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Document 52003AE0925

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Futter- und Lebensmittelkontrollen" (KOM(2003) 52 endg. — 2003/0030 (COD))

ABl. C 234 vom 30.9.2003, p. 25–29 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52003AE0925

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Futter- und Lebensmittelkontrollen" (KOM(2003) 52 endg. — 2003/0030 (COD))

Amtsblatt Nr. C 234 vom 30/09/2003 S. 0025 - 0029


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Futter- und Lebensmittelkontrollen"

(KOM(2003) 52 endg. - 2003/0030 (COD))

(2003/C 234/08)

Der Rat beschloss am 28. Februar 2003, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß den Artikeln 37, 95 und 152 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 27. Juni 2003 an. Berichterstatter war Herr Chiriaco.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 401. Plenartagung am 16. und 17. Juli 2003 (Sitzung vom 16. Juli) einstimmig folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. Das von der Kommission im Jahr 2000 veröffentlichte Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit(1) führte als Gründe für die in den letzten Jahrzehnten vermehrt aufgetretenen Lebensmittelskandale die Mängel, Widersprüchlichkeiten und Schlupflöcher in den unionsweit geltenden Rechtsvorschriften an und wies in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Nachteile der sektoralen Vorschriften und der starken Uneinheitlichkeit in der Anwendung der Vorschriften und dem Aufbau der Kontrollsysteme zwischen den Mitgliedstaaten hin.

1.2. Die neuen einschlägigen Vorschriften, die die EU derzeit im Einklang mit dem Weißbuch erarbeitet, orientieren sich an der Vorrangigkeit der Lebensmittelsicherheit und dem einheitlichen Konzept.

1.3. Wichtigster Bezugspunkt für diesen Vorschlag ist die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit(2). Ein inhaltlicher Bezug besteht ferner zu dem Vorschlag für eine Verordnung über Lebensmittelhygiene(3), der derzeit vom Europäischen Parlament und Rat verabschiedet wird, sowie zu dem von der Kommission am 11. Juli 2002 angenommenen Vorschlag für eine Verordnung mit spezifischen Vorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs(4). Dieses Paket wird nun durch die neuen Vorschriften für die Futtermittelhygiene ergänzt, zu denen der EWSA in Kürze seine Stellungnahme abgeben soll(5).

1.4. Dem Leitprinzip (Vorrangigkeit der Lebensmittelsicherheit) wird in dem jetzigen Vorschlag durch ein umfassendes und einheitliches Konzept für die Kontrollen der Futter- und Lebensmittelproduktion Gestalt verliehen. Der Produktionsprozess wird in seiner Gesamtheit betrachtet, und zwar sowohl als Kette als auch in den an der Zusammensetzung des Erzeugnisses beteiligten Komponenten (Futtermittel, Zusätze, Nahrungsmittel), um auf diese Weise den gesamten Produktionszyklus vom Erzeuger (Land- und Viehwirtschaft, Fischerei und Aquakultur) zum Verbraucher kontrollieren zu können.

1.5. Der Vorschlag gibt darüber hinaus unmissverständlich vor, dass die Mitgliedstaaten für die Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften seitens der Unternehmer durch ein angemessenes Kontrollsystem verantwortlich sind. Er sieht gleichzeitig die Methoden und die Fristen vor, mit denen und innerhalb deren die Kommissionsdienststellen mit Hilfe von Inspektionen und Audits prüfen und bewerten, ob die Mitgliedstaaten der oben genannten Verantwortung gerecht werden.

1.6. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass die Kontrollsysteme und die damit zusammenhängenden Tätigkeiten im Laufe der Zeit bereits auf die Vorrangigkeit der Lebensmittelsicherheit ausgerichtet wurden. So wurden in einigen Mitgliedstaaten bereits neue institutionelle und verfahrenstechnische Lösungskonzepte umgesetzt oder Agenturen eingerichtet; gleichzeitig wurde auf Unionsebene die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit geschaffen. Gleichwohl sind die Zuständigkeiten und Charakteristika der einzelstaatlichen Agenturen recht unterschiedlich. Die Europäische Behörde hat hingegen nur die Aufgabe, bei der Bewertung der Risiken und der Unterrichtung der Öffentlichkeit mit wissenschaftlichem Rat zur Seite zu stehen. Sie darf weder überwachen noch kontrollieren. Dies ist den Dienststellen der Kommission und in erster Linie dem Lebensmittel- und Veterinäramt vorbehalten.

