass die Brüsseler Privatkliniken die Verpflichtung hätten, alle Patienten unter allen Umständen zu behandeln und bestätigt, dass nur die IRIS-Krankenhäuser eine solche Verpflichtung haben. Wenn die Brüsseler Privatkliniken tatsächlich eine solche Verpflichtung hätten, könnte man erwarten, dass sie einen höheren Rang in der Klassifikation einnehmen würden.

Tabelle 1

Klassifikation der Krankenhäuser entsprechend dem sozioökonomischen Profil ihrer Patienten durch den Föderalen Öffentlichen Dienst Volksgesundheit (*= IRIS-Krankenhäuser, += Brüsseler Privatkliniken)

 

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

Universitätsklinik Saint-Pierre*

1.

1.

1.

1.

1.

1.

1.

Universitätsklinik Brugmann*

2.

2.

2.

2.

2.

2.

2.

Krankenhäuser IRIS-Süd

5.

3.

3.

3.

3.

3.

3.

HUDERF*

62.

4.

4.

6.

Keine Angabe

5.

Keine Angabe

Bordet-Institut*

23.

16.

31.

34.

Keine Angabe

18.

35.

Clin. Ste Anne St Rémi+

52.

42.

52.

62.

40.

32.

28.

Clinique Saint Jean+

25.

21.

44.

59.

39.

27.

Keine Angabe

Cliniques de l'Europe+

64.

24.

90.

93.

61.

63.

62.

CHIR Edith Cavell+

110.

103.

108.

105.

Keine Angabe

105.

103.

Clinique Univ. Erasme+

49.

41.

48.

58.

51.

41.

36.

Clinique Univ. St Luc+

93.

67.

95.

94.

76.

Keine Angabe

Keine Angabe

UZ Brussel+

80.

74.

91.

97.

78.

Keine Angabe

Keine Angabe

(186)

Es ist zweckmäßig, einen Verweis der Beschwerdeführer auf eine Veröffentlichung der Christlichen Krankenkassen (Mutualités Chrétiennes) vom Februar 2004 (siehe Erwägungsgrund 72) in den richtigen Kontext zu stellen, die sich nur auf das Jahr 2001 bezieht und zeigen würde, dass die Privatkliniken mehr als 60 % der „Sozialpatienten“ der Region Brüssel-Hauptstadt behandeln würden. Der Begriff „Sozialpatienten“ kann den Eindruck vermitteln, dass die Patienten behandelt werden, welche eine Behandlung nicht bezahlen können und dass die allgemeine Behandlungspflicht daher für alle gelten würde. Das ist jedoch aus folgenden Gründen nicht der Fall:

Erstens sind mit der Definition „Sozialpatienten“  (219), die in der Veröffentlichung erwähnt wird, nur die Personen gemeint, die durch die belgische Sozialversicherung versichert sind (220), und daher nicht die Patienten, die nicht bezahlen können und die daher nicht von der Sozialversicherung gedeckt sind. Die letzte Gruppe nimmt jedoch am häufigsten die allgemeine Behandlungspflicht in Anspruch und stellt die größte finanzielle Belastung für die IRIS-Krankenhäuser dar (siehe auch Erwägungsgründe 187 bis 188). Auf der Grundlage der weit gefassten Definition, die in der Veröffentlichung verwendet wird, würden etwa 20 % der Aufnahmen in Brüsseler Privatkliniken (gegenüber ungefähr 26 % der öffentlichen Krankenhäuser) auf „Sozialpatienten“ kommen und die Privatkliniken hätten etwa 66 % der Gesamtzahl dieser Patienten im Jahre 2001 behandelt.

Zweitens, selbst die „Patienten in prekären Lebensumständen“  (221), welche in der Veröffentlichung als eine Untergruppe der „Sozialpatienten“ definiert sind, sind durch die Sozialversicherung gedeckt, und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sie ihren Anteil nicht zahlen können. Man könnte jedoch die Auffassung vertreten, dass bei den „prekären Patienten“ noch eher die Gefahr bestehe, dass sie die Selbstbeteiligung nicht an das Krankenhaus zahlen könnten. Nach den Angaben in der Veröffentlichung behandeln die öffentlichen Krankenhäuser etwa 48 % der „Patienten in prekären Lebensumständen“, während der Prozentsatz bei Brüsseler Privatkliniken 52 % beträgt. Infolgedessen behandeln die öffentlichen Krankenhäuser im Verhältnis eine größere Zahl dieser Patienten als man vom Marktanteil her annehmen könnte (in Bezug auf die Betten und die Zahl der Krankenhauseinweisungen). Tatsächlich machen die „Patienten in prekären Lebensumständen“ 9,5 % der Einweisungen in öffentliche Krankenhäuser aus, wohingegen es nur 4,1 % bei den Privatkliniken sind.

Drittens, die Anmerkung, dass die Brüsseler Privatkliniken 2001 52 % der Patienten in „prekären“ Lebenslagen (gegenüber 66 % der „sozialen“ Patienten) behandelt hätten, ändert in keinem Fall etwas an der Schlussfolgerung, dass alleine die IRIS-Krankenhäuser eine allgemeine Behandlungspflicht haben. Da die Privatkliniken keine Auflage haben, alle Patienten, unabhängig von ihrer Zahlungsfähigkeit und ihrer Versicherungssituation, zu behandeln, könnten sie frei entscheiden, ob sie die „prekären“ oder „sozialen“ Patienten, die keine akuten Notfälle sind, behandeln möchten und sie können ihre Entscheidung jederzeit überdenken. Darüber hinaus ist die schwächste Gruppe von Patienten, nämlich die, die nicht durch die Sozialversicherung oder eine andere Versicherung abgedeckt sind, nicht in den Statistiken dieser Veröffentlichung enthalten. Das erklärt auch die offensichtliche Abweichung zwischen den Zahlen der Veröffentlichung für das Jahr 2001 und der Klassifikation des Föderalen Öffentlichen Dienstes Volksgesundheit (siehe Erwägungsgrund 185) für den Zeitraum 2007-2013. Während die Klassifikation des Föderalen Öffentlichen Dienstes Volksgesundheit den Anteil der Patienten berücksichtigt, der nicht durch die Sozialversicherung abgedeckt sind, sind diese Patienten in den Statistiken der Veröffentlichung nicht erfasst.

Aus allen diesen Gründen ist die Kommission der Auffassung, dass durch die Veröffentlichung der Christlichen Krankenkassen mit den Statistiken für das Jahr 2001 nicht nachzuweisen ist, dass die IRIS-Krankenhäuser keine allgemeine Behandlungspflicht haben oder dass den Brüsseler Privatkliniken eine vergleichbare Verpflichtung obliegt.

(187)

Mit der allgemeinen Behandlungspflicht, die den IRIS-Krankenhäusern obliegt, ist gewährleistet, dass Patienten, die mit extremen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben (politische Flüchtlinge, illegale Einwanderer, etc.) unter allen Umständen behandelt werden. Wenn diese Patienten ihre Behandlung nicht bezahlen können und durch keine Versicherung abgedeckt sind (d. h. weder von der Sozialversicherung noch von der privaten Krankenversicherung), decken die ÖSHZ die Kosten dieser Patienten, sofern bestimmte Bedingungen eingehalten werden. Zur Festsetzung der Regeln, die bei dieser Rückerstattung anwendbar sind, haben die IRIS-Krankenhäuser und 17 der 19 ÖSHZ der Region Brüssel-Hauptstadt multilaterale Abkommen abgeschlossen, die sogenannten „Domicile-de-secours“-Abkommen. In nicht dringenden Fällen schicken die ÖSHZ die betreffenden Personen zu den IRIS-Krankenhäusern und verpflichten sich schriftlich (durch ein „Réquisitoire“ — Kostenübernahmebescheinigung), die Behandlungskosten zu decken. Wenn die Patienten diese Kostenübernahmebescheinigung vorlegen, schicken die IRIS-Krankenhäuser die Rechnung direkt an das ÖSHZ. In Notfällen kann dieses Verfahren natürlich nicht angewandt werden. Stattdessen wird der Betrag vom ÖSHZ erstattet, wenn i) ein ärztliches Attest vorgelegt wird, das die Dringlichkeit bescheinigt oder dass die Person sofort behandelt werden muss, und wenn ii) die Bedürftigkeit der Person vom ÖSHZ auf der Grundlage der Angaben des Krankenhauses aus der Sozialerhebung festgestellt wird. Die Sammlung von erforderlichen Informationen ist eine wichtige Aufgabe für die Abteilungen der Sozialdienste der IRIS-Krankenhäuser (siehe auch Erwägungsgründe 210 bis 211) (222).

(188)

Soweit die oben genannten Bedingungen erfüllt sind (d. h. die Vorlage einer Kostenübernahmebescheinigung (Réquisitoire) für Behandlungen, die nicht dringend sind, und die Vorlage einer ärztlichen Dringlichkeitsbescheinigung und der Sozialerhebung für dringend notwendige Behandlungen), erstattet das ÖSHZ den IRIS-Krankenhäusern die Behandlungskosten für Patienten, die ihre Behandlung nicht bezahlen können und die nicht durch eine Versicherung gedeckt sind. Dies vermindert dennoch nicht die Gesamtbelastung der IRIS-Krankenhäuser, die aus der allgemeinen Behandlungspflicht entsteht. Die IRIS-Krankenhäuser müssen nämlich Informationen für die Sozialerhebung sammeln (im Jahr 2012 in insgesamt 25 749 Fällen), damit sie die entsprechenden Beträge vom ÖSHZ erstattet bekommen. Das ist zum Beispiel einer der Gründe, warum die IRIS-Krankenhäuser mehr als doppelt so viele Sozialarbeiter beschäftigen wie die Universitätskrankenhäuser (siehe Erwägungsgrund 213). Die ÖSHZ erstatten den IRIS-Krankenhäusern jedoch nicht die Kosten, die in Verbindung mit der Sammlung von Informationen für die Sozialerhebungen entstehen (223). Zudem haben die ÖSHZ längere Zahlungsfristen (manchmal mehr als ein Jahr) als die Mutuelles und die Versicherungsgesellschaften (die innerhalb von ein bis zwei Monaten nach Rechnungserhalt zahlen). Daraus folgt, dass die IRIS-Krankenhäuser diese Kosten über einen längeren Zeitraum als bei „normalen“ Patienten vorfinanzieren müssen. Am 31. Dezember 2010 musste das Brüsseler ÖSHZ den IRIS-Krankenhäusern etwa 35 Mio. EUR zahlen (darunter ungefähr 71 % auf Rechnungen aus dem Jahr 2010, 12 % auf Rechnungen aus 2009 und etwa 13 % auf Rechnungen der Jahre davor). Wenn man einen Nominalzinssatz von jährlich 2 % ansetzt, belaufen sich die Kosten für längere Zahlungsfristen bis heute, nach Angaben der IRIS-Krankenhäuser, auf etwa 700 000 EUR (224). Schließlich haben nicht alle Personen, die Zahlungsschwierigkeiten haben können, ein Recht auf Deckung durch das ÖSHZ (225). Auf der Basis ihrer allgemeinen Behandlungspflicht behandeln die IRIS-Krankenhäuser dennoch die Patienten, bei denen die ÖSHZ nicht für die Deckung aufkommen. In einer solchen Situation schicken die IRIS-Krankenhäuser den Patienten eine Rechnung und die Patienten sind in einigen Fällen nicht in der Lage zu zahlen. Die Folge ist, dass die IRIS-Krankenhäuser uneinbringlichen Forderungen gegenüberstehen, die sehr viel höher sind als die der anderen öffentlichen Krankenhäuser und der Privatkliniken in Belgien (226). Die IRIS-Krankenhäuser haben geschätzt, dass die erlassenen Schulden den Durchschnitt der öffentlichen Krankenhäuser in Belgien im Jahr 2010 um etwa […] Mio. EUR übersteigen.

(189)

Abschließend ist es wichtig, die Finanzierung in der Rubrik B8 des Finanzmittelhaushalts in den richtigen Kontext zu setzen, die Krankenhäusern gewährt wird, deren Patienten ein schwaches sozioökonomisches Profil aufweisen. Diese eingeschränkte föderale Finanzierung ist für einen Teil der Kosten vorgesehen, die mit den „Sozialpatienten“ (zum Beispiel aufgrund der Tatsache, dass diese Patienten im Durchschnitt eine längere Verweildauer im Krankenhaus haben als andere) zusammenhängen, stellt jedoch keinen Ausgleich für die allgemeine Behandlungspflicht dar. Die Finanzierung in der Rubrik B8 kompensiert nicht die realen Kosten der Krankenhäuser für die Behandlung von Sozialpatienten (zum Beispiel nicht bezahlte Rechnungen von Sozialpatienten, die Notwendigkeit, zusätzliche Sozialarbeiter zur Verfügung zu stellen). Ein festes Budget (ungefähr 25 Mio. EUR pro Jahr für ganz Belgien) wird hingegen auf der Grundlage der Klassifikation der Krankenhäuser nach dem sozioökonomischen Profil ihrer Patienten zugeteilt (siehe Erwägungsgrund 185). Da die ersten drei Plätze dieser Klassifikation von den IRIS-Krankenhäusern eingenommen werden, bekommen diese auch einen größeren Anteil der Finanzierung der Rubrik B8 als die Krankenhäuser, die nicht so hoch eingestuft werden (wie die Brüsseler Privatkliniken). Der Grund, warum sowohl die öffentlichen als auch die privaten Krankenhäuser im Prinzip für diese Finanzierung infrage kommen, liegt darin, dass die Privatkliniken, auch ohne die allgemeine Behandlungspflicht, wie sie den IRIS-Krankenhäusern auferlegt ist, frei entscheiden können, ob sie Sozialpatienten behandeln möchten oder nicht. Sie haben diese Entscheidungsfreiheit, weil einige Sozialpatienten zahlen können oder versichert sind. Was die Sozialpatienten angeht, die sozialversichert sind, werden häufig niedrigere Sätze veranschlagt und die LIKIV übernimmt einen großen Teil der Kosten, was das finanzielle Risiko für das Krankenhaus reduziert. Es hat sich auch herausgestellt, dass nicht alle ÖSHZ in Belgien ihr eigenes Krankenhaus gegründet haben. Daher können sich die ÖSHZ auf die Privatkliniken stützen, um ihrer Verpflichtung zur sozialen Hilfe nachzukommen. Unter diesen Umständen würde eine Privatklinik logischerweise eine bestimmte Anzahl von Sozialpatienten behandeln und könnte auch eine Finanzierung nach Rubrik B8 des Finanzmittelhaushalts (BMF) in Anspruch nehmen. In der Region Brüssel-Hauptstadt stehen den ÖSHZ jedoch die öffentlichen IRIS-Krankenhäuser zur Verfügung, was eine Erklärung dafür bietet, warum das durchschnittliche sozioökonomisches Profil der Patienten der Brüsseler Privatkliniken in der Klassifikation in Erwägungsgrund 185 deutlich besser abschneidet als das der Patienten der IRIS-Krankenhäuser. Aus allen diesen Gründen kann die Finanzierung in Rubrik B8 des Finanzmittelhaushalts nicht zum Nachweis herangezogen werden, dass es eine allgemeine Behandlungspflicht für alle belgischen Privatkliniken gibt.

Ergebnis zur allgemeinen Behandlungspflicht der IRIS-Krankenhäuser

(190)

Auf der Grundlage der obigen Ausführungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die allgemeine Behandlungspflicht einzig und allein den IRIS-Krankenhäusern obliegt, als Auftrag eindeutig übertragen wurde und in der Satzung der IRIS-Krankenhäuser und in den Strategieplänen des IRIS-Dachverbands nach den Anforderungen des ÖSHZ-Gesetzes verankert ist (siehe Erwägungsgründe 29 bis 30). Die allgemeine Behandlungspflicht erscheint auch in der Klassifikation der Krankenhäuser in Abhängigkeit vom sozioökonomischen Profil ihrer Patienten (siehe Erwägungsgrund 185). Durch diese Verpflichtung ist gewährleistet, dass bedürftige Personen der Region Brüssel-Hauptstadt eine angemessene medizinische Behandlung bekommen, auch wenn sie diese nicht bezahlen können und selbst wenn es sich nicht um eine Notsituation handelt. Die IRIS-Krankenhäuser stellen auf diese Weise eine soziale Gesundheitsversorgung sicher und decken somit den Bedarf der örtlichen Bevölkerung. Wie bereits im vorherigen Erwägungsgrund erklärt, ist nur ein Teil der Belastung, die durch diese Verpflichtung entsteht, (zum Beispiel mithilfe der Rückerstattung der Behandlungskosten durch die ÖSHZ) direkt gedeckt. Aus diesem Grund wird die verbleibende Belastung durch die Ausgleichszahlung gedeckt, die Gegenstand dieses Beschlusses ist.

II.   Verpflichtung, eine Krankenhausvollversorgung an mehreren Standorten anzubieten

(191)

Die belgischen Behörden sind der Auffassung, dass die IRIS-Krankenhäuser auch eine Sonderverpflichtung haben, eine komplette Krankenhausgrundversorgung an mehreren Standorten („Multisite“) in der Region Brüssel-Hauptstadt anzubieten. Nach Auffassung der Beschwerdeführer wisse man jedoch nicht genau, was unter der „Verpflichtung ein komplettes Angebot der Krankenhausgrundversorgung an mehreren Standorten“ zu verstehen sei, noch in welchem Maße diese Verpflichtung die IRIS-Krankenhäuser zusätzlich belaste. Die Beschwerdeführer behaupten jedoch nicht, dass die Brüsseler Privatkliniken eine solche Verpflichtung hätten.

(192)

Die Kommission stellt fest, dass das KhG den (öffentlichen oder privaten) Krankenhäusern keine Auflage macht, an mehreren Standorten aktiv zu sein. In der Krankenhausplanung ist jedoch die maximale Bettenkapazität der Krankenhäuser festgesetzt, die in jeder Region in Belgien zur Verfügung gestellt werden kann. In der Region Brüssel-Hauptstadt ist die Zahl der Betten der (allgemeinen) Krankenhäuser auf ungefähr 7 260 begrenzt und jedes Brüsseler Krankenhaus darf innerhalb dieser Grenze eine bestimmte Anzahl von Betten zur Verfügung stellen. Wenn die Kapazität eines Krankenhauses im Rahmen der Bedarfsplanung genehmigt wurde, kann das Krankenhaus frei entscheiden, ob es diese Betten an einem einzigen Standort zusammenlegen oder auf mehrere Standorte in der Region nach seinen Wünschen verteilen möchte. Es kann auch entscheiden, ob es bestimmte Dienste verdoppeln oder auf jedem Standort andere Behandlungen anbieten möchte. In diesem Zusammenhang haben sich einige Brüsseler Privatkliniken dafür entschieden, an mehreren Standorten aktiv zu sein, während andere sich auf einen Standort beschränkt haben (227). Die Privatkliniken können jedoch jederzeit entscheiden, ihre Betten und Dienstleistungen an einem Standort zusammenzulegen (228). Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Privatkliniken innerhalb der Grenzen der Bedarfsplanung (229) frei entscheiden können, welche Art von Behandlungen sie anbieten, wodurch sie die Möglichkeit bekommen, sich auf die Gesundheitspflege zu spezialisieren, die am rentabelsten ist (230).

Die Verpflichtung der IRIS-Krankenhäuser zum Angebot an mehreren Standorten

(193)

Die IRIS-Krankenhäuser, die Gemeinden und die ÖSHZ ziehen den Erhalt eines lokalen Versorgungsangebots einer Konzentration von Krankenhausbetten vor. Sie haben sich ausdrücklich für eine komplette Grundversorgung an allen Standorten entschieden, was zu zusätzlichen Kosten führt, da eine Verdopplung der Infrastruktur, Ausstattung und Tätigkeiten notwendig ist. Auf dieser Grundlage haben sich die ÖSHZ und die Gemeinden bei der Umstrukturierung der Brüsseler Krankenhäuser 1995 bewusst dafür entschieden, die bestehenden Krankenhausstrukturen an mehreren Standorten zu erhalten, die den Bedarf der Bevölkerung vor Ort mit einem kompletten Versorgungsangebot decken. Sie haben festgestellt, dass der medizinisch-soziale Bedarf, der zur Gründung der öffentlichen Krankenhäuser geführt hat, auch weiterhin vorhanden ist. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass sich die meisten Standorte der IRIS-Krankenhäuser in den ärmsten Gemeinden der Region Brüssel-Hauptstadt befinden (siehe auch Erwägungsgrund 202). Die staatlichen Stellen haben daher freiwillig auf die Effizienzgewinne verzichtet und rein finanzielle Interessen zurückgestellt und sich dafür entschieden, die bestehenden Standorte zu erhalten, obwohl sie wussten, dass die Kosten der Krankenhäuser (zum Beispiel die Verdopplung der Infrastruktur und die Betriebskosten) nicht komplett durch die föderalen Finanzierungsmaßnahmen der Krankenhäuser gedeckt sind (siehe auch Erwägungsgrund 203). Diese Entscheidung wurde in den IRIS-Strategieplänen bestätigt und verpflichtet die IRIS-Krankenhäuser daher, alle Standorte der Krankenhäuser zu erhalten, um den Patienten eine Grundversorgung im Nahbereich ihres Wohnsitzes anzubieten.

(194)

Insbesondere im Abschnitt „Strukturierende Achsen“ des IRIS-Strategieplans 1996-2001 heißt es wie folgt:

„Erhalt einer dezentralen Krankenhausversorgung und einer breiten Abdeckung des ambulanten Pflegedienstes. Die Versorgung wird an neun Standorten aufrechterhalten.  (231)  (232)

[…]

Erhalt der Grundversorgung an neun verschiedenen Standorten. Die Patienten, insbesondere ältere Patienten, können auf diese Weise ihre Behandlung in angemessener Distanz zu ihrem Wohnsitz fortsetzen.“  (233)

(195)

Im Strategieplan 1996-2001 wird auch betont, dass die IRIS-Krankenhäuser hauptsächlich Patienten behandeln, die in unmittelbarer Nähe wohnen und daher als „Nahversorgungskrankenhäuser“ bezeichnet werden (234). Zudem möchten die IRIS-Krankenhäuser „[ihre] Dienstleistungen entsprechend dem Bedarf der Brüsseler Bevölkerung erhöhen, […] und [ihren] Zugang für alle Bevölkerungsschichten erleichtern, insbesondere für die Benachteiligten“ (235).

(196)

Im Strategieplan 2002-2014 wird Folgendes ergänzend hinzugefügt:

„Der IRIS-Dachverband ist grundsätzlich eine patientenorientierte Organisation mit einem öffentlichen Netzwerk von Einrichtungen, die untereinander zusammenarbeiten, um ein spezialisiertes Versorgungsangebot im Nahbereich zu gewährleisten.“  (236)

(197)

Bezüglich der Versorgung im Nahbereich heißt es in diesem Strategieplan weiter:

„Unter Berücksichtigung der geografischen Verteilung der IRIS-Standorte und der flächendeckenden Versorgung der breiten Bevölkerung, manchmal auf Kosten sozialer Aspekte, besteht das wichtigste Ziel darin, an jedem Standort eine bürgernahe ärztliche Versorgung von hoher Qualität und Leistung anzubieten, die allen zugänglich ist.

Die IRIS-Krankenhäuser — mit Ausnahme des Bordet-Instituts und des Kinderkrankenhauses [HUDERF], (237) bei denen es sich um Referenzkrankenhäuser handelt, die auf einen Bereich spezialisiert sind — sollen vor allem eine bürgernahe ärztliche Versorgung anbieten, die den örtlichen Bedarf der Patienten in den Nachbargemeinden deckt. “  (238)

(198)

Im Strategieplan IRIS 2002-2014 ist auch festgelegt, dass die IRIS-Krankenhäuser neben der bürgernahen Grundversorgung eine fachärztliche Betreuung anbieten (anders gesagt, ein breiteres oder besser entwickeltes Versorgungsangebot (239)). Diese Dienstleistung wird jedoch nicht an allen (in der Regel jedoch an mehreren) Standorten angeboten und ist Gegenstand der Bedarfsplanung des IRIS-Netzes (240). Das Ziel besteht immer darin, der Brüsseler Bevölkerung einen allgemeinen Zugang zu einem optimalen Versorgungsangebot (mithilfe einer bürgernahen ärztlichen oder fachärztlichen Versorgung) zu ermöglichen (241). In diesem Strategieplan sind auch detaillierte Tabellen enthalten, in denen die Art der Grundversorgung und der fachärztlichen Versorgung an jedem Standort der IRIS-Krankenhäuser aufgeführt ist. Die Grundversorgung wird als „Versorgungsstufe 1 — bürgernahe Stufe“ bezeichnet, während die fachliche Spezialisierung in „Versorgungsstufe 2 — fachärztliche Versorgung“ und „Versorgungsstufe 3 — Referenzstufe“ untergliedert ist (242). Die IRIS-Krankenhäuser wissen daher sehr genau, welche Art von Versorgung sie an jedem der Standorte erbringen müssen.

(199)

Um sicherzustellen, dass sich jedes IRIS-Krankenhaus über den medizinisch-sozialen Bedarf der lokalen Bevölkerung bewusst ist und entsprechend verwaltet wird, wurde die Gründung der IRIS-Krankenhäuser zudem ausdrücklich an den Erhalt einer „Basis vor Ort“ für öffentliche Gesundheitsleistungen gekoppelt. Dies verdeutlicht die Umstrukturierungsvereinbarung, die durch die Kooperationsvereinbarung vom 19. Mai 1994 (243) sowie die Zusammensetzung der Geschäftsführungsorgane der IRIS-Krankenhäuser bestätigt wird (244). Nach Artikel 11 der Statuten wird die Mehrheit der Mitglieder der Generalversammlung der IRIS-Krankenhausvereinigungen durch den Gemeinderat und den Sozialhilferat (auf kommunaler Ebene) gewählt, während der Bürgermeister und der Präsident des ÖSHZ zu Mitgliedern von Amts wegen ernannt werden. Ebenso werden 10 der 14 Mitglieder des Vorstands durch Mitglieder der Delegation der öffentlichen Hand in der Generalversammlung ernannt (wie in Artikel 27 der Statuten vorgeschrieben).

