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Document 52008IR0381

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der neuen Ostseestrategie

OJ C 200, 25.8.2009, p. 23–30 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

25.8.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 200/23


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der neuen Ostseestrategie“

(2009/C 200/06)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

begrüßt, dass der Europäische Rat die Europäische Kommission um die Ausarbeitung einer Strategie für den Ostseeraum ersucht hat. Aus vielen Gründen eignet sich gerade der Ostseeraum als Vorreiter für die Einführung einer internen EU-Strategie für eine Makroregion und, wie im Fall der mit der Nördlichen Dimension verknüpften Ostseestrategie, für einen Ausbau der Zusammenarbeit mit Drittstaaten;

unterstreicht, dass die Ostseestrategie die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einbinden und die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen muss; ist der Ansicht, dass Russland und Norwegen in allen Phasen von der Konzipierung bis zur Umsetzung in die Ostseestrategie einbezogen werden sollten und die Strategie an die Nördliche Dimension gekoppelt werden muss, um effektiv zu sein;

schlägt vor, dass der Rat gemeinsame Ziele und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Strategie festlegt und darüber beschließt. Die Beschlüsse sollen in einer von der Europäischen Kommission geführten Arbeitsgruppe vorbereitet werden, der Vertreter der Regierungen des Ostseeraums und der Europäischen Kommission, Abgeordnete des Europäischen Parlaments sowie Vertreter der lokalen und regionalen Ebene, die auch unter den Mitgliedern des Ausschusses der Regionen benannt werden, angehören;

regt an, diese Arbeit durch ein Baltic Sea Forum zu begleiten, das einmal jährlich zusammentritt. Im Forum wäre ein breites Spektrum von Interessenträgern vereint, die nach den selben Prinzipien ausgewählt werden wie bei den Stakeholderkonferenzen, die im Zusammenhang mit der Erarbeitung der Ostseestrategie einberufen wurden, um deren Ausrichtung und die Umsetzung des Aktionsprogramms zu diskutieren.

Berichterstatter

:

Uno Aldegren (SE/SPE) Vizepräsident des Regionalrats der Region Schonen

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

begrüßt, dass der Europäische Rat die Europäische Kommission um die Ausarbeitung einer Strategie für den Ostseeraum ersucht hat. Aus vielen Gründen eignet sich gerade der Ostseeraum als Vorreiter für die Einführung einer internen EU-Strategie für eine Makroregion und, wie im Fall der mit der Nördlichen Dimension verknüpften Ostseestrategie, für einen Ausbau der Zusammenarbeit mit Drittstaaten;

2.

begrüßt die Absicht, ähnliche makroregionale Initiativen und Strategien auch für das Schwarze Meer, den Donauraum und den Nordseeraum/Ärmelkanal in Betracht zu ziehen, um einen Rahmen für die multilaterale Zusammenarbeit aufzubauen, durch den die bestehenden Formen der Zusammenarbeit verbessert werden; verweist bei dieser Gelegenheit auf seine 2007 verabschiedete Stellungnahme zur Schwarzmeerregion und auf die derzeit in Arbeit befindliche Stellungnahme zum Donauraum. Es ist wichtig, dass der Ostseeraum als Vorreiterregion bei der Konzipierung der anderen Strategien eine begleitende Rolle übernimmt und dass die im Ostseeraum gemachten Erfahrungen weitergegeben werden und damit ein Beitrag zur Entwicklung von Kooperationsperspektiven geleistet wird;

3.

hebt hervor, dass bei allen Zielsetzungen, die die EU-Kommission für diese Strategie setzt, die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von großer Bedeutung ist;

4.

stellt fest, dass acht der neun Ostseeanrainer Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind, so dass fast die gesamte Ostseeküste zur EU gehört. Der neunte Staat, Russland, ist geopolitisch und wirtschaftlich für die EU von besonderer Bedeutung. Gleiches gilt für Norwegen, das als Mitglied des EWR und als traditioneller Kooperationspartner von großer Bedeutung für die Ostseeregion ist. Betrachtet man das Einzugsgebiet der Ostsee, sind auch Weißrussland und die Ukraine unter Umweltgesichtspunkten bedeutsam;

5.

stellt fest, dass es im Ostseeraum mehrere spezielle Fragestellungen gibt, die sich gut für eine Behandlung auf regionaler Ebene eignen. Die Ostsee ist ein empfindliches, flaches Binnenmeer mit Brackwasser. Es ist eines der am stärksten befahrenen Binnenmeere der Welt. So sind die Energietransporte im Finnischen Meerbusen seit 1995 um das Siebenfache angestiegen und erreichen nunmehr ca. 140 Millionen Tonnen pro Jahr. Die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Ostseeanrainerstaaten sind groß, und die wirtschaftliche Dynamik hoch;

6.

weist auf die besonders großen territorialen Unterschiede in der Region hin. Im nördlichen Schweden und Finnland gibt es extrem dünn besiedelte Gebiete, die weit von den Märkten in Mitteleuropa entfernt sind. An der Ostsee-Südküste ist die Bevölkerungsdichte nach europäischen Maßstäben „normal“, und die Absatzgebiete in Mitteleuropa liegen näher;

7.

hebt hervor, dass der Ostseeraum wichtige Rohstoffe für die EU birgt, darunter zum Beispiel Erze und Waldressourcen und, wenn man Russland und Norwegen hinzunimmt, auch Öl und Gas;

8.

unterstreicht, dass die Ostseestrategie die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften einbinden und die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen muss;

9.

ist der Ansicht, dass Russland und Norwegen von der Konzipierung bis zur Umsetzung in die Ostseestrategie einbezogen werden sollten. Die Strategie muss an die Nördliche Dimension gekoppelt werden, um effektiv zu sein. Über die Nördliche Dimension erfasst die Ostseestrategie auch den Raum der Barentssee;

10.