1.7. Die neue Strategie geht von den Grundprinzipien der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 aus und sieht vor, dass die Kommission gemeinsame Regeln für die Organisation amtlicher Kontrollen verfasst und in jedem Mitgliedstaat Audits durchführt, um die Effizienz und Effektivität der Kontrollen und die Einhaltung der auf nationaler Ebene festgelegten Kontrollpläne zu prüfen.

1.8. Jeder Mitgliedstaat ist gehalten, innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung einen integrierten mehrjährigen Kontrollplan zu erstellen. Und jeder Mitgliedstaat muss einen jährlichen Bericht über die erfolgten Kontrollen und erzielten Ergebnisse vorlegen. Die Gesamtheit der einzelstaatlichen Berichte bildet die Grundlage für den Jahresbericht, den die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat vorlegen wird.

1.9. Damit dieses Kontrollsystem auch tatsächlich wirksam ist, muss es nicht nur für die Mitgliedstaaten und Kandidatenländer (die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens EU-Mitgliedstaaten sein werden), sondern auch für Einfuhren aus den Ländern gelten, mit denen die EU veterinärhygienische und pflanzenschutzrechtliche bilaterale Abkommen oder spezielle Abkommen (Norwegen, Island und die Färöer) geschlossen hat, sowie aus etwaigen sonstigen Ländern. Mit anderen Worten, die Kontrollen müssen nicht nur auf europäischer, sondern auch auf internationaler Ebene harmonisiert werden.

1.10. Während für die Länder, mit denen veterinärhygienische und pflanzenschutzrechtliche bilaterale Abkommen bestehen, die zur Gewährleistung eines gleichwertigen Verbraucher- und Tierschutzniveaus ausgehandelten Bestimmungen gelten, sollen die am wenigsten entwickelten Länder nach Vorstellung der Kommission eine Sonderbehandlung erfahren. Ihnen werden keine Ausnahmeregelungen gewährt, sondern stattdessen Maßnahmen zur Unterstützung ihrer Kontrollprogramme und zur Ausbildung von Personal sowie ggf. die Entsendung von Sachverständigen der Gemeinschaft vor Ort angeboten.

1.11. Der Vorschlag umfasst eine ganze Reihe von Initiativen zur Verbesserung des Kontrollniveaus für die Lebensmittelsicherheit, für deren Umsetzung eine erhebliche Aufstockung der Finanzmittel von derzeit 3 auf künftig 16 Millionen Euro gefordert wird.

1.12. Bei Verstößen müssen "wirksame, angemessene und abschreckende" Sanktionen unter Berücksichtigung der Definition eines Mindeststandards für die Sicherheit verhängt werden. Im Fall schwerer Verstöße (die in Anhang VI als strafbare Handlungen definiert werden, sofern sie vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen werden) sind strafrechtliche Sanktionen vorzusehen (Artikel 55).

1.13. Im Falle schwerwiegender Verstöße durch einen Mitgliedstaat (z. B. Ineffizienz oder Mängel des Kontrollsystems) sollen die Schutzbestimmungen in der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 um ein weiteres Element ergänzt werden, nämlich um etwaige Schutzmaßnahmen, wie die Aussetzung des Inverkehrbringens der Erzeugnisse.

1.14. Schließlich ist hervorzuheben, dass das Kontrollsystem im Europa der 25 in Kraft treten muss, da die Verordnung auch für die 10 neuen Mitgliedstaaten gelten wird. Dies macht erhebliche Harmonisierungsbemühungen erforderlich, um zu gewährleisten, dass der freie Verkehr im Binnenmarkt mit allen Garantien für sichere Lebensmittel einhergeht.

