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Document 32019H0905(07)

Empfehlung des Rates vom 9. Juli 2019 zum nationalen Reformprogramm Irlands 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Irlands 2019

ST/10160/2019/INIT

OJ C 301, 5.9.2019, p. 35–41 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

5.9.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 301/35


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2019

zum nationalen Reformprogramm Irlands 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Irlands 2019

(2019/C 301/07)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 21. November 2018 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung 2019 eingeleitet wurde. Dabei wurde der am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamierten Europäischen Säule sozialer Rechte gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 21. März 2019 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 21. November 2018 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Irland als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 21. März 2019 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 9. April 2019 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2019“) an, die die fünf Euro-Währungsgebiet-Empfehlungen enthält.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Irland die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2019, die in den unten genannten Empfehlungen 1 und 3 ihren Niederschlag findet, sicherstellen. Insbesondere werden eine gezielte Ausrichtung der investitionsbezogenen Wirtschaftspolitik auf die genannten Bereiche und die Einführung von steuerlichen Maßnahmen dazu beitragen, der zweiten Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet in Bezug auf Investitionsförderung, Verbesserungen bei den öffentlichen Finanzen und Bekämpfung aggressiver Steuerplanung nachzukommen.

(3)

Der Länderbericht Irland 2019 wurde am 27. Februar 2019 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Irlands bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 13. Juli 2018 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 27. Februar 2019 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Irland makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Irland ist insbesondere durch seine hohe öffentliche und private Verschuldung und umfangreiche Nettoauslandsverbindlichkeiten anfällig für negative Schocks, allerdings haben sich die Stromgrößen weiter verbessert. Die Verschuldung der privaten Haushalte bleibt hoch, das Wirtschaftswachstum begünstigt jedoch den weiteren Abbau dieser Schulden. Die Tätigkeiten multinationaler Unternehmen wirken sich weiterhin auf die Unternehmensschulden aus. Die Verschuldung privater Haushalte steht offenbar weitgehend mit den Fundamentaldaten im Einklang, ist aber gemessen am verfügbaren Einkommen hoch. Der gesamtstaatliche Schuldenstand wird voraussichtlich rückläufig bleiben, während sich das Haushaltsdefizit einer ausgeglichenen Position annähert. Der über mehrere Jahre starke Anstieg der Wohnimmobilienpreise hat sich in jüngster Zeit abgeschwächt. Diese Preise werden vor allem durch ein geringes Angebot bestimmt, es gibt keine eindeutigen Anzeichen für eine Überbewertung. Der Bestand an notleidenden Krediten — obwohl immer noch hoch — ist weiter zurückgegangen, auch wenn die langfristigen Zahlungsrückstände nur langsam abgebaut werden.

(4)

Am 17. April 2019 übermittelte Irland sein nationales Reformprogramm 2019 und am 29. April 2019 sein Stabilitätsprogramm 2019. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds (im Folgenden „ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 wurden die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen berücksichtigt. Nach Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies zur Förderung der Umsetzung der einschlägigen Ratsempfehlungen notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Irland befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts und unterliegt der Schuldenregel. In ihrem Stabilitätsprogramm 2019 geht die Regierung davon aus, dass sich der Gesamtsaldo 2019 auf 0,2 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und anschließend weiter schrittweise bis auf 1,3 % des BIP im Jahr 2023 verbessern wird. Auf der Grundlage des neuberechneten strukturellen Saldos (6) soll das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,5 % des BIP — bis zum Jahr 2020 erreicht werden. Dem Stabilitätsprogramm zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote im Jahr 2019 auf 61,1 % des BIP sinken und bis 2023 weiter auf 51,6 % des BIP zurückgehen. Das diesen Projektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Allerdings wurden die Maßnahmen, die zum Erreichen der ab 2020 anvisierten Defizitziele erforderlich sind, nicht ausreichend spezifiziert.

