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Document 51995IR0370
Opinion of the Committee of the Regions on the 'Evaluation of procedures for the award of public service contracts'
Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Überprüfung der Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge"
Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Überprüfung der Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge"
CdR 370/95
OJ C 126, 29.4.1996, p. 8–12
(ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)
Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Überprüfung der Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge" CdR 370/95
Amtsblatt Nr. C 126 vom 29/04/1996 S. 0008
Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Überprüfung der Verfahren bei der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge" (96/C 126/02) DER AUSSCHUSS DER REGIONEN, in der Erwägung, daß die Richtlinie 92/50/EWG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (im folgenden als Dienstleistungsrichtlinie bezeichnet) am 1. Juli 1993 in Kraft trat und seitdem die öffentliche Vergabe von Dienstleistungsaufträgen in der Gemeinschaft und den Unterzeichnerstaaten des EWR-Abkommens, d.h. Norwegen, Island und Liechtenstein, regelt, in der Erwägung, daß der Zweck der Dienstleistungsrichtlinie darin besteht, zur Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens im Zuge der Errichtung des EU-Binnenmarktes beizutragen, in der Erwägung, daß es bereits entsprechende Richtlinien für den öffentlichen Ankauf von Waren sowie für öffentliche Bauaufträge gab, die schon vor der Dienstleistungsrichtlinie in Kraft getreten waren, daß von der Größenordnung her das öffentliche Auftragswesen ca. 15 % (530 Milliarden ECU) des Bruttosozialprodukts der Gemeinschaft (ohne Finnland, Schweden und Österreich) ausmacht und die Dienstleistungen daran einen wesentlichen Anteil haben, in der Erwägung, daß Körperschaften und Unternehmen im sogenannten Versorgungssektor, also in den Bereichen Wasser, Energie, Verkehr und Telekommunikation, eine wichtige Ausnahme bilden und unter eine gesonderte Richtlinie fallen, in der Erwägung, daß die Dienstleistungen in die Kategorien A und B eingeteilt werden und nur für die Dienstleistungen der Kategorie A alle Vorschriften der Richtlinie gelten; für B-Dienstleistungen den öffentlichen Körperschaften nur gewisse Berichtspflichten hinsichtlich der Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften auferlegt werden, in der Erwägung, daß in die Kategorie A u.a. Dienstleistungen in den Bereichen Datenverarbeitung, Rechnungsprüfung, Landverkehr sowie finanzielle Dienstleistungen (Versicherungsleistungen, Bankenleistungen und Wertpapiergeschäfte), Reinigungsdienste und Abfallbeseitigung fallen, die Kategorie B u.a. Rechtsberatung, Dienstleistungen des Gaststätten- und Beherbergungsgewerbes, Neben- und Hilfstätigkeiten des Verkehrs, Arbeitskräftevermittlung, Gesundheits- und Sozialwesen, kulturelle Tätigkeiten und sonstige Dienstleistungen umfaßt, in der Erwägung, daß nur bei Dienstleistungen, deren Wert dem sogenannten Schwellenwert von 200 000 ECU entspricht oder größer ist, gemäß dieser Richtlinie vorgegangen werden muß, in der Erwägung, daß die Kommission der Richtlinie zufolge die Ergebnisse ihrer Anwendung vor dem 1. Juli 1996 untersuchen muß, verabschiedete auf seiner Plenartagung am 15. und 16. November 1995 (Sitzung vom 15. November 1995) folgende Stellungnahme. Einleitung Mit dieser Stellungnahme möchte der Ausschuß der Regionen den Beratungsgegenstand aus der Sicht der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften beleuchten, damit die Dienstleistungsrichtlinie nach ihrer Überarbeitung auch auf Ebene