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Document 52016XC0705(02)

Bekanntmachung der Kommission zur Durchsetzung durch die Zollbehörden von Rechten geistigen Eigentums bei Waren, einschließlich Durchfuhrwaren, die ohne Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht wurden

C/2016/4032

OJ C 244, 5.7.2016, p. 4–9 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

5.7.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 244/4


Bekanntmachung der Kommission zur Durchsetzung durch die Zollbehörden von Rechten geistigen Eigentums bei Waren, einschließlich Durchfuhrwaren, die ohne Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht wurden

(2016/C 244/03)

Inhalt

1.

ZIEL 4

2.

DURCHSETZUNG VON VORSCHRIFTEN DURCH DIE ZOLLBEHÖRDEN BEI WAREN, DIE RECHTE GEISTIGEN EIGENTUMS VERLETZEN 5

2.1.

Nicht zum zollrechtlich freien Verkehr überlassene Waren aus Drittländern 5

2.2.

Nicht zum zollrechtlich freien Verkehr überlassene Waren aus Drittländern, die eine identische oder im Wesentlichen identische Marke aufweisen 5

3.

MASSNAHMEN DER ZOLLBEHÖRDEN BEI WAREN, DIE IM VERDACHT STEHEN, RECHTE GEISTIGEN EIGENTUMS ZU VERLETZEN 6

3.1.

Kontrolle und Zurückhaltung 6

3.2.

Waren, die eine identische oder im Wesentlichen identische Marke aufweisen 7

3.3.

Arzneimittel 8

3.4.

Zusammenarbeit mit den Rechteinhabern 8

1.   ZIEL

Die „Leitlinien der Europäischen Kommission zur Durchsetzung durch die EU-Zollbehörden von Rechten geistigen Eigentums bei der Durchfuhr von Waren, insbesondere Medikamenten, durch die EU“, die die Dienststellen der Kommission am 1. Februar 2012 auf der Website der Generaldirektion Steuern und Zollunion (TAXUD) veröffentlicht haben, sind zu aktualisieren, um Folgendem Rechnung zu tragen:

der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 (1), die die Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 (2) des Rates ersetzt hat;

dem Markenrechtspaket (mit der Verordnung (EU) 2015/2424 (3) wurde die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates (4) geändert, und die Richtlinie (EU) 2015/2436 (5) wurde angenommen).

Die Verordnung (EU) Nr. 608/2013 legt die Bedingungen und Verfahren zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden fest und hat insbesondere den Umfang der Rechte geistigen Eigentums, zu deren Durchsetzung die Zollbehörden eingreifen können, erweitert (Marken, Geschmacksmuster, Urheberrechte und verwandte Schutzrechte, geografische Angaben, Patente, Sortenschutz, Topografien von Halbleitererzeugnissen, Gebrauchsmuster, Handelsname).

Die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 über die Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden sind so anzuwenden, dass sie einen wirksamen und angemessenen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums bieten und sicherstellen, dass Maßnahmen und Verfahren zur Durchsetzung der Rechte nicht selbst zu Schranken für den rechtmäßigen Handel werden, wie es in der Präambel und Artikel 41 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) der Welthandelsorganisation (WTO) (6) heißt.

Das Markenrechtspaket erweitert die Rechte des Inhabers einer auf Unionsebene als Unionsmarke oder auf Ebene der Mitgliedstaaten als nationale Marke eingetragenen Marke, um zu verhindern, dass Dritte im geschäftlichen Verkehr Waren in die Union verbringen, ohne dass eine Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr erfolgt, wenn die Waren aus Drittstaaten stammen und ohne Zustimmung eine Marke aufweisen, die mit der für diese Waren eingetragenen Marke identisch ist oder in ihren wesentlichen Merkmalen nicht von dieser Marke unterschieden werden kann. Dieser Umstand ist bei der Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch den Zoll zu berücksichtigen.

Diese Bekanntmachung ersetzt somit die „Leitlinien der Europäischen Kommission zur Durchsetzung durch die EU-Zollbehörden von Rechten geistigen Eigentums bei Waren, insbesondere Medikamenten, durch die EU“.