unterstreicht, dass in den letzten zwanzig Jahren eine vielschichtige Zusammenarbeit auf allen Ebenen aufgebaut wurde, und zwar nicht zuletzt im Rahmen vertiefter Beziehungen von Grenzregionen und Partnerstädten. Dies ist ein wichtiger Baustein für die Ostseestrategie, der gerade auch bei den Bestrebungen genutzt werden sollte, eine deutlichere gemeinsame Ostsee-Identität zu schaffen, die wiederum eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung der Strategie ist;

11.

stellt zusammenfassend fest, dass der Ostseeraum besondere Möglichkeiten und Herausforderungen bietet, um eine makroregionale Perspektive in die EU-Zusammenarbeit zu bringen. Eine derartige Perspektive beruht auf der Überzeugung, dass positive Entwicklungen in einem Teil der Region nicht zu Lasten der Entwicklung in einem anderen Teil gehen, oder anders ausgedrückt: das nachhaltige Wachstum ist kein Nullsummenspiel. Es muss jedoch vermieden werden, dass durch diese makroregionale Perspektive konkurrierende Rechtsräume entstehen oder das Gemeinschaftsrecht in Frage gestellt wird: Aus Europa soll kein Nebeneinander verschiedener und miteinander konkurrierender Binnenmärkte werden;

12.

ist der Ansicht, dass die Ostseestrategie ein Beispiel für die Umsetzung der Politik des territorialen Zusammenhalts sein kann;

13.

unterstreicht auch, dass die von der Europäischen Kommission gewählte Ausrichtung der Strategie ausgezeichnet erkennen lässt, dass nachhaltige Entwicklung auf drei Pfeilern fußt: ökologische, wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit. Hinzu kommt die besondere Bedeutung von Energiefragen im Ostseeraum, die einen angemessenen Niederschlag in der Strategie finden muss. Ein sicherer und ökologisch nachhaltiger Zugang zur Energie ist von entscheidender Bedeutung für eine wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung in der Region;

14.

weist darauf hin, dass die regionale Umsetzung der Meerespolitik der EU ein wesentlicher Bestandteil der Ostseestrategie sein sollte. Die Ostseestrategie sollte dem von verschiedenen Ostseeorganisationen und der Ostsee-Parlamentarierkonferenz geforderten Ziel der Entwicklung des Ostseeraums zu einer exemplarischen maritimen Region für bewährte Verfahren einen zusätzlichen Impuls verleihen. Der integrative Ansatz der EU-Meerespolitik ist eine ideale Ergänzung des bereichsübergreifenden Ansatzes der Ostseestrategie und sollte kohärent umgesetzt werden;

15.

unterstützt den Vorschlag von sechs Organisationen (1) aus dem Ostseeraum für einen Fünf-Punkte-Aktionsplan „Saubere Schifffahrt in der Ostsee“. Dieser Vorschlag ist außerdem dazu geeignet, den integrativen Ansatz der Ostseestrategie zu veranschaulichen und eines der größten Probleme der Region in Angriff zu nehmen, nämlich den Anstieg schädlicher Schiffsemissionen. Dementsprechend wird empfohlen, das Konzept als Vorzeigeprojekt im Rahmen des vorgesehenen Aktionsplans zur Strategie zu fördern;

16.

weist darauf hin, dass es zahlreiche gute Beispiele für die Bedeutung lokaler Partnerschaften für eine positive wirtschaftliche und soziale Entwicklung gibt. Lokale und regionale Partnerschaften zwischen der Sozialwirtschaft, Privatunternehmen und den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sollten daher im Rahmen der Ostseestrategie stimuliert werden;

17.

vertritt die Ansicht, dass die Ziele, die die Kommission für die Ostseestrategie gesetzt hat — ökologische Nachhaltigkeit, eine wirtschaftlich blühende Region, eine zugängliche und attraktive und eine sichere Region — gut sind, jedoch sehr unspezifisch. Daraus werden sich besondere Anforderungen an die Prioritätensetzung und die Schwerpunkte des Handlungsplans ergeben. Die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Verwaltungsebenen wird entscheidend für den Erfolg der Strategie sein, genau wie die Fähigkeit zur Schaffung eines Systems der Multi-Level-Governance, in dem die lokale und regionale Ebene an der Umsetzung beteiligt ist;

18.

unterstreicht, dass die Kontakte zwischen den Menschen rund um die Ostsee ausgebaut werden müssen, wenn diese die Ostseestrategie als ein gemeinsames Projekt in gemeinsamer Verantwortung wahrnehmen sollen. Dies sollte in einem transnationalen Prozess unter Beteiligung von Bürgern und insbesondere Jugendlichen erfolgen. Ein Aktionsbereich sollte darin bestehen, das gegenseitige Geschichtsverständnis zu beleuchten und zu verbessern, beispielsweise durch die gemeinsame Erstellung eines Ostsee-Geschichtsbuches. Ziel wäre es, eine gemeinsame Ostseeidentität zu schaffen und zu stärken;

Durchführung und Formen der Beschlussfassung

19.

weist darauf hin, dass es für den Ostseeraum bereits zahlreiche makroregionale und nationale Strategien für diverse Politikfelder gibt. Außerdem gibt es eine Reihe von Beispielen für erfolgreiche Projekte in Teilbereichen. Die große Chance der Ostseestrategie, Mehrwert zu schaffen, liegt in einem umfassenden territorialen und politischen Gesamtansatz und darin, einer gebündelten und kraftvollen Umsetzung den Weg zu ebnen;

20.

unterstreicht, dass der Erfolg der Strategie von einer breiten Mobilisierung europäischer, makroregionaler, nationaler, regionaler und lokaler Akteure abhängt, die in die Gestaltung und Umsetzung einbezogen werden müssen;

21.