der Gemeinden und Regionen optimal umgesetzt werden kann und ihrerseits zur Vollendung des Binnenmarktes beiträgt. Hauptanliegen dieser Überarbeitung müssen eine bessere Nachvollziehbarkeit und größere Wirksamkeit der Regelung sein. Der Ausschuß der Regionen ist der Auffassung, daß die Überprüfung der EU-Rechtsvorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge nicht auf die Dienstleistungsrichtlinie beschränkt werden darf, sondern daß auch die übrigen Verfahrensrichtlinien sowie die "Beschwerde- und Einspruchsrichtlinie" unter dem Gesichtspunkt der Folgen auf lokaler und regionaler Ebene geprüft werden müssen. Allgemeine Bemerkungen 1. Bevor die Probleme der Dienstleistungsrichtlinie im einzelnen unter die Lupe genommen werden, wäre der Frage nachzugehen, inwieweit die Richtlinie zur Vollendung des Binnenmarktes beiträgt. Nach Meinung des Ausschusses könnte sich herausstellen, daß viele der Dienstleistungen teils wegen logistischer Zwänge, teils aus kulturellen oder sprachlichen Gründen von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten nicht auf probate Weise erbracht werden können (es sei denn durch den Zusammenschluß mit oder die Übernahme von Unternehmen bzw. durch die Niederlassung von Tochtergesellschaften oder Zweigstellen in anderen Mitgliedstaaten, was jedoch nicht unter dem Stichwort Vollendung des Binnenmarktes läuft). 2. Maßgebend ist eine Kosten-Nutzen-Analyse. Es ist zu erwarten, daß die heutige Dienstleistungsrichtlinie für den Binnenmarkt nur noch zweitrangige Bedeutung haben wird/kann. Zumindest lassen die bisherigen Erfahrungen darauf schließen. Zweitrangige Effekte sind indes keine ausreichende Rechtfertigung für die mit der Anwendung der Richtlinie verbundenen Kosten. 3. Aufgrund von Artikel 43 der Richtlinie muß die Kommission insbesondere untersuchen, ob die Richtlinie uneingeschränkt auf die Erbringung der in Anhang IB aufgeführten Dienstleistungen angewendet werden kann und wie sich die staatlichen Eigenleistungen auf die effektive Liberalisierung des Auftragswesens ausgewirkt haben. Dabei wird davon ausgegangen, daß Dienstleistungen, die eine Gemeinde oder Region im Zuge ihrer eigenen Organisation mit einem eigenen Apparat/internen Dienst erbringen kann, für alle Zeit außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie bleiben müssen. Die Frage, ob eine behördliche Instanz eine Dienstleistung in eigener Regie oder durch Dritte erbringen lassen will, ist eine Frage der internen Organisation und der politischen Einschätzung. Ebenso darf eine Ausnahme gemacht werden, wenn eine Behörde eine Dienstleistung durch ein eigenes Unternehmen erbringen lassen will. Auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge muß der sogenannte Grundsatz der wirtschaftlichen Einheit gelten. 4. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Privatisierung von Leistungen der Daseinsvorsorge. Die Anwendung der Dienstleistungsrichtlinie darf diesen Prozeß nicht behindern. Wird eine bestimmte staatliche Aufgabe privatisiert, so ist die Organisation, die diese Aufgabe übernimmt, in der Regel nicht sofort imstande, als selbständig konkurrierendes Unternehmen aufzutreten. Dazu bedarf es in der Praxis einer Übergangszeit von rund sieben Jahren. Die Aufnahme einer entsprechenden Freistellungsregelung in die Dienstleistungsrichtlinie könnte diese Entwicklung zur Verselbständigung/Privatisierung, die heute von vielen gewünscht wird, erheblich beschleunigen. 5. Die Kommission erwartet, daß bei der Überprüfung im Jahr 1996 nur einige weniger bedeutende Änderungen erforderlich sein werden, um die Richtlinie an die GATT-Vereinbarungen anzupassen, die am 1. Januar 1996 in Kraft treten sollen. Der Ausschuß der Regionen hält dagegen - nicht zuletzt in Anbetracht der vorstehenden Überlegungen - eine eingehendere Überprüfung für dringend angezeigt. 