1.15. Über die in diesem Zusammenhang laufenden Inspektionen durch europäische und einzelstaatliche Sachverständige aus den Mitgliedstaaten und den Kandidatenländern, dank deren eine erschöpfende Bestandsaufnahme zur Ermittlung der geeigneten Maßnahmen gemacht werden soll, ist der Ausschuss informiert.

2. Allgemeine Bemerkungen

2.1. Der EWSA befürwortet diesen Vorschlag inhaltlich, da er für die Dimension des Binnenmarktes angemessen ist und dem Erfordernis einer besseren Planung und Harmonisierung der Kontrollsysteme auf Unionsebene im Interesse des Verbraucherschutzes gerecht wird.

2.2. Die Schwerpunktlegung auf die Lebensmittelsicherheit und die Einheitlichkeit des Konzepts tragen dem Erfordernis Rechnung, das Vertrauen der Bürger wiederzugewinnen und zu stärken, das durch die wiederholten Lebensmittelskandale aufs Spiel gesetzt wurde. Zu diesem Zweck ist es von grundlegender Wichtigkeit, dass zur Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit eine aktive und ständige Beziehung aufgebaut wird, um je nach Risikoeinschätzung die Prioritäten für die Kontrollen festzulegen und die Handlungs- und Koordinierungsmöglichkeiten des Europäischen Lebensmittel- und Veterinäramts (FVO) zu stärken. Von grundlegender Bedeutung ist ferner ein transparentes und partnerschaftliches Konzept zur Verbraucherinformation.

2.2.1. Während die Behörde für Lebensmittelsicherheit derzeit ihre Tätigkeit aufnimmt und innerhalb der ersten Jahreshälfte 2003 voll entfalten wird, muss das Europäische Lebensmittel- und Veterinäramt, wie vom Ausschuss mehrfach betont, durch angemessene Mittel handlungsfähiger gemacht werden. Der Ausschuss weist ferner darauf hin, dass zwischen den Gemeinschaftsinstitutionen und den zuständigen nationalen Behörden starke Synergien und gute Kommunikationskanäle entwickelt werden müssen.

2.3. In dem Vorschlag zu würdigen sind insbesondere folgende Neuerungen oder Aspekte mit verstärkter Durchschlagskraft:

a) Eine klarere Definition der Verantwortlichkeiten der Mitgliedstaaten in Bezug auf ihre unmittelbaren Zuständigkeiten als "Kontrolleure" sowohl in Gestalt von "Kontrollbefugten" also auch von "Garanten der menschlichen Gesundheit", ohne dabei die in den Hygieneverordnungen verankerte grundsätzliche Verantwortung des Unternehmers zu negieren;

b) Die Haftbarmachung des Unternehmers und des Importeurs als Mittel zur Vereinfachung der Kontrolltätigkeiten durch Ermutigung zu einer effektiven "Selbstkontrolle" bei der Einhaltung der Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen, die bei Verstößen mit entsprechenden Sanktionen und dort, wo diese freiwilligen Zertifizierungsmechanismen den Arbeitsanfall der zuständigen Behörden verringern, mit Anreizen kombiniert ist;

c) Schulung des Kontrollpersonals (was grundsätzlich für jede neue Lebensmittel- und sonstige Rechtsvorschrift gelten sollte);

d) Grundsätzliche Gleichwertigkeit der Aufgaben, Prinzipien und verabschiedeten Maßnahmen;

e) Einführung des Prinzips der "Kontrolle zur Förderung der Kontrollfähigkeiten" und der Praktikabilität der einzelstaatlichen Pläne; auf diese Weise wird das Subsidiaritätsprinzip durch eine Flankierungsmaßnahme mit "Schulungscharakter" akzeptabler;

f) Optimierung des bestehenden Kontrollsystems und Abstimmung der einzelstaatlichen Systeme untereinander;

g) Formalisierung der Rolle der Inspektoren (in der Praxis wird diese Rolle bereits wahrgenommen, aber nicht formell) und Festlegung der in Anhang II aufgeführten Ausbildungsprofile;

h) Quantifizierung der Ressourcen und Ermittlung der einschlägigen Posten des Gemeinschaftshaushalts und der Finanzierungsquellen (Finanzbogen und Artikel 26 bis 29);

i) Planungsorientierter Ansatz auf der Grundlage mehrjähriger nationaler Kontrollpläne und Jahresberichte (Titel V, Art. 42-44);

j) Einheitliche Festlegung der Straftaten, die strafrechtlich zu ahnden sind (Anhang VI), zumal festgestellt wurde (Erwägungsgrund 44), dass die derzeitigen Sanktionssysteme (vorwiegend administrativen Charakters) nicht immer ausreichend waren, um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten.