begrüßt den breit angelegten Konsultationsprozess, den die Europäische Kommission zur Ostseestrategie durchführt. Sachdienliche Konferenzen und Gesprächsforen wurden organisiert. Sie waren der Beleg für das breite und tiefe Engagement bei Fragen rund um die Ostseethematik; dieses Engagement ist eine wichtige Ressource, auf die bei der Umsetzung der Strategie aufgebaut werden kann. Die Veranstaltungen haben auch gezeigt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Schlüsselakteure bei allen vier aufgestellten Zielen sind;

22.

unterstreicht, dass der Erfolg der Ostseestrategie davon abhängt, dass Ressourcen für ihre Durchführung bereitstehen. Sofern beschlossen wird, dass keine neuen Mittel zu diesem Zweck eingesetzt werden, müssen diese durch Umschichtung verfügbarer Mittel gewonnen werden. Wie hier vorgegangen werden kann, muss schon bald geklärt werden, und dabei müssen die Ziele und Erfordernisse der Ostseestrategie im Auge behalten werden. In mehreren Politikbereichen laufen Bewertungen oder Reformdiskussionen, in die Aspekte der Ostseestrategie mit eingebracht werden müssen;

23.

weist darauf hin, dass die Schwierigkeiten nicht unterschätzt werden dürfen, auch wenn weitgehende Einigkeit über die Herausforderungen und die notwendigen Maßnahmen zu ihrer Bewältigung besteht. Es scheint eine mangelnde Bereitschaft zum Aufbau neuer Institutionen und zur Bereitstellung neuer Ressourcen zu geben. Stattdessen wird argumentiert, bestehende Strukturen und Ressourcen seien effizienter zu nutzen. Dieser Ausgangspunkt ist zwar lobenswert, jedoch weist der AdR darauf hin, dass dies keine Entschuldigung für das Unterlassen von Umschichtungen und neuen Anstrengungen sein darf. Politische Führung und eine deutliche Verantwortungsübernahme sind daher besonders gefragt;

24.

unterstreicht, dass man zur Gestaltung der Strategie, zur Erörterung ihrer Umsetzung und zur Fassung geeigneter Beschlüsse Plattformen und Foren braucht, auch wenn man davon ausgegangen war, dass keine neuen Strukturen und Organisationen geschaffen werden sollten;

25.

schlägt vor, dass der Rat gemeinsame Ziele und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Strategie festlegt und darüber beschließt. Die Beschlüsse sollen in einer von der Europäischen Kommission geführten Arbeitsgruppe vorbereitet werden, der Vertreter der Regierungen des Ostseeraums und der Europäischen Kommission, Abgeordnete des Europäischen Parlaments sowie Vertreter der lokalen und regionalen Ebene, die auch unter den Mitgliedern des Ausschusses der Regionen benannt werden, angehören;

26.

regt an, diese Arbeit durch ein Baltic Sea Forum zu begleiten, das einmal jährlich zusammentritt. Im Forum wäre ein breites Spektrum von Interessenträgern vereint, die nach den selben Prinzipien ausgewählt werden wie bei den Stakeholderkonferenzen, die im Zusammenhang mit der Erarbeitung der Ostseestrategie einberufen wurden, um deren Ausrichtung und die Umsetzung des Aktionsprogramms zu diskutieren. Bei dem Jahrestreffen des Forums wird ein Bericht über die Weiterverfolgung und die Resultate vorgelegt, der regionale Indikatoren und Beispiele enthält. Sofern es für bestimmte Politikfelder Verantwortungsträger gibt, erstatten diese Bericht. Im Umweltbereich übernimmt z.B. die Helsinki-Kommission (HELCOM) die Berichterstattung. In diesem Forum sind auch Russland und Norwegen vertreten;

27.

stellt fest, dass der Ausschuss der Regionen im Baltic Sea Forum vertreten sein würde. Die bestehende AdR-Intergruppe zur Ostseepolitik deckt die Ostseestrategie zufriedenstellend ab und setzt ihre Arbeit fort;

28.

betont, dass, wenngleich die Ostseestrategie eine Strategie für die in der Region gelegenen EU-Mitgliedstaaten ist, Russland für die Umsetzung der meisten ihrer Politikbereiche eine wichtige Rolle spielt. Für konkrete Fragen im Zusammenhang mit der Strategie muss deshalb ein Dialog mit Russland eingerichtet werden, der auf gleichberechtigten Beziehungen basiert und eine Ergänzung zum übergreifenden strukturierten Dialog im Rahmen der Nördlichen Dimension bildet;

29.

stellt fest, dass in sämtlichen von der Ostseestrategie umfassten Ländern ein leitender Vertreter der Regierung bestimmt wird, der die besondere Verantwortung für die Umsetzung der Strategie hat. Diese Person kann auch als Ansprechpartner fungieren. Anlehnen könnte sich dieses Modell an dasjenige, das für die Umsetzung der Lissabon-Strategie seit 2005 eingesetzt wird;

30.

stellt ferner fest, dass Projekte, die Teil der Ostseestrategie sind, im Rahmen der bestehenden Strukturen für die Strukturfonds abgewickelt werden. Die Prioritäten der Ostseestrategie werden in den Förderkriterien berücksichtigt, und das Beschlussgremium übernimmt die Ergebniskontrolle. Eine besondere Aufgabe wird die Förderung richtungweisender Vorhaben („Flaggschiffprojekte“) sein, die die Ostseeperspektive in Fragen stärken sollen, die besonders wichtig für die erfolgreiche Umsetzung der Strategie sind. Sie sollten außerdem besonders öffentlichkeitswirksam sein und die Ambition, den Ostseeraum zu einer Musterregion zu machen, widerspiegeln.