(200)

Die Absicht, die IRIS-Krankenhäuser in Abhängigkeit des medizinisch-sozialen Bedarfs der Bevölkerung vor Ort zu verwalten, wurde durch die Versammlung des Vorstands des IRIS-Netzes vom 20. November 1996 bestätigt, in der eine Änderung des Strategieplans 1996-2001 verabschiedet wurde, die wie folgt lautet:

„Diese Gesamtheit der Verpflichtungen, für die eine Umstrukturierung erforderlich ist, müssen in den breiteren Rahmen unserer strategischen Ziele integriert werden. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Das IRIS-Netz der öffentlichen Krankenhäuser muss im Mittelpunkt der zukünftigen Entwicklung des Brüsseler Gesundheitswesens stehen;

Unsere Krankenhäuser müssen sich dem sich ändernden Bedarf der Brüsseler Bevölkerung anpassen;

Bei der Umstrukturierung des Netzes muss der Kranke im Mittelpunkt stehen;

Die Modernisierung des Netzes muss auf neuen Impulsen der Krankenhausgemeinschaft im Allgemeinen und der Ärzteschaft im Besonderen beruhen.“

(201)

In dieser Änderung wird Folgendes hinzugefügt:

„In diesem Zusammenhang hat die Umstrukturierung folgendes Ziel:

die Fortsetzung der medizinischen Behandlung und Betreuung an jedem Krankenhausstandort, in Übereinstimmung mit unserer Aufgabe der bürgernahen ärztlichen Versorgung;

die Erreichung eines finanziellen Gleichgewichts;

eine harmonische Entwicklung des Netzes mit einem Gleichgewicht zwischen dem Interesse der Gemeinschaft und dem Interesse des Einzelnen in jeder dieser Einrichtungen;

die Intensivierung der Koordination und Kooperation zwischen den Einrichtungen des Netzes;

die Zugänglichkeit des Netzes und der Erhalt des öffentlichen Charakters;

[…]“  (245)

Die Verpflichtung zu mehreren Standorten der IRIS-Krankenhäuser, eine echte Gemeinwohlverpflichtung (DAWI)

(202)

Die Kommission hat auch das Argument der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Sache untersucht, über die das Gericht (siehe Abschnitt 4.2) ein Urteil gefällt hat, dem zufolge der Bedarf der Gesundheitsversorgung im Nahbereich angesichts der großen Zahl der öffentlichen und privaten Krankenhäuser in der Region Brüssel-Hauptstadt zu berücksichtigen sei. Wie bereits oben erklärt, ist die maximale Bettenzahl der allgemeinen Krankenhäuser in der Region Brüssel-Hauptstadt nach der Bedarfsplanung auf 7 260 festgesetzt, um ein Überangebot an ärztlichen Dienstleistungen zu vermeiden. Diese Bettenzahl wird von den öffentlichen und den privaten Krankenhäusern zusammen zur Verfügung gestellt, um den Bedarf an Krankenhausbehandlungen in der Region Brüssel-Hauptstadt zu decken. In der Krankenhausplanung wird jedoch nur der medizinische Bedarf auf regionaler Ebene berücksichtigt und weder die sozialen Bedürfnisse einer bestimmten Bevölkerungsgruppe noch die besondere soziale Situation einer geografischen Region in Betracht bezogen. Diese sozialen Bedürfnisse werden im Rahmen einer Politik der sozialen Unterstützung durch das ÖSHZ (anders gesagt, auf kommunaler Ebene) beurteilt. Die Vorgänger der IRIS-Krankenhäuser wurden errichtet, um den sozialen Bedürfnissen nachzukommen, und nach der Umstrukturierung wurden die verschiedenen IRIS-Standorte beibehalten, weil sie weiterhin einen echten sozialen Bedarf decken (siehe Erwägungsgründe 82 bis 84 und 91). Gerade weil die IRIS-Krankenhäuser die Gemeinwohldienste der sozialen Gesundheitsfürsorge erbringen, besteht auch eine Notwendigkeit und eine Verpflichtung zu mehreren Standorten. Für mittellose Einwohner in der Region Brüssel-Hauptstadt ist es nicht nur wichtig, dass sie ein Krankenhaus in der Nähe ihres Wohnsitzes aufsuchen können, sondern auch, dass man sicher ist, behandelt zu werden, auch wenn man nicht in der Lage ist zu bezahlen und die Hilfe der Sozialdienste in Anspruch nehmen kann. Die Region Brüssel-Hauptstadt und die ÖSHZ zwingen die IRIS-Krankenhäuser, ihre verschiedenen Standorte beizubehalten, damit sie die soziale Gesundheitsversorgung so nah wie möglich an dem Ort gewährleisten können, an dem ein Bedarf vorhanden ist. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass sich zehn der elf Standorte der IRIS-Krankenhäuser in Gemeinden befinden, in denen das durchschnittliche Einkommen nicht über dem Medianeinkommen (246) der Region Brüssel-Hauptstadt liegt. Fünf von elf Standorten der Privatkliniken liegen hingegen in Gemeinden, wo das mittlere Einkommen über diesem Medianeinkommen anzusetzen ist (247). Wie aus der Karte unten hervorgeht, (248) (siehe Schaubild 3), scheint es keine bedeutende geografische Überschneidung zwischen den öffentlichen Krankenhäusern (Kreise mit gepunkteter Linie) und den allgemeinen und universitären Privatkliniken (Kreise mit durchgezogener Linie) in der Region Brüssel-Hauptstadt zu geben Dies lässt darauf schließen, dass die große Zahl von Krankenhäusern, die in der Region Brüssel-Hauptstadt in Betrieb ist, allein nicht gewährleistet, dass alle Einwohner Zugang zu Krankenhausbehandlungen haben. Des Weiteren sind die IRIS-Krankenhäuser, wie bereits oben erklärt, die einzigen Krankenhäuser in der Region Brüssel-Hauptstadt, die Gemeinwohldienstleistungen der sozialen Gesundheitsfürsorge erbringen, und die Privatkliniken können daher nicht als gleichwertig angesehen werden, wenn es darum geht, den sozialen Bedarf der Bevölkerung vor Ort zu decken. Wenn die Kommission die oben ausgeführten Überlegungen in Betracht zieht, kommt sie zu dem Ergebnis, dass die Präsenz von mehreren Privatkliniken in der Region Brüssel-Hauptstadt kein Grund dafür ist, in Zweifel zu ziehen, dass es sich bei der Verpflichtung, mehrere Standorte zu betreiben, um eine echte Gemeinwohlverpflichtung (DAWI) handelt, die den IRIS-Krankenhäusern obliegt und nicht den Brüsseler Privatkliniken, insbesondere im Lichte der Gemeinwohlverpflichtung der sozialen Gesundheitsfürsorge.

Schaubild 3

Karten der Krankenhaus-Standorte in der Region Brüssel-Hauptstadt

Image 5

Hôpitaux généraux

Hôpitaux à caractère universitaire

Hôpitaux universitaires

Hôpitaux gériatriques et spécialisés

Hôpitaux spécialisés

Hôpitaux psihiatriques

Implantations hospitalières

Praktische Auswirkung der Verpflichtung der IRIS-Krankenhäuser zu vielen Standorten

(203)

Die Verpflichtung zu mehreren Standorten kann für die IRIS-Krankenhäuser auch als Belastung betrachtet werden, denn das bedeutet, dass einige Infrastrukturen verdoppelt werden müssen, was mit höheren Betriebskosten verbunden ist. Die Kosten hängen in der Hauptsache damit zusammen, dass jeder Standort mit Fachabteilungen, wie Notfallaufnahme, Abteilung für Sterilgutaufbereitung, Überwachungs- und Sicherheitsdienst und der eigenen Verwaltung ausgestattet werden muss. Faktisch wird die Finanzierung des Finanzmittelhaushalts (BMF) (siehe Erwägungsgrund 46 Buchstabe a) nur für eine einzige solche Abteilung für jedes Krankenhaus gewährt, unabhängig von der Zahl der Standorte dieses Krankenhauses. Die Betriebskosten der verschiedenen Standorte (Wartung, Heizung, Reinigung etc.) kommen zu den Infrastruktur- und Ausrüstungskosten hinzu. Einer Studie zufolge, die vom IRIS-Dachverband im Jahr 2009 durchgeführt wurde, belaufen sich die Kosten für die Verpflichtung zu mehreren Standorten, die nicht vom Finanzmittelhaushalt gedeckt sind, auf […] Mio. EUR im Jahre 2008 und auf […] Mio. EUR im Jahre 2009 für die fünf IRIS-Krankenhäuser zusammen.

Ergebnis bezüglich der Verpflichtung der IRIS-Krankenhäuser zu mehreren Standorten

(204)

Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass die IRIS-Krankenhäuser aufgrund der Strategiepläne des IRIS-Dachverbands die eindeutige Verpflichtung haben 1. alle ihre Standorte beizubehalten, um den jeweiligen medizinisch-sozialen Bedarf der lokalen Bevölkerung zu decken und 2. eine komplette Grundversorgung an allen diesen Standorten anzubieten. Im Strategieplan des IRIS-Dachverbands sind insbesondere die Tätigkeiten festgelegt, die als Grundversorgung und als fachärztliche Versorgung betrachtet werden und in dem für jedes IRIS-Krankenhaus angegeben ist, welche Art von Behandlung anzubieten ist. Des Weiteren ist über die Bestimmungen in den Statuten der IRIS-Krankenhäuser und das ÖSHZ-Gesetz gewährleistet, dass sich die IRIS-Krankenhäuser des medizinisch-sozialen Bedarfs der lokalen Bevölkerung bewusst sind und entsprechend verwaltet werden. Außerdem geht die Verpflichtung zu mehreren Standorten über die Anforderungen des KhG und die Krankenhausplanung hinaus, denn in dieser sind weder die sozialen Bedürfnisse einer bestimmten Bevölkerungsgruppe noch die besondere soziale Lage in einer bestimmten geografischen Gegend berücksichtigt. Die Privatkliniken sind weder verpflichtet, an mehreren Standorten vertreten zu sein, noch eine komplette Grundversorgung an jedem Standort anzubieten (wenn sie sich für mehrere Standorte entscheiden). Abschließend führt die Verpflichtung zu mehreren Standorten, wie im vorhergehenden Erwägungsgrund erklärt, zu nicht unerheblichen Kosten für die IRIS-Krankenhäuser, die nicht durch den Finanzmittelhaushalt gedeckt sind und die daher zum Defizit der IRIS-Krankenhäuser beitragen.

III.   Verpflichtung zur Erbringung umfangreicher Sozialdienste

(205)

Schließlich sind die belgischen Behörden der Auffassung, dass die IRIS-Krankenhäuser die Verpflichtung hätten, für Patienten und ihre Familien umfangreiche Sozialdienste zu erbringen. Die Beschwerdeführer scheinen darunter die Verpflichtung zu verstehen, nur vom Umfang her mehr Sozialdienste anzubieten als andere Krankenhäuser. In diesem Zusammenhang wird bekräftigt, dass weder nach dem KhG noch nach den Zulassungsbedingungen für Krankenhäuser (auf der Grundlage des Königlichen Erlasses vom 23. Oktober 1964) die allgemeine Verpflichtung besteht, Sozialdienste in einem Krankenhaus zu erbringen. Nur für bestimmte Krankenhausdienste (in geriatrischen und psychiatrischen Abteilungen (249)) gibt es einzelne Vorschriften, nach denen der Einsatz von Sozialarbeitern vorgesehen ist. Zudem ist nach einer speziellen Regel für Universitätskliniken die Anwesenheit eines Sozialarbeiters erst bei 2 000 Einweisungen erforderlich (250). Außerhalb dieser besonderen Umstände haben die Privatkliniken ihren Patienten gegenüber keine Verpflichtung zur Erbringung von Sozialdiensten. Die IRIS-Krankenhäuser hingegen sind auf der Grundlage der Strategiepläne des IRIS-Dachverbands dazu verpflichtet, Sozialdienste zur Verfügung zu stellen, die allen Patienten die Hilfe leisten, die sie benötigen.

Die Verpflichtung der IRIS-Krankenhäuser zu umfangreichen Sozialdiensten

(206)

Im Strategieplan des IRIS-Dachverbands 1996-2001 ist der allgemeine Kontext für die ganzheitliche Patientenbetreuung in den IRIS-Krankenhäusern dargelegt, einschließlich psychosozialer Aspekte und Umweltfaktoren:

„Ganzheitliche Betreuung der Patienten: Der Patient kann nicht auf die Krankheit reduziert werden, für die er eine Behandlung benötigt. Insbesondere für bestimmte Patientengruppen ist eine ganzheitliche Betreuung erforderlich, sowohl unter rein medizinischen Gesichtspunkten, als auch aufgrund von psychosozialen Aspekten und Umweltfaktoren: Es handelt sich um Geriatrie-Patienten, Pädiatrie-Patienten, Patienten im Endstadium, Psychiatrie-Patienten, sozial benachteiligte Patienten etc.“  (251)

(207)

Die Rolle der Sozialdienste und ihre spezifischen Aufgaben werden detailliert in diesem Plan beschrieben:

Die [IRIS-]Krankenhäuser müssen über Sozialdienste verfügen, deren Hauptrolle darin besteht, zum Wohlbefinden des Patienten, der medizinischen Qualität und dem optimalen Betrieb der Institution beizutragen. Der Sozialdienst arbeitet mit dem leitenden Beamten zusammen und ist ein Partner aller Abteilungen des Krankenhauses. Er ist verantwortlich für die Humanisierung der Aufenthaltsbedingungen [der Patienten im Krankenhaus]. Er muss sich um die Schwierigkeiten sozialer Art des Patienten kümmern, idealerweise vor, aber auch während des Aufenthaltes und bei der Entlassung. Er ist der Bezugspunkt zwischen dem Patienten, dem Krankenhaus, seiner Familie und seiner Umgebung. Er hat folgende Aufgaben:

Er muss über die Zeit und die Fachkenntnisse verfügen, um die Bedürfnisse des Patienten mit ihm, seinem Umfeld und den Betreuungsteams einzuschätzen und mit ihm geeignete Antworten zu erarbeiten;

Er muss Zugang zu den Einweisungs- und Patientenakten haben, in die er soziale Daten eingeben kann, die zur Qualität der Behandlung beitragen;

Er muss rechtzeitig über das Datum der Überweisung oder Entlassung informiert werden, um die notwendigen Vorschriften umzusetzen;

Er muss seine Meinung zum Zustand der Patienten abgeben, die komplexe Profile und Pathologien haben;

Er muss, zusammen mit den finanziellen Diensten, gesetzliche Mechanismen einrichten, wobei seine Arbeit durch die patientenorientierte Berufsethik in allen sozialen Aspekten bestimmt wird;

Er muss die Koordination mit den ÖSHZ sicherstellen;

Er muss die sozialen und gesundheitlichen Netzwerke kennen;

Er muss Vorschläge zur Verbesserung des Krankenhausbetriebs einreichen;

Er muss über eine Infrastruktur verfügen, welche die Vertraulichkeit des Austausches und der Daten gewährleistet.

Die öffentlichen Krankenhäuser sind zur sozial-medizinischen Aufgabe berufen, d. h. sie üben eine Koordinationsfunktion zwischen den verschiedenen Stellen im Gesundheitswesen aus, sie nehmen an einem gesundheitlichen und sozialen Netzwerken teil bzw. rufen solche Netzwerke ins Leben, sie nehmen direkt an der Schaffung von damit zusammenhängenden Diensten der IRIS-Krankenhäuser teil, die notwendig sind, um den Bedarf der Bevölkerung zu decken (Hotels mit Pflegediensten, Familienhotels, palliative Dienste zu Hause, Strukturen für die Aufnahme von Drogenabhängigen und Obdachlosen, häusliche Pflegedienste …). Sie nehmen die Akkreditierung der Einrichtungen vor, mit denen sie zusammenarbeiten.“  (252)

(208)

Nach dem Strategieplan kann der Sozialdienst auch eine wichtige Rolle bei der Einweisung der Patienten spielen:

„Die Aufnahme wird immer anders angegangen, je nachdem, ob der Patient in der Notaufnahme, in der Sprechstunde oder in der Einweisungsabteilung ankommt; in der Aufnahme muss dem Patienten in jedem Fall Diskretion zugesichert werden, er muss sich wohlfühlen und seine Bedenken und die seiner Familie müssen so gut wie möglich ausgeräumt werden. Die Sozialdienste unserer Krankenhäuser spielen in dieser Hinsicht eine wesentliche Rolle. “  (253)

(209)

Der Strategieplan des IRIS-Verbands 2002-2014 hat folgenden Wortlaut:

„Der Sozialdienst ist im öffentlichen Krankenhaus sowohl für ambulante als auch für stationäre Patienten unerlässlich. Er besteht darin, dem Patienten und seiner Familie zu helfen, administrative, finanzielle, soziale und zwischenmenschliche Probleme zu lösen, die mit dem Krankheitszustand, dem Aufenthalt und der Behandlung im Krankenhaus zusammenhängen, und neue Perspektiven aufzuzeigen und Situationen zu handhaben.

Die Aufgaben des Sozialdienstes sind folgende:

Er begleitet die Patienten in ihrer Selbstständigkeit und Unabhängigkeit;

Er achtet auf die globale Integration der Normen, Werte und Kultur des Patienten, er unterstützt bei der administrativen und psychosozialen Begleitung, der Information, Prävention, Sensibilisierung, Mitarbeit und Koordination. Der Sozialdienst spielt daher eine Rolle auf unterschiedlichen Ebenen, je nachdem, ob der Patient eine soziomaterielle, sozioadministrative oder psychosoziale Hilfe benötigt;

Dafür sind theoretisches und praktisches „Savoir-faire“(Know-how) und „Savoir être“ (Verhaltenskompetenz, Soft Skills) erforderlich sowie menschliche Qualitäten und soziale Kompetenzen.

[…]

Zusammenfassend sind die Aufgaben im Sozialdienst vielfältig:

Er muss die Eingliederung des Patienten in das Krankenhaus sicherstellen und die Entlassung zu den besten Bedingungen in einen geeigneten Lebensraum vorbereiten.

Er muss dem Patienten helfen, eine soziale Absicherung wiederzuerlangen, mit der er die Gesundheitskosten decken kann.

Hierbei verfolgen der Sozialdienst und alle Sozialarbeiter die gleichen Ziele und Interessen, damit das Krankenhaus und die spezifische Tätigkeit sich positiv auf die Verkürzung der Verweildauer im Krankenhaus und die Deckung der entstandenen Krankenhauskosten auswirkt. “  (254)

(210)

Die Rolle des Sozialdienstes bei der Deckung der Behandlungskosten durch die ÖSHZ (siehe auch Erwägungsgrund 187) ist auch im Text des IRIS-Strategieplans 2002-2014 bestätigt. In diesem wird insbesondere betont, dass zu den Aufgaben der Sozialdienste die Vorbereitung der Sozialerhebungen bezüglich der Zahlungsfähigkeit der Patienten gehört:

„Der Sozialdienst erstellt eine computergestützte Sozialakte, unter welcher die Patienten im [IRIS-]Netz abrufbar sein müssen. Er führt Erhebungen über die Zahlungsfähigkeit [der Patienten] durch, er füllt die „V“-Codes des RCM (255) aus und erledigt andere vorgeschriebene Aufzeichnungen. Diese [soziale] Akte wird sobald wie möglich zur Patientenakte und den zentralen IT-Systemen hinzugefügt. Diese Erfassung der Sozialakte muss einen Überblick über die Sozialaufgaben der öffentlichen [IRIS-]Krankenhäuser vermitteln können.“  (256)

(211)

Diese Aufgaben beinhalten die Sammlung von Informationen, die für die „Sozialerhebungen“ erforderlich sind, um zu entscheiden, ob die Patienten die Bedingungen erfüllen, damit ihre Arztkosten von einem ÖSHZ gedeckt werden (siehe auch Erwägungsgründe 187-188). Genauer gesagt sammeln die Sozialarbeiter des Krankenhauses zweckmäßige Informationen (257), damit die ÖSHZ, entsprechend ihrer rechtlichen Verpflichtungen (258), die Bedürftigkeit eines Patienten überprüfen und somit entscheiden können, ob eine Rückerstattung durch ein ÖSHZ gerechtfertigt ist.

Praktische Auswirkung der Verpflichtung der IRIS-Krankenhäuser zur Erbringung sozialer Dienstleistungen

(212)

Die Mitarbeiter der Sozialdienste der IRIS-Krankenhäuser sind fachlich ausgebildet und befolgen einen berufsethischen Kodex unter Berücksichtigung ihrer Vermittlerrolle, die sie zwischen den unterschiedlichen Abteilungen des Krankenhauses (vor allem Ärzten, Krankenschwestern und -pflegern, Fakturierung und Einweisungen) oder außerhalb des Krankenhauses einnehmen (zum Beispiel bei der Deckung durch die Sozialversicherung, der häuslichen Pflege und Unterstützung, sprachlichen und kulturellen Aspekten).

(213)

Zum Kostenvergleich dieser Sozialdienste hat das IRIS-Netz die realen Kosten der Sozialarbeiter, die in den IRIS-Krankenhäusern angestellt sind, mit einem angemessenen Niveau von einem Sozialarbeiter je 2 000 Einweisungen (d. h. der Verpflichtung, die für Universitätskliniken gilt) verglichen. Diese Analyse zeigt, dass in den fünf IRIS-Krankenhäusern 81,1 Sozialarbeiter angestellt sind (259), während sie nach angemessenem Niveau nur 36,7 hätten. Die Differenz beträgt 44,4, was bedeutet, dass die IRIS-Krankenhäuser doppelt so viele Sozialarbeiter beschäftigen wie nach den Vorschriften für Universitätskliniken vorgesehen sind. Dies zeigt, dass die IRIS-Krankenhäuser, nach den Anforderungen der Strategiepläne, verpflichtet sind, ein breiteres Spektrum an Sozialarbeitern (zum Beispiel für die Abteilung Geriatrie oder Psychiatrie) als das Mindestangebot der nicht universitären (öffentlichen oder privaten) Krankenhäuser anzubieten. Die Tatsache, dass die nicht universitären Brüsseler Privatkliniken auch Sozialarbeiter beschäftigen, lässt sich eher mit dieser Mindestanforderung erklären, als dass es eine allgemeine Verpflichtung gäbe, für ihre Patienten Sozialdienste zu erbringen. Wie oben nachgewiesen ist, gehen die IRIS-Krankenhäuser über die Mindestanforderung eines Sozialarbeiters für 2 000 Einweisungen hinaus, die auf Universitätskliniken in Belgien anwendbar ist. Folglich entstehen nicht finanzierte Kosten aus den Sozialdiensten der IRIS-Krankenhäuser, die sich auf […] Mio. EUR im Jahr 2010 belaufen (260). Die Verpflichtung zur Erbringung von umfangreichen Sozialdienstleistungen stellt somit eine bedeutende Belastung für die IRIS-Krankenhäuser dar, welche die Brüsseler Privatkliniken nicht tragen müssen.

Ergebnis bezüglich der Verpflichtung der IRIS-Krankenhäuser, umfangreiche Sozialdienste zu erbringen

(214)

Wenn sie die obigen Ausführungen in Betracht zieht, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die IRIS-Krankenhäuser, im Gegensatz zu den Brüsseler Privatkliniken, die Verpflichtung haben, gut entwickelte Sozialdienste zu unterhalten, die den Patienten und ihren Familien bei administrativen, finanziellen und sozialen Schwierigkeiten und Beziehungsproblemen Hilfe anbieten. Diese Verpflichtung ist in den IRIS-Strategieplänen festgelegt, die den IRIS-Krankenhäusern diese Verpflichtung auferlegen. Das Bestehen dieser Verpflichtung zu umfangreichen Sozialdiensten schlägt sich in der großen Zahl von Sozialarbeitern nieder, welche in den IRIS-Krankenhäusern beschäftigt sind, die weit über den Zahlen anderer belgischer Krankenhäuser liegt. Die Sozialdienste der IRIS-Krankenhäuser haben vor allem die Aufgabe, sich mit den oben genannten Schwierigkeiten der Patienten auseinander zu setzen, nicht nur während des Aufenthalts, sondern auch bei der Entlassung der Patienten aus dem Krankenhaus, den Patienten zu helfen, sozialversichert zu werden, damit sie die Kosten für die ärztliche Behandlung zahlen können, die Sozialerhebungen durchzuführen, und Informationen mit den anderen Abteilungen des Krankenhauses sowie mit den ÖSHZ auszutauschen. Diese Verpflichtung und die Belastung, die sie darstellt, ist eng mit den anderen Verpflichtungen verbunden, welche die Gemeinwohldienste der sozialen Gesundheitsfürsorge ausmachen (siehe Erwägungsgrund 167). Gerade weil die IRIS-Krankenhäuser die Verpflichtung haben, alle ihre Patienten unter allen Umständen zu behandeln, unabhängig von ihrer Zahlungsfähigkeit, stehen sie einem erhöhten Bedarf an Sozialarbeitern gegenüber. Es sind gerade die mittellosen Patienten und ihre Familien, welche die zusätzlichen Sozialdienste benötigen, und für diese Patienten muss eine Sozialerhebung durchgeführt werden. Weil die IRIS-Krankenhäuser im Übrigen die Verpflichtung haben, mehrere Standorte zu erhalten, ist die Zahl der Sozialarbeiter höher als die Zahl, die man vernünftigerweise erwarten kann (d. h. ein Sozialarbeiter pro 2 000 Einweisungen, siehe Erwägungsgrund 213).