6. Ein wichtiges Element bei der Anwendung der Richtlinie ist der Schwellenwert, von dem an eine öffentliche Auftragsvergabe stattfinden muß. Der derzeitige niedrige Schwellenwert zwingt dazu, Aufträge öffentlich auszuschreiben, die für den Markt nicht von Interesse sind. Infolge des niedrigen Schwellenwertes kommen sehr kleine Auftraggeber doch noch regelmäßig mit der Richtlinie in Berührung, jedenfalls in den Fällen, da die verschiedenen Jahre eines über mehrere Jahre laufenden Vertrags zusammenaddiert werden müssen oder die Auftragswerte der kooperierenden Auftraggeber als ein Ganzes betrachtet werden. Der Verwaltungsaufwand, den solche Ausschreibungen verursachen, ist im Verhältnis zu dem zu erwartenden Gewinn sehr hoch. 7. Die Europäische Kommission hat mit der Überprüfung der Richtlinie noch nicht begonnen, weil etwa die Hälfte der Mitgliedstaaten die Richtlinie noch nicht in nationales Recht umgesetzt hat. Neue Vorschriften will die Kommission erst erlassen, wenn dies überall geschehen ist. Der Ausschuß der Regionen meint jedoch, daß dieser Umstand die Inangriffnahme der Überprüfung nicht weiter hinauszögern muß; schließlich hat die Richtlinie unmittelbare Wirkung. Außerdem kann die Tatsache, daß eine Reihe von Mitgliedstaaten die Richtlinie noch nicht umgesetzt hat, auch ein Gegenstand der Überprüfung sein. Erfahrungen bei den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Der Binnenmarkt und die Dienstleistungsrichtlinie 8. Die derzeitige Richtlinie hat in den Staaten, in denen sie befolgt wird, Wirkungen auf die Ausschreibungen der Kommunen für Dienstleistungen gezeitigt. Ungeachtet der Bemerkungen unter Ziffer 12 hat es in den meisten Mitgliedstaaten eigentlich keine größeren Probleme mit der Aufteilung in unter die Richtlinie fallende und von ihr ausgenommene Dienstleistungen gegeben, und auch die darin enthaltenen Verfahrens- und Bekanntmachungsvorschriften erwiesen sich im großen und ganzen als zufriedenstellend, obschon ein wenig bürokratisch. 9. Für die öffentlichen Körperschaften war die Verpflichtung, lückenlose Anforderungsprofile zu erstellen, die im Ausschreibungsprozeß nicht mehr geändert werden können, schwierig zu erfuellen. Durch die vorgeschriebene Form der Vergabebekanntmachung und das Fehlen ausreichender Standards (Produktdefinitionen und Qualifikationen) wird eine positive Wechselwirkung zwischen dem potentiellen Auftraggeber und dem potentiellen Auftragnehmer im Hinblick auf eine Optimalisierung der Auftragsformulierung (ausgeschriebene Dienstleistung) behindert. Vor allem in den Dienstleistungsbereichen, in denen rasche Veränderungen vonstatten gehen, beispielsweise bei Diensten, die mit Informationstechnologien zusammenhängen, verursachen die Standardisierungsvorschriften Probleme. Auch das Aufstellen eindeutiger Qualitätsanforderungen ist in vielen Dienstleistungsbereichen problematisch, namentlich bei immateriellen Diensten und bei der Auftragsvergabe in der Gesundheitsfürsorge. 10. Die Richtlinie hat zweifellos dazu beigetragen, auf einzelstaatlicher Ebene mehr Wettbewerb zu schaffen, und sie hat zu einer besseren Durchschaubarkeit des Marktes für Dienstleistungen im Auftrag öffentlicher Körperschaften geführt. Die Förderung des Wettbewerbs auf den nationalen Märkten ist allerdings keine Angelegenheit, die primär in die Zuständigkeit der Europäischen Union fällt. Ungleichmäßige Umsetzung und Auslegung in Europa 11. Beim Umgang staatlicher Behörden mit gleichartigen Angelegenheiten läßt sich ferner feststellen, daß in Bereichen wie kommunalen Zweckverbandsunternehmen und dergleichen große