(7)

Am 13. Juli 2018 empfahl der Rat Irland, das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2019 zu erreichen. Dies entspricht einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben (7) von höchstens 7,0 % im Jahr 2019, was eine Verschlechterung des strukturellen Saldos um 0,3 % des BIP zulässt. Nach der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission dürfte Irland 2019 die empfohlene Haushaltsanpassung einhalten.

(8)

Im Jahr 2020 dürfte Irland sein mittelfristiges Haushaltsziel erreichen. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission entspricht dies einer nominalen Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben von höchstens 3,7 % (8), was einer jährlichen strukturellen Anpassung in Höhe von 0,7 % des BIP entspricht. Irland dürfte sein mittelfristiges Haushaltsziel erreichen. Der gesamtstaatliche Schuldenstand dürfte über die Anforderungen der Schuldenregel hinaus weiter auf festem Abwärtskurs bleiben. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Irland die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2019 und 2020 voraussichtlich einhält. Angesichts der unterschiedlichen Messung von BIP und Inlandsproduktion in Irland und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Schuldenquote, der gegenwärtigen Konjunkturbedingungen im Land und der erhöhten externen Risiken wäre die Verwendung unerwarteter Mehreinnahmen zum weiteren Abbau der gesamtstaatlichen Schuldenquote wichtig.

(9)

Die öffentlichen Finanzen haben sich dank des robusten Produktionswachstums weiter verbessert, jedoch bleiben Risiken schwankender Einnahmen bestehen; es gibt noch Spielraum, um die Empfindlichkeit der Einnahmen gegenüber wirtschaftlichen Schwankungen und negativen Schocks zu verringern. Eine Begrenzung der Steuervergünstigungen in Umfang und Zahl sowie eine Erweiterung der Steuerbemessungsgrundlage würden bei wirtschaftlichen Schwankungen die Einnahmenstabilität verbessern. Zwar hat Irland den niedrigeren Mehrwertsteuersatz auf touristische Aktivitäten angehoben, andere steuerliche Maßnahmen der jüngsten Zeit waren jedoch auf Steuersenkungen und -erleichterungen ausgerichtet. Zudem besteht in Irland noch weiteres Potenzial, Umweltziele durch ein verbessertes Steuersystem zu fördern. Diese Anstrengungen könnten unter anderem darin bestehen, die Subventionen für fossile Brennstoffe zu senken und Investoren stärkere Preissignale zu geben, indem für das nächste Jahrzehnt verbindliche Zusagen für die Erhöhung der CO2-Steuer erfolgen.

(10)

Die Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung ist eine wesentliche Voraussetzung für effizientere und gerechtere Steuersysteme, wie in der Euro-Währungsgebiet-Empfehlung 2019 eingeräumt wird. Da aggressive Steuerplanungsstrategien der Steuerzahler sich auch auf andere Mitgliedstaaten auswirken können, ist ergänzend zu den Rechtsvorschriften der Union auch ein koordiniertes Vorgehen auf nationaler Ebene erforderlich. Irland hat Maßnahmen gegen aggressive Steuerplanung ergriffen; allerdings lässt der hohe Anteil von Lizenzgebühren und Dividenden am BIP darauf schließen, dass die Steuervorschriften des Landes von Unternehmen genutzt werden, die aggressive Steuerplanung betreiben. Die begrenzte Erhebung von Quellensteuern auf ins Ausland fließende (also von Unionsansässigen an in Drittstaaten Ansässige geleistete) Lizenzgebühr- und Dividendenzahlungen von in Irland ansässigen Unternehmen kann dazu führen, dass Zahlungen, die auch im Empfängerland nicht besteuert werden, vollständig durch das Steuerraster fallen.