31.

unterstreicht, dass Projekte eine wesentliche Rolle für die Umsetzung spielen werden, woraus sich hohe Anforderungen an ein resultatorientiertes, effizientes Lernen der Projektteilnehmer und Interessenten aus Erfahrungen, die in erfolgreichen Projekten gesammelt wurden, ergeben. Ein Beispiel dafür, wie dies vor sich gehen könnte, ist der Lernauftrag, der im Rahmen der nationalen schwedischen Strategie für die Umsetzung der Strukturfonds 2007-2013 formuliert wurde;

32.

empfiehlt, bestehenden Organisationen im Ostseeraum eine besondere Rolle zuzuweisen; sie könnten zum Beispiel am Baltic Sea Forum teilnehmen. Die Organisationen veranschaulichen die Tradition der Zusammenarbeit, die in der Region in fast 20 Jahren aufgebaut wurde. In den Organisationen gibt es zahlreiche Beispiele dafür, wie die an die EU angrenzenden Länder im Ostseeraum konstruktiv und erfolgreich zusammenarbeiten;

33.

weist darauf hin, dass sich die Zusammenarbeit im Ostseeraum auch in den zahllosen Städtepartnerschaften in der Region widerspiegelt. Diese sind zum einen der Ausgangspunkt für eine vertiefte Zusammenarbeit in kommunalen und regionalen Kernaufgaben, zum anderen sind sie eine Plattform für Treffen zwischen Menschen aus verschiedenen Teilen der Region. Durch diese Treffen konnten Brücken gebaut und ein gemeinsamer Schatz von Erfahrungen und Verständnis geschaffen werden. Eine gemeinsame Sicht der Geschichte, der Herausforderungen und der Probleme ist entstanden;

34.

empfiehlt, dass eine besondere Aufgabe der Teilnehmer des Baltic Sea Forum in der Wissensverbreitung und der Informierung der Bürger über die Ostseestrategie bestehen sollte, da ohne das aktive Engagement und die Mitwirkung der Bürger nicht das gemeinsame Bewusstsein entstehen kann, das wir brauchen;

Ökologische Nachhaltigkeit

35.

unterstreicht, dass die Ostseestrategie von den bestehenden Strategien und Initiativen ausgehen muss, die nachdrücklich verfolgt werden müssen. Vor allem gilt dies für den Handlungsplan der HELCOM für die Ostsee und die Rahmenrichtlinie für eine Meeresstrategie. Das Programm der HELCOM hat zudem den Vorzug, dass Russland ihm bereits zugestimmt hat;

36.

hebt hervor, dass das übergeordnete Ziel eine nachhaltige Entwicklung sein sollte, die sich auf die drei Pfeiler der Lissabon-Strategie und der Göteborg-Agenda — wirtschaftliche, soziale und umweltmäßige Nachhaltigkeit — stützt. Die Strategie muss ferner klar von der Einsicht getragen sein, dass die nachhaltige Entwicklung kein Nullsummenspiel ist, bei dem es nur Gewinner und Verlierer gibt. Die Gesamtperspektive muss gewahrt und es muss davon ausgegangen werden, wie die verschiedenen Politikfelder zusammenhängen und gemeinsam die Grundlage für die nachhaltige Entwicklung bilden;

37.

betont, dass die dramatische Verschlechterung der Wirtschaftslage im Ostseeraum in jüngster Zeit nicht dazu führen darf, dass Umweltbelange beiseite geschoben werden;

38.

vertritt die Auffassung, dass an dem Ziel der Umweltnachhaltigkeit besonders deutlich wird, wie wichtig die Einbeziehung Russlands und des erweiterten Einzugsgebiets der Ostsee, also auch Weißrusslands und der Ukraine, in die Ostseestrategie ist, man denke nur an die Themenkomplexe Abwasserbehandlung, Verkehr, Energienutzung, Kaliningrad und St. Petersburg;

39.

empfiehlt, dass bei der Arbeit im Umweltbereich angestrebt wird, den Ostseeraum zu einer Musterregion in Sachen Umweltschutz zu machen, zu einer „Best-Practice-Region“ der ökologischen Nachhaltigkeit;

40.

sieht ein Sonderproblem der Ostsee darin, dass sie ein flaches Meer mit begrenztem Kontakt zum Ozean ist. Ihr Wasser ist verhältnismäßig kalt, so dass Chemikalien nur langsam abgebaut werden. Auch die Artenvielfalt ist aufgrund des Brackwassers und des kalten Klimas eingeschränkt. Der Wasseraustausch braucht viel Zeit. Insgesamt ergibt sich daraus, dass es recht lange dauert, bis der Chemikaliengehalt sinkt oder eine Anpassung an die Überdüngung erfolgt;

41.

weist auf den Bedarf an einer fundierten Raumplanung für die Küstengebiete hin, die den Vorschlägen der sechs regionalen Organisationen und Netze im Ostseeraum (BSSSC, B7 Baltic Islands Network, Euroregion Ostsee, Baltic Development Forum, Ostseekommission der KPKR, Union der Ostseestädte (UBC)) folgen sollte. Zugleich muss dabei von der jeweils bestehenden Planungskompetenz ausgegangen und das Subsidiaritätsprinzip voll und ganz respektiert werden;

42.

sieht es als notwendig an, dass die Emissionen klimaschädlicher Gase durch den Einsatz erneuerbarer und umweltfreundlicherer Energie sowie durch eine wirksamere Abgasreinigung gesenkt werden. Die Emissionen aus Land-, See- und Flugverkehr müssen auf ein nachhaltig vertretbares Niveau gesenkt werden;

43.

weist darauf hin, dass zu den schwerwiegendsten Umweltproblemen im Ostseeraum die Überdüngung zählt. Durch den Handlungsplan der HELCOM soll für den Ostseeraum bis 2021 ein guter Umweltzustand der Ostsee erreicht werden. Hinsichtlich der Überdüngung ist das ein ehrgeiziges Ziel. Anfangs können bedeutende Ergebnisse mit vertretbarem Kostenaufwand erzielt werden, indem gegen die größten Verschmutzungsquellen vorgegangen wird. Danach verursachen die Maßnahmen jedoch höhere Grenzkosten, und die Sicherung der Nachhaltigkeit stellt höhere Anforderungen;