Unterschiede in der Verwaltungspraxis in der Gemeinschaft bestehen. Die Frage, ob sich aus dieser Situation unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen für die Wirtschaft der Mitgliedstaaten ergeben, muß Gegenstand einer vergleichenden Analyse sein. 12. Es sollte deutlicher als bisher definiert werden, welche Dienstleistungen unter die Richtlinie fallen und welche nicht. Ein Teil der Probleme ergibt sich aus der Tatsache, daß die Bezeichnung der Dienstleistung in Anhang IA der Richtlinie oftmals umfangreicher ist als die Beschreibung dieser Dienstleistungskategorien gemäß der CPC-Nomenklatur, die hinter der Dienstleistung vermerkt ist. Nach Ansicht des Ausschusses sollte die nach der Beschreibung der Dienstleistung in Anhang 1A angegebene CPC-Nomenklatur für den Inhalt der Dienstleistung ausschlaggebend sein. Andernfalls hätte die Angabe der CPC-Nomenklatur im Anhang IA keinen Sinn, während die Situation, daß ein und dieselbe Tätigkeit, wie z. B. "Anstreichen", sowohl als "Arbeit" als auch als "Dienstleistung" gelten kann, kaum wünschenswert ist. Dies ist vermutlich auch nicht mit der Richtlinie bezweckt worden. Die Verwendung der CPC-Nomenklatur an sich wirft Schwierigkeiten auf, die ausgeschlossen werden sollten. So ist diese Nomenklatur nur in englischer Sprache vorhanden, und die Abgrenzung nach inhaltlichen Gesichtspunkten ist schwierig. Die Verwendung der Nomenklatur, deren Ziel darin besteht, zu statistischen Zwecken eine möglichst vollständige Beschreibung und Bestandsaufnahme aller Arten von Dienstleistungen zu liefern, bedeutet für die Dienstleistungsrichtlinie eine nahezu endlose Ausdehnung der Elemente, die in der Veröffentlichung enthalten sein müssen. Die Aufzählung der Dienstleistungskategorien in den Bestandsaufnahmen der Dienstleistungen enthält auch die Bezeichnung "sonstige Dienstleistungen". Dadurch ist eine genaue Abgrenzung der Dienstleistungskategorien unmöglich. 13. Die Richtlinie wirft Fragen auf, da nicht klar ist, was unter der Aufteilung einer Dienstleistung in mehrere Lose zu verstehen ist. Muß ein öffentlicher Auftraggeber z. B. sämtliche für alle mehr oder weniger selbständig tätigen Einrichtungen in Anspruch genommenen EDV-Dienstleistungen in einer Ausschreibung zusammenfassen? Dies dürfte sowohl organisatorisch als auch rechtlich und sachlich unüberwindbare Probleme aufwerfen. Eine Ausschreibung für den jeweiligen Auftrag durch die jeweilige öffentliche Stelle muß möglich sein. Bei der Bewertung der Richtlinie muß dieser Aspekt einer näheren Prüfung unterzogen werden. Kaum grenzüberschreitende Verträge 14. Die in der Anwendung der Dienstleistungsrichtlinie gewonnenen Erfahrungen zeigen, daß sehr wenige Aufträge über Staatsgrenzen hinweg vergeben werden und daß die Wirkung der Richtlinie auf den grenzüberschreitenden Handel sehr begrenzt ist. Wie bereits angemerkt, hat die Richtlinie folglich keine besonderen Wirkungen auf den Binnenmarkt gezeitigt. Die Untersuchung mag jedoch insoweit irreführend sein, als ausländische Unternehmen im Zusammenhang mit Ausschreibungen häufig Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften in dem betreffenden Mitgliedstaat errichten. Die Schwellen gelten als zu niedrig 15. Der Ausschuß ist der Ansicht, daß Ausschreibungen geringen Umfanges, die in etwa in Höhe des gegenwärtigen Schwellenwerts von 200 000 ECU liegen, mit den Ausschreibungsverfahren und den detaillierten Anforderungsspezifikationen einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verursachen. Es sollte geprüft werden, ob die möglichen Einsparungen bei einer korrekt durchgeführten EU-Ausschreibung die Transaktionskosten übersteigen. Dabei ist auch die Frage zu prüfen, ob die Anhebung des Schwellenwerts