(11)

Langfristige Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in Zusammenhang mit den Alterungskosten bleiben bestehen. Die Gesundheitsausgaben werden voraussichtlich von 4,1 % des BIP im Jahr 2016 auf 5,1 % des BIP im Jahr 2070 steigen und im Jahr 2063 einen Spitzenwert von 5,2 % erreichen. Obwohl das irische Gesundheitssystem in einigen Bereichen gut funktioniert oder verbessert wurde, ist es insgesamt ineffizient, das Angebot hinkt hinter der Nachfrage her, und es wird keine koordinierte, integrierte Versorgung gewährleistet. Um der sprunghaft gestiegenen Nachfrage nachzukommen, hat die irische Regierung die Strategie zur Umsetzung von Sláintecare gebilligt und zur umfassenden Reformierung und Modernisierung des irischen Gesundheits- und Sozialwesens in den kommenden zehn Jahren das Amt zur Umsetzung des Programms geschaffen. Die Reformpläne sind ein glaubwürdiger Ansatz, um das Gesundheitssystem allgemein zugänglich und zukunftsfähig zu gestalten, die Bedürfnisse einer alternden Bevölkerung zu erfüllen und die Pflege in den vertrauten Lebensbereich zu verlagern, wobei Prävention eine größere Rolle spielen sollte. Dies dürfte einen verringerten Bedarf an Akutversorgung mit sich bringen und somit zu einem kostengünstigeren Gesundheitswesen beitragen. Die Umsetzung ist jedoch durch die Schwierigkeiten des Gesundheitssystems gefährdet, die Überschneidungen am Krankenversicherungsmarkt anzugehen und kurzfristig den eigenen Haushalt, die Leistungen und die Beschäftigten erfolgreich zu verwalten. Auch müssen kurzfristige Kosten unter Kontrolle gehalten werden, damit die Sláintecare-Vision auf lange Sicht Wirklichkeit werden kann.

(12)

Ungeachtet der bisherigen Bemühungen der Regierung, die Ausgaben bei den gesetzlichen Renten zu dämpfen, dürfte das Gesamtdefizit des Rentensystems langfristig erheblich steigen; Grund hierfür ist der Anstieg der Rentenausgaben von 5 % des BIP im Jahr 2016 auf 6,6 % im Jahr 2070 (mit einem Spitzenwert von 7,5 % im Jahr 2053). Eine vollständige und zeitnahe Umsetzung des vorgelegten Fahrplans zur Rentenreform ist eine wesentliche Voraussetzung, um das irische Rentensystem finanziell tragfähiger zu gestalten.

(13)

Höhere Investitionen in Qualifikationen und die allgemeine und berufliche Bildung sowie in die soziale Inklusion sind für mehr Produktivität und ein langfristig stärkeres inklusives Wachstum im Land von entscheidender Bedeutung. Die angespannte Lage am Arbeitsmarkt sowie sich abzeichnende Qualifikationsdefizite und ein Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage in bestimmten Branchen erfordern Anstrengungen, um bislang inaktive Gruppen potenzieller Erwerbstätiger zu erreichen und in noch nicht genutzte Humanressourcen zu investieren. Es besteht durchaus Spielraum für eine Förderung des Qualifikationsausbaus und eine bessere Abstimmung von Lehrplänen und beruflicher Bildung auf die Bedürfnisse am Arbeitsmarkt. Der geringe Prozentsatz der Beschäftigten mit grundlegenden digitalen Kompetenzen verlangt nach weiteren Investitionen in die Ausbildung am Arbeitsplatz und einem Ausbau der Qualifikationen erwachsener Arbeitskräfte. Investitionen in den Zugang zu hochwertiger und bezahlbarer Kinderbetreuung und die Einführung des nationalen Kinderbetreuungsprogramms (National Childcare Scheme) werden dazu beitragen, die eher niedrige Beschäftigungsquote von Frauen zu erhöhen. Die Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Behinderung gehört in Irland zu den niedrigsten in Europa. Nach wie vor ist die Zahl der Menschen, die in Haushalten mit geringer Erwerbsintensität leben, in Irland eine der höchsten in der Union, was das weite Feld für integrierte und gezielte Aktivierungsstrategien zur Unterstützung dieser speziellen Gruppe aufzeigt.