2.4. Das Ausmaß der Anpassung der einzelstaatlichen Kontrollsysteme an die neuen Aufgaben wird je nach Effizienz und operativer Ausstattung der bestehenden Systeme, der Funktionsweise einer guten Partnerschaft mit den Akteuren des Lebensmittelsektors sowie abhängig vom Integrationsgrad des derzeitigen Ansatzes (in einigen Mitgliedstaaten sind die Kontrollbefugnisse auf verschiedene - nicht immer gut koordinierte - Behördenressorts aufgeteilt) unterschiedlich ausfallen. Es ist daher unbedingt notwendig, ein erstes Audit vorzusehen, um gemeinsam mit den verschiedenen Mitgliedstaaten die Funktionsweise des derzeitigen Kontrollsystems zu prüfen und rechtzeitig die erforderlichen Anpassungen zu ermitteln.

2.5. Besonderes Augenmerk ist auf die Lage der neuen Mitgliedstaaten zu richten, die ihre Systeme an den gemeinschaftlichen Besitzstand anpassen müssen. Entsprechende Ressourcen sind vorzusehen. In Anbetracht der in diesen Staaten laufenden Überwachungstätigkeit ersucht der Ausschuss die Kommission, die besondere Maßnahmen erfordernden Schwachstellen der Kontrollsysteme zu ermitteln, und dies vor allem in Bezug auf Personalbestand und Ausbildung des Personals, Zustand und Zahl der Laboratorien, ihre Ausstattung, u. a.

2.5.1. Spezifische Maßnahmen sind ferner für kleine Unternehmen auf lokaler Ebene und Handwerksbetriebe zu treffen, um ihre Anpassung an die festgelegten Standards zu fördern.

2.6. Was das Krisenmanagement und die Notfallpläne betrifft (Artikel 13), so müssen die Durchführungsmodalitäten vor dem Hintergrund der jüngsten Krisen aktualisiert werden. Darüber hinaus müssen bei den Modalitäten für die Kontrolle, insbesondere von Futtermitteln, auch Katastrophenfälle berücksichtigt werden. Bekanntermaßen kann die Qualität von Lebensmitteln im Falle eines Brandes, einer Überschwemmung, eines Vulkanausbruchs oder eines Erdbebens schwer beeinträchtigt werden. Außerdem handelt es sich hierbei um Ereignisse, die mit einer Reihe von - vorwiegend auf den dadurch bedingten Notstand zurückzuführenden - Komplikationen verbunden sind. Sie werden daher leicht nicht einmal bei den elementarsten Schutzvorschriften berücksichtigt.

2.7. Hinsichtlich der Kontrollen beim Import von Futter- und Lebensmitteln aus Drittländern (Titel II, Kapitel V) muss die internationale Zusammenarbeit im Bereich des Codex Alimentarius und des SPS-Abkommens (WTO) intensiviert werden und eine Differenzierung der Drittländer je nach ihrem Entwicklungsstand erfolgen. Dabei muss der technischen und wissenschaftlichen Hilfe für die weniger fortgeschrittenen Entwicklungsländer besondere Beachtung geschenkt werden, um die Einhaltung der Gemeinschaftsvorschriften zu erleichtern und keine neuen Hemmnisse aufzubauen. Die unter Punkt 34 der Einleitung genannten und in dem entsprechenden Artikel genauer erläuterten Modalitäten sind wichtig um zu vermeiden, dass kontaminierte Ausgangsstoffe eingeführt werden, und um die Sicherheit der europäischen Verbraucher zu gewährleisten. Allerdings ist zu bedenken, dass diese Länder - insbesondere was Getreide, Futtermittel und Tierzuchtmaterial betrifft - häufig den Einsatz von Schädlingsvernichtungsmitteln, chemischen Düngern, Anabolika etc. nicht im Griff haben und bei der Durchführung der Kontrollen technisch-wissenschaftliche Hilfe benötigen.