das Interesse über die Grenzen hinweg gewährleistet. Wenn festgestellt werden kann, daß diese kleinen Ausschreibungen nur in sehr geringem Maße geeignet sind, Bieter von jenseits der Landesgrenzen anzulocken, sollte erwogen werden, ob die Werte nicht auf ein Niveau anzuheben wären, mit dem die Rücksichtnahme auf den Binnenmarkt gewahrt bleibt und gleichzeitig vermieden wird, daß für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der EU unnötige Verwaltungskosten entstehen. Mögliche Folgewirkungen auf die kleineren Unternehmen der Gemeinschaft 16. Niedrige Schwellenwerte können eine Reihe von Konsequenzen auf die Wirtschaft haben. Aus Sicht der Wirtschaft tragen die derzeit geltenden sehr niedrigen Grenzwerte nur auf dem Papier zu einer Liberalisierung des Handels und zu einem gesteigerten Wettbewerb bei. Es steht zu befürchten, daß viele kleine Unternehmen Aufträge verlieren und mit einem erhöhten unproduktiven bürokratischen Aufwand belastet werden, da sie sich gezwungen sehen, Angebote für viel mehr Aufträge abzugeben, um dieselbe Auftragsmenge wie heutzutage zu bekommen. Diese Entwicklung steht eindeutig im Widerspruch zu den derzeitigen Bestrebungen der EU, gezielt die kleinen und mittelgroßen Unternehmen in der Europäischen Union zu stärken. Höhere Grenzwerte würden das Ganze überschaubarer und es somit für die Unternehmen attraktiver machen, an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen. Der Ausschuß der Regionen schlägt vor, folgende Aspekte bei der Revision der Richtlinie zu berücksichtigen: 17. Es sollte geprüft werden, inwiefern die uneingeschränkte Anpassung der "Dienstleistungsrichtlinie" in einem Spannungsverhältnis zu Investitionen im Bereich der Schaffung von Arbeitsplätzen stehen kann. Bei Überlegungen hinsichtlich der Möglichkeit, mit Blick auf die Verbesserung der Beschäftigungslage erleichternde, unterstützende und stimulierende Maßnahmen zu treffen, sollte darauf geachtet werden, daß die weitere Verwirklichung des Binnenmarktes nicht blockiert wird. 18. In der Richtlinie sollte auch die Privatisierungspolitik Berücksichtigung finden. Die Richtlinie darf nicht dazu führen, daß Privatisierung und/oder Verselbständigung behindert werden. 19. Ein völlig offenes Verfahren ruft bei bestimmten Arten von Dienstleistungen (hochwertige Untersuchungen und Beratung) zahlreiche Probleme auf, da die Kosten der Angebotsunterbreitung angesichts der Vielzahl der Mitbieter in keinem Verhältnis zu den Erfolgschancen stehen. Auf längere Sicht bedeutet dies, daß erstklassige Bieter abspringen, was zu einem Qualitätsverlust führen wird. 20. Die Frist, die bei langfristigen Verträgen zur Bestimmung des Wertes des Vertrags zugrunde gelegt wird, muß einer erneuten Überprüfung unterzogen werden. Damit die Transaktionskosten und die (möglichen) Einsparungen in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen, sollte diese Frist vorzugsweise auf 12 Monate festgelegt werden. 21. Der Schwellenwert sollte erhöht werden, so daß eine Ausgewogenheit zwischen Unkosten und Auftragswert sowohl für die Unternehmen als auch für die Behörden hergestellt werden kann. 22. Falls keine Anpassung des Schwellenwertes beschlossen wird, sollte die Möglichkeit gegenseitiger Beziehungen zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem/den potentiellen Dienstleistungserbringer/n im Zuge der Ausschreibung geprüft werden. 