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Document 62013CJ0135

Urteil des Gerichtshofs (Neunte Kammer) vom 15. Mai 2014.
Szatmári Malom Kft. gegen Mezőgazdasági és Vidékfejlesztési Hivatal Központi Szerve.
Vorabentscheidungsersuchen der Kúria.
Landwirtschaft – ELER – Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 – Art. 20, 26 und 28 – Beihilfen zur Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe und Beihilfen zur Erhöhung der Wertschöpfung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse – Voraussetzungen für die Zuschussfähigkeit – Zuständigkeit der Mitgliedstaaten – Beihilfen zur Modernisierung bestehender Mühlenkapazitäten – Mühlen, die durch eine einzige neue Mühle ersetzt werden, ohne dass die Kapazität erweitert wird – Ausschluss – Gleichbehandlungsgrundsatz.
Rechtssache C‑135/13.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:327

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)

15. Mai 2014 ( *1 )

„Landwirtschaft — ELER — Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 — Art. 20, 26 und 28 — Beihilfen zur Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe und Beihilfen zur Erhöhung der Wertschöpfung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse — Voraussetzungen für die Zuschussfähigkeit — Zuständigkeit der Mitgliedstaaten — Beihilfen zur Modernisierung bestehender Mühlenkapazitäten — Mühlen, die durch eine einzige neue Mühle ersetzt werden, ohne dass die Kapazität erweitert wird — Ausschluss — Gleichbehandlungsgrundsatz“

In der Rechtssache C‑135/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Kúria (Ungarn) mit Entscheidung vom 31. Januar 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 18. März 2013, in dem Verfahren

Szatmári Malom Kft.

gegen

Mezőgazdasági és Vidékfejlesztési Hivatal Központi Szerve

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Safjan sowie der Richterinnen A. Prechal (Berichterstatterin) und K. Jürimäe,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Szatmári Malom Kft., vertreten durch F. Zsúnyi Simonné, ügyvéd,

der Mezőgazdasági és Vidékfejlesztési Hivatal Központi Szerve, vertreten durch A. Ivanovits, ügyvéd,

der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und K. Szíjjártó als Bevollmächtigte,

der griechischen Regierung, vertreten durch I. Chalkias und X. Basakou als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Sipos, J. Aquilina und V. Bottka als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 20 Buchst. b, Art. 26 Abs. 1 Buchst. a und Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. L 277, S. 1).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Szatmári Malom Kft. (im Folgenden: Szatmári Malom) und der Mezőgazdasági és Vidékfejlesztési Hivatal Központi Szerve (Zentrale Dienststelle des Amtes für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, im Folgenden: Landwirtschaftsamt) wegen der Entscheidung des Landwirtschaftsamts, Szatmári Malom eine Beihilfe aus dem ELER zu verweigern.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

In den Erwägungsgründen 9, 11, 13, 20, 21, 23 und 61 der Verordnung Nr. 1698/2005 heißt es:

„(9)

Jeder Mitgliedstaat sollte zur Umsetzung dieser strategischen Leitlinien seine nationalen Strategiepläne der ländlichen Entwicklung ausarbeiten, die den Bezugsrahmen für die Erstellung der Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum bilden. …

...

(11)

Um die nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums zu gewährleisten, sollte sich die Förderung auf einige wenige Kernziele auf Gemeinschaftsebene konzentrieren, die auf die Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft, die Landbewirtschaftung und die Umwelt sowie die Lebensqualität und die Diversifizierung der Aktivitäten in diesen Gebieten ausgerichtet sind und verschiedensten Situationen Rechnung tragen, angefangen von abgelegenen ländlichen Gebieten, die unter Bevölkerungsschwund und Verfall leiden, bis hin zu stadtnahen ländlichen Gebieten, die unter zunehmendem Druck der urbanen Zentren stehen.

...

(13)

Um das Ziel einer besseren Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft zu erreichen, sind klare Entwicklungsstrategien unerlässlich, die darauf abzielen, die Kenntnisse und Fähigkeiten der Menschen, das Sachkapital und die Qualität der Agrarproduktion zu verbessern und anzupassen.

...

(20)

Was das Sachpotenzial anbelangt, so sollte ein Bündel von Maßnahmen mit folgender Zielsetzung zur Verfügung gestellt werden: Modernisierung von landwirtschaftlichen Betrieben, Steigerung des wirtschaftlichen Wertes von Wäldern, höhere Wertschöpfung der land- und forstwirtschaftlichen Produkte, Förderung der Entwicklung neuer Produkte, Verfahren und Technologien im Bereich der Land- und Ernährungswirtschaft sowie in der Forstwirtschaft, Verbesserung und Ausbau der land- und forstwirtschaftlichen Infrastruktur sowie Wiederherstellung von durch Naturkatastrophen geschädigtem landwirtschaftlichen Produktionspotenzial und Einführung geeigneter Schutzmaßnahmen.