IV.   Ergebnis bezüglich der Zusatzverpflichtungen

(215)

Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass die IRIS-Krankenhäuser Gemeinwohlaufgaben im Bereich der sozialen Gesundheitsfürsorge erfüllen, die über ihre Aufgabe der Grundversorgung hinaus die Verpflichtung beinhalten, 1. jeden Patient unter allen Umständen (auch außerhalb von Notfallsituationen) zu behandeln, unabhängig davon, ob der Patient für seine Behandlung bezahlen kann, 2. ein komplettes Angebot an Grundversorgungsleistungen an mehreren Standorten anzubieten und 3. die ärztliche Versorgung durch eine umfangreiche Hilfe zu ergänzen, die durch ihre gut entwickelten Sozialdienste gewährleistet wird. Durch diese Kombination von Verpflichtungen ist sichergestellt, dass der besondere soziale Bedarf der Brüsseler Bevölkerung im Bereich der Krankenhausversorgung gedeckt ist und hochwertige Gesundheitsleistungen in Krankenhäusern für alle und insbesondere bedürftige Personen zugänglich sind. Keine dieser zusätzlichen Verpflichtungen gilt für die Brüsseler Privatkliniken, die nur die grundlegende Krankenhausaufgabe nach dem KhG erfüllen müssen. Die Gemeinwohlaufgabe der sozialen Gesundheitsfürsorge wird daher nur von den IRIS-Krankenhäusern erfüllt, denn es sind die einzigen, die strengere und umfangreichere Auflagen zusätzlich zu den Mindestanforderungen (d. h. der grundlegenden Krankenhausaufgabe) erfüllen müssen, die für alle Krankenhäuser in Belgien nach dem KhG gelten. Die Erbringung von Gemeinwohldienstleistungen der sozialen Gesundheitsfürsorge ist mit beträchtlichen Kosten für die IRIS-Krankenhäuser verbunden, die nicht oder nur teilweise durch die Finanzierungsquellen der Gemeinden zugunsten der öffentlichen und privaten Krankenhäuser gedeckt sind und die folglich zu den Defiziten führen, die von den IRIS-Krankenhäusern gemeldet werden. Um den Fortbestand ihrer öffentlichen Krankenhäuser zu gewährleisten, müssen die ÖSHZ und die jeweiligen Brüsseler Gemeinden die Defizite der IRIS-Krankenhäuser ausgleichen, wie es in den nachfolgenden Punkten 7.3.4.4 und 7.3.5 aufgeführt ist.

7.3.4.2.   Das betraute Unternehmen und, ggf., das betreffende Gebiet

(216)

Jedes IRIS-Krankenhaus verfügt über seine eigene Satzung, in welcher der Zweck des jeweiligen Krankenhauses näher bestimmt ist, und die Strategiepläne des IRIS-Dachverbands gelten für alle fünf IRIS-Krankenhäuser. Darüber hinaus haben die IRIS-Krankenhäuser, wie alle belgischen Krankenhäuser, eine individuelle Genehmigung erhalten, die sie benötigen, damit sie ihre Ansprüche auf weitere Arten der staatlichen Finanzierung geltend machen können (wie den Finanzmittelhaushalt). In diesen Betrauungsakten ist nicht vorgegeben, auf welchem Gebiet die Gemeinwohldienste zu erbringen sind.

7.3.4.3.   Ausschließliche oder besondere Rechte

(217)

Die IRIS-Krankenhäuser haben keine ausschließlichen oder besonderen Rechte.

7.3.4.4.   Der Ausgleichsmechanismus

(218)

Der Mechanismus für den Defizitausgleich ist in allen fünf IRIS-Krankenhäusern in Artikel 46 der Statuten beschrieben. In diesem Artikel heißt es derzeit wörtlich (siehe auch Fußnote 48):

„Unbeschadet des Artikels einhundertneun [des KhG] wird das Ergebnis des Geschäftsjahres mit wenigstens einem Fünftel der gesamten Stimmen in der Generalversammlung durch Beschluss der Generalversammlung unter den Gesellschaftern aufgeteilt.“

(219)

Aus Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser geht eindeutig Folgendes hervor:

Dieser Defizitausgleich erfolgt unbeschadet eines Mechanismus, der in Artikel 109 KhG (derzeit Artikel 125 KhG in der Version des Gesetzes vom 10. Juli 2008) vorgesehen ist, demzufolge die Gemeinden das Defizit ihres öffentlichen Krankenhauses, mit Ausnahme einiger Aufgabenbereiche, decken (261). Wie jedoch nachfolgend erklärt wird (siehe Erwägungsgrund 235), hat der Defizitausgleich nach Artikel 109 im vorliegenden Fall keine reale Auswirkung, da die IRIS-Krankenhäuser der Gemeinde diese Beträge sofort nach Erhalt erstatten;

Das Ergebnis, das auszugleichen ist, erscheint in der Rechnungslegung des Krankenhauses (es geht um das Rechnungsdefizit des Krankenhauses in seiner Gesamtheit, in dem auch das Ergebnis der Nebenaufgaben des IRIS-Krankenhauses eingeschlossen ist, siehe auch Erwägungsgrund 41). Im Gegensatz zu Artikel 109 KhG, sind in Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser keine Aufgabenbereiche vom Defizit ausgeschlossen. Allerdings ist auch klar, dass der Ausgleich nicht über den Betrag des Rechnungsdefizits hinausgehen kann, da er auf das Ergebnis des Geschäftsjahres beschränkt ist.

Nur die Gesellschafter, die über ein Fünftel der Stimmen in der Generalversammlung verfügen, sind verpflichtet, zur Defizitdeckung beizutragen. In der Praxis bedeutet das, dass nur die Gemeinden und die ÖSHZ für die Deckung sorgen müssen (262).

(220)

Da die IRIS-Krankenhäuser nur Gemeinwohldienstleistungen und Nebenaufgaben erbringen, ist in Artikel 46 der Statuten eines jeden IRIS-Krankenhauses ein eindeutiger Ausgleichsmechanismus vorgesehen, demzufolge das Ergebnis des Geschäftsjahres (ohne Ausnahme) zu decken ist. Das Ergebnis wird auf der Basis von eindeutigen Rechnungslegungsgrundsätzen festgelegt, die für öffentliche und private Krankenhäuser in Belgien gleichermaßen gelten. Zudem ist jedes Krankenhaus (nach Artikel 80 bis 85 KhG) dazu verpflichtet, einen unabhängigen Rechnungsprüfer zu ernennen, der die Konten und die Ergebnisse prüft (siehe Erwägungsgrund 49).

(221)

Mit der Verpflichtung, das gesamte Defizit des IRIS-Krankenhauses zu decken, geht der Artikel 46 der Statuten über die Mindestanforderung nach Artikel 109 KhG hinaus. Der Grund für die gesamte Defizitdeckung für die Gemeinwohlaufgaben und Nebenaufgaben (263) liegt darin, dass die lokalen Brüsseler Behörden zu jedem Zeitpunkt den Fortbestand und die Tragfähigkeit der IRIS-Krankenhäuser (siehe Erwägungsgrund 91) sicherstellen möchten. Artikel 46 steht auch in Einklang mit Artikel 61 des ÖSHZ-Gesetzes, der wie folgt lautet:

„Das Zentrum kann auf die Mitarbeit von Personen, Einrichtungen oder Dienstleistungen zurückgreifen, die entweder durch staatliche Stellen oder auf Privatinitiative entstanden sind und über die notwendigen Mittel verfügen, um die verschiedenen Lösungen umzusetzen, die sich anbieten, wobei der Betreffende frei entscheiden kann.

Das Zentrum kann die eventuell anfallenden Kosten dieser Zusammenarbeit übernehmen, wenn sie nicht anderweitig durch ein anderes Gesetz, eine Verordnung, einen Vertrag oder ein Gerichtsurteil gedeckt sind.“

(222)

Und schließlich sind die Gemeinden, wie bereits oben ausgeführt (siehe Erwägungsgründe 22 und 44), verpflichtet, das Defizit ihres ÖSHZ zu decken. Folglich ist letztlich die Gemeinde für die gesamte Deckung des Defizits ihres öffentlichen Krankenhauses verantwortlich.

7.3.4.5.   Einzug von eventuellen Überkompensationen und Mittel, um diese Überkompensationen zu verhindern

(223)

Wie nachfolgend ausgeführt, funktioniert der Ausgleichsmechanismus in der Weise, dass die Gefahr der Überkompensation bereits von vornherein sehr eingeschränkt ist (siehe Erwägungsgrund 247). Das Gesetz vom 14. November 1983 (siehe Erwägungsgründe 248 bis 250) und das ÖSHZ-Gesetz (siehe Erwägungsgründe 251 und 252) geben den Gemeinden zudem die nötigen rechtlichen Mittel an die Hand, um die Überkompensation zu kontrollieren und ggf. zurückzahlen zu lassen.

7.3.4.6.   Bezugnahme auf den DAWI-Beschluss von 2012

(224)

Nach Artikel 4 Buchstabe f des DAWI-Beschlusses von 2012 wird verlangt, dass der Betrauungsakt insbesondere einen Verweis auf diesen Beschluss enthält. Artikel 10 Buchstabe a desselben Beschlusses gilt für Beihilferegelungen, die vor dem 31. Januar 2012 wirksam wurden und nach der DAWI-Entscheidung von 2005 mit dem Binnenmarkt vereinbar waren, ein Übergangszeitraum von zwei Jahren. Aus diesem Grund wurde ein Verweis auf den DAWI-Beschluss von 2012 im vorliegenden Fall erst 2014 eingeführt. Jede Entscheidung der Brüsseler Gemeinden für eine Zahlung zugunsten der IRIS-Krankenhäuser nach Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser erfolgt insbesondere seit 2014 mit Verweis auf den DAWI-Beschluss von 2012. Zudem ist anzumerken, dass der Artikel 108 der aktuellen Version des KhG durch das Gesetz vom 10. April 2014 um einen Verweis auf den DAWI-Beschluss von 2012 ergänzt worden ist (264). Genauer gesagt ist es nach diesem Artikel erforderlich, dass bei jeder Entscheidung bezüglich eines Betrags aus dem Finanzmittelhaushalt, der einem Krankenhaus zu gewähren ist, ausdrücklich auf den DAWI-Beschluss von 2012 verwiesen wird. Die Kommission zieht infolgedessen den Schluss, dass dieses Kriterium erfüllt ist.

7.3.5.   Ausgleich

(225)

Das zweite wesentliche Kriterium für die Vereinbarkeit, das aus dem DAWI-Beschluss von 2012 hervorgeht, lautet, dass der Ausgleichsbetrag, der für die DAWI bezahlt wird, unter Berücksichtigung eines angemessenen Gewinns nicht über das hinausgeht, was erforderlich ist, um die durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verursachten Nettokosten abzudecken (265). Im DAWI-Beschluss von 2012 ist darüber hinaus festgelegt, wie die Nettokosten kalkuliert werden müssen (vor allem indem die Kosten und Einnahmen definiert sind, die berücksichtigt werden können), wie der angemessene Gewinn bestimmt wird, und dass ein Unternehmen, das auch Tätigkeiten ausübt, bei denen es sich nicht um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, in der Buchführung die Kosten und Einnahmen in Verbindung mit der Erbringung der betreffenden Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse von allen anderen Tätigkeiten getrennt ausweisen muss (266).

(226)

Im vorliegenden Fall erbringen die IRIS-Krankenhäuser nur eine DAWI und begrenzte Nebendienstleistungen, die mit dieser DAWI verbunden sind, wie sie unten beschrieben werden (siehe Erwägungsgründe 41 und 155). Bei der Ausübung aller Tätigkeiten (der DAWI und der begrenzten Nebendienstleistungen) entstehen den IRIS-Krankenhäusern Kosten, die weitgehend (267) durch die verschiedenen öffentlichen und privaten Finanzierungsquellen gedeckt sind, die oben beschrieben werden (siehe Erwägungsgrund 46). Trotzdem hat die Ausübung dieser Tätigkeiten durch die IRIS-Krankenhäuser in den meisten Jahren seit 1996, wie nachfolgend dargestellt (siehe Tabellen 3 bis 7), zu einem Defizit geführt. Die Kommission hat festgestellt, dass diese Defizite den verbleibenden Nettokosten entsprechen (anders gesagt, dem Teil der Nettokosten, der nicht durch die Finanzierungsquellen, die in Erwägungsgrund 46 beschrieben werden, gedeckt sind), die sich aus den DAWI und den begrenzten Nebendienstleistungen der IRIS-Krankenhäuser ergeben. Durch die Deckung dieser Defizite gleichen die Gemeinden nicht mehr als die verbleibenden Nettokosten aus, welche die IRIS-Krankenhäuser für die Erbringung der Gemeinwohldienste und der Nebendienstleistungen zu tragen haben, und ein angemessener Gewinn ist nicht einmal enthalten. Folglich dürfte die Deckung des Defizits, das die IRIS-Krankenhäuser zu verzeichnen haben, alleine schon von der Definition her nicht zu einer tatsächlichen Überkompensation führen, und das ist auch tatsächlich nicht der Fall (siehe auch Erwägungsgründe 234 bis 245 wie folgt).

(227)

Nach Artikel 77 KhG sind alle Krankenhäuser verpflichtet, getrennte Konten zu führen, in denen die Kosten für jede Dienstleistung aufgeführt sind. Die Buchführungsgrundsätze, die für öffentliche und private Krankenhäuser gelten, sind im Königlichen Erlass vom 19. Juni 2007 festgelegt (268). Nach diesem Königlichen Erlass müssen die krankenhausfremden Tätigkeiten (anders gesagt, im vorliegenden Fall, die Nebendienstleistungen, die in den Erwägungsgründen 41 und 155 beschrieben sind) getrennt erfasst werden (genauer gesagt, sie müssen unter den Buchungscodes 900 bis 999 gebucht werden, siehe auch Erwägungsgrund 49). Die Kommission hat Prüfbescheinigungen von unabhängigen Rechnungsprüfern von jedem IRIS-Krankenhaus erhalten, die bestätigen, dass die Kontentrennung nach den rechtlichen Anforderungen in Belgien durchgeführt wurde (269). Die Kommission gelangt daher zu dem Schluss, dass die Verpflichtung zur Kontentrennung nach Artikel 5 Absatz 9 des DAWI-Beschluss von 2012 erfüllt ist.

(228)

Wie bereits oben erklärt (siehe Erwägungsgrund 44), sind die Brüsseler Gemeinden und ÖSHZ nach Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser verpflichtet, das gesamte Rechnungsdefizit ihrer Krankenhäuser auszugleichen. Diese Verpflichtung, die seit der Entstehung der IRIS-Krankenhäuser existiert, geht über den Mechanismus der partiellen Deckung des Defizits nach Artikel 109 KhG (siehe Erwägungsgrund 47) hinaus. Die Deckung, die auf der Grundlage des Artikels 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser gewährt wird, übersteigt jedoch niemals den Betrag des Rechnungsdefizits im entsprechenden Geschäftsjahr. Letztendlich beinhaltet Artikel 46 zwar eine Verpflichtung zur Defizitdeckung, gibt jedoch nicht ausdrücklich an, zu welchem Zeitpunkt diese Mittel tatsächlich von den Gemeinden und den ÖSHZ zu übermitteln sind (270).

(229)

In der Praxis hängt der Zeitpunkt der Zahlung der Gemeinden zugunsten der IRIS-Krankenhäuser immer von den verfügbaren Geldmitteln in den Gemeindekassen ab. Da die verfügbaren Gelder im Allgemeinen nicht ausreichten, hatten die Gemeinden immer die Tendenz, die Ausgleichszahlung für die Defizite der Krankenhäuser hinauszuschieben. Theoretisch konnten sie diese solange hinausschieben, bis der Föderale Öffentliche Dienst Volksgesundheit das Defizit nach Artikel 109 KhG feststellt; dann sind sie gezwungen, die (Teil-)Zahlung für die Deckung des Defizits der Krankenhäuser zu leisten. Es konnte jedoch eine lange Zeit (manchmal 10 Jahre) zwischen dem Zeitpunkt vergehen, zu dem das Rechnungsdefizit bekannt wurde, bis zu dem Zeitpunkt, wo das Defizit nach Artikel 109 KhG kalkuliert wurde. Das bedeutet, dass die IRIS-Krankenhäuser zwischen 1996 und 2002 enorme Defizite kumuliert haben (mehr als 50 Mio. EUR). Um diese Lücke in ihrer Finanzierung zu füllen, waren die IRIS-Krankenhäuser gezwungen, Bankdarlehen aufzunehmen, deren Kosten diese Defizite noch erhöht haben.

(230)

Die Gemeinden haben erkannt, dass diese Situation für sie ungünstig ist, da sie am Ende die Zinsen dieser Darlehen bezahlten anstatt die Defizite auszugleichen; sie wollten daher die IRIS-Krankenhäuser schneller bezahlen, anstatt bis zum letzten Moment zu warten, dass der Föderale Öffentliche Dienst Volksgesundheit sie zwingt, das Defizit nach Artikel 109 KhG zu decken. Da die finanziellen Mittel auf kommunaler Ebene nicht ausreichten, musste die Region Brüssel-Hauptstadt eingreifen, um die Defizitdeckung zu ermöglichen. Die Region hat den Gemeinden auf folgenden Wegen eine Finanzierung zur Verfügung gestellt: 1. direkt über den Fonds FRBRTC (siehe Erwägungsgrund 231) und 2. ab 2003 auch auf direkte Art über Sondersubventionen (siehe Erwägungsgründe 232 und 233). Dadurch konnten die Gemeinden, zumindest teilweise, ihrer Verpflichtung gegenüber den IRIS-Krankenhäusern (271),das Defizit abzudecken, schneller nachkommen. Wie bereits oben erklärt (siehe Abschnitt 7.1), hat die Region Brüssel-Hauptstadt nur den jeweiligen Brüsseler Gemeinden, und nicht den IRIS-Krankenhäusern, eine staatliche Finanzierung gewährt und geht auch weiterhin so vor.

(231)

Die Defizite der IRIS-Krankenhäuser in den Haushaltsjahren 1996 bis 2002 wurden von den Gemeinden erst ab dem Jahr 2002 mithilfe der Finanzierung über den FRBRTC ausgeglichen. Der Defizitausgleich für diesen Zeitraum erfolgte erst im Jahr 2008. Für den Ausgleich der Defizite seit 2003 konnten die Gemeinden nicht mehr auf die Finanzierung über den FRBRTC zurückgreifen.

(232)

Ab dem Haushaltsjahr 2003 hat die Region Brüssel-Hauptstadt damit begonnen, den Gemeinden 10 Mio. EUR pro Jahr im Durchschnitt (die genauen Beträge sind aus der nachfolgenden Tabelle 2 zu entnehmen) in Form von Sondersubventionen zukommen zu lassen. Jede Gemeinde hat ihrerseits ihren Teil der Sondersubvention, in der Regel am Anfang des folgenden Jahres, auf der Grundlage des Defizits gezahlt, das vom Krankenhaus geschätzt wurde (zum Beispiel Anfang 2015 für das Haushaltsjahr 2014). Das Defizit wird auf der Grundlage des Prüfberichts über die Tätigkeiten des Krankenhauses und des voraussichtlichen Ergebnisses der ersten neun Monate des Jahres geschätzt. In den sechs folgenden Monaten nach Ende des Haushaltsjahres (anders gesagt, vor Ende des Monats Juni) wird der Rechnungsabschluss des Krankenhauses in der Generalversammlung eines jeden IRIS-Krankenhauses genehmigt und das endgültige Defizit verabschiedet. Der Betrag des Rechnungsdefizits, der nach Zahlung des Anteils der Sondersubvention noch verbleibt, wird in Abhängigkeit von den zur Verfügung stehenden Geldmitteln in den Gemeindekassen ausgeglichen. Das Auszahlungsverfahren kann mehrere zusätzliche Jahre in Anspruch nehmen und im ganzen Zeitraum (1996-2014) standen immer Zahlungen der Gemeinden an die IRIS-Krankenhäuser aus (siehe Tabellen des Erwägungsgrunds 234 für die verbleibenden Restbeträge im Einzelnen).

Tabelle 2

Zahlungen (finanziert über die Sondersubvention) der Gemeinden zugunsten der IRIS-Krankenhäuser

(in EUR)

Jahr

Universitätsklinik St. Pierre

Universitäts-klinik Brugmann

HIS

HUDERF

Bordet-Institut

Gesamt

2003

1 620 000

1 770 000

3 765 000

820 000

2 025 000

10 000 000

2004

1 541 775

1 457 000

3 765 000

781 981

1 321 316

8 867 072

2005

2 132 928

3 657 000

3 765 000

778 000

800 000

11 132 928

2006

3 657 000

3 765 000

778 000

1 800 000

10 000 000

2007

278 330

4 125 610

3 765 000

622 529

1 208 531

10 000 000

2008

308 367

3 999 767

3 765 000

871 350

1 055 516

10 000 000

2009

490 002

3 231 504

3 765 000

1 246 998

1 266 496

10 000 000

2010

565 440

3 644 432

3 388 500

1 401 628

9 000 000

2011

654 580

3 206 932

3 576 750

1 220 232

841 506

9 500 000

2012

1 091 761

3 380 656

3 765 000

945 316

817 267

10 000 000

2013

1 826 753

2 500 348

3 765 000

635 966

1 271 933

10 000 000

2014

1 390 000

2 847 000

3 765 000

618 000

1 380 000

10 000 000

Gesamt

11 899 936

37 477 249

44 615 250

10 720 000

13 787 565

118 500 000

(233)

Hinsichtlich der Buchführung wurde die Sondersubvention in einigen Jahren direkt im Ergebnis des Krankenhauses erfasst (und reduzierte das verbleibende Defizit), während sie in anderen Jahren als Defizitausgleich berücksichtigt wurde (anders gesagt, in der Erfolgsrechnung). Außerdem hat die Universitätsklinik Saint-Pierre einen Buchungsverzug im Jahr 2004 bestätigt, sodass der Teil der Sondersubvention erst im folgenden Jahr verbucht wurde. Das erklärt, warum sich der Gesamtbetrag der Sondersubvention für die fünf IRIS-Krankenhäuser im Jahr 2004 nur auf 8 867 072 EUR beläuft, während im Jahre 2005 eine Sondersubvention in Höhe von 11 132 928 EUR gezahlt wurde, d. h. ein Betrag von 20 Mio. EUR insgesamt (oder 10 Mio. EUR pro Jahr, wie es vorgesehen war). Trotz dieser unterschiedlichen Behandlung in der Buchführung war das zugrunde liegende Prinzip dieser Zahlungen immer ein schneller (und im Allgemeinen teilweiser) Ausgleich des Defizits, ohne dass es zu einer Überkompensation kommt (siehe den übrigen Text in diesem Abschnitt).

(234)

In den nachfolgenden Tabellen 3 bis 7 sind die Rechnungsdefizite für jedes der fünf IRIS-Krankenhäuser für jedes Jahr aufgeführt (zusammen betragen diese Defizite etwa 250 Mio. EUR im Zeitraum 1996-2014) sowie die Zahlungen, welche die Gemeinden jedes Jahr leisteten (diese Zahlungen können sich auf die Defizite der vorhergehenden Jahre beziehen). In den Tabellen 3 bis 7 ist jeweils das Datum angegeben (d. h. die Jahre), in denen die Gemeinden die Zahlungen zur Deckung der Defizite der verschiedenen IRIS-Krankenhäuser geleistet haben, aber es sind nicht die jeweiligen Jahre angegeben, auf die sich die Zahlungen beziehen (272). Aus diesen Tabellen geht auch die Kumulation der Defizite im Zeitraum 1996-2002 sowie der Zahlungsverzug der Gemeinden hervor. Zudem ist es klar, dass die verschiedenen Gemeinden den IRIS-Krankenhäusern im Zeitraum 1996-2014 ständig hohe Summen als Defizitdeckung schuldeten. Die ausstehende Verbindlichkeit bis Ende 2014 für die fünf IRIS-Krankenhäuser lag insgesamt über 15 Mio. EUR. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass in dem Fall, dass die IRIS-Krankenhäuser einen Gewinn erwirtschaftet haben, dieser nicht verteilt wurde, sondern zur Deckung der Defizite der vorangegangenen Jahre oder zukünftiger Jahre diente und auf diese Weise der von den Gemeinden zu leistende Ausgleich reduziert wurde. Es geht letztendlich auch deutlich aus den Tabellen hervor, dass es, wie von den belgischen Behörden geltend gemacht, keinen Vorschussmechanismus gibt, (siehe Erwägungsgrund 89), im Gegensatz zu den Behauptungen der Beschwerdeführer (siehe Erwägungsgrund 55). Die Zahlungen der Gemeinden sind im Vergleich zum Zeitpunkt der Erfassung des Defizit und dem Zeitpunkt, an dem die Verpflichtung nach Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser anwendbar wurde, tatsächlich mit beträchtlichem Verzug erfolgt. Folglich kann der Zeitpunkt der Zahlung zur Deckung des Defizits, das aus den Gemeinwohlaufgaben und den Nebendienstleistungen entstanden ist, nicht als Vorteil für die IRIS-Krankenhäuser angesehen werden.