2.   DURCHSETZUNG VON VORSCHRIFTEN DURCH DIE ZOLLBEHÖRDEN BEI WAREN, DIE RECHTE GEISTIGEN EIGENTUMS VERLETZEN

Die Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Rates enthält Durchsetzungsverfahren, damit die Zollbehörden eingreifen können, wenn der Verdacht besteht, dass Waren Rechte geistigen Eigentums verletzen. Artikel 2 der Verordnung nennt die Rechte geistigen Eigentums, die für die Durchsetzung der Vorschriften durch die Zollbehörden relevant sind. Die Verordnung (EU) Nr. 608/2013 regelt die Verfahren und Bedingungen für das Tätigwerden der Zollbehörden bei Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, wenn diese Waren ihrer Überwachung oder Zollkontrollen unterliegen oder hätten unterliegen sollen (Artikel 1 Absatz 1), da die verfahrensrechtlichen Befugnisse der Zollbehörden auf die Feststellung beschränkt sind, ob es sich um „Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen“ handelt (Artikel 2 Absatz 7).

Die Verordnung (EU) Nr. 608/2013 enthält keine Kriterien, nach denen sich eine Verletzung von Rechten geistigen Eigentums feststellen lässt (Erwägung 10). Die Frage, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt wird, ist durch das materielle Recht zum geistigen Eigentum in seiner Auslegung durch die zuständigen nationalen Gerichte und den Gerichtshof der Europäischen Union zu beantworten.

2.1.   Nicht zum zollrechtlich freien Verkehr überlassene Waren aus Drittländern

Waren, die ohne Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr in das Zollgebiet der Union verbracht werden, können entsprechende Rechte geistigen Eigentums verletzen, wenn sie, während sie sich im Zollgebiet der Union befinden (beispielsweise im Rahmen eines besonderen Verfahrens gemäß dem Zollkodex der Union (7)) oder bereits vor ihrer Ankunft im Unionsgebiet Gegenstand einer an die Verbraucher in der Union gerichteten geschäftlichen Handlung wie eines Verkaufs, eines Verkaufsangebots oder einer Werbung sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Philips/Nokia, Randnr. 57 (8)) oder wenn aus den Warenunterlagen (z. B. Gebrauchsanweisungen) oder aus Schreiben hervorgeht, dass die Umleitung der Waren auf den Markt der Union ohne Zustimmung des Rechteinhabers beabsichtigt ist.

Daher können nicht zum zollrechtlich freien Verkehr überlassene, aus einem Drittland kommende Waren, bei denen der Verdacht besteht, dass sie ein in der Europäischen Union beispielsweise durch eine Marke, ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht, ein Geschmacksmuster oder ein Patent geschütztes Recht geistigen Eigentums verletzen, als Waren eingestuft werden, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, wenn sie nachweislich dazu bestimmt sind, in der Europäischen Union in den Verkehr gebracht zu werden. Ein solcher Nachweis könnte gegeben sein, wenn die Waren an einen Kunden in der Europäischen Union verkauft wurden oder Gegenstand einer an Verbraucher in der Union gerichteten Verkaufsofferte oder Werbung waren (siehe hierzu Urteil Philips/Nokia, Randnr. 78).

2.2.   Nicht zum zollrechtlich freien Verkehr überlassene Waren aus Drittländern, die eine identische oder im Wesentlichen identische Marke aufweisen

Die Verordnung (EG) Nr. 207/2009, geändert durch die Verordnung (EU) 2015/2424 und die Richtlinie (EU) 2015/2436, erweitert die Rechte des Inhabers einer auf Ebene der Europäischen Union als Unionsmarke oder auf Ebene eines Mitgliedstaats als nationale Marke eingetragenen Marke, um zu verhindern, dass Dritte im geschäftlichen Verkehr ohne Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr Waren in die EU verbringen, wenn die Waren aus Drittländern stammen und ohne Zustimmung eine Marke aufweisen, die mit der für diese Waren eingetragenen Marke identisch oder in ihren wesentlichen Merkmalen nicht von dieser Marke zu unterscheiden ist (im Folgenden werden diese Waren bezeichnet als „Waren mit einer identischen oder im Wesentlichen identischen Marke“), selbst wenn die Waren nicht dazu bestimmt sind, in der Union in Verkehr gebracht zu werden. Wie in Erwägungsgrund 15 der Verordnung (EU) 2015/2424 erläutert, besteht das Ziel darin, „den Markenschutz zu stärken und wirksamer gegen Produktpiraterie vorzugehen, […] im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Union gemäß dem Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) […]“.