(21)

Mit der Gemeinschaftsbeihilfe für Investitionen in landwirtschaftlichen Betrieben sollen Agrarbetriebe modernisiert werden, um ihre wirtschaftliche Leistung zu steigern, was durch den besseren Einsatz der Produktionsfaktoren, einschließlich der Einführung neuer Technologien und anderer Innovationen im Hinblick auf die Produktqualität, ökologische Erzeugnisse und Diversifizierung innerhalb und außerhalb des landwirtschaftlichen Bereichs unter Einbeziehung des Nichtlebensmittelsektors und des Sektors Energiepflanzen erreicht werden soll. Zudem soll die Modernisierung landwirtschaftliche Betriebe in die Lage versetzen, die Situation in Bezug auf Umweltschutz, Sicherheit am Arbeitsplatz, Hygiene und Tierschutz zu verbessern …

...

(23)

Die Verarbeitung und Vermarktung der land- und forstwirtschaftlichen Primärprodukte sollte durch Beihilfen für Investitionen mit folgenden Zielsetzungen verbessert werden: mehr Effizienz im Verarbeitungs- und Vermarktungssektor, Förderung der Verarbeitung von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen für erneuerbare Energien, Einführung neuer Technologien und anderer Innovationen, Erschließung neuer Absatzmöglichkeiten für land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Betonung der Qualität sowie Verbesserung des Umweltschutzes, Sicherheit am Arbeitsplatz, Hygiene und Tierschutz, wo jeweils erforderlich; dabei sollten in der Regel Kleinst- und Kleinbetriebe sowie mittelgroße Betriebe und andere Betriebe unterhalb einer bestimmten Größe, die in besonderem Maße zur höheren Wertschöpfung für lokale Erzeugnisse beitragen können, gezielt gefördert … werden.

...

(61)

Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip sollten für die Zuschussfähigkeit der Ausgaben bis auf bestimmte Ausnahmen die einschlägigen einzelstaatlichen Bestimmungen gelten.“

4

Art. 2 Buchst. c bis e der Verordnung Nr. 1698/2005 enthält folgende Definitionen:

„c)

‚Schwerpunkt‘: ein kohärentes Bündel von Maßnahmen, die spezifische Zielsetzungen haben, welche sich direkt aus ihrer Umsetzung ergeben und zu einem oder mehreren der in Artikel 4 beschriebenen Ziele beitragen;

d)

‚Maßnahme‘: ein Bündel von Vorhaben, die zur Umsetzung eines Schwerpunkts ... beitragen;

e)

‚Vorhaben‘: ein Projekt, ein Vertrag oder eine sonstige Initiative, die nach den im betreffenden Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum festgelegten Kriterien ausgewählt und von einem oder mehreren Begünstigten durchgeführt werden, um die Ziele gemäß Artikel 4 zu erreichen“.

5

Art. 11 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung bestimmt:

„(1)   Jeder Mitgliedstaat legt einen nationalen Strategieplan vor, in dem die Prioritäten für die Aktionen des ELER und des betreffenden Mitgliedstaats angegeben sind und in dem die strategischen Leitlinien der Gemeinschaft, ihre speziellen Ziele, die Beteiligung des ELER und andere Finanzierungsmittel berücksichtigt sind.

(2)   … Seine Umsetzung erfolgt durch die Programme zur Entwicklung des ländlichen Raums.“

6

Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung lautet:

„Der ELER wirkt in den Mitgliedstaaten in Form von Entwicklungsprogrammen für den ländlichen Raum. Mit diesen Programmen wird eine Strategie der ländlichen Entwicklung über ein Bündel von Maßnahmen umgesetzt, die nach den in Titel IV definierten Schwerpunkten gruppiert werden.“

7

Art. 16 Buchst. c der Verordnung Nr. 1698/2005 bestimmt:

„Die Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum umfassen:

...

c)

Information über Schwerpunkte, die für jeden Schwerpunkt vorgeschlagenen Maßnahmen und deren Beschreibung …“

8

In Art. 18 dieser Verordnung heißt es:

„(1)   Alle Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum werden vom Mitgliedstaat … festgelegt.

...

(3)   Die Kommission prüft die vorgeschlagenen Programme auf Übereinstimmung mit den strategischen Leitlinien der Gemeinschaft, dem nationalen Strategieplan sowie mit der vorliegenden Verordnung.

Gelangt sie zu der Auffassung, dass ein Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum nicht mit den strategischen Leitlinien der Gemeinschaft, mit dem nationalen Strategieplan oder mit der vorliegenden Verordnung in Einklang steht, so fordert sie den Mitgliedstaat auf, das vorgeschlagene Programm entsprechend zu überarbeiten.

(4)   Die Kommission nimmt jedes Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum nach dem in Artikel 90 Absatz 2 genannten Verfahren an.“

9

Im Rahmen der Beihilferegelung von Schwerpunkt 1 („Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft“) bestimmt Art. 20 dieser Verordnung:

„Interventionen zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft betreffen

...

b)

Maßnahmen zur Umstrukturierung und Weiterentwicklung des Sachkapitals und zur Innovationsförderung:

i)

Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe,

...

iii)

Erhöhung der Wertschöpfung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse,

...“

10

Art. 26 („Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe“) der Verordnung Nr. 1698/2005 sieht in seinem Abs. 1 vor:

„Die Beihilfe nach Artikel 20 Buchstabe b Ziffer i wird für materielle und/oder immaterielle Investitionen mit folgenden Zielsetzungen gewährt:

a)

Verbesserung der Gesamtleistung des landwirtschaftlichen Betriebs, …

...“

11

Art. 28 („Erhöhung der Wertschöpfung bei land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen“) dieser Verordnung bestimmt in seinem Abs. 1:

„Die Beihilfe nach Artikel 20 Buchstabe b Ziffer iii wird für materielle und/oder nichtmaterielle Investitionen gewährt, die

a)

die Gesamtleistung der Betriebe verbessern,

b)

Folgendes betreffen:

die Verarbeitung und/oder Vermarktung von Erzeugnissen, die unter Anhang I des Vertrags fallen, ausgenommen Fischereierzeugnisse, sowie von Forsterzeugnissen, …

...“

12

Art. 71 Abs. 3 Unterabs. 1 dieser Verordnung lautet:

„Die Regeln für die Zuschussfähigkeit der Ausgaben werden vorbehaltlich der in dieser Verordnung vorgesehenen besonderen Modalitäten für bestimmte Maßnahmen der Entwicklung des ländlichen Raums auf nationaler Ebene festgelegt.“

Ungarisches Recht

13

§ 1 der Verordnung Nr. 47/2008 des Ministers für Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums vom 17. April 2008 über die genauen Bedingungen der zur Erhöhung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom ELER zu gewährenden Förderung (Az Európai Mezőgazdasági Vidékfejlesztési Alapból a mezőgazdasági termékek értéknöveléséhez nyújtandó támogatások részletes feltételeiről szóló 47/2008. [IV. 17.] FVM rendelet) (im Folgenden: Verordnung Nr. 47) lautet:

„Die Förderung ist darauf gerichtet, durch die Verbesserung der Verarbeitung und der Vermarktung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse oder die Einführung neuer Produkte die Gesamtleistung und die Wettbewerbsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe und von Lebensmittelunternehmen zu erhöhen, die Sicherheits- und Hygienebedingungen von Lebensmitteln zu verbessern und die Umweltbelastung zu verringern.“

14

§ 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 47 bestimmt:

„Bei Waren, die unter die mit 0203, 0401 oder von 1101 bis 1104 beginnenden Codes sowie die Codes von 02063000 bis 02068010 oder von 02071110 bis 02071499 der Kombinierten Nomenklatur fallen, wird in Bezug auf Mühlen‑, Flüssigmilchverarbeitungs‑ und Schlachtbetriebe Förderung ausschließlich für Vorhaben zur Modernisierung der vorhandenen Kapazität gewährt.“

15

§ 12 der genannten Verordnung lautet:

„Mit der vorliegenden Verordnung werden die zur Ausführung der Art. 26 und 28 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 erforderlichen Vorschriften erlassen.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

16

Szatmári Malom stellte am 30. November 2009 einen Antrag auf eine Beihilfe zur Erhöhung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Dem Antrag zufolge wollte sie in Veszprém-Kádárta (Ungarn) eine neue Mühle errichten, in der die Kapazität von drei Mühlen zusammengefasst werden sollte, die gleichzeitig geschlossen werden sollten.

17

Die Mezőgazdasági és Vidékfejlesztési Hivatal Központi Szerve lehnte den Antrag mit der Begründung ab, nach Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 47 könne eine Beihilfe ausschließlich für die Modernisierung bestehender Mühlen beansprucht werden und nicht für die Errichtung einer neuen Mühle an einem neuen Ort.

18

Szatmári Malom erhob gegen diese Entscheidung Klage beim Jász-Nagykun-Szolnok Megyei Bíróság (Komitatsgericht für das Komitat Jazygien-Großkumanien-Solnok, im Folgenden: Komitatsgericht). Sie räumte zwar ein, dass die einschlägige nationale Vorschrift bezwecke, zu verhindern, dass sich die Zahl der Mühlenbetriebe vergrößere, begründete ihre Klage aber damit, dass ihr die Nutzung der durch die Schließung der drei Mühlen frei gewordenen Kapazität im vorliegenden Fall ermöglichen solle, eine bereits bestehende Produktion unter zeitgemäßeren Bedingungen zu betreiben und infolgedessen die Gesamtleistung des Betriebs zu verbessern.

19

Die Klage wurde vom Komitatsgericht mit Urteil vom 14. November 2011 abgewiesen. Nach Ansicht des Komitatsgerichts können § 1 und § 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 47 nicht dahin ausgelegt werden, dass die letztgenannte Bestimmung auch Beihilfen für Entwicklungsmaßnahmen erlaube, die durch Produktionskapazitäten verwirklicht würden, die infolge der Schließung der bestehenden Mühlen frei geworden seien. Hierzu stellte es u. a. fest, dass die Verordnung Nr. 47 ihrem § 12 zufolge die Bedingungen für die Umsetzung der Art. 26 und 28 der Verordnung Nr. 1698/2005 festlege und dass Art. 20 Buchst. b Ziff. i der Verordnung Nr. 1698/2005, auf den Art. 26 der Verordnung Nr. 1698/2005 verweise, die Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen gestatte, nicht aber die Errichtung neuer Betriebe.