(14)

Die jahrelang schwache Investitionstätigkeit im Gefolge der Wirtschaftskrise fordert ihren Tribut, was die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum und Sozialwohnungen angeht; zudem mangelt es an einer angemessenen Infrastruktur in den Bereichen umweltfreundlicher Verkehr und saubere Energien, Wasser und ultraschnelles Breitband — dies wiederum bremst die Unternehmensinvestitionen. Darüber hinaus sind die vom Straßenverkehr verursachten Treibhausgasemissionen in fünf Jahren stark gestiegen. Eine bessere Infrastruktur könnte in Verbindung mit entsprechender Raumplanung entscheidend für ein besseres Wohnraumangebot und für mehr private Investitionen sein, das Produktivitätswachstum anschieben und für eine regional ausgewogene Wirtschaftsentwicklung sorgen. Eine zukunftstaugliche Anschlussfähigkeit und ausreichende digitale Kompetenzen bleiben Grundvoraussetzung dafür, dass einheimische Unternehmen sich digitale Technologien erfolgreich zunutze machen und die einheimische Informations- und Kommunikationstechnologiebranche floriert. Der Zugang zum ultraschnellen Breitband stellt, insbesondere auf dem Land, weiterhin eine beträchtliche Herausforderung dar. Dem Übergang Irlands hin zu einer CO2-armen und ökologisch widerstandsfähigen Wirtschaft wären höhere Infrastrukturausgaben für saubere Energien, eine umweltfreundliche öffentliche Verkehrs- und Wasserversorgungsinfrastruktur sowie größere Anstrengungen in den Bereichen Dekarbonisierung, Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Kreislaufwirtschaft zuträglich.

(15)

Während die Einführung des nationalen Entwicklungsplans (National Development Plan) zur Schaffung zusätzlicher grundlegender Infrastrukturen führen könnte, könnte sich die Leistungsschwäche des Baugewerbes als Hemmschuh für eine zeitnahe Verwirklichung erweisen. Darüber hinaus könnte eine Diversifizierung des Seeverkehrs und der Energieleitungen mit Blick auf Kontinentaleuropa die Wirtschaft widerstandsfähiger gegenüber externen Schocks machen. Bisher ist es Irland nicht gelungen, sein Wirtschaftswachstum von den Emissionen von Treibhausgasen und Luftschadstoffen zu entkoppeln. Der Treibhausgasausstoß ist beständig gestiegen — vor allem im Verkehr, der Landwirtschaft, dem Energiesektor und der bebauten Umwelt. Mangelnde Fortschritte in diesem Bereich werden es Irland erschweren, seinen Unionsverpflichtungen nachzukommen, und gleichzeitig die Kosten künftigen Handelns erhöhen.

(16)

Der Immobilienpreisanstieg wird weiterhin durch das anhaltend knappe Angebot und die steigende Nachfrage befeuert. Obwohl die Preise im Jahr 2017 nicht überbewertet zu sein schienen, wachsen die Bedenken hinsichtlich der Bezahlbarkeit. Wohnungsknappheit ist infolge der schwachen Investitionen und der unzureichenden Bautätigkeit im vergangenen Jahrzehnt auch im Sozialwohnungswesen ein Problem. Während die Nachfrage nach Sozialwohnungen auf etwa 72 000 Einheiten geschätzt wird, sind nur 10 000 für die Fertigstellung im Jahr 2019 vorgesehen. 17 000 Haushalte im Land sollen durch eine Form der sozialen Wohnförderung (Housing Assistance Payment) oder ein Mietprogramm (Rental Accomodation Scheme) unterstützt werden, was jedoch das Risiko birgt, dass sich die Mietsteigerungen am privaten Mietmarkt mit seinem ohnehin begrenzten Angebot verschärfen. Vor allem im Großraum Dublin ist eine große Zahl von Sozialwohnungen unterbelegt, was teils auf veraltete Nachfolgeregelungen zurückzuführen ist. Der schlecht angepasste Mix der Arten der zur Verfügung gestellten Sozialwohnungen verschlechtert zusammen mit dem sehr begrenzten Angebot an erschwinglichen und kosteneffizienten Unterkünften die Lage weiter. Dies ist ein Hauptgrund für den starken Anstieg der Zahl der in Notunterkünften lebenden Einzelpersonen und Familien und hat die Obdachlosenzahlen im Februar 2019 neue Spitzenwerte erreichen lassen.