Tabelle 3

Tag der Zahlung des Defizits und noch ausstehende Verbindlichkeit für die Universitätsklinik Saint-Pierre

(in EUR)

Universitätsklinik Saint-Pierre

Rechnungsdefizit

Zahlungen der Gemeinde

Ausstehende Verbindlichkeit

1996

– 5 737 856

0

– 5 737 856

1997

– 6 754 920

0

– 12 492 776

1998

– 3 696 235

0

– 16 189 011

1999

– 752 234

0

– 16 941 245

2000

– 1 072 993

0

– 18 014 238

2001

– 1 416 937

0

– 19 431 174

2002

– 2 914 245

3 368 351

– 18 977 068

2003

– 2 629 012

4 925 162

– 16 680 918

2004

– 1 541 775

11 571 300

– 6 651 393

2005

– 2 248 399

1 000 000

– 7 899 792

2006

98 114

2 886 635

– 4 915 043

2007

– 774 755

2 217 900

– 3 471 897

2008

– 1 054 119

2 356 333

– 2 169 683

2009

– 1 000 933

490 002

– 2 680 614

2010

– 1 576 429

565 440

– 3 691 602

2011

– 949 668

654 580

– 3 986 690

2012

– 1 079 200

1 091 761

– 3 974 129

2013

– 1 880 205

1 826 753

– 4 027 580

2014

– 1 441 778

1 900 931

– 3 568 427

Gesamt

– 38 423 575

34 855 148

– 3 568 427

Tabelle 4

Tag der Zahlung des Defizits und noch ausstehende Verbindlichkeit für die Universitätsklinik Brugmann  (273)

(in EUR)

Universitätsklinik Brugmann

Rechnungsdefizit

Zahlungen der Gemeinde

Ausstehende Verbindlichkeit

1996

Entfällt

Entfällt

Entfällt

1997

Entfällt

Entfällt

Entfällt

1998

Entfällt

Entfällt

Entfällt

1999

– 508 171

0

– 508 171

2000

– 3 755 229

0

– 4 263 399

2001

– 5 440 039

0

– 9 703 438

2002

– 1 976 934

0

– 11 680 371

2003

– 1 697 238

1 770 000

– 11 607 609

2004

– 1 442 292

1 457 000

– 11 592 901

2005

– 7 413 186

4 404 420

– 14 601 667

2006

– 14 180 725

10 893 584

– 17 888 808

2007

– 6 954 466

10 151 330

– 14 691 944

2008

– 6 308 290

6 699 647

– 14 300 587

2009

– 6 228 859

3 231 504

– 17 297 942

2010

– 5 011 208

3 644 432

– 18 664 719

2011

– 2 982 442

3 224 315

– 18 422 846

2012

– 2 945 806

16 219 985

– 5 148 666

2013

– 2 799 788

7 090 156

– 858 298

2014

– 2 923 714

2 847 000

– 935 012

Gesamt

– 72 568 385

71 633 373

– 935 012

Tabelle 5

Tag der Zahlung des Defizits und ausstehende Verbindlichkeit für die Kinderklinik HUDERF

(in EUR)

HUDERF

Rechnungsdefizit

Zahlungen der Gemeinde

Ausstehende Verbindlichkeit

1996

– 1 505 830

0

– 1 505 830

1997

– 1 026 881

0

– 2 532 711

1998

– 245 113

0

– 2 777 825

1999

1 642

0

– 2 776 183

2000

– 484 951

0

– 3 261 134

2001

– 1 218 954

0

– 4 480 088

2002

– 479 490

883 192

– 4 076 386

2003

– 1 117 778

1 583 539

– 3 610 625

2004

– 781 981

1 863 863

– 2 528 742

2005

– 1 279 230

778 000

– 3 029 973

2006

– 2 494 074

1 605 532

– 3 918 515

2007

– 2 687 621

1 688 424

– 4 917 712

2008

– 2 314 050

1 208 667

– 6 023 095

2009

– 1 868 670

1 246 998

– 6 644 767

2010

– 1 823 049

1 401 628

– 7 066 187

2011

– 1 620 663

1 220 232

– 7 466 618

2012

– 945 316

5 525 711

– 2 886 223

2013

– 528 779

635 966

– 2 779 036

2014

– 618 000

2 682 372

– 714 664

Gesamt

– 23 038 788

22 324 124

– 714 664

Tabelle 6

Tag der Zahlung des Defizits und ausstehende Verbindlichkeit für das Bordet-Institut

(in EUR)

Bordet-Institut

Rechnungsdefizit

Zahlungen der Gemeinden

Ausstehende Verbindlichkeit

1996

752 505

0

752 505

1997

170 241

0

922 745

1998

41 349

0

964 094

1999

44 371

0

1 008 465

2000

5 439

0

1 013 904

2001

154 518

0

1 168 423

2002

– 4 929 106

0

– 3 760 683

2003

– 4 916 506

2 025 000

– 6 652 189

2004

– 2 001 995

1 321 316

– 7 332 868

2005

– 771 467

800 000

– 7 304 335

2006

– 1 817 630

1 800 000

– 7 321 966

2007

– 1 874 162

2 673 741

– 6 522 386

2008

– 1 624 347

4 519 412

– 3 627 322

2009

– 688 005

1 266 496

– 3 048 830

2010

– 655 634

0

– 3 704 465

2011

– 838 644

841 506

– 3 701 602

2012

– 833 460

4 465 110

– 69 952

2013

– 2 551 468

1 271 933

– 1 349 487

2014

– 1 943 857

2 023 112

– 1 270 232

Gesamt

– 24 277 858

23 007 626

– 1 270 232

Tabelle 7

Tag der Zahlung des Defizits und ausstehende Verbindlichkeit für die Krankenhausgruppe IRIS-Süd (HIS)  (274)

(in EUR)

Krankenhausgruppe Iris-Süd (HIS)

Rechnungsdefizit

Zahlungen der Gemeinde

Ausstehende Verbindlichkeit

1996

Entfällt

Entfällt

Entfällt

1997

Entfällt

Entfällt

Entfällt

1998

Entfällt

Entfällt

Entfällt

1999

– 1 248 404

0

– 1 248 404

2000

– 7 220 971

0

– 8 469 375

2001

– 14 782 680

0

– 23 252 055

2002

– 12 978 574

416 079

– 35 814 550

2003

– 7 990 196

6 018 822

– 37 785 924

2004

– 5 941 987

13 425 604

– 30 302 307

2005

– 4 440 896

3 765 000

– 30 978 203

2006

– 5 022 247

12 622 542

– 23 377 907

2007

– 3 882 170

10 885 280

– 16 374 797

2008

– 3 779 570

10 885 190

– 9 269 178

2009

– 3 774 545

3 765 000

– 9 278 722

2010

– 3 387 655

3 388 500

– 9 277 877

2011

– 3 572 694

3 576 750

– 9 273 821

2012

– 3 767 190

3 765 000

– 9 276 011

2013

– 3 761 761

3 765 000

– 9 272 772

2014

– 3 760 497

3 765 000

– 9 268 269

Gesamt

– 89 312 036

80 043 767

– 9 268 269

(235)

In der Praxis hat der Ausgleich des Defizits nach Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser Vorrang vor dem Defizitausgleich nach Artikel 109 KhG. Nachdem der Föderale Minister für Volksgesundheit das Defizit nach Artikel 109 KhG (siehe Erwägungsgrund 47) festgestellt hat, bekommt die Gemeinde ein Schreiben und ihre Bank erhält die Anweisung, diesen Betrag unter Berücksichtigung eventuell bereits erfolgter Zahlungen durch die Gemeinde zur Defizitdeckung nach Artikel 46 seiner Statuten sofort an das entsprechende Krankenhaus zu überweisen. Darüber hinaus haben die Gemeinden und die IRIS-Krankenhäuser vereinbart, dass Letztere den Gemeinden sofort die Beträge zurückerstatten, die sie nach Artikel 109 KhG erhalten haben, um eine doppelte Deckung des gleichen Defizits zu verhindern. Die Kommission hat diesbezüglich ein Schreiben und eine Tabelle von Belfius, der Bank der Gemeinden, bekommen, in der bestätigt wird, dass diese Beträge für jedes Jahr und für alle fünf IRIS-Krankenhäuser sofort erstattet wurden, sodass eine doppelte Deckung des Defizits ausgeschlossen werden kann. Die nachfolgende Tabelle 8 gibt einen Überblick über alle Ausgleichsbeträge des Defizits nach Artikel 109 KhG, die von den Gemeinden an die IRIS-Krankenhäuser gezahlt und sofort zurückerstattet wurden, sodass diese Transaktionen sich gegenseitig aufheben. Folglich haben die IRIS-Krankenhäuser von diesen Zahlungen nach Artikel 109 KhG keinen Vorteil und allein der Defizitausgleich nach Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser ist maßgebend für die weitere Beurteilung im Rahmen dieses Beschlusses. In der Tabelle 8 sind nur die Zahlungen bis zum Haushaltsjahr 2006 enthalten, denn dies ist das letzte Jahr, für das der Föderale Öffentliche Dienst Volksgesundheit das Defizit nach Artikel 109 KhG festgesetzt hat. Dies verdeutlicht den erheblichen Verzug, mit dem der Defizitausgleich in der Praxis nach Artikel 109 KhG erfolgte, und erklärt auch, warum die IRIS-Krankenhäuser diesen nicht in Anspruch nehmen (und ihn daher sofort nach Erhalt erstatten). Der Ausgleich nach Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser ist tatsächlich ein schnellerer Mechanismus (insbesondere seit der Einführung der Sondersubventionen für die Gemeinden, siehe Erwägungsgrund 232) als der nach Artikel 109 KhG. Des Weiteren geht die Deckung des Defizits nach Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser über die teilweise Deckung des Defizits nach Artikel 109 KhG hinaus (siehe Erwägungsgründe 47 und 48), da sie das Rechnungsdefizit der IRIS-Krankenhäuser vollständig deckt. Aus allen diesen Gründen erfolgt die Beurteilung in diesem Beschluss ausschließlich in Bezug auf den Ausgleichsmechanismus nach Artikel 46 und nicht mehr hinsichtlich des Defizitausgleichs nach Artikel 109 KhG, im Gegensatz zur Entscheidung der Kommission 2009, die für nichtig erklärt wurde und in welcher der Mechanismus nach Artikel 109 KhG Gegenstand der Beurteilung war.

Tabelle 8

Gesamtüberblick über die Defizitbeträge nach Artikel 109 KhG  (275) , die gezahlt und sofort zurückerstattet wurden (Stand 9. November 2015)

(in EUR)

 

Universitätsklinik St. Pierre

Universitätsklinik Brugmann

Krankenhausgruppe Iris-Süd (HIS)

HUDERF

Bordet-Institut

1996

560 322,61

0

2 727 844,19

0

0

1997

0

0

3 051 321,12

0

0

1998

0

0

553 331

0

0

1999

0

781 686,52

345 176,04

0

0

2000

1 019 647,97

0

0

0

2 483 585,21

2001

0

2 511 189,37

126 193,12

263 390,41

4 681 594,58

2002

0

0

0

0

0

2003

0

0

3 658 304,97

0

1 699 065,20

2004

0

0

0

0

705 798,98

2005

0

0

0

0

0

2006

0

5 727 775,67

0

384 527,59

0

(236)

Die Kommission hat auch beurteilt, ob die IRIS-Krankenhäuser im Zeitraum 1996-2014 (276) tatsächlich eine Überkompensation erhalten haben. Aufgrund der Zusammenschlüsse, die am 1. Juli 1999 stattfanden (siehe auch Erwägungsgrund 28) und der langen Zeit, die seitdem vergangen ist, erfolgt die Analyse der Überkompensation für die Jahre 1996-1998 in der Universitätsklinik Brugmann nicht, denn die entsprechenden Akten konnten nicht gefunden werden. Aus den gleichen Gründen kann die Analyse für die Krankenhausgruppe Iris-Süd (HIS) für die Jahre 1996-1998 nur in aggregierter Form dargestellt werden. In diesem Zusammenhang muss auch unterstrichen werden, dass die belgischen Behörden alle zweckmäßigen Buchführungsangaben der IRIS-Krankenhäuser sowie auch die Defizitzahlungen der Gemeinden übermittelt haben, soweit diese Zahlen zur Verfügung standen. Bis zum Inkrafttreten der DAWI-Entscheidung von 2005 am 19. Dezember 2005 waren die Mitgliedstaaten nur verpflichtet, der Kommission Daten für fünf Jahre zur Verfügung zu stellen (277) (anstatt zehn Jahre nach der DAWI-Entscheidung von 2005 und dem -Beschluss von 2012 (278)). Obwohl das erste Auskunftsersuchen der Kommission erst am 22. März 2006 geschickt worden ist, ist es den belgischen Behörden trotzdem gelungen, Zahlen ab dem Jahr 1996 für die Universitätsklinik Saint-Pierre, die Kinderklinik HUDERF und das Bordet-Institut zur Verfügung zu stellen, und ab dem Jahr 1999 auch für die Krankenhausgruppe IRIS-Süd (HIS) (mit aggregierten Zahlen für 1996-1998) und die Universitätsklinik Brugmann.

(237)

Die Kommission hat untersucht, ob die Zahlungen für den Ausgleich des Defizits durch die Gemeinden für ein bestimmtes Jahr (mithilfe der Finanzierung über den FRBRTC und die Sondersubventionen der Region Brüssel-Hauptstadt und durch Eigenmittel) das Rechnungsdefizit in diesem Jahr überstiegen. In diesem Kontext erinnert die Kommission daran, dass die IRIS-Krankenhäuser nur einen Ausgleich für die Defizite erhalten haben, die durch die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und bestimmten begrenzten Nebendienstleistungen verursacht wurden. In den nachfolgenden Tabellen 9 bis 13 sind die Zahlen für jedes IRIS-Krankenhaus aufgeführt. Es ist dennoch wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass man diesen Tabellen nicht entnehmen kann, wann die Gemeinde das Defizit (teilweise) ausgeglichen hat. In den Tabellen 3 bis 7 oben (siehe Erwägungsgrund 234) sind eben diese Jahre aufgeführt, in denen die Gemeinden die Zahlungen zum Defizitausgleich der IRIS-Krankenhäuser geleistet haben. In den Tabellen 9 bis 13 hingegen werden nur die Beträge angegeben, die den IRIS-Krankenhäusern von den Gemeinden überwiesen worden sind (im Allgemeinen in mehreren Tranchen), um das Defizit eines bestimmten Jahres auszugleichen, ohne anzugeben, zu welchem Zeitpunkt diese Beträge tatsächlich gezahlt worden sind. Wenn die Tabellen 9 bis 13 auch aufgestellt worden sind, um eventuelle vereinzelte Überkompensation für ein bestimmtes Jahr festzustellen, so hat doch keines der IRIS-Krankenhäuser in der Praxis jemals eine wirkliche Überkompensation erhalten, wie unten erklärt wird (siehe Erwägungsgrund 238).

(238)

Wie die folgenden Tabellen veranschaulichen, kommt es beim Vergleich des Rechnungsdefizits und der Ausgleichszahlung für ein bestimmtes Jahr nur in seltenen Fällen (279) zu einer technischen Überkompensation, wenn man dieses Jahr isoliert betrachtet. Es geht jedoch klar aus den Tabellen 3 bis 7 des Erwägungsgrunds 234 hervor, dass in der Praxis keines der IRIS-Krankenhäuser jemals eine tatsächliche Überkompensation erhalten hat, da die Gemeinden den IRIS-Krankenhäusern im untersuchten Zeitraum (1996-2014) ständig hohe Beträge als Ausgleichszahlung schuldeten. Ein Grund für die technischen Überkompensationen könnte darin zu finden sein, dass die Gemeinde in einem bestimmten Jahr nicht nur das Rechnungsdefizit dieses Jahres decken, sondern auch die Verspätung der Defizitdeckung in den vorangegangenen Jahren aufholen wollte. Auch wenn dieser Grund nicht nachweisbar ist: Tatsache ist, dass das begünstigte IRIS-Krankenhaus in jedem der Jahre, in denen die IRIS-Krankenhäuser Zahlungen erhalten haben, die, wenn man dieses Jahr isoliert betrachten würde, technisch gesehen, einer Überkompensation für den Gemeinwohldienst und die begrenzten Nebendienstleistungen in dem betreffenden Jahr gleichkommen würden, für die Erbringung der gleichen Gemeinwohldienste und begrenzten Nebendienstleistungen wie in den Jahren zuvor und in dem fraglichen Jahr, insgesamt gesehen, eine nicht ausreichende Ausgleichszahlung erhielt (280).

(239)

Für die Universitätsklinik Saint-Pierre geht aus der nachfolgenden Tabelle 9 hervor, dass die technische Überkompensation, wenn man jedes Jahr für sich allein betrachtet, auf die Jahre 1996, 1997 und 2012 begrenzt war. In jedem einzelnen Fall betrugen diese Überkompensationen weniger als 1,5 % der Ausgleichszahlung für das entsprechende Jahr und hätten auf das folgende Jahr übertragen werden können, wie es im DAWI-Beschluss vorgesehen ist (281). In der Praxis jedoch bekam die Universitätsklinik Saint-Pierre im Zeitraum 1996-2014, wie es oben dargestellt ist (siehe Tabelle 3 in Erwägungsgrund 234), immer eine unzureichende Ausgleichszahlung, und die Gemeinde schuldete ihr immer Geld. Im Zeitraum 1996-2014 belief sich diese Unterkompensation auf 3 666 541 EUR. Entsprechend der Verpflichtung, die den Gemeinden nach Artikel 46 der Statuten der IRIS-Krankenhäuser auferlegt wurde, müssen die jeweiligen Gemeinden dieses ausstehende Rechnungsdefizit allerdings in der Zukunft ausgleichen (282).

Tabelle 9

Rechnungsdefizit und Ausgleichszahlung, die der Universitätsklinik Saint-Pierre gewährt wurde

(in EUR)

Universitätsklinik St. Pierre

Rechnungsdefizit

Finanziert über den Fonds FRBRTC oder die Sondersubvention der Region (283)

Zusätzliche Gemeindebeiträge

Gewährte Ausgleichszahlung insgesamt

Überkompensation (+) oder Unterkompensation (–) für das Jahr

Überkompensation (+) oder Unterkompensation (–) insgesamt

1996

– 5 737 856

5 738 735

0

5 738 735

879

879

1997

– 6 754 920

6 855 099

0

6 855 099

100 179

101 058

1998

– 3 696 235

3 696 092

0

3 696 092

– 143

100 915

1999

– 752 234

751 117

0

751 117

– 1 117

99 798

2000

– 1 072 993

1 072 993

0

1 072 993

0

99 798

2001

– 1 416 937

1 416 000

0

1 416 000

– 937

98 862

2002

– 2 914 245

2 914 245

0

2 914 245

0

98 862

2003

– 2 629 012

1 620 000

0

1 620 000

– 1 009 012

– 910 150

2004

– 1 541 775

1 541 775

0

1 541 775

0

– 910 150

2005

– 2 248 399

2 132 928

0

2 132 928

– 115 471

– 1 025 621

2006

98 114

0

0

0

0

– 1 025 621

2007

– 774 755

278 330

0

278 330

– 496 425

– 1 522 045

2008

– 1 054 119

308 367

0

308 367

– 745 752

– 2 267 797

2009

– 1 000 933

490 002

510 931

1 000 933

0

– 2 267 797

2010

– 1 576 429

565 440

0

565 440

– 1 010 989

– 3 278 785

2011

– 949 668

654 580

0

654 580

– 295 088

– 3 573 873

2012

– 1 079 200

1 091 761

0

1 091 761

12 561

– 3 561 312

2013

– 1 880 205

1 826 753

0

1 826 753

– 53 452

– 3 614 763

2014

– 1 441 778

1 390 000

0

1 390 000

– 51 778

– 3 666 541

 

– 38 423 575

34 344 217

510 931

34 855 148

– 3 666 541

 

(240)

Wie oben erklärt (siehe Erwägungsgrund 236), konnte die Analyse über das Bestehen einer Überkompensation bei der Krankenhausgruppe Iris-Süd (HIS) für die Jahre 1996-1998 aufgrund der fehlenden Zahlen nicht einzeln durchgeführt werden. Die belgischen Behörden konnten dennoch die aggregierten Beträge für den Zeitraum finden, wo die Krankenhausgruppe Iris-Süd noch aus vier unabhängigen Krankenhäusern bestand. In diesen drei Jahren haben einige der Krankenhausgruppe Iris-Süd Verluste in Höhe von insgesamt 2 622 714 EUR gemacht, während die anderen Gewinne im Gesamtbetrag von 703 624 EUR zu verzeichnen hatten. Diese Verluste wurden vollständig aus Geldmitteln des FRBRTC gedeckt, welcher der Gemeinde gewährt wurde. Die Gewinne wurden auf das nächste Jahr übertragen, was eine Erklärung dafür ist, warum das Defizit aus dem Jahr 1999 nur zum Teil durch die Defizitdeckung ausgeglichen wird. Der Rest des Defizits wurde durch nicht ausgeschüttete Gewinne aus dem Zeitraum 1996-1998 gedeckt. Die Tabelle 10 veranschaulicht auch, dass die Ausgleichszahlung, welche die Krankenhausgruppe Iris-Süd jedes Jahr erhielt, abgesehen von den geringen technischen Überkompensationen in den Jahren 2000, 2010, 2011, 2013 und 2014 (in jedem einzelnen Fall nicht mehr als 0,12 % des Ausgleichs für diese Jahre) in keinem Jahr ausreichend war. Diese globale Unterkompensation beläuft sich auf mehr als 9 Mio. EUR im Zeitraum 1999-2014.

Tabelle 10

Rechnungsdefizit und Ausgleichszahlung für die Krankenhausgruppe Iris-Süd (HIS)

(in EUR)

HIS

Rechnungsdefizit

Finanziert über den Fonds FRBRTC oder die Sondersubvention der Region

Zusätzliche Gemeindebeiträge

Gewährte Ausgleichszahlung insgesamt

Überkompensation (+) oder Unterkompensation (–) für das Jahr

Überkompensation (+) oder Unterkompensation (–) insgesamt

1999

– 1 248 404

446 209

0

446 209

– 802 195

– 98 571  (*1)

2000

– 7 220 971

7 221 056

0

7 221 056

85

– 98 486

2001

– 14 782 680

14 782 680

0

14 782 680

0

– 98 486

2002

– 12 978 574

12 978 572

0

12 978 572

– 2

– 98 488

2003

– 7 990 196

3 765 000

0

3 765 000

– 4 225 196

– 4 323 684

2004

– 5 941 987

3 765 000

0

3 765 000

– 2 176 987

– 6 500 671

2005

– 4 440 896

3 765 000

0

3 765 000

– 675 896

– 7 176 566

2006

– 5 022 247

3 765 000

0

3 765 000

– 1 257 247

– 8 433 813

2007

– 3 882 170

3 765 000

0

3 765 000

– 117 170

– 8 550 983

2008

– 3 779 570

3 765 000

0

3 765 000

– 14 570

– 8 565 553

2009

– 3 774 545

3 765 000

0

3 765 000

– 9 545

– 8 575 098

2010

– 3 387 655

3 388 500

0

3 388 500

845

– 8 574 253

2011

– 3 572 694

3 576 750

0

3 576 750

4 056

– 8 570 197

2012

– 3 767 190

3 765 000

0

3 765 000

– 2 190

– 8 572 387

2013

– 3 761 761

3 765 000

0

3 765 000

3 239

– 8 569 148

2014

– 3 760 497

3 765 000

0

3 765 000

4 503

– 8 564 645

 

– 89 312 036

80 043 767

0

80 043 767

– 9 268 269

 

(241)

Für das HUDERF kann man der nachfolgenden Tabelle 11 sehr leichte technische Überkompensationen in den Jahren 1998, 2002 und 2007 entnehmen (in jedem einzelnen Fall weniger als 0,15 % der gewährten Ausgleichszahlung des entsprechenden Jahres). Im Jahre 2013 wurde eine höhere technische Überkompensation registriert (fast 17 % der gewährten Ausgleichszahlung für das betreffende Jahr). Die Ausgleichszahlung, die das HUDERF bekam, war in den Jahren 2010 und 2011 deutlich unzureichend, und das HUDERF befand sich 2013 insgesamt in der gleichen Situation bezüglich der DAWI und der Nebendienstleistungen, die es bis dahin erfüllt hatte. Für den gesamten Zeitraum 1996-2014 beläuft sich die Unterkompensation auf mehr als 700 000 EUR. Wie aus der Tabelle oben hervorgeht (siehe Tabelle 5 in Erwägungsgrund 234), erhielt das HUDERF zu keinem Zeitpunkt eine tatsächliche Überkompensation, die die Kinderklinik gezwungen hätte, die Defizitdeckung (teilweise) zurückzuzahlen. Tatsächlich befand sie sich ständig in einem Zustand der Unterkompensation, und die Gemeinde schuldete ihr im Zeitraum 1996-2014 ständig Geld.

Tabelle 11

Rechnungsdefizit und Ausgleichszahlung für die Universitätskinderklinik Königin Fabiola (HUDERF)

(in EUR)

HUDERF

Rechnungsdefizit

Finanziert über den Fonds FRBRTC oder die Sondersubvention der Region

Zusätzliche Gemeindebeiträge

Gewährte Ausgleichszahlung insgesamt

Überkompensation (+) oder Unterkompensation (–) für das Jahr

Überkompensation (+) oder Unterkompensation (–) insgesamt

1996

– 1 505 830

1 504 714

0

1 504 714

– 1 116

– 1 116

1997

– 1 026 881

1 026 279

0

1 026 279

– 602

– 1 718

1998

– 245 113

245 415

0

245 415

302

– 1 417

1999

1 642

0

0

0

0

– 1 417

2000

– 484 951

484 949

0

484 949

– 2

– 1 419

2001

– 1 218 954

1 218 000

0

1 218 000

– 954

– 2 373

2002

– 479 490

480 000

0

480 000

510

– 1 863

2003

– 1 117 778

820 000

297 778

1 117 778

0

– 1 862

2004

– 781 981

781 981

0

781 981

0

– 1 862

2005

– 1 279 230

778 000

501 230

1 279 230

0

– 1 863

2006

– 2 494 074

778 000

1 716 074

2 494 074

0

– 1 863

2007

– 2 687 621

622 529

2 065 313

2 687 842

221

– 1 642

2008

– 2 314 050

871 350

1 442 700

2 314 050

0

– 1 642

2009

– 1 868 670

1 246 998

621 672

1 868 670

0

– 1 642

2010

– 1 823 049

1 401 628

0

1 401 628

– 421 421

– 423 062

2011

– 1 620 663

1 220 232

0

1 220 232

– 400 431

– 823 493

2012

– 945 316

945 316

0

945 316

0

– 823 493

2013

– 528 779

635 966

0

635 966

107 187

– 716 306

2014

– 618 000

618 000

0

618 000

0

– 716 306

 

– 23 038 788

15 679 357

6 644 767

22 324 124

– 716 306

 

(242)

Für das Bordet-Institut waren die Rechnungsergebnisse zwischen 1996 und 2001 positiv und es gab in diesen Jahren daher keine Intervention der Gemeinde. Ab 2002 schloss das Betriebsergebnis negativ ab, und es wurden Zahlungen geleistet, um die Defizite auszugleichen. Die folgende Tabelle 12 weist leichte Überkompensationen im Jahr 2005 und im Jahr 2011 auf (d. h. weniger als 4 % bzw. 0,5 %, der Ausgleichszahlung, die für diese Jahre gewährt wurde). Im Jahr 2009 scheint es eine bedeutende technische Überkompensation von ungefähr 580 000 EUR gegeben zu haben (d. h. etwa 46 % der Ausgleichszahlung, die für dieses Jahr gewährt wurde). Jedoch wurde im Jahr 2008 eine Unterkompensation von circa 533 000 EUR gebucht (ungefähr 505 000 EUR auf aggregierter Basis). Das ergibt global nur eine technische Überkompensation von 73 702 EUR (weniger als 6 % des Zahlungsausgleichs für 2009), die auf 2010 hätte übertragen werden können (284) (während für das Jahr 2010 bis heute keine Ausgleichszahlung gewährt wurde). Zudem wartete das Bordet-Institut in jedem der untersuchten Jahre immer auf eine Defizitdeckung (siehe Tabelle 6 in Erwägungsgrund 234). 2009 schuldete die Gemeinde dem Institut etwa 3 Mio. EUR. Für den gesamten Zeitraum 1996-2014 beläuft sich die tatsächliche Unterkompensation auf mehr als 2,4 Mio. EUR insgesamt. Wie in Erwägungsgrund 234 erklärt, reduzieren die Gewinne der Jahre 1996-2001 die von den Gemeinden zu deckenden Beträge, weil diese Gewinne vor einem Ausgleich abgezogen werden.