20

Szatmári Malom stützt ihre gegen dieses Urteil bei der Kúria eingelegte Revision u. a. darauf, dass es auf einer falschen Auslegung der Verordnung Nr. 1698/2005 beruhe. Sie trägt insbesondere vor, dass das Komitatsgericht zu Unrecht auf Art. 20 Buchst. b Ziff. i der Verordnung Nr. 1698/2005 Bezug genommen habe, da die streitige Beihilfe nicht für die Modernisierung eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne der genannten Bestimmung beantragt worden sei, sondern für die Erhöhung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen – eine Fallgestaltung, die allein von Art. 28 der Verordnung Nr. 1698/2005 geregelt werde, der Beihilfen zur Verbesserung der Gesamtleistung der Betriebe vorsehe.

21

Szatmári Malom zufolge genügt das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vorhaben den Anforderungen der letztgenannten Bestimmung, so dass gemäß dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts nur eine zur Gewährung der Beihilfe führende Auslegung der Verordnung Nr. 47 hätte sicherstellen können, dass die Verordnung Nr. 47 im Einklang mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1698/2005 steht.

22

Das Landwirtschaftsamt macht seinerseits geltend, dass es seine Entscheidung ausschließlich auf die Verordnung Nr. 47 gestützt habe, so dass das Komitatsgericht die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1698/2005 nicht habe auslegen dürfen. § 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 47 stehe jedenfalls im Einklang mit der Verordnung Nr. 1698/2005.

23

Unter diesen Umständen hat die Kúria beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Lässt es sich unter den Begriff der Verbesserung der Gesamtleistung des landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne von Art. 26 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 subsumieren, wenn der Unternehmer, ohne die vorhandene Kapazität zu erweitern – bei gleichzeitiger Schließung der alten Betriebe – einen neuen Betrieb errichten möchte?

2.

Kann die von der Klägerin geplante Investition als Investition zur Verbesserung der Gesamtleistung des Betriebs im Sinne von Art. 20 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii und Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 gewertet werden?

3.

Ist die in § 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 47 enthaltene Vorschrift, wonach bei Mühlenbetrieben Förderung ausschließlich für Vorhaben zur Modernisierung der vorhandenen Kapazität gewährt wird, mit Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 vereinbar? Ermächtigt die Verordnung Nr. 1698/2005 den Gesetzgeber eines Mitgliedstaats dazu, aus wirtschaftlichen Erwägungen die Förderung bestimmter Entwicklungsmaßnahmen auszuschließen?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

24

Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 26 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 dahin auszulegen ist, dass der Begriff der Verbesserung der Gesamtleistung des landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne dieser Bestimmung ein Vorhaben eines Mühlen betreibenden Unternehmens, alte Mühlen zu schließen, um sie durch eine neue Mühle zu ersetzen, ohne dass die vorhandene Kapazität erweitert wird, erfassen kann.

25

Zunächst ist festzustellen, dass die genannte Bestimmung ihrem Wortlaut zufolge – wie im Übrigen auch Art. 20 Buchst. b Ziff. i der Verordnung Nr. 1698/2005, dessen Anwendungsbereich sie näher bestimmt – „landwirtschaftliche Betriebe“ betrifft.

26

In ihren Erklärungen hat die Kommission hierzu vorgetragen, dass Mühlen nicht als landwirtschaftliche Betriebe im Sinne der genannten Bestimmungen angesehen werden könnten, so dass diese Bestimmungen auf ein Vorhaben wie das im Ausgangsverfahren fragliche nicht anwendbar seien.

27

Diesbezüglich ist vorab darauf hinzuweisen, dass sich aus dem 61. Erwägungsgrund und aus Art. 71 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 ergibt, dass die Bestimmungen über die Zuschussfähigkeit der Ausgaben zwar im Allgemeinen auf nationaler Ebene festgelegt werden, dies jedoch nur vorbehaltlich der in dieser Verordnung vorgesehenen besonderen Modalitäten für bestimmte Maßnahmen der Entwicklung des ländlichen Raums gilt (Urteil Ketelä, C‑592/11, EU:C:2012:673, Rn. 38).

28

Die in Art. 20 Buchst. b Ziff. i und Art. 26 der Verordnung Nr. 1698/2005 vorgesehene Beihilfe zur Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe bezieht sich auf eine solche Maßnahme, und die Voraussetzung für die Zuschussfähigkeit, wonach die Beihilfe für einen „landwirtschaftlichen Betrieb“ bestimmt sein muss, stellt eine besondere Modalität für diese Maßnahme dar.

29

Ferner folgt nach ständiger Rechtsprechung aus dem Gebot der einheitlichen Anwendung des Rechts der Union wie auch aus dem Gleichheitssatz, dass die Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen (vgl. u. a. Urteil Ketelä, EU:C:2012:673, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30

Der Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs wird in der Verordnung Nr. 1698/2005 nicht definiert.

31

Unter diesen Umständen sind Bedeutung und Tragweite von Begriffen, die das Unionsrecht nicht auf diese Weise definiert, entsprechend ihrem üblichen Sinn im gewöhnlichen Sprachgebrauch und unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem sie verwendet werden, und der mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgten Ziele zu bestimmen (Urteil Ketelä, EU:C:2012:673, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32

Was die in Art. 26 der Verordnung Nr. 1698/2005 verwendeten Begriffe anbelangt, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Tragweite eines Ausdrucks wie jenes des „landwirtschaftlichen Betriebs“ insbesondere je nach den speziellen Zielen, die mit den betreffenden Unionsvorschriften verfolgt werden, unterschiedlich sein kann (vgl. Urteil Azienda Avicola Sant’Anna, 85/77, EU:C:1978:38, Rn. 9).