23. Es muß ausdrücklich untersucht werden, unter welchen Bedingungen und in welcher Weise die Zusammenarbeit zwischen den öffentlichen Stellen und der Privatwirtschaft im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie Gestalt annehmen kann. 24. Es sollte auf eine Vereinfachung der Richtlinie einschließlich besserer Information und Anleitung zum Gebrauch des komplizierten Regelwerkes hingearbeitet werden. Eine verbesserte Zugänglichkeit der Richtlinie für öffentliche Auftraggeber und Dienstleistungserbringer durch die Vereinfachung des Regelwerks, durch eine Deregulierung - soweit möglich - sowie durch zielgerichtete Informationen an Behörden und (Kategorien von) Dienstleistungserbringern sollte im Mittelpunkt der Bemühungen stehen. Die Vereinfachungen müssen u.a. zu Möglichkeiten für eine dezentralisierte Vergabe öffentlicher Aufträge und zu mehr Möglichkeiten führen, eine vereinfachte Form der Ausschreibung anzuwenden. 25. Der Nutzwert der Vorschriften über die nichtverbindliche Bekanntmachung der Vergabe seitens der Auftraggeber sollte dahingehend überprüft werden, ob sie nicht abgeschafft werden können. 26. Die Möglichkeiten einer Vereinfachung der CPA (Statistische Güterklassifikation)-Nomenklatur müssen untersucht werden. 27. In die Untersuchung der Auswirkungen der Dienstleistungsrichtlinie in den einzelnen Mitgliedstaaten sollte der Ausschuß der Regionen einbezogen werden, damit sichergestellt wird, daß auch die Auswirkungen auf lokaler und regionaler Ebene berücksichtigt werden und deutlich wird, welche Veränderungen ggf. erforderlich sind. 28. Es sollte deutlich gemacht werden, daß Beschaffungen seitens lokaler und regionaler Gebietskörperschaften bei kommunalen bzw. regionalen Zweckverbandsunternehmen nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, sondern weiterhin als Eigenleistungen betrachtet werden sollten. Auch die organisatorische Zusammenarbeit zwischen kommunalen und regionalen Behörden sollte außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie liegen. 29. Es ist zu erwägen, ob eine freiwillige EU-weite Datenbank über Beschaffungen unter dem Schwellenwert - insbesondere bei einer Erhöhung dieser Werte - eine gute Ergänzung der jetzigen EU-Ausschreibungsverfahren darstellen könnte. Diese Datenbank wäre durch Daten über mögliche Anbieter (Verzeichnis von Betrieben) zu vervollständigen, um außerhalb der offiziellen Ausschreibungsverfahren einen Überblick über Angebot und Nachfrage zu geben. 30. Es sollten Leitlinien ausgearbeitet werden, die eine uneingeschränkte Nutzung der informationstechnologischen Möglichkeiten zur Ausschreibung und Angebotsabgabe auf elektronischem Wege gewährleisten, was jedoch nicht zu einem dichteren Regelwerk führen darf. 31. Bei vielen Dienstleistungen ist das Vertrauen des Auftraggebers in die Loyalität oder die Person des Auftragnehmers bei der Vergabe von entscheidender Bedeutung, namentlich in finanziellen oder juristischen Angelegenheiten. Bei solchen Dienstleistungen sollte die nicht unbedingt zugunsten des niedrigsten Angebots erfolgen. Bei der Revision der Dienstleistungsrichtlinie sollte deshalb erneut geprüft werden, ob nicht bestimmte Dienste in Anhang IA gestrichen werden können. Auf keinen Fall dürfen aber die in Anhang IB genannten Dienste in Anhang IA aufgenommen werden. 32. Wenn öffentliche Auftraggeber Kredite beantragen, können die Verfahrensfristen der Dienstleistungsrichtlinie kaum eingehalten werden. Bei Kreditanträgen muß schnell und flexibel auf den Markt reagiert werden können. Es sollte deshalb geprüft werden, ob die Erbringung von Finanzdienstleistungen nicht aus Anhang IA der Richtlinie herausgenommen werden sollte. 33. Die strengen Bedingungen, die laut Richtlinie für die Zulassung des Verhandlungsverfahrens gelten, dürften zu restriktiv sein. So akzeptiert die Kommission beispielsweise nur in Notfällen die Eilbedürftigkeit als Grund für die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens. Brüssel, den 15. November 1995. Der Präsident des Ausschusses der Regionen Jacques BLANC