Tabelle 12

Rechnungsdefizit und Ausgleichszahlung für das Bordet-Institut

(in EUR)

Bordet-Institut

Rechnungsdefizit

Finanziert über den Fonds FRBRTC oder die Sondersubvention der Region

Zusätzliche Gemeindebeiträge

Gewährte Ausgleichszahlung insgesamt

Überkompensation (+) oder Unterkompensation (–) für das Jahr

Überkompensation (+) oder Unterkompensation (–) insgesamt

1996

752 505

0

0

0

0

0

1997

170 241

0

0

0

0

0

1998

41 349

0

0

0

0

0

1999

44 371

0

0

0

0

0

2000

5 439

0

0

0

0

0

2001

154 518

0

0

0

0

0

2002

– 4 929 105

4 929 106

0

4 929 106

1

1

2003

– 4 916 506

2 025 000

2 891 506

4 916 506

0

1

2004

– 2 001 995

1 321 316

680 679

2 001 995

0

1

2005

– 771 467

800 000

0

800 000

28 533

28 534

2006

– 1 817 630

1 800 000

17 630

1 817 630

0

28 533

2007

– 1 874 162

1 208 531

665 631

1 874 162

0

28 533

2008

– 1 624 347

1 055 516

35 509

1 091 025

– 533 322

– 504 789

2009

– 688 005

1 266 496

0

1 266 496

578 491

73 702

2010

– 655 634

0

0

0

– 655 634

– 581 932

2011

– 838 644

841 506

0

841 506

2 862

– 579 070

2012

– 833 460

817 267

0

817 267

– 16 193

– 595 263

2013

– 2 551 468

1 271 933

0

1 271 933

– 1 279 535

– 1 874 798

2014

– 1 943 857

1 380 000

0

1 380 000

– 563 857

– 2 438 654

 

– 24 277 858

18 716 671

4 290 955

23 007 626

– 2 438 654

 

(243)

Wie bereits oben ausgeführt (siehe Erwägungsgrund 236), konnte die Analyse zum Bestehen einer Überkompensation zugunsten der Universitätsklinik Brugmann für die Jahre 1996-1998 nicht durchgeführt werden, weil die Datenangaben fehlen. Aus der nachfolgenden Tabelle 13 sind leichte technische Überkompensationen in den Jahren 2000, 2003, 2004, 2008 und 2011 zu erkennen (d. h. nicht mehr als 7 % der Ausgleichszahlung für das jeweilige Jahr). In zwei Jahren, 1999 und 2012, belief sich die technische Überkompensation auf mehr als 10 % der Ausgleichszahlung des jeweiligen Jahres (d. h. 15,3 % bzw. 12,9 %). Im Jahr 2012 befand sich die Universitätsklinik Brugmann jedoch insgesamt gesehen in einem Zustand der Unterkompensation, nachdem die Ausgleichszahlungen in den Jahren 2009 und 2010 nicht ausreichend waren (d. h. eine Unterkompensation von 558 858 EUR). Im Jahr 1999 liegen keine Zahlenangaben für die vorhergehenden Jahre vor, die berücksichtigt werden können, um die allgemeine Situation der Über- bzw. Unterkompensation der Universitätsklinik Brugmann im Jahr 1999 darzustellen. Es ist allerdings wichtig herauszustellen, dass die ersten Zahlungen der Gemeinde (auf der Grundlage der Finanzierung aus dem FRBRTC) erst im Jahr 2003 begannen und dass, wie aus der Tabelle 4 in Erwägungsgrund 234 hervorgeht, die Universitätsklinik Brugmann sich zu keinem Zeitpunkt in einer Situation der Überkompensation befand, die sie verpflichtet hätte, die Ausgleichszahlung (teilweise) an die Gemeinde zu erstatten. Die Universitätsklinik Brugmann befand sich tatsächlich im Zeitraum 1996-2014 insgesamt stets in einer Situation der Unterkompensation und die Gemeinde schuldete ihr Geld, um die Defizite in der Vergangenheit zu decken. In diesem Zeitraum betrug die tatsächliche Unterkompensation etwa 935 000 EUR insgesamt.

Tabelle 13

Rechnungsdefizit und Ausgleichszahlung für die Universitätsklinik Brugmann

(in EUR)

Universitätsklinik Brugmann

Rechnungsdefizit

Finanziert über den Fonds FRBRTC oder die Sondersubvention der Region

Zusätzliche Gemeindebeiträge

Gewährte Ausgleichszahlung insgesamt

Überkompenssation (+) oder Unterkompensation (–) für das Jahr

Überkompensation (+) oder Unterkompensation (–) insgesamt

1999

– 508 171

600 000

0

600 000

91 829

91 829

2000

– 3 755 229

3 755 587

0

3 755 587

358

92 188

2001

– 5 440 039

5 440 000

0

5 440 000

– 39

92 149

2002

– 1 976 934

1 976 933

0

1 976 933

– 1

92 149

2003

– 1 697 238

1 770 000

0

1 770 000

72 762

164 911

2004

– 1 442 292

1 457 000

0

1 457 000

14 708

179 619

2005

– 7 413 186

3 657 000

3 756 186

7 413 186

0

179 619

2006

– 14 180 725

3 657 000

10 523 725

14 180 725

0

179 619

2007

– 6 954 466

4 125 610

2 828 856

6 954 466

0

179 619

2008

– 6 308 290

3 999 767

2 505 046

6 504 813

196 523

376 142

2009

– 6 228 859

3 231 504

2 600 612

5 832 116

– 396 743

– 20 601

2010

– 5 011 208

3 644 432

169 179

3 813 611

– 1 197 597

– 1 218 198

2011

– 2 982 442

3 206 932

0

3 206 932

224 490

– 993 708

2012

– 2 945 806

3 380 656

0

3 380 656

434 850

– 558 858

2013

– 2 799 788

2 500 348

0

2 500 348

– 299 440

– 858 298

2014

– 2 923 714

2 847 000

0

2 847 000

– 76 714

– 935 011

 

– 72 568 384

49 249 769

22 383 604

71 633 373

– 935 011

 

(244)

Die begrenzten Gewinne mancher IRIS-Krankenhäuser (Universitätsklinik Saint-Pierre im Jahr 2006, HUDERF im Jahr 1999 und Bordet-Institut zwischen 1996 und 2001) können letztendlich nicht als ein Hinweis auf eine Überkompensation betrachtet werden. Auf der Grundlage der geltenden Kontentrennung (siehe Erwägungsgrund 226) in diesen IRIS-Krankenhäusern kommt die Kommission zu dem Schluss, dass in allen Fällen, außer in einem, die Gewinne durch die Nebendienstleistungen entstanden sind (siehe Erwägungsgründe 41, 116 und 117), die von diesen IRIS-Krankenhäusern erfüllt wurden. Die Tätigkeiten, die mit den Gemeinwohlaufgaben verbunden sind, haben im Bordet-Institut 1996 zu einem begrenzten Gewinn in Höhe von 1 % der Gesamteinnahmen des Krankenhauses für das entsprechende Jahr geführt. Die Kommission ist der Auffassung, dass ein derart begrenzter Gewinn auf jeden Fall angemessen ist und keine Überkompensation darstellt. Hinzu kommt, wie bereits oben erklärt (siehe Erwägungsgrund 234), dass alle Gewinne (aus den DAWI oder den Nebendienstleistungen) einbehalten und für den Ausgleich von zukünftigen Defiziten (oder nicht bezahlten Defiziten der vergangenen Jahre) verwendet werden und auf diese Weise den Zuschuss der Gemeinden reduzieren.

(245)

Angesichts der vorhergehenden Überlegungen kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die betreffenden Gemeinden aufgrund der verspäteten Zahlung für den Defizitausgleich jedem der IRIS-Krankenhäuser zu jedem Zeitpunkt des Zeitraums 1996-2014 erhebliche Beträge zur Defizitdeckung schuldeten, da jedes der IRIS-Krankenhäuser sich, insgesamt gesehen, in einem Zustand der Unterkompensation befunden hätte und kein IRIS-Krankenhaus praktisch überkompensiert worden sei.

7.3.6.   Kontrolle von Überkompensation

(246)

Das dritte wichtige Kriterium für die Vereinbarkeit nach dem DAWI-Beschluss von 2012 verlangt von den Mitgliedstaaten, dass sie Maßnahmen ergreifen, damit die Unternehmen, die mit den Gemeinwohlaufgaben betraut sind, keine Überkompensation erhalten, und verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, regelmäßig Kontrollen zumindest alle drei Jahre durchzuführen (285). Sollte ein Unternehmen tatsächlich eine Überkompensation erhalten haben, sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, von dem Unternehmen die Rückzahlung zu fordern (286).

(247)

Zunächst einmal muss darauf hingewiesen werden, dass die Art des Ausgleichsmechanismus bei der Deckung des betreffenden Defizits allein schon das Risiko der Überkompensation stark einschränkt und daher eine Maßnahme ist, um Überkompensation zu verhindern. Die Gemeinden können nur das tatsächliche Defizit der IRIS-Krankenhäuser infolge ihrer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und der begrenzten Nebendienstleistungen decken. Der Ausgleich deckt daher nur die verbleibenden Nettokosten (siehe Erwägungsgrund 226), die bei der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und den Nebendienstleistungen zu tragen sind, und schließt nicht einmal einen angemessenen Gewinn ein. Alle Zahlungen erfolgen ex post, anders ausgedrückt, nachdem die Defizite erfasst worden sind (siehe diesbezüglich die Tabellen in Erwägungsgrund 234). Die Zahlungen erfolgen in mehreren Raten (wie die Tabellen in Erwägungsgrund 234 veranschaulichen, damit die Gemeinden beim kleinsten Anzeichen einer Überkompensation eine Zahlung zurückhalten können. Die Gemeinden prüfen auch den Betrag der aggregierten unbezahlten Defizite, bevor sie eine Zahlung zugunsten der IRIS-Krankenhäuser leisten. Wie bereits oben erklärt (siehe Erwägungsgrund 235), haben die Gemeinden und die IRIS-Krankenhäuser vereinbart, dass der Ausgleich des Defizits sofort nach Artikel 109 KhG erstattet wird, um jede Doppeldeckung des gleichen Defizits zu vermeiden. Es besteht daher ein begrenztes und theoretisches Restrisiko der technischen Überkompensation, wenn man die Ausgleichszahlung für jedes Jahr isoliert analysiert (siehe Erwägungsgründe 237 und 238). In der Praxis hat keines der IRIS-Krankenhäuser, insgesamt gesehen, jemals eine tatsächliche Überkompensation erhalten, da die Gemeinden im Zeitraum 1996-2014 den IRIS-Krankenhäusern beträchtliche Beträge als Ausgleich für unbezahlte Defizite schuldeten (wie aus den Tabellen in Erwägungsgrund 234 ersichtlich ist).

(248)

Zweitens sind im Gesetz vom 14. November 1983 (287) die Vorschriften über die Kontrolle der Gewährung und der Verwendung von bestimmten Subventionen definiert, die auf die Kontrolle der gewährten Subventionen, insbesondere durch die lokalen Behörden, anwendbar sind. Es enthält die gleichen Vorschriften wie die Brüsseler Grundlagenordonnanz vom 23. Februar 2006, in der die Bestimmungen für den Haushaltsetat, die Konten und Rechnungsprüfungen definiert sind (288) und in der auch die allgemeinen Vorschriften, nach dem Gesetz vom 16. Mai 2003 zur Einführung der Grundregeln für Haushaltsetats, die Kontrolle der Subventionen und die Buchführung der Gemeinden und der Region sowie die Organisation der Überwachung des belgischen Gerichtshofes in der Region Brüssel-Hauptstadt integriert sind (289). In Artikel 1 des Gesetzes vom 14. November 1983 heißt es:

„Das vorliegende Gesetz wird auf alle Subventionen angewandt, die von folgenden Einrichtungen gewährt werden:

1.

Provinzen, Gemeinden, Einrichtungen von provinzialem oder kommunalem Interesse mit Rechtspersönlichkeit, Agglomerationen, Gemeindeverbänden, Kulturausschüssen, Verbänden der Provinzen und Vereinen der Gemeinden;

2.

juristischen oder natürlichen Personen, die direkt oder indirekt durch einen der Geldgeber unter Punkt 1 subventioniert werden.“

In Artikel 2 ist auch der breite Anwendungsbereich dieses Gesetzes festgelegt, der wie folgt lautet:

„Unter Subvention ist […] jeder Zuschuss, jeder Vorteil oder jede Beihilfe in jeglicher Form oder unter jeglicher Bezeichnung zu verstehen, einschließlich rückzahlbarer Vorschüsse, die zinslos zur Förderung von Tätigkeiten gewährt werden, die von allgemeinem Interesse sind […].“

Aus den oben erwähnten Artikeln geht klar hervor, dass der Defizitausgleich, den die Brüsseler Gemeinden den IRIS-Krankenhäusern für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und Nebendienstleistungen gewährt hat, in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fällt.

(249)

Artikel 3 des Gesetzes vom 14. November 1983 legt den Grundsatz fest, nach dem die Subvention ausschließlich zu dem Zweck zu verwenden ist, für den sie gewährt worden ist, und bestimmt, dass der Begünstigte seine Verwendung nachweisen können muss. In den Artikeln 4 und 5 sind die Vorschriften für die Gewährung dieser Subventionen und die Verpflichtungen zur Transparenz definiert, die dem Begünstigten auferlegt werden. In den Artikeln 6 und 7 sind die Vorschriften bezüglich der Kontrolle definiert, die durch oder im Namen des Subventionsgebers im Hinblick auf die Verwendung der Subventionen durchgeführt werden. Insbesondere Artikel 6 lautet wie folgt:

„Jeder Geber [von Subventionen] hat das Recht, an Ort und Stelle eine Kontrolle über den Einsatz der gewährten Subvention vorzunehmen.“

In Artikel 7 sind die Verpflichtungen für die Rückzahlung und die Wiedereinziehung von Subventionen festgelegt. Dieser Artikel lautet wie folgt:

„Unbeschadet der aufhebenden Bestimmungen, die für die Subvention gelten, ist der Begünstigte verpflichtet, diese in folgenden Fällen zurückzuzahlen:

1.

wenn er die Subvention nicht zu dem Zweck verwendet, zu dem sie ihm gewährt worden ist;

2.

wenn einer der Belege nach Artikel 4 und 5 nicht vorgelegt wird;

3.

wenn er sich der Ausübung der Kontrolle nach Artikel 6 widersetzt.

Für den Fall unter Absatz 1 Punkt 2 muss der Begünstigte nur den Teil der Subvention zurückgeben, der nicht belegt ist.

Juristische Personen des öffentlichen Rechts, die zur direkten Besteuerung berechtigt sind, dürfen die rückzahlbaren Subventionen durch Zwangsbefehl einziehen. Der Zwangsbefehl wird vom Buchhalter ausgesprochen, der mit dem Einzug beauftragt ist. Er wird von der Verwaltungsbehörde vollstreckt, welche dafür zuständig ist, die Veranlagungsliste für direkte Steuern bezüglich dieser juristischen Personen öffentlichen Rechts zu vollstrecken.“

(250)

Dieses Gesetz ermöglicht es den Gemeinden daher zu gewährleisten, dass die Subventionen zu den notwendigen Konditionen gewährt werden, dass sie die Verwendung kontrollieren und die nicht erforderlichen Beträge wieder einziehen können. Die Zahlung der Defizitdeckung durch die Gemeinden unterliegt also sehr strengen Vorschriften. Aus dem Einverständnis der betreffenden Krankenhäuser mit diesen Vorschriften ergibt sich ein Prüfrecht einer unabhängigen Stelle, damit gewährleistet werden kann, dass die Subvention tatsächlich bestimmungsgemäß eingesetzt wurde. Sonst ist das Krankenhaus verpflichtet, diese sofort zurückzuzahlen, wodurch die Erstattung jeglicher Überkompensation zugunsten der IRIS-Krankenhäuser sichergestellt ist.

(251)

Dies wird durch das ÖSHZ-Gesetz untermauert, dessen Artikel 60 Absatz 6 folgenden Wortlaut hat:

„Die Schaffung oder Erweiterung von Einrichtungen oder Dienststellen, die Zuschüsse im Bereich der Investitionen oder des Betriebs erhalten können, kann nur aufgrund einer Akte entschieden werden, aus der hervorgeht, dass die Rechtsvorschriften oder die grundlegenden Regelungen für die Gewährung dieser Zuschüsse eingehalten werden.“

Wenn ein ÖSHZ einem öffentlichen Krankenhaus einen Zuschuss gibt, ist nachzuweisen, dass die Vorschriften für die Gewährung der Finanzierung eingehalten werden.

(252)

Ebenso ist in Artikel 135 octies ÖSHZ-Gesetz festgelegt, nach welchen Regelungen der Dachverband (im vorliegenden Fall IRIS-Dachverband) die lokalen Verbände nach Kapitel XII (im vorliegenden Fall die IRIS-Krankenhäuser) in jedem Quartal zu beaufsichtigen hat. Insbesondere bedeutet das, dass der IRIS-Dachverband kontrolliert, ob die Entscheidungen der IRIS-Krankenhäuser mit Folgendem übereinstimmen:

„1.

dem allgemeinen Strategieplan und Plan zur Festlegung der Krankenhaustätigkeiten und den Entscheidungen über dessen Anwendung;

2.

dem Flächenplan und dem Finanzierungsplan, die vom lokalen Verband auf der Grundlage der Richtlinien des Dachverbands genehmigt wurden sowie der Korrekturen und Aktualisierungen, die vorgenommen worden sind;

3.

dem Jahresetat, den der lokale Verband auf der Grundlage der Richtlinien des Dachverbands verabschiedet hat.

Bei Nichtübereinstimmung ergreift der Dachverband alle Maßnahmen, die er für zweckmäßig hält, um die Nichtübereinstimmung zu beseitigen, und teilt diese dem betreffenden lokalen Verband mit, damit dieser sie in einer vom Dachverband festgelegten Frist durchführt.

Sollten die Maßnahmen von dem betreffenden lokalen Verband nicht in der vorgegebenen Frist durchgeführt werden, kann der Dachverband das säumige Organ des lokalen Verbands durch den Beauftragten nach Artikel 135 novies ersetzen.“

(253)

Aus den oben genannten Bestimmungen geht hervor, dass die Brüsseler Gemeinden, sowohl aufgrund des ÖSHZ-Gesetzes als auch des Gesetzes vom 14. November 1983, die Garantie haben, dass die den IRIS-Krankenhäusern gewährten Subventionen ordnungsgemäß eingesetzt sind und zu keiner Überkompensation führen. Da diese Bestimmungen gleichzeitig angewandt werden, wird die Kontrolle der Überkompensation erleichtert und Überkompensationen werden wieder eingezogen. Bei Nichtübereinstimmung wird zudem einem Dritten eine Substitutionsvollmacht erteilt, um sicherzustellen, dass diese Verpflichtungen, die den IRIS-Krankenhäusern, insbesondere hinsichtlich des Haushaltsetats, obliegen werden, auch erfüllt werden. Die Gemeinden, die ÖSHZ und der IRIS-Dachverband verfügen daher über weitreichende Überwachungsbefugnisse, auch wenn es praktisch gar kein Risiko der Überkompensation durch den fraglichen Mechanismus des Defizitausgleichs gibt, der Gegenstand dieses Beschlusses ist.

(254)

Darüber hinaus kann das Bürgermeister- und Schöffenkollegium (Collège des bourgmestres et échevins — in Belgien sind Schöffen gewählte Beigeordnete des Bürgermeisters) nach Artikel 111 Absatz 2 und 126 ÖSHZ-Gesetz bei einem Defizit der Betriebskonten eines öffentlichen Krankenhauses die Durchführung „jeder ÖSHZ-Entscheidung [aussetzen], die den kommunalen und vor allem den finanziellen Interessen der Gemeinde schadet“.

(255)

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die staatlichen Stellen, welche die fragliche Beihilfe gewähren (und zwar die Gemeinden und die ÖSHZ), die Begünstigten direkt kontrollieren. Diese Stellen verfügen über die Stimmenmehrheit in den Vorständen der IRIS-Krankenhäuser, die u. a. den Generaldirektor ihrer jeweiligen Krankenhäuser ernennen. Falls ein IRIS-Krankenhaus sich weigern würde, die Überkompensation zurückzuerstatten, was sehr unwahrscheinlich ist, könnten die staatlichen Stellen den Generaldirektor problemlos austauschen, um Abhilfe zu schaffen. Des Weiteren kommt der Vorstand mindestens acht Mal pro Jahr zusammen, wie es entsprechend der Satzung eines jeden IRIS-Krankenhauses erforderlich ist, wodurch die Beihilfegeber die Möglichkeit haben, die finanzielle Situation der IRIS-Krankenhäuser besser zu verfolgen (vor allem mithilfe der Quartalsberichte zu diesem Thema, die nach der Satzung erforderlich sind).

(256)

In Anbetracht der obigen Ausführungen kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass ausreichende Mittel zur Verfügung stehen, um Überkompensationen zu vermeiden, zu erkennen und wieder einzuziehen, während das Risiko der tatsächlichen Überkompensation aufgrund der Art der umstrittenen Beihilfe sehr begrenzt erscheint.

7.3.7.   Betrauungszeitraum

(257)

Gemäß Artikel 2 Absatz 2 des DAWI-Beschlusses von 2012 findet der Beschluss nur Anwendung, wenn der Zeitraum, für den ein Unternehmen betraut wird, nicht mehr als zehn Jahre beträgt, es sei denn, es ist eine erhebliche Investition seitens des betrauten Unternehmens erforderlich, die nach allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen über einen längeren Zeitraum abgeschrieben werden muss.

(258)

Die Statuten der IRIS-Krankenhäuser, die im vorliegenden Fall Betrauungen auf kommunaler Ebene darstellen, gelten für einen Zeitraum von 30 Jahren. Die Kommission hat festgestellt, dass dieser lange Zeitraum dadurch gerechtfertigt ist, dass die IRIS-Krankenhäuser als betraute DAWI-Dienstleister erhebliche Investitionen tätigen müssen. So bestehen die größten Vermögenswerte der IRIS-Krankenhäuser aus ihren Immobilien (die mehr als 60 % des Wertes ihrer Aktiva ausmachen), die, nach allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen, über einen Zeitraum von 30 Jahren abgeschrieben werden (290). Im Übrigen sind die IRIS-Strategiepläne, die den IRIS-Krankenhäusern zusätzliche Verpflichtungen auferlegen, zeitlich noch stärker begrenzt. Der erste Strategieplan deckte den Zeitraum 1996-2001 ab. Der zweite Strategieplan galt ursprünglich für den Zeitraum 2002-2006, wurde jedoch anschließend geändert und bis Ende 2014 verlängert. Im Januar 2015 wurde ein neuer Strategieplan für den Zeitraum 2015-2018 verabschiedet.

(259)

Zudem wurde die föderale Betrauung bezüglich der grundlegenden Krankenhausaufgabe durch das Gesetz vom 10. April 2014 (291) begrenzt (292), indem Artikel 105 der derzeitigen Fassung des KhG geändert wurde (293). Insbesondere wird nach Artikel 105 derzeit verlangt, dass der Zeitraum, für den der Finanzmittelhaushalt gewährt wird, nicht über zehn Jahre hinausgeht, außer für Posten des Finanzmittelhaushalts, welche hohe Investitionskosten im Krankenhausbereich decken, die, nach den allgemein anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen, eine Abschreibung über einen längeren Zeitraum erforderlich machen. Schließlich ist die individuelle Zulassung, über welche die Krankenhäuser verfügen müssen, um Anspruch auf die Finanzierung des Finanzmittelhaushalts zu haben, ebenfalls zeitlich begrenzt (sie hängt von der Region ab, liegt jedoch im Allgemeinen bei fünf Jahren und keinesfalls bei mehr als zehn Jahren).

(260)

Die Kommission stellt daher fest, dass die Verpflichtung nach Artikel 2 Absatz 2 des DAWI-Beschlusses von 2012, den Betrauungszeitraum einzuschränken und zu rechtfertigen, erfüllt ist.

7.3.8.   Transparenz

(261)

Zu guter Letzt sind die Mitgliedstaaten entsprechend des DAWI-Beschlusses von 2012 verpflichtet, bestimmte Informationen zu veröffentlichen. Genauer gesagt, müssen die Mitgliedstaaten nach Artikel 7 des DAWI-Beschlusses von 2012 bei Ausgleichsleistungen von mehr als 15 Mio. EUR, die einem Unternehmen gewährt worden sind, das außerhalb des Anwendungsbereichs der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse noch andere Tätigkeiten ausübt, den Betrauungsakt (oder eine Zusammenfassung, die die in Artikel 4 des Beschlusses genannten Angaben enthält) und den jährlichen Beihilfebetrag für das betreffende Unternehmen im Internet oder in sonstiger Weise veröffentlichen.

(262)

Die Verpflichtung zur Transparenz des DAWI-Beschlusses von 2012 gilt für „Ausgleichsleistungen von mehr als 15 Mio. EUR, die einem Unternehmen gewährt werden, das außerhalb des Anwendungsbereichs der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse noch andere Tätigkeiten ausübt“. Wie die Tabellen 9 bis 13 zeigen, liegt die Ausgleichsleistung der Gemeinden zur Deckung des Defizits je IRIS-Krankenhaus niemals, in keinem Jahr, über der Schwelle von 15 Mio. EUR. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die Verpflichtung zur Transparenz nach Artikel 7 des DAWI-Beschlusses von 2012 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist.