44.

unterstreicht, dass im Zusammenhang mit der laufenden Überprüfung der gemeinsamen Agrarpolitik die Umweltauswirkungen klar dargelegt und berücksichtigt werden müssen. Eine weitere empfohlene Maßnahme ist das Phosphatverbot für Waschmittel. Ein solches Verbot ist in Deutschland, Schweden und anderen Mitgliedstaaten bereits in Kraft, insbesondere in Bezug auf Detergenzien für im Haushalt verwendete Waschmittel. Es ist an der Zeit, die Richtlinie Nr. 98/34/EG vom 22. Juni 1998 und die Verordnung (EG) Nr. 648/2004 vom 31. März 2004 zu ändern, um diese Substanz EU-weit aus allen Detergenzien zu verbannen, auch aus denen, die in der Industrie oder für Geschirrspüler verwendet werden. Eine wirkungsvollere Reinigung des Abwassers von Phosphaten würde ebenfalls zu guten Ergebnissen führen;

45.

hebt hervor, dass der Seeverkehr für die wirtschaftliche Integration des Ostseeraums ausschlaggebend ist und es auch in Zukunft sein wird. Dabei muss allerdings mit den wachsenden Umweltproblemen umgegangen werden. Der Handlungsplan der HELCOM bietet hier eine gute Ausgangsbasis, und es gibt mehrere kosteneffiziente Maßnahmen, die ergriffen werden könnten. Vor allem müssen die Emissionen von Schwefel- und Stickstoffoxiden reduziert werden. Auf dem Gesprächsforum in Danzig im Oktober 2008 wurden mehrere Vorschläge erörtert, darunter das Verbot von Seefahrzeugen, die die geltenden Sicherheitsanforderungen nicht erfüllen (sog. unternormige Schiffe). Eine weitere Maßnahme wäre die Einführung des Handels mit Verschmutzungsrechten für Schwefel- und Stickstoffoxide für Schiffe in Anlehnung an das zu Lande praktizierte Modell. Weiterhin sollte Kupfer in Antifäulnisanstrichen für Schiffe und Boote verboten werden. Schiffe, die im Hafen liegen, sollten leichter Landstrom nutzen können;

46.

weist darauf hin, dass auch die Abwasserreinigung ein wichtiger Bereich für Verbesserungen ist, in dem die kommunale und regionale Zuständigkeit von zentraler Bedeutung ist. Hier sei auf die „Water Users Partnership“ verwiesen, die die Euroregion Ostsee in ihrem Beitrag zu den Konsultationen über die Ostseestrategie hervorgehoben hat und bei der es um eine bessere Verwaltung der Wasserressourcen geht;

47.

unterstreicht, dass die Fischbestände nicht nur auf dem heutigen Stand bewahrt, sondern wieder aufgebaut werden sollen. Die Bewirtschaftung der Fischbestände muss sich an Grundsätzen orientieren, die dem empfindlichen Ökosystem der Ostsee angepasst sind; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass die Besonderheiten der Fischbestände in der Ostsee in der Verordnung (EG) Nr. 2187/2005 vom 21. Dezember 2005 mit technischen Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereiressourcen in der Ostsee, den Belten und dem Öresund anerkannt werden; hebt insbesondere hervor, dass durch diese Verordnung, die nach einer breit angelegten Konsultation der betroffenen Akteure erlassen wurde, das Fischereimanagement in der Ostsee seit dem 1. Januar 2006 beträchtlich erleichtert wurde und das multilaterale Fischereimanagement in der Ostsee unter den Anrainerstaaten innerhalb der Internationalen Kommission für die Fischerei in der Ostsee (IBSFC) durch ein bilaterales Management (zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation) ersetzt werden konnte;

48.

erinnert daran, dass der Tourismus als ein Kernelement eines wirtschaftlich blühenden Ostseeraums auch umweltmäßig nachhaltig sein muss. Eine gute, naturnahe Umwelt ist ein wichtiger Bestandteil des Bildes, das Touristen vom Ostseeraum haben und das sie in die Region zieht; zugleich besteht durch den Tourismus aber die Gefahr von Umweltschädigungen, durch die dieses Bild getrübt wird;

Eine wirtschaftliche blühende Region

49.

stellt fest, dass der Ostseeraum nach einer längeren Phase des starken Wirtschaftswachstums nun in einen kräftigen Wirtschaftsabschwung geraten ist. Schnelles Handeln ist gefordert, jedoch darf gleichzeitig nicht die strategische Perspektive, die die Ausgangsbasis der Ostseestrategie ist, aus den Augen verloren werden. Die Wirtschaftsentwicklung ist untrennbar mit Wandel verbunden, und auch wenn akute Probleme die strategische Perspektive in den Hintergrund treten lassen, so bleiben doch die übergreifenden Herausforderungen — demographische Entwicklung und internationaler Wettbewerb im Zuge der Globalisierung — bestehen;

50.

unterstreicht, dass daran weitergearbeitet werden muss, den Binnenmarkt effektiv und koordiniert im Ostseeraum umzusetzen. Dies ist ein wichtiger Faktor für die wirtschaftliche Prosperität des Ostseeraums. Im Wesentlichen sind es die kleinen und mittelgroßen Unternehmen, die von Handelshemmnissen und Erschwernissen durch die Bürokratie betroffen sind. Durch die unterschiedliche Auslegung von Bestimmungen drohen neue regionale Handelshemmnisse zu entstehen. Das Wissen über den Binnenmarkt muss in den Verwaltungen und im Gerichtswesen der jeweiligen Länder verbessert werden. Wichtig sind auch Foren, in denen Abstimmungen und Erfahrungsaustausch stattfinden können. In diesem Zusammenhang wird auf das Online-Netzwerk SOLVIT (http://ec.europa.eu/solvit/) als Ansprechstelle für Probleme bei der Umsetzung der Binnenmarktgesetzgebung hingewiesen;