33

Was den Kontext, in dem die genannte Bestimmung steht, betrifft, so geht aus den Erwägungsgründen 13 und 20 sowie aus Art. 20 Buchst. b Ziff. i und iii der Verordnung Nr. 1698/2005 hervor, dass der Unionsgesetzgeber bei der Festlegung der verschiedenen Arten von Maßnahmen zur Verbesserung und Anpassung des Sachkapitals insbesondere eine Unterscheidung zwischen Maßnahmen zur Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe und Maßnahmen zur Erhöhung der Wertschöpfung landwirtschaftlicher Erzeugnisse vorgenommen hat.

34

Diese beiden Arten von Vorhaben sind zudem in zwei verschiedenen Bestimmungen geregelt, nämlich den Art. 26 und 28 der Verordnung Nr. 1698/2005, mit denen bestimmte Merkmale, die die genannten Vorhaben jeweils erfüllen müssen, festgelegt werden sollen.

35

Insoweit bestimmt Art. 26 der Verordnung Nr. 1698/2005, dass es sich bei Vorhaben, die durch eine Beihilfe zur Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe gefördert werden können, um materielle und/oder nichtmaterielle Investitionen handeln muss, die u. a. die „Gesamtleistung des landwirtschaftlichen Betriebs“ verbessern, während Art. 28 dieser Verordnung als Vorhaben, die eine zur Erhöhung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen gewährte Beihilfe erhalten können, materielle und/oder nichtmaterielle Investitionen nennt, die die „Gesamtleistung der Betriebe verbessern“ und u. a. die „Verarbeitung und/oder Vermarktung von [landwirtschaftlichen] Erzeugnissen, die unter Anhang I des Vertrags fallen“, betreffen.

36

Zudem qualifiziert der 21. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1698/2005 die Beihilfe zur Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe nach Art. 20 Buchst. b Ziff. i und Art. 26 dieser Verordnung als „[B]eihilfe für Investitionen in landwirtschaftlichen Betrieben“ und verweist insoweit u. a. auf eine Verbesserung des Einsatzes der „Produktionsfaktoren“ und die Notwendigkeit, „ökologische Erzeugnisse“ und die „Diversifizierung innerhalb und außerhalb des landwirtschaftlichen Bereichs unter Einbeziehung des Nichtlebensmittelsektors und des Sektors Energiepflanzen“ zu fördern.

37

Der 23. Erwägungsgrund der genannten Verordnung, der die zur Erhöhung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen gewährte Beihilfe betrifft, bestimmt seinerseits, dass durch diese die „Verarbeitung“ und Vermarktung der „[landwirtschaftlichen] Primärprodukte“ verbessert werden soll, indem sie Investitionen fördert, die insbesondere darauf abzielen, mehr Effizienz im „Verarbeitungs“- und Vermarktungssektor zu schaffen.

38

Aus der auf diese Weise vom Unionsgesetzgeber vorgenommenen Unterscheidung und der Gesamtheit der angeführten Präzisierungen in den Art. 26 und 28 und den Erwägungsgründen 21 und 23 der Verordnung Nr. 1698/2005 ergibt sich, dass in dem durch diese Verordnung geschaffenen Regelungsumfeld unter „landwirtschaftlicher Betrieb“ im Sinne von Art. 20 Buchst. b Ziff. i und Art. 26 dieser Verordnung ein Betrieb zu verstehen ist, der landwirtschaftliche Primärprodukte erzeugt (vgl. auch in diesem Sinne – zu früheren Regelungen betreffend die zwei hier geprüften Beihilfearten – Urteil Cattaneo Adorno/Kommission, 107/80, EU:C:1981:127, Rn. 19 und 21).

39

Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass ein Unternehmen wie Szatmári Malom, das keine landwirtschaftlichen Primärprodukte erzeugt, sondern Mühlen betreibt, in denen es solche Produkte verarbeitet, kein „landwirtschaftlicher Betrieb“ im Sinne von Art. 26 der Verordnung Nr. 1698/2005 ist.

40

Hingegen fällt ein solches Unternehmen in den Anwendungsbereich von Art. 20 Buchst. b Ziff. iii und Art. 28 Abs. 1 dieser Verordnung und kommt daher für eine Beihilfe nach diesen Bestimmungen in Betracht.

41

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 26 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 dahin auszulegen ist, dass der Begriff der Verbesserung der Gesamtleistung des landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne dieser Bestimmung ein Vorhaben eines Mühlen betreibenden Unternehmens, alte Mühlen zu schließen, um sie durch eine neue Mühle zu ersetzen, ohne dass die vorhandene Kapazität erweitert wird, nicht erfassen kann.

Zur zweiten Frage

42

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 20 Buchst. b Ziff. iii und Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 dahin auszulegen sind, dass ein Vorhaben, dem zufolge alte Mühlen geschlossen und durch eine neue Mühle ersetzt werden sollen, ohne dass die vorhandene Kapazität erweitert wird, die Gesamtleistung des Betriebs im Sinne der zweitgenannten Bestimmung verbessern kann.