7.3.9.   Zusammenfassung der Schlussfolgerungen über die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt

(263)

Angesichts der vorhergehenden Erwägungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Deckung des Defizits der öffentlichen Brüsseler IRIS-Krankenhäuser durch die Brüsseler Gemeinden seit 1996, die Gegenstand dieses Beschlusses ist, den Anforderungen des DAWI-Beschlusses von 2012 gerecht wird und daher in Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

(264)

Aus der oben genannten Schlussfolgerung und den Erklärungen in den Erwägungsgründen 148 bis 152 ist abzuleiten, dass die Kommission nicht zu beurteilen braucht, ob die Ausgleichsleistung für die Defizite der öffentlichen Brüsseler IRIS-Krankenhäuser durch die Brüsseler Gemeinden auch nach der DAWI-Entscheidung von 2005 (für die Beihilfe, die zwischen dem 19. Dezember 2005 und dem 31. Januar 2012 gewährt wurde) bzw. dem DAWI-Rahmen von 2012 mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

7.4.   Abschließende Bemerkungen

(265)

Wie oben erklärt (siehe Erwägungsgrund 159), hat das Gericht in seinem Nichtigkeitsurteil vom 7. November 2012 auf den Grundsatz der Gleichbehandlung verwiesen. In diesem Kontext erinnert die Kommission daran, dass der Grundsatz des Diskriminierungsverbots/der Gleichbehandlung nicht zu den im DAWI-Beschluss von 2012 festgelegten Kriterien für die Vereinbarkeit gehört. Dennoch kommt die Kommission im vorliegenden Fall zu dem Schluss, dass dieser Grundsatz auf jeden Fall eingehalten wurde, da die IRIS-Krankenhäuser und die Brüsseler Privatkliniken in juristischer und sachlicher Hinsicht unterschiedlich gestellt sind, da die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse der öffentlichen IRIS-Krankenhäuser wesentlich weiter gefasst sind als die der Privatkliniken und ihre Erbringung folglich mehr kostet (wie oben erklärt, siehe Absatz 7.3.4.1). Darüber hinaus führt die Kommission aus, dass die öffentlichen IRIS-Krankenhäuser einer Reihe von Auflagen unterliegen und ihnen aus der Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, mit denen sie beauftragt sind, zusätzliche Kosten (siehe Erwägungsgründe 42 und 43) entstehen.

(266)

Da sich die IRIS-Krankenhäuser und die Brüsseler Privatkliniken in unterschiedlichen/nicht vergleichbaren Situationen befinden, kann die Zahlung zum Ausgleich der Defizite der IRIS-Krankenhäuser nicht als Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung betrachtet werden.

8.   ERGEBNIS

(267)

Auf der Grundlage der voranstehenden Beurteilung beschließt die Kommission, dass die staatliche Beihilfe im vorliegenden Fall, gemäß Artikel 106 Absatz 2 AEUV, mit dem Binnenmarkt vereinbar ist —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die staatliche Beihilfe in Form eines Ausgleichs des Defizits der Brüsseler IRIS-Krankenhäuser durch die Brüsseler Gemeinden seit 1996 ist gemäß Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union mit dem Binnenmarkt vereinbar.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an das Königreich Belgien gerichtet.

Brüssel, den 5. Juli 2016

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Mitglied der Kommission


(1)  Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag die Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union („AEUV“) getreten. Die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag und die Artikel 107 und 108 AEUV sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen dieses Beschlusses sind Bezugnahmen auf die Artikel 107 und 108 AEUV als Bezugnahmen auf die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag zu verstehen, wo dies angebracht ist. Im AEUV wurden auch bestimmte Änderungen in der Terminologie eingeführt; so wurde zum Beispiel „Gemeinschaft“ durch „Union“, „Gemeinsamer Markt“ durch „Binnenmarkt“ und „Gericht erster Instanz“ durch „Gericht“ ersetzt. In diesem Beschluss wird durchgängig die Terminologie des AEUV verwendet.

(2)   ABl. C 437 vom 5.12.2014, S. 10.

(3)  Zusammen verfügen diese fünf öffentlichen Krankenhäuser über ungefähr 2 425 der 7 260 Betten der allgemeinen Krankenhäuser und Universitätskliniken der Region Brüssel-Hauptstadt (mit Ausnahme der psychiatrischen, geriatrischen und anderer spezialisierter Krankenhäuser). Sie beschäftigen rund 10 000 Personen. In diesen Krankenhäusern finden jährlich über eine Million ärztliche Beratungen statt. Die Zahl der genehmigten Krankenhausbetten wurde von den belgischen Behörden zur Verfügung gestellt (welche die Gemeinsame Gemeinschaftskommission und den Föderalen Öffentlichen Dienst „Volksgesundheit“ konsultiert haben) und bezieht sich auf das Jahr 2015. Weitere Informationen stehen auf der Website von IRIS (siehe http://www.iris-hopitaux.be) zur Verfügung.

(4)  Weitere Informationen über diese öffentlichen Krankenhäuser und ihre Dienstleistungen sind den Abschnitten 2.2 und 2.4 zu entnehmen.

(5)  Die Abkürzung IRIS steht für Interhospitalière régionale des infrastructures de soins (Regionaler Dachverband der Gesundheitsinfrastrukturen).

(6)  Die Beschwerdeführer hatten darum gebeten, dass ihre Identitäten nicht offengelegt werden. Im Hinblick auf die Nichtigkeitsklage dieser Parteien und des Nichtigkeitsurteils vom 7. November 2012 des Gerichts in der Sache T-137/10 werden die Identitäten nun jedoch offengelegt (siehe Erwägungsgründe 4 und 6). Ferner ist darauf hinzuweisen, dass ABISP und ihre Mitglieder ihre Beschwerde zurückgezogen haben.

(7)  Das letzte Argument wurde von den Beschwerdeführern zum ersten Mal in ihrem Schreiben vom 15. Dezember 2008 vorgebracht.

(8)  Die Kommissionsdienststellen gelangten im Wesentlichen zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die IRIS-Krankenhäuser eindeutig ordnungsgemäß mit öffentlichen Gemeinwohlaufgaben betraut seien, dass die Ausgleichszahlung, die diese Krankenhäuser erhalten haben, klar festgelegt sei und dass diese Ausgleichszahlung nicht überhöht sei. Folglich kamen die Kommissionsdienststellen zu dem Schluss, dass keine beihilferechtlichen Probleme vorlägen. Sie haben weiterhin festgestellt, dass die Transparenzkriterien offenbar ebenfalls eingehalten worden seien. Die Kommissionsdienststellen stellten daher fest, dass es keine ausreichenden Gründe gebe, die Untersuchung fortzusetzen, da die Beschwerdeführer keine neuen Anhaltspunkte übermittelt hätten.

(9)  Rechtssache T-128/08, noch nicht veröffentlicht.

(10)  Rechtssache T-241/08, noch nicht veröffentlicht.

(11)  Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1).

(12)   ABl. C 74 vom 24.3.2010 S. 1.

(13)  Entscheidung 2005/842/EG der Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden (ABl. L 312 vom 29.11.2005, S. 67).

(14)  Rechtssache T-137/10, CBI/Kommission, ECLI:EU:T:2012:584.

(15)  Ebd., Rn. 313.

(16)  Siehe Fußnote 2.

(17)  Belgisches Staatsblatt vom 5. August 1976, S. 9876.

(18)  Die Region Brüssel-Hauptstadt besteht aus neunzehn Gemeinden; die sechs Gemeinden, um die es geht, sind Folgende: Anderlecht, Brüssel-Stadt, Etterbeek, Ixelles, Schaerbeek und Saint-Gilles.

(19)  Es geht konkret um folgende Krankenhäuser: Universitätsklinik Brugmann-Huderf (bis zum 1. Januar 1997 eine Einheit), Universitätsklinik Saint-Pierre, das Bordet-Institut, das Krankenhaus Baron Lambert, das Krankenhaus Bracops, das Krankenhaus Molière, das Krankenhaus Brien und das Krankenhaus Etterbeek-Ixelles.

(20)  Der Fettdruck wurde hinzugefügt.

(21)  Der Fettdruck wurde hinzugefügt.

(22)  Ordentliche Sitzung 1995-1996. Unterlagen der Sitzung der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission von Brüssel, Ordonnanz-Projekt: B-10/1. — Bericht: B-10/2. Vollständiger Sitzungsbericht. — Erörterung und Annahme: Sitzung vom 22. Dezember 1995.

(23)  In den vorbereitenden Arbeiten wird insbesondere erläutert, dass die Kooperationsvereinbarung vom 19. Mai 1994 zu dem Zweck abgeschlossen wurde, „den Fortbestand der öffentlichen Krankenhäuser in Brüssel sicherzustellen, u. a. indem Koordinations- und Kooperationsmechanismen zwischen den Verantwortlichen der verschiedenen öffentlichen Krankenhauseinrichtungen in der Region Brüssel-Hauptstadt, nämlich den Gemeinden, den [ÖSHZ] und den Verbänden gemäß Kapitel XII [ÖSHZ-Gesetz], eingerichtet und gefördert werden“.

(24)  In Artikel 121 ÖSHZ-Gesetz wird erläutert, dass Verbände, die unter das Kapitel XII fallen, Rechtspersönlichkeit besitzen.

(25)  Einige IRIS-Krankenhäuser haben mehrere Standorte. Derzeit hat die Universitätsklinik-B drei Standorte (Victor Horta, Paul Brien und Reine Astrid), die Universitätsklinik-SP zwei Standorte (Porte de Hal und César de Paepe) und die HIS (Hôpitaux Iris Sud — Krankenhausgruppe Iris-Süd) vier Standorte (Etterbeek-Ixelles, J. Bracops, Molière-Longchamp und Baron Lambert).

(26)  Für die Überwachung durch den IRIS-Dachverband sind in der Ordonnanz (der Region Brüssel-Hauptstadt) vom 22. Dezember 1995 (Belgisches Amtsblatt vom 7. Februar 1996, S. 2737) genaue Bedingungen festgelegt.

(27)  In Artikel 120 ÖSHZ-Gesetz sind die Minimalkriterien aufgeführt, nach denen die Statuten der Vereinigungen, die von den ÖSHZ auf der Basis von Kapitel XII ÖSHZ-Gesetz gegründet wurden, aufgestellt werden.

(28)  Artikel 125 ÖSHZ-Gesetz besagt: „Ungeachtet des Anteils der Einbringung der verschiedenen Mitglieder verfügen öffentlich-rechtliche Personen immer über die Stimmenmehrheit in den verschiedenen Verwaltungs- und Geschäftsführungsorganen des Verbands.“

(29)  Der FRBRTC wurde durch die Ordonnanz vom 8. April 1993, Belgisches Staatsblatt vom 12. Mai 1993, S. 10889 (geändert durch die Ordonnanz vom 2. Mai 2002), eingerichtet.

(30)  Der Betrag von 100 Mio. EUR war nicht ausreichend, um die gesamten finanziellen Verbindlichkeiten der Krankenhäuser zu decken, die sich Ende 1995 auf ein kumuliertes Defizit von etwa 200 Mio. EUR beliefen.

(31)  Belgisches Staatsblatt vom 7. Oktober 1987, S. 14652. Ersetzt durch das koordinierte Gesetz für Krankenhäuser und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens vom 10. Juli 2008 (Belgisches Staatsblatt vom 7. November 2008, S. 58624).

(32)  Dieser Beschluss bezieht sich nur auf Artikel 147 KhG, um die Bezugnahme zu erleichtern, wobei diese Bezugnahme ab Inkrafttreten des Gesetzes vom 10. Juli 2008 unter den Artikel 163 KhG fällt.

(33)  Siehe Artikel 2 bis 7 des Gesetzes vom 7. August 1987.

(34)  Siehe Artikel 10 bis 17 des Gesetzes vom 7. August 1987.

(35)  Siehe Artikel 23 bis 45 des Gesetzes vom 7. August 1987. Die Bedarfsplanung erfolgt, indem auf der Grundlage des von den föderalen Stellen ermittelten medizinischen Bedarfs eine maximale Anzahl von Krankenhausbetten pro Region bestimmt wird. Daraus folgt — unter der Voraussetzung, dass der Bedarf an Krankenhausbetten nicht steigt —, dass eine Erhöhung der Bettenkapazität (oder jede Errichtung eines Krankenhauses) nur genehmigt wird, wenn an anderer Stelle Betten gestrichen werden.

(36)  Siehe Artikel 68 bis 76 sexies des Gesetzes vom 7. August 1987.

(37)  Siehe Artikel 130 bis 142 des Gesetzes vom 7. August 1987.

(38)  Siehe http://www.iris-hopitaux.be/fr (Website am 19. August 2015 aufgerufen).

(39)  Siehe Fußnote 246 für das durchschnittliche Medianeinkommen.

(40)  Die Verpflichtung beruht vor allem auf dem Gesetz vom 18. Juli 1966, auf Artikel 42 Absatz 5 ÖSHZ-Gesetz, auf dem Gesetz vom 24. Juni 1988, auf dem Erlass der Exekutive der Region Brüssel-Hauptstadt vom 25. Juli 1991 und auf dem Regierungserlass der Region Brüssel-Hauptstadt vom 6. Mai 1999.

(41)  All diese Kostenschätzungen, die in dieser und den folgenden Erwägungsgründen aufgeführt sind, betreffen das Jahr 2010 und spiegeln die verbleibenden Kosten wider, die von den IRIS-Krankenhäusern, nach Abzug der eventuellen staatlichen Finanzierung durch die Region Brüssel-Hauptstadt oder die föderale Regierung, zu tragen sind.

(42)  Diese Informationen fallen unter das Berufsgeheimnis.

(43)  Diese Verpflichtung beruht insbesondere auf Artikel 156 und Artikel 161 Absatz 1 und 2 des Gesetzes vom 24. Juni 1988, auf Artikel 42 Absatz 5 ÖSHZ-Gesetz und auf Absatz 3.4 des Gewerkschaftsprotokolls 95/3 vom 27. Oktober 1995.

(44)  Diese Verpflichtung beruht vor allem auf dem Gesetz vom 14. Februar 1961, auf Artikel 42, Absatz 5, ÖSHZ-Gesetz, auf dem Gesetz vom 24. Juni 1988 und auf dem Regierungserlass der Region Brüssel-Hauptstadt vom 6. Mai 1999.

(45)  Diese tariflichen Gehaltserhöhungen werden in den Tarifverträgen 2003/1, 2004/10, 2007/1 und 2009/1 festgelegt.

(46)  Die Region Brüssel-Hauptstadt hat eine Struktur mit einem Dachverband vorgeschrieben, der für die Koordination und die Aufsicht der Krankenhausaufgaben der IRIS-Krankenhäuser gemäß Kapitel XII bis des ÖSHZ-Gesetzes verantwortlich ist.

(47)  Dieser Grundsatz wurde bei einigen IRIS-Krankenhäusern ursprünglich in Artikel 44 oder 47 aufgeführt, er wird im Grunde jedoch in jedem Fall bereits in den ursprünglichen Statuten erwähnt.

(48)  Zum Zeitpunkt der Errichtung der IRIS-Krankenhäuser wurde dieser Grundsatz in Artikel 44 der Statuten aufgenommen: „Das Betriebsergebnis wird durch Beschluss der Generalversammlung unter den Gesellschaftern, die über mindestens ein Fünftel der Stimmen in der Generalversammlung verfügen, anteilsmäßig aufgeteilt.“

(49)  Im September 2013 hat die Christliche Krankenkasse (Mutualité chrétienne), eine der größten belgischen Krankenkassen auf Gegenseitigkeit („Mutuelles“ sind private Einrichtungen, ohne Erwerbszweck, die für die Rückerstattung der Arztkosten verantwortlich sind, welche von der Sozialversicherung übernommen werden), einen Artikel veröffentlicht, dem zufolge sich die Einnahmen der belgischen Krankenhäuser im Jahre 2011 im Durchschnitt auf diese drei Finanzierungsquellen verteilt haben: 1. BMF (Finanzmittelhaushalt): 49 %, 2. LIKIV (Landesinstitut für Kranken- und Invalidenversicherung — INAMI, Institut national d'assurance maladie-invalidité): 42 %, und 3. Patienten (oder ihre Privatversicherung): 9 %.

(50)  Siehe Artikel 87 ff. des Gesetzes vom 7. August 1987.

(51)  Siehe Artikel 24 bis 87 des Königlichen Erlasses vom 25. April 2002 (Belgisches Staatsblatt vom 5. Juli 2002, S. 30290).

(52)  Siehe Gesetz vom 9. August 1963 in der geänderten Fassung (Belgisches Staatsblatt vom 1. November 1963, S. 10555).

(53)  Belgisches Staatsblatt vom 27. August 1994, S. 21524.

(54)  Siehe Artikel 133 bis 135 des Gesetzes vom 7. August 1987.

(55)  Siehe Artikel 140 des Gesetzes vom 7. August 1987.

(56)  Siehe Artikel 46 ff. des Gesetzes vom 7. August 1987.

(57)  Siehe Artikel 47 des Gesetzes vom 7. August 1987.

(58)  Dieser Beschluss bezieht sich nur auf Artikel 109 KhG, um die Bezugnahme zu erleichtern, wobei diese Bezugnahme ab Inkrafttreten des Gesetzes vom 10. Juli 2008 unter den Artikel 125 KhG fällt.

(59)  Belgisches Staatsblatt vom 1. Januar 1964, S. 2. Diesem Gesetz zufolge müssen 10 % des Defizits durch die Gemeinde gedeckt werden, in der sich das Krankenhaus befindet, und die verbleibenden 90 % von den belgischen Gemeinden, in denen die Patienten jeweils ihren Wohnsitz haben.

(60)  Belgisches Staatsblatt vom 29. Dezember 1973, S. 15027.

(61)  Sie waren es ursprünglich im Königlichen Erlass vom 8. Dezember 1986 (Belgisches Staatsblatt vom 12. Dezember 1986, S. 17023), geändert durch den Königlichen Erlass vom 10. November 1989 und anschließend ersetzt durch den Königlichen Erlass vom 8. März 2006 (Belgisches Staatsblatt vom 12. April 2006, S. 20232).

(62)  Die anderen Posten, die von der Defizitabdeckung nach Artikel 109 KhG ausgeschlossen sind, bestehen vor allem aus der Schätzung der Nachtragszahlungen im Zusammenhang mit dem BMF, einigen Rücklagen und einigen Arten der Abschreibung.

(63)  Das Defizit nach Artikel 109 KhG wird auf der Grundlage des Rechnungsdefizits kalkuliert und schließt bestimmte Posten aus.

(64)  Belgisches Staatsblatt vom 4. September 1975, S. 10847.

(65)  Siehe Artikel 77 bis 78 des Gesetzes vom 7. August 1987.

(66)  Siehe Artikel 80 bis 85 des Gesetzes vom 7. August 1987.

(67)  Siehe Artikel 86 bis 86 ter des Gesetzes vom 7. August 1987.

(68)  Siehe Artikel 115 des Gesetzes vom 7. August 1987.

(69)  Siehe Fußnote 29.

(70)  Diese Sonderzuschüsse wurden auf der Grundlage der Ordonnanz vom 13. Februar 2003 (Belgisches Staatsblatt vom 5. Mai 2003, S. 24098) gewährt.

(71)  Entscheidung der Kommission in der Sache SA.19864 (ex NN 54/09) (ABl. C 74 vom 24.3.2010, S. 1).

(72)  Ebd., Erwägungsgründe 140-145.

(73)  Ebd., Erwägungsgründe 146-150.

(74)  Ebd.

(75)  Ebd., Erwägungsgründe 151-155.

(76)  Ebd., Erwägungsgrund 156.

(77)  Ebd., Erwägungsgründe 175-181.

(78)  Ebd., Erwägungsgründe 182-193.

(79)  Ebd., Erwägungsgründe 204-205.

(80)  Ebd., Erwägungsgrund 206.

(81)  Ebd., Erwägungsgrund 198.

(82)  Ebd., Erwägungsgrund 199.

(83)  Ebd., Erwägungsgrund 201.

(84)  Siehe Fußnote 14.

(85)  Ebd., Rn. 70.

(86)  Ebd., Rn. 313.

(87)  Ebd., Rn. 97-188.

(88)  Ebd., Rn. 119-120.

(89)  Ebd., Rn. 104.

(90)  Ebd., Rn. 123-151.

(91)  Ebd., Rn. 152-159.

(92)  Ebd., Rn. 174-188.

(93)  Ebd., Rn. 159.

(94)  Ebd., Rn. 189-244.

(95)  Ebd., Rn. 194 und 195-202.

(96)  Ebd., Rn. 196.

(97)  Ebd., Rn. 194.

(98)  Ebd., Rn. 203-207.

(99)  Ebd., Rn. 208-211.

(100)  Ebd., Rn. 215.

(101)  Ebd., Rn. 216-218.

(102)  Ebd., Rn. 231-244.

(103)  Ebd., Rn. 238.

(104)  Ebd., Rn. 239-244.

(105)  Ebd., Rn. 245-301.

(106)  Ebd., Rn. 253-255.

(107)  Ebd., Rn. 257-258 und 265.

(108)  Ebd., Rn. 259-264.

(109)  Ebd., Rn. 266-278.

(110)  Ebd., Rn. 279-288.

(111)  Ebd., Rn. 286.

(112)  Ebd., Rn. 288.

(113)  Ebd., Rn. 290.

(114)  Ebd., Rn. 300.

(115)  Ebd., Rn. 308.

(116)  Siehe Fußnote 2.

(117)  Vgl. hierzu das Urteil in der Rechtssache T-137/10, Rn. 310 und 313.

(118)  Die Frage, ob diese Tätigkeiten einen allgemeinen Dienst von wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Artikel 106 Absatz 2 AEUV darstellen oder nicht, und ob diese Tätigkeiten den Krankenhäusern durch einen ordnungsgemäßen Betrauungsakt anvertraut worden sind, wird in folgenden Abschnitten bewertet (in Abschnitt 7.3.4).

(119)  Vgl. hierzu das Urteil in der Rechtssache T-137/10, Rn. 308.

(120)  Siehe Urteil vom 25. Januar 2013 in der Rechtssache RG 2010/15534/A, ASBL La Clinique Fond'Roy/[…] und die ÖSHZ von Uccle und Anderlecht.

(121)  Gemäß dem Königlichem Erlass vom 12. Dezember 1996 über dringend notwendige medizinische Hilfe wird die Dringlichkeit von einem Arzt oder Zahnarzt beurteilt und bescheinigt. Die Dringlichkeit ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern wird von der aufgesuchten medizinischen Fachkraft beurteilt. Dringend notwendige medizinische Hilfe kann daher alle medizinischen Behandlungen kurativer und präventiver Art umfassen, die in einem Krankenhaus oder ambulant geleistet werden, einschließlich der Verschreibung von Arzneimitteln. Dringend notwendige medizinische Hilfe (ärztlicher Notdienst) unterscheidet sich folglich von der medizinischen Notfallhilfe (Rettungsdienst, notärztliche Versorgung), in der das Leben auf dem Spiel steht, wie in Erwägungsgrund 97 beschrieben.

(122)  Zeitschrift der Christlichen Krankenkassen MC-Informations Nr. 211 (Februar 2004), S. 8-14.

(123)  Siehe Fußnote 49 für eine kurze Beschreibung dieser Organisation.

(124)  Zwischen den IRIS-Krankenhäusern und 17 der 19 ÖSHZ in der Region Brüssel-Hauptstadt wurden „Domicile-de-secours“-Abkommen geschlossen (siehe auch Erwägungsgründe 187-188). In diesen Abkommen sind die Modalitäten der Rückerstattung der Behandlungskosten durch die ÖSHZ für Patienten festgelegt, die nicht in der Lage sind, für ihre Behandlung aufzukommen, und die über keine Versicherung verfügen (die Rückerstattung unterliegt bestimmten Bedingungen). In diesen Abkommen ist u. a. festgelegt, dass die IRIS-Krankenhäuser, wenn möglich, notwendige Information für „soziale Erhebungen“ sammeln müssen (siehe auch Erwägungsgründe 210-211).

(125)  Artikel 2 KhG besagt: „Als Krankenhäuser werden nach diesem koordinierten Gesetz Gesundheitseinrichtungen bezeichnet, in denen Untersuchungen und/oder fachmedizinische Behandlungen aus dem Bereich der Medizin, der Chirurgie und u. U. Obstetrik zu jedem Zeitpunkt unter den erforderlichen Behandlungsbedingungen in einem geeigneten medizinischen, medizinisch-technischen, paramedizinischen und logistischen Rahmen in einem multidisziplinären Umfeld durchgeführt oder angewandt werden können, die Patienten zugutekommen, die dort aufgenommen werden und sich aufhalten dürfen, weil ihr Gesundheitszustand diese gesamten Behandlungsmaßnahmen erforderlich macht, um eine Krankheit zu behandeln oder zu lindern, den Gesundheitszustand wiederherzustellen oder zu verbessern oder Verletzungen so schnell wie möglich zu stabilisieren.“

(126)  Stellungnahme der für die Gesetzgebung zuständigen Kammer des Staatsrates zum vorläufigen Entwurf einer Ordonnanz vom 13. Februar 2003 zur Sondersubventionierung der Gemeinden in der Region Brüssel-Hauptstadt.

(127)  Siehe Erwägungsgrund 19 für den genauen Wortlaut dieses Artikels.

(128)  Die Föderalregierung erstellt einen Plan für die Bettenkapazität der Krankenhäuser („Krankenhausplanung“) auf der Grundlage verschiedener Anhaltspunkte (medizinischer, chirurgischer, geriatrischer und pädiatrischer Art, Mutterschaft, Rehabilitation, Psychiatrie, Neonatologie usw.) angesichts der Gesamtbevölkerung von Brüssel, der Region Flandern, der Wallonischen Region und des Königreichs insgesamt, und zwar auf der Grundlage eines Vorschlags, der vom Beratungs- und Überlegungsgremium bezüglich der Gesundheit (Conseil national des établissements hospitaliers) unterbreitet wird.

(129)  Genauer gesagt weisen die belgischen Behörden darauf hin, dass im KhG für den Falle eines Transfers eines öffentlichen Krankenhauses auf einen privaten Betreiber höchstens die Modalitäten für den Defizitausgleich festgelegt werden dürfen, während im ÖSHZ-Gesetz nur die allgemeinen Grundsätze für die Eröffnung und Verwaltung von Einrichtungen aufgeführt sind, welche die ÖSHZ gegründet haben.

(130)  Die belgischen Behörden weisen darauf hin, dass das Hôpital Français, als gerade ein Käufer gesucht worden sei, am 9. Mai 2008 plötzlich seine Türen für Einweisungen geschlossen habe. Sie erklären, dass dieses Krankenhaus vorher die Station für Kinderheilkunde und die Geburtsstation geschlossen hatte. Nach Angaben der belgischen Behörden seien die Patienten im Laufe dieses Tages auf andere Krankenhäuser in der Region Brüssel verteilt worden.

(131)  Im Sinne des KhG wird davon ausgegangen, dass die IRIS-Krankenhäuser von einem ÖSHZ verwaltet werden.

(132)  Der Jahresbetrag hängt von den Finanzmitteln ab, die dem Haushalt der Region Brüssel-Hauptstadt zur Verfügung steht, und von den Anträgen der betreffenden Gemeinden. Die Sondersubvention hat im Zeitraum 2003-2014 die obere Grenze von 10 Mio. EUR jedes Jahr erreicht, hiervon ausgenommen ist das Jahr 2010 (9 Millionen) und das Jahr 2011 (9,5 Millionen).