51.

betont, dass die Tätigkeit von Unternehmen, vor allem kleiner und mittelgroßer Unternehmen, eine Voraussetzung für einen wirtschaftlich florierenden Ostseeraum ist. Unternehmergeist und unternehmerisches Handeln müssen daher gefördert werden. Der Zugang von KMU zu Risikokapital muss verbessert werden;

52.

empfiehlt, dass Anstrengungen unternommen werden, um den Zugang zu Risikokapital für Unternehmensgründungen zu verbessern, vor allem Startkapital („seed money“). Überdies sind Anstrengungen zu unternehmen, um den Unternehmergeist zu stärken, vor allem bei Jungunternehmern;

53.

stellt fest, dass bei Unternehmensneugründungen oftmals die wirtschaftliche Verwertung von Innovationen im Vordergrund steht, unabhängig davon, wie technisch anspruchsvoll sie sind; er empfiehlt daher, im Rahmen der Ostseestrategie Fragen wie die koordinierte Clusterpolitik, koordinierte Innovationssysteme, Innovationsprogramme und „Flaggschiffprojekte“ zu thematisieren. Die Möglichkeiten der Akteure, Mittel für Forschung und Entwicklung in anderen Ländern des Ostseeraums als dem eigenen Land zu beantragen, sollten verbessert werden;

54.

weist des Weiteren darauf hin, dass sich die Einstellung zum Unternehmergeist sehr früh herausbildet. Erforderlich sind daher die Hinführung zum Unternehmergeist und seine Thematisierung im Unterricht in Schulen, Universitäten und Hochschulen;

55.

schlägt vor, dass die von der Ostseestrategie umfassten Länder ein gemeinsames Programm für die Förderung des nachhaltigen Tourismus in der Region erarbeiten. In diesem Zusammenhang sollten insbesondere der Wert der Natur und der Umwelt sowie das reiche kulturelle und geschichtliche Erbe hervorgehoben werden;

56.

weist darauf hin, dass der Ostseeraum über reiche Rohstoffressourcen verfügt, insbesondere in Form von Mineralien und Holz. Es wäre über die Ausarbeitung einer gesonderten Strategie für die Bodenschätze im Ostseeraum nachzudenken, in der das Vorhaben einer Rahmenrichtlinie für den Bodenschutz (KOM(2006) 232 endg.) berücksichtigt wird (siehe AdR-Stellungnahme CdR 321/2006). Darin werden gemeinsame Bodenschutzziele formuliert, sie lässt den Mitgliedstaaten jedoch einen großen Entscheidungsspielraum über die Mittel zur Erreichung dieser Ziele (Ergebnisverpflichtung, aber Wahl der Mittel). Wichtig für eine florierende Wirtschaft ist, dass diese Rohstoffressourcen nachhaltig und effizient gewonnen und bewirtschaftet werden können. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Infrastruktur für den nachhaltigen Transport;

57.

stellt fest, dass Energiefragen von zentraler Bedeutung für die Wirtschaftsentwicklung des Ostseeraums sind und sein werden. Anstrengungen zugunsten einer größeren Energieeffizienz sind dabei wichtig, jedoch bleibt die sichere und stabile Versorgung mit Energieträgern und Elektrizität von entscheidender Bedeutung. Historisch bedingt sind die baltischen Staaten immer noch an das russische Elektrizitätsnetz gekoppelt. Sie müssen in ein nordisches und europäisches Elektrizitätsnetz integriert und Teil eines Energiemarkts für die EU und den Ostseeraum werden. Dies erfordert Anschlüsse, Regelanpassungen und Infrastrukturinvestitionen;

58.

hebt hervor, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ein wichtiger Teil der Integration im Ostseeraum ist. Eine konsequente Umsetzung der Personenfreizügigkeit ist wichtig;

59.

befürwortet die Position des Baltic Sea Trade Union Network (Netzwerk der Gewerkschaften im Ostseeraum, BASTUN), dass die soziale Dimension in die Ostseestrategie aufgenommen werden sollte. Die Strategie sollte genutzt werden, um ein faires und reibungsloses Funktionieren der Arbeitsmärkte in der Region sicherzustellen. Menschenwürdige Arbeitsbedingungen sollten als wichtiger Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit der Region gesehen werden. Sie sind ein immer wichtigerer Vorteil im Wettbewerb um hochqualifizierte Arbeitskräfte;

60.

betont, dass Wissen und damit die sog. „fünfte Freiheit“, also die freie Mobilität von Wissen, eine zentrale Rolle für die künftige Wettbewerbsfähigkeit und die Wirtschaftsentwicklung spielen wird. Ein wichtiger Aspekt ist die Mobilität von Studenten im Ostseeraum. Diese geht heute im Wesentlichen jedoch an der Region vorbei. Der Anteil der jungen Leute, die im Ostseeraum studieren wollen, ist klein, obwohl dies wichtig für eine vertiefte Wirtschaftsintegration wäre. Offenbar wird ein Studium im Ostseeraum nicht als Erfolgsfaktor für die Karriere wahrgenommen. Eine wichtige Aufgabe für die Ostseestrategie besteht darin, zu analysieren, warum dies so ist und was unternommen werden kann, um das Studium in einem anderen Ostseeland als attraktivere Alternative erscheinen zu lassen. Es geht um die Qualität des Studiums und vermutlich auch um Sprachkenntnisse;

61.

sieht in der Mobilität der Forscher und der Forschungsergebnisse einen wichtigen Erfolgsfaktor für die Entwicklung im Ostseeraum. Um die Forschermobilität zu fördern, kommt es sehr auf das Vorhandensein interessanter Projekte und die Finanzierung an. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren muss entwickelt werden, teils zwischen Universitäten und Hochschulen, aber auch zwischen der akademischen Welt, der Wirtschaft und den öffentlichen Akteuren im Rahmen eines Triple-Helix-Modells;

Eine zugängliche und attraktive Region

62.