2.7.1. Es gibt auch Fälle von Kontaminierung, die auf nachfolgende illegale Behandlung ("verschnittenes" Mischfutter) außerhalb des Herkunftslandes zurückzuführen sind. Falls eine Lieferung bei der Prüfung am Bestimmungsort als nicht konform mit den gesundheitsschutzrechtlichen Vorschriften der Union befunden wird, kann dies einen gravierenden Schaden für das Lieferland zur Folge haben.

2.7.2. Es müssen daher im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern Unterstützungs- oder Ersatzstrukturen vorgesehen werden, mit denen die geforderte Konformität am Ursprungsort überprüft werden kann: gegebenenfalls müssen auch zweckmäßige Verfahren und Lösungen vorgeschlagen werden, um die Entwicklung der schwachen Produktionsstrukturen vor Ort zu fördern. Ferner sind Formen der Kontrolle vorzusehen, mit denen die jeweilige Zuständigkeit der verschiedenen Beteiligten, auch der Einführer, ermittelt werden kann.

2.8. Nach Auffassung des EWSA bedarf es einer positiven Interaktion zwischen dem öffentlichen Kontrollsystem und den Systemen, welche die Unternehmer des Sektors zur Bescheinigung von Qualität und Sicherheit sowie zur Rückverfolgbarkeit freiwillig geschaffen haben. Dies bedeutet, dass die Frage der multidisziplinären Ausbildung auf dem Gebiet der Qualität und der Sicherheit nicht nur die Inspektionsbeauftragten (Artikel 51 und Anhang 2), sondern, wie der vorgeschlagenen Hygieneregelung zu entnehmen ist, alle Akteure der Produktionskette betrifft, d. h. außer den Unternehmern auch die für Anlagen, Transport und Lagerung zuständigen Personen. Ein vorbeugender Ansatz und die Verantwortung der Beteiligten sind unabdingbar für ein effizienteres Funktionieren des öffentlichen Kontrollsystems. Dadurch werden die Kosten reduziert und die zuständigen Behörden können sich auf die vorrangigen Risiken konzentrieren.

2.8.1. Im Interesse eines besser garantierten Verbraucherschutzes ist die Entfaltung von Synergien zwischen den öffentlichen Kontrollsystemen und den von den Akteuren des Lebensmittelsektors in Kraft gesetzten Verfahren der Selbstkontrolle und Rückverfolgbarkeit zu fördern und wenn möglich durch freiwillige Zertifizierungssysteme zu ergänzen. Interessante Erfahrungen, die im Rahmen des Benchmarking genutzt werden sollten, werden zur Zeit in einigen Mitgliedstaaten bei der Aushandlung von Branchenvereinbarungen (Rückverfolgbarkeit) über die Sicherheit und Qualität der Lebensmittel gemacht(6). Selbstverständlich ist auf diese einzelstaatlichen freiwilligen Systeme nicht der für staatliche Kontrollen geltende Mechanismus der "gegenseitigen Anerkennung" anwendbar. Dieser Aspekt muss im Hinblick auf eine Harmonisierung der Kriterien auf europäischer Ebene erörtert werden, damit diese Mechanismen auch den Verbrauchern anderer Mitgliedstaaten zugute kommen können.

2.8.2. Die Verbände des Sektors und die Verbraucherorganisationen können einen nützlichen Beitrag zur Ausbildung der Akteure und Verbreitung der Informationen über die eingeführten Kontrollsysteme leisten. Von grundlegender Bedeutung sind weiterhin die Transparenz der Mechanismen und die Einbeziehung der Akteure des Lebensmittelsektors in den Dialog und die Partnerschaft.