43

Hierzu ist bereits in Rn. 40 des vorliegenden Urteils festgestellt worden, dass ein Unternehmen, das eine oder mehrere Mühlen betreibt und daher im Bereich der Verarbeitung landwirtschaftlicher Primärprodukte tätig ist, in den Anwendungsbereich der genannten Bestimmungen fällt und eine Beihilfe nach diesen Bestimmungen in Betracht kommt. Zudem steht fest, dass ein Vorhaben wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende eine materielle Investition darstellt, die der in Art. 28 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1698/2005 aufgestellten Voraussetzung genügt, in Beziehung zur Verarbeitung von Erzeugnissen zu stehen, die unter Anhang I des Vertrags fallen.

44

Was die Frage betrifft, ob ein solches Vorhaben zu einer „Verbesserung der Gesamtleistung“ des genannten Betriebs im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 führen kann, ist festzustellen, dass der Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 keinen Anhaltspunkt dafür enthält, dass die von ihm erfassten Beihilfen in Fällen ausgeschlossen werden müssten, in denen das betreffende Unternehmen eine solche Verbesserung der Leistung dadurch erreicht, dass es eine oder mehrere bestehende Verarbeitungsanlagen durch eine neue Anlage ersetzt.

45

Wie u. a. die Kommission zu Recht geltend gemacht hat, ließe sich eine solche restriktive Auslegung von Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1698/2005 auch nicht unter Berücksichtigung der von dieser Bestimmung verfolgten Ziele rechtfertigen.

46

Aus Art. 20 Buchst. b Ziff. iii und Art. 28 Abs. 1 in Verbindung mit den Erwägungsgründen 13, 20 und 23 der Verordnung Nr. 1698/2005 geht nämlich hervor, dass die Fördermaßnahmen im Sinne dieser Bestimmungen u. a. die Verarbeitung landwirtschaftlicher Primärprodukte verbessern sollen, indem sie Investitionen unterstützen, deren Zielsetzung mehr Effizienz im Verarbeitungssektor ist, um die Wertschöpfung landwirtschaftlicher Produkte zu erhöhen und so dazu beizutragen, das Ziel der Verordnung Nr. 1698/2005, eine bessere Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, zu erreichen.

47

Es ist aber offenkundig, dass die Verbesserung der Leistung eines verarbeitenden Unternehmens, das eine oder mehrere Mühlen betreibt, die dadurch erreicht wird, dass bestehende Anlagen durch eine neue Anlage ersetzt werden, zur Verfolgung solcher Ziele beitragen kann.

48

Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 20 Buchst. b Ziff. iii und Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 dahin auszulegen sind, dass ein Vorhaben, dem zufolge alte Mühlen geschlossen und durch eine neue Mühle ersetzt werden sollen, ohne dass die vorhandene Kapazität erweitert wird, die Gesamtleistung des Betriebs im Sinne der zweitgenannten Bestimmung verbessern kann.

Zur dritten Frage

49

Vorab ist daran zu erinnern, dass nach Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 47 bei Mühlenbetrieben eine Beihilfe zur Erhöhung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen ausschließlich für Vorhaben zur Modernisierung der vorhandenen Kapazität gewährt werden darf.

50

Was den Grund für diese Beschränkung betrifft und obwohl vom vorlegenden Gericht in seiner Frage insoweit ganz allgemein wirtschaftliche Erwägungen als Rechtfertigung für den Ausschluss bestimmter Entwicklungsmaßnahmen genannt werden, scheint aus den in Rn. 18 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Ausführungen in der Vorlageentscheidung hervorzugehen, dass sich die genannte Beschränkung im Wesentlichen durch den Willen erklärt, keinen Anreiz für die Erhöhung der Anzahl der in Betrieb stehenden Mühlen zu schaffen.

51

Hierauf in der mündlichen Verhandlung angesprochen, bestätigte die ungarische Regierung, dass die genannte Beschränkung tatsächlich verhindern sollte, dass durch die Gewährung von Beihilfen Anreize für die Entstehung zusätzlicher Verarbeitungskapazitäten in der Mühlenbranche geschaffen werden.

52

Im Übrigen haben sowohl die ungarische Regierung als auch die Kommission in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass aus dem gemäß Art. 18 der Verordnung Nr. 1698/2005 festgelegten ungarischen Entwicklungsplan für den ländlichen Raum hervorgeht, dass in Ungarn die Mühlenbranche durch eine starke Unterauslastung der vorhandenen Kapazität gekennzeichnet ist.

53

Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist die dritte Frage so zu verstehen, dass mit ihr in Erfahrung gebracht werden soll, ob Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 dahin auszulegen ist, dass er dem Erlass einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die eine Beihilfe zur Erhöhung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen einführt, die bei Mühlen betreibenden Unternehmen nur für Vorhaben zur Modernisierung der vorhandenen Kapazitäten und nicht für Vorhaben, die mit der Schaffung neuer Kapazitäten verbunden sind, gewährt werden kann.