ist der Auffassung, dass die Bestrebungen, aus dem Ostseeraum eine zugängliche und attraktive Region zu schaffen, davon ausgehen müssen, dass es sowohl um die physische Infrastruktur, z.B. Verkehrssysteme, als auch um eine wissensbasierte Infrastruktur zur Übertragung von Wissen, Information, Diensten u.ä. geht. Weiterhin geht es besonders darum, nationale Strukturen und Systeme zu einem regionalen Verbund zusammenzuknüpfen. Heutzutage herrscht die Tendenz vor, dass Infrastrukturplanungen an der Grenze haltmachen. Hier müsste die Schaffung eines integrierten Ostseeraums angestrebt werden, was voraussetzt, dass die Ost-West-Perspektive genau so ernst genommen wird wie die Nord-Süd-Perspektive. Die Ost-West-Verkehrskorridore schaffen auch eine Öffnung zu den Märkten östlich und südöstlich des Ostseeraums;

63.

weist darauf hin, dass der Ostseeraum strukturell durch starke Ungleichgewichte zwischen den sehr dünn bevölkerten Gebieten im Norden und den dichter bevölkerten Gebieten im Süden geprägt ist. Die Entfernungen zwischen den Bevölkerungszentren sind im Norden groß, und das Verkehrsnetz ist grobmaschig. Die Anbindung der baltischen Staaten und der nördlichsten Regionen an die zentralen Gebiete des Ostseeraums sollte verbessert und als Ziel in die TEN-T aufgenommen werden. Beim Ausbau der Eisenbahnkapazitäten besteht ein sofortiger Handlungsbedarf;

64.

empfiehlt, dass grenzüberschreitende Verkehrsströme weitaus stärker als bisher gemeinsam geplant werden, um die Integration voranzutreiben. So kann beispielsweise mit einem besseren Verkehrsfluss gerechnet werden, wenn der Schienenverkehr stärker aus einer Gesamtschau betrachtet wird und die EU-Richtlinien zum Eisenbahnverkehr koordinierter ausgelegt werden;

65.

weist darauf hin, dass eine Besonderheit eines regionalen Verkehrssystems im Ostseeraum ist, dass alle Verkehrsmittel gleich wichtig sein werden. Der Verkehr wird zu Lande und zur See stattfinden, z.B. Güterverkehr auf Schienen und kurzen maritimen Routen, aber auch in der Luft. Deshalb sind unbedingt Verkehrskorridore zu konzipieren, bei denen ein reibungsloser Übergang zwischen den Verkehrsarten, d.h. Intermodalität, möglich ist. Dies stellt große logistische Herausforderungen, und auch die Nachhaltigkeitsaspekte sind nicht weniger bedeutungsvoll;

66.

unterstreicht, dass eine wichtige Aufgabe darin bestehen wird, die vorhandenen Systeme besser auszunutzen. Kapazitätsengpässe müssen ermittelt und behoben werden. Transnationale, nationale, regionale und lokale Verkehrssysteme müssen miteinander vernetzt werden;

67.

ist der Ansicht, dass die grenzüberschreitenden Teile der TEN-T zügig ausgebaut werden müssen, wobei die Verbesserung der „Modalität“ sowie die Zusammenarbeit innerhalb wettbewerbsfähiger logistischer Netze im Auge behalten werden muss;

68.

hebt hervor, dass, auch wenn der Verkehr zu Lande und zur See das Rückgrat im Güterverkehr und zum großen Teil auch im Personenverkehr bilden wird, die Bedeutung des Flugverkehrs für die Mobilität der Menschen in der Region nicht übersehen werden darf. Unbedingt muss auch die Infrastruktur für die Luftfahrt weiterentwickelt werden, und zwar nicht zuletzt bei den Regionalflughäfen;

69.

erinnert an die Bedeutung, die die Öresund-Brücke als Infrastrukturinvestition für das regionale Wirtschaftsleben und für die Beseitigung eines Kapazitätsengpasses erhalten hat. Auch eine Brücke über den Fehmarnbelt wäre von herausragender Bedeutung und sollte unmittelbar in Angriff genommen werden;

70.

weist darauf hin, dass neben Investitionen in die physische Infrastruktur der Ausbau einer funktionierenden und integrierten wissensbasierten Infrastruktur vorangetrieben werden muss, d.h. IKT muss priorisiert werden. Derartige Investitionen werden für die künftige Wettbewerbsfähigkeit und Entwicklung besonders wichtig sein und Investitionen sowohl in die Software als auch die Hardware erfordern. Zu letzterer Kategorie gehört der weitere Ausbau von Breitbandverbindungen in der Region, was ein Flaggschiffprojekt werden könnte. Eine regionale Aufsicht sollte geschaffen werden, um Transparenz und Koordinierung sicherzustellen. Die Anbieterneutralität ist wichtig, damit der Ausbau des Breitbands nicht an den Anbieter gebunden ist und nicht zu lokalen oder regionalen Monopolen führt. Die „weiche Infrastruktur“ besteht z.B. in gemeinsamen Normen, beispielsweise für die elektronische Identifizierung im gesamten Ostseeraum. Dies ist eine Voraussetzung für den Handel mit IT-basierten Dienstleistungen;

Eine sichere Region

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erinnert daran, dass die Ostsee weltweit eines der am stärksten befahrenen Meere ist und sein wird. Gegenwärtig wird sie täglich von mehr als 2 000 Schiffen befahren. Auch wenn die Wirtschaftsflaute hier Spuren hinterlassen mag, so wird der Schiffsverkehr doch tendenziell zunehmen. Weiterhin wurde die Ostsee, abgesehen von den russischen Hoheitsgewässern, von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) der Vereinten Nationen als besonders empfindliches Seegebiet (Particularly Sensitive Sea Area — PSSA) ausgewiesen, was die Möglichkeit eröffnet, Schutzmaßnahmen in Bezug auf den Verkehr in der Ostsee zu ergreifen;