(17)

Um ein robusteres und widerstandsfähigeres Produktivitätswachstum zu fördern, ist es entscheidend, die innovationsgestützte Produktivität einheimischer Firmen besser in Schwung zu bringen. Die Ausgaben der Unternehmen für Forschung und Entwicklung (FuE) nehmen zwar weiter zu, bleiben aber unter dem Unionsdurchschnitt und werden schwerpunktmäßig von Unternehmen in ausländischer Hand getätigt. Die Innovationsstrategien könnten noch besser auf die Förderung irischer kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) ausgerichtet werden. Indirekte Unterstützung (d. h. Steuergutschriften) ist nach wie vor das zentrale Instrument der öffentlichen Förderung von FuE in Irland (80 % der gesamten öffentlichen Unterstützung). Engere Verbindungen zwischen multinationalen und einheimischen Unternehmen könnten dazu beitragen, den Durchsatz von Innovationen in der gesamten Wirtschaft zu verbessern. Darüber hinaus würde auch eine engere Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und öffentlichen Forschungszentren das Innovationspotenzial erhöhen.

(18)

Obwohl der geringe Grad öffentlicher FuE (1,05 % des BIP gegenüber einem Unionsdurchschnitt von 2 %) weiter Anlass zur Sorge gibt, bietet das kürzlich angenommene Programm Future Jobs Ireland 2019 einen vielversprechenden Rahmen, um Innovation und technologischen Wandel zu stimulieren und die Produktivität von KMU zu verbessern. Allerdings wird dessen vollständige Umsetzung von einer erheblichen Steigerung der öffentlichen Ausgaben für Forschung und Innovation ebenso abhängen wie von der Umsetzung des jüngst verabschiedeten Programms durch konkrete politische Maßnahmen. Nach jetzigem Stand mangelt es dem ehrgeizigen Maßnahmenpaket weiter an wichtigen Einzelheiten und einem genauen Zeitplan für die Umsetzung. Was beispielsweise die für 2019 vorgesehenen Schritte betrifft, so wurden keine Maßnahmen genannt, die darauf abzielen würden, die Verfügbarkeit langfristiger Kapitalbeteiligungen zu erhöhen und so einheimische Unternehmen beim Ausbau ihrer Geschäftstätigkeit zu unterstützen; der Strategiemix, mit dem KMU zu Investitionen in neue Technologien bewegt werden sollen, kombiniert Steuergutschriften und nichtsteuerliche Anreize, um KMU zu Investitionen in Innovationen zu motivieren — die relative Größenordnung dieser Maßnahmen ist aber nicht bekannt. In der Strategie Future Jobs Ireland 2019 sind keine konkreten Maßnahmen und Zielvorgaben enthalten, um die Lücke zwischen Irland und anderen Mitgliedstaaten mit Blick auf die Einführung zukunftsfähiger Breitbandnetze gemäß den Entwicklungszielen der Union für eine Gigabit-Gesellschaft bis zum Jahr 2025 zu schließen. Der nationale Breitbandplan dürfte dazu beitragen, diese Lücke zu schließen.

(19)

Das regionale Gefälle in Irland ist erheblich und hat sich im vergangenen Jahrzehnt weiter vergrößert. In Irland sind die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Regionen gemessen am BIP pro Kopf im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten vergleichsweise hoch. Zwischen 2000 und 2016 stieg das Pro-Kopf-BIP im Südosten (Region „Southern and Eastern“) um 74 %, das sind 63 Prozentpunkte mehr als in der Region „Border, Midland and Western“, nach 2012 beschleunigte sich der Anstieg. Im Südosten war das Pro-Kopf-BIP im Jahr 2016 um das 2,6-Fache höher als in der Region „Border, Midland and Western“. Der Großraum Dublin, in dem 40 % der irischen Bevölkerung leben, hat zwischen 2000 und 2016 mit 62 Prozentpunkten zum BIP-Wachstum beigetragen.