(133)  In diesem Zusammenhang weisen die belgischen Behörden darauf hin, dass Privatkliniken, die zum Beispiel auf der Grundlage des Gesetzes über Vereinigungen ohne Erwerbszweck („Loi sur les ASBL“) gegründet würden, in Bezug auf ihre Krankenhausfunktionen ebenfalls das KhG einhalten müssten. Insofern den Institutionen nach dem ASBL-Gesetz keine Sonderaufgabe zugewiesen sei, richteten sich die Aufgaben dieser Privatkliniken nur nach dem KhG.

(134)  Siehe Gesetz vom 8. Juli 1964 in der geänderten Fassung (Belgisches Staatsblatt vom 25. Juli 1964, S. 8153).

(135)  Im Gegensatz zur dringend notwendigen medizinischen Hilfe, die oben genannt ist (siehe Erwägungsgrund 72), in der die geplanten Behandlungen eingeschlossen sind, bezieht sich die notärztliche Versorgung auf Behandlungen, die in lebensbedrohlichen Situationen sofort erforderlich sind.

(136)  Das heißt, auch wenn ein Krankenhaus bestimmte Aufgaben im Bereich der dringend notwendigen medizinischen Hilfe nach dem Gesetz vom 8. Juli 1964 nicht übernimmt, ist es trotzdem verpflichtet, in medizinischen Notfällen nach seinen Möglichkeiten und Kapazitäten (d. h. unter Berücksichtigung seiner Infrastrukturen und seiner Mitarbeiter) Hilfe zu leisten.

(137)  Die dringend notwendige medizinische Hilfe wird nach Artikel 57 Absatz 2 und durch den Königlichen Erlass vom 12. Dezember 1996 geregelt.

(138)  In seinem Urteil vom 25. Januar 2013 weist das Gericht erster Instanz von Brüssel auf Folgendes hin: „Aus verfahrensökonomischen Gründen leistet das ÖSHZ entweder selbst die dringend notwendige Hilfe, indem es eine Person, die dringende eine Behandlung benötigt, in einem von ihm verwalteten Krankenhaus behandeln lässt, oder es übernimmt die Kosten für die Behandlung dieser Person durch eine Privatklinik. Auch wenn die Hilfe häufig in einer Einrichtung des betreffenden ÖSHZ geleistet wird oder in einer dem ÖSHZ durch Abkommen angeschlossenen Einrichtung, kann es vorkommen, dass diese Person aus Dringlichkeitsgründen, die sich aus der Situation der betreffenden Person ergeben, in eine andere Einrichtung eingewiesen wird. In diesem hypothetischen Fall wird das ÖSHZ weder vorher gefragt und meistens noch nicht einmal die betreffende Person, jedoch trifft der angerufenen Rettungsdienst oder sogar, wie im vorliegenden Fall, der Staatsanwalt eine schnelle und einseitige Entscheidung. Durch den ungewöhnlichen und außergewöhnlichen Charakter dieses Schnellverfahrens dürfen die ÖSHZ die Kostenübernahme für die Krankenhauseinweisung in ein anderes Krankenhaus, das ihnen nicht angeschlossen ist […], nicht verweigern.“ (Der Fettdruck wurde hinzugefügt.)

(139)  Rechtssache T-137/10, Rn. 208 bis 215.

(140)  Ebd., Rn. 217.

(141)  Ebd., Rn. 218.

(142)  Daraus folgt, dass die Beurteilung in diesem Beschluss von der Beurteilung in der für nichtig erklärten Entscheidung der Kommission von 2009 abweicht, in der die Finanzmittel aus dem FRBRTC und die Sondersubventionen in gewisser Weise getrennt von der Defizitabdeckung beurteilt wurden.

(143)  Durchschnittlich haben die Gemeinden zwischen 68 % und 90 % der gesamten Krankenhausdefizite im Zeitraum 1996-2014 mithilfe des FRBRTC oder der Sondersubventionen der Region Brüssel-Hauptstadt ausgeglichen. Für die Deckung der verbleibenden Beträge mussten die Gemeinden auf ihr Eigenkapital zurückgreifen und, wie unten ausgeführt (siehe Erwägungsgrund 234), mussten sie Ende 2014 noch eine zusätzliche Ausgleichszahlung (erneut aus ihren Eigenmitteln) von insgesamt etwa 15 Mio. EUR leisten, um die Verluste der fünf IRIS-Krankenhäuser zu decken.

(144)  Die Kommission stützt sich auf die zur Verfügung stehenden Zahlen aus dem Zeitraum 1996 bis 2014 zur Berechnung und Bewertung (zu Ausnahmen siehe Erwägungsgrund 236).

(145)  Rechtssache C-222/04, Ministero dell'Economia e delle Finanze/Cassa di Risparmio di Firenze SpA, Fondazione Cassa di Risparmio di San Miniato, Cassa di Risparmio di San Miniato, ECLI:EU:C:2006:8, Rn. 129.

(146)  Verbundene Rechtssachen C-180/98 bis C-184/98, Pavel Pavlov u. a./Stichting Pensioenfonds Medische Specialisten, ECLI:EU:C:2000:428, Rn. 74.

(147)  Rechtssache C-41/90, Höfner & Fritz Elser/Macrotron GmbH, ECLI:EU:C:1991:161, Rn. 21, und verbundene Rechtssachen C-180/98 à C-184/98, Pavel Pavlov u. a./Stichting Pensioenfonds Medische Specialisten, ECLI:EU:C:2000:428, Rn. 74.

(148)  Rechtssache C-118/85, Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italienische Republik, ECLI:EU:C:1987:283, Rn. 7, und Rechtssache C-35/96, Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Italienische Republik, ECLI:EU:C:1998:303, Rn. 36.

(149)  Rechtssache C-82/01 P, Flughäfen von Paris/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, ECLI:EU:C:2002:617, Rn. 74, und Rechtssache C-49/07, Motosykletistiki Omospondia Ellados NPID (MOTOE)/Elliniko Dimosio, ECLI:EU:C:2008:376, Rn. 25. Siehe auch die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 4, Rn. 9).

(150)  Rechtssache C-49/07, Motosykletistiki Omospondia Ellados NPID (MOTOE)/Elliniko Dimosio, ECLI:EU:C:2008:376, Rn. 27, und Rechtssache C-244/94, Fédération française des sociétés d'assurance, Société Paternelle-Vie, Union des assurances de Paris-Vie und Caisse d'assurance et de prévoyance mutuelle des agriculteurs/Ministère de l'Agriculture et de la Pêche, ECLI:EU:C:1995:392, Rn. 21.

(151)  Rechtssache C-157/99, B.S.M. Geraets-Smits/Stichting Ziekenfonds VGZ und H.T.M. Peerbooms/Stichting CZ Groep Zorgverzekeringen ECLI:EU:C:2001:404, Rn. 58, in deren Rahmen der Gerichtshof die Auffassung vertritt, dass die Tatsache, dass die Bezahlung einer von einem Krankenhaus erbrachten medizinischen Behandlung, die direkt über die Krankenkassen auf der Grundlage vertraglicher Vereinbarungen und pauschal erfolgt, der Einstufung der Behandlung als wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des AEUV nicht entgegensteht. Demnach stellen Zahlungen der Krankenkassen, „auch wenn sie pauschal erfolgen, durchaus die wirtschaftliche Gegenleistung für die Leistungen des Krankenhauses dar und weisen zweifellos für die Krankenanstalt, der sie zugutekommen und die sich wirtschaftlich betätigt, Entgeltcharakter auf“. Der Gerichtshof hat ferner hinzugefügt, dass es in diesem Zusammenhang nicht notwendig ist, dass diese Vergütung von denjenigen bezahlt wird, die die Dienstleistung in Anspruch nehmen.

(152)  Rechtssache C-157/99, B.S.M. Geraets-Smits/Stichting Ziekenfonds VGZ und H.T.M. Peerbooms/Stichting CZ Groep Zorgverzekeringen ECLI:EU:C:2001:404, Rn. 53; verbundene Rechtssachen 286/82 und 26/83, Graziana Luisi und Giuseppe Carbone/Ministero del Tesoro ECLI:EU:C:1984:35, Rn. 16; Rechtssache C-159/90, The Society for the Protection of Unborn Children Ireland Ltd/Stephen Grogan u. a., ECLI:EU:C:1991:378, Rn. 18; Rechtssache C-368/98, Abdon Vanbraekel u. a./Alliance nationale des mutualités chrétiennes (ANMC), ECLI:EU:C:2001:400, Rn. 43; und Rechtssache T-167/04, Asklepios Kliniken GmbH/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, ECLI:EU:T:2007:215, Rn. 49 bis 55.

(153)  Siehe auch die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 4, Rn. 24).

(154)  Rechtssache T-319/99, Federación Nacional de Empresas de Instrumentación Científica, Médica, Técnica y Dental (FENIN)/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, ECLI:EU:T:2003:50, Rn. 39. Siehe auch Rechtssache T-137/10, Rn. 90 und 91, sowie die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 4, Rn. 22).

(155)  Siehe hierzu Rechtssache C-355/00, Freskot AE/Elliniko Dimosio, ECLI:EU:C:2003:298, Rn 53. In dieser Sache hat der Gerichtshof ebenfalls unterstrichen, dass die Dienstleistungen und Beiträge im Rahmen der Pflichtversicherung detailliert durch den nationalen Gesetzgeber festgesetzt sind.

(156)  Rechtssache C-39/94, Syndicat français de l'Express international (SFEI) u. a./La Poste u. a., ECLI:EU:C:1996:285, Rn. 60, und Rechtssache C-342/96, Königreich Spanien/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, ECLI:EU:C:1999:210, Rn 41.

(157)  Rechtssache 173/73, Italienische Republik/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, ECLI:EU:C:1974:71, Rn. 13.

(158)  Rechtssache C-280/00, Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg/Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, in Gegenwart des Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 87 bis 95).

(159)  Rechtssache T-289/03, British United Provident Association Ltd (BUPA), BUPA Insurance Ltd und BUPA Ireland Ltd/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 159. Der Gerichtshof gelangt darin zu folgender Auffassung: „Die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts durch den Gerichtshof beschränkt sich darauf, zu erläutern und zu verdeutlichen, in welchem Sinne und mit welcher Tragweite sie seit ihrem Inkrafttreten hätte verstanden und angewandt werden müssen. Daraus folgt, dass die Vorschrift in dieser Auslegung selbst auf Rechtsverhältnisse angewandt werden kann und muss, die vor dem betreffenden Urteil entstanden oder begründet worden sind; nur ausnahmsweise kann sich der Gerichtshof aufgrund des der Gemeinschaftsrechtsordnung innewohnenden allgemeinen Grundsatzes der Rechtssicherheit dazu veranlasst sehen, für alle Betroffenen die Möglichkeit einzuschränken, sich auf eine von ihm vorgenommene Auslegung einer Vorschrift zu berufen, um in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse infrage zu stellen.“

(160)  Rechtssache C-209/03, The Queen, auf Antrag von Dany Bidar/London Borough of Ealing und Secretary of State for Education and Skills, ECLI:EU:C:2005:169, Rn. 66 und 67, und Rechtssache C-292/04, Wienand Meilicke, Heidi Christa Weyde und Marina Stöffler/Finanzamt Bonn-Innenstadt, ECLI:EU:C:2007:132, Rn. 34 bis 36).

(161)  Rechtssache T-358/94, Compagnie nationale Air France/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, ECLI:EU:T:1996:194, Rn. 56.

(162)  Rechtssache 248/84, Bundesrepublik Deutschland/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, ECLI:EU:C:1987:437, Rn. 17, und verbundene Rechtssachen T-92/00 und T-103/00, Territorio Histórico de Álava — Diputación Foral de Álava, EU:T:2002:61 bzw. Ramondín, SA und Ramondín Cápsulas, SA/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, EU:T:2002:61, Rn. 57.

(163)  Rechtssache 730/79, Philip Morris Holland BV/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, ECLI:EU:C:1980:209, Rn. 11, und verbundene Rechtssachen T-298/97, T-312/97, T-313/97, T-315/97, T-600/97 bis 607/97, T-1/98, T-3/98 bis T-6/98 und T-23/98, Alzetta Mauro u. a./Kommission der Europäischen Gemeinschaften, ECLI:EU:T:2000:151, Rn. 80.

(164)  Rechtssache T-288/97, Regione autonoma Friuli-Venezia Giulia/Kommission, ECLI:EU:T:1999:125, Rn. 41.

(165)  Siehe zum Beispiel Rechtssache C-280/00, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 78; verbundene Rechtssachen C-197/11 und C-203/11, Libert u. a., ECLI:EU:C:2013:288, Rn. 78; und Rechtssache C-518/13, Eventech, ECLI:EU:C:2015:9, Rn. 67.

(166)  Rechtssache C-279/08 P, Kommission/Niederlanden, ECLI:EU:C:2011:551, Rn. 131.

(167)  Siehe verbundene Rechtssachen T-447/93, T-448/93 und T-449/93, AITEC und andere/Kommission, ECLI:EU:T:1995:130, Rn. 141.

(168)  Siehe zum Beispiel die Entscheidungen bzw. Beschlüsse der Kommission in den Beihilfesachen N 258/2000 — Freizeitbad Dorsten (ABl. C 172 vom 16.6.2001, S. 16); Entscheidung 2004/114/EG der Kommission vom 29. Oktober 2003 über die Maßnahmen, die die Niederlande zugunsten von Jachthäfen ohne Erwerbscharakter in den Niederlanden durchgeführt haben (ABl. L 34 vom 6.2.2004, S. 63); N 458/2004 — Editorial Andaluza Holding (ABl. C 131 vom 28.5.2005, S. 12); SA.33243 — Jornal de Madeira (ABl. C 131 vom 28.5.2005, S. 12); SA.34576, Portugal — Station für langfristige Betreuung Jean Piaget/Nord-Ost (ABl. C 73 vom 13.3.2013, S. 1) N 543/2001, Irland — Steuerliche Abschreibung für Krankenhäuser (ABl. C 154 vom 28.6.2002, S. 4); SA.37432, Tschechische Republik — Finanzierung öffentlicher Krankenhäuser in der Region Hradec Králové (ABl. C 203 vom 19.6.2015, S. 1); SA.37904 — Mutmaßliche staatliche Beihilfe an ein Ärztehaus in Durmersheim (ABl. C 188 vom 5.6.2015, S. 1); SA.33149 — Städtische Projektgesellschaft „Wirtschaftsbüro Kiel-Gaarden“ (ABl. C 188 vom 5.6.2015, S. 1) SA.38035 — Mutmaßliche Beihilfe für eine Reha-Fachklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie (ABl. C 188 vom 5.6.2015, S. 1); SA.39403 Niederlande — Investition in den Hafen von Lauwersoog (ABl. C 259 vom 7.8.2015, S. 1); SA.37963, Vereinigtes Königreich — Mutmaßliche Beihilfe für Glenmore Lodge (ABl. C 277 vom 21.8.2015, S. 1); und SA. 38208, Vereinigtes Königreich — Mutmaßliche Beihilfe für mitgliedschaftlich organisierte Golfclubs (ABl. C 277 vom 21.8.2015, S. 1).

(169)  Siehe N 543/2001, Irland — Steuerliche Abschreibung für Krankenhäuser (ABl. C 154 vom 28.6.2002, S. 4); SA.37432, Tschechische Republik — Finanzierung öffentlicher Krankenhäuser in der Region Hradec Králové (ABl. C 203 vom 19.6.2015, S. 1); SA.38035 — Mutmaßliche Beihilfe für eine Reha-Fachklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie (ABl. C 188 vom 5.6.2015, S. 1).

(170)  http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Statistics_on_European_cities/de, aufgerufen am 8. Juli 2015.

(171)  Mitteilung der Kommission — Rahmen der Europäischen Union für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 15).

(172)  Beschluss 2012/21/EU der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (ABl. L 7 vom 11.1.2012, S. 3).

(173)  Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (ABl. C 297 vom 29.11.2005, S. 4).

(174)  Siehe Fußnote 13.

(175)  Siehe Erwägungsgrund 8 des DAWI-Beschlusses von 2012.

(176)  Rechtssache C-179/90, Merci convenzionali porto di Genova, ECLI:EU:C:1991:464, Rn. 27; Rechtssache C-242/95, GT-Link A/S, ECLI:EU:C:1997:376, Rn. 53; und Rechtssache C-266/96, Corsica Ferries France SA, ECLI:EU:C:1997:376, ECLI:EU:C:1998:306, Rn. 45.

(177)  Rechtssache T-289/03, BUPA u. a./Kommission, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 166 bis 169 und 172; Rechtssache T-17/02, Fred Olsen, ECLI:EU:T:2005:218, Rn. 216.

(178)  Siehe Artikel 4 des DAWI-Beschlusses von 2012.

(179)  Siehe Artikel 4 Buchstabe a des DAWI-Beschlusses von 2012.

(180)  Siehe Artikel 4 Buchstabe b des DAWI-Beschlusses von 2012.

(181)  Siehe Artikel 4 Buchstabe c des DAWI-Beschlusses von 2012.

(182)  Siehe Artikel 4 Buchstabe d des DAWI-Beschlusses von 2012.

(183)  Siehe Artikel 4 Buchstabe e des DAWI-Beschlusses von 2012.

(184)  Siehe Artikel 4 Buchstabe f des DAWI-Beschlusses von 2012.

(185)  Rechtssache T-137/10, Rn. 95.

(186)  Rechtssache C-390/06, Nuova Agricast Srl/Ministero delle Attività Produttive, ECLI:EU:C:2008:224.

(187)  Siehe Erwägungsgrund 25 und insbesondere die Passage in der Kooperationsvereinbarung vom 19. Mai 1994, bezüglich der Notwendigkeit, „Garantien zum Erhalt […] der Besonderheit der öffentlichen Krankenhäuser vorzulegen [Fettdruck hinzugefügt]. Siehe auch den Strategieplan IRIS 1996-2001, insbesondere den Abschnitt „Strukturierende Achsen“ (S. 3), um in der Lage zu sein, eine medizinische Versorgung ohne jegliche kaufmännischer Logik sicherzustellen, und den Abschnitt „Beitragsbezogene Ziele“ (S. 54): Die öffentlichen Krankenhäuser [und zwar die IRIS-Krankenhäuser] haben als Grundlage eine sozialmedizinische Orientierung, der zufolge sie verpflichtet sind, den Anforderungen der Sozialaufgaben nachzukommen.“ (Fettdruck hinzugefügt.)

(188)  Siehe Erwägungsgrund 87 des Einleitungsbeschlusses.

(189)  Weitere Angaben bezüglich der Betrauung mit diesen drei Verpflichtungen, siehe Erwägungsgründe 170 und ff.

(190)  Wie bereits oben erklärt (siehe Erwägungsgründe 83 und 91), können die staatlichen Stellen, solange der medizinische und soziale Bedarf besteht, welcher die Entstehung der IRIS-Krankenhäuser begründet, diese Krankenhäuser nach der Rechtsprechung des belgischen Staatsrates weder schließen noch an einen Eigentümer des Privatsektors abtreten.

(191)  Die Kosten in Verbindung mit dem öffentlich-rechtlichen Status der IRIS-Krankenhäuser sind in den Kosten für die grundlegende Krankenhaustätigkeit und in den ergänzenden Gemeinwohlverpflichtungen enthalten und können damit auch zu den Defiziten dieser Tätigkeiten beitragen.

(192)  Siehe insbesondere Artikel 28 des berufsethischen Kodex für Ärzte, der von der belgischen Ärztekammer (Conseil national de l'ordre des médecins) ausgearbeitet wurde (Version vom 27. Juli 2015).

(193)  Siehe Fußnote 120.

(194)  Die Zahlen der belgischen Behörden zeigen, dass in mehr als 85 % der Fälle der ärztliche Notdienst in der Region Brüssel-Hauptstadt von den IRIS-Krankenhäusern geleistet wird. Diese Zahl ist in Relation zu setzen mit der Tatsache, dass die IRIS-Krankenhäuser nur 35 % der Krankenhausbetten in der Region betreiben (siehe auch die Anmerkung in der Fußnote 3). Die anderen Fälle werden von anderen Gesundheitsdiensten behandelt, vor allem von Allgemeinmedizinern und Privatkliniken. Dies ist vor allem bei psychiatrischen Behandlungen der Fall, wie in Erwägungsgrund 172 beschrieben, da die IRIS-Krankenhäuser diese Art von Behandlung nicht anbieten.

(195)  Eine ähnliche Rechtfertigung könnte zum Beispiel ein Postbetreiber vorbringen, der den postalischen Universaldienst sicherstellt. Dieser Betreiber ist mit einem DAWI betraut, ist jedoch nicht verpflichtet, Briefe gratis zu befördern, wenn der Kunde nicht für diesen Dienst bezahlen kann oder will.

(196)  Siehe Studie, die im Jahre 2008 von Verbruikersateljee unter dem Titel „Is uw portemonnee ook ziek? — Een onderzoek naar medische kosten en schulden“ veröffentlicht wurde.

(197)  Ebd.

(198)  Versammlung des belgischen Senats vom 16. Juli 2013, Gesetzesentwurf zur Verbesserung des Zugangs zur Gesundheitsfürsorge, vorgelegt von Frau Leona Detiège und Konsorten. Der Entwurf ist wegen der föderalen Wahlen im Jahre 2014 abgelaufen.

(199)  In der Praxis sind die Krankenhäuser für die Zulassungen der Patienten (sowohl für die Beratungen als auch die Einweisungen), die Fakturierung und die Nachverfolgung bei Nichtzahlung verantwortlich. Die meisten Ärzte der Universitätsklinik Saint-Pierre, der Universitätsklinik Brugmann, HUDERF und des Instituts Bordet erhalten ein Gehalt, während die anderen Ärzte auf der Basis von Rechnungen in Bezug auf die Behandlung bezahlt werden, die sie vornehmen, unabhängig davon, ob der Patient zahlt oder nicht. Daher hat keiner der Mediziner dieser Krankenhäuser einen Grund dafür Patienten abzulehnen, die nicht zahlen können. Die Ärzte, die für die Krankenhausgruppe Iris-Süd arbeiten, müssen mindestens 80 % ihrer Arbeitszeit zu den allgemeinen Vorschriften des Krankenhauses arbeiten und können höchstens 20 % ihrer Arbeitszeit dafür verwenden, eine private Praxis zu führen. In den 80 % ihrer Arbeitszeit müssen die Ärzte zu den Tarifen vom LIKIV und nach dem Grundsatz arbeiten, jeden Patienten entsprechend der Verpflichtung der IRIS-Krankenhäuser zu behandeln. Auf diese Weise sorgt die Krankenhausgruppe Iris-Süd dafür, dass alle Patienten, unabhängig von ihrer Zahlungsfähigkeit, behandelt werden.

(200)  Artikel 57 Absatz 2 ÖSHZ-Gesetz schränkt diese Aufgabe des ÖSHZ unter zwei bestimmten Umständen ein, nämlich für Ausländer, die sich illegal in Belgien aufhalten (d. h. Migranten ohne Papiere) und für die Kinder dieser Ausländer.

(201)  Fettdruck hinzugefügt.

(202)  Abschnitt „Allgemeine Ziele des Strategieplans“ (S. 2). Fettdruck hinzugefügt.

(203)  Ebd. Fettdruck hinzugefügt.

(204)  Abschnitt „Beitragsbezogene Ziele“ (S. 52). Fettdruck hinzugefügt.

(205)  Ebd. Fettdruck hinzugefügt.

(206)  Abschnitt „Strukturierende Achsen“ (S. 3). Fettdruck hinzugefügt.

(207)  Siehe diesbezüglich den Abschnitt „Beitragsbezogene Ziele“ (S. 74): „den Zugang für alle Bevölkerungsschichten zu erhöhen, und insbesondere für die Benachteiligten “. Fettdruck hinzugefügt.

(208)  Siehe Abschnitt „Einführung“ (S. 7).

(209)  Ebd. (S. 10).

(210)  Siehe Abschnitt „Das Krankenhausprojekt“ — Ein Krankenhaus, das sich am Patienten orientiert (S. 79).

(211)  Siehe Abschnitt „Die speziellen Aufgaben eines öffentlichen Krankenhauses“ (S. 85). Fettdruck hinzugefügt.

(212)  Siehe Abschnitt „Einführung“ (S. 12), in dem darauf hingewiesen wird, dass die IRIS-Krankenhäuser im Verhältnis weniger Patienten haben, denen das Krankenhaus die Zuschläge in Rechnung stellen kann (die eine zusätzliche Einkommensquelle für die Krankenhäuser darstellen).

(213)  Siehe Abschnitt „Einführung“ (S. 13), in dem auf eine Schätzung (aus dem Jahr 2001) der Zusatzkosten Bezug genommen wird, die durch die Aufnahme von Patienten mit einem schwachen (oder schwächeren) sozioökonomischen Profil entstehen. Diese Kosten werden auf ungefähr 10,4 Mio. EUR pro Jahr geschätzt und sind tendenziell steigend.

(214)  Das Bordet-Institut bildet eine Ausnahme, da die Quote hier über dem Durchschnitt liegt, was durch die Schwere der Pathologie erklärbar ist (nämlich Krebs), die in diesem Krankenhaus behandelt wird.

(215)  Es handelt sich um private Einrichtungen, die mit der Rückerstattung der ärztlichen Kosten im belgischen Sozialversicherungssystem beauftragt sind (insbesondere die Pflichtversicherung Gesundheitspflege und Invalidität — Assurance soins de santé et invalidité obligatoire).

(216)  Die Finanzierung im Abschnitt B8 des Finanzmittelhaushalts (BMF) wird auf der Grundlage dieser Klassifikation zugeteilt (siehe auch Erwägungsgrund 189).

(217)  Der Föderale öffentliche Dienst für soziale Eingliederung (Service public fédéral pour l'intégration sociale) kann die Beträge dann den ÖSHZ erstatten, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (siehe auch Fußnote 258 bezüglich der anzuwendenden Rechtsgrundlage).

(218)  In der Klassifikation ist auch der Anteil der Patienten berücksichtigt, der von der Sozialversicherung gedeckt ist, die jedoch dem Krankenhaus einen niedrigeren Eigenanteil zahlen müssen, weil sie ein Anrecht auf 1. den „fakturierbaren sozialen Höchstbetrag“ oder 2. den „fakturierbaren Höchstbetrag für alleinstehende Patienten mit niedrigem Einkommen“ haben.