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macht darauf aufmerksam, dass im Gefolge des höheren Verkehrsaufkommens die Anforderungen an eine gemeinsame Bereitschaft und Einsatzkapazität steigen werden. Drastisch formuliert, ist die Frage nicht, ob, sondern wann es auf der Ostsee zu einem größeren Unglück kommen wird. Die Auswirkungen wären in diesem Fall grenzüberschreitend zu spüren, und daher die Forderung nach einer dementsprechenden grenzüberschreitenden Bereitschaft und Einsatzkapazität;

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befürwortet eine koordinierte Einsatzbereitschaft und eine koordinierte Struktur für effektive Einsätze. Die lokale und regionale Perspektive muss bereits von Anfang an mit integriert werden. Der AdR schlägt vor, dass der „Baltic Master Project Action Plan“ durch eine präventive Bereitschaftsplanung, die Entwicklung und Verstärkung der Küstengebietsplanung im gesamten Ostseeraum sowie eine verbesserte Überwachung der Schiffsbewegungen in der Ostsee durchgeführt wird; erinnert in diesem Zusammenhang an die Verordnung über Einhüllen-Öltankschiffe (2) und zeigt sich erfreut über die Verabschiedung des dritten Maßnahmenpakets zur Seeverkehrssicherheit in der Europäischen Union durch das Europäische Parlament am 11. März 2009, dem so genannten ERIKA-III-Paket. Dieses Maßnahmenpaket wird 2012 in Kraft treten und umfasst Ausgleichs- und Betreuungsleistungen für Passagiere sowie Kontrollen, die allgemeine Ausstattung von Fischereifahrzeugen mit automatischen Schiffsidentifizierungssystemen (AIS), die Hafenstaatkontrolle, Schiffsversicherungen, Untersuchungen von Unfällen im Seeverkehr und die Wahl der verantwortlichen Behörde für die Bestimmung des Nothafens für Schiffe in Seenot. Der Ausschuss betont jedoch die Notwendigkeit, die im Finnischen Meerbusen bestehende Verkehrsüberwachungskapazität auszudehnen, so dass sie die gesamte Ostsee umfasst. Darüber hinaus wird empfohlen, einen gemeinsamen Mechanismus für die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften zu errichten;

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unterstreicht, dass ein wichtiger Bereich, dem im Rahmen der Ostseestrategie Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, Fragen der Gesundheit der Bevölkerung sind. Probleme können dadurch die Landflucht junger Menschen in die Städte im Zuge der raschen wirtschaftlichen Transformation entstehen. Die großen Diskrepanzen zwischen den Bevölkerungsgruppen, in denen die Armut sogar noch zunehmen kann, z.B. bei Kindern, ist und bleibt ein großes soziales Problem. Marginalisierung, die zu Alkohol- und Drogenmissbrauch führt, und Gesundheitsprobleme aufgrund des Lebensstils sind weitere soziale Probleme, die koordiniert und auf regionaler Ebene angegangen werden müssen;

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hält es für besonders wichtig, dass Gesundheitsfragen gemeinsam mit den Ländern im Ostseeraum, die an die EU angrenzen, bearbeitet werden. In Russland, Weißrussland und in der Ukraine gibt es verbreitet Probleme auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheit. Ein wichtiger Ausgangspunkt muss in diesem Fall die Nördliche Dimension und ihre einschlägige Plattform, die „Northern Dimension Partnership in Public Health and Social Well-being“ (NDPHS) sein. Diese Partnerschaft sollte ein wichtiger Ausgangspunkt sein, derer man sich stärker bewusst werden muss;

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weist darauf hin, dass die erste Priorität der NDPHS sein muss, die Ausbreitung von Infektionskrankheiten in den Griff zu bekommen. Dazu gehören z.B. HIV/AIDS, Tuberkulose und das Problem der antibiotikaresistenten Mikroorganismen. Eine weitere Priorität sollte die Verbesserung des sozialen Wohlbefindens sein;

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erinnert daran, dass die organisierte Kriminalität eine ernste Bedrohung für die Sicherheit im Ostseeraum ist. Kriminelle Vereinigungen gehen immer raffinierter und zunehmend grenzüberschreitend vor. Die Ostseeanrainerstaaten müssen daher weiterhin geschlossen im Kampf gegen die organisierte Kriminalität, Drogenschmuggel und Menschenhandel in der Region vorgehen. Dies sollte in der Ostseestrategie betont werden. Es gibt bereits eine regionale polizeiliche Zusammenarbeit im Rahmen der „Task Force on Organised Crime in the Baltic Sea Region“ (BSTF). An dieser Zusammenarbeit nehmen auch Norwegen, Island und Russland sowie Europol und Interpol teil. Im Rahmen der Ostseestrategie sollte diese Zusammenarbeit verstärkt werden als Ergänzung zu der Zusammenarbeit, die auch im EU-Rahmen stattfindet;

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betont den Schutzbedarf kritischer Infrastrukturen, also Einrichtungen oder Systeme, die notwendig sind, um zentrale gesellschaftliche Funktionen, die Gesundheitsversorgung, die Sicherheit und das wirtschaftliche oder soziale Wohlergehen der Bürger zu gewährleisten. Betriebsunterbrechungen oder Zerstörungen dieser Einrichtungen können gravierende Konsequenzen haben. Verkehr, Energieversorgung und Informationsaustausch sind Beispiel für zentrale Tätigkeiten, die eine funktionierende Infrastruktur erfordern.

Brüssel, den 22. April 2009

Der Präsident des Ausschusses der Regionen

Luc VAN DEN BRANDE


(1)  Konferenz der Subregionen des Ostseeraumes (BSSSC), Ostseekommission der KPKR, Baltic Development Forum, Euroregion Ostsee, Union der Ostseestädte, B7 Baltic Islands Network.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 417/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Februar 2002 zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe.


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