Die neuen Bestimmungen über die Behandlung von Waren mit einer identischen oder im Wesentlichen identischen Marke, die ohne Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr in das Gebiet der Union verbracht werden, sind wie folgt anzuwenden:

Unionsmarken

Für die Unionsmarke trat am 23. März 2016 die Verordnung (EU) 2015/2424 (Artikel 4) in Kraft und ist seit diesem Tag anwendbar. Daher können die Zollbehörden seit dem 23. März 2016 gegen Waren vorgehen, die ohne Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr aus Drittländern in das Zollgebiet der Union verbracht werden und die eine Marke aufweisen, die mit einer Unionsmarke identisch oder im Wesentlichen identisch ist.

Nationale Marken

Für nationale Marken trat am 12. Januar 2016 die Richtlinie (EU) 2015/2436 (Artikel 56) in Kraft. Die Mitgliedstaaten passen gemäß Artikel 54 der Richtlinie (EU) 2015/2436 ihre nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zum Markenrecht an, um die Richtlinie bis zum 14. Januar 2019 umzusetzen. Das bedeutet im Falle nationaler Marken, dass die neuen Bestimmungen für Waren mit einer identischen oder im Wesentlichen identischen Marke, die in den Mitgliedstaat verbracht werden, in dem die Marke eingetragen ist, ohne dass die Waren zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen werden, in diesem Mitgliedstaat anzuwenden sind, sobald die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um Artikel 10 der Richtlinie nachzukommen, erlassen und in Kraft sind (also spätestens zum 14. Januar 2019). Daher sollten die Zollbehörden in den einzelnen Mitgliedstaaten die Überarbeitung ihres jeweiligen nationalen Markenrechts genau verfolgen, damit sie wissen, ab welchem Zeitpunkt sie in Bezug auf die nationalen Marken die Durchfuhrbestimmungen anwenden sollten. Die Zollbehörden können ab dem Datum, an dem die nationalen Vorschriften in diesem Mitgliedstaat in Kraft getreten und anwendbar sind, Maßnahmen in Bezug auf nicht zum zollrechtlich freien Verkehr überlassene Waren ergreifen, die aus Drittländern stammen und eine Marke aufweisen, die mit einer nationalen Marke identisch oder im Wesentlichen identisch ist.

Inhaberrechte in Bezug auf Waren mit einer identischen oder im Wesentlichen identischen Marke

Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates, geändert durch die Verordnung (EU) 2015/2424, lautet wie folgt:

„Rechte aus der Unionsmarke

[…] (4) Unbeschadet der von Inhabern vor dem Zeitpunkt der Anmeldung oder dem Prioritätstag der Unionsmarke erworbenen Rechte ist der Inhaber dieser Unionsmarke auch berechtigt, Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Waren in die Union zu verbringen ohne diese in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen, wenn die Waren, einschließlich ihrer Verpackung, aus Drittstaaten stammen und ohne Zustimmung eine Marke aufweisen, die mit der für derartige Waren eingetragenen Unionsmarke identisch ist oder in ihren wesentlichen Aspekten nicht von dieser Marke zu unterscheiden ist. […]“(Hervorhebung hinzugefügt.)

Rechte aus einer nationalen Marke

Artikel 10 Absatz 4 der Richtlinie (EU) 2015/2436 lautet ähnlich wie Artikel 9 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates, geändert durch die Verordnung (EU) 2015/2424. Sie erweitert die Rechte des Inhabers einer eingetragenen nationalen Marke auf Waren, die in den Mitgliedstaat verbracht werden, ohne dass die Waren dort zum zollrechtlich freien Verkehr überlassen werden, wenn die Waren ohne Zustimmung eine Marke aufweisen, die mit der für derartige Waren eingetragenen nationalen Marke identisch oder im Wesentlichen identisch ist.

Es ist darauf hinzuweisen, dass sich nach dem Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck dieser neuen Vorschriften die Rechte des Markeninhabers nicht nur auf Waren mit einem Zeichen erstrecken, das mit der eingetragenen Marke des Inhabers identisch ist (d. h. ein Zeichen, das ohne Änderung oder Hinzufügung alle Elemente der geschützten Marke wiedergibt oder als Ganzes betrachtet Unterschiede aufweist, die so geringfügig sind, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können, wie der Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache 291/00, LTJ Diffusion SA, ausführt).

Die neuen Vorschriften gelten auch für Waren, die ein Zeichen aufweisen, das „in seinen wesentlichen Aspekten“ nicht von der eingetragenen Marke zu unterscheiden ist.

3.   MASSNAHMEN DER ZOLLBEHÖRDEN BEI WAREN, DIE IM VERDACHT STEHEN, RECHTE GEISTIGEN EIGENTUMS ZU VERLETZEN

3.1.   Kontrolle und Zurückhaltung

Nach dem Zollkodex der Europäischen Union (Verordnung (EU) Nr. 952/2013) können die Zollbehörden an Nicht-Unionswaren, die in das Zollgebiet der Union verbracht werden, alle Kontrollen durchführen, die sie für erforderlich halten (9). Diese Kontrollen müssen verhältnismäßig sein und im Einklang mit den Kriterien der Risikoanalyse erfolgen.

Abgesehen von der allgemeinen Möglichkeit von Zollkontrollen gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 sind die Zollbehörden auch berechtigt, Waren, die im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen, und die der zollamtlichen Überwachung oder Zollkontrollen im Zollgebiet der Union unterliegen oder hätten unterliegen müssen, insbesondere in folgenden Fällen zurückzuhalten:

a)

wenn die Waren zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr, zur Ausfuhr oder zur Wiederausfuhr angemeldet werden;

b)

wenn die Waren in das Zollgebiet oder aus dem Zollgebiet der Union verbracht werden;

c)

wenn die Waren in ein besonderes Verfahren übergeführt werden.

Die Zurückhaltung der Waren ist eine Entscheidung der Zollbehörden auf der Grundlage hinreichender Anhaltspunkte dafür, dass diese Waren Rechte geistigen Eigentums verletzen.

Die Zurückhaltung bedeutet, dass die Waren einbehalten werden, dass der Inhaber der Rechte Zugang zu vertraulichen Informationen erhält und die Waren prüfen kann, und sie kann zur Vernichtung von Waren führen, ohne dass förmlich festgestellt werden muss, ob ein Recht geistigen Eigentums verletzt ist (10). Dieses Verfahren geht über die reine Kontrolltätigkeit der Zollbehörden hinaus.

3.2.   Waren, die eine identische oder im Wesentlichen identische Marke aufweisen

Die Erwägung 15 der Verordnung (EU) 2015/2424 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates lautet:

„Um den Markenschutz zu stärken und wirksamer gegen Produktpiraterie vorzugehen, und im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Union gemäß dem Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO), insbesondere Artikel V des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) über die Freiheit der Durchfuhr sowie, bezüglich Generika der auf der WTO-Ministerkonferenz in Doha am 14. November 2001 angenommenen ‚Erklärung über das TRIPS-Abkommen und die öffentliche Gesundheit‘, sollte der Inhaber einer Unionsmarke Dritten verbieten können, im geschäftlichen Verkehr Waren in die Union zu verbringen, ohne diese in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen, wenn die Waren aus Drittstaaten stammen und ohne Zustimmung eine Marke aufweisen, die mit der für derartige Waren eingetragenen Unionsmarke identisch oder im Wesentlichen identisch ist.“

In der Erwägung 16 der Verordnung (EU) 2015/2424 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates und der Erwägung 22 der Richtlinie (EU) 2015/2436 heißt es:

„[…] sollte es […] erlaubt sein, die Einfuhr rechtsverletzender Waren und ihre Überführung in alle zollrechtlichen Situationen, einschließlich Durchfuhr, Umladung, Lagerung, Freizonen, vorübergehender Verwahrung, aktiver Veredelung oder vorübergehender Verwendung, zu verhindern, und zwar auch dann, wenn diese Waren nicht dazu bestimmt sind, in der Union in Verkehr gebracht zu werden. Bei der Durchführung der Zollkontrollen sollten die Zollbehörden die in der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates […] vorgesehenen Befugnisse und Verfahren […] wahrnehmen.“

Im Einklang mit dem Markenrecht der Union und nationalem Markenrecht können Waren, die im Verdacht stehen, Waren mit identischen oder im Wesentlichen identischen Marken zu sein, von den Zollbehörden gemäß der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 zurückgehalten werden, wenn sie — ohne Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr und ohne für den Unionsmarkt bestimmt zu sein — in das Zollgebiet der Union verbracht werden. Diese Waren, die im Verdacht stehen, ohne Zustimmung eine identische oder im Wesentlichen identische Marke aufzuweisen, können sich im Zollgebiet der Union in folgenden Situationen befinden:

vorübergehende Verwahrung;

Durchfuhr auf dem Weg aus einem Drittland in ein anderes Drittland;

Lagerung in einer Freizone oder einem Zolllager, ohne bereits für den EU-Markt oder ein Drittland bestimmt zu sein;

vorübergehende Verwendung;

aktive Veredelung.

Vor der Zurückhaltung von nicht für den EU-Markt bestimmten Waren, die im Verdacht stehen, ohne Zustimmung eine Marke aufzuweisen, die mit der für derartige Waren geschützten Marke identisch oder im Wesentlichen identisch ist, können die Zollbehörden, um den rechtmäßigen Handel nicht zu behindern, gemäß Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 den Inhaber der Entscheidung über die Stattgabe des Antrags auffordern, ihnen sachdienliche Informationen zu diesen Waren zu übermitteln.

Werden nicht für den EU-Markt bestimmte Waren, die im Verdacht stehen, ohne Zustimmung eine Marke aufzuweisen, die mit der geschützten Marke identisch oder im Wesentlichen identisch ist, zurückgehalten, sollten die Zollbehörden dafür sorgen, dass die betreffenden Personen (d. h. der Besitzer oder Anmelder der Waren und der Rechteinhaber) umgehend von der Zurückhaltung in Kenntnis gesetzt werden.

Damit einerseits die wirksame Durchsetzung von Markenrechten gewährleistet und andererseits vermieden wird, den freien Handel mit rechtmäßigen Waren zu behindern, sehen die neuen Bestimmungen des Markenrechtspakets vor, dass unter bestimmten Umständen das Recht des Inhabers einer eingetragenen Marke erlischt, das bloße Verbringen von Durchfuhrwaren in die EU, die den Angaben zufolge für die Verbraucher eines Drittlandes bestimmt sind und im Verdacht stehen, ohne Zustimmung eine identische oder im Wesentlichen identische Marke aufzuweisen, zu verhindern. Dieses Recht erlischt, wenn im Zuge des Verfahrens zur Feststellung, ob die eingetragene Marke verletzt wurde, der Anmelder oder Besitzer der Waren nachweist, dass der Inhaber der eingetragenen Marke nicht berechtigt ist, das Inverkehrbringen der Waren im Endbestimmungsland zu untersagen, weil die betreffende Marke dort nicht geschützt ist.

3.3.   Arzneimittel

Obwohl die in der vorliegenden Bekanntmachung genannten Rechtsvorschriften der Union keine speziellen Vorschriften für Arzneimittel enthalten, wird in der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 (Erwägungsgrund 11) und in der Verordnung (EU) 2015/2424 (Erwägungsgrund 19) sowie in der Richtlinie (EU) 2015/2436 (Erwägungsgrund 25) festgestellt, dass die reibungslose Durchfuhr legaler Arzneimittel durch die gesamte EU gewährleistet werden muss.

Gemäß der „Erklärung über das TRIPS-Übereinkommen und die öffentliche Gesundheit“, die auf der WTO-Ministerkonferenz in Doha vom 14. November 2001 angenommen wurde, sollte das TRIPS-Übereinkommen so ausgelegt und umgesetzt werden, dass es das Recht der WTO-Mitglieder, die öffentliche Gesundheit zu schützen, fördert und insbesondere den Zugang zu Arzneimitteln für alle sichert. Die EU und ihre Mitgliedstaaten unterstützen uneingeschränkt alle Bemühungen, bedürftigen Ländern entsprechend der Erklärung den Zugang zu Arzneimitteln zu erleichtern.

Die Zollbehörden müssen alle angemessenen Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass rechtmäßige, legal gehandelte Arzneimittel (11), auch Generika, durch das Zollgebiet der Union befördert werden können, ohne auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 zurückgehalten zu werden.

Daher sollten die Zollbehörden Arzneimittel nicht zurückhalten, wenn keine Hinweise vorliegen, dass sie für den EU-Markt bestimmt sind — beispielsweise wenn Ähnlichkeiten zwischen dem INN (12) des in dem Arzneimittel enthaltenen Wirkstoffs und der in der EU eingetragenen Marke bestehen.

Die Zollbehörden sollten daher alle erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen treffen, um zu vermeiden, dass Arzneimittel auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 zurückgehalten werden, es sei denn, sie sind für den EU-Markt bestimmt oder sie weisen eine Marke auf, die im Verdacht steht, mit der geschützten Marke im Sinne von Punkt 2.2 identisch oder im Wesentlichen identisch zu sein.

3.4.   Zusammenarbeit mit den Rechteinhabern

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Zollbehörden über ausreichende und relevante Informationen vonseiten der Rechteinhaber verfügen, um ihre Risikoanalyse effizient und wirksam organisieren zu können.

Daher sollten Rechteinhaber, die ein Tätigwerden beantragen, stets ein besonderes Augenmerk auf die Verpflichtung richten, alle verfügbaren Informationen zu übermitteln, die für die Zollbehörden bei der Bewertung des Risikos, ob die betreffenden Rechte verletzt wurden, von Belang sind.

Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 sieht vor, dass ein Rechteinhaber dann für Schäden gegenüber dem Besitzer der Waren haftbar gemacht werden kann, wenn unter anderem in der Folge festgestellt wird, dass die betreffenden Waren kein Recht geistigen Eigentums verletzen.

Aufgrund der strengen Fristen in der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 sollten Rechteinhaber sicherstellen, dass die in den Anträgen angegebenen Kontaktpersonen leicht erreichbar und in der Lage sind, auf Miteilungen oder Aufforderungen vonseiten der Zollbehörden umgehend zu reagieren.


(1)  Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden (ABl. L 181 vom 29.6.2013, S. 15).

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Vorgehen der Zollbehörden gegen Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu verletzen, und die Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige Rechte verletzen (ABl. L 196 vom 2.8.2003, S. 7).

(3)  Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 21).

(4)  Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78 vom 24.3.2009, S. 1).

(5)  Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 336 vom 23.12.2015, S. 1).

(6)  Anhang 1C des Übereinkommens von Marrakesch zur Errichtung der Welthandelsorganisation, unterzeichnet in Marrakesch, Marokko, am 15. April 1994.

(7)  Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1).

(8)  Verbundene Rechtssachen C-446/09 und C-495/09.

(9)  Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, insbesondere Artikel 46.

(10)  Siehe Artikel 17 sowie Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 608/2013.

(11)  Ein Beispiel sind Arzneimittel, die sich lediglich zur Durchfuhr im Gebiet der EU befinden und in diesem Gebiet durch ein Patent geschützt sind, wenn keine ausreichenden Beweise vorliegen, die auf eine hohe Wahrscheinlichkeit schließen lassen, dass solche Arzneimittel auf den EU-Markt umgeleitet werden.

(12)  Internationale Freinamen (INN) bezeichnen Arzneimittel oder Arzneimittelwirkstoffe. Jeder INN ist einmalig, weltweit anerkannt und gemeinfrei. Ein Freiname wird auch als Generischer Name bezeichnet. Informationen über INN finden sich auf der folgenden Website der Weltgesundheitsorganisation (WHO): http://www.who.int/medicines/services/inn/innguidance/en/.


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