(219)  In der Veröffentlichung der Mutualités Chrétiennes werden die Sozialpatienten als Patienten definiert, welche die „Franchise sociale“ (soziale Gebührenfreiheit) in Anspruch nehmen (zum Beispiel Rentner mit nur einem Mindesteinkommen, Personen, die Anspruch auf eine Maßnahme oder eine höhere Invalidenrente, die Eingliederungsbeihilfe, höhere Kinderzulagen haben und Langzeitarbeitslose). Den belgischen Behörden zufolge wurde der Begriff „Franchise sociale“ 1993 abgeschafft und im belgischen Recht durch „fakturierbarer sozialer Höchstbetrag“ ersetzt.

(220)  Dies wird bestätigt durch die Tatsache, dass diese Veröffentlichung sich auf Angaben der „Versicherungsunternehmen“ stützt, d. h. auf Einrichtungen wie die Mutuelles, die für die Rückerstattung der Arztkosten, nach der belgischen Sozialversicherung, verantwortlich ist, welche durch die LIKIV (Landesinstitut für Kranken- und Invalidenversicherung) geregelt wird.

(221)  Einer Veröffentlichung der Christlichen Krankenkassen zufolge werden diese als Patienten definiert, die beim ÖSHZ eingeschrieben sind.

(222)  In diesem Zusammenhang ist es zweckmäßig darauf hinzuweisen, dass die IRIS-Krankenhäuser zwar die Angaben für die Sozialerhebung zur Verfügung stellen, dass die ÖSHZ jedoch letztendlich entscheiden, ob eine Person zur Kostenerstattung der Behandlung zugelassen wird oder nicht. Im „Domicile-de-secours“-Abkommen ist diesbezüglich festgelegt, dass jedes IRIS-Krankenhaus „im Rahmen des Möglichen die ersten wesentlichen Bestandteile der Sozialerhebung erfasst und sie dem ÖSHZ übermittelt“.

(223)  Da die Sammlung von Informationen für die Sozialerhebungen nur eine Aufgaben von vielen der Sozialdienste der IRIS-Krankenhäuser darstellt, gehören diese Kosten zur Gesamtbelastung, die mit dem größeren Umfang der Verpflichtungen der IRIS-Krankenhäuser in sozialen Angelegenheiten verbunden ist, wie unten noch untersucht wird (siehe Erwägungsgrund 213).

(224)  Die Kommission weist darauf hin, dass der Zinssatz der IRIS-Krankenhäuser mit dem zu diesem Zeitpunkt gültigen Zinssatz auf dem Markt (Anfang 2011) offenbar übereinstimmt. Derzeit (im Jahre 2016) liegen die Zinssätze sehr viel niedriger, was die Kosten für die IRIS-Krankenhäuser reduziert. Allerdings bleibt die längere Zahlungsfrist für die IRIS-Krankenhäuser eine schwere Belastung, da sie immer einen Liquiditätsengpass zwischen ausgehenden und eingehenden Zahlungen überbrücken müssen.

(225)  Die Rückerstattung durch das ÖSHZ für mittellose Patienten erfolgt nicht automatisch, sondern ergibt sich aus einer Beurteilung von Fall zu Fall durch das ÖSHZ auf der Grundlage der Sozialerhebung (für Notfallbehandlungen). In diesem Zusammenhang machen die belgischen Behörden darauf aufmerksam, dass 749 Rückerstattungsanträge, die die IRIS-Krankenhäuser in den ersten drei Quartalen 2015 vorgelegt hätten, durch die ÖSHZ zurückgewiesen wurden, was einem unbezahlten Betrag von ungefähr 3 Mio. EUR entspreche. Im Jahre 2012 haben die ÖSHZ die Rückerstattung von Rechnungen der IRIS-Krankenhäuser in Höhe von insgesamt 4 174 200 EUR verweigert. Etwa 80 % dieser Rechnungen beziehen sich auf Behandlungen von Migranten ohne Papiere.

(226)  Einem Bericht zufolge, der von Belfius Banque veröffentlicht wurde, entsprachen die Nettokosten für abgeschriebene, kurzfristige Verbindlichkeiten im Jahre 2010 (d. h. die Rechnungen wurden nicht bezahlt) im Durchschnitt 0,28 % der Einnahmen der Privatkliniken in Belgien und 0,40 % der Einnahmen der öffentlichen Krankenhäuser im Land. Wenn man diese Kosten vergleicht, entsprechen sie 1,22 % der Einnahmen der IRIS-Krankenhäuser oder dem Dreifachen des Durchschnittswertes der öffentlichen Krankenhäuser.

(227)  Zum Beispiel hat die Privatklinik Cliniques de l'Europe einen Standort in Uccle und einen anderen in Etterbeek, während sich die Cliniques universitaires Saint-Luc, eine Privatklinik, an einem einzigen Standort in Woluwe-Saint-Lambert befindet.

(228)  Eine solche Entscheidung ist natürlich mit Kosten verbunden, die durch Effizienzgewinne ausgeglichen werden müssen oder sich aus anderen Überlegungen rechtfertigen lassen, welche die Geschäftsführung der Privatkliniken für relevant hält.

(229)  In der Bedarfsplanung werden nicht nur die Gesamtzahl der Betten pro Region festgelegt, sondern auch die Obergrenzen pro Abteilung (zum Beispiel, Geburtenstation, Geriatrie, Pädiatrie, Psychiatrie, etc.).

(230)  Zum Beispiel bieten nicht alle Privatkliniken Geriatrie-Leistungen an, die weniger rentabel sind.

(231)  Siehe Abschnitt „Strukturierende Achsen“ (S. 6). Fettdruck hinzugefügt.

(232)  Im Strategieplan sind neun statt elf Standorte (die Zahl der derzeitigen Standorte) angegeben, weil sich auf zwei Geländen jeweils zwei Krankenhäuser befinden, nämlich die Kinderklinik (HUDERF) und die Universitätsklinik Brugmann (CHU-B) auf dem Standort Victor Horta in Laeken und das Bordet-Institut (IB) und die Universitätsklinik Saint-Pierre (CHU-SP) auf dem Standort Porte de Hal in Brüssel-Stadt.

(233)  Siehe Abschnitt „Strukturierende Achsen“ (S. 10). Fettdruck hinzugefügt.

(234)  Siehe Abschnitt „Kontext und Umgebung“ (S. 21): „[…] die öffentlichen Krankenhäuser [die IRIS-Krankenhäuser], die zu mindestens 80 % im Bereich der Grundversorgung tätig sind, sind Nahversorgungskrankenhäuser, die zum großen Teil Patienten aus der gleichen Gemeinde oder dem Umfeld anziehen.“

(235)  Siehe Abschnitt „Beitragsbezogene Ziele“ (S. 74). Fettdruck hinzugefügt.

(236)  Siehe Abschnitt „Das Krankenhausprojekt“ (S. 36): Fettdruck hinzugefügt.

(237)  Hier sei anzumerken, dass sich die zwei spezialisierten Krankenhäuser zusammen mit einem anderen IRIS-Krankenhaus (siehe Anmerkung 232) auf dem gleichen Gelände befinden, wodurch die komplette Grundversorgung an jedem Standort gewährleistet ist. Fußnote hinzugefügt.

(238)  Siehe Abschnitt „Das Krankenhausprojekt“ (S. 53): Fettdruck hinzugefügt.

(239)  Auf diese Weise ergänzen das Bordet-Institut und das HUDERF, die in erster Linie fachlich spezialisierte Versorgungsleistungen anbieten, das Angebot der anderen drei IRIS-Krankenhäuser, um den Gesundheitsversorgungsbedarf der örtlichen Bevölkerung zu decken.

(240)  Siehe Abschnitt „Das Krankenhausprojekt“ (S. 53-54).

(241)  Siehe Abschnitt „Das Krankenhausprojekt“ (S. 62).

(242)  Siehe Abschnitt „Das Krankenhausprojekt“ für eine Beschreibung dieser Versorgungsstufen (S. 37) und die Tabellen (S. 55-59).

(243)  In Artikel 2 der Kooperationsvereinbarung zwischen dem föderalen Staat, der Region Brüssel-Hauptstadt und der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission heißt es in diesem Zusammenhang: „Dieser Umstrukturierungspakt muss folgende Bedingungen erfüllen: 1. Es müssen Garantien vorgelegt werden, einerseits zum Erhalt der Besonderheit der öffentlichen Krankenhäuser, u. a. durch die Auswahl der Rechts- und Koordinationsstrukturen, die ein Übergewicht des staatlichen Sektors in den Verwaltungsorganen und in den Entscheidungsverfahren sicherstellen, und andererseits bezüglich der lokalen Verankerung durch überwiegend direkt gewählte Vertreter in der Zusammensetzung der Verwaltungsorgane.“ Fettdruck hinzugefügt.

(244)  Nach Artikel 125 des ÖSHZ-Gesetzes haben die Personen des öffentlichen Rechts immer die Stimmenmehrheit in den verschiedenen Verwaltungs- und Geschäftsführungsorganen des Verbands und im IRIS-Dachverband.

(245)  Fettdruck hinzugefügt.

(246)  Das Medianeinkommen der mittleren Einkommensschicht für das Jahr 2012 in den 19 Gemeinden der Region Brüssel-Hauptstadt betrug 13 746 EUR pro Einwohner. Der Standort der übrigen IRIS-Krankenhäuser befindet sich in Ixelles, wo das mittlere Einkommen bei 14 513 EUR, zwischen dem Medianeinkommen und dem dritten Quartal (d. h. dem 75 Perzentil) der Region Brüssel-Hauptstadt, liegt. Quelle: Informations-, Dokumentations- und Forschungszentrum über Brüssel (Centre d'information, de documentation et de recherche sur Brüssel — Brussels Informatie-, Documentacie- en Onderzoekscentrum) (http://www.briobrussel.be/ned/webpage.asp?WebpageId=345).

(247)  Drei dieser fünf Standorte der Privatkliniken befinden sich in Gemeinden, in denen das mittlere Einkommen pro Einwohner über dem dritten Quartal (d. h. dem 75. Perzentil) der Region Brüssel-Hauptstadt liegt.

(248)  Die Originalkarte wurde im Gesundheitsbericht der Brüsseler Region 2010 (Tableau de bord de la santé en Region bruxelloise 2010) veröffentlicht und spiegelt die Situation am 1. Juli 2009 wider. Die Kommission hat Kreise hinzugefügt und ein allgemeines Krankenhaus von der Karte gestrichen (die Clinique des Deux Alice, die sich in Uccle befand), weil es Ende 2011 geschlossen wurde (die Krankenhaustätigkeiten wurden auf den Standort Sainte-Élisabeth der Privatklinik Cliniques de l'Europe übertragen). Einer der Standorte der Krankenhausgruppe Iris-Süd (Baron Lambert, in Etterbeek) ist nicht auf der Karte dargestellt, weil dort keine ambulanten Pflegedienste angeboten werden und daher keine Krankenhausbetten zur Verfügung stehen, die in der Bedarfsplanung berücksichtigt werden müssen.

(249)  Zum Beispiel geht aus dem Anhang 19 des Königlichen Erlasses vom 23. Oktober 1964 (Belgisches Staatsblatt vom 7. November 1964, S. 11709) hervor, dass in neuropsychiatrischen Abteilungen, in denen erwachsene Patienten behandelt werden, mindestens ein Sozialarbeiter für 120 Patienten zur Verfügung gestellt werden muss.

(250)  Königlicher Erlass vom 15. Dezember 1978, in dem die Sonderregeln für Universitätskrankenhäuser festgelegt sind (Belgisches Staatsblatt vom 4. Juli 1979, S. 7818).

(251)  Siehe Abschnitt „Strukturierende Achsen“ (S. 6). Fettdruck hinzugefügt.

(252)  Siehe Abschnitt „Beitragsbezogene Ziele“ (S. 54-55). Fettdruck hinzugefügt.

(253)  Siehe Strategieplan 1996-2000, Abschnitt „Strukturierende Achsen“ (S. 10). Fettdruck hinzugefügt.

(254)  Siehe Abschnitt „Die speziellen Aufgaben des öffentlichen Krankenhauses“ (S. 82). Fettdruck hinzugefügt.

(255)  Der RMC (Résumé Clinique Minimum — klinischer Kurzbericht), ist eine normalisierte kurze Zusammenfassung der Krankengeschichte des Patienten, die die allgemeinen Krankenhäuser seit 1990 erstellen müssen. Er wird unter anderem dafür verwendet, den klinischen Ausstattungsbedarf festzustellen, um die qualitativen und quantitativen Normen für die Akkreditierung der Krankenhäuser und ihrer Dienstleistungen zu definieren, um die Finanzierung der Krankenhäuser zu organisieren. Die „V“-Codes sind Faktoren, welche den Gesundheitszustand des Patienten und den Kontakt mit den Gesundheitsdiensten beeinflussen. Diese Codes werden verwendet, um die sozioökonomischen, rechtlichen und familiären Probleme aufzuzeigen, die sich auf den Aufenthalt des Patienten auswirken können.

(256)  Siehe Abschnitt „Die speziellen Aufgaben des öffentlichen Krankenhauses“ (S. 83). Fettdruck hinzugefügt.

(257)  Zum Beispiel haben die Sozialarbeiter der IRIS-Krankenhäuser im Jahr 2012 Informationen im Rahmen von 25 749 Sozialerhebungen gesammelt. Dies entspricht ungefähr 5,4 % der eingewiesenen Patienten in dem entsprechenden Jahr.

(258)  Diese Verpflichtung geht auf den Artikel 60 Absatz 1 ÖSHZ-Gesetz des Artikels 9 bis des Gesetzes vom 2. April 1965 zurück (für die eventuelle Rückerstattung durch den Föderalen Öffentlichen Dienst für soziale Integration beim ÖSHZ, vorbehaltlich der Erfüllung bestimmter Bedingungen) und das Rundschreiben vom 25. März 2010 bezüglich der Sozialerhebung (Belgisches Staatsblatt vom 6. Mai 2010, S. 25432).

(259)  Die Zahl entspricht der Zahl für Vollzeitbeschäftigungen.

(260)  Im Finanzmittelhaushalt (BMF) ist eine Finanzierung für Sozialarbeiter vorgesehen (für Bereiche wie Geriatrie zum Beispiel, wo es eine Mindestanforderung gibt), diese beläuft sich jedoch nur auf etwa 400 000 EUR im Jahr 2010.

(261)  In einem Königlichen Erlass (derzeit der Königliche Erlass vom 8. März 2006) ist das Kalkulationsverfahren für das Defizit festgelegt, das die Gemeinden nach Artikel 109 KhG decken müssen.

(262)  Der Verband, welcher die Ärzteschaft des betreffenden Krankenhauses vertritt, und ggf. die Université libre de Brüssel oder die Vrije Universiteit Brussel, besitzen immer weniger als 20 % der Stimmen in den lokalen Verbänden der IRIS-Krankenhäuser. Auch sind die Gemeinde und das ÖSHZ von Jette seit dem Jahre 2000 Mitglieder des Verbands der Universitätsklinik Brugmann, da sie jedoch weniger als 20 % der Stimmen in diesem Verband besitzen, tragen sie nicht zur Defizitdeckung bei. Die Gemeinde und das ÖSHZ Schaerbeek besitzen seit dem Haushaltsjahr 2014 weniger als 20 % der Stimmen im Verband der Universitätsklinik Brugmann und tragen daher nicht zur Deckung des Defizits dieses Krankenhauses bei. Das bedeutet, dass seit 2014 nur die Stadt Brüssel und ihr ÖSHZ verpflichtet sind, das Defizit der Universitätsklinik Brugmann zu decken.

(263)  Alle Kosten, die aus der Ausübung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und der damit verbundenen Nebendienstleistungen entstanden sind, stellen Gemeinwohlkosten dar, einschließlich der Kosten für verbundene Nebendienstleistungen.

(264)  Belgisches Staatsblatt vom 30. April 2014, S. 35442. Anwendbar ab 10. Mai 2014.

(265)  Artikel 5 des DAWI-Beschlusses von 2012.

(266)  Artikel 5 Absatz 2 bis 9 des DAWI-Beschlusses von 2012.

(267)  Zwischen 2007 und 2011 wurden im Durchschnitt etwa […] % der Kosten der IRIS-Krankenhäuser über diese Finanzierung gedeckt.

(268)  Belgisches Staatsblatt vom 29. Juni 2007, S. 35929. Anwendbar ab 9. Juli 2007. Dieser Königliche Erlass wurde durch den Königlichen Erlass vom 14. Dezember 1987 über die Jahresabschlüsse der Krankenhäuser ersetzt, der ähnliche Anforderungen enthält.

(269)  In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass bestimmte buchhalterische Bewegungen in Verbindung mit Krankenhaustätigkeiten auch unter diesen Buchungscodes 900 bis 999 erfasst werden. Es betrifft bestimmte buchhalterische Bewegungen, die nicht in der Festsetzung der Finanzierung über den Finanzmittelhaushalt berücksichtigt werden (eher nach der Logik der Buchführung nach dem Kassenprinzip als nach dem Ansatz der periodengerechten Rechnungsführung, der in den Krankenhäusern angewandt wird).

(270)  Theoretisch können die IRIS-Krankenhäuser die Gemeinden bitten, die Defizitdeckung zu bezahlen, sobald das Geschäftsergebnis bekannt ist. In der Praxis tun sie es nicht, weil sie von den Gemeinden kontrolliert werden und diese nicht (immer) über die notwendigen Mittel verfügen, um die Zahlungen sofort zu leisten.

(271)  Im Zeitraum 1996-2014 war die regionale Finanzierung, die den Gemeinden gewährt wurde, nicht ausreichend, um die Defizite der IRIS-Krankenhäuser komplett zu decken (siehe auch Fußnote 143).

(272)  In der Tabelle 3 wird beispielsweise ersichtlich, dass die Universitätsklinik Saint-Pierre jedes Jahr ab 1996 Defizite zu verzeichnen hatte, die erste Zahlung (in Höhe von 3 368 351 EUR) durch die Gemeinde als Defizitdeckung jedoch erst im Jahr 2002 erfolgte. In den Tabellen ist nicht erkennbar, welches der jährlichen Defizite seit 1996 durch die Zahlung im Jahr 2002 ausgeglichen wurde. Nach den detaillierten Angaben, welche die Kommission von den belgischen Behörden erhielt, wurde mit dieser Zahlung in Wirklichkeit ein Teil des Defizits aus dem Jahr 1996 ausgeglichen.

(273)  Siehe Erwägungsgrund 236 für die Begründung dafür, dass die Zahlen für die Jahre 1996, 1997 und 1998 fehlen.

(274)  Siehe Erwägungsgrund 236 für die Begründung dafür, dass die Zahlen für die Jahre 1996, 1997 und 1998 fehlen.

(275)  Es handelt sich um die Beträge, die, nach eventuellen Zahlungen zur Defizitdeckung, die bereits durch die Gemeinde erfolgt sind, tatsächlich gezahlt und zurückerstattet wurden.

(276)  2014 ist das erste Rechnungsjahr, für das Zahlenangaben zur Verfügung standen.

(277)  Siehe Artikel 5 der Richtlinie 80/723/EWG der Kommission vom 25. Juni 1980 bezüglich der Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und öffentlichen Unternehmen (ABl. L 195 vom 29.7.1980, S. 35).

(278)  Siehe diesbezüglich Artikel 7 der DAWI-Entscheidung von 2005 und Artikel 8 des DAWI-Beschlusses von 2012.

(279)  In nur vier Jahren von den 89 für die fünf IRIS-Krankenhäuser insgesamt beurteilten Jahren lag die technische Überkompensation für diese Jahre, wenn man sie isoliert betrachtet mehr als 10 % über dem Betrag der jährlichen Ausgleichszahlung.

(280)  Außerdem muss man sich vergegenwärtigen, dass diese Beträge zum Defizitausgleich nur einen begrenzten Teil der gesamten staatlichen Finanzierung ausmachten, welche die IRIS-Krankenhäuser für die erbrachten DAWI bekamen. Im Zeitraum 2007-2011 beliefen sich die durchschnittlichen Zahlungen aus dem Finanzmittelhaushalt der föderalen Regierung auf etwa 323 Mio. EUR pro Jahr für alle IRIS-Krankenhäuser zusammen. Im gleichen Zeitraum haben die IRIS-Krankenhäuser insgesamt durchschnittliche Rechnungsdefizite von 13,4 Mio. EUR pro Jahr festgestellt, während die Gemeinden 16,4 Mio. EUR pro Jahr im Durchschnitt für den Defizitausgleich gezahlt haben (welche auch die Defizite der vorhergehenden Jahre deckten). Die Ausgleichszahlungen für die Defizite entsprachen somit nur circa 5 % der föderalen Finanzierung aus dem Finanzmittelhaushalt, die den IRIS-Krankenhäusern gewährt wurde. Wenn diese hohen Beträge der staatlichen Finanzierung aus dem Finanzmittelhaushalt zu dem Zeitpunkt berücksichtigt worden wären, als ermittelt wurde, ob die Überkompensation über 10 % der Ausgleichszahlung für ein bestimmtes Jahr liegt (und ob sie daher auf das folgende Jahr hätte verschoben werden können, wie es nach Artikel 6 Absatz 2 des DAWI-Beschlusses von 2012 zugelassen ist), dürfte die Überkompensationsquote deutlich niedriger ausfallen. Diese Schlussfolgerung basiert auf der Tatsache, dass die Zahlungen aus dem Finanzmittelhaushalt im Vergleich zu den Defiziten nur relativ gering sind und dass das Risiko einer Überkompensation aus dem Finanzmittelhaushalt minimal ist. Insbesondere ist der Finanzmittelhaushalt im Wesentlichen konzipiert als Pauschalfinanzierung auf der Basis der tatsächlichen Kosten der Krankenhäuser in den vorhergehenden Jahren (und führt zu keiner Überkompensation). Zudem führt der Föderale Öffentliche Dienst Volksgesundheit ausführliche Kontrollen ex post der tatsächlichen Kosten eines jeden Krankenhauses durch und errechnet den Betrag aus dem Finanzmittelhaushalt erneut, auf den es Anspruch hat. Letztlich ist anzumerken, dass beim Vergleich der Ausgleichszahlungen durch die Gemeinden mit den Rechnungsdefiziten der IRIS-Krankenhäuser kein angemessener Gewinn berücksichtigt worden ist.

(281)  Der betreffende Auszug des Artikels 6 Absatz 2 des DAWI-Beschlusses von 2012 hat folgenden Wortlaut: „Übersteigt die Überkompensation den durchschnittlichen jährlichen Ausgleich nicht um mehr als 10 %, so kann sie auf den nächsten Zeitraum übertragen und von dem für diesen Zeitraum zu zahlenden Ausgleich abgezogen werden.“ In Ermangelung einer tatsächlichen Überkompensation (weil das Krankenhaus sich im Zeitraum 1996-2014 permanent in einer Situation der Unterkompensation befand) wurde eine solche Übertragung nie in die Praxis umgesetzt. Diese Bemerkung gilt für alle IRIS-Krankenhäuser (siehe auch Erwägungsgründe 240 bis 243).

(282)  Eine andere Lösung wäre normalerweise die Gewinne einzubehalten, vorausgesetzt, die Universitätsklinik Saint-Pierre entwickelt sich in den nächsten Jahren zu einem rentablen Betrieb, und diese mit den Verlusten in der Vergangenheit zu kompensieren. In diesem Fall dürften die Gemeinden das verbleibende Rechnungsdefizit nicht oder nur teilweise kompensieren. Hierbei handelt es sich jedoch um einen rein hypothetischen Fall, denn die Universitätsklinik Saint-Pierre hat im Zeitraum 1996-2014 in einem einzigen Jahr (2006) einen kleinen Gewinn erzielt.

(283)  Wie bereits in Erwägungsgrund 104 erklärt, sind der FRBRTC-Fonds und die Sondersubventionen, welche die Gemeinden von der Region Brüssel-Hauptstadt erhalten, innerstaatliche Finanzierungsmaßnahmen, die eine Finanzierungsquelle der Gemeinden darstellen, um die Zahlungen zum Ausgleich der Defizite zu leisten. Diese Beträge sind in einer getrennten Spalte aufgeführt, um zu verdeutlichen, dass die Gemeinden diese regionalen Gelder komplett für die Defizitdeckung verwenden. Diese Darstellung kann nur als Hinweis darauf verstanden werden, dass die Beträge aus dem FRBRTC oder der Region Brüssel-Hauptstadt an die IRIS-Krankenhäuser übermittelt worden sind. Diese Beträge wurden an die Gemeinden geleitet, die ihrerseits diese Geldmittel eingesetzt haben, um ihrer Verpflichtung gegenüber den IRIS-Krankenhäusern nachzukommen und die Defizitdeckung zu finanzieren.

(*1)  Nach Hinzufügen der nicht ausgeschütteten Gewinne im Zeitraum 1996-1998, d. h. 703 624 EUR.

(284)  Siehe diesbezüglich Artikel 6 der DAWI-Entscheidung von 2005 und Artikel 6 Absatz 2 des DAWI-Beschlusses von 2012.

(285)  Artikel 6 Absatz 1 des DAWI-Beschlusses von 2012.

(286)  Artikel 6 Absatz 2 des DAWI-Beschlusses von 2012.

(287)  Belgisches Staatsblatt vom Dienstag, 6. Dezember 1983, S. 15009.

(288)  Belgisches Staatsblatt vom Donnerstag, 23. März 2006, S. 16710.

(289)  Belgisches Staatsblatt vom Mittwoch, 25. Juni 2003, S. 33692.

(290)  Dieser Abschreibungszeitraum wird vom Königlichen Erlass vom 19. Juni 2007 vorgegeben, der für alle belgischen Krankenhäuser gilt [siehe auch Erwägungsgrund (226)].

(291)  Siehe Fußnote 264.

(292)  Wie in Erwägungsgrund 166 erklärt, vertritt die Kommission die Auffassung, dass die drei zusätzlichen Verpflichtungen ohne die grundlegende Krankenhausaufgabe nicht auferlegt worden wären. In diesem Zusammenhang hält es die Kommission für angebracht, den Betrauungszeitraum mit Bezug auf die grundlegende Krankenhausaufgabe zu beurteilen.

(293)  Anders gesagt, das koordinierte Gesetz über die Krankenhäuser vom 10. Juli 2008 (Belgisches Staatsblatt 7. November 2008, S. 58624).