2.9. Nützliche Synergien können dadurch erreicht werden, dass die Kriterien für die Sicherheit und Qualität der Lebensmittel bei der Überprüfung der GAP einbezogen werden, auch wenn nach dem Verordnungsvorschlag die Kontrollen der GMO im Rahmen eines etablierten und spezifischen Kontrollsystems durchzuführen sind. Nach Auffassung des EWSA sollte die in dem Verordnungsvorschlag über Direktzahlungen im Rahmen der GAP(7) vorgesehene Anforderung der "cross compliance" - wonach die Einhaltung der wichtigsten gesetzlichen Standards für öffentliche Gesundheit, Tiergesundheit, Pflanzen- und Tierschutz Voraussetzung für den Anspruch auf Direktzahlungen ist - eine vorbeugende Funktion erfuellen und Ex-post-Kontrollen einfacher machen. Der EWSA empfiehlt in seiner Stellungnahme, dass die Betriebsberatung auf freiwilliger Basis angeboten werden und "nicht nur im Hinblick auf die Einhaltung der gesetzlichen Standards erfolgen, sondern auf eine fortlaufende Verbesserung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Situation der Betriebe abzielen" sollte, indem entsprechende Anreizsysteme geschaffen werden(8). Im Interesse einer fruchtbaren Synergie müssen Formen der Kommunikation und der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen zuständigen Behörden und den einzelnen Akteuren vorgesehen werden.

2.10. Der Ausschuss begrüßt die Anforderungen hinsichtlich der Koordinierungsverfahren bei Kontrollen, an denen verschiedene Kontrollstellen beteiligt sind, vor allem, wenn die Kontrolle delegiert wird (Erwägungsgründe 15 und 16 und Artikel 5). Positiv beurteilt er auch die Bestimmungen über die Harmonisierung auf der Ebene der Referenzlaboratorien, vor allem, wenn die Kontrollen an nichtstaatliche Stellen delegiert werden (Erwägungsgründe 17-21), die die erforderlichen Akkreditierungsbedingungen erfuellen und in ihren Tätigkeiten beaufsichtigt werden müssen.

2.10.1. Die Bedingungen und Bestimmungen, unter denen die akkreditierten Kontrollstellen arbeiten, müssen auf Unionsebene unbedingt harmonisiert werden. Desgleichen sind die Stichprobenverfahren, Analysemethoden und die Regelmäßigkeit der Kontrollen zu standardisieren. Die gemeinschaftlichen Referenzlaboratorien und die Gemeinsame Forschungsstelle müssen folglich ihren Tätigkeitsbereich erweitern, und die dazu im Sechsten Rahmenprogramm bestimmten Mittel müssen aufgestockt werden.

2.11. Besondere Aufmerksamkeit ist - insbesondere im Hinblick auf das Europa der 25 - der Amtshilfe und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten (Titel IV) zu schenken, indem man den Erfahrungsaustausch und den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Kontrollbeauftragten verstärkt. Diesbezüglich sieht der Vorschlag primär nicht eine zahlenmäßige Aufstockung des Lebensmittel- und Veterinäramtes vor, sondern vielmehr die Stärkung seiner Fähigkeit, vernetzt zu arbeiten und die operativen Kontrollvorgänge zu koordinieren und zu harmonisieren.

2.12. Im Zusammenhang mit der dem Subsidiaritätsprinzip unterliegenden Finanzierung der amtlichen Kontrollen muss darauf geachtet werden, dass Wettbewerbsverzerrungen vermieden und daher gemeinsame Grundsätze aufgestellt werden, und dies vor allem in Bezug auf die von den Akteuren zu leistenden Inspektionsgebühren. Artikel 28 macht zu den Gebühren recht allgemein gehaltene Aussagen. Daher empfiehlt der Ausschuss, die in den Mitgliedstaaten geltenden Gebührenordnungen zu überwachen, ihre Kompatibilität zu prüfen und konkretere Harmonisierungsinstrumente zu ermitteln. Zu prüfen ist ferner, wie unterschiedlich die Abgaben für die verschiedenen Akteure der Lebensmittelkette von der Erzeugung bis zum Vertrieb ausfallen, damit eventuelle Diskriminierungen beseitigt werden können. Es liegt jedenfalls auf der Hand, dass die Kosten für die Kontrollen in aufgedeckten Fällen der Nichterfuellung im Wesentlichen den Verantwortungsträgern aufzubürden sind. Auf der anderen Seite sind bei vorbildlichen Verfahren einer freiwilligen Konformitätsbescheinigung auch Prämienverfahren in Betracht zu ziehen.