54

Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen von Verordnungen zwar aufgrund ihrer Rechtsnatur und ihrer Funktion im Rechtsquellensystem des Unionsrechts im Allgemeinen unmittelbare Wirkung in den nationalen Rechtsordnungen haben, ohne dass nationale Durchführungsmaßnahmen erforderlich wären, es jedoch vorkommen kann, dass manche Verordnungsbestimmungen zu ihrer Durchführung des Erlasses von Durchführungsmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten bedürfen (vgl. u. a. Urteil Ketelä, EU:C:2012:673, Rn. 35 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

55

Insoweit ergibt sich aus einer ständigen Rechtsprechung, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Durchführung einer Verordnung erlassen können, wenn sie deren unmittelbare Anwendbarkeit nicht vereiteln, deren gemeinschaftliche Natur nicht verbergen und die Ausübung des ihnen durch die betreffende Verordnung verliehenen Ermessens innerhalb der Grenzen dieser Vorschriften konkretisieren (vgl. u. a. Urteil Ketelä, EU:C:2012:673, Rn. 36 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

56

Was speziell die Verordnung Nr. 1698/2005 anbelangt, ist bereits in Rn. 27 des vorliegenden Urteils darauf hingewiesen worden, dass sich aus dem 61. Erwägungsgrund und aus Art. 71 Abs. 3 dieser Verordnung ergibt, dass die Bestimmungen über die Zuschussfähigkeit der Ausgaben – vorbehaltlich der in dieser Verordnung vorgesehenen besonderen Modalitäten für bestimmte Maßnahmen der Entwicklung des ländlichen Raums – im Allgemeinen auf nationaler Ebene festgelegt werden.

57

Im vorliegenden Fall ist das in Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 festgelegte Erfordernis, dass das geplante Vorhaben zu einer Verbesserung der Gesamtleistung des Betriebs führen können muss, zwar eine solche besondere Modalität und daher eine Voraussetzung für die Gewährung der Beihilfe nach dieser Bestimmung.

58

Aus dem genannten Erfordernis ergibt sich jedoch in keiner Weise, dass für jede Art von Investition, die einem verarbeitenden Unternehmen wie einem Unternehmen, das eine oder mehrere Mühlen betreibt, eine Verbesserung seines Gesamtergebnisses ermöglicht, zwangsläufig ein Anspruch auf eine Beihilfe nach der genannten Bestimmung besteht.

59

Denn, was die im Rahmen der Verordnung Nr. 1698/2005 zu schaffenden Finanzierungen betrifft und wie u. a. aus den Art. 16 und 18 der Verordnung Nr. 1698/2005 hervorgeht, sind die Mitgliedstaaten aufgerufen, ihre eigenen Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum zu erstellen, die u. a. Informationen über die für jeden Schwerpunkt vorgeschlagenen Maßnahmen und deren Beschreibung zu enthalten haben und die sodann den im genannten Art. 18 vorgesehenen Prüfungs- und Annahmeverfahren zu unterziehen sind.

60

In diesem Zusammenhang – und wie bereits in den Rn. 55 und 56 des vorliegenden Urteils ausgeführt – steht es den Mitgliedstaaten frei, für die Gewährung der durch den ELER finanzierten Beihilfen zusätzlich zu den sich aus den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1698/2005 ergebenden Voraussetzungen weitere Voraussetzungen vorzusehen, sofern sie dabei die Ausübung des ihnen durch die betreffende Verordnung verliehenen Ermessens innerhalb der Grenzen dieser Vorschriften konkretisieren.

61

Wie aus den Rn. 49 bis 51 des vorliegenden Urteils hervorgeht, haben die ungarischen Behörden im vorliegenden Fall durch den Erlass von § 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 47 festgelegt, dass eine Beihilfe zur Erhöhung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen – wie die nach Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 vorgesehene – bei Mühlen ausschließlich für Vorhaben zur Modernisierung der vorhandenen Kapazitäten gewährt werden kann, und zwar im Wesentlichen deshalb, damit verhindert wird, dass durch solche Beihilfen Anreize für eine Erweiterung der in dieser Branche vorhandenen Kapazitäten geschaffen werden.

62

In den dem Gerichtshof vorliegenden Akten findet sich aber kein Anhaltspunkt dafür, dass die ungarischen Behörden dadurch, dass sie eine solche Voraussetzung für die Gewährung der betreffenden Beihilfe vorgeschrieben haben, das weite Ermessen, das ihnen durch die Verordnung Nr. 1698/2005 – u. a, wie der elfte Erwägungsgrund dieser Verordnung betont, deshalb, damit sie den verschiedensten Situationen in den betroffenen Gebieten Rechnung tragen – verliehen wird, überschritten hätten oder dass sie nicht innerhalb der Grenzen der Vorschriften dieser Verordnung geblieben wären.

63

Insoweit geht insbesondere aus den in Rn. 52 des vorliegenden Urteils erwähnten Erläuterungen der ungarischen Regierung und der Kommission hervor, dass eine solche Beschränkung im vorliegenden Fall mit der Unterauslastung der vorhandenen Kapazitäten, durch die die Mühlenbranche in Ungarn gekennzeichnet ist, begründet werden kann.

64

Allerdings weist das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vorhaben, wie das vorlegende Gericht anmerkt, die Besonderheit auf, dass hier die Errichtung einer neuen Mühlenanlage als Ersatz für bestehende Mühlenanlagen, die geschlossen werden sollen, vorgesehen ist, ohne dass es infolge dieses Vorhabens zu einer Erweiterung der vorhandenen Kapazitäten käme.