(20)

Regulierungsbedingte Hürden für Unternehmer (insbesondere bestimmte Regelungen im Zusammenhang mit kommerziellem Eigentum und juristischen Dienstleistungen) beeinträchtigen den Marktzutritt und -ausstieg von Unternehmen und damit auch die Produktivität einheimischer Firmen in Irland. Hemmnisse für den Zugang zu den Einzelhandelsmärkten stellen eine Herausforderung dar. Irland ist eines der fünf Länder mit der größten Zahl von Vorschriften für die Niederlassung von Einzelhandelsunternehmen. Einzelhändler müssen Verfahren durchlaufen, die die Eröffnung neuer Geschäfte verzögern und verteuern und sich negativ auf die Marktstruktur und -dynamik auswirken können.

(21)

Das neue Gesetz für juristische Dienstleistungen muss noch umgesetzt werden, da sich die Einführung der einschlägigen Vorschriften weiterhin erheblich verzögert, wenngleich die vorbereitenden Konsultationen laufen. Es lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob in Streitfragen ein direkter Zugang zu Anwälten (barristers) gewährt werden kann oder ob juristische Personen in allen Arten von Kanzleien Partner werden können. Übermäßig komplizierte Betriebs- und Verwaltungsvorschriften für multidisziplinäre Kanzleien müssen jedoch vermieden werden. Eine ehrgeizige Umsetzung unbefristeter Reformen hat höchste Priorität. Die Aktion „Ambition 2.3“ im Programm Future Jobs Ireland 2019 soll Probleme mit den Kosten juristischer Dienstleistungen lösen, das einzige für 2019 angestrebte Ergebnis ist jedoch nur vorläufig; darüber hinaus ist der Zeitplan unklar. Verzögerungen bei der Umsetzung dieser Reform tragen zu den hohen Kosten für juristische Dienstleistungen in Irland bei, was von Nachteil für Unternehmen — vor allem KMU — und Bürger ist. Da Rechtsdienstleistungen wichtig für andere unternehmensorientierte Dienstleistungen sind, tragen Beschränkungen in diesem Sektor zu den hohen Kosten anderer Dienstleistungen (etwa für Versicherungen) bei.

(22)

Die Quote notleidender Kredite ist weiter zurückgegangen, im Jahr bis zum vierten Quartal 2018 um 4,4 Prozentpunkte auf 5,5 %. Die Banken sind auf gutem Wege, ihre Ziele zu erreichen, was durch Portfolioverkäufe, Umstrukturierungen und steigende Immobilienpreise unterstützt wird. Zahlungsrückstände bei langfristigen Hypothekendarlehen (mehr als zwei Jahre überfällig) sind nach wie vor relativ hoch; dies führt mit dazu, dass der Anteil notleidender Kredite über dem Durchschnitt des Euro-Währungsgebiets liegt. Es wurde eine Reihe von Initiativen und Gesetzesentwürfen wie die Gesetzesvorlage „Kein Einverständnis, kein Verkauf“(„no consent, no sale“ bill) vorgeschlagen, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Abwicklung notleidender Kredite, auch für gefährdete Haushalte, zu bewältigen. Das Kreditregister ist seit 2018 für Verbraucherkredite voll funktionsfähig und spielt eine wichtige Rolle für die Bewertung, ob Kreditnehmer zum Bedienen ihrer Schulden in der Lage sind. Insolvenzverfahren und die Nutzung gerichtlicher und außergerichtlicher Möglichkeiten zum Abbau von Zahlungsrückständen sind nach wie vor begrenzt. Zahlungsrückstände bei langfristigen Hypothekendarlehen weiter abzubauen und zugleich auf Initiativen für besonders benachteiligte Haushalte setzen, dabei aber keine unnötigen Hindernisse für den Abbau notleidender Kredite zu schaffen, bleibt eine Herausforderung und bedarf einer fortgesetzten Überwachung.

(23)

Einige der in den Empfehlungen festgestellten Lücken, insbesondere in den in Anhang D des Länderberichts für 2019 aufgeführten Bereichen, könnten bei entsprechender Programmplanung für den Zeitraum 2021-2027 im Rahmen der Unionsfonds angegangen werden. Dies würde Irland dabei helfen, im Zusammenhang mit den ermittelten Sektoren die Fonds unter Berücksichtigung regionaler Disparitäten optimal zu nutzen.

(24)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2019 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Irlands umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2019 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2019, das nationale Reformprogramm 2019 und die Maßnahmen zur Umsetzung der an Irland gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Irland berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien beurteilt.

(25)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2019 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (9), dass Irland den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird.

(26)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2019 und das Stabilitätsprogramm 2019 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 3 wider. Diese Empfehlungen tragen auch zur Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2019, insbesondere der zweiten Euro-Währungsgebiet-Empfehlung bei. Die nachstehend in der Empfehlung 1 genannte Haushaltspolitik trägt unter anderem dazu bei, die mit dem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand verbundenen Ungleichgewichte anzugehen —

EMPFIEHLT, dass Irland 2019 und 2020 Maßnahmen ergreift, um

1.   

sein mittelfristiges Haushaltsziel im Jahr 2020 zu erreichen; unerwartete Mehreinnahmen zu nutzen, um den Abbau der gesamtstaatlichen Schuldenquote zu beschleunigen; den Umfang und die Zahl der Steuervergünstigungen zu begrenzen und die Steuerbemessungsgrundlage zu erweitern; sich weiterhin mit Merkmalen des Steuersystems zu befassen, die einer aggressiven Steuerplanung Vorschub leisten könnten, und sich dabei insbesondere auf Zahlungen ins Ausland zu konzentrieren; auf den erwarteten Anstieg der alterungsbedingten Ausgaben zu reagieren, indem es die Wirtschaftlichkeit des Gesundheitssystems erhöht und die geplanten Rentenreformen vollständig umsetzt;

2.   

personalisierte Unterstützung für eine aktive Integration bereitzustellen und den Ausbau von Qualifikationen zu unterstützen, insbesondere für gefährdete Gruppen und Menschen, die in Haushalten mit niedriger Erwerbsintensität leben; den Zugang zu bezahlbarer und hochwertiger Kinderbetreuung zu verbessern;

3.   

die investitionsbezogene Wirtschaftspolitik auf einen geringen CO2-Ausstoß und eine Energiewende, die Senkung des Treibhausgasausstoßes, eine Infrastruktur für nachhaltigen Verkehr, Wasser und Digitales sowie auf bezahlbaren Wohnraum und Sozialwohnungen auszurichten und dabei dem regionalen Gefälle Rechnung zu tragen; Maßnahmen — auch im Rahmen der Future-Jobs-Strategie — umzusetzen, um die Wirtschaft zu diversifizieren und die Produktivität irischer Unternehmen und hier insbesondere der KMU zu steigern, und zwar durch die Nutzung von Instrumenten, die eine direktere Finanzierung ermöglichen, für die Förderung von Forschung und Innovation sowie durch den Abbau regulatorischer Hindernisse für Unternehmer.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2019.

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LINTILÄ


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 136 vom 12.4.2019, S. 1.

(4)  ABl. C 320 vom 10.9.2018, S. 27.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission anhand der gemeinsamen Methodik.

(7)  Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmensteigerungen werden eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert. Der Ausgabenrichtwert für Irland spiegelt eine Anpassung mit dem Ziel wider, die Verzerrung der 10-Jahres-Referenzrate des Potenzialwachstums zu korrigieren, die durch das außergewöhnlich starke Wachstum des realen BIP im Jahr 2015 bedingt war. Im Einklang mit dem Ansatz der irischen Behörden bei ihren Berechnungen des Haushaltsplans 2017 hat die Kommission den Durchschnittswert der potenziellen Wachstumsraten in den Jahren 2014 und 2016 zugrunde gelegt.

(8)  2019 spiegelt der Ausgabenrichtwert eine Anpassung wider, mit der die Verzerrung der 10-Jahres-Referenzrate des Potenzialwachstums korrigiert wird, die durch das außergewöhnlich starke Wachstum des realen BIP im Jahr 2015 verursacht wurde.

(9)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.


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