2.13. Hinsichtlich der Errichtung lokaler Systeme für die öffentliche Kontrolle wäre es sinnvoll, wenn für die lokalen Dienste regionale Referenzlaboratorien benannt würden, die in der Anlaufphase aus gemeinschaftlichen und einzelstaatlichen Mitteln gemeinsam zu finanzieren wären.

2.14. Der Ausschuss nimmt von der Aufhebung einiger Richtlinien (Artikel 61) Kenntnis, die in dieser Verordnung aufgegriffen oder durch sie ergänzt werden. Er ruft gleichwohl zu einer aufmerksamen Prüfung der Übereinstimmung dieser Bestimmungen auf, vor allem hinsichtlich der Richtlinie zur Finanzierung der veterinärrechtlichen Kontrollen (96/43/EG), um Wettbewerbsverzerrungen in Folge einer zu uneinheitlichen Anwendung durch die Mitgliedstaaten zu vermeiden.

3. Schlussfolgerungen

3.1. Der Ausschuss befürwortet das einheitliche Konzept des Kommissionsvorschlags und sieht in dem Vorschlag einen brauchbaren Beitrag zur Umsetzung des grundsätzlichen Vorrangs der Lebensmittelsicherheit im System der amtlichen Futter- und Lebensmittelkontrollen.

3.2. Wenn das einheitliche Konzept von Erfolg gekrönt sein soll, dann muss nach Ansicht des Ausschusses eine starke, auf gegenseitigem Vertrauen und Transparenz basierende Partnerschaft zwischen den verschiedenen Akteuren des Lebensmittelsektors gefördert werden, die in einem ausgewogenen Spannungsfeld zwischen behördlichen Kontrollsystemen und Mechanismen der Selbstkontrolle, Haftbarmachung und freiwilliger Zertifizierung der Erzeuger tätig ist.

3.3. Nach Auffassung des Ausschusses lässt sich die Lebensmittelsicherheit in der Europäischen Union nicht gewährleisten, wenn nicht die Zusammenarbeit mit den Drittländern im Rahmen von Abkommen und auf den jeweiligen Entwicklungsgrad abgestimmten Sondermaßnahmen sowie die internationale Zusammenarbeit im Rahmen des Codex Alimentarius, wo die Europäische Union stärker präsent sein muss, und der WTO gefördert und intensiviert werden.

3.4. Der Ausschuss empfiehlt, der Harmonisierung der Kontrollen in den Kandidatenländern besondere Aufmerksamkeit zu widmen, und ruft zu verstärkten Ausbildungs- und Informationsaktionen auf, die sich nicht nur an das Kontrollpersonal, sondern an sämtliche Akteure der verschiedenen Sektoren und an die Öffentlichkeit im Allgemeinen richten.

Brüssel, den 16. Juli 2003.

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Roger Briesch

(1) KOM(1999) 719 endg., Stellungnahme des EWSA im ABl. C 204 vom 18.7.2000.

(2) ABl. L 31 vom 1.2.2002.

(3) Stellungnahme des EWSA im ABl. C 155 vom 29.5.2001.

(4) KOM(2002) 377 endg., ABl. C 262 vom 29.10.2002, Stellungnahme des EWSA 281/2003, ABl. C 95 vom 23.4.2003.

(5) KOM(2003) 180 endg.

(6) Vgl. hierzu z. B. das Nationale Bündnis für die Sicherheit und Qualität von Lebensmitteln, das am 8. Juli 2002 im CNEL (Italienischer Nationalrat für Wirtschaft und Arbeit) von den Bauern-, Gewerkschafts-, Arbeitgeber- und Handelsorganisationen sowie vom Minister für Agrar- und Forstpolitik ausgehandelt und unterzeichnet wurde.

(7) KOM(2003) 23 endg. - 2003/0006.

(8) KOM(2003) 23 endg. - 2003/0006, Ziffer 4.3.2.

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