65

In diesem Zusammenhang ist, was die Beihilfen betrifft, die – wie im vorliegenden Fall – nach der Verordnung Nr. 1698/2005 gewährt werden, darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gemäß ihrem Art. 51 Abs. 1 für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union gelten. Bei einer solchen Durchführung sind die Mitgliedstaaten zudem dazu verpflichtet, die Wahrung der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts, wie u. a. des in Art. 20 dieser Charta verankerten Grundsatzes der Gleichbehandlung zu gewährleisten (Beschluss Dél-Zempléni Nektár Leader Nonprofit, C‑24/13, EU:C:2014:40, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66

Nach ständiger Rechtsprechung verlangt der allgemeine Gleichheitsgrundsatz, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. u. a. Urteile Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., C‑127/07, EU:C:2008:728, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Soukupová, C‑401/11, EU:C:2013:223, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

67

In dieser Hinsicht sind die Merkmale unterschiedlicher Sachverhalte und somit deren Vergleichbarkeit u. a. im Licht des Ziels und des Zwecks der Maßnahme, die die fragliche Unterscheidung einführt, zu bestimmen und zu beurteilen (vgl. u. a. Urteil IBV & Cie, C‑195/12, EU:C:2013:598, Rn. 52 und 53 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

68

Hinsichtlich des Ziels, das im vorliegenden Fall mit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Voraussetzung für die Zuschussfähigkeit verfolgt wird, ist bereits ausgeführt worden, dass diese Voraussetzung anscheinend sicherstellen soll, dass das betreffende Beihilfesystem zu einer Verbesserung der Gesamtleistung der in der Mühlenbranche tätigen Unternehmen beiträgt, dabei jedoch verhindert wird, Anreize für die Schaffung neuer Kapazitäten in einer Branche zu setzen, die durch eine Unterauslastung der vorhandenen Kapazitäten gekennzeichnet ist.

69

Vorbehaltlich der endgültigen Beurteilung, die insoweit dem vorlegenden Gericht zukommt, lässt sich in Anbetracht dieses Ziels die Situation, in der eine oder mehrere Mühlenanlagen geschlossen werden, um durch eine neue Mühlenanlage ersetzt zu werden, ohne dass die vorhandenen Kapazitäten erweitert werden, als mit der Situation vergleichbar ansehen, in der bereits bestehende Mühlenanlagen modernisiert werden, so dass der Ausschluss der erstgenannten Situation vom genannten Beihilfesystem gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen würde.

70

In diesem Zusammenhang ist schließlich darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die nationalen Gerichte das nationale Recht bei seiner Anwendung so weit wie möglich in einer Art und Weise auslegen müssen, die sicherstellen kann, dass es mit dem Unionsrecht im Einklang steht. Diese Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts ist dem System des AEU-Vertrags immanent, da den nationalen Gerichten dadurch ermöglicht wird, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die volle Wirksamkeit des Unionsrechts sicherzustellen, wenn sie über die bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten entscheiden (vgl. u. a. Urteil Rusedespred, C‑138/12, EU:C:2013:233, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71

Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 dahin auszulegen ist, dass er dem Erlass einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden grundsätzlich nicht entgegensteht, die eine Beihilfe zur Erhöhung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen einführt, die bei Mühlen betreibenden Unternehmen nur für Vorhaben zur Modernisierung der vorhandenen Kapazitäten und nicht für Vorhaben, die mit der Schaffung neuer Kapazitäten verbunden sind, gewährt werden kann. Allerdings muss sich das nationale Gericht in einer Situation wie jener des Ausgangsverfahrens, in der eine oder mehrere Mühlenanlagen geschlossen werden, um durch eine neue Mühlenanlage ersetzt zu werden, ohne dass die Kapazitäten erweitert werden, vergewissern, dass eine solche Regelung in einer Art und Weise angewandt wird, die die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gewährleistet.

Kosten

72

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 26 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) ist dahin auszulegen, dass der Begriff der Verbesserung der Gesamtleistung des landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne dieser Bestimmung ein Vorhaben eines Mühlen betreibenden Unternehmens, alte Mühlen zu schließen, um sie durch eine neue Mühle zu ersetzen, ohne dass die vorhandene Kapazität erweitert wird, nicht erfassen kann.

 

2.

Art. 20 Buchst. b Ziff. iii und Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 sind dahin auszulegen, dass ein Vorhaben, dem zufolge alte Mühlen geschlossen und durch eine neue Mühle ersetzt werden sollen, ohne dass die vorhandene Kapazität erweitert wird, die Gesamtleistung des Betriebs im Sinne der zweitgenannten Bestimmung verbessern kann.

 

3.

Art. 28 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 ist dahin auszulegen, dass er dem Erlass einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden grundsätzlich nicht entgegensteht, die eine Beihilfe zur Erhöhung der Wertschöpfung bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen einführt, die bei Mühlen betreibenden Unternehmen nur für Vorhaben zur Modernisierung der vorhandenen Kapazitäten und nicht für Vorhaben, die mit der Schaffung neuer Kapazitäten verbunden sind, gewährt werden kann. Allerdings muss sich das nationale Gericht in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der eine oder mehrere Mühlenanlagen geschlossen werden, um durch eine neue Mühlenanlage ersetzt zu werden, ohne dass die Kapazitäten erweitert werden, vergewissern, dass eine solche Regelung in einer Art und Weise angewandt wird, die die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gewährleistet.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